Mandantenbrief Recht April 2016
Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 04/2016:
Arbeitsrecht
- Kündigungsrecht: Illoyales Verhalten rechtfertigt fristlose Kündigung ohne Abmahnung
- Beihilfe: Aufwendungen für ein laktasehaltiges Präparat bei Laktoseintoleranz
- Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat billigt Wissenschaftszeitvertragsgesetz
- Aktuelle Gesetzgebung: Gesetz gegen Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen
- AGG: Arbeiter und Angestellte in unterschiedlichen Versorgungsgruppen
Baurecht
- Gewährleistung: Eine Mängelbeseitigung kann für den Auftragnehmer unverhältnismäßig sein
- Aktuelle Gesetzgebung: Bundeskabinett billigt Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus
Erbrecht
Mietrecht & WEG
- Kündigungsrecht: Vermieter kann kündigen, wenn Wohnung unberechtigt an Dritte überlassen wird
- Unwirksame Klausel: Mieter muss keine Mieterwechselpauschale zahlen
- Privathaftpflichtversicherung: Wohnungsschäden durch einen drogenabhängigen Mieter
- Gemeinschaftsantenne: Eigentümergemeinschaft muss keine GEMA-Gebühren zahlen
Verbraucherrecht
- Gesetzliche Unfallversicherung: Unfallversichert bei der Flüchtlingshilfe in Kirchengemeinden
- Krankenversicherung: Krankenkasse muss zahlen, wenn sie zu spät reagiert
- Versicherungsrecht: Nach Alter gestaffelter Abzug bei gestohlenem Navi ist unwirksam
Verkehrsrecht
- Haftungsrecht: Ersatzanspruch des Parkplatzeigentümers gegen Parker ohne Parkschein (Halteranfrage)
- Verkehrssicherungspflichtverletzung: Land muss für nicht griffigen Fahrbahnbelag haften
- Versicherungsrecht: Bei Unfall durch Öffnen der Beifahrertür muss Kfz-Versicherung zahlen
- Mietwagen: Bei altem Fahrzeug darf die Mietwagengruppe nicht abgestuft werden
- Fahrtauglichkeit: Schwerhörigkeit ist allein kein Grund um die Fahrerlaubnis zu entziehen
Steuerrecht
- Alle Steuerzahler: Schulverpflegung keine haushaltsnahe Dienstleistung
- Alle Steuerzahler: Krankenversicherungsbeiträge eines Kindes bei den Eltern als Sonderausgaben abziehbar?
- Aktuelle Gesetzgebung: Bundesregierung legt einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vor
- Kapitalanleger: Zum Werbungskostenabzugsverbot bei der Abgeltungsteuer
- Arbeitnehmer: Umgekehrte Heimfahrten sind keine Werbungskosten
Wirtschaftsrecht
- Kapitalgesellschaften: Änderung der handelsrechtlichen Vorschriften zur Berechnung der Pensionsrückstellungen
- Kassenführung: Frist für alte Registrierkassen läuft Ende 2016 ab
- Arbeitgeber: Betriebsausgabenabzug für Bewirtungskosten bei Betriebsveranstaltungen
- Wettbewerbsrecht: Werbung mit Produkten in „limitierter Stückzahl“ ist unzulässig
- Gesellschaftsrecht: BGB-Gesellschaft kann nur mit wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden
Abschließende Hinweise
Arbeitsrecht
Kündigungsrecht: Illoyales Verhalten rechtfertigt fristlose Kündigung ohne Abmahnung
| Legt eine Arbeitnehmerin in exponierter Stellung einseitig die Vergütung und das Ruhegehalt ihres Ehemanns fest, verletzt sie damit erheblich ihre arbeitsvertraglichen Loyalitätspflichten. |
Das musste sich eine Arbeitnehmerin vor dem Arbeitsgericht Berlin sagen lassen. Sie hatte als Leiterin Personal und Organisation unter anderem die Höhe der Vergütungen und Ruhegehälter der Mitarbeiter anhand der getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen festzulegen. Sie setzte die Vergütung bzw. das Ruhegehalt ihres Ehemanns, der seinerzeit als Vorstandsvorsitzender des Arbeitgebers tätig war, zu hoch an. Sie wies zuvor nicht auf einen möglichen Interessenkonflikt hin.
Das Arbeitsgericht hat in diesem Verhalten einen erheblichen Verstoß der Arbeitnehmerin gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten gesehen. Dieser berechtige auch ohne eine vorherige Abmahnung dazu, das Arbeitsverhältnis sofort aufzulösen. Die Arbeitnehmerin habe ihre Befugnisse überschritten. Sie habe vorsätzlich ihrem Ehemann vermögenswerte Vorteile verschaffen wollen und sich damit gegenüber ihrem Arbeitgeber grob illoyal verhalten.
Quelle | Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 2.2.2016, 16 Ca 10908/15 und 16 Ca 932/16, Abruf-Nr. 146390 unter www.iww.de.
Beihilfe: Aufwendungen für ein laktasehaltiges Präparat bei Laktoseintoleranz
| Das Land Rheinland-Pfalz ist verpflichtet, einem Beamten, der an einer Laktoseintoleranz mit Krankheitswert leidet, Beihilfe zu seinen Aufwendungen für das laktasehaltige Präparat LaktoStop 3300 FCC zu gewähren. |
Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Beamten. Dieser leidet nach ärztlicher Diagnose unter einer primären Laktoseintoleranz. Die äußert sich bei ihm darin, dass er bereits erhebliche klinische Symptome (z.B. Darmkoliken, osmotische Diarrhoe, Übelkeit u.a.) zeigt, wenn er nur kleine Mengen Lactose zu sich nimmt. Er machte bei der Beihilfestelle des Beklagten Aufwendungen in Höhe von jeweils 17,49 EUR für 100 Tabletten für das ärztlich verordnete Präparat LaktoStop 3300 FCC geltend. Der dort enthaltene Wirkstoff Laktase wird eingesetzt, um Laktose (Milchzucker) in verdauliche Einfachzucker aufzuspalten und dadurch die genannten klinischen Symptome zu vermeiden oder abzuschwächen. Das Land lehnte die Beihilfefähigkeit ab. Das Präparat sei nicht als Arzneimittel zugelassen oder registriert und werde als diätetisches Lebensmittel vertrieben. Das Mittel diene der erhöhten Versorgung des menschlichen Körpers mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen.
Das Verwaltungsgericht verpflichtete das Land, dem Beamten die beantragte Beihilfe zu gewähren. Eine Laktoseintoleranz stelle auch unter Berücksichtigung der Verbreitung jedenfalls dann eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts dar, wenn – wie beim Kläger – bereits geringe Mengen aufgenommener Laktose zu erheblichen klinischen Symptomen führe. Das Präparat sei als beihilfefähiges Arzneimittel anzuerkennen. Es unterfiele nicht dem gesetzlichen Ausschluss von Aufwendungen für Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung machte das Land geltend, dass zugunsten der Verwaltungspraxis im Grenzbereich zwischen Arznei- und Lebensmitteln objektiv leicht nachprüfbare Kriterien erforderlich seien. Bei dem Mittel LaktoStop 3300 FCC handle es sich um Diätkost und nicht um ein Arzneimittel. Des Weiteren sei das Präparat geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, und auch deshalb von der Beihilfe ausgeschlossen.
