Privatbereich
1. Gehaltsverzicht: Zusatzleistungen bleiben trotzdem steuerbegünstigt
2. Gibt es nach einem Betriebsübergang einen Anspruch auf Wiedereinstellung nach Kündigung?
3. Ein Arbeitsunfall kann auch beim Sonntagsspaziergang passieren
4. Hunde am Arbeitsplatz: Auch hier gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz
5. Wann der Verkauf einer Ferienwohnung steuerfrei ist
6. Mehraktige Ausbildung: Zwischenzeitliche Berufstätigkeit kann schädlich für das Kindergeld sein
7. Schenkung mehrerer Gegenstände: Wann beginnt die Festsetzungsfrist?
8. Die Bestimmung des Kindergeldberechtigten erlischt mit Trennung der Eltern
9. Vom Mieter verursachte Schäden nach Kauf einer Wohnung: Herstellungskosten oder Sofortabzug?
10. Mietrückstand: Eine hilfsweise ordentliche Kündigung ist nicht möglich
11. Kündigung wegen Zahlungsrückstand: Vertraglich vereinbarte Miete ist maßgebend
12. Vermieter darf erst nach Ablauf einer Zahlungsfrist kündigen
13. Wer zu lange wartet, verliert seinen Räumungsanspruch

 

 

  1. Gehaltsverzicht: Zusatzleistungen bleiben trotzdem steuerbegünstigt

 

Auch wenn auf Gehalt verzichtet wird, können trotzdem gleichzeitig steuerbegünstigte Zusatzleistungen vereinbart werden.

 Hintergrund

Die Arbeitgeberin und Klägerin traf mit ihren nicht tarifgebundenen Mitarbeitern sog. “Ergänzende Vereinbarungen zum Einstellungsvertrag”. Ihnen wurden Zuschüsse zu Aufwendungen für die Internetnutzung, zu Fahrtkosten, Kindergartenkosten und Telefonkosten der Mitarbeiter gewährt. Im Gegenzug verzichteten die Mitarbeiter auf Barlohn.

Die Klägerin versteuerte die Zuschüsse zur Internetnutzung mit einem Pauschalsteuersatz von 25 % und die Zuschüsse zu den Fahrtkosten mit 15 %. Für die gewährten Zuschüsse zu den Kinderbetreuungskosten und zu den Telefonkosten führte die Klägerin keine Lohnsteuer an das Finanzamt ab. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass die Zuschüsse nicht steuerbegünstigt seien, da sie nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht worden waren.

 Entscheidung

Die Klage der Arbeitgeberin war erfolgreich. Für die Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal “zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” erfüllt ist, ist der tatsächliche Rechtsgrund für die Leistungen maßgeblich. Wichtig ist dabei insbesondere, ob der Arbeitgeber diese Leistungen zusätzlich erbringt, ohne dazu verpflichtet zu sein, oder ob er sie auf eine tatsächliche arbeitsrechtliche Verpflichtung hin leistet.

Das Finanzgericht stützt sich hier auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Nach dieser können zusätzliche Leistungen nur noch freiwillige Arbeitgeberleistungen sein, auf die der Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen Anspruch hat. Abweichend davon sieht die Verwaltung die Zusätzlichkeitsvoraussetzung als erfüllt an, wenn die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet.

Im vorliegenden Fall war die Arbeitgeberin nicht dazu verpflichtet, die vereinbarten Zuschüsse an die betroffenen Arbeitnehmer zu leisten. Dies ergab sich aus dem Wortlaut der abgeschlossenen ergänzenden Vereinbarungen zu den Arbeitsverträgen, wonach die Leistungen auch bei mehrfacher Gewährung keinen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers begründeten. Nach Auffassung des Finanzgerichts war damit das Zusätzlichkeitserfordernis erfüllt.

 

 

  1. Gibt es nach einem Betriebsübergang einen Anspruch auf Wiedereinstellung nach Kündigung?

 Nur Arbeitnehmern, die zum Zeitpunkt der Kündigung unter dem Schutz des Kündigungsschutzgesetzes stehen, steht ein Wiedereinstellungsanspruch zu. Auch nach einem Betriebsübergang ist ein solcher Anspruch in einem Kleinbetrieb meist ausgeschlossen.

