Mandantenbrief Steuern Unternehmer Dezember 2015

 

Unternehmer
und Freiberufler

1.

Wann der Arbeitsweg zur
Arbeitszeit zählt

2.

Fehler des Steuerpflichtigen:
Wann diese korrigiert werden können

3.

Zukünftige
Zinsverbindlichkeiten: Rückstellung nicht möglich

4.

Ersatz für entgehende Einnahmen:
Wann ist eine solche Zahlung steuerbegünstigt?

5.

Müssen unter der
Rechnungsanschrift geschäftliche Aktivitäten stattfinden?

6.

Solidaritätszuschlag: Kein Abzug
fiktiver Gewerbesteuer

7.

Arbeitgeber zahlt Strafzettel:
Arbeitslohn

8.

Fahrten zum Vermietungsobjekt:
Wann es nur die Entfernungspauschale gibt

9.

Unberechtigte Abmahnung:
Vermieter muss diese nicht zurücknehmen

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1.

Gesellschafterdarlehen ist
abzuzinsen

2.

Ist der ermäßigte Steuersatz
neben einer steuerfreien Rücklage anwendbar?

 

Unternehmer und Freiberufler

 

 

1. 
Wann der
Arbeitsweg zur Arbeitszeit zählt

 

Ein spanisches Unternehmen für
Sicherheitssysteme zählte die Anfahrt seiner Techniker zum ersten Kunden des
Tags nicht zur Arbeitszeit. Die Anfahrtszeiten zu den Einsatzorten betrugen
jedoch teilweise über 100 km bzw. bis zu 3 Stunden betragen. Vor dem EuGH
bekamen die Arbeitnehmer Recht.

 

Hintergrund

Das beklagte spanische Unternehmen wartet und
installiert Sicherheitssysteme und ist in den meisten spanischen Provinzen
tätig. Die Verwaltung und Koordination erfolgt mittlerweile von der Zentrale in
Madrid aus.

Die angestellten Techniker betreuen die Gebiete, die
teilweise mehrere Provinzen umfassen. Dazu werden ihnen Firmenfahrzeuge und
Mobiltelefone zur Verfügung gestellt. Einen festen Beschäftigungsort haben die
Techniker nicht; ihnen wird abends vom Arbeitgeber ein Fahrplan mit
verschiedenen Standorten, die sie am nächsten Tag aufsuchen müssen, sowie
Uhrzeiten und Kundenterminen übermittelt.

Das Sicherheitsunternehmen rechnete die tägliche
Fahrtzeit zwischen dem Wohnort des Arbeitnehmers und dem Standort des ersten
und des letzten zugewiesenen Kunden nicht als Arbeitszeit, sondern als Ruhezeit
an; teilweise betrugen die Anfahrten über 100 km bzw. bis zu 3 Stunden. Als
Arbeitszeit wurde die Zeit zwischen der Ankunft am Standort des ersten Kunden
und der Abfahrt beim letzten Kunden berechnet, wobei ausschließlich die
Einsatzzeiten an den Standorten sowie die Fahrtzeiten von einem Kunden zum
anderen berücksichtigt wurde.

 

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied: Arbeitnehmer,
die keinen festen oder gewöhnlichen Arbeitsort haben, üben während der gesamten
Fahrtzeit ihre Tätigkeit aus oder nehmen ihre Aufgaben wahr. Die Fahrten der
Arbeitnehmer zu den vom Arbeitgeber bestimmten Kunden sind nämlich das
notwendige Mittel, um an den jeweiligen Standorten die technischen Leistungen
erbringen zu können. Denn auch während dieser Fahrtzeit stehen die Arbeitnehmer
dem Arbeitgeber zur Verfügung und unterstehen seinen Anweisungen dergestalt,
dass dieser die Reihenfolge der Kunden jederzeit ändern, einen Termin hinzufügen
oder auch streichen kann.

