Arbeitsrecht
1. Arbeitsunfall: Toilette gehört nicht zum versicherten Bereich
2. Bewerbungsgespräch: Arbeitgeber darf nicht pauschal nach Vorstrafen oder Ermittlungsverfahren fragen
3. Interne Datenschutzbeauftragte dürfen nur aus wichtigem Grund gekündigt werden
4. Nicht jeder Sturz in einem Laden führt gleich zu einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
5. Sonntagsarbeit in Callcentern: Kirche muss in Genehmigungsverfahren einbezogen werden
6. Vorbeschäftigung liegt 15 Jahre zurück: Sachgrundlose Befristung ist trotzdem nicht erlaubt
7. Wann ein Antrag auf Teilzeit rechtsmissbräuchlich ist
8. Warum ein öffentlicher Arbeitgeber Schwerbehinderte grundsätzlich – aber nicht immer – zum Vorstellungsgespräch einladen muss
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Einreichung einer neuen Gesellschafterliste beim Handelsgericht: Was passiert bei einer fehlenden Veränderungsspalte?
2. Warum das Drittanfechtungsbefugnis von Gesellschaftern beschränkt ist
Kapitalanlage und Versicherung
1. Zum Entzug von Aktien aufgrund einer Kapitalherabsetzung auf Null
Land- und Forstwirtschaft
1. Umgehung einer gewerblichen Tierhaltung durch beteiligungsidentische KG und GbR
Private Immobilienbesitzer
1. Verwalterwahl: Angebote der Bewerber müssen rechtzeitig vorliegen
2. Wohnungseigentumsgemeinschaft: Warum ein Sondereigentümer immer selbst klagen darf
Sonstige Steuern
1. Begriff der „Betriebskosten“ ist auch bei Gewerbemiete klar
2. Geerbte Grabpflegeverpflichtung: Aufwendungen gehören zu den Nachlassverbindlichkeiten
3. Offenbare Unrichtigkeit: Was passiert bei Nichtbeachtung der durch das Risikomanagement gegebenen Hinweise?
4. Prozesskosten wegen zum Nachlass gehörenden Ansprüchen sind Nachlassverbindlichkeiten
5. Vererbung einer hochpreisig vermieteten Immobilie: Was ist als Rohertrag anzusetzen?
6. Vollstreckung: Laufende Hauskosten sind keine unentgeltlichen Zuwendungen
Steuerrecht Arbeitnehmer
1. Verspätete Gehaltszahlung: Arbeitgeber haftet für gekürztes Elterngeld
Steuerrecht Privatvermögen
1. Kosten der Strafverteidigung: Auch bei einem Kind sind das keine außergewöhnlichen Belastungen
Steuerrecht Unternehmer
1. Gewerbesteuer: Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen bei Mitunternehmern
2. Verkauf durch Händler, Versand durch Amazon: Wer ist Leistungsempfänger?
3. Voraussetzungen für eine erweiterte Gewerbesteuerkürzung einer Grundbesitzverwaltung
4. Wann beginnt eine Außenprüfung?
5. Wie die Kleinunternehmerregelung bei Übernahme eines Unternehmens funktioniert
6. Zur Veräußerung einer bereits abgeschriebenen Immobilie

 

Arbeitsrecht

  1. Arbeitsunfall: Toilette gehört nicht zum versicherten Bereich

 An der Außentür der Toilettenanlage endet der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei einem Unfall in den Wasch- und Toilettenräumen liegt deshalb kein Arbeitsunfall vor.

 Hintergrund

Eine Arbeitnehmerin rutschte im Toilettenraum, der dem gesamten Personal zur Verfügung stand, auf nassem Boden aus und stürzte. Sie befand sich beim Sturz an der Türschwelle zwischen dem Vorraum mit Waschbecken und den Toilettenkabinen. Da der Unfall während ihrer Arbeitszeit in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers passierte, machte sie einen Arbeitsunfall geltend und begehrte Versicherungsschutz von der zuständigen Berufsgenossenschaft.

Die Berufsgenossenschaft lehnte es jedoch ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen.

