Mandantenbrief Steuern Unternehmer Dezember 2014

 Brief für Unternehmer und Freiberufler

Inhalt

1. Verzicht auf Finanzplandarlehen bei Sanierungsgewinnen
2. Wahlrechtsausübung bei Einbringung
3. Berichtigung bei Fehlbeurteilung des Vorsteuerabzugs
4. Investitionsabzugsbetrag: Berechnung der Betriebsgröße
5. Lohnsteuer-Nachschau: Wenn das Finanzamt spontan vorbeischaut
6. Amtliche AfA-Tabellen sind nur für das Finanzamt bindend
7. Ausgleichszahlung für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit ist Arbeitslohn
8. Nachträgliche Berücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben ist möglich
9 Geldwerter Vorteil: Übernommene Vereinsbeiträge gelten als Arbeitslohn
10. Wann Alkohol eine Kündigung rechtfertigt
11. Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb unterliegen nicht der Umsatzsteuer
12. Kein Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt für zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer
13. Steuerberater darf Einspruch nicht eigenmächtig zurücknehmen
14. Vermieter darf Kamera-Attrappen anbringen
15. Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften
16. Werttminderung eines Grundstücks als Werbungskosten

  1. 1. Verzicht auf Finanzplandarlehen bei Sanierungsgewinnen

    Für Sanierungsgewinne gelten besondere Billigkeitsregelungen, die im Kern eine Steuerstundung und einen Steuererlass vorsehen. Das Finanzministerium Schleswig-Holstein erklärt, wann diese Regelungen auf Gewinne aus dem Darlehensverzicht von GmbH-Gesellschaftern angewandt werden können.

    Um ein Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu retten, verzichten dessen Schuldner häufig auf Teile ihrer Forderungen, um so zur Sanierung beizutragen. Da durch den Schuldenerlass jedoch Gewinne entstehen (Erhöhung des Betriebsvermögens), würde ein regulärer Steuerzugriff darauf die Sanierungsbemühungen schnell konterkarieren. Um diese erhebliche Härte für das sanierungsbedürftige Unternehmen abzumildern, hat das Bundesfinanzministerium bereits mit Schreiben vom 27.3.2003 (sog. Sanierungserlass) besondere Billigkeitsregelungen aufgestellt, die im Kern eine Stundung und einen Erlass der auf Sanierungsgewinne entfallenden Steuern vorsehen.

    Darlehensverzicht von Gesellschaftern
    Wann der Darlehensverzicht eines GmbH-Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft zu einem solchen begünstigten Sanierungsgewinn führen kann, hat das Finanzministerium Schleswig-Holstein mit Erlass vom 16.4.2014 näher beleuchtet. Nach der Weisung können die begünstigenden Billigkeitsregelungen des Bundesfinanzministeriums nur zur Anwendung kommen, wenn der Darlehensverzicht eigenbetrieblich und nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. Eine solche schädliche gesellschaftsrechtliche Veranlassung liegt dabei grundsätzlich vor, wenn das Darlehen als Finanzplandarlehen ausgereicht wurde – es von den Gesellschaftern also zur Finanzierung des Unternehmens („finanzplanmäßig“) gewährt worden ist.

    Verzicht auf Finanzplandarlehen kann begünstigt sein
    Nach der Weisung des Finanzministeriums können allerdings auch Gewinne aus dem Verzicht auf Finanzplandarlehen begünstigt sein, sofern nicht nur der Gesellschafter, sondern auch unbeteiligte Dritte auf Darlehen verzichten bzw. anderweitig zur Sanierung beitragen. In diesem Fall – der als Gläubigerakkord bezeichnet wird – handelt der Gesellschafter mit seinem Darlehensverzicht wie ein fremder Dritter und somit aus betrieblichen Gründen heraus, sodass die begünstigenden Regelungen für Sanierungsgewinne dann auf alle Darlehensformen – somit auch auf Finanzplandarlehen – angewandt werden können.

    Nachträgliche Anschaffungskosten
    Hat ein Gesellschafter im Zuge eines Gläubigerakkords auf sein Darlehen verzichtet und das Finanzamt einen begünstigten Sanierungsgewinn angenommen, so können nach der Weisung des Finanzministeriums bei einer späteren Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft gleichwohl nachträgliche Anschaffungskosten anzunehmen sein.

    Einheitliche Betrachtungsweise
    Beim Darlehensverzicht eines Gesellschafters darf keine Aufteilung in der Form erfolgen, dass der werthaltige Teil der Forderung als gesellschaftsrechtlich und der nicht werthaltige Teil als eigenbetrieblich angesehen wird. Stattdessen kann der Verzicht nur als Ganzes entweder als eigenbetrieblich oder gesellschaftsrechtlich veranlasst beurteilt werden. Nur wenn die Gesamtbetrachtung ergibt, dass der Verzicht eigenbetrieblich veranlasst ist, kann von einer Sanierungsabsicht des Gesellschafters ausgegangen werden, die Voraussetzung für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns ist. Liegt hingegen eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor, müssen die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 9.6.1997 zum Verzicht eines Gesellschafters auf eine nicht mehr vollwertige Forderung gegenüber seiner Kapitalgesellschaft beachtet werden.

  2. 2. Wahlrechtsausübung bei Einbringung

    Bei einer Einbringung oder einem Anteilstausch hat die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Jedoch kann auf Antrag das übernommene Betriebsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen auch mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert angesetzt werden.

    Der Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens gilt beim Einbringenden als Veräußerungspreis. Zu den Details dieser Antragstellung hat sich die Finanzverwaltung nun wie folgt geäußert und konkretisiert damit die Ausführungen im sog. Umwandlungssteuererlass.

    Der Antrag ist spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen. Dies ist die auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zu erstellende Übernahmebilanz. Sind der steuerliche Übertragungsstichtag und der Bilanzstichtag identisch, ist die steuerliche Schlussbilanz auf diesen Tag zu erstellen. Liegt der steuerliche Übertragungsstichtag vor dem Bilanzstichtag, ist die steuerliche Schlussbilanz auf den Bilanzstichtag maßgebend.

    Beispiel:
    Steuerlicher Übertragungsstichtag = 1.4.2013, Bilanzstichtag = 31.12.2013.