 

2. 
Fehler des
Steuerpflichtigen: Wann diese korrigiert werden können

 

Offenbare Unrichtigkeiten im
Steuerbescheid können vom Finanzamt geändert werden. Die Berichtigung von Fehlern,
die auf einer unzutreffenden Rechtsanwendung beruhen, ist jedoch nicht möglich.

 

Hintergrund

X ordnete für das Jahr 2005 – entgegen einer
vorgelegten Bankbestätigung – Einkünfte aus Stillhaltergeschäften den
Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften statt richtigerweise den
Einkünften aus sonstigen Leistungen zu. Dem folgte das Finanzamt. Dadurch kamen
die Einkünfte aus den Stillhaltergeschäften mit einem Verlustvortrag aus
Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften zur Verrechnung. Bei der Berücksichtigung
als sonstige Leistung wären hierauf keine Verlustvorträge verrechnet worden.

Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte das
Finanzamt den Einkommensteuer-Bescheid wegen offenbarer Unrichtigkeit und
berücksichtigte die Einkünfte aus den Stillhaltergeschäften bei den Einkünften
aus sonstigen Leistungen. Dem folgte das Finanzgericht. Es vertrat die
Auffassung, eine Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit sei möglich.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht dieser Ansicht des
Finanzgerichts und gab der Klage des X statt.

Zum einen ist X kein Fehler unterlaufen, der zu einer
Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berechtigt. Denn der steuerliche
Berater des X hat im Rahmen der Zuordnung der Stillhaltergeschäfte zu den
privaten Veräußerungsgeschäften umfangreiche rechtliche Erwägungen angestellt.
Er hat die Zuordnungsfrage intern in der Kanzlei mit seiner Sachbearbeiterin
eingehend erörtert. Es fehlt daher an offenbar fehlerhaften Angaben, die das
Finanzamt als eigene mechanische Fehler hätte übernehmen können.

Zum anderen ist auch der Veranlagungssachbearbeiterin
des Finanzamts kein mechanisches Versehen unterlaufen. Denn aus ihren
Prüfvermerken ergibt sich, dass sie den von X eingetragenen Betrag durch
Saldierung der von X in einer Anlage zur Einkommensteuer-Erklärung aufgeführten
Gewinne und Verluste nachvollzogen hat. Da eine Saldierung nur in Betracht
kommt, wenn die saldierten Geschäftsvorfälle das gleiche steuerrechtliche
Schicksal teilen, kann nicht verneint werden, dass die Sachbearbeiterin einem
sachverhalts- oder rechtsfolgenbezogenen Denkfehler unterlegen ist.

 

3.  
Zukünftige
Zinsverbindlichkeiten: Rückstellung nicht möglich

 

Rückstellungen dürfen für einen noch nicht
bestimmbaren Aufwand gebildet werden. Für zukünftige Zinsen aufgrund eines
Erfüllungsrückstandes ist die Bildung einer Rückstellung steuerlich jedoch
nicht zulässig.

 

Hintergrund

Klägerin war eine GmbH, die in einen internationalen
Konzern eingebunden war. Von einer Schwestergesellschaft erhielt diese ein
Darlehen. Bezüglich der Zinsen war vereinbart, dass der Zinssatz über einen
Zeitraum von 10 Jahren jährlich ansteigen sollte. Zahlbar waren die Zinsen
jeweils zum 28.2. eines Jahres. Der durchschnittliche Effektivzins lag bei 5,2
%. Zum 31.12.2008 bildete die Klägerin eine Rückstellung für die Zinsen des
Jahres 2008 unter Berechnung eines Zinssatzes von 5,2 %. Im Rahmen einer
steuerlichen Außenprüfung wurde die ursprünglich vom Finanzamt akzeptierte
Rückstellung aber nicht mehr in voller Höhe anerkannt. Im Einspruchs- und
Klageverfahren führte die Klägerin aus, der Zinssatz von 5,2 % sei marktüblich.
Diese effektive Zinsbelastung befinde sich in Höhe der Differenz zwischen der
zu zahlenden Zinshöhe für 2008 und der Effektivverzinsung in einem Erfüllungsrückstand.
Hierfür sei eine Rückstellung zu passivieren.

