Veröffentlichung von Bildern:
Widerruf der Einwilligung nicht so einfach möglich
1. Studiengebühren:
Übernahme durch neuen Arbeitgeber ist steuerpflichtig
Erstattet der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer die Studiengebühren, ist das
in der Regel steuerfrei. Ist der Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeberwechsel zur
Rückzahlung der Gebühren verpflichtet und übernimmt der neue Arbeitgeber die
entsprechenden Beträge, liegt jedoch steuerpflichtiger Arbeitslohn vor.
Ein berufsbegleitendes Studium auf
Kosten des Arbeitgebers bleibt unbesteuert, wenn es in ganz überwiegend eigenbetrieblichem
Interesse des Arbeitgebers durchgeführt wird. Dies ist der Fall, wenn die
Bildungsmaßnahme die Einsatzfähigkeit des Mitarbeiters im Betrieb des
Arbeitgebers erhöhen soll. Es ist ausdrücklich nicht erforderlich, dass der
Arbeitgeber die übernommenen Studiengebühren vom Arbeitnehmer zurückfordern
kann.
Ist aber der Mitarbeiter zur
Rückzahlung der Studiengebühren verpflichtet und wechselt er den Arbeitgeber,
entsteht eine neue Situation. Übernimmt der neue Arbeitgeber die Verpflichtung
des Arbeitnehmers, die vom bisherigen Arbeitgeber getragenen Studiengebühren an
diesen zurückzuzahlen, führt dies zu Arbeitslohn vom neuen Arbeitgeber. Das gilt
sowohl für die sofortige Übernahme des Rückzahlungsbetrags als auch für die
Übernahme durch den neuen Arbeitgeber im Darlehenswege.
Die Begründung für die
Steuerpflicht: Es fehlt an einem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des
neuen Arbeitgebers.
2. Dirigent und
Orchestermanager: In welcher Höhe sind Arbeitszimmerkosten absetzbar?
Ein Dirigent und Orchestermanager kann die
Arbeitszimmerkosten in unbeschränkter Höhe als Werbungskosten geltend machen,
da sich der qualitative Schwerpunkt der Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer
befindet.
Hintergrund
Ein Dirigent und Orchestermanager machte Kosten für
ein häusliches Arbeitszimmer in voller Höhe geltend. Das Finanzamt begrenzte
den Kostenabzug jedoch auf 1.250 EUR. Der unbeschränkte Abzug als Werbungskosten
ist nur möglich, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der
Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen darstellt.
Entscheidung
Das
Finanzgericht entschied, dass sich bei einem Dirigenten und Orchestermanager
der qualitative Schwerpunkt der Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer
befindet. Im häuslichen Arbeitszimmer wurden die Besetzung für die einzelnen
Proben und Auftritte und das Material für die beteiligten Musiker
zusammengestellt, die Korrespondenz mit den Sponsoren und der an dem Orchesterbetrieb
interessierten Öffentlichkeit geführt und die Internetauftritte der Orchester
sowie deren CD-Veröffentlichungen entwickelt. Daneben fand dort auch die
künstlerische Leitung zu großen Teilen statt. Die vor Ort erbrachten
Dirigentenleistungen des Steuerpflichtigen für seinen konkret ausgeübten Beruf
als Orchestermanager und Dirigent hielt das Finanzgericht für nicht wesentlich
und prägend. Hierfür sprach auch der erhebliche zeitliche Umfang, den die
Tätigkeit des Steuerpflichtigen in seinem häuslichen Arbeitszimmer im Vergleich
zu den Dirigenteneinsätzen eingenommen hatte.
3. Dienstwagen:
Geldwerter Vorteil kann nicht tageweise ermittelt werden
Für jeden angefangenen Kalendermonat ist der volle
Betrag von 1 % des Bruttolistenpreises für die private Nutzung eines vom
Arbeitgeber dem Arbeitnehmer überlassenen Fahrzeugs anzusetzen. Eine taggenaue
Berechnung kommt nicht in Betracht.
