1. Auch bei kirchlichem Arbeitgeber ist Religionszugehörigkeit keine zwingende Einstellungsvoraussetzung
2. Entschädigung für entgangene Einnahmen oder steuerfreier Schadensersatz? Das ist die Frage
3. Bestandskräftiger Steuerbescheid: Wann liegen neue Tatsachen vor?
4. Kindergeld: Der Streit um den Abschluss der ersten Berufsausbildung geht weiter
5. Dienst im Katastrophenschutz verlängert nicht den Anspruch auf Kindergeld
6. Offenbare Unrichtigkeit: Was gilt, wenn das Finanzamt einen Fehler des Steuerpflichtigen übernimmt?
7. Krankheitskosten gehören nicht zu den Sonderausgaben
8. Darf ein nebenberuflich tätiger Übungsleiter Aufwendungen abziehen?
9. Werbungskostenabzug bei hälftigem Miteigentum von Ehegatten
10. Betriebskosten: Eigentümer muss fristgerecht abrechnen
11. Streitpunkt Hecke: Die zulässige Maximalhöhe muss nicht ganzjährig eingehalten werden
12. Verwalterwechsel: Wer muss die Abrechnung erstellen?
13. Wohnungseigentumsrecht: Erwerber haftet für Sonderumlage
14. Umgangsrecht: Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig

 

 

  1. Auch bei kirchlichem Arbeitgeber ist Religionszugehörigkeit keine zwingende Einstellungsvoraussetzung

 

Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion darf auch ein kirchlicher Arbeitgeber nicht pauschal als Einstellungsvoraussetzung für Bewerber verlangen, da ansonsten ein Verstoß gegen die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie vorliegt.

 Hintergrund

Eine konfessionslose Sozialpädagogin (FH) bewarb sich auf eine befristete Referentenstelle beim diakonischen Werk EKD. Die Tätigkeit umfasste eine projektweise Berichterstattung zur UN-Antirassismuskonvention. In der Stellenausschreibung forderte der Arbeitgeber die Mitgliedschaft in einer evangelischen Kirche oder der ACK angehörenden Kirche, auch war die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag Voraussetzung für eine Bewerbung.

Die Sozialpädagogin wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und fühlte sich deshalb aufgrund ihrer Konfessionslosigkeit diskriminiert. Mit ihrer Klage fordert sie eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.

Das Arbeitsgericht gab der Klage teilweise statt, da seiner Ansicht nach die ausgeschriebene Referentenstelle wenig mit Religion zu tun hatte.

Das Landesarbeitsgericht erkannte dagegen keine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer fehlenden Religion und verwies auf das verfassungsrechtliche Selbstbestimmungsrecht der Kirchen. Das diakonische Werk EKD als kirchlicher Arbeitgeber durfte seiner Meinung nach für die ausgeschriebene Referententätigkeit eine – auch nach außen durch die Kirchenmitgliedschaft dokumentierte – Identifikation mit ihm fordern und konfessionslose Bewerber unberücksichtigt lassen.

Das Bundesarbeitsgericht wandte sich an den Europäischen Gerichtshof mit der Frage, ob es mit der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie vereinbar ist, dass kirchliche Arbeitgeber eine bestimmte Religion der Bewerber zur Einstellungsvoraussetzung für eine Stelle machen.

 Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass eine konfessionsgebundene Stellenausschreibung nur dann erfolgen darf, wenn die Konfession für die berufliche Tätigkeit objektiv geboten und verhältnismäßig ist. Die Abwägung muss zudem gerichtlich überprüfbar sein.

Zwar haben Kirchen und religiöse Organisationen auch nach den EU-Vorgaben das Recht, Stellenbewerber mit Blick auf Religion oder Weltanschauung ungleich zu behandeln. Das Recht auf Selbstbestimmung muss jedoch gegen das berechtigte Interesse eines jeden Arbeitnehmers auf Gleichbehandlung abgewogen werden.

Die Gerichte müssen also die Entscheidung des kirchlichen Arbeitgebers jeweils im Einzelfall prüfen können und dürfen sie ggf. zurückweisen. Den staatlichen Gerichten steht es im Regelfall nicht zu, über das Ethos als solches zu befinden, das der angeführten beruflichen Anforderung zugrunde liegt. Gleichwohl haben sie festzustellen, ob die 3 Kriterien “wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt” in Anbetracht dieses Ethos im Einzelfall erfüllt sind.

Das bedeutet, dass die Kirchen das Einstellungskriterium einer Kirchenmitgliedschaft – unterschiedslos für alle Berufstätigen – nicht mehr so ohne Weiteres bindend festlegen können.