 Entscheidung

Das Landessozialgesetz wies die Klage ab. Die Richter entschieden, dass die rechtlichen Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall nicht erfüllt waren. Der Gang zur Toilette gehört zum nicht versicherten persönlichen Lebensbereich, da er unabhängig von einer betrieblichen Tätigkeit erforderlich ist. Zum nicht versicherten Bereich gehört der gesamte Aufenthalt in allen zur Toilette gehörenden Räumlichkeiten, weshalb auch das Händewaschen nicht versichert ist. Der zuvor in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers bestehende Versicherungsschutz endet damit an der Außentür zur Toilettenanlage.

 

  1. Bewerbungsgespräch: Arbeitgeber darf nicht pauschal nach Vorstrafen oder Ermittlungsverfahren fragen

 Im Bewerbungsverfahren darf ein Arbeitgeber nach Vorstrafen und Ermittlungsverfahren fragen – aber nur, wenn und soweit die künftige Tätigkeit des Bewerbers dies erfordert. Ein allgemeines Fragerecht gibt es also nicht.

 Hintergrund

Der Auszubildende hatte sein Ausbildungsverhältnis im August 2018 begonnen. Im Einstellungsverfahren musste er ein Personalblatt ausfüllen. Beim Punkt „Gerichtliche Verurteilungen / schwebende Verfahren“ antwortete er mit „Nein“. Zu dieser Zeit war allerdings ein Strafverfahren wegen Raubes gegen ihn anhängig, die Hauptverhandlung stand bevor. Im Juli 2019 teilte der Auszubildende dem Arbeitgeber mit, dass er eine Haftstrafe antreten muss. Der Arbeitgeber erklärte daraufhin die Anfechtung des Ausbildungsvertrags wegen arglistiger Täuschung.

 Entscheidung

Das Arbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber den Ausbildungsvertrag nicht wegen arglistiger Täuschung anfechten konnte.

Arbeitgeber dürfen Bewerber im Einstellungsverfahren nur nach Vorstrafen fragen, wenn und soweit diese für die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes relevant sein können. Es besteht jedoch kein allgemeines Fragerecht des Arbeitgebers nach Vorstrafen und Ermittlungsverfahren jedweder Art.

Im Rahmen seiner Tätigkeit hatte der Auszubildende zwar Zugriff auf verschiedene hochwertige Vermögensgüter des Arbeitgebers. Die allgemeine Frage im Personalblatt nach eventuellen gerichtlichen Verurteilungen und schwebenden Verfahren war jedoch bei einer Bewerbung für eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik zu weitgehend. Denn nicht jede denkbare Straftat begründet Zweifel an der Eignung des Bewerbers für die Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik.

Im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bewerbers war die Frage somit unzulässig. Der Auszubildende durfte sie folglich nicht wahrheitsgemäß beantworten.

 

  1. Interne Datenschutzbeauftragte dürfen nur aus wichtigem Grund gekündigt werden

 Wenn Unternehmen einen internen Datenschutzbeauftragten bestellen, müssen sie den Sonderkündigungsschutz beachten. Eine Kündigung darf deshalb nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes erfolgen. Und auch für eine Abberufung braucht es einen wichtigen Grund.

 Hintergrund

Der Arbeitgeber war zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BDSG verpflichtet. Anfang 2018 wurde die Arbeitnehmerin für den Bereich Recht als Teamleiterin eingestellt und zudem als betriebliche, interne Datenschutzbeauftragte bestellt. Zudem übernahm sie die Aufgabe einer externen Datenschutzbeauftragten für die Tochterunternehmen des Arbeitgebers. Mitte August 2018 wurde ihr das Arbeitsverhältnis gekündigt, hilfsweise die Bestellung zur Datenschutzbeauftragten widerrufen.