Hintergrund
Die Klägerin stellte diversen Arbeitnehmern Fahrzeuge
auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Die Arbeitnehmer führten kein
Fahrtenbuch. Die Überlassung der Fahrzeuge begann und endete zum Teil während
eines Monats. Die Klägerin ermittelte den Bruttoarbeitslohn und den geldwerten
Vorteil aus der Möglichkeit zur Privatnutzung nach der sog. 1 %-Regelung. Für
Monate, in denen das Fahrzeug an den Arbeitnehmer jeweils nur teilweise zur
Verfügung gestanden hatte, berücksichtigte sie den Sachbezug nur zeitanteilig.
Entscheidung
Nach
Ansicht des Finanzgerichts ist der volle Betrag von 1 % des Bruttolistenpreises
für die private Fahrzeugnutzung für jeden angefangenen Monat anzusetzen. Hat
die Klägerin für ihre Arbeitnehmer infolge einer tageweisen Berechnung zu
geringe Bruttoarbeitslöhne dem Lohnsteuerabzug zugrunde gelegt, zu wenig
Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so kann diese als
Arbeitgeberin vom Finanzamt in Haftung genommen werden. Der vom Finanzamt
erlassene Lohnsteuerhaftungsbescheid sei rechtmäßig.
4.
Behindertengerechten
Umbau der Dusche: Kosten sind absetzbar
Die Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau
der Dusche können in voller Höhe als außergewöhnliche Belastung in Abzug
gebracht werden.
Hintergrund
Die Klägerin ist an Multipler Sklerose erkrankt. Im Jahre 2011 ließ sie für
gut 5.736 EUR die Duschkabine in ihrer Wohnung so umbauen, dass sie mit einem
Rollstuhl befahren werden konnte. Aus diesem Grund musste die Dusche neu
ausgefliest werden, wobei auch die Armaturen und die Eingangstür erneuert
wurde. Da für die Klägerin keine Pflegestufe bestand, lehnte die Pflegekasse
die Übernahme der Umbaukosten ab.
Das Finanzamt erkannte nur ein geringer Teil der Aufwendungen (knapp 500
EUR für Duschelement, Ablauf, Rostrahmen, Unterbau und Bodenfliesen) als
krankheitsbedingte außergewöhnliche Belastung an. Die übrigen Kosten wurden gestrichen,
weil die übrigen baulichen Maßnahmen nicht durch die Behinderung verursacht
worden sind.
Entscheidung
Das
Finanzgericht hält dagegen die vom Finanzamt vorgenommene Aufteilung der
Baumaßnahme in einzelne Aufwandposten für nicht praktikabel. Abziehbar sind
auch die notwendigen Folgekosten für solches Material, das – wie etwa die
Wandfliesen, die Tür und die Armaturen – durch den Ausbau der alten Duschwanne
beschädigt worden und an die neue Tiefe der Dusche anzupassen gewesen ist.
5. Erbschaftsteuer:
Kosten für die Entmüllung sind nicht abzugsfähig
Die Kosten für die Entmüllung eines zum Nachlass
gehörenden Hauses sind als Kosten für die Verwaltung des Nachlasses im Rahmen
der Erbschaftsteuer nicht abzugsfähig.
Hintergrund
Der Kläger ist der Erbe. Zum Nachlass gehörte ein
Wohnhaus, das zu einem Preis von ca. 56.000 EUR veräußert wurde. Weil der
Erblasser ein sog. “Messie” war, musste das Haus vor der Veräußerung aufwendig
entmüllt werden. Dadurch entstanden Kosten von insgesamt 17.569 EUR. Das
Finanzamt verweigerte bei der Erbschaftsteuerfestsetzung den Abzug dieser
Kosten.