 Hintergrund

Der Arbeitnehmer war als Apothekenangestellter tätig. Ihm wurde bereits im November betriebsbedingt wegen Stilllegung des Betriebs zum 30.6.2014 gekündigt. Dagegen ging der Mitarbeiter zunächst nicht vor. Da sich kurz vor der tatsächlichen Stilllegung doch noch ein Käufer fand, führte die Apotheke den Betrieb in kleinerem Umfang über den 30.6.2014 hinaus fort. Am 1.9.2014 übernahm die neue Betriebsinhaberin auf der Grundlage eines Kaufvertrags vom 15.7.2014 die Apotheke einschließlich des Warenlagers. Sie hatte sich zur Übernahme und Weiterbeschäftigung von 3 Arbeitnehmern verpflichtet. Der Arbeitnehmer begehrte die Wiedereinstellung durch die Betriebsnachfolgerin.

Entscheidung

Die Klage des Arbeitnehmers hatte keinen Erfolg.

Zum Zeitpunkt der Kündigungen waren in der Apotheke regelmäßig nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, von denen zuletzt neben dem Kläger nur 4 Arbeitnehmer bereits vor dem 1.1.2004 in einem Arbeitsverhältnis standen. Es handelte sich also um einen Kleinbetrieb. Deshalb hatte der Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz aufgrund des Kündigungsschutzgesetzes.

Ein Wiedereinstellungsanspruch kann nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts aber grundsätzlich nur Arbeitnehmern zustehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung einen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz genießen.

Dass sich ehemalige und neue Betriebsinhaber – so die Behauptung des Klägers – bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist über die wesentlichen Konditionen der Apothekenübernahme geeinigt hätten, ließen die obersten Arbeitsrichter nicht gelten.

 

  1. Ein Arbeitsunfall kann auch beim Sonntagsspaziergang passieren

 Kann ein Verkehrsunfall beim Sonntagsspaziergang als Arbeitsunfall anerkannt werden? Ja, sagt zumindest das Sozialgericht Düsseldorf, und bejahte damit einen Anspruch aus der gesetzlichen Unfallkasse.

 Hintergrund

Der Kläger befand sich in einer stationären Rehabilitation. Bei einem sonntäglichen Spaziergang wurde er beim Überqueren eines Fußgängerüberwegs von einem Pkw erfasst und verletzt. Der Kläger war der Auffassung, dass es sich dabei um einen Arbeitsunfall handelte und er damit einen Anspruch aus der gesetzlichen Unfallkasse hat.

Ein Ziel der Rehabilitation war es, sein Gewicht zu reduzieren. Seiner Verpflichtung zur aktiven Mitarbeit bei der Gewichtsreduzierung war er mit dem Spaziergang nachgekommen. Deshalb ist der Unfall beim Spaziergang als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Berufsgenossenschaft erkannte den Vorfall dagegen nicht als Versicherungsfall an und lehnte es ab, Entschädigungsleistungen zu erbringen. Denn bei dem Spaziergang handelte es sich um eine sog. eigenwirtschaftliche und damit nicht versicherte Tätigkeit. Der Spaziergang war nicht ärztlich verordnet gewesen.

 Entscheidung

Die Klage des Spaziergängers hatte Erfolg. Die Richter des Sozialgerichts Düsseldorf folgten seinen Argumenten. Insbesondere bestand ein innerer Zusammenhang mit der Rehabilitationsmaßnahme. Dafür ist ausreichend, wenn der Versicherte von seinem Standpunkt aus der Auffassung sein durfte, dass die Tätigkeit geeignet war, der stationären Behandlung zu dienen. Auch muss diese Tätigkeit objektiv kurgerecht sein. Beide Voraussetzungen waren bei dem Spaziergang gegeben. Das Gericht sah es nicht als schädlich an, dass der Spaziergang an einem therapiefreien Sonntag stattgefunden hatte.