Das OVG bestätigte das Urteil des Verwaltungsgerichts und wies die Berufung des Landes zurück. Das Präparat LaktoStop 3300 FCC sei ein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Wie das Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes eingeordnet werde, sei unerheblich. Bei der Zuordnung zum beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff und gleichzeitig zur Abgrenzung von Lebensmitteln, zu denen insbesondere Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Kost gehörten, sei auf die materielle Zweckbestimmung nach wissenschaftlicher und allgemeiner Verkehrsanschauung abzustellen. Nicht zu beachten sei dabei, wie das Mittel im Verkehr bezeichnet werde. LaktoStop 3300 FCC sei auch nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, und sei deshalb von der Beihilfefähigkeit nicht ausgenommen. Vielmehr werde mithilfe des Präparats ein körpereigenes, nicht in üblichen Nahrungsmitteln enthaltenes Verdauungsenzym zugeführt. Die Ernährung als Gut des täglichen Bedarfs selbst werde durch die Einnahme des Enzyms jedoch weder ganz noch in Teilen ersetzt. Die Aufwendungen für das beihilfefähige Präparat seien im Fall des Klägers, bei dem der Laktoseintoleranz Krankheitswert zukomme, notwendig und – mangels anderweitiger Anhaltspunkte – auch der Höhe nach angemessen.
Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.12.15, 2 A 10542/15.OVG, Abruf-Nr. 146544 unter www.iww.de.
Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat billigt Wissenschaftszeitvertragsgesetz
| Der Bundesrat hat die Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes gebilligt. Das Gesetz möchte Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis junger Wissenschaftler entgegentreten und planbare Karrierewege fördern. Die bislang geltenden Sonderregelungen führten zu einem hohen Anteil kurzer Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen – dort haben über 50 Prozent der Nachwuchswissenschaftler nur Ein-Jahres-Verträge. |
Künftig muss sich die Dauer der Befristung an der angestrebten Qualifizierung orientieren, beispielsweise an einem Doktortitel. Unsachgemäße Kurzbefristungen für Wissenschaftler sollen so verhindert werden. Wissenschaftliche Mitarbeiter mit Daueraufgaben sind nun ausschließlich auf der Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu beschäftigen.
Zentrales Ziel des Gesetzes ist es, verlässliche Karrierewege zu schaffen, um Deutschland attraktiver für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu machen. Die Novelle berücksichtigt, dass die Hochschulen gleichzeitig Flexibilität und damit Sonderregelungen brauchen, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Das Gesetz wird am Tag nach seiner Verkündung durch den Bundespräsidenten in Kraft treten, voraussichtlich im März.
Quelle | Bundesrat, Plenum kompakt
Aktuelle Gesetzgebung: Gesetz gegen Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen
| Der Bundesrat möchte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser vor Ausbeutung schützen. Er fordert daher die Bundesregierung auf, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, um den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zu verhindern. |
Der Gesetzentwurf solle unter anderem eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten einführen, den sogenannten „Equal-Pay“-Grundsatz etablieren und dem Betriebsrat mehr Informationsrechte einräumen. Die Länderkammer möchte auch den Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher verbieten und die „Vorratsverleiherlaubnis“ abschaffen.
In der Vergangenheit seien Leiharbeit und Werkverträge verstärkt zum Einfallstor für Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen genutzt worden, heißt es in der Entschließung. Stammbelegschaften würden durch Werkvertragsbeschäftigte ersetzt, die meist noch schlechtere Löhne erhielten als Leiharbeitskräfte. Diese wiederum bekämen schon durchschnittlich 43 Prozent weniger als Festangestellte. Etwa die Hälfte der Leiharbeit-Jobs ende nach weniger als drei Monaten und führe die Betroffenen damit oftmals direkt in den Hartz-IV-Bezug.
Der Bundesrat hatte bereits im September 2013 einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Missbrauchsbekämpfung (BR-Drs. 687/13(B)) beschlossen, den der Deutsche Bundestag bislang nicht aufgegriffen hat. Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die sich in den nächsten Wochen mit ihr befassen wird.
Quelle | Bundesrat, Plenum kompakt
AGG: Arbeiter und Angestellte in unterschiedlichen Versorgungsgruppen
| Es ist zulässig, Arbeiter und Angestellte unterschiedlich zu behandeln. Erforderlich ist aber, dass der Statusunterschied gleichzeitig mit einem Lebenssachverhalt verknüpft wird, der es sachlich rechtfertigt, die jeweiligen ArbN ungleich zu behandeln. |
Zu diesem Ergebnis kam das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitgebers, bei dem eine als Betriebsvereinbarung abgeschlossene Versorgungsordnung gilt. Danach hängt die Höhe der Betriebsrente u. a. davon ab, in welche der 21 Versorgungsgruppen der Arbeitnehmer eingruppiert wird. Angestellte werden nach sogenannten Rangstufen den Versorgungsgruppen zugeordnet. Bei Arbeitern sind Arbeitswerte entscheidend. Bis zur Versorgungsgruppe 14 können in die Versorgungsgruppen sowohl Arbeiter als auch Angestellte eingereiht werden.
Der Arbeitnehmer ist in die Versorgungsgruppe 10 eingereiht. Er wollte in eine höhere Versorgungsgruppe eingeordnet werden. Seine Klage blieb erfolglos. Die Versorgungsordnung des Arbeitgebers verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Arbeitgeber knüpft beim Zuordnen der Arbeiter und Angestellten zu den Versorgungsgruppen an die bei Erlass der Versorgungsordnung geltenden unterschiedlichen Vergütungssysteme für beide Beschäftigtengruppen an.
Quelle | BAG, Urteil vom 10.11.2015, 3 AZR 575/14, Abruf-Nr. 145907 unter www.iww.de.
Baurecht
Gewährleistung: Eine Mängelbeseitigung kann für den Auftragnehmer unverhältnismäßig sein
| Arbeitet der Unternehmer mangelhaft, kann der Bauherr Nacherfüllung verlangen. Der Unternehmer muss dann entweder den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen. Er kann die Nacherfüllung aber verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. |
Was unter unverhältnismäßigen Kosten zu verstehen ist, musste nun das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entscheiden. Die Richter urteilten, dass ein unverhältnismäßiger Aufwand vorliege, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bauherrn an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenüberstehe. Habe der Bauherr objektiv ein berechtigtes Interesse daran, dass der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt werde, könne ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern. Gleiches gelte, wenn die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar durch Mängel beeinträchtigt werde.
Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.4.2015, 21 U 182/14, Abruf-Nr. 146545 unter www.iww.de.
Aktuelle Gesetzgebung: Bundeskabinett billigt Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus
| Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung gebilligt, mit dem eine steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus eingeführt werden soll. Mit einer zeitlich befristeten Sonderabschreibung soll steuerlich gefördert werden, wenn neue Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment in ausgewiesenen Fördergebieten geschaffen werden. |
Neue Wohnungen für mittlere und untere Einkommensgruppen
Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll eine zeitlich befristete, degressiv ausgestaltete Sonderabschreibung für die Anschaffung oder Herstellung neuer Mietwohngebäude in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt geschaffen werden.
Der Fokus der Maßnahme liegt auf der Errichtung neuer Mietwohnungen, die auch für mittlere und untere Einkommensgruppen bezahlbar sind. Der Eigentümer muss die begünstigten Flächen mindestens zehn Jahre zu Wohnzwecken vermieten. Wohnungen mit hohem Standard werden dagegen steuerlich nicht gefördert. Sie bleiben vollständig von der Maßnahme ausgeschlossen.