Entscheidung
Das
Finanzgericht erkannte die Kosten ebenfalls nicht an. Die Entmüllungskosten
sind dem Kläger weder unmittelbar mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung
des Nachlasses noch mit der Erlangung des Erwerbs entstanden. Vielmehr gehören
diese Kosten zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Verwaltung des Nachlasses.
Dass das Grundstück nicht ohne vorherige Entmüllung
vom Erben sinnvoll genutzt werden konnte, mag zwar ein tatsächliches Hindernis
für den späteren Verkauf gewesen sein. Dieser Zustand hat jedoch den Erben
nicht daran gehindert, das Erbe des Grundstücks anzutreten.
6. Schadensersatzzahlung
ist kein rückwirkendes Ereignis
Erleidet ein Geldanleger bei Erwerb und Verkauf von
Aktien einen Verlust und erhält er deshalb Schadensersatz, ist das kein
rückwirkendes Ereignis.
Hintergrund
Ein Geldanleger hatte in den Jahren 1999 bis 2002
Aktien der X-AG erworben. Wegen eines Kurseinbruchs erlitt er bei dem Verkauf
2002 hohe Verluste. Das Finanzamt berücksichtigte diese Beträge in einem
Verlustfeststellungsbescheid. Diesen wollte es zulasten des Klägers ändern,
nachdem der Geldanleger einen Schadensersatz von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,
die der Aktiengesellschaft einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt
hatte, erstritten hat.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab dem Geldanleger Recht und sah
die rückwirkende Änderung des Verlustfeststellungsbescheids nicht als zulässig
an. Die Rechtsprechung hat zwar die rückwirkende Änderung von
Veräußerungsgewinnen für zulässig gehalten, wenn der Kaufpreis nachträglich
herabgesetzt wird. Das ist z. B. der Fall aufgrund einer auflösenden Bedingung
im Kaufvertrag oder bei einer Minderung der Anschaffungskosten und sogar bei
Schadensersatzzahlungen einer Versicherung.
Im Urteilsfall beruht der Schadensersatz jedoch auf
einer eigenständigen Rechtsgrundlage. Er berührt deshalb weder die Anschaffungskosten
noch den Erlös aus den Aktiengeschäften.
7.
Leasingfahrzeug:
Wann ist die 1 %-Regelung bzw. die Fahrtenbuchmethode anwendbar?
Ist ein Leasingfahrzeug dem Arbeitnehmer zuzurechnen,
kann die 1 %-Regelung bzw. die Fahrtenbuchmethode nicht angewendet werden.
Hintergrund
Die Kommune K schloss Leasingverträge über Fahrzeuge ab. Dabei wurden ihr
günstigere Leasingkonditionen als gegenüber Dritten eingeräumt. K stellte die
Fahrzeuge der Bürgermeisterin B zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung. B
trug die Leasingraten, Steuern, Versicherungen und Betriebskosten. Die für ihre
beruflichen Fahrten entstandenen tatsächlichen Kosten machte sie anhand eines
Fahrtenbuchs geltend.
Das Finanzamt wertete die vergünstigten Leasingkonditionen bei B als geldwerten
Vorteil. Es erhöhte deshalb die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
Den Zufluss berechnete es aus der Differenz der für Dritte üblichen
Leasinggebühren zu den tatsächlich von B geleisteten Zahlungen (für die
Streitjahre 2005 bis 2008 3.000 EUR bis 6.000 EUR). Das Finanzamt versagte
damit die 1 %-Regelung bzw. die Fahrtenbuchmethode. Das Finanzgericht folgte
dieser Einschätzung.
Entscheidung
Der
Bundesfinanzhof bestätigt zunächst den Grundsatz, dass die Überlassung eines
betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen
Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu Lohnzufluss
führt. Steht der Vorteil dem Grund nach fest, ist dieser zwingend entweder mit
der 1 %-Regelung oder mit der Fahrtenbuchmethode zu bewerten. Vom Arbeitnehmer
gezahlte Nutzungsvergütungen sind von den ermittelten Werten abzuziehen.