 

  1. Hunde am Arbeitsplatz: Auch hier gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz

 Ist es Mitarbeitern erlaubt, ihren Hund mit zur Arbeit zu bringen, darf dies einzelnen Arbeitnehmern nicht untersagt werden. Ein entsprechendes Verbot des Arbeitgebers ist wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz rechtswidrig.

 Hintergrund

Die Kläger bringen seit Jahren mit Duldung des Arbeitgebers einen Schäferhund mit zum Dienst in einem Forstamt. Der Arbeitgeber untersagte das Mitbringen eines weiteren Schäferhundes, den sich die Kläger anschaffen wollten. Er begründete sein Verbot damit, dass im Forstamt grundsätzlich nur Jagdhunde gestattet sind, nicht aber Schäferhunde, die Hütehunde und keine Jagdhunde seien. Die Arbeitnehmer beriefen sich u. a. auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn in anderen Forstämtern des Landes dürfen Mitarbeiter auch Hunde mitbringen, die keine Jagdhunde sind.

 Entscheidung

Das Arbeitsgericht erklärte das erteilte Verbot des Arbeitgebers für rechtswidrig und stellte dabei maßgeblich auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ab. Dieser verlangt, dass Arbeitnehmer, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich behandelt werden. Für die vorliegend unterschiedliche Behandlung der vergleichbaren Mitarbeiter unterschiedlicher Forstämter fehlte es aber an einer sachlichen Begründung, so die Richter.

 

  1. Wann der Verkauf einer Ferienwohnung steuerfrei ist

 Wird ein Gebäude zu eigenen Wohnzwecken genutzt, unterliegt der Veräußerungsgewinn nicht der Besteuerung. Das gilt auch dann, wenn der Eigentümer es nur zeitweilig bewohnt. Es muss ihm aber in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung stehen.

 Hintergrund

A und ihr Bruder erwarben 1998 von ihrem Vater zu hälftigem Miteigentum ein Einfamilienhaus auf Sylt für 522.000 EUR. Bis November 2004 vermieteten sie das Haus an den Vater. Ab Dezember 2004 nutzte A das Haus als Zweitwohnung für Ferienaufenthalte. Nachdem A im Juni 2006 vom Bruder dessen andere Hälfte für 200.000 EUR erworben hatte, verkaufte sie das Haus für 2,5 Mio. EUR.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass die Ausnahmeregelung für die Veräußerung selbstbewohnter Immobilien bei einem als Ferienwohnung genutzten Objekt nicht anwendbar ist und setzte für 2006 einen Veräußerungsgewinn von rd. 2,1 Mio. EUR an. Das Finanzgericht schloss sich den Argumenten des Finanzamts an und wies die Klage der A ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof zeigt sich großzügiger. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt voraus, dass die Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Entgegen der Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht wird ein Gebäude aber auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es vom Eigentümer nur zeitweilig bewohnt wird. Das gilt allerdings nur, soweit es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Denn eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt weder die Nutzung als Hauptwohnung voraus noch muss sich dort der Schwerpunkt der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse befinden. Erfasst werden daher u. a. auch nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen. Ist deren Nutzung auf Dauer angelegt, kommt es nicht darauf an, ob noch weitere Wohnungen unterhalten werden und wie oft sich der Steuerpflichtige darin aufhält.

Hiervon ausgehend liegt im vorliegenden Fall eine begünstigte Veräußerung vor.

 

  1. Mehraktige Ausbildung: Zwischenzeitliche Berufstätigkeit kann schädlich für das Kindergeld sein

 Der Besuch einer Fachschule für Wirtschaft, der im Anschluss an eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten erfolgt, ist nicht der zweite Teil einer mehraktigen Berufsausbildung. Das gilt auf jeden Fall dann, wenn im Ausbildungsberuf einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen wird.

 Hintergrund

Die Tochter des Klägers hatte eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten erfolgreich abgeschlossen. Danach wurde sie von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen und übte eine Vollzeitbeschäftigung aus. Direkt nach der Prüfung meldete sich die Tochter bei der Fachschule für Wirtschaft an, um den Abschluss “Staatl. Geprüfte/r Betriebswirt/in” zu erreichen.