Hiergegen wehrte sich die Datenschutzbeauftragte, da aus ihrer Sicht der Sonderkündigungsschutz vom Arbeitgeber nicht beachtet wurde. Der Arbeitgeber trug dagegen vor, dass die Kündigung aus organisatorischen, finanziellen und personalpolitischen Gründen erfolgte. Die Abberufung als Datenschutzbeauftragte war wegen des relativ hohen Risiko- und Haftungspotenzials für Anwendungs- und Ausführungsfehler im Bereich Datenschutz und einer notwendigen Professionalisierung für den Aufgabenbereich des Datenschutzbeauftragten erforderlich gewesen.

 Entscheidung

Vor dem Landesarbeitsgericht bekam die Arbeitnehmerin Recht. Die Richter stellten fest, dass die Kündigung unwirksam war. Auch wurde die Stellung als Datenschutzbeauftragte nicht wirksam widerrufen. Zum Zeitpunkt der Kündigung galt für die Arbeitnehmerin der besondere Kündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte nach §§ 38 Abs. 2, 6 Abs. 4 Satz 2 BDSG. Danach war die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses unzulässig, da aus Sicht des Gerichts keine Tatsachen vorlagen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigten. Der Sonderkündigungsschutz gilt bereits in der Probezeit.

Dieser besondere Kündigungsschutz verstößt auch nicht gegen die DSGVO. Danach darf der Datenschutzbeauftragte wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden. Die DSGVO lässt spezifische arbeitsrechtliche Regelungen für den Datenschutzbeauftragten zu, soweit der Schutz nicht hinter dem Schutz der DSGVO zurückbleibt. Da die Regelung in der DSGVO keine spezifischen Regeln des Kündigungsschutzes für Datenschutzbeauftragte enthält, verbietet sie keinen darüber hinaus gehenden Kündigungsschutz. Damit wird die Unabhängigkeit des abhängig beschäftigten Arbeitnehmers von der Einflussnahme seines Arbeitgebers auf die Arbeit als Datenschutzbeauftragten gewährleistet.

Auch erfolgte die Abberufung der Datenschutzbeauftragten nicht wirksam. Bei dem Abberufungsschutz handelt es sich um eine arbeitsrechtliche Regelung, sodass die Abberufung nur aus wichtigem Grund erfolgen darf. Ein solcher lag nach Auffassung des Gerichts aber nicht vor.

 

  1. Nicht jeder Sturz in einem Laden führt gleich zu einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

 In einem Baumarkt fällt das Verfangen in einem Gartenschlauch unter das allgemeine Lebensrisiko. Eine Sicherung des Schlauchs vor dieser Gefahr können Besucher eines Gartencenters während der Bewässerung von Blumen nicht erwarten – und damit auch keinen Ersatz von Schäden, die durch einen Sturz über den Gartenschlauch entstehen.

 Hintergrund

Die Klägerin stürzte beim Besuch des Gartencenters eines Heimwerkermarkts im Eingangsbereich über einen dort ausgerollten Gartenschlauch. Mit diesem wurden gerade die Blumen in dem Markt gegossen. Bei dem Sturz zog sich die Klägerin erhebliche Schädelverletzungen zu sowie schwere Prellungen an Hand, Ellenbogen und Knie.

Die Klägerin machte den Betreiber des Gartencenters für den Unfall verantwortlich. Zwar hatte sie den Schlauch am Boden liegen gesehen. Als sie diesen übersteigen wollte, war dieser jedoch von einem Angestellten gezogen und angehoben worden, ohne auf die Klägerin zu achten.

Die Klägerin war der Ansicht, dass der Betreiber des Marktes den Gartenschlauch hätte sichern müssen. Zudem hätte der Mitarbeiter durch ein umsichtiges Verhalten den Sturz verhindern können.

Gegenüber dem Betreiber des Marktes machte die Klägerin deshalb Schmerzensgeld i. H. v. 2.000 EUR geltend und verlangte den Ersatz aller Schäden, die durch den Sturz entstanden waren.

Der Betreiber lehnte dies ab.

 Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg, die Klägerin konnte sich nicht mit ihren geltend gemachten Ansprüchen durchsetzen. Für das Gericht war die Situation im Gartenmarkt unklar. Insbesondere konnten Zeugen nicht bestätigen, dass der Gartenschlauch wirklich angehoben worden war und deshalb den Sturz der Frau verursacht hatte.