    Die steuerliche Schlussbilanz des Übernehmers wird auf den 31.12.2013 erstellt. Daran ändert die Buchung der Übernahme des Betriebsvermögens als Geschäftsvorfall am 1.4.2013 nichts, denn maßgebend ist die mit der Bewertung der Wirtschaftsgüter verbundene Ausübung des Antrags in der Übernahmebilanz zum 31.12.2013.

    Die steuerliche Schlussbilanz ist grundsätzlich eine eigenständige Bilanz, die von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 bzw. § 5 Abs. 1 EStG zu unterscheiden ist. Wird nur eine Steuerbilanz zur Gewinnermittlung auf den Bilanzstichtag abgegeben, ist damit noch kein Antrag gestellt. Dies kann durch Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz nachgeholt werden; die Antragsfrist ist bis dahin noch nicht verstrichen.

    Wird hingegen zusätzlich eine ausdrückliche Erklärung abgegeben, dass die Steuerbilanz der Gewinnermittlung zugleich auch die steuerliche Schlussbilanz nach dem Umwandlungssteuergesetz sein soll, ist dies ein konkludenter Antrag, denn für den Antrag ist keine konkrete Form vorgeschrieben.

    Wurde der Antrag auf Ansatz mit einem Wert unterhalb des gemeinen Werts gestellt, ist dieser unwiderruflich. Der Antrag ist auch bedingungsfeindlich und kann somit nicht bis zum Ablauf der Antragsfrist widerrufen oder geändert werden.

    Um Rechtsklarheit zu erlangen, werden die Finanzämter angewiesen, eine steuerliche Schlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft anzufordern und die Gesellschaft gleichzeitig aufzufordern, sich zur Ausübung des Bewertungswahlrechts ausdrücklich zu äußern. Mit Eingang der Antwort ist die Antragsfrist verstrichen und der gestellte Antrag kann danach nicht mehr geändert werden. Bleibt eine Antwort aus, liegt kein Antrag vor, sodass die gemeinen Werte anzusetzen sind.

    Hintergrund für diese Anweisung sind in der Praxis vermehrt aufgetretene Fälle, in denen bei der übernehmenden Personengesellschaft die Abschreibung auf Basis der gemeinen Werte ermittelt worden sind, bei den Einbringenden bisher aber noch keine steuerliche Schlussbilanz abgeben und damit auch die stillen Reserven nicht versteuert worden sind.

  3. 3. Berichtigung bei Fehlbeurteilung des Vorsteuerabzugs

    Darf das Finanzamt einen rechtlich unzutreffend gewährten Vorsteuerabzug in den Folgejahren korrigieren oder kann es nur eine rückwirkende Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung vornehmen? Eine Antwort darauf lieferte jetzt das Thüringer Finanzgericht.

    Hintergrund
    Ein Unternehmer erwarb in 2002 ein Fahrzeug und machte die entstandene Umsatzsteuer in voller Höhe als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt stimmte der Umsatzsteuererklärung zu, obwohl nach damaliger Rechtslage nur ein Vorsteuerabzug von 50 % zulässig war. Da der Unternehmer das Fahrzeug in der Folgezeit nicht seinem Unternehmensvermögen zuordnete (= materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug), berichtigte das Finanzamt die Vorsteuer für die Folgejahre; entsprechende Änderungsbescheide ergingen in 2009. Eine Änderung der ursprünglich fehlerhaften Umsatzsteuerfestsetzung 2002 war wegen abgelaufener Festsetzungsfrist nicht mehr möglich.

    Entscheidung
    Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt nicht zur Vorsteuerberichtigung berechtigt war. Denn vorliegend hatte sich nicht die rechtliche Beurteilung der Ausgangsumsätze als steuerpflichtig/steuerfrei geändert, sondern das Finanzamt hatte versucht, eine frühere rechtliche Fehlbeurteilung zu korrigieren. Eine Berichtigung aus diesen Gründen hielt das Finanzgericht aber nicht für zulässig, da § 15a Abs. 1 UStG lediglich eine geänderte Verwendung von Wirtschaftsgütern erfasst und nicht die Fehlbeurteilung eines Vorsteuerabzugs. Letztere kann allenfalls über die allgemeinen Änderungsvorschriften der Abgabenordnung korrigiert werden (Änderung der ursprünglich fehlerhaften Steuerfestsetzung), was im Urteilsfall jedoch nicht mehr zulässig war.

  4. 4. Investitionsabzugsbetrag: Berechnung der Betriebsgröße

    Die für den Investitionsabzugsbetrag maßgebliche Betriebsgröße ist bei bilanzierenden Unternehmen aus dem in der Steuerbilanz ausgewiesenen Kapitalkonto abzuleiten. In der Handelsbilanz ausgewiesene Ansprüche auf Investitionszulage bleiben dabei unberücksichtigt.

    Hintergrund
    Das steuerliche Kapitalkonto der Klägerin betrug zum 31.12.2009 325.000 EUR. Ein Anspruch auf Investitionszulage von ca. 43.000 EUR wurde dabei nicht berücksichtigt. Das Finanzamt erfasste auch diesen Anspruch, sodass der für 2009 maßgebliche Grenzwert für die Betriebsgröße von 335.000 EUR überschritten wurde und versagte den beantragten Investitionsabzugsbetrag.

    Entscheidung
    Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Nach Auffassung des Finanzgerichts muss der Anspruch auf Investitionszulage für das abgelaufene Wirtschaftsjahr in der Handelsbilanz ausgewiesen werden. Steuerrechtlich sei er, jedenfalls für Zwecke des § 7g EStG nicht zu berücksichtigen, weil die Werte der Handelsbilanz für die Größenmerkmale unerheblich seien. Der Anspruch auf Investitionszulage sei in der Steuerbilanz nicht zu erfassen und beeinflusse die Höhe des Betriebsvermögens somit nicht.