Eine Überlassung eines betrieblichen Fahrzeugs liegt
allerdings nicht vor, wenn das Kfz nicht dem Arbeitgeber, sondern dem
Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Das Fahrzeug ist dem Arbeitnehmer zuzurechnen,
wenn er wie ein wirtschaftlicher Eigentümer oder ein Leasingnehmer darüber
verfügen kann. Die Zurechnung beim Arbeitnehmer findet auch dann statt, wenn
der Arbeitgeber selbst Leasingnehmer ist und er das Fahrzeug seinem
Arbeitnehmer aufgrund eines Unterleasingverhältnisses zur Verfügung stellt. Die
aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Vorteile sind dann nach den
allgemeinen Grundsätzen, wie sie auch für die Erfassung von Rabatten gelten, zu
bewerten. Die 1 %-Regelung bzw. die Fahrtenbuchmethode ist nicht anwendbar.
8. Wann
Krankheitskosten nicht absetzbar sind
Viele Versicherte der privaten Krankenversicherung
tragen ihre Krankheitskosten selbst, um eine Beitragsrückerstattung zu
erhalten. Steuerlich kann dies jedoch von Nachteil sein.
Hintergrund
Ein Ehepaar hatte Beiträge zur privaten Kranken- und
Pflegeversicherung als Vorsorgeaufwendungen bei den Sonderausgaben geltend
gemacht. Strittig war ein Betrag von 241 EUR. Hier hatten die Eheleute einen
Teil einer Arztrechnung nicht der Krankenkasse vorgelegt, um später
Beitragsprämien zurückzubekommen.
Entscheidung
Das Finanzgericht erkannte diese Kosten weder als
Sonderausgaben noch als außergewöhnliche Belastungen an.
Diese Ausgaben sind keine klassischen Krankenversicherungsbeiträge.
Zu den abzugsfähigen Beiträgen gehören nur solche Kosten, die direkt im
Zusammenhang mit der Erlangung von Versicherungsschutz stehen. Bereits die
Selbstbeteiligung gehört nicht zu den Beiträgen. Deshalb muss das Gleiche für solche
Kosten gelten, die Versicherte übernehmen, um eine Beitragsrückerstattung zu
erhalten.
Auch ein Abzug der Krankheitskosten als
außergewöhnliche Belastung wurde nicht anerkannt. Ärztlich verordnete
Krankheitsaufwendungen, die von der Krankenkasse nicht ersetzt werden, können
zwar unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung steuerlich
geltend gemacht werden. Allerdings wird hier zunächst ein prozentual
gestaffelter Eigenanteil abgezogen, der höher ausfiel, als die geltend
gemachten Kosten.
9. Instandhaltungsrücklage:
2,50 EUR sind zu wenig
Wohnungseigentümer sind zur ordnungsgemäßen Verwaltung
verpflichtet. Dazu gehört auch die Ansammlung einer angemessenen
Instandhaltungsrücklage. Ihre Höhe richtet sich nach den konkreten Verhältnissen
in der Wohnanlage.
Hintergrund
In einer Eigentümerversammlung stand der Beschluss zur
Debatte, die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage zu erhöhen. Die
Wohnungseigentümer lehnten in einer Eigentümerversammlung den Beschlussantrag
auf Erhöhung der Instandhaltungsrücklage von 2,50 EUR pro Quadratmeter
Wohnfläche und Jahr auf 7,10 EUR mehrheitlich ab. Die Wohnanlage wurde Ende der
90er-Jahre errichtet. Die angesammelte Instandhaltungsrücklage beträgt ca.
2.200 EUR.
Gegen den ablehnenden Beschluss hat ein
Wohnungseigentümer Anfechtungsklage erhoben, da er die derzeitige
Instandhaltungsrücklage für unzureichend hält.