 

  1. Entschädigung für entgangene Einnahmen oder steuerfreier Schadensersatz? Das ist die Frage

 

Bei der Beurteilung, ob eine steuerpflichtige Entschädigung für entgangene Einnahmen vorliegt oder eine steuerfreie Schadensersatzleistung, entscheidet sich oftmals anhand von Indizien. Erhält der Geschädigte nicht nur eine übliche Entschädigung für entgangene Einnahmen, sondern eine ebenso hohe weitere Zahlung, spricht dies für eine steuerfreie Schadensersatzleistung.

 Hintergrund

X wurde bei einem Überfall schwer verletzt. Mit seinem Arbeitgeber A schloss er anschließend einen Aufhebungsvertrag und Vergleich, mit dem sich A verpflichtete, neben einer aus einer Pensionszusage zu leistenden Altersrente an X zwei Mal 400.000 EUR zu zahlen. Damit sollte zum einen eine Abfindung für die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses und für mögliche Verdienstausfälle gezahlt, zum anderen Schadensersatz geleistet werden, da der Überfall womöglich im Zusammenhang mit der Tätigkeit des X als Geschäftsführer stand.

X vertrat die Auffassung, dass der vereinbarte Schadensersatz in Höhe von 400.000 EUR steuerfrei ist. Das Finanzamt beurteilte dagegen die als Schadensersatz bezeichnete Zahlung als Abfindung und unterwarf sie dem ermäßigten Steuersatz nach der Fünftelregelung.

Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass mehrere bzw. unterschiedliche Entschädigungsleistungen, die im Zusammenhang mit der Auflösung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen vereinbart werden, zwar grundsätzlich einheitlich zu beurteilen sind. Trotzdem muss im Einzelfall geprüft werden, ob jede einzelne Entschädigung tatsächlich als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt wurde. Die Steuerbarkeit muss also für jede einzelne Entschädigungszahlung getrennt geprüft werden.

Insbesondere muss berücksichtigt werden, in welchem Rahmen üblicherweise Abfindungen vereinbart werden. Dazu muss der letzte Verdienst, die Kündigungsfrist und das Aufhebungsdatum festgestellt und beurteilt werden und in welchem Umfang eine Entschädigung für entgangene Einnahmen zu erwarten und auch gerichtlich durchsetzbar ist.

Wird neben einer üblichen Entschädigung eine weitere Zahlung vereinbart, die den Rahmen des Üblichen in besonderem Maße überschreitet, spricht dies indiziell dafür, dass es sich insoweit nicht um eine Entschädigung für entgangene Einnahmen handelt. Im Streitfall verdoppelte sich durch die zweite Zahlung die Gesamtzahlung, sodass eine Überschreitung in besonderem Maße angenommen werden kann, wenn man davon ausgeht, dass die erste Zahlung noch als üblich anzusehen ist.

Dies spricht dafür, dass die zweite Zahlung ein steuerfreier Schadensersatz darstellt. Der Bundesfinanzhof hob deshalb das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies den Fall zurück.

 

  1. Bestandskräftiger Steuerbescheid: Wann liegen neue Tatsachen vor?

 

Kommt das Finanzamt seiner Ermittlungspflicht nicht nach und verzichtet es auf die Abgabe einer förmlichen Erklärung, darf es den entsprechenden Steuerbescheid nicht ändern. Das gilt insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige alle vom Finanzamt gestellten Fragen vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet hat.

 Hintergrund

3 Steuerpflichtige erbten zu gleichen Teilen verschiedene Miet- und Geschäftsgrundstücke. Das Finanzamt, das für die Bewertung zur Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständig war, verzichtete ausdrücklich auf die Einreichung von Steuererklärungen. Stattdessen forderte es die Erben auf, zu den Grundstücken bestimmte Angaben zu machen. Für ein Betriebsgrundstück bat es um die Mitteilung des Steuerbilanzwerts zum 18.1.2003. Dieser Aufforderung kamen die Erben umfassend nach. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Bewertung des Grundstücks den von den Erben mitgeteilten Steuerbilanzwert und stellte den Grundbesitzwert auf 531.500 EUR fest. Nachdem dem Finanzamt bekannt geworden war, dass das Betriebsgrundstück vermietet war, änderte es die Bewertungsmethode und stellte einen Wert von 1.627.500 EUR fest.

Die dagegen gerichtete Klage der Erben wies das Finanzgericht ab, da die Vermietung dem Finanzamt nicht bekannt gewesen war. Deshalb konnte der bestandskräftige Feststellungsbescheid wegen neuer Tatsachen noch geändert werden.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied jedoch, dass der Steuerbescheid nicht geändert werden durfte. Dementsprechend hob er das Finanzgerichtsurteil und die Feststellungsbescheide auf.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Änderung eines Bescheids zum Nachteil des Steuerpflichtigen wegen neuer Tatsachen nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn dem Finanzamt die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Darauf kann sich der Steuerpflichtige berufen, wenn er seinerseits seine Mitwirkungspflicht erfüllt hat. Haben sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt es versäumt, den Sachverhalt aufzuklären, trifft in der Regel den Steuerpflichtigen die Verantwortung. Die Folge: Der Steuerbescheid kann noch geändert werden.