    Die Investitionszulage sei ausdrücklich von der Steuerpflicht ausgenommen und falle unter keine Einkunftsart. Der Anspruch auf Investitionszulage sei keine Forderung im Sinne der Steuerbilanz. Daraus folge, dass in der Handelsbilanz ein anderer Wert anzusetzen sei als in der Steuerbilanz. Das Investitionszulagengesetz beabsichtige die Vermeidung steuerlicher Gewinnauswirkungen der Investitionszulage. Eine Berücksichtigung des Anspruchs bei der Ermittlung der Betriebsgröße konterkariere den Sinn und Zweck der steuerlichen Förderung, denn sowohl die Investitionszulage als auch der Investitionsabzugsbetrag sollen die Liquidität von kleinen und mittelständischen Unternehmen stärken. Steuerrechtlich sei die Investitionszulage als außerbilanzieller Posten daher für die Berechnung des Betriebsvermögens unschädlich.

  5. 5. Lohnsteuer-Nachschau: Wenn das Finanzamt spontan vorbeischaut

    Lohnsteuer-Nachschau ohne Ankündigung möglich
    Die Lohnsteuer-Nachschau muss nicht angekündigt werden. Der Arbeitgeber hat dem mit der Lohnsteuer-Nachschau beauftragten Amtsträger auf Verlangen Lohn- und Gehaltsunterlagen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden vorzulegen. Zudem muss er Auskünfte erteilen, soweit dies zur Feststellung steuerlich erheblicher Sachverhalte zweckdienlich ist.

    Darüber hinaus haben die Mitarbeiter dem Amtsträger jede gewünschte Auskunft über Art und Höhe ihrer Einnahmen zu geben und auf Verlangen in ihrem Besitz befindliche Bescheinigungen über den Lohnsteuerabzug sowie Belege über bereits entrichtete Lohnsteuer vorzulegen.

    Nahtloser Übergang zur Außenprüfung zulässig
    Geben die bei der Lohnsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung übergegangen werden. Dies kann insbesondere angezeigt sein,

    • wenn bei der Lohnsteuer-Nachschau erhebliche Fehler beim Steuerabzug vom Arbeitslohn festgestellt wurden,
    • wenn der Sachverhalt im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau nicht abschließend geprüft werden kann und weitere Ermittlungen erforderlich sind,
    • wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Lohnsteuer-Nachschau nicht nachkommt oder
    • wenn die Ermittlung aufgrund fehlenden Datenzugriffs nicht oder nur erschwert möglich ist.
  6. 6. Amtliche AfA-Tabellen sind nur für das Finanzamt bindend

    Die amtlichen AfA-Tabellen sollen eine gleichheitsgerechte Anwendung der AfA-Vorschriften gewährleisten. Sie binden deshalb das Finanzamt wie eine Dienstanweisung. Der Steuerpflichtige kann dagegen jederzeit eine für Ihn günstigere Nutzungsdauer darlegen.

    Hintergrund
    Das Finanzgericht hatte über die Nutzungsdauer einer Kartoffelhalle in einem Land- und Forstwirtschafts-Betrieb zu entscheiden. Das Finanzamt ging nach bausachverständiger Begutachtung von der üblichen Nutzungsdauer von 33 1/3 Jahren aus, während der Kläger sich auf eine vom Hersteller angeforderte Bescheinigung und auf die amtliche AfA-Tabelle berief, die eine Nutzungsdauer von 17 Jahren für Gebäude in Leichtbauweise ausweisen.

    Entscheidung
    Das Finanzgericht stellte fest, dass die amtlichen AfA-Tabellen für das Finanzamt den Charakter einer Dienstanweisung besitzen. Für den Steuerpflichtigen handele es sich dagegen um das Angebot der Verwaltung für eine tatsächliche Verständigung im Rahmen einer Schätzung, das er annehmen kann, aber nicht muss. Danach sei die Anwendung der AfA-Tabellen aus Gleichheits- und Gerechtigkeitsgesichtspunkten zwingend geboten. Es seien keine Umstände erkennbar, wonach die dort ausgewiesene Nutzungsdauer den hier entschiedenen Einzelfall nicht vertretbar abbilde. Ein Abweichen von der amtlichen AfA-Tabelle durch das Finanzamt verlange auch eine Auseinandersetzung mit den eigenen Begriffsbestimmungen und Erkenntnisgrundlagen. Es könne sich insoweit nicht auf ein Sachverständigengutachten stützen, das diese Vorgaben nicht erfüllt.

    Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Werten der AfA-Tabelle um grobe Schätzungen handelt, die auch der Verwaltungsvereinfachung dienen und für eine gleichmäßige Anwendung sorgen. Da der Kläger nichts weiter begehre, sei die Einholung eines eigenen Sachverständigengutachten entbehrlich und der Klage stattzugeben.

  7. 7. Ausgleichszahlung für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit ist Arbeitslohn

    Erhält ein verbeamteter Feuerwehrmann von seinem Arbeitgeber eine Ausgleichszahlung für rechtswidrig erbrachte Mehrarbeit, muss er diese Gelder als Arbeitslohn versteuern.

    Hintergrund
    Ein Feuerwehrbeamter der städtischen Berufsfeuerwehr erhielt von seinem Arbeitgeber im Jahr 2012 eine Ausgleichszahlung für rechtswidrig erbrachte Mehrarbeit in Höhe von 20.000 EUR, die er als steuerfreie Schadensersatzleistung anerkannt wissen wollte. Er argumentierte, dass die Gelder keinen Entlohnungs- oder Lohnersatzcharakter hätten, da entsprechende Schadensersatzansprüche nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorrangig auf Freizeitausgleich (Naturalrestitution) gerichtet seien. Das Finanzamt setzte die Zahlungen hingegen als (ermäßigt zu besteuernden) Arbeitslohn an.

    Entscheidung
    Das Finanzgericht Münster urteilte, dass das Amt die Zahlungen zu Recht als Arbeitslohn angesetzt hatte.

    Zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gehören alle Güter in Geld- oder Geldeswert, die einem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs werden Vorteile „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind – wenn also der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne (objektiv) als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.

    Legt man diese Grundsätze zugrunde, sind die streitbefangenen Ausgleichszahlungen letztlich dafür zugeflossen, dass der Arbeitnehmer seine individuelle Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat.