 

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht hatte die Klage der GmbH keinen
Erfolg. Eine Rückstellung komme nach Ansicht der Finanzrichter nur dann in
Betracht, wenn ein Verlust aus einem schwebenden Geschäft drohe oder ein
Erfüllungsrückstand bestehe. Dabei komme eine Rückstellung für drohende
Verluste steuerlich bereits wegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung
nicht in Betracht. Für einen Erfüllungsrückstand sei erforderlich, dass ein
Vertragspartner mit seiner vertraglich vereinbarten Leistung im Rückstand ist.
Hierbei sei auf das schuldrechtliche Geschäft abzustellen. Nach dem
Darlehensvertrag sei die Klägerin aber in 2008 nur zur Zahlung von 1,8 % Zinsen
verpflichtet gewesen.

 

4.  Ersatz für
entgehende Einnahmen: Wann ist eine solche Zahlung steuerbegünstigt?

 

Verzichtet ein Unternehmer auf ihm
zustehende öffentliche Fördergelder, um einen jahrelangen Rechtsstreit beizulegen,
und erhält er dafür eine Entschädigung, handelt es sich um einen Ersatz für
entgehende Einnahmen, der steuerbegünstigt ist.

 

Hintergrund

K betrieb als Einzelunternehmer eine mobile
Altenpflege mit Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. K hatte ab
1995 Zuschüsse nach dem Landesgesetz über Pflegehilfen beantragt, die zunächst
abgelehnt worden waren. Diese Zuschüsse dienten der Förderung der
betriebsnotwendigen Aufwendungen. Im Anschluss an ein Musterverfahren schloss K
einen Vergleich. Er erhielt Zahlungen von rund 190.000 EUR und nahm im Gegenzug
sämtliche Förderanträge für diesen Zeitraum zurück.

Das Finanzamt besteuerte die Einnahmen aus dem
Vergleich nicht tarifbegünstigt, sondern mit dem Regelsteuersatz. Das
Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die Zahlungen seien nicht
als Ersatz für entgehende Einnahmen geleistet worden, da sie rechtlich noch
bestehende Förderansprüche vorausgesetzt hätten.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob dagegen das Urteil des
Finanzgerichts auf und wendete die Steuerbegünstigung nach der sog.
Fünftelregelung an.

Die Fünftelregelung kommt u. a. bei Entschädigungen
als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen in Betracht. Eine
Entschädigung setzt begrifflich voraus, dass es sich um eine Ersatzleistung
handelt. Sie darf nicht die vertraglich vereinbarte Erfüllungsleistung sein,
sondern muss aufgrund einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage geleistet
werden.

Das ist hier der Fall. Nach dem Vergleich wurde eine
neue Rechtsgrundlage geschaffen, da die Zahlung die Rücknahme der Förderanträge
voraussetzte und der Höhe nach von den gesetzlich vorgegebenen Fördergeldern
abwich. Der Vergleich begründete einen Entschädigungsanspruch des K und dieser
verzichtete auf die ihm nach dem Pflegehilfengesetz zustehende Förderung.

 

5.  
Müssen unter
der Rechnungsanschrift geschäftliche Aktivitäten stattfinden?

 

Mit dieser Frage beschäftigte sich das
Finanzgericht Köln. Es hält einen Vorsteuerabzug auch aus Rechnungen für
möglich, die eine Anschrift ausweisen, unter der keine geschäftlichen bzw.
zumindest keine büromäßigen Aktivitäten stattfinden.

 

Das Finanzamt verweigerte einem Kfz-Einzelhändler die
Vorsteuererstattung aus Rechnungen über den Einkauf von Fahrzeugen. Es war der
Ansicht, bei dem Rechnungsaussteller handelte es sich um eine Scheinfirma, weil
nicht festgestellt werden konnte, dass unter der angegebenen Anschrift
irgendwelche geschäftliche Aktivitäten des Rechnungsausstellers stattgefunden
haben. Der Einzelhändler hatte jedoch versichert, dass er die Fahrzeuge bei
seinem Geschäftspartner „vor Ort“ abgeholt habe. Außerdem hatte er
dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Rahmen seiner Möglichkeiten
überprüft, ebenso den Personalausweis, einen Handelsregisterauszug und die
Steuernummer.