Entscheidung
Die
Anfechtungsklage hat Erfolg; das Gericht setzt deshalb die Zuführung zur
Instandhaltungsrücklage auf 7,10 EUR pro Quadratmeter und Jahr fest.
Eine Instandhaltungsrücklage von jährlich 2,50 EUR pro
Quadratmeter genügt ordnungsgemäßer Verwaltung nicht. Angemessen ist eine
Rücklage in einer Höhe, die ein verständiger und vorausschauender Eigentümer
zurücklegen würde. Dabei ist die Angemessenheit nach den konkreten
Verhältnissen der jeweiligen Wohnanlage zu beurteilen.
Für das Objekt gilt eine gesetzlich festgelegte
Untergrenze von 7,10 EUR pro Quadratmeter und Jahr.
Der aktuell geltende Betrag von 2,50 EUR pro
Quadratmeter und Jahr ist nicht angemessen und von dem weiten Ermessungsspielraum
der Wohnungseigentümer nicht mehr gedeckt. Eine Rücklage von 2.200 EUR reicht
nicht aus, um deren Zweck gerecht zu werden. Durch das vorsorgliche Ansammeln
von Kapital ist sicherzustellen, dass künftig bei einem unvorhergesehenen
plötzlich auftretenden Reparaturbedarf die erforderlichen Mittel zur Verfügung
stehen und die Wohnanlage nicht wegen fehlender Mittel verwahrlost. Zugleich
wird vermieden, dass weniger zahlungskräftige Wohnungseigentümer in finanzielle
Bedrängnis geraten, aber auch der Gefahr einer ungleichen finanziellen Belastung
vorgebeugt, die entstünde, wenn zahlungsunwillige oder -unfähige
Wohnungseigentümer für andere Eigentümer einspringen müssten.
Ferner belastet es die Wohnungseigentümer weniger, die
Mittel für große Reparaturen und Ersatzbeschaffungen durch kontinuierliche
Zahlung verhältnismäßig geringer Beträge anzusammeln, als den Gesamtbetrag im
Zeitpunkt der tatsächlichen Ausführung der Reparatur leisten zu müssen.
10. Besichtigungsrecht
des Vermieters: Nur bei konkretem Anlass
Der Vermieter darf eine vermietete Wohnung nur dann
besichtigen, wenn es dafür einen konkreten Anlass gibt. Der Vermieter darf sich
deshalb im Mietvertrag nicht das Recht vorbehalten, die Wohnung regelmäßig ohne
Grund zu besichtigen.
Hintergrund
Im Mietvertrag von 1995 ist dem Vermieter das Recht
vorbehalten, die Wohnung “in angemessenen Abständen” und “nach rechtzeitiger
Ankündigung” zu besichtigen, um deren Zustand zu prüfen. Auch für den Verkaufs-
oder Wiedervermietungsfall räumt der Mietvertrag dem Vermieter ein Recht zur
Besichtigung ein.
Im Dezember 2012 forderte der Vermieter den Mieter
auf, ihm Zutritt zur Wohnung zwecks Besichtigung zu gewähren und stellte
mehrere Termine zur Auswahl. Gleichzeitig drohte der Vermieter eine Kündigung
an, falls der Mieter die Termine ablehnt. Der Vermieter wollte die Wohnung
vermessen, auf mögliche bauliche Mängel untersuchen und außerdem seiner Frau
zeigen.
Der Mieter gewährte dem Vermieter zunächst keinen
Zutritt zur Wohnung. Daraufhin kündigte der Vermieter den Mietvertrag im Juli
2013 ordentlich zum 30.4.2014.
Entscheidung
Die
Kündigung war unwirksam. Die Weigerung des Mieters, dem Vermieter eine
Besichtigung zu ermöglichen, stellt keinen Kündigungsgrund dar. Der Mieter hat
keine Pflichten aus dem Mietvertrag verletzt.