    Ob die Zahlung Ausfluss eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs ist, konnte das Finanzgericht dahingestellt lassen, da das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hatte, dass der zusätzliche Dienst eines Beamten und der damit verbundene Freizeitverlust nach nationalem Recht keinen Schaden darstellt; demnach steht dem Arbeitnehmer für unionsrechtswidrig geleistete Mehrarbeit (neben einem möglichen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch) ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch zu. Diese Einordnung als auch die Berechnung der Ausgleichszahlung im Urteilsfall (angelehnt an das Gesetz über die Mehrarbeit von Feuerwehrleuten) sprachen für den Arbeitslohncharakter der Ausgleichszahlung.

  8. 8. Nachträgliche Berücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben ist möglich

    Übersieht ein Finanzamt, dass ein Unternehmer in seiner Umsatzsteuererklärung zwar Umsatzsteuerzahlungen erklärt hat, diese aber versehentlich nicht in seiner Gewinnermittlung als Betriebsausgaben erfasst hat, können diese Zahlungen später noch im Wege einer Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt werden.

    Die entsprechende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hat nun die Oberfinanzdirektion Koblenz aufgegriffen.

    Hintergrund
    Es war aus steuerlicher Sicht ein „teurer“ Fehler, der einem selbstständigen Ingenieur aus Berlin unterlaufen war: Über Jahre hinweg hatte er seine an das Finanzamt geleisteten Umsatzsteuerzahlungen zwar in seinen Umsatzsteuererklärungen abgerechnet, es aber versäumt, diese Beträge in seiner Einnahmen-Überschussrechnung als Betriebsausgaben zu verbuchen. Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß, sodass sich über die Jahre Umsatzsteuerbeträge von insgesamt rund 65.000 EUR nicht gewinnmindernd auswirkten. Nachdem Bestandskraft der Bescheide eingetreten war, legte der Unternehmer schließlich Einspruch ein und begehrte die nachträgliche Berücksichtigung der Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben. Der Bundesfinanzhof hielt eine Bescheidänderung für möglich.

    Verfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz
    Die Oberfinanzdirektion Koblenz hat sich mit Verfügung vom 12.5.2014 näher mit den Urteilsgründen auseinandergesetzt und zur allgemeinen Anwendbarkeit der Rechtsprechung geäußert. Danach gilt:

    Nach dem Urteil konnten die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide geändert werden, da der Bundesfinanzhof eine offenbare Unrichtigkeit annahm.

    Der Bundesfinanzhof nahm im Urteilsfall ein mechanisches Übersehen an, weil die Umsatzsteuerzahlungen bei der Festsetzung der Umsatzsteuer stets berücksichtigt worden waren. Einer Änderung stand dabei nicht entgegen, dass noch zu ermitteln war, welche Umsatzsteuerbeträge tatsächlich als Betriebsausgaben abgezogen werden konnten. Mit dieser Entscheidung rückte der Bundesfinanzhof von seinem Grundsatz ab, dass eine mangelnde Sachverhaltsermittlung eine Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit eigentlich ausschließt.

    Die Oberfinanzdirektion weist darauf hin, dass der Bundesfinanzhof seine Entscheidung offensichtlich darauf stützte, dass die vollständige Nichtberücksichtigung der Umsatzsteuerbeträge „offenbar“ war. Demnach blieb offen, ob eine Änderung auch dann möglich ist, wenn gezahlte Umsatzsteuerbeträge zuvor nur zum Teil als Betriebsausgaben erklärt worden sind.

    Weiter erklärt die Oberfinanzdirektion, dass die Finanzämter die Urteilsgrundsätze ab sofort auch in anderen Fällen (allgemein) anwenden. Auch der Anwendungserlass zur Abgabenordnung soll um einen Passus ergänzt werden, wonach eine offenbare Unrichtigkeit auch dann anzunehmen ist, wenn das Finanzamt zur Berichtigung des übernommenen offenbaren Fehlers noch Sachverhaltsermittlungen zur Höhe des berücksichtigungsfähigen Betrags anstellen muss.

  9. 9. Geldwerter Vorteil: Übernommene Vereinsbeiträge gelten als Arbeitslohn

    Übernimmt der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter die Mitgliedsbeiträge zu privaten Vereinen, sind diese Aufwendungen steuerpflichtiger Arbeitslohn. Dies kann auch gelten, wenn der Mitarbeiter bereits im Ruhestand ist. Es gibt aber auch Alternativen.

    Übernimmt der Arbeitgeber Vereinsbeiträge des Arbeitnehmers wie zum Beispiel für einen Golf- oder Tennisclub, liegt ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil vor.

    Dies gilt auch dann, wenn eine solche Mitgliedschaft dem Beruf förderlich ist, weil sich auf diesem Weg Kontakte mit (künftigen) Kunden des Arbeitgebers anknüpfen oder vorhandene Geschäftsbeziehungen intensivieren lassen.

    Ausnahmen sind kaum möglich
    Selbst die Tatsache, dass sich der Mitarbeiter – wie im Streitfall in einem Golfclub – sportlich nicht betätigt oder mangels Platzreife nicht betätigen kann, soll keine Rolle spielen. Eine seltene Ausnahme könnte nur gelten, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter den Beitritt derart aufdrängt, dass er sich dem nicht entziehen kann, ohne Nachteile in Kauf zu nehmen.

    Mitgliedsbeiträge ausgeschiedener Mitarbeiter
    Nach dem Eintritt in den Ruhestand werden die Voraussetzungen dann etwas lockerer. Nach einem neuen Urteil liegt nur dann Arbeitslohn vor, wenn mit der Zuwendung noch die Arbeitsleistung entlohnt werden soll und nicht bereits deshalb weil der Arbeitgeber daran mitgewirkt hat, die Ehrenmitgliedschaft zu erhalten.

    Steuerliche Alternativen zum sportlichen Stressabbau
    Es gibt aber Möglichkeiten für die Unterstützung der Arbeitnehmer im sportlichen Bereich, die steuerlich anders behandelt werden. Dazu zählen Betriebssportanlagen und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung.

    • Betriebssportanlagen: Stellt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern unentgeltlich Sportanlagen zur Verfügung wie zum Beispiel einen Fitnessraum, eine Betriebssportanlage mit Fußballplatz oder ein Schwimmbad handelt es sich um eine steuer- und beitragsfreie Leistung im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers.

      Achtung: Die Bereitstellung von Tennis- oder Squashplätzen, eines Reitpferds, einer Segeljacht oder einer Golfanlage ist dagegen steuer- und beitragspflichtig.