Ausgewiesene Fördergebiete
Die Förderung der Investitionen ist auf ein ausgewiesenes Fördergebiet beschränkt, das an die Mietenstufen des Wohngelds anknüpft (Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung).
Gemeinden mit Mietenstufen IV bis VI, deren Mietenniveau um mindestens fünf Prozent oberhalb des Bundesdurchschnitts liegt, sollen zum Fördergebiet gehören. Zusätzlich werden auch Gebiete mit Mietpreisbremse (aufgrund des § 556d BGB) und Gebiete mit abgesenkter Kappungsgrenze (aufgrund des § 558 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB) in das förderfähige Gebiet einbezogen.
Baukostenobergrenzen
Für die Förderung muss eine Baukostenobergrenze von 3.000 EUR je Quadratmeter Wohnfläche eingehalten werden. Davon werden maximal 2.000 EUR je Quadratmeter Wohnfläche gefördert. Damit insbesondere private Investoren angeregt werden, möglichst zeitnah in entsprechenden Wohnraum zu investieren, wird die Förderung zeitlich auf Baumaßnahmen begrenzt, mit denen in den Jahren 2016 bis 2018 begonnen wird. Maßgebend ist der Bauantrag oder die Bauanzeige. Die Sonderabschreibung wird letztmalig im Jahr 2022 möglich sein. Auch diese Begrenzung soll dafür sorgen, dass zügig investiert und der Wohnungsmarkt schnell entlastet wird.
Quelle | Bundesministerium der Finanzen
Erbrecht
Kleiner Zettel und zusammengefaltetes Papier spricht gegen gültiges Testament
| Ein ernsthafter Testierwillen kann nicht feststellbar sein, wenn das vermeintliche Testament nicht auf einer üblichen Schreibunterlage, sondern auf einem Stück Papier oder einem zusammengefalteten Pergamentpapier errichtet worden ist. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass ein ernstlicher Testierwille des Erblassers Voraussetzung dafür sei, ein Testament zu errichten. Er müsse eine rechtsverbindliche Anordnung für seinen Todesfall treffen wollen. Reine Entwürfe eines Testaments reichten nicht aus.
Hier bestanden Zweifel am ernstlichen Testierwillen. Die angeblichen Testamente waren nicht auf einer üblichen Schreibunterlage, sondern auf einem ausgeschnittenen Stück Papier und einem gefalteten Bogen Pergamentpapier geschrieben worden. Nach der äußeren und der inhaltlichen Gestaltung war ein Testament ebenfalls fraglich. Die Überschrift enthielt gravierende Schreibfehler, im Text fehlte ein vollständiger Satz. Dabei sei die Erblasserin der deutschen Sprache in Schrift und Grammatik hinreichend mächtig gewesen. Die Richter gingen daher nicht von einem wirksamen Testament aus und wiesen den Antrag des vermeintlichen Erben auf einen Erbschein zurück.
Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 27.11.2015, 10 W 153/15, Abruf-Nr. 146303 unter www.iww.de.
Mietrecht & WEG
Kündigungsrecht: Vermieter kann kündigen, wenn Wohnung unberechtigt an Dritte überlassen wird
| Wird eine Mietwohnung unberechtigt an Medizintouristen überlassen, kann der Vermieter außerordentlich kündigen. |
Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht München. Ausgangspunkt des Streits war eine Mietwohnung in München. Diese hatte der Mieter zu einem monatlichen Betrag von 1.230 EUR angemietet. Bei Abschluss des Mietvertrags hatte er gegenüber dem Vermieter erklärt, dass er mit seiner Ehefrau dort einziehen wolle. In der Folgezeit nutzten immer wieder neue Personen aus dem arabischen Kulturkreis die Wohnung. Daraufhin kündigte der Vermieter wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung der Wohnung an dritte Personen. Der Mieter räumte die Wohnung nicht. Der Vermieter erhob Klage vor dem Amtsgericht. Es stellte sich heraus, dass der Mieter tatsächlich nicht in der Wohnung lebte, sondern an seiner alten Anschrift, die er im Mietvertrag angegeben hatte.
Der Mieter bestreitet die Untervermietung. Er könne es sich dank seiner guten finanziellen Verhältnisse leisten, in der Wohnung ausschließlich Gäste, Geschäftspartner und Freunde, die sich zu Besuch in München befinden, kostenlos unterzubringen.
Das Gericht glaubte ihm nicht. Es führte eine Beweisaufnahme durch und verurteilte ihn dann, die Wohnung zu räumen. Ausschlaggebend waren die folgenden Gründe:
- Die angemietete Wohnung ist 10 Kilometer von der vom Mieter tatsächlich genutzten Wohnung entfernt, also keine unerhebliche Strecke. Die Höhe der Miete steht auch nicht im Verhältnis für die Verwendung der Wohnung als bloßes Gästezimmer.
- Der Mieter unterhielt Geschäftsbeziehungen zu einem arabischstämmigen Mann, der gerichtsbekannt wiederholt und in zahlreichen Fällen privat angemietete Wohnungen in München an sogenannte Medizintouristen aus dem arabischen Raum weitervermietet.
- Gegen den Mieter ist ein weiteres Verfahren vor dem Amtsgericht mit nahezu identischem Vorwurf anhängig.
Das Gericht führte weiter aus, dass schon nach dem eigenen Vortrag des Mieters feststehe, dass regelmäßig mehrere Personen in seiner Wohnung untergebracht wurden. Es sei keinerlei Anspruch auf die Erteilung einer so weitreichenden Gebrauchsüberlassung ersichtlich. Werden in einer Zwei-Zimmer-Wohnung immer wieder wechselnd gleich mehrere Personen untergebracht, ist dies mit erheblichen Beeinträchtigungen verbunden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Wohnung verstärkt abgenutzt wird. Auch werden die Wohnungsnachbarn gesteigert beeinträchtigt (z.B. durch Lärm). Eine solche (gewerbliche oder auch nicht gewerbliche) Überlassung der Mieträume an Dritte ist ein derart schwerwiegender Pflichtverstoß, dass dem Vermieter nicht zuzumuten ist, das Mietverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Der Mieter muss die Wohnung daher räumen.
Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 29.9.2015, 432 C 8687/15, Abruf-Nr. 146550 unter www.iww.de.
Unwirksame Klausel: Mieter muss keine Mieterwechselpauschale zahlen
| Muss ein Mieter nach einer Mietvertragsklausel eine Mieterwechselpauschale an die Hausverwaltung bezahlen, ist dies ein Verstoß gegen das Wohnungsvermittlungsgesetz (WoVermG). |
Diese Entscheidung zugunsten des Mieters traf das Amtsgericht Münster. Das Gericht begründete dies damit, dass der Mieter unangemessen benachteiligt werde. Die Hausverwaltung erhalte nämlich bereits vom Vermieter eine Vergütung für ihre Tätigkeit.
Quelle | Amtsgericht Münster, Urteil vom 31.7.2015, 55 C 1325/15, Abruf-Nr. 145989
unter www.iww.de.