Geht das Finanzamt ersichtlichen Unklarheiten oder Zweifelsfragen, die sich bei einer Prüfung der Steuererklärung sowie der eingereichten Unterlagen ohne Weiteres aufdrängen mussten, nicht nach, verletzt es seine Ermittlungspflicht. Das Gleiche gilt, wenn das Finanzamt gegenüber dem Steuerpflichtigen ausdrücklich auf die Abgabe einer förmlichen Erklärung verzichtet und ihn stattdessen zu bestimmten Angaben auffordert. Erfüllt der Steuerpflichtige in einem solchen Fall seinerseits seine Mitwirkungspflichten, indem er die vom Finanzamt gestellten Fragen zutreffend und vollständig beantwortet, darf dieses nach Treu und Glauben eine bestandskräftige Steuerfestsetzung nicht ändern, auch wenn es später von steuererhöhenden Tatsachen erfährt.

Dementsprechend durfte das Finanzamt im vorliegenden Fall den bestandskräftigen Feststellungsbescheid nicht mehr ändern. Es hatte für das Betriebsgrundstück lediglich um die Angabe des Steuerbilanzwerts gebeten. Damit ist das Finanzamt seiner Ermittlungspflicht nicht nachgekommen. Da die Erben zutreffende Angaben gemacht haben, haben sie ihre Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Darüber hinaus hat das Finanzamt auf die Abgabe einer Erklärung ausdrücklich verzichtet.

 

  1. Kindergeld: Der Streit um den Abschluss der ersten Berufsausbildung geht weiter

 

Nimmt ein Kind im Anschluss an eine Berufsausbildung ein Studium auf, stellt sich die Frage, ob dieses noch Bestandteil der ersten Ausbildung ist oder nicht. Bei einer Ausbildung zum Steuerfachgehilfen und einem anschließenden Bachelor-Studium im Steuerrecht bejahte das Finanzgericht Düsseldorf den engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang und gewährte den Eltern das Kindergeld.

 Hintergrund

Der 1993 geborene Sohn der Klägerin befand sich bis zum Juni 2014 in Berufsausbildung zum Steuerfachgehilfen. Im September 2014 begann er ein Studium an der Hochschule für Ökonomie & Management. Die Familienkasse lehnte die Kindergeldgewährung ab Juli 2014 ab, da der Sohn eine erste Berufsausbildung beendet hatte und sich in einer weiteren Berufsausbildung befand. Wegen seiner Vollzeit-Erwerbstätigkeit konnte der Sohn nicht mehr berücksichtigt werden.

Mit ihrer Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die Ausbildung zum Steuerfachangestellten und der unmittelbar im Anschluss anschließende Studiengang eine einheitliche Erstausbildung darstellten. Da es sich um eine sog. mehraktige Ausbildung handelte, war die erste Berufsausbildung Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsganges.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klägerin recht und entschied, dass das Bachelor-Studium des Sohnes einen Teil der Erstausbildung darstellte. Denn das ersichtliche Ausbildungsziel des Sohnes war die Erlangung des akademischen Grades eines “Bachelor of Arts”. Für die Frage, ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein weiterer Abschluss Teil der Erstausbildung sein kann, stellt der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Es kommt darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen.

Im vorliegenden Fall stellte das im Anschluss an die Ausbildung zum Steuerfachgehilfen zum nächsten Semesterbeginn aufgenommene Bachelor-Studium im Steuerrecht aufgrund des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs zur ersten berufsqualifizierenden Maßnahme einen integrativen Bestandteil der erstmaligen Berufsausbildung. Der Klägerin stand damit trotz der Erwerbstätigkeit des Sohnes das Kindergeld zu.

 

  1. Dienst im Katastrophenschutz verlängert nicht den Anspruch auf Kindergeld

 

Wer einen Dienst im Katastrophenschutz ableistet, um sich damit von der Wehrpflicht zu befreien, kann nicht damit rechnen, dass sich deshalb der Anspruch auf Kindergeld über das 25. Lebensjahr hinaus verlängert.