Die Familienkasse strich das Kindergeld, da die Tochter ihre erste Berufsausbildung abgeschlossen hatte, sich in einer zweiten Berufsausbildung befand und einer Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Stunden nachging.

 Entscheidung

Eine praktische Berufstätigkeit in einem bereits erlernten Beruf kann nicht als Berufsausbildung bezeichnet werden. Das gilt insbesondere dann, wenn sie eine zwingende Voraussetzung für den Abschluss einer weiteren Ausbildung darstellt. Die Berufstätigkeit begründet vielmehr eine Zäsur zwischen 2 Ausbildungsabschnitten, die eine Kindergeldberechtigung ausschließt. Sieht eine Ausbildungsordnung vor, dass ein Kind berufspraktische Erfahrungen in einem erlernten Beruf in einem nicht untergeordneten zeitlichen Ausmaß sammeln und vorweisen können soll, bevor es einen weiteren Berufsabschluss absolvieren darf, übt das Kind während dieser berufspraktischen Zeit eine berufliche Tätigkeit aus und befindet sich gerade nicht in einer Berufsausbildungsphase. Aus diesen Gründen gewährte das Finanzgericht das Kindergeld ebenfalls nicht.

 

  1. Schenkung mehrerer Gegenstände: Wann beginnt die Festsetzungsfrist?

 Werden mehrere Vermögensgegenstände gleichzeitig verschenkt, erfährt das Finanzamt aber nur von der Schenkung einer dieser Gegenstände, beginnt nur für diesen die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer, nicht aber für die übrigen Gegenstände.

 Hintergrund

A erhielt mit Schenkungsvertrag vom November 2002 von seiner Mutter M Eigentumsanteile von jeweils 1/3 am Grundbesitz B und an 2 Eigentumswohnungen. Die Veräußerungsanzeige des Notars aus 2002, die dem Finanzamt vorlag, bezog sich jedoch nur auf den Grundbesitz B.

Nachdem M im Dezember 2009 verstorben war, reichte A im Oktober 2011 eine Erbschaftsteuer-Erklärung ein. In dieser erklärte er den gesamten in 2002 durch Schenkung erworbenen Grundbesitz als Vorerwerb. Mit Bescheid vom November 2012 setzte das Finanzamt für alle Zuwendungen, also den Grundbesitz B und die Eigentumswohnungen, gegenüber A Schenkungsteuer fest. Der Bescheid wurde im Mai 2014 geändert, da für den Erwerb des Grundbesitzes B Festsetzungsverjährung eingetreten war. Bezüglich der Eigentumswohnungen vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Festsetzungsfrist insoweit nicht abgelaufen war. Denn es hatte erst mit der Erbschaftsteuererklärung davon Kenntnis erlangt. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des A zurück. Für die Schenkungsteuer beginnt die 4-jährige Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker gestorben ist oder das Finanzamt von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat – je nachdem, was als erstes eintritt. Das Gesetz verlangt positive Kenntnis des Finanzamts von der vollzogenen Schenkung. Diese liegt vor, wenn das zuständige Finanzamt in dem erforderlichen Umfang Kenntnis erlangt hat. Dafür muss es alle Umstände kennen, die die Schenkung begründen.

Werden mehrere Gegenstände gleichzeitig verschenkt, wird dem Finanzamt aber nur die Zuwendung eines Gegenstands bekannt, führt dies nicht zum Anlauf der Festsetzungsfrist für die übrigen zugewendeten Gegenstände. Die erforderliche Kenntnis des Finanzamts von der vollzogenen Schenkung bezieht sich auf die Schenkung eines jeden einzelnen Vermögensgegenstandes.

Damit konnte das Finanzamt die Schenkungsteuer für die Eigentumswohnungen noch mit dem Bescheid vom November 2012 festsetzen. Die 4-jährige Festsetzungsfrist begann mit Ablauf des Jahres, in dem M verstorben war (2009) und endete mit Ablauf des Jahres 2013.