    • Betriebliche Gesundheitsförderung: Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands der Belegschaft oder der betrieblichen Gesundheitsförderung bleiben bis zu 500 EUR im Kalenderjahr je Arbeitnehmer steuerfrei. Unter die Steuerbefreiung fallen auch Barzuschüsse des Arbeitgebers an seine Mitarbeiter für extern durchgeführte Maßnahmen.

    Achtung: Die Übernahme oder Bezuschussung von Mitgliedsbeiträgen an Sportvereine und Fitnessstudios ist jedoch nicht steuerbefreit. Unter die Steuerbefreiung fällt aber, wenn durch den Arbeitgeber ein Zuschuss für Maßnahmen gewährt wird, die Fitnessstudios oder Sportvereine anbieten und die den fachlichen Anforderungen des Leitfadens Prävention der Krankenkassen gerecht werden.

  10. 10. Wann Alkohol eine Kündigung rechtfertigt

    Alkoholisiert Autofahren im Dienst, das geht nicht. Daher hatte das Arbeitsgericht Berlin die Kündigung eines Berufskraftfahrers bestätigt. Nicht so das Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz: Da der alkoholabhängige Beschäftigte zu einer Therapie bereit war, kann die Krankheit eventuell geheilt werden.

    Natürlich verletze ein Berufskraftfahrer seine Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag in erheblichem Maße, wenn er das Firmenfahrzeug unter Alkoholeinfluss am öffentlichen Straßenverkehr teilnehme, urteilte nun das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Allerdings hielten die Richter dem Beschäftigten seine Alkoholabhängigkeit zugute. Aufgrund der Krankheit sei dem Beschäftigten kein Schuldvorwurf zu machen.

    Bei Alkoholkrankheit: Bereit zur Therapie?
    Für eine wirksame Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist in diesem Fall eine Prognose zu treffen: Wenn anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft nicht nachkommen kann, kann die Kündigung gerechtfertigt sein. Von einer solchen negativen Prognose könne man jedoch nicht ausgehen, wenn der Arbeitnehmer – wie im entschiedenen Fall – im Zeitpunkt der Kündigung ernsthaft zu einer Alkoholtherapie bereit war.

    Im konkreten Fall war der Arbeitnehmer als Berufskraftfahrer beschäftigt und verursachte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 Promille) einen Unfall. Es entstand ein größerer Sachschaden, der Unfallgegner wurde dabei verletzt. Im Betrieb bestand ein absolutes Alkoholverbot.

    Bundesarbeitsgericht: Keine Therapie, keine positive Prognose
    Letztlich orientierte sich das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am Bundesarbeitsgericht. Das oberste Arbeitsgericht entschied zum Beispiel über die Kündigung eines alkoholkranken Mitarbeiters; für den zweiten Senat kam es damals auf folgendes an: „Ist im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt, der Arbeitnehmer biete aufgrund einer Alkoholsucht dauerhaft nicht die Gewähr, in der Lage zu sein, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen, kann eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein.“

    Das Bundesarbeitsgericht billigte damals die Kündigung, da der Mitarbeiter gerade nicht zu einer entsprechenden Therapie bereit war. „Für die Prognose im Hinblick auf die weitere Entwicklung einer Alkoholerkrankung kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung bereit ist, eine Entziehungskur beziehungsweise Therapie durchzuführen. Lehnt er das ab, kann erfahrungsgemäß davon ausgegangen werden, dass er von seiner Alkoholabhängigkeit in absehbarer Zeit nicht geheilt wird“, urteilte das Bundesarbeitsgericht. Da die Alkoholerkrankung zudem die betrieblichen Interessen erheblich beeinträchtigte und eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfiel, war die damalige Kündigung für das Bundesarbeitsgericht rechtmäßig.

    Landesarbeitsgericht: Abmahnung hätte genügt
    Im Ergebnis anders entschied nun das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Es lehnte die Kündigung im aktuellen Fall ab. Bei einer – im aktuellen Fall – bestehenden Therapiebereitschaft könne vom Arbeitgeber in der Regel erwartet werden, das Fehlverhalten abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

    Das Arbeitsgericht Berlin hatte noch die ordentliche Kündigung für sozial gerechtfertigt gehalten. Die Arbeitsrichter urteilten: Ob alkoholerkrank oder nicht, dem Beschäftigten sei vorzuwerfen, eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben. Wegen der Schwere der Pflichtverletzung rechtfertige dieses Verhalten die Kündigung – auch ohne Ausspruch einer Abmahnung.

    Arbeitsgericht: Keine Abmahnung wegen schwerer Pflichtverletzung
    Der Arbeitgeber müsse dafür Sorge tragen, dass das Alkoholverbot von allen Fahrern beachtet werde. Dies sei mit einer bloßen Abmahnung nicht zu erreichen, argumentierten noch die Richter der ersten Instanz. Auch habe der Arbeitnehmer letztlich keine Einsicht in sein Fehlverhalten gezeigt.

    Dieser Argumentation ist das Landesarbeitsgericht letztlich nicht gefolgt.

  11. 11. Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb unterliegen nicht der Umsatzsteuer

    Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb erfolgt nicht für außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke und unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer.

    Hintergrund
    A betrieb ein Einzelunternehmen. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Zwischen A (als Organträger) und der GmbH (als Organgesellschaft) bestand ein Organschaftsverhältnis. Nach dem Geschäftsführeranstellungsvertrag hatte A Anspruch auf Benutzung eines der GmbH gehörenden Pkw auch für private Zwecke.

    A nutzte den Pkw auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb/Arbeitsstätte. Das Finanzamt unterwarf die Pkw-Überlassung für diese Fahrten als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer (mit geschätzten 0,87 EUR je gefahrenem km). Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage mit der Begründung ab, da die unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern grundsätzlich unternehmensfremden Zwecken zuzurechnen sei, müsse Entsprechendes auch für die Fahrten eines Unternehmers zwischen Wohnung und Betrieb gelten.

    Entscheidung
    Der Bundesfinanzhof lehnt die Parallelbetrachtung zu den Fahrten eines Arbeitnehmers ab. Die Pkw-Nutzung für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb durch den Unternehmer ist nicht als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Das Finanzgerichtsurteil wurde daher aufgehoben. Der Bundesfinanzhof gab der Klage statt.