 Hintergrund

Der Sohn absolvierte nach seiner schulischen Ausbildung ein Studium. Dieses schloss er kurz vor Vollendung des 26. Lebensjahres ab. Bereits mit 18 Jahren hatte er sich zum Dienst im Katastrophenschutz für mindestens 6 Jahre verpflichtet und konnte sich damit vom Wehrdienst freistellen lassen. Die Familienkasse gewährte dem Vater das Kindergeld nur bis zu dem Monat, in dem der Sohn sein 25. Lebensjahr vollendete. Den Antrag des Vaters, das Kindergeld wegen des Dienstes im Katastrophenschutz weiter zu gewähren, lehnten die Familienkasse und auch das Finanzgericht ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich diesen Entscheidungen an und wies die Revision des Vaters zurück. Zur Begründung führten die Richter aus, dass der Sohn nicht die Voraussetzungen für die Verlängerung des Berücksichtigungszeitraums über das 25. Lebensjahr hinaus erfüllt. Weder hat er den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet, noch hat er sich freiwillig für die Dauer von höchstens 3 Jahren zum Wehrdienst verpflichtet. Darüber hinaus übte er keine Tätigkeit als Entwicklungshelfer aus, die vom Grundwehrdienst oder Zivildienst befreit. Die gesetzliche Regelung enthält eine abschließende Aufzählung der Verlängerungstatbestände. Der ersatzweise geleistete Dienst im Zivil- oder Katastrophenschutz ist hier nicht genannt und kann deshalb nicht als Verlängerungstatbestand anerkannt werden.

Außerdem werden die in den Verlängerungstatbeständen erfassten Dienste typischerweise in Vollzeit geleistet, was bei dem vom Sohn geleisteten Dienst im Katastrophendienst nicht der Fall war. Dieser Dienst konnte neben einer Ausbildung durchgeführt werden, sodass sich dadurch die Ausbildung nicht verzögerte. Eine Regelungslücke im Gesetz konnten die Richter demnach nicht erkennen.

 

  1. Offenbare Unrichtigkeit: Was gilt, wenn das Finanzamt einen Fehler des Steuerpflichtigen übernimmt?

 

Trägt ein Steuerpflichtiger Zahlungen versehentlich falsch in das Steuerformular ein und übernimmt das Finanzamt diesen Fehler, obwohl die zutreffende steuerliche Behandlung dieser Zahlungen aus beigefügten Bescheinigungen ersichtlich ist, kann eine offenbare Unrichtigkeit vorliegen.

 Hintergrund

Der Kläger machte Zahlungen an sein Versorgungswerk fälschlicherweise als Rentenversicherung ohne Kapitalwahlrecht in der Steuererklärung geltend. Die Bescheinigungen des Versorgungswerks fügte er jedoch bei. Das Finanzamt übernahm diese Eintragungen des Klägers.

Nachdem der Steuerbescheid bestandskräftig geworden war, beantragte der Kläger die Änderung der Steuerfestsetzungen der betreffenden Jahre. Denn durch die zutreffende Erfassung der Zahlungen ergaben sich für ihn steuerliche Vorteile. Das Finanzamt lehnte die Änderung der bestandskräftigen Bescheide ab. Insbesondere lag seiner Ansicht nach keine offenbare Unrichtigkeit vor.

 Entscheidung

Das Finanzgericht sah das anders und entschied, dass eine Korrektur wegen einer offenbaren Unrichtigkeit möglich war. Eine solche offenbare Unrichtigkeit liegt immer dann vor, wenn ein Schreib- und Rechenfehler oder eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit gegeben ist. Die Berichtigungsmöglichkeit setzt voraus, dass der Fehler in der Sphäre des Finanzamts entstanden ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn sich die Finanzverwaltung einen Fehler des Steuerpflichtigen zu eigen gemacht hat.

Insbesondere war vorliegend die fehlerhafte Eintragung ohne Weiteres aus den Bescheinigungen des Notarversorgungswerks erkennbar gewesen. Deshalb war der Fehler offensichtlich, sodass die entsprechenden Bescheide berichtigt werden konnten.

 

  1. Krankheitskosten gehören nicht zu den Sonderausgaben

 

Wer im Rahmen einer privaten Krankenversicherung seine Krankheitskosten selbst trägt, um damit eine Beitragsrückerstattung zu erreichen, kann diese Kosten nicht von den erstatteten Beiträgen abziehen.

 Hintergrund

Die Eheleute waren privat krankenversichert. Ihre Beiträge beliefen sich im Jahr 2013 auf rund 3.400 EUR. Für das Vorjahr erhielten sie im Jahr 2013 eine Beitragserstattung von 1.000 EUR. Um in den Genuss dieser Beitragserstattung zu kommen, hatten sie im Vorjahr angefallene Krankheitskosten i. H. v. 600 EUR selbst getragen und nicht bei ihrer Krankenversicherung geltend gemacht.

In der Steuererklärung kürzten die Eheleute die als Sonderausgaben abziehbaren gezahlten Krankenversicherungsbeiträge um die erhaltenen Beitragserstattungen. Gleichzeitig minderten sie aber auch die Erstattungen um die selbst getragenen Krankheitskosten. Denn ihrer Meinung nach waren sie insoweit wirtschaftlich belastet.

Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht lehnten die Kürzung der Erstattungen ab. Denn dabei handelt es sich nicht um “Beiträge” im Sinne der gesetzlichen Regelung. Eine Verrechnung darf auch nicht dazu führen, dass Krankheitskosten als Sonderausgaben abgezogen werden können.

 Entscheidung

Die Revision der Eheleute beim Bundesfinanzhof hatte keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass aus der gesetzlichen Formulierung (Beiträge “zu” einer Krankenversicherung) folgt, dass nur solche Ausgaben als Beiträge zur Krankenversicherung anzusehen sind, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen und damit der Vorsorge dienen. Zahlungen aufgrund von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen an entstehenden Kosten sind jedoch keine Beiträge zu einer Versicherung. Der Unterschied zum Selbstbehalt liegt lediglich darin, dass dort bereits im Vorhinein verbindlich auf einen Versicherungsschutz verzichtet wird. Bei Vorliegen der konkreten Krankheitskosten kann man sich entscheiden, ob man sie selbst tragen will, um die Beitragserstattungen zu erhalten. In beiden Fällen trägt der Versicherte die Krankheitskosten aber nicht, um den Versicherungsschutz als solchen zu erlangen. Die Krankheitskosten der Eheleute konnten sich deshalb auf die Höhe des Sonderausgabenabzugs nicht auswirken.

 

  1. Darf ein nebenberuflich tätiger Übungsleiter Aufwendungen abziehen?

 

Ein nebenberuflich tätiger Sporttrainer darf Aufwendungen abziehen, soweit sie die Einnahmen übersteigen. Das gilt auch dann, wenn die Einnahmen unterhalb des Übungsleiterfreibetrags liegen.

 Hintergrund

A war nebenberuflich als Übungsleiterin für einen Sportverein tätig und erzielte Einnahmen von 1.200 EUR. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit entstanden Ausgaben von 4.062 EUR, insbesondere für Fahrten mit dem Pkw zu Wettbewerben. Den daraus entstandenen Verlust machte A geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust jedoch nicht an. Nur wenn die Einnahmen den Freibetrag überschreiten, können die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen in Höhe des übersteigenden Betrags abziehbar sein. Da die Einnahmen von 1.200 EUR den Übungsleiterfreibetrag von 2.100 EUR nicht überstiegen und damit in voller Höhe steuerfrei waren, konnten die Ausgaben nicht abgezogen werden.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass eine Berücksichtigung des Verlustes möglich war. Die gesetzliche Regelung, nach der die Ausgaben nur insoweit abgezogen werden dürfen, als sie den Übungsleiterfreibetrag übersteigen, war im Streitfall nicht anwendbar. Denn die steuerfreien Einnahmen lagen unter dem Freibetrag. Auch die Vorschrift, die den Abzug von Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen zusammenhängen, ausschließt, stand der Anerkennung des Verlustes nicht entgegen. Sie war vielmehr dahingehend auszulegen, dass die Ausgaben nur bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen vom Abzug ausgeschlossen sind und der übersteigende Betrag zu berücksichtigen ist.

Denn die Abzugsbeschränkung darf nicht dazu führen, die mit steuerfreien Einnahmen zusammenhängenden Ausgaben auch insoweit vom Abzug auszuschließen, als sie die Einnahmen übersteigen. Diese Auslegung würde dazu führen, einen Steuervorteil in einen Steuernachteil umzukehren.

 

  1. Werbungskostenabzug bei hälftigem Miteigentum von Ehegatten

 

Gehört eine Wohnung beiden Ehegatten, wird sie aber nur von einem beruflich genutzt, kann er die Absetzung für Abnutzung und die Schuldzinsen nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil als Werbungskosten geltend machen.

 Hintergrund

Die zusammen veranlagten Eheleute waren nichtselbstständig tätig und wohnten in einer im gemeinsamen Eigentum stehenden Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Im selben Haus, jedoch auf einer anderen Etage und räumlich nicht mit der selbst genutzten Wohnung verbunden, erwarben sie eine weitere, kleinere Wohnung. die ebenfalls im hälftigen Miteigentum der Ehegatten stand. Diese Wohnung wurde jedoch nur von einem Ehegatten und ausschließlich beruflich genutzt. Die Darlehen zum Erwerb dieser Wohnung nahmen die Eheleute gemeinsam auf. Die Zinsen und die Tilgung sowie die laufenden Kosten beglichen sie von einem gemeinsamen Konto.