Allein aufgrund der Aussage der Klägerin konnte eine Verurteilung nicht erfolgen. Denn sie könnte sich bei der Erinnerung an das Sturzgeschehen auch irren.

Nach Ansicht der Richter gilt aber generell, dass ein am Boden liegender Schlauch im Gartenbereich eines Baumarkts keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darstellt. Besucher müssten mit so etwas rechnen. Zudem hatte die Klägerin den Schlauch ja auch wahrgenommen.

 

  1. Sonntagsarbeit in Callcentern: Kirche muss in Genehmigungsverfahren einbezogen werden

 Muss die Kirche bei Ausnahmegenehmigungen zur Sonntagsarbeit beteiligt werden? Ja, urteilte das Bundesverwaltungsgericht für einen Fall der Evangelischen Kirche in Sachsen.

 Hintergrund

Aufgrund von behördlichen Ausnahmebewilligungen dürfen Beschäftigte in Callcentern sonn- und feiertags arbeiten. Die Evangelische Kirche Sachsen wollte an allen laufenden und künftigen Bewilligungsverfahren beteiligt werden. Dies lehnte die Landesdirektion ab. Mit ihrer Klage hatte die Kirche sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch beim Oberverwaltungsgericht Erfolg. Die Vorinstanzen entschieden, dass die Behörde verpflichtet war, die Landeskirche an Verwaltungsverfahren zur Bewilligung von Sonntagsarbeit in Callcentern zu beteiligen.

 Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Urteile der Vorinstanzen und entschied, dass die Evangelische Kirche an Verfahren zu Bewilligungen von Sonntagsarbeit in Callcentern beteiligt werden muss. Zur Begründung führten die Richter weiter aus: Die Entscheidungen der Behörden, Ausnahmen zur Sonntagsarbeit in Callcentern zuzulassen, ergehen als Verwaltungsakte in einem Verwaltungsverfahren. An diesem Verfahren müssen Dritte beteiligt werden, wenn der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung auf sie hat.

Dies bejahte das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall in Bezug auf die Kirchen. Denn der Ausgang der Genehmigungsverfahren hat für die diese eine rechtsgestaltende Wirkung. Auch kommt den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes, mit denen die Ausnahmen zum Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit zugelassen werden, grundsätzlich gegenüber Religionsgemeinschaften eine drittschützende Wirkung zu.

Weiterhin konnte sich die Kirche auf das Grundrecht der Religionsfreiheit berufen, das durch die Sonn- und Feiertagsgarantie konkretisiert wird. Danach bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Der darin liegende verfassungsrechtliche Schutzauftrag richtet sich jedoch nicht nur an den Gesetzgeber. Vielmehr müssten auch Behörden diesen bei den Entscheidungen über Ausnahmen zum Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit beachten. Damit muss der Freistaat Sachsen der Landeskirche entsprechende Verfahren bekanntgeben.

 

  1. Vorbeschäftigung liegt 15 Jahre zurück: Sachgrundlose Befristung ist trotzdem nicht erlaubt

 Auch wenn eine Vorbeschäftigung 15 Jahre zurückliegt, ist eine sachgrundlose Befristung unwirksam. Deshalb muss ein befristet eingestellter Arbeitnehmer unbefristet weiterbeschäftigt werden.

 Hintergrund

Die Klägerin war bei ihrem Arbeitgeber von April 1999 bis Ende Juli 2000 angestellt. Im Jahr 2014 bewarb sie sich erneut beim selben Arbeitgeber. In ihrem Lebenslauf war die Vorbeschäftigung nicht aufgeführt. Im Personalbogen, den sie bei der Einstellung ausfüllte, beantwortete die Klägerin die Frage nach der Vorbeschäftigung im Betrieb jedoch mit „Ja“.

Der Arbeitsvertrag wurde befristet von Dezember 2014 bis Ende April 2015 geschlossen. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, mit der die Klägerin bestätigte, dass sie bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stand. Das Arbeitsverhältnis wurde durch mehrere Fortsetzungsverträge bis Ende September 