    Die unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück mit einem betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber dient grundsätzlich dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und damit unternehmensfremden Zwecken. Denn es ist normalerweise Sache des Arbeitnehmers, den Ort seiner Wohnung und das geeignete Verkehrsmittel zu wählen.

    Anders ist es jedoch bei den entsprechenden Fahrten des Unternehmers. Diese Fahrten sind unternehmerisch veranlasst. Der Arbeitnehmer ist arbeitsvertraglich verpflichtet, während der Arbeitszeit an der Arbeitsstätte zu sein, sodass grundsätzlich kein unternehmerischer Grund dafür besteht, ihn zwischen Wohnung und Betrieb zu befördern. Im Gegensatz dazu sucht jedoch der Unternehmer den Betrieb auf, um dort unternehmerisch tätig zu sein. Es ist nicht ersichtlich, welchem privaten Bedarf diese Fahrten dienen sollten. Sie dienen der Ausführung von Umsätzen und es besteht daher – anders bei einem Arbeitnehmer – ein unmittelbarer Zusammenhang der Fahrten zu dem Unternehmen.

    Das zwischen A und der GmbH bestehende Organschaftsverhältnis bewirkt, dass die Leistungen zwischen der GmbH und A als nichtsteuerbare Innenleistungen zu behandeln sind. Die Verwendung des Pkw durch A war daher – anders als bei der entgeltlichen Überlassung an einen Arbeitnehmer – nicht als steuerbare sonstige Leistung (tauschähnliches Geschäft), sondern unter dem Gesichtspunkt einer unentgeltlichen Wertabgabe zu unternehmensfremden Zwecken zu prüfen. Hierfür ist die Sicht des Unternehmers entscheidend, die für die Fahrten auf den unmittelbaren unternehmerischen Zusammenhang hinweist.

  12. 12. Kein Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt für zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer

    Ein Leistungsempfänger kann die ihm zu Unrecht vom leistenden Unternehmer in Rechnung gestellte und an diesen gezahlte Umsatzsteuer auch dann nicht vom Finanzamt erstattet verlangen, wenn der Rechnungsaussteller zur Rückerstattung nicht bereit oder in der Lage ist.

    Hintergrund
    Die Klägerin, eine GmbH, nahm aus Eingangsrechnungen verschiedener Kapitalgesellschaften einen Vorsteuerabzug in Anspruch. Aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung versagte ihr das Finanzamt diesen Anspruch, weil die Rechnungen eine unzutreffende Leistungsbezeichnung enthielten. Nachdem entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide ergangen waren, zahlte die Klägerin die zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge an das Finanzamt zurück.

    Etwa 2 Jahre später begehrte die Klägerin die Erstattung eines Teils der zurückgezahlten Vorsteuern vom Finanzamt, weil ihr insoweit eine Inanspruchnahme der Rechnungsaussteller nicht möglich sei. Hierzu berief sie sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, nach der einem gutgläubigen Leistungsempfänger ein unmittelbarer Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt zustehe, wenn der Leistende zahlungsunfähig oder -unwillig sei. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Klägerin keinen Anspruch habe, da die geänderten Umsatzsteuerbescheide einen Rechtsgrund für die Rückzahlung der Vorsteuerbeträge darstellten. Überdies habe sie ihre Gutgläubigkeit nicht nachgewiesen.

    Entscheidung
    Das Finanzgericht Münster, das die Ablehnung des Finanzamts als Abrechnungsbescheid auslegte, wies die Klage ab. Für einen Erstattungsanspruch der Klägerin gegen das Finanzamt fehle es an einer Rechtsgrundlage. Einen Anspruch auf Erstattung überzahlter Umsatzsteuer hätten allein die Rechnungsaussteller, die ihre Rechnungen berichtigt haben. Dem stehe der europarechtliche Grundsatz der Neutralität und Effektivität der Mehrwertsteuer nicht entgegen. Dieser werde grundsätzlich auch dann beachtet, wenn der Leistungsempfänger im Hinblick auf die Erstattung zu Unrecht gezahlter Vorsteuerbeträge auf den Zivilrechtsweg verwiesen werde. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs könne sich der Rechnungsempfänger zwar ausnahmsweise unmittelbar an die Steuerbehörde wenden, wenn die Erstattung unmöglich oder übermäßig erschwert sei. Da diese Rechtsprechung zu einem grenzüberschreitenden Sachverhalt im Vorsteuervergütungsverfahren ergangen sei, sei sie auf einen reinen Inlandssachverhalt nicht übertragbar. Anderenfalls würde der Leistungsempfänger im Insolvenzfall gegenüber anderen Gläubigern des Rechnungsausstellers bevorzugt werden.

  13. 13. Steuerberater darf Einspruch nicht eigenmächtig zurücknehmen

    Nimmt ein Steuerberater einen Einspruch ohne vorherige Rücksprache mit seinem Mandanten zurück, verstößt er gegen seine Pflichten aus dem Beratungsvertrag und macht sich schadensersatzpflichtig.

    Hintergrund
    Streckt ein Steuerberater im Streit mit dem Finanzamt vorzeitig die Waffen ohne sich zuvor mit seinem Mandanten abzusprechen, so kann dieses Vorgehen für ihn in einer Schadensersatzzahlung münden. So geschehen kürzlich in einem Fall vor dem Bundesgerichtshof, in dem ein Steuerberater für seinen Mandanten die Kosten einer doppelten Haushaltsführung geltend gemacht hatte; der Mandant hatte seinen Ersthaushalt jedoch aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt (sog. Wegverlegungsfall), was von der damals geltenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht steuerlich anerkannt wurde. Nachdem das Finanzamt den Kostenabzug verwehrt hatte, legte der Berater zunächst im Auftrag seines Mandanten Einspruch ein. Als das Amt jedoch signalisierte, dass es an seiner ablehnenden Auffassung festhalten wird, nahm der Steuerberater den Einspruch am 12.2.2009 zurück – ohne diesen Schritt mit seinem Mandanten zu besprechen. Es kam wie es kommen musste: 3 Wochen später, am 5.3.2009, änderte der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung und erkannte eine doppelte Haushaltsführung nun auch in Wegverlegungsfällen an. Aufgrund des zurückgenommenen Einspruchs konnte der Mandant nun nicht mehr von der Rechtsprechungsänderung profitieren, sodass er vom Berater einen Schadensersatz in Höhe der entgangenen Steuerersparnis verlangte. Das Amtsgericht verurteilte den Berater zur Zahlung von 1.100 EUR und das Berufungsgericht folgte der Entscheidung. Auch die Revision des Beraters vor dem Bundesgerichtshof blieb nun ohne Erfolg