In ihrer Einkommensteuererklärung beantragten die Eheleute, dass die gesamten Kosten für die Arbeitswohnung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit bei dem die Wohnung nutzenden Ehepartner berücksichtigt werden. Das Finanzamt akzeptierte einen Abzug in voller Höhe nur für die sog. nutzungsorientierten Aufwendungen (Energiekosten, Wasser). Die sog. grundstücksorientierten Aufwendungen (insbesondere Abschreibung und Schuldzinsen) erkannte das Finanzamt lediglich i. H. v. 50 % entsprechend dem Miteigentumsanteil des Ehegatten an.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass das Finanzamt zu Recht die grundstücksorientierten Aufwendungen nur i. H. v. 50 % als Werbungskosten bei dem Ehegatten berücksichtigt hat, der die Wohnung nutzte. Dieser trug die grundstücksorientierten Aufwendungen der Wohnung lediglich in Höhe seines Miteigentumsanteils von 50 %.

Erwerben Eheleute eine Eigentumswohnung zu Miteigentum, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jeder von ihnen die Anschaffungskosten entsprechend seinem Miteigentumsanteil getragen hat. Das gilt unabhängig davon, wie viel er tatsächlich aus eigenen Mitteln dazu beigetragen hat. Sind die finanziellen Beiträge der Eheleute unterschiedlich hoch, hat sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich der Ehegatte, der aus eigenen Mitteln mehr als der andere beigesteuert hat, das Mehr seinem Ehegatten mit der Folge zugewandt, dass jeder von ihnen so anzusehen ist, als habe er die seinem Anteil entsprechenden Anschaffungskosten selbst getragen. Demgemäß sind auch die gemeinsam getragenen laufenden Aufwendungen für eine solche Wohnung, soweit sie grundstücksorientiert sind (z. B. Schuldzinsen auf den Anschaffungskredit, Grundsteuern, allgemeine Reparaturkosten, Versicherungsprämien und ähnliche Kosten), nur entsprechend den Miteigentumsanteilen als Werbungskosten abziehbar.

 

  1. Betriebskosten: Eigentümer muss fristgerecht abrechnen

 

Ein Eigentümer muss die Betriebskostenabrechnung innerhalb eines Jahres erteilen. Versäumt er diese Frist, kann er keine Betriebskosten für das Abrechnungsjahr fordern. Dies gilt auch dann, wenn der Inhaber eines dinglichen Wohnrechts zwar zur Zahlung von Betriebskosten verpflichtet ist, aber keine Vorauszahlungen vereinbart sind.

 Hintergrund

Die Eigentümerin einer Wohnung verlangte vom Bewohner, zu dessen Gunsten ein lebenslanges und unentgeltliches dingliches Wohnrecht bestand, die Zahlung von Betriebskosten. Bei der Bestellung des Wohnrechts verpflichtete sich der Wohnberechtigte, die auf einen Mieter umlegbaren Nebenkosten zu tragen, insbesondere die Kosten für Wasser, Abwasser, Heizung, Strom, Versicherung und Grundsteuer. Vorauszahlungen wurden jedoch nicht vereinbart.

Für das Kalenderjahr 2010 erstellte die Eigentümerin erst im Dezember 2014 die Betriebskostenabrechnung, die eine Zahlung von 3.900 EUR ergab. Der Wohnberechtigte verweigerte die Zahlung und verwies auf die gesetzliche Regelung, nach der eine Betriebskostenabrechnung spätestens innerhalb eines Jahres nach Ende des Abrechnungszeitraums erteilt werden muss. Danach sind Nachforderungen ausgeschlossen.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof wies die Klage der Eigentümerin ab und entschied, dass sie keine Betriebskosten für das Jahr 2010 verlangen konnte, weil sie die Abrechnungsfrist versäumt hatte.

Hat der Eigentümer die vom Wohnberechtigten zu tragenden Betriebskosten verauslagt, muss er eine Abrechnung über die Höhe der tatsächlich entstandenen und umzulegenden Betriebskosten aufstellen, um eine Erstattung verlangen zu können. Sind keine Vorauszahlungen geleistet, beschränkt sich die Abrechnung auf die Zusammenstellung der im Abrechnungszeitraum entstandenen und umlagefähigen Betriebskosten.

Der Eigentümer muss spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums über die Vorauszahlungen abrechnen. Nach Fristablauf kann er keine Nachforderungen mehr verlangen.

Diese Ausschlussfrist gilt auch dann, wenn der Wohnberechtigte zwar die Betriebskosten tragen musste, aber keine Vorauszahlungen vereinbart waren. Ziel der Ausschlussfrist ist, dem Mieter durch eine zeitnahe Abrechnung Sicherheit zu geben und Streit zu vermeiden. Dies entspricht auch der Interessenlage des Inhabers eines dinglichen Wohnrechts.

Die Eigentümerin hätte daher die Abrechnung für das Kalenderjahr 2010 spätestens bis Ende 2011 vorlegen müssen, um eine Nachforderung verlangen zu können. Die erst im Dezember 2014 vorgelegte Abrechnung war verspätet.