Die Klausel im Mietvertrag, die dem Vermieter ein
Recht zur Wohnungsbesichtigung ohne konkreten Anlass einräumt, ist unwirksam.
Die Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen. Während der Dauer des
Mietvertrags steht dem Mieter das alleinige und uneingeschränkte Gebrauchsrecht
an der Wohnung zu. Der Vermieter hat deshalb kein Recht, die Mietsache ohne
konkreten Anlass regelmäßig zu besichtigen.
Der Mieter hat nur dann eine vertragliche
Nebenpflicht, dem Vermieter Zutritt zu gewähren, wenn es hierfür einen
konkreten sachlichen Grund gibt. Aus dem bloßen Umstand, dass er die Wohnung
zuletzt 2004 besichtigt hat, kann der Vermieter kein Besichtigungsrecht
herleiten. Auch das Ansinnen, die Wohnung zu vermessen und seiner Frau zeigen
zu wollen, stellt keinen Grund für eine Besichtigung dar.
11.
Beim Autofahren ist
Hellsehen nicht erforderlich
Das lernt man in der Fahrschule gleich in der ersten
Stunde: Beim Öffnen der Autotür muss auf den vorbeifahrenden Verkehr geachtet
werden. Wer die Tür einfach aufreißt und dadurch einen Unfall verursacht, trägt
die alleinige Schuld.
Die Frage, ob im Fall eines Unfalls demjenigen, der in
die unvorsichtiger Weise geöffnete Tür hineinfährt, eine Mitschuld an dem
Unfall zugerechnet werden kann, beantwortete das Landgericht Stuttgart ganz
eindeutig mit “Nein”.
Im vorliegenden Fall ist der Unfall von der Klägerin,
die die Tür geöffnet hatte, in so überwiegendem Teil fahrlässig verursacht,
dass im Verhältnis dazu die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Beklagten kein
anspruchsminderndes Eigengewicht hat.
Die Stuttgarter Richter gingen von einem schweren
Verschulden der Parkenden aus. Denn schließlich ist das Fließen des Verkehrs
nur dann gewährleistet, wenn sich die mit angemessener Geschwindigkeit und
regelgerechtem Abstand Vorbeifahrenden darauf verlassen könnten, dass nicht
unerwartet eine Fahrzeugtür in den Fahrbereich hinein geöffnet wird.
Dass an der Unfallstelle regelmäßig und auch zum
Unfallzeitpunkt viele Autos auf der Suche nach einem Parkplatz waren, ändert
daran nichts. Auch bei regem Parksuchverkehr muss ein Aussteigender extrem
vorsichtig sein und der vorbeifahrende Verkehr darf sich darauf verlassen, dass
nicht unvermittelt eine Autotür geöffnet wird.
Eine Vermutung, dass Personen auf dem Gehweg bedeuten,
dass demnächst jemand aus dem Fahrzeug steigen werde, neben dem sie sich
befinden, gibt es nicht. Insoweit sind also keine hellseherischen Fähigkeiten
erforderlich.
12. Scheidung: Wann der
Ehepartner von Verbindlichkeiten freigestellt werden muss
Hat ein Ehegatte eine Grundschuld am eigenen
Grundstück bestellt, um damit Kredite des anderen Ehegatten zu sichern, hat er
nach dem Scheitern der Ehe einen Freistellungsanspruch bzw. kann
Aufwendungsersatz verlangen.
Hintergrund
Der beklagte Ex-Ehemann ist Eigentümer zweier
benachbarter Grundstücke. Auf dem einen befindet sich die Zahnarztpraxis des
Beklagten, auf dem anderen, das früher der Klägerin gehörte, das gemeinsame
Familienhaus.
Zur Baufinanzierung nahmen die Parteien bei der
Kreissparkasse mehrere Darlehen auf. Die Klägerin bestellte zugunsten der Bank
an dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück 2 Grundschulden. Später schlossen
die Parteien gemeinschaftlich 3 weitere Darlehensverträge ab. Weitere Darlehen
nahm der Beklagte alleine auf.