    Bundesgerichtshof nimmt Pflichtverletzung des Beraters an
    Der Bundesgerichtshof urteilte, dass der Berater gegen seine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verstoßen hatte, indem er den Einspruch eigenmächtig zurückgenommen hatte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Steuerberater grundsätzlich verpflichtet, die Weisungen seines Mandanten zu befolgen. Will er von dessen Weisungen abweichen, muss er ihn darüber informieren und (grundsätzlich) dessen Entscheidung abwarten. Da der Mandant das Misserfolgs- und Kostenrisiko des Auftrags trägt, hat er und nicht der steuerliche Berater die grundlegenden Entscheidungen darüber zu treffen, in welcher Weise seine Interessen wahrgenommen werden sollen. Trotz höherer Sachkunde darf ein Berater seine Entscheidung nicht an die Stelle derjenigen seines Mandanten stellen.

    Vorliegend hat der Berater mit seiner Einspruchsrücknahme gegen die Weisung seines Mandanten verstoßen, da ein Auftrag zur Einspruchseinlegung nach Ansicht des Bundesgerichtshofs in aller Regel zugleich beinhaltet, dass der Einspruch auch „durchgefochten“ und eben nicht zurückgenommen wird.

    Pflichtverletzung hat Schaden versursacht
    Der Bundesgerichtshof ging zudem davon aus, dass die begangene Pflichtverletzung den vorliegend geltend gemachten Schaden des Mandanten auch verursacht hat. Zwar hatte der Berater mehrfach erklärt, dass sein Mandant einer Einspruchsrücknahme zugestimmt hätte, wenn er zuvor informiert worden wäre. Der Bundesgerichtshof ließ dieses Argument jedoch unberücksichtigt und zog stattdessen den Beweis des ersten Anscheins heran. Dieser sprach dafür, dass der Mandant der Einspruchsrücknahme nicht zugestimmt hätte. Denn er hatte die Einlegung eines Einspruchs zuvor beauftragt, obwohl die Zeichen gegen ihn standen (= die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seinem Anliegen entgegenstand). Daraus wird deutlich, dass er einen Kostenabzug nur mit „durchgefochtenem“ Einspruch hätte erreichen können.

    Aussagen zur Pflichtlektüre eines Steuerberaters
    Das Berufungsgericht hatte die Pflichtverletzung zuvor noch darin gesehen, dass der Berater von dem möglicherweise anstehenden Rechtsprechungswechsel hätte wissen müssen. Demnach sei er gehalten gewesen, den Jahresbericht des Bundesfinanzhofs zu lesen, in dem über das anhängige Revisionsverfahren berichtet worden sei.

    Der Bundesgerichtshof erteilte diesem Argument jedoch eine klare Absage und erklärte, dass dem Berater nicht vorgeworfen werden kann, dass er bei Rücknahme des Einspruchs auf den Fortbestand der (ablehnenden) Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu Wegverlegungsfällen vertraut hatte. Denn ein Berater ist (ohne besonderen Anlass) nicht verpflichtet, die Jahresberichte des Bundesfinanzhofs einzusehen. Zum Themenkreis „Pflichtlektüre eines Steuerberaters“ machte der Bundesgerichtshof zudem folgende Aussagen:

    • Ein Steuerberater darf grundsätzlich auf den Fortbestand der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertrauen. Er muss sich aber über deren Entwicklung anhand der amtlichen Sammlungen und der einschlägigen Fachzeitschriften unterrichten.
    • Eine Änderung der Rechtsprechung muss der Berater in Betracht ziehen, wenn ein oberstes Gericht sie in Aussicht stellt oder neue Entwicklungen in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft sich auf eine ältere Rechtsprechung auswirken können und es zu einer bestimmten Frage an neueren höchstrichterlichen Erkenntnissen fehlt.
    • Ausnahmsweise kann der Berater verpflichtet sein, die Rechtsprechung der Instanzgerichte und das Schrifttum (einschließlich Aufsatzliteratur) heranzuziehen, wenn sich ein Rechtsgebiet eindeutig fortentwickelt und neue höchstrichterliche Rechtsprechung erwartet werden kann. Hat der Berater einen entsprechenden Fall zu bearbeiten, muss er auch Spezialzeitschriften durchsehen.
    • Als Pflichtlektüre eines Beraters kommen vor allem das Bundessteuerblatt und die Zeitschrift „Deutsches Steuerrecht“ in Betracht.
    • Reine Entscheidungssammlungen wie z. B. die Zeitschrift „BFH/NV“ muss der Berater nicht vollständig auswerten.
    • Die monatlich als Anlage zum Bundessteuerblatt erscheinende Liste der anhängigen Verfahren beim Bundesfinanzhof muss der Berater ebenfalls nicht durchsehen.
    • Die Zeitschrift „Der Ertragsteuerberater“ gehört nicht zur Pflichtlektüre eines Steuerberaters.
  14. 14. Vermieter darf Kamera-Attrappen anbringen

    Das Anbringen von Kamera-Attrappen im Hauseingangsbereich verstößt nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mieter, wenn diese wissen, dass es sich nicht um funktionsfähige Kameras handelt.

    Hintergrund
    Der Mieter einer Wohnung verlangt, dem Vermieter per einstweiliger Verfügung den Betrieb einer Überwachungsanlage im Eingangsbereich des Hauses zu untersagen.

    Der Vermieter hatte im Eingangsbereich Geräte anbringen lassen, die wie Videokameras aussehen, bei denen es sich allerdings um Attrappen handelte, um Vandalismus in diesem Bereich zu verhindern. Er informierte den Mieter, dass es sich bei den im Hausflur installierten Geräten um Attrappen handelt. Dennoch beantragte und bekam der Mieter eine einstweilige Verfügung, die dem Vermieter untersagte, im Hauseingangsbereich eine Überwachungsanlage zu betreiben. Hiergegen hat der Vermieter Widerspruch eingelegt.