 

Entscheidung

Die Klage des Einzelhändlers hatte Erfolg. Das
Finanzgericht berücksichtigte den Vorsteuerabzug aus den strittigen Rechnungen,
obwohl an der angegebenen Anschrift keine geschäftlichen Aktivitäten
stattgefunden haben. Das Gericht hält die Anforderungen an die Anschrift, dass
dort geschäftliche Aktivitäten stattfinden müssen, für überholt. Die Angabe der
Anschrift auf der Rechnung hat den Zweck, den leistenden Unternehmer eindeutig
zu identifizieren und soll es u. a. auch der Finanzverwaltung ermöglichen, den
Unternehmer postalisch zu erreichen. Ist die postalische Erreichbarkeit (z. B.
um Schreiben zu übersenden bzw. Schriftstücke zuzustellen) gewährleistet, kommt
es nicht darauf an, welche Aktivitäten unter der Postanschrift erfolgen.

 

6. Solidaritätszuschlag:
Kein Abzug fiktiver Gewerbesteuer

 

Bei der Berechnung des
Solidaritätszuschlags wird nur gezahlte Gewerbesteuer berücksichtigt. Ein Abzug
„fiktiver“ Gewerbesteuer kommt nicht in Betracht.

 

Hintergrund

Die Kläger der beiden Streitfälle erzielten Einkünfte
aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und
Verpachtung. Einkünfte aus Gewerbebetrieb hatten sie nicht und mussten deshalb
keine Gewerbesteuer zahlen. Die Kläger beantragen beim Finanzamt trotzdem die Anrechnung
einer fiktiven Gewerbesteuer, soweit es um den Solidaritätszuschlag ging. Ihre
Begründung: Steuerpflichtige mit nichtgewerblichen Einkünften seien sonst
gegenüber Gewerbetreibenden benachteiligt. Die tarifliche Einkommensteuer und
damit auch die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag vermindern sich
bei gewerblichen Einkünften um einen bestimmten Prozentsatz des
Gewerbesteuermessbetrags.

 

Entscheidung

In beiden Fällen wurden die Klagen vom Finanzgericht
abgewiesen. Die Richter werten die Steuerermäßigung bei Einkünften aus
Gewerbebetrieb als eine Kompensation für die Zusatzbelastung, die bei
Steuerpflichtigen mit gewerblichen Einkünften mit der Erhebung der
Gewerbesteuer einhergeht. Diese Ungleichbehandlung gegenüber anderen
Einkunftsarten ist gerechtfertigt; das gilt auch für die an die Minderung der
Einkommensteuer anknüpfende Minderung der Bemessungsgrundlage für den
Solidaritätszuschlag.

 

7.  Arbeitgeber
zahlt Strafzettel: Arbeitslohn

 

Übernimmt der Arbeitgeber Bußgelder seiner
Arbeitnehmer, z. B. für Falschparken oder zu schnelles Fahren, entsteht ein
geldwerter Vorteil, der versteuert werden muss.

 

Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer
führen zu (steuerpflichtigem) Arbeitslohn, wenn sie Entlohnungscharakter haben
und dafür gewährt werden, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine
Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat. Wendet der Arbeitgeber einen Vorteil
hingegen aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse zu (z. B. eine
betriebliche Fortbildungsmaßnahme), wird hierdurch kein Arbeitslohnzufluss
begründet.

Der Bundesfinanzhof verneint ein eigenbetriebliches
Interesse für den Fall, dass ein Arbeitgeber Bußgelder für seine Arbeitnehmer
übernimmt. So liegt z. B. steuerpflichtiger Arbeitslohn vor, wenn eine
Spedition Bußgelder übernimmt, die gegen ihre angestellten Fahrer wegen
Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeiten verhängt worden waren.