 

  1. Die Bestimmung des Kindergeldberechtigten erlischt mit Trennung der Eltern

 Trennen sich die Eltern und lebt das Kind ausschließlich im Haushalt eines Elternteils, erlöschen die Rechtswirkungen der Kindergeldbestimmung. Sie lebt auch bei einem Versöhnungsversuch nicht wieder auf.

 Hintergrund

V und M sind Eltern eines in 2005 geborenen Kindes. Das Kindergeld war gegenüber V festgesetzt worden. Dieser war im Kindergeldantrag als Berechtigter bestimmt worden. Im April 2008 trennten sich die Eltern. M zog aus der bisherigen Wohnung aus und nahm das Kind in ihren Haushalt auf. In den Monaten Oktober bis Dezember 2008 lebten die Eltern und das Kind wegen eines Versöhnungsversuchs vorübergehend wieder in der gemeinsamen Wohnung. Danach kam es zur endgültigen Trennung. Seitdem lebt M mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt.

Nachdem M im Januar 2009 Kindergeld beantragt hatte, hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung gegenüber V ab Mai 2008 auf. Gleichzeitig forderte sie das vom Mai bis Dezember 2008 gezahlte Kindergeld zurück, da M das Kind in ihren Haushalt aufgenommen hatte und somit vorrangig berechtigt war.

Das Finanzgericht gewährte dem V das Kindergeld nur für den Zeitraum des Versöhnungsversuchs und wies im Übrigen die Klage ab. Mit der Revision wandte die Familienkasse ein, das Kindergeld stehe V auch für Oktober bis Dezember 2008 nicht zu.

 Entscheidung

Die Revision der Familienkasse hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab.

Das Kindergeld wird für jedes Kind nur einem Berechtigten gezahlt. Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld nach dem Obhutsprinzip demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Wohnen die Eltern zusammen mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt, bestimmen sie gemeinsam den Berechtigten, üblicherweise durch den Kindergeldantrag.

Trennen sich jedoch die Eltern eines Kindes und leben sie anschließend in verschiedenen Haushalten, wird eine Berechtigtenbestimmung mit der Auflösung des gemeinsamen Haushalts gegenstandslos. Das Kind befand sich nach der Trennung der Eltern nicht mehr im Haushalt beider Eltern, sondern nur noch im Haushalt der M. Diese wurde dadurch vorrangig kindergeldberechtigt. Durch die Trennung ist die gemeinsame Entscheidung der Eltern zur Berechtigtenbestimmung des V entfallen. Mit der erneuten Bildung eines gemeinsamen Haushalts während des Versöhnungsversuchs war deshalb eine neue Berechtigtenbestimmung erforderlich.

 

  1. Vom Mieter verursachte Schäden nach Kauf einer Wohnung: Herstellungskosten oder Sofortabzug?

 Werden Schäden erst nach der Anschaffung durch schuldhaftes Handeln eines Dritten verursacht, können die Kosten für deren Beseitigung sofort als Werbungskosten abgezogen werden. Es handelt sich dabei nicht um anschaffungsnahe Herstellungskosten.

 Hintergrund

A erwarb im Jahr 2007 für rund 104.000 EUR eine vermietete Wohnung. Diese befand sich beim Übergang von Nutzen und Lasten in einem betriebsbereiten und mangelfreien Zustand. In 2008 kündigte er das Mietverhältnis. Bei Rückgabe der Wohnung stellte sich heraus, dass die Mieterin erst kürzlich erhebliche Schäden verursacht hatte, wie z. B. eingeschlagene Scheiben, Schimmel, zerstörte Bodenfliesen usw. Da die Mieterin nicht zahlungsfähig war, konnte A gegen sie keine Ersatzansprüche durchsetzen.

A machte deshalb im Jahr 2008 rund 17.000 EUR netto für die Beseitigung der Schäden als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand geltend. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten handelte, da die Grenze von 15 % der Anschaffungskosten überschritten wurde. Vor dem Finanzgericht hatte die Klage des A Erfolg.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Urteil des Finanzgerichts und wies die Revision des Finanzamts zurück. Grundsätzlich gilt: Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten übersteigen. Zu diesen anschaffungsnahen Herstellungskosten zählen insbesondere sämtliche Aufwendungen für Instandsetzung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung, aber auch die sog. Schönheitsreparaturen.