    Entscheidung
    Das Gericht hebt die einstweilige Verfügung auf. Der Mieter hat keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter die Anbringung von Videokameras im Eingangsbereich unterlässt. Eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Mieters liegt nicht vor, weil es sich bei den installierten Geräten nur um Attrappen handelt.

    Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass bereits die Attrappen einen Überwachungsdruck entstehen lassen. Es kommt nicht darauf an, ob Besucher des Hauses oder andere Mieter die Geräte für tatsächlich funktionierende Videokameras halten. Entscheidend ist, dass der klagende Mieter weiß, dass er von den Geräten keine Überwachung zu befürchten hat.

    Auch die Befürchtung, der Vermieter könnte die Attrappen eines Tages gegen echte Kameras tauschen, ist kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Vermieter einen solchen Austausch beabsichtigt. Selbst wenn man insoweit von einem Unterlassungsanspruch ausginge, könnte eine einstweilige Verfügung mangels Eilbedürftigkeit nicht ergehen. Einen solchen vorbeugenden Unterlassungsanspruch müsste der Mieter in einem ordentlichen Verfahren geltend machen.

  15. 15. Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften

    Nachträgliche Schuldzinsen für die Anschaffung einer Beteiligung sind ab 2009 nicht als Werbungskosten abziehbar.

    Hintergrund
    X hielt ab 1999 eine wesentliche Beteiligung (15 %) an einer GmbH. In 2001 veräußerte er seine Geschäftsanteile zum Preis von 1 DM, wobei ein gewisses Eigenkapital der GmbH garantiert wurde. Hieraus ergab sich ein an den Erwerber zu leistender Ausgleichsbetrag. Um seiner Ausgleichsverpflichtung nachzukommen, verzichtete X auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens, das er bei einer Bank refinanziert hatte. Außerdem leistete er eine Sonderzahlung, die durch ein weiteres Bankdarlehen finanziert wurde.

    Die Finanzierungskosten (Schuldzinsen) wurden vom Finanzamt für 2005 bis 2008 als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften des X aus Kapitalvermögen anerkannt. Für das Streitjahr 2009 versagte das Finanzamt jedoch den Abzug. Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. Das ab 2009 geltende Abzugsverbot komme nicht zur Anwendung, da die Zinsen – wegen der Veräußerung der Beteiligung bereits in 2001 – mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhingen.

    Entscheidung
    Der Bundesfinanzhof hält die Sachbehandlung durch das Finanzamt für zutreffend. Er hob das Urteil des Finanzgerichts auf und wies die Klage ab.

    Mit der Einführung der Abgeltungssteuer für private Kapitalerträge wurde ab 2009 der Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten ausgeschlossen. Abziehbar ist lediglich noch der Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR (bei Zusammenveranlagung: 1.602 EUR). Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung sieht der Bundesfinanzhof keine Bedenken. Der Gesetzgeber hat einerseits mit der Gewährung des Sparer-Pauschbetrags bei den Beziehern niedriger Kapitaleinkünfte und andererseits mit der Senkung des Steuertarifs von bisher 45 % auf nunmehr 25 % bei den Beziehern höherer Kapitaleinkünfte eine verfassungsrechtlich anzuerkennende Typisierung der Werbungskosten vorgenommen. Denn bei Kleinanlegern fallen regelmäßig nicht mehr als 801 EUR an Werbungskosten an und bei Spitzeninvestoren dürfte das Abzugsverbot durch die Senkung des Steuertarifs ausgeglichen sein.

    Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts gilt das Abzugsverbot auch für den Fall, dass – nach 2009 – keine Erträge fließen. Eine einschränkende Betrachtung auf Kapitalerträge, die erst nach 2008 zufließen, ist mit dem Wortlaut und den Besonderheiten der Abgeltungsteuer nicht vereinbar.

  16. 16. Wertminderung eines Grundstücks als Werbungskosten

    Wertminderungen eines Grundstücks können ausnahmsweise als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden, wenn ein Teil des Grundstückswerts zielgerichtet und bewusst „geopfert“ wird, um die Vermietungseinkünfte zu erzielen.

    Hintergrund
    Der Kläger hält im Privatvermögen ein zunächst für landwirtschaftliche Zwecke verpachtetes Grundstück. Im Jahr 1997 schloss er mit D, einem Straßenbaubetrieb, einen Nutzungsvertrag. Danach war D berechtigt, das Grundstück als Erddeponie zu nutzen und dort Verkippungsmaßnahmen durchzuführen. Nach dem Ende der Nutzung gab D das Grundstück rekultiviert im Jahr 2005 an den Kläger zurück. Dieser verpachtete das Grundstück wieder als landwirtschaftliche Nutzfläche.

    Der Kläger bekam in 2005 von D 150.000 EUR ausbezahlt, die er als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung erklärte. Zudem machte er eine durch die Verkippungsmaßnahmen entstandene Wertminderung des Grund und Bodens in Höhe von rund 30.000 EUR als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte diese nicht an, weil eine Wertminderung im Privatvermögen nicht berücksichtigt werden könne.

    Entscheidung
    Das Finanzgericht hat dem Kläger Recht gegeben und die Wertminderung steuermindernd berücksichtigt.

    Im Rahmen der Überschusseinkünfte bleiben positive und negative Wertveränderungen des Grund und Bodens grundsätzlich außer Betracht. Wird allerdings ein Teil des Grundstückswerts zielgerichtet und bewusst „geopfert“, um die Vermietungseinkünfte zu erzielen, kann diese Wertminderung ausnahmsweise berücksichtigt werden. Dementsprechend stellt der Verlust der Ackerkrume nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar, wenn der Wert des Grund und Bodens durch diese Beeinträchtigung gesunken ist.

    Die Höhe der Wertminderung ergibt sich aus der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Grund und Bodens vor und nach der Verkippung. Da die Ausgaben in einer Werteinbuße bestehen, sind sie in dem Jahr abzugsfähig, in dem die Wertminderung feststeht.