Weisungen des Arbeitgebers, die gegen die
Rechtsordnung verstoßen und mit Bußgeldern belegt sind, können keine notwendigen
Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzung sein.

 

8.  
Fahrten zum
Vermietungsobjekt: Wann es nur die Entfernungspauschale gibt

 

Fahrten zum vermieteten Objekt sind für
den Vermieter steuerlich Werbungskosten. Es stellt sich allerdings die Frage,
wie die Fahrten abgerechnet werden können: Mit der Reisekostenpauschale oder
nur der Entfernungspauschale?

 

Hintergrund

Ein Vermieter unternahm in einem Jahr 381 Fahrten zu
seinen 2 Immobilien. Dabei führte er Kontrollen durch, kümmerte sich um den
Garten, pflanzte und wässerte, fegte rund um das Objekt und streute im Winter.
Für seine Fahrten machte er in der Steuererklärung Reisekosten von knapp 1.000
EUR geltend. Das Finanzamt erkannte die Fahrten jedoch nur in Höhe der
Entfernungspauschale an.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht setzte für die Fahrten ebenfalls nur
die Entfernungspauschale an. Denn die Vermietungsobjekte stellten hier die
regelmäßige Tätigkeitsstätte des Vermieters dar. Wann kann aber eine solche
regelmäßige Tätigkeitsstätte bei Vermietungseinkünften angenommen werden?

Zum einen zählt der quantitative Aspekt. Regelmäßige
Fahrten zum Objekt, um dort umfangreiche Verwaltungs-, Instandhaltungs-,
Überwachungs- und Pflegetätigkeiten auszuüben, sprechen demnach für eine
regelmäßige Tätigkeitsstätte. Wer dagegen nur gelegentlich zur Immobilie fährt
und den Rest im heimischen Büro erledigt, ist auf der sicheren Seite.

Zum anderen spielt die qualitative Einordnung der
Tätigkeiten eine Rolle. Vermieter, die zu ihren Objekten fahren, um dort ab und
zu etwas zu kontrollieren, werden anders beurteilt als solche, die an der
Immobilie regelmäßig arbeiten. Bewahrt der Vermieter z. B. im Mietobjekt alle
Unterlagen auf, liest dort den Stromzähler ab, rechnet die Nebenkosten ab und
erledigt anfallende Reparaturen, liegt der qualitative Schwerpunkt beim
Mietobjekt – und die Fahrten können nur mit der Entfernungspauschale abgerechnet
werden. Entscheidend ist, wo die Tätigkeiten ausgeübt werden, die die
Einkunftsart prägen.

 



 

9. 
Unberechtigte
Abmahnung: Vermieter muss diese nicht zurücknehmen

 

Mietrecht ist nicht Arbeitsrecht. Deshalb
kann ein Mieter vom Vermieter nicht verlangen, eine unberechtigte Abmahnung
zurückzunehmen.

 

Hintergrund

Die Mieter einer Wohnung wurden vom Vermieter
abgemahnt, weil sie am Briefkasten eine Außenwerbung angebracht hatten. Der
Vermieter sah darin eine unzulässige gewerbliche Nutzung.

Die Mieter hielten die Abmahnung für unberechtigt und
ließen diese durch einen Rechtsanwalt zurückweisen. Sie verlangen vom Vermieter
die Erstattung der angefallenen Anwaltskosten.

 

Entscheidung

Die Klage der Mieter hatte keinen Erfolg. Sie können
keine Erstattung der Anwaltskosten verlangen.

Die Richter begründen ihre Entscheidung so: Zum einen
war die Abmahnung nicht pflichtwidrig. Die Außenwerbung am Briefkasten sprach
für eine gewerbliche Nutzung der Wohnung. Die Nutzung als postalische Adresse
genügt schon für eine entsprechende Annahme. Die Außenwerbung stellt die vom
Vermieter grundsätzlich nicht hinzunehmende Außenwirkung her.