Privathaftpflichtversicherung: Wohnungsschäden durch einen drogenabhängigen Mieter
| Verursacht ein Mieter in schuldunfähigem Zustand wegen Halluzinationen aufgrund von Drogenkonsum Schäden an der Wohnung, kann ein Anspruch auf Deckungsschutz gegen seinen Privathaftpflicht-VR bestehen. |
So entschied es das Landgericht (LG). Es machte deutlich, dass sich der Versicherer nicht auf den Ausschluss der Haftung für Abnutzung, Verschleiß und übermäßige Beanspruchung der angemieteten Sache berufen könne. Auch greife kein Ausschluss wegen einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung. Eine solche liege weder in der eigentlichen Beschädigungshandlung, noch in dem Drogenkonsum an sich. Schließlich seien die Schadensfolgen nicht vorsätzlich herbeigeführt worden. Daher sei die Eintrittspflicht des VR auch nicht wegen einer Vorsatztat ausgeschlossen.
Quelle | LG Dortmund, Urteil vom 22.10.2015, 2 O 203/13, Abruf-Nr. 146222 unter www.iww.de.
Gemeinschaftsantenne: Eigentümergemeinschaft muss keine GEMA-Gebühren zahlen
| Überträgt eine Wohnungseigentümergemeinschaft über Satellit ausgestrahlte und mit einer Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage empfangene Fernseh- oder Hörfunksignale zeitgleich, unverändert und vollständig durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer weiter, ist dies keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urhebergesetzes. |
So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH). Deshalb bestehen weder Schadenersatzansprüche oder Wertersatzansprüche von Urhebern, Künstlern, Sendeunternehmen oder Filmherstellern noch Vergütungsansprüche der ausübenden Künstler gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Quelle | BGH, Urteil vom 17.9.2015, I ZR 228/14, Abruf-Nr. 182143 unter www.iww.de.
Verbraucherrecht
Gesetzliche Unfallversicherung: Unfallversichert bei der Flüchtlingshilfe in Kirchengemeinden
| Ehrenamtlich Helfende im Auftrag einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft sind über die gesetzliche Unfallversicherung VBG gegen die Folgen von Arbeits- und Wegeunfällen gut abgesichert. Darauf weist die VBG in Hamburg hin. |
Viele regionale Kirchengemeinden engagieren sich zurzeit besonders intensiv in der Flüchtlingshilfe, indem sie zum Beispiel Kleiderspenden sammeln, sortieren und verteilen oder Essen zubereiten und ausgeben. In solchen Fällen sind nicht nur die Beschäftigten der Kirchen, sondern auch ehrenamtlich Helfende bei ihrer Tätigkeit gesetzlich gegen Arbeits- und Wegeunfälle und gegen die Folgen von Berufskrankheiten versichert.
Der Versicherungsschutz besteht, wenn ein Unfall in direktem Zusammenhang zur ausgeübten ehrenamtlichen Tätigkeit steht, das heißt, wenn er während der Tätigkeit oder auf dem direkten Weg dorthin, beziehungsweise auf dem direkten Weg zurück nach Hause geschieht. Sollte es zu einem Unfall kommen, ist dieser von der Kirchengemeinde der zuständigen VBG-Bezirksverwaltung zu melden. Über www.vbg.de ist die Unfallmeldung auch online möglich. Die ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen erhalten dann die gleichen Rehabilitationsleistungen wie die Beschäftigten.
Krankenversicherung: Krankenkasse muss zahlen, wenn sie zu spät reagiert
| Krankenkassen sind verpflichtet, die Kosten für eine Therapie zu tragen, wenn sie über einen entsprechenden Leistungsantrag des Versicherten verspätet entscheiden. |
Dies hat das Sozialgericht (SG) Dortmund im Falle eines Versicherten der Barmer GEK aus Witten entschieden, der nach einem Unfall an schweren chronischen Schmerzzuständen leidet und über eine betäubungsmittelrechtliche Sondergenehmigung zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten verfügt.
Die Krankenkasse holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) ein und lehnte die Kostenübernahme erst zweieinhalb Monate nach Antragstellung ab – mit der Begründung, dass es sich bei Cannabisblüten weder um ein Arzneimittel noch um eine Rezepturvorbereitung handele. Auch stünden für den Versicherten geeignete analgetisch wirksame Medikamente zur Verfügung.
Krankenkasse hält Fristen nicht ein
Auf die Klage des Versicherten hat das SG die Barmer GEK verurteilt, die Kosten für die monatliche Versorgung des Klägers mit 56g Cannabisblüten entsprechend der Verordnung des behandelnden Arztes zu tragen. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Barmer GEK habe die gesetzliche Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a SGB V zur Entscheidung über den Leistungsantrag des Patienten nicht eingehalten. Es habe ihn auch nicht rechtzeitig schriftlich über die Gründe hierfür informiert.
Genehmigungsfiktion greift ein
Damit trete eine Genehmigungsfiktion ein. Diese greife unabhängig davon, ob die Krankenkasse tatsächlich leistungspflichtig sei. Durch die gesetzlich fingierte Leistungsgenehmigung mit Fristablauf sei die Leistungsberechtigung wirksam verfügt. Die Krankenkasse sei ab diesem Zeitpunkt mit allen Einwendungen ausgeschlossen. Eine nachträgliche inhaltliche Überprüfung sei nicht mehr möglich. Es laufe dem Zweck der Genehmigungsfiktion des Patientenrechtegesetzes aus dem Jahre 2013 entgegen, den Inhalt nachträglich zu überprüfen. Das Gesetz wolle generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens der Krankenkassen verbessern.
Beachten Sie | Selbstverständlich gilt diese Regelung auch, wenn eine Krankenkasse beispielsweise über die Kostenübernahme zahnärztlicher Behandlungen zu spät entscheidet.
Quelle | SG Dortmund, Urteil vom 22.1.2016, S 8 KR 435/14, Abruf-Nr. 146438 unter www.iww.de.
Versicherungsrecht: Nach Alter gestaffelter Abzug bei gestohlenem Navi ist unwirksam
| Sieht eine Klausel im Teilkaskoversicherungsvertrag vor, dass ab einem Alter von 18 Monaten vom Ersatz für ein gestohlenes Navigationssystem pro Monat ein Prozent des Neupreises abgezogen wird, verstößt diese Klausel gegen die Regeln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Sie ist unwirksam. |
So entschied das Amtsgericht Düsseldorf. Grundsätzlich, so sagt das Gericht, hat der bestohlene Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Neuersatz. Wenn eine Altersstaffelungsklausel aber ohne Rücksicht darauf, ob das Navigationssystem gebraucht seriös beschaffbar ist, einen rechnerischen Neu-für-alt-Abzug vorsieht, ist das eine unzumutbare Klausel. Bestärkt fühlte sich das Gericht auch dadurch, dass der Versicherer auch im Rechtsstreit keine Bezugsquelle für ein gebrauchtes Navigationssystem benennen konnte.
Quelle | Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2015, 53 C 233/15, Abruf-Nr. 146172 unter www.iww.de.
Verkehrsrecht
Haftungsrecht: Ersatzanspruch des Parkplatzeigentümers gegen Parker ohne Parkschein (Halteranfrage)
| Bei einem Vertrag über die kurzzeitige Nutzung eines jedermann zugänglichen privaten Parkplatzes ist eine unbedingte Besitzverschaffung durch den Parkplatzbetreiber nicht geschuldet. Macht er das Parken davon abhängig, dass eine Parkgebühr gezahlt und ein Parkschein ausgelegt wird, begeht derjenige verbotene Eigenmacht, der sein Fahrzeug abstellt, ohne sich daran zu halten. |
Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). In dem betreffenden Fall hatte sich der Halter darauf berufen, dass er das Fahrzeug nicht benutzt hatte. Mit dieser Argumentation konnte er sich nach Ansicht des BGH aber nicht völlig aus der Sache herausziehen. Habe er nämlich sein Fahrzeug einer anderen Person überlassen, könne er als Zustandsstörer unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Das gelte zumindest in dem Fall, in dem er auf die Aufforderung des Parkplatzbetreibers, den für eine Besitzstörung verantwortlichen Fahrer zu benennen, schweigt.