 

  1. Streitpunkt Hecke: Die zulässige Maximalhöhe muss nicht ganzjährig eingehalten werden

 

Der Eigentümer einer Hecke muss nicht vorsorglich so im Winter zurückschneiden, dass sie während der nächsten Wachstumsperiode, in der das Schneiden nicht zulässig ist, die maximal zulässige Höhe nicht überschreitet.

 Hintergrund

Die Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke stritten über den Rückschnitt einer Hecke. Diese steht weniger als einen halben Meter von der Grundstücksgrenze entfernt. Nach der entsprechenden gesetzlichen Regelung darf eine solche Hecke maximal 1,80 m hoch sein. Für das Verkürzen und Zurückschneiden der Zweige besteht in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September jedoch keine Pflicht.

Der Grundstücksnachbar meinte, dass der Eigentümer der Hecke dafür zu sorgen hat, dass diese ganzjährig eine Höhe von 1,80 m nicht überschreitet. Dagegen meinte der Eigentümer der Hecke, dass es nicht schadet, wenn die Hecke zwischen März und September höher als 1,80 m wächst.

 Entscheidung

Das Gericht entschied, dass der Eigentümer der Hecke diese nur außerhalb der von März bis September dauernden Vegetationsperiode auf den zulässigen Höchstwert von 1,80 m Höhe zurückschneiden musste. Er war insbesondere nicht verpflichtet, durch einen vorsorglichen Rückschnitt während der Wintermonate sicherzustellen, dass die Hecke während der Wachstumsperiode die zulässige Höhe nicht überschritt.

Aus dem gesetzlichen Wortlaut ergab sich lediglich die Verpflichtung zur Kürzung der Hecke auf den Grenzwert. Die Verpflichtung zu einer vorsorglichen darüber hinausgehenden Kürzung war der Vorschrift nicht zu entnehmen. Zwar war der Eigentümer des Heckengrundstücks bei Überschreitungen des Grenzwertes laufend zum Rückschnitt verpflichtet. Diese Verpflichtung galt aber während der Vegetationsperiode ausdrücklich nicht.

 

  1. Verwalterwechsel: Wer muss die Abrechnung erstellen?

 

Die Jahresabrechnung muss der Verwalter erstellen, der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht Amtsinhaber ist. Scheidet der Verwalter während des Jahres aus seinem Amt aus, schuldet er die Jahresabrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr. Das gilt unabhängig davon, ob bei seinem Ausscheiden die Abrechnung bereits fällig war.

 Hintergrund

Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen im Januar 2015, die Verwalterin mit sofortiger Wirkung abzuberufen und den Verwaltervertrag zu kündigen. In der Folgezeit bestellten sie eine neue Verwalterin.

Im Juni 2015 forderte die neue Verwalterin die abberufene Verwalterin auf, die Jahresabrechnung 2014 zu erstellen. Dies lehnte die ehemalige Verwalterin ab. Nach Verstreichen einer weiteren Frist ließ die Gemeinschaft die Jahresabrechnung 2014 durch die neue Verwalterin erstellen, wofür diese 800 EUR berechnete. Diesen Betrag verlangt die Gemeinschaft von der ehemaligen Verwalterin als Schadensersatz.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die ehemalige Verwalterin für die Kosten der Jahresabrechnung 2014 aufkommen muss. Denn es war trotz der Abberufung ihre Aufgabe, diese zu erstellen.

Die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung trifft denjenigen Verwalter, der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht Amtsinhaber ist. Da der Anspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung 2014 spätestens mit Ablauf des Wirtschaftsjahres am 1.1.2015 entstanden war, traf die Abrechnungspflicht die ehemalige Verwalterin, da sie zu diesem Zeitpunkt noch im Amt war.

Die Verpflichtung, für das beim Ausscheiden schon abgelaufene Wirtschaftsjahr die Jahresabrechnung zu erstellen, trifft einen ausgeschiedenen Verwalter unabhängig davon, ob die Abrechnung bei seinem Ausscheiden bereits fällig war. Die einmal entstandene Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung besteht fort, auch wenn der Verwalter während des folgenden Wirtschaftsjahres aus dem Amt scheidet. Sie geht nicht auf den neuen Verwalter über.

Darüber hinaus war es der alten Verwalterin auch nicht unmöglich, die Abrechnung zu erstellen, da er ggf. ein Einsichtsrecht in die nötigen Unterlagen gegenüber dem neuen Verwalter hatte.