Allerdings fallen nach Ansicht der Richter Kosten für anschaffungsnahe, aber unvermutete Instandsetzungsmaßnahmen nicht unter die Regelung, wenn der maßgebliche Schaden nach Erwerb des Gebäudes eingetreten und auf das schuldhafte Verhalten Dritter zurückzuführen ist.

 

  1. Mietrückstand: Eine hilfsweise ordentliche Kündigung ist nicht möglich

 Hat der Vermieter wegen Mietrückständen wirksam fristlos gekündigt, kann eine hilfsweise ordentliche Kündigung keine Wirkung entfalten, wenn die fristlose Kündigung nach vollständiger Nachzahlung der Rückstände weggefallen ist.

 Hintergrund

Der Vermieter kann ein Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn sich der Mieter im Zahlungsverzug befindet. Diese Kündigung kann der Mieter nur durch eine vollständige Nachzahlung der Rückstände bis zum Ablauf von 2 Monaten nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs beseitigen. Ausgeschlossen ist eine solche Schonfristzahlung, wenn der Mieter in den letzten 2 Jahren schon einmal eine fristlose Kündigung auf diesem Wege beseitigt hat.

Wegen der Heilungswirkung der Schonfristzahlung erklären Vermieter häufig zusätzlich zur fristlosen Kündigung hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Die ordentliche Kündigung bleibt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bei einer Schonfristzahlung wirksam.

 Entscheidung

Das Landgericht Berlin sieht das jedoch anders. Seiner Auffassung nach kann eine hilfsweise ordentliche Kündigung von vornherein keine Wirkung entfalten, wenn die fristlose Kündigung zu Recht ausgesprochen wurde. Denn die fristlose Kündigung beendet das Mietverhältnis sofort, ihre Wirkungen entfallen erst später durch eine Schonfristzahlung. Beim Zugang der hilfsweisen ordentlichen Kündigung fehlt es also an einem Mietverhältnis. Und mangels Mietverhältnis kann die ordentliche Kündigung eben keinerlei Wirkung entfalten.

 

  1. Kündigung wegen Zahlungsrückstand: Vertraglich vereinbarte Miete ist maßgebend

 Das Recht des Vermieters, wegen Zahlungsverzugs fristlos zu kündigen, entfällt nur durch die vollständige Zahlung der Mietrückstände. Ob der Rückstand eine Monatsmiete übersteigt, richtet sich immer nach der vereinbarten Miete. Eine berechtigte Minderung bleibt also außer Betracht.

 Hintergrund

Die vereinbarte Miete für eine Wohnung betrug einschließlich Betriebskostenvorauszahlung 479,96 EUR. Dieser Betrag war um 5 % auf 455,96 EUR gemindert worden, weil der in der Wohnung befindliche Teppichboden verschlissen war.

Die Mieterin zahlte für Februar 2015 nur 407,96 EUR und für März 2015 402,96 EUR, die am 16.3.2015 dem Konto der Vermieterin gutgeschrieben wurden. Weitere Zahlungen für Februar und März 2015 leistete die Mieterin nicht. Mit Schreiben vom 16.3.2015 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die fristlose Kündigung wirksam war.

Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung liegt insbesondere vor, wenn der Mieter für 2 aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Nicht unerheblich ist der rückständige Teil der Miete, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt.

Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall erfüllt. Das Kündigungsrecht wegen Zahlungsverzugs des Mieters entfällt nur, wenn die Mietrückstände vor Wirksamwerden der Kündigung vollständig ausgeglichen werden. Ebenso wird eine zunächst wirksame Kündigung wegen Zahlungsverzugs nur dann durch eine sogenannte Schonfristzahlung unwirksam, wenn sämtliche Rückstände ausgeglichen werden. Für unerheblich werteten die Richter, dass der Vermieterin einen Tag vor Zugang der Kündigung eine Zahlung für März 2015 gutgeschrieben worden war und sich der Mietrückstand auf 101 EUR, also weniger als eine Monatsmiete, reduziert hatte.