Allerdings haben die Richter auch den Parkplatzbetreiber in seinem Tun stärker eingeschränkt: Er soll nun von dem Fahrzeughalter, den er als Zustandsstörer in Anspruch nehmen will, die Kosten der Halteranfrage nicht mehr erstattet bekommen. Damit gibt der BGH seine anderslautende bisherige Rechtsprechung auf (BGH NJW 2012, 3781)
Quelle | BGH, Urteil vom 18.12.2015, V ZR 160/14, Abruf-Nr. 183417 unter www.iww.de.
Verkehrssicherungspflichtverletzung: Land muss für nicht griffigen Fahrbahnbelag haften
| Das Land Nordrhein-Westfalen kann aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung für einen Fahrbahnbelag haften, der eine unzureichende Griffigkeit aufweist, wenn es aufgrund dieser Gefahrenquelle zu einem Motorradunfall kommt. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Motorradfahrerin entschieden, die bei regennasser Fahrbahn gestürzt war. An dem Motorrad entstand ein Sachschaden in Höhe von ca. 2.100 EUR. Diesen hat die Frau vom beklagten Land ersetzt verlangt. Sie beruft sich dabei auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung. Sie sei gestürzt, weil die Fahrbahnoberfläche im Bereich der Unfallstelle nicht griffig genug gewesen sei.
Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Das OLG hat der Frau einen 75-prozentigen Schadenersatz in Höhe von ca. 1.600 EUR zugesprochen. Dabei hat es die ihr anzurechnende Betriebsgefahr des Motorrads mitberücksichtigt. Das beklagte Land habe, so die Richter, die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Im Bereich der Unfallstelle sei der Fahrbahnbelag mindestens seit dem Jahre 2008 nicht griffig genug gewesen. Deswegen sei nicht mehr gewährleistet gewesen, dass auch ordnungsgemäß fahrende Motorradfahrer den Streckenabschnitt bei Nässe gefahrlos passieren könnten. Die fehlende Griffigkeit sei 2008 im Rahmen einer Straßenzustandserhebung festgestellt und dem Landesbetrieb Straßenbau spätestens im Jahre 2010 bekannt gewesen. Das Land sei gehalten gewesen, im Bereich der Unfallstelle durch eine Beschilderung auf die bei Nässe bestehende Schleuder- und Rutschgefahr hinzuweisen und die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei Nässe auf maximal 30 km/h zu begrenzen. Diese Beschilderung sei vorwerfbar unterblieben. Bereits deswegen hafte das Land. Ob das Land darüber hinaus auch gehalten gewesen wäre, den betreffenden Fahrbahnabschnitt baulich zu sanieren, könne im vorliegenden Fall dahinstehen.
Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 18.12.2015, 11 U 166/14, Abruf-Nr. 146557 unter www.iww.de.
Versicherungsrecht: Bei Unfall durch Öffnen der Beifahrertür muss Kfz-Versicherung zahlen
| Öffnet der Beifahrer beim Aussteigen die Beifahrertür unvorsichtig und verursacht dadurch einen Unfall, muss der Kfz-Versicherer den Schaden ersetzen. Die Privathaftpflicht des Beifahrers tritt dagegen nicht für den Schaden ein. |
So entschied es das Landgericht (LG) Saarbrücken. In solchen Fällen wird oft versucht, den Schaden rabattunschädlich über die Privathaftpflicht des Beifahrers abzuwickeln, zumal dem Beifahrer der Vorgang ja unangenehm ist. Da das Aussteigen, auch das Aussteigen der Mitfahrer, noch zum Betrieb des Kraftfahrzeugs gehört, ist der Privathaftpflichtversicherer aber nicht in der Pflicht. Solche Fälle sind im Vertrag ausgeschlossen. Nicht anders wäre es, wenn ein Mitfahrer eine der hinteren Türen öffnet.
Quelle | LG Saarbrücken, Urteil vom 20.11.2015, 13 S 117/15, Abruf-Nr. 146396 unter www.iww.de.
Mietwagen: Bei altem Fahrzeug darf die Mietwagengruppe nicht abgestuft werden
| Auch bei einem zum Unfallzeitpunkt 16 bzw. 23 Jahre alten Pkw ist der Geschädigte nicht verpflichtet, einen viel kleineren Mietwagen zu nehmen. Das Alter des Fahrzeugs spielt bei der Gruppeneinstufung keine Rolle. |
Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Hannover und wies damit eine Versicherung in ihre Grenzen. Die Richter erläuterten, dass immer wieder Versicherer versuchen würden, die Rechtsprechung zur Altersabstufung bei der Nutzungsausfallentschädigung auch auf die Mietwagenkostenerstattung zu übertragen. Damit würden sie aber überwiegend bei den Gerichten nicht durchkommen. Entsprechend scheiterte der Versicherer auch vor dem LG.
Das Urteil folgt der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle, das dem LG Hannover übergeordnet ist. Das OLG lehnt die Gruppenabstufung ebenfalls ab. Es macht allerdings auch eine Ausnahme. So könne eine Abstufung in Betracht kommen, wenn über das Alter hinaus im Fahrzeugzustand begründete Nutzungseinschränkungen vorlägen. Dazu müsse jedoch der Versicherer Fakten vortragen und beweisen.
Quelle | LG Hannover, Urteil vom 5.10.2015, 2 O 347/14, Abruf-Nr. 146340 unter www.iww.de; OLG Celle, Urteil vom 1.4.2015, 14 U 199/14, Abruf-Nr. 146348 unter www.iww.de.
Fahrtauglichkeit: Schwerhörigkeit ist allein kein Grund um die Fahrerlaubnis zu entziehen
| Sogar Gehörlosigkeit ist kein Mangel, der generell und allein fahruntauglich macht. |
Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt im Fall eines 1930 geborenen Mannes hier. Dieser wollte seine 1962 erworbene Fahrerlaubnis in die neuen Führerscheinklassen umschreiben lassen. Dabei stellte eine Mitarbeiterin der Behörde fest, dass er ein Hörgerät trug. Allein daher verlangte sie von dem Mann, ein ärztliches Attest zu seinem Hörvermögen vorzulegen. Dieser legte ein Attest seines HNO-Arzts vor. Danach erreiche er aufgrund des Hörgeräts ein altersnormales Hörvermögen. Beeinträchtigungen im Straßenverkehr seien nicht zu erwarten. Der Behörde reichte dies nicht. Sie forderte darüber hinaus ein Gutachten eines Arzts einer Begutachtungsstelle für Fahreignung. Da der Mann dieses nicht beibrachte, entzog ihm die Behörde die Fahrerlaubnis.
Das VG hielt das für offensichtlich rechtswidrig. Selbst eine hochgradige Schwerhörigkeit oder gar Gehörlosigkeit sei kein Mangel, der generell und allein für das Führen von Fahrzeugen ungeeignet mache. Die Orientierung im motorisierten Straßenverkehr erfolge überwiegend über das optische System, da verkehrsrelevante Informationen maßgeblich über visuelle Signale vermittelt würden. Da durch eine vorhandene Hörminderung andere sensorische Leistungen gesteigert werden könnten, seien hörgeminderte oder gehörlose Fahrer in der Lage, durch besondere Umsicht, Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit sicher am Straßenverkehr teilzunehmen.