 

  1. Wohnungseigentumsrecht: Erwerber haftet für Sonderumlage

 

Der Erwerber einer Eigentumswohnung haftet für eine fällig werdende Sonderumlage, auch wenn diese vor dem Eigentumswechsel beschlossen wurde. Ohne ausdrückliche Regelung ist eine Sonderumlage aber erst fällig, wenn diese durch den Verwalter abgerufen wird.

 Hintergrund

Der Eigentümer wurde am 31.10.2014 ins Grundbuch eingetragen. Am 28.8.2014 hatte die Gemeinschaft in einer Eigentümerversammlung beschlossen, bestimmte dringende Baumaßnahmen ausführen zu lassen. Zur Finanzierung erhob sie eine Sonderumlage von 60.000 EUR. Am 11.12.2014 forderte der Verwalter beim Eigentümer dessen Anteil an der Sonderumlage von 2.400 EUR an. Der Eigentümer meinte jedoch, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet war. Denn der Beschluss über die Sonderumlage war vor seinem Eigentumserwerb gefasst worden.

 Entscheidung

Die Klage der Eigentümergemeinschaft auf Zahlung der Sonderumlage hatte Erfolg. Das Gericht entschied, dass einer Zahlungspflicht nicht im Wege steht, dass die Sonderumlage bereits beschlossen worden war, bevor der Beklagte als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wurde.

Ein Wohnungseigentümer muss die Beitragsvorschüsse leisten, die während seiner Mitgliedschaft in der Eigentümergemeinschaft aufgrund von wirksam beschlossenen Wirtschaftsplänen oder Sonderumlagen fällig werden. Für Verbindlichkeiten, die noch vor seinem Eigentumserwerb begründet worden und fällig geworden sind, haftet der Erwerber nicht. Dagegen schuldet der Erwerber auch Beitragsleistungen, die noch vor dem Eigentumswechsel beschlossen, aber erst für einen danach liegenden Zeitpunkt fällig gestellt wurden. Dies gilt im vorliegenden Fall auch für die Sonderumlage.

Dass der Erwerber an einem vor dem Eigentumswechsel gefassten Beschluss nicht mitwirken konnte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Bindung des Sonderrechtsnachfolgers eines Wohnungseigentümers an Beschlüsse ist nicht die Ausnahme, sondern die gesetzlich angeordnete Regel. Der Übergang der Beitragspflicht auf den Erwerber führt zu interessengerechten Ergebnissen, da regelmäßig dieser und nicht sein Rechtsvorgänger den Nutzen aus der mit der Sonderumlage finanzierten Baumaßnahme zieht.

 

  1. Umgangsrecht: Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig

 

Kosten eines Zivilprozesses können nur noch in Ausnahmefällen als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden. Einen solchen sieht das Finanzgericht Düsseldorf bei einem Streit um das Umgangsrecht als gegeben an. Ob der Bundesfinanzhof das auch so sieht, bleibt abzuwarten.

 Hintergrund

Der Kläger ist Vater einer Tochter. Schon wenige Monate nach der Geburt trennte sich das Eltern- und Ehepaar. Die Mutter flog mit dem Baby nach Südamerika, um dort angeblich Urlaub zu machen, kehrte von dort jedoch nicht mehr zurück. Der Vater strengte ein Verfahren zum “Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung” (HKÜ) an, um seine Tochter nach Deutschland zurückholen zu können. Das Gericht stellte die Widerrechtlichkeit des Kindesentzugs durch die Mutter fest.

Die dadurch entstandenen Prozesskosten in Höhe von 20.000 EUR wollte der Vater steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen geltend machen, was das Finanzamt jedoch ablehnte. Nach seiner Ansicht war die materiell zu verstehende Existenzgrundlage des Mannes nicht gefährdet und es handelte sich daher um nicht abzugsfähige Prozesskosten.

 Entscheidung

Die Klage des Vaters vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Es entschied, dass die Existenzgrundlage durchaus auch im immateriellen Sinne gedeutet werden konnte.

Bei seiner Urteilsbegründung schließt sich das Finanzgericht vor allem der Literatur an. Diese fasst unter die lebensnotwendigen Bedürfnisse die in 3 Kategorien eingeteilten Grundbedürfnisse, nämlich die physiologischen Bedürfnisse, die Sicherheitsbedürfnisse und die sozialen Bedürfnisse. Das dringende soziale Bedürfnis des Vaters, seiner Liebe und Fürsorge gegenüber seiner Tochter Folge zu leisten, fasste das Gericht unter den Kernbereich des menschlichen Lebens. Es erkannte an, dass es für den Vater existenziell wichtig war, den Rechtsstreit um sein Umgangsrecht mit seinem Kind zu führen.

Da Ehe und Familie unter besonderem staatlichen Schutz des Grundgesetzes stehen, war der ungewöhnliche Prozesskostenaufwand für die Rückholung des ins Ausland entführten Kindes ausnahmsweise abzugsfähig.