 

  1. Vermieter darf erst nach Ablauf einer Zahlungsfrist kündigen

 Setzt der Vermieter dem Mieter eine Frist, innerhalb der der Mieter die rückständige Miete zahlen soll, muss er sich daran halten. Er kann den Mietvertrag vor Ablauf der Zahlungsfrist nicht wegen dieser Rückstände kündigen.

 Hintergrund

Die Mieter waren mit Mietzahlungen im Rückstand. Mit Schreiben vom 4.11.2016 forderte der Vermieter die Mieter deshalb auf, die rückständigen Beträge bis zum 14.11.2016 zu bezahlen. Mit Hinweis auf die Zahlungsrückstände kündigte der Vermieter jedoch schon am 11.11.2016 das Mietverhältnis.

 Entscheidung

Das Landgericht Berlin stellte sich auf die Seite der Mieter und entschied, dass die Kündigung unwirksam war. Denn der Vermieter hatte sie vor Ablauf der in der Mahnung genannten Zahlungsfrist erklärt. In der Aufforderung, die Mietrückstände bis zum 14.11.2016 zu zahlen, lag ein bewusster Verzicht auf das Recht zur Kündigung vor Ablauf der gesetzten Frist. Der mit einer Mahnung verbundene Verzicht auf ein Kündigungsrecht erfasst auch das Recht, eine Kündigung aufgrund des Verhaltens eines Vertragspartners auszusprechen. Der Vermieter darf also für die Kündigung nicht den der Mahnung zugrunde liegenden Sachverhalt heranziehen.

 

  1. Wer zu lange wartet, verliert seinen Räumungsanspruch

 Wartet ein Vermieter trotz Vollstreckungstitel 13 Jahre lang, bis er eine Zwangsräumung veranlasst und formuliert er dann auch noch das Mahnschreiben falsch, hat er sein Recht auf Räumung der Wohnung verwirkt.

 Hintergrund

Die Vermieterin, eine Gemeinde im Landkreis München, hatte eine Wohnung an ein Ehepaar mit 2 Kindern vermietet. Das Mietverhältnis begann Anfang 2000. Wegen Mietrückständen von über 3.000 EUR erwirkte die Vermieterin im Mai 2003 ein Räumungsurteil gegen die Familie. Weil die Eltern- und Jugendberatungsstelle des Landratsamts zum Wohle der minderjährigen Kinder von der Räumung abgeraten hatte, verzichtete die Vermieterin darauf, die Zwangsvollstreckung aus dem Räumungsurteil zu betreiben.

Erst als die Kinder volljährig waren, beauftragte die Vermieterin Ende 2016 einen Gerichtsvollzieher mit der zwangsweisen Räumung der Wohnung. Dagegen setzten sich die Mieter zur Wehr.

 Entscheidung

Das Amtsgericht gab den Mietern recht. Die Richter waren der Ansicht, dass die Vermieterin das Recht auf Räumung der Wohnung verwirkt hatte.

Die Gründe, die damals die Vermieterin dazu veranlasst hatten, von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, lagen schon seit längerer Zeit nicht mehr vor. Trotzdem war die Vermieterin nicht tätig geworden. Stattdessen hatte sie ein Mahnschreiben an die Mieter versandt, in welchem sämtliche Mietrückstände aufgeführt waren. Dadurch aber hatte die Vermieterin zum Ausdruck gebracht, dass eine Vollstreckung aus dem Urteil nicht mehr beabsichtigt war. In den Mahnschreiben war nämlich von rückständiger Miete und nicht etwa von einer rückständigen Nutzungsentschädigung die Rede. Bei einem beendeten Mietverhältnis ist jedoch nur noch eine Nutzungsentschädigung geschuldet. Durch diese Wortwahl hatte die Vermieterin deutlich gemacht, dass sie selbst von einem bestehenden Mietverhältnis ausgeht, sodass die Mieter daher darauf vertrauen durften, dass die Vollstreckung angesichts des erheblichen Zeitablaufs auch tatsächlich nicht mehr betrieben wird.