Quelle | VG Neustadt, Urteil vom 28.1.2016, 3 L 4/16.NW, Abruf-Nr. 146351 unter www.iww.de.
Steuerrecht
Alle Steuerzahler: Schulverpflegung keine haushaltsnahe Dienstleistung
| Die Kosten für das Schulessen sind nicht als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt. Dies hat jüngst das Finanzgericht (FG) Sachsen entschieden. |
Nach der Entscheidung des FG sind die Aufwendungen für die Verpflegung von Kindern bereits durch das Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag abgegolten. Ferner handelt es sich bei der Schulverköstigung nicht um eine Leistung, die im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Privathaushalt erbracht wird.
Beachten Sie | Das Finanzgericht sah keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Der im Streitfall unterlegene Vater gibt sich damit aber nicht zufrieden und hat Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt.
Quelle | FG Sachsen, Urteil vom 7.1.2016, 6 K 1546/13, NZB BFH III B 20/16, Abruf-Nr. 146413 unter www.iww.de.
Alle Steuerzahler: Krankenversicherungsbeiträge eines Kindes bei den Eltern als Sonderausgaben abziehbar?
| Das Finanzgericht (FG) Köln hat sich jüngst mit der Frage beschäftigt, in welchen Fällen eigene Beiträge des Kindes zur Basiskrankenversicherung bei den Eltern als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Dabei hat es der steuerzahlerfreundlichen Sichtweise der Finanzverwaltung widersprochen. |
Hintergrund | Grundsätzlich können eigene Beiträge des Kindes zur Basiskrankenversicherung bei den Eltern als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Voraussetzung ist u. a., dass die Eltern Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag haben. Diese gesetzliche Regelung ist grundsätzlich vorteilhaft, da sich beim Kind wegen der Höhe der Einkünfte keine oder nur eine geringe steuerliche Auswirkung ergibt. Die Beiträge können zwischen den Eltern und dem Kind aufgeteilt, im Ergebnis aber nur einmal – entweder bei den Eltern oder beim Kind – berücksichtigt werden.
Die Besonderheit des vom FG entschiedenen Streitfalls war, dass die Beiträge direkt vom Arbeitslohn des Kindes einbehalten wurden. Zudem hatte der Sohn die Beiträge zur Krankenversicherung in seiner eigenen Steuererklärung ebenfalls als Sonderausgaben geltend gemacht, weshalb das Finanzamt einen Abzug bei den Eltern ablehnte. Hierbei spiele es, so das Finanzamt, keine Rolle, dass die Beiträge beim Sohn ohne steuerliche Auswirkung geblieben seien.
Nach Ansicht des FG erfasst die gesetzliche Regelung nicht die Fälle, in denen steuerlich berücksichtigte Kinder, z. B. aufgrund eines Ausbildungsverhältnisses, Beiträge von ihrem Arbeitgeber einbehalten bekommen und somit selbst tragen. Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug sei nämlich, dass die Eltern die Beiträge im Rahmen ihrer Unterhaltsverpflichtung tatsächlich selbst tragen.
Praxishinweis | Die Rechtsprechung widerspricht der aktuellen Verwaltungsauffassung, wonach es ausreicht, dass die Eltern ihr Kind durch Unterhaltsleistungen in Form von Bar- oder Sachleistungen (z. B. Unterkunft und Verpflegung) unterstützen. Das FG hat die Revision zugelassen, da bislang keine Rechtsprechung dazu ergangen ist, ob die gesetzliche Regelung auch auf Beiträge anzuwenden ist, die vom Lohn des Kindes einbehalten werden.
Quelle | FG Köln, Urteil vom 13.5.2015, 15 K 1965/12, Rev. BFH X R 25/15, Abruf-Nr. 145837 unter www.iww.de; R 10.4 Einkommensteuerrichtlinien (EStR)
Aktuelle Gesetzgebung: Bundesregierung legt einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vor
| Die Bundesregierung möchte das Besteuerungsverfahren modernisieren und hat hierzu einen Gesetzentwurf beschlossen. Das Gesetz soll weitestgehend zum 1.1.2017 in Kraft treten. Da die begleitenden Maßnahmen aber eine gewisse Vorlaufzeit und entsprechende Investitionen erfordern, soll die Umsetzung schrittweise bis zum Jahr 2022 erfolgen. |
Kontinuierlicher Ausbau der elektronischen Kommunikation
Für Unternehmen ist die elektronische Steuererklärung schon derzeit verbindlich. Für den „privaten Steuerpflichtigen“ soll dieser Weg weiterhin nicht verbindlich vorgeschrieben werden. Es wird aber angestrebt, den Anteil der elektronischen Kommunikation auf freiwilliger Basis zu steigern. Ferner soll es möglich sein, nicht nur die Steuererklärung selbst, sondern auch die dazu gehörenden Belege und Erläuterungen elektronisch zu übermitteln.
Bei der im Jahr 2014 eingeführten vorausgefüllten Steuererklärung soll der Umfang der angebotenen Daten, die der Finanzverwaltung durch elektronische Mitteilungen Dritter oder aus eigener Erkenntnis bereits bekannt sind, erweitert werden.
Beachten Sie | Die Eintragungen sind für die Steuerpflichtigen auch künftig nicht bindend. Nach der Überprüfung können sie übernommen oder durch zutreffende Daten ersetzt werden.
Automationsgestützte Bearbeitung der Steuererklärungen
Damit sich die Finanzbeamten auf die wirklich prüfungsbedürftigen Sachverhalte konzentrieren können, soll die ausschließlich automationsgestützte Bearbeitung von dazu geeigneten Steuererklärungen verstärkt werden. Dies soll ermöglicht werden durch den Einsatz von IT-gestützten Verfahren unter Berücksichtigung von Risikomanagementsystemen.
Reduzierte Belegvorlage
Steuerpflichtige sollen künftig weniger Belege mit der Steuererklärung einreichen müssen. Dies betrifft z. B. die Zuwendungsbestätigung für Spenden. Der Erhalt einer Spendenquittung soll für den steuermindernden Abzug aber nach wie vor erforderlich sein. Der Steuerpflichtige muss sie allerdings nicht mehr mit der Steuererklärung einreichen, sondern erst nach Anforderung des Finanzamts vorlegen.
Beachten Sie | Nach einem Vorschlag des Bundesrats sollen bestimmte Belege für die Steuererklärung künftig zwei Jahre aufzubewahren sein. Betroffen wären hiervon zum Beispiel auch Spendenquittungen. Die Bundesregierung lehnt diesen Vorschlag jedoch ab und hat ihn somit im aktuellen Gesetzentwurf auch nicht umgesetzt.
Verlängerung der Steuererklärungsfristen
Wurde die Steuererklärung von einem Steuerberater erstellt, dann sieht der Gesetzentwurf für deren Abgabe eine gesetzliche Fristverlängerung bis zum 28. Februar des Zweitfolgejahres vor. Allerdings soll die Verlängerung vorbehaltlich einer Vorabanforderung oder einer Kontingentierung gelten.
Diese Fristverlängerung wird von Neuregelungen zum Verspätungszuschlag begleitet. Danach soll der Verspätungszuschlag künftig in bestimmten Fällen festgesetzt werden, ohne dass hierfür ein Ermessensspielraum besteht oder es einer Ermessensentscheidung bedarf.