2005 wurde von der Klägerin der Scheidungsantrag
zugestellt. Sämtliche Darlehen wurden am 30.12.2006 fällig. Für eine
Verlängerung der Darlehen, verlangte die Sparkasse dass die eingetragenen
Grundschulden weiterhin zur Sicherung aller Darlehen dienen sollten. Da die
Klägerin nur die Sicherheiten für die gemeinsamen Darlehen stellen wollte,
kündigte die Bank die 3 gemeinsamen Darlehen. In der Zwangsversteigerung
erhielt der Beklagte den Zuschlag. Nachdem die Klägerin zunächst die
Freistellung von der erstrangigen Grundschuld beantragt hatte, begehrte sie
nach der Zwangsversteigerung die Zahlung des entsprechenden Betrags von rund
93.000 EUR.
Entscheidung
Der
Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Beklagte verpflichtet ist, die
Klägerin von der Grundschuld freizustellen bzw. nach der Zwangsversteigerung
den aus der Grundschuld erlösten Betrag als Aufwendungsersatz zu zahlen.
Gibt es keine besonderen Abreden der Ehepartner, kann
das durch die Sicherung von Krediten zugunsten des anderen Ehegatten
familienrechtlich begründete besondere Schuldverhältnis unter Heranziehung der
Regeln des Auftragsrechts abgewickelt werden.
Das bedeutet: Scheitert die Ehe, kann das
Auftragsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden und der Beauftragte
kann Ersatz seiner Aufwendungen oder die Befreiung von diesen verlangen.
Einschränkungen können sich aus Treu und Glauben und nachwirkender ehelicher
Solidarität ergeben, was vorliegend aber nicht der Fall war.
13. Veröffentlichung von
Bildern: Widerruf der Einwilligung nicht so einfach möglich
Ein Arbeitgeber darf Bilder eines Arbeitnehmers nur
veröffentlichen, wenn der Arbeitnehmer schriftlich einwilligt. Hat der
Arbeitnehmer die schriftliche Einwilligung unbefristet erteilt, kann er sie
nicht ohne Weiteres widerrufen.
Hintergrund
Der klagende Arbeitnehmer war bis Januar 2011 bei der
Beklagten beschäftigt. Bereits im Oktober 2008 hatte er sich schriftlich damit
einverstanden erklärt, dass der Arbeitgeber Filmaufnahmen von ihm für die
eigene Öffentlichkeitsarbeit verwendet. In dem daraufhin angefertigten
Werbefilm war der Arbeitnehmer jedenfalls nur 2-mal für wenige Sekunden zu
erkennen, davon einmal bei einem Gruppenbild. Nach Beendigung des
Arbeitsverhältnisses verlangte der Kläger von der Beklagten, die ihn
darstellenden Videoaufnahmen nicht mehr zu verwenden und ihm für die Verwendung
ein Schmerzensgeld zu zahlen.
Entscheidung
Nach
Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist eine Veröffentlichung von Bildern eines
Arbeitnehmers nur zulässig, wenn eine schriftliche Einwilligung vorliegt. Dies
ist hier der Fall. Für die Frage, ob die Einwilligung zu einem späteren Zeitpunkt
widerrufen werden kann, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Hierbei
muss, neben dem Persönlichkeitsinteresse des Arbeitnehmers, auch das Interesse
des Arbeitgebers an einer kostendeckenden Verwertung der Bilder berücksichtigt
werden. Maßgeblich für die Abwägung ist insbesondere, ob die Person des
Arbeitnehmers hervorgehoben dargestellt wird oder ob es sich vielmehr um eine
allgemeine Darstellung des Unternehmens handelt. Eine einmal erteilte
Einwilligung kann jedenfalls nicht ohne Grund widerrufen werden.
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