Zum anderen hat ein Mieter – anders als ein Arbeitnehmer
gegenüber dem Arbeitgeber – gegenüber dem Vermieter keinen Anspruch auf
Unterlassung oder Rücknahme einer Abmahnung.

 

 

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 

 

1.  
Gesellschafterdarlehen
ist abzuzinsen

 

Wird ein Darlehen zunächst unverzinslich
einer Kapitalgesellschaft gewährt, ist die Darlehensverbindlichkeit zum
Bilanzstichtag abzuzinsen. Das gilt auch dann, wenn bei der Bilanzaufstellung
bereits feststeht, dass ab dem Folgejahr das Darlehen verzinst wird.

 

Hintergrund

Einer Kapitalgesellschaft waren von ihren
Gesellschaftern Darlehen mit einer unbefristeten Laufzeit gewährt worden, die
teilweise schon seit Jahren unverzinslich waren. Im März wurde rückwirkend zum
1.1. eine Verzinsung vereinbart. Das Finanzamt zinste die
Darlehensverbindlichkeit zum Bilanzstichtag ab.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet
zurück. Unverzinsliche Verbindlichkeiten sind am Bilanzstichtag abzuzinsen, es
sei denn, ihre Laufzeit am Bilanzstichtag beträgt weniger als 12 Monate. Ein
Darlehen, das zunächst unverzinslich gewährt wird, aber auf Grund eines
bestimmten Ereignisses verzinslich wird, ist bis zu dem späteren Ereignis
(Vereinbarung von Zinsen) als unverzinslich zu behandeln. Erst ab dem Bilanzstichtag,
der dem Ereignis folgt, ist entsprechend der veränderten Verhältnisse neu zu
bewerten. Es besteht kein Grund, ein zunächst einschränkungslos unverzinslich
gewährtes Darlehen von der Abzinsungspflicht auszunehmen, nur weil in späteren
Jahren eine Verzinsung vereinbart wird.

Die Vereinbarung über die Verzinsung der Darlehen ist
eine wertbegründende und keine wertaufhellende Tatsache. Objektiv hat die
Verzinslichkeit zum Bilanzstichtag nicht vorgelegen. Das Stichtagsprinzip lässt
insoweit keine andere Wertung zu.

 



 

2.  
Ist der
ermäßigte Steuersatz neben einer steuerfreien Rücklage anwendbar?

 

Für Betriebsaufgabegewinne gibt es einen
ermäßigten Steuersatz, die sog. Fünftelregelung. Diese findet auch dann
Anwendung, wenn für den Teil des Gewinns, der auf die Veräußerung eines
Kapitalgesellschaftsanteils entfällt, eine steuerfreie Rücklage gebildet wird.

 

Hintergrund

Geklagt hatte der Gesellschafter einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (GbR), die ein Grundstück an eine GmbH verpachtet hatte; zu
deren Gesellschaftern gehörte ebenfalls der Kläger. Das Grundstück und die
GmbH-Beteiligung gehörten zum (Sonder-)Betriebsvermögen.

Im Streitjahr wurde die GbR aufgelöst und der Kläger
veräußerte seine GmbH-Beteiligung. Für den Teil des hierdurch entstandenen
Gewinns aus der Betriebsaufgabe, der auf die GmbH-Beteiligung entfiel, bildete
der Kläger eine gewinnmindernde Rücklage. Für den verbleibenden Gewinn
beantrage er die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach der
Fünftelregelung, was das Finanzamt ablehnte.

 

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht hatte die Klage des
Gesellschafters Erfolg. Die Rücklagenbildung steht, so das Gericht, der Anwendung
des ermäßigten Steuersatzes auf den verbleibenden Teil des Aufgabegewinns nicht
entgegen. Denn der anteilige Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung
wird nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung nicht ermäßigt besteuert. Zu
einer „Doppelbegünstigung“ durch Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes einerseits und Bildung einer steuerfreien Rücklage andererseits
kann es deshalb gar nicht kommen.