Quelle | Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 3.2.2016, BT-Drs. 18/7457
Kapitalanleger: Zum Werbungskostenabzugsverbot bei der Abgeltungsteuer
| Das mit Einführung der Abgeltungsteuer seit 2009 geltende Werbungskostenabzugsverbot ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs verfassungskonform. Dies gilt selbst dann, wenn die Werbungskosten ab 2009 anfallen, aber Kapitalerträge bis Ende 2008 betreffen. |
Es bleibt also dabei, dass i. d. R. nur ein Sparer-Pauschbetrag (801 EUR bzw. 1.602 EUR bei zusammen veranlagten Ehegatten) abziehbar ist.
Quelle | BFH-Urteil vom 9.6.2015, VIII R 12/14, Abruf-Nr. 183672 unter www.iww.de.
Arbeitnehmer: Umgekehrte Heimfahrten sind keine Werbungskosten
| Aufwendungen für Besuchsfahrten eines Ehepartners zur auswärtigen Tätigkeitsstätte des anderen Ehepartners sind nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht als Werbungskosten abziehbar. |
Eine berufliche Veranlassung ist auch dann nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer eine Fahrt zur Wohnung selbst nicht durchführen kann, weil seine Anwesenheit am auswärtigen Tätigkeitsort aus dienstlichen Gründen erforderlich ist. Der Ersatzcharakter der Fahrt als solcher vermag die berufliche Veranlassung der an sich privaten Fahrt des Ehepartners nicht zu begründen.
Der BFH ließ indes offen, ob in besonders gelagerten Ausnahmefällen die Notwendigkeit, private Dinge durch einen Besuch beim auswärts tätigen Ehepartner zu regeln, in einem solchen Maße beruflich veranlasst sein kann, dass private Veranlassungsbeiträge dahinter zurücktreten. Im Streitfall handelte es sich jedenfalls um typische Wochenendreisen, für die kein Werbungskostenabzug in Betracht kam.
Praxishinweis | Bereits im Jahr 2011 hatte der BFH zur doppelten Haushaltsführung entschieden, dass keine Werbungskosten vorliegen, wenn der den doppelten Haushalt führende Ehegatte die wöchentliche Familienheimfahrt aus privaten Gründen nicht durchführt und stattdessen der andere Ehegatte zum Beschäftigungsort reist.
Angesichts der aktuellen Entscheidung zur Auswärtstätigkeit ist zu erwarten, dass wohl auch der Kostenabzug für eine umgekehrte Familienheimfahrt nur in absoluten Ausnahmefällen möglich ist.
Quelle | BFH-Urteil vom 22.10.2015, Az. VI R 22/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 182819; BFH, Beschluss vom 2.2.2011, Az. VI R 15/10
Wirtschaftsrecht
Kapitalgesellschaften: Änderung der handelsrechtlichen Vorschriften zur Berechnung der Pensionsrückstellungen
| Das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften ist nach der Zustimmung des Bundesrats in trockenen Tüchern. Besonders praxisrelevant ist die Anpassung von Bewertungsparametern für Pensionsrückstellungen, wodurch der Niedrigzinssituation Rechnung getragen wird. |
Hintergrund
Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat die aktuelle Situation jüngst wie folgt zusammengefasst: Der bei der Bewertung anzuwendende Zins wird bislang aus dem durchschnittlichen Marktzins der letzten sieben Jahre ermittelt und liegt zum 31.12.2015 bei rund 3,9 Prozent. Mit jedem Prozentpunkt, den die Zinsen fallen, erhöhen sich die Pensionsrückstellungen um etwa 15 bis 20 prozent, ohne dass auf der Aktivseite Wertsteigerungen aus Zinsänderungen entsprechend gezeigt werden dürfen. Der niedrige Rechnungszins führt daher zu überhöhten Pensionsrückstellungen und verzerrt die Darstellung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen.
Gesetzesänderung
Nach der Neuregelung wird der Referenzzeitraum für die Ermittlung des Diskontierungszinssatzes von sieben auf zehn Jahre verlängert. Bewertungsgewinne, die durch die Neuregelung entstehen, stehen nicht für Ausschüttungen zur Verfügung. Bei den sonstigen Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr bleibt der Ermittlungszeitraum bei sieben Jahren.
Beachten Sie | Die neue Berechnungssystematik tritt am Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Sie gilt erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 enden. Es besteht aber ein Wahlrecht, wonach die Neuregelung auch für Abschlüsse für das Geschäftsjahr 2015 angewandt werden darf.
Quelle | Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften, BR-Drs. 84/16 (B) vom 26.2.2016.
Kassenführung: Frist für alte Registrierkassen läuft Ende 2016 ab
| Eine ordnungsgemäße Buchführung setzt auch eine ordnungsgemäße Kassenführung voraus. Derzeit ist es unter bestimmten Voraussetzungen noch unproblematisch, EDV-Registrierkassen ohne Einzelaufzeichnungen und ohne Datenexportmöglichkeit einzusetzen. Aber nicht mehr lange: Denn diese Kassen dürfen nur noch bis Ende 2016 eingesetzt werden. |
Für elektronische Registrierkassen gilt grundsätzlich eine Einzelaufzeichnungspflicht. Ein Schreiben der Finanzverwaltung vom 26.11.2010 sieht jedoch für EDV-Registrierkassen ohne Einzelaufzeichnung und ohne Datenexportmöglichkeit Erleichterungen vor, wenn diese nicht mit Softwareanpassungen und Speichererweiterungen aufgerüstet werden können. Dieses Zugeständnis der Finanzverwaltung endet zum 31.12.2016, sodass diese Geräte nicht mehr lange einsetzbar sind.
Beachten Sie | Die Erleichterungen werden nur gewährt, wenn die Anforderungen der ersten Kassenrichtlinie (vgl. das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 9.1.1996) vollumfänglich beachtet werden. Ziel dieser Richtlinie war es, den Unternehmer von der Aufbewahrung von Registrierkassenstreifen zu befreien. Da aber auch die Überprüfungsmöglichkeit in Außenprüfungen erhöht werden sollte, fordert die Verwaltung nicht nur die Aufbewahrung von Z-Bons. Darüber hinaus sind u. a. auch die Organisationsunterlagen sowie alle weiteren im Rahmen des Tagesabschlusses abgerufenen Ausdrucke der Registrierkasse aufzubewahren.
Hinweis | Sofern Steuerpflichtige noch alte Registrierkassen einsetzen, ist dringend zu empfehlen, in eine „finanzamtssichere Kasse“ zu investieren. EDV-Registrierkassen mit Einzelaufzeichnungen und Datenexportmöglichkeit sowie PC-Kassensysteme sind bereits für unter 1.000 EUR erhältlich.
Quelle | BMF-Schreiben vom 26.11.2010, IV A 4 – S 0316/08/10004-07; BMF-Schreiben vom 9.1.1996, IV A 8 – S 0310 – 5/95
Arbeitgeber: Betriebsausgabenabzug für Bewirtungskosten bei Betriebsveranstaltungen
| Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitnehmern im Rahmen einer Betriebsveranstaltung sind unbeschränkt als Betriebsausgaben abzugsfähig. Werden bei einer Betriebsveranstaltung auch Geschäftsfreunde bewirtet, greift für diese Kosten eine Abzugsbeschränkung, nach der nur 70 Prozent der Aufwendungen steuerlich abzugsfähig sind. Das hat das Finanzministerium Schleswig-Holstein klargestellt. |
Außerhalb einer Betriebsveranstaltung gilt Folgendes: Nehmen Arbeitnehmer an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung von Kunden oder Geschäftspartnern teil, gilt die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs auf 70 Prozent auch für ihren Anteil an der Bewirtung.
Quelle | FinMin Schleswig-Holstein, Kurzinfo vom 26.11.2015, Nr. 2015/16, Abruf-Nr. 146004 unter www.iww.de.
Wettbewerbsrecht: Werbung mit Produkten in „limitierter Stückzahl“ ist unzulässig
| Eine Produktwerbung ist unzulässig, wenn der Warenvorrat des Unternehmers so gering ist, dass der Verbraucher auch innerhalb einer kurzen Reaktionszeit nach üblicher Kenntnisnahme von der Werbung keine realistische Chance hat, die angebotene Ware zu erwerben und in der Werbung hinsichtlich der Verfügbarkeit der Ware lediglich der Hinweis „nur in limitierter Stückzahl“ erfolgt. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz entschieden und ein Unternehmen verurteilt, künftig Werbemaßnahmen mit einer unzureichenden Aufklärung über die Verfügbarkeit des Produkts zu unterlassen. Diese hatte durch Prospekte und Anzeigen in einer großen Boulevardzeitung sowie im Internet ein Haushaltsgerät beworben. Es sollte an einem bestimmten Wochentag in einzelnen Filialen und ab 18.00 Uhr des Wochentags, an dem die Werbung veröffentlicht wurde, auch im Internet zu erwerben sein. Bereits vier Minuten nach 18.00 Uhr war das Gerät online aber nicht mehr verfügbar. In den Filialen war es innerhalb von ein bis zwei Stunden nach deren Öffnung vergriffen.
Das Landgericht hatte die Klage auf Unterlassung dieser Werbemaßnahmen in vollem Umfang abgewiesen. Es sah keinen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Richter am OLG sahen das jedoch anders. Sie haben diese Entscheidung auf die Berufung der Klägerin nunmehr teilweise abgeändert.
- Das Unternehmen wurde in Bezug auf die Werbung für den Erwerb des Produkts im Online-Handel auf Unterlassung verurteilt. Es darf nicht mehr für Elektrohaushaltsgeräte werben, wenn diese Geräte am Geltungstag der Werbung voraussichtlich nicht für eine angemessene Zeit im Online-Shop erhältlich sind und die Werbemaßnahme hinsichtlich der Verfügbarkeit der Ware lediglich den Hinweis „nur in limitierter Stückzahl“ enthält.
- Nach Auffassung des Gerichts wird der Verbraucher in die Irre geführt, wenn der Unternehmer zum Kauf von Waren auffordert, ohne darüber aufzuklären, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichwertige Waren für eine angemessene Zeit in angemessener Menge zu dem genannten Preis für den Kunden vorzuhalten. Der Hinweis „nur in limitierter Stückzahl“ sei inhaltsleer. Er beseitige nicht die Irreführung, dass der Kunde auch innerhalb einer kurzen Reaktionszeit nach üblicher Kenntnisnahme von der Werbung keine realistische Chance hat, die angebotene Ware zu erwerben.
- Im Streitfall konnte der Unternehmer für die Nachfrage im Online-Shop nicht darlegen, dass er aufgrund ähnlicher Aktionen in der Vergangenheit keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass die Ware wegen einer unerwartet hohen Nachfrage nicht ausreichen werde, obwohl sie ausreichend disponiert gewesen ist.
- Bei den Filialen stellte sich dies anders dar. Hier konnte der Unternehmer nachweisen, dass bei vorangegangenen gleichgelagerten Verkaufsaktionen das beworbene Haushaltsgerät lediglich in mäßigem bis geringem Umfang nachgefragt worden war. Daher hat das OLG die Werbemaßnahmen für zulässig erachtet, soweit sie sich auf den Warenverkauf in den Filialen bezogen.
Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 2.12.2015, 9 U 296/15, Abruf-Nr. 146553 unter www.iww.de.
Gesellschaftsrecht: BGB-Gesellschaft kann nur mit wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden
| Soll der Gesellschaftsvertrag einer BGB-Gesellschaft außerordentlich gekündigt werden, müssen wichtige Gründe nachgewiesen werden. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) München hin. Die Richter machten deutlich, dass die Kündigung nicht darauf gestützt werden könne, dass sich der geschäftsführende Gesellschafter weigert, kostenlos Jahresabschlüsse rückwirkend festzustellen. Dies gelte zumindest in dem Fall, in dem der Gesellschafter erst zu einem späteren Zeitpunkt zum Geschäftsführer bestellt wurde. Dann sei dieser nämlich nicht verpflichtet, die Jahresabschlüsse für vorangegangene Perioden zu erstellen. Entsprechend treffe ihn auch keine Pflichtverletzung.
Quelle | OLG München, Urteil vom 28.10.2015, 20 U 2145/15, Abruf-Nr. 146554 unter www.iww.de.
Abschließende Hinweise
Berechnung der Verzugszinsen
| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 30. Juni 2016 beträgt – 0,83 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
- für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,17 Prozent
- für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,17 Prozent
- für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,17 Prozent
Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).
Übersicht / Basiszinssätze |
|
Zeitraum |
Zinssatz |
01.07.2015 bis 31.12.2015 |
-0,83 Prozent |
01.01.2015 bis 30.06.2015 |
-0,83 Prozent |
01.07.2014 bis 31.12.2014 |
-0,73 Prozent |
01.01.2014 bis 30.06.2014 |
-0,63 Prozent |
01.07.2013 bis 31.12.2013 |
-0,38 Prozent |
01.01.2013 bis 30.06.2013 |
-0,13 Prozent |
01.07.2012 bis 31.12.2012 |
0,12 Prozent |
01.01.2012 bis 30.06.2012 |
0,12 Prozent |
01.07.2011 bis 31.12.2011 |
0,37 Prozent |
01.01.2011 bis 30.06.2011 |
0,12 Prozent |
01.07 2010 bis 31.12.2010 |
0,12 Prozent |
01.01.2010 bis 30.06.2010 |
0,12 Prozent |
01.07 2009 bis 31.12.2009 |
0,12 Prozent |
01.01.2009 bis 30.06.2009 |
1,62 Prozent |
01.07.2008 bis 31.12.2008 |
3,19 Prozent |
01.01.2008 bis 30.06.2008 |
3,32 Prozent |
01.07.2007 bis 31.12.2007 |
3,19 Prozent |
01.01.2007 bis 30.06.2007 |
2,70 Prozent |
01.07.2006 bis 31.12.2006 |
1,95 Prozent |
01.01.2006 bis 30.06.2006 |
1,37 Prozent |
01.07.2005 bis 31.12.2005 |
1,17 Prozent |
01.01.2005 bis 30.06.2005 |
1,21 Prozent |
01.07.2004 bis 31.12.2004 |
1,13 Prozent |
01.01.2004 bis 30.06.2004 |
1,14 Prozent |
01.07.2003 bis 31.12.2003 |
1,22 Prozent |
01.01.2003 bis 30.06.2003 |
1,97 Prozent |
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 04/2016
| Im Monat April 2016 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |
Steuertermine (Fälligkeit):
- Umsatzsteuer (Monatszahler): 11.4.2016
- Lohnsteuer (Monatszahler): 11.4.2016
Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.
Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.4.2016. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.
Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):
Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat April 2016 am 27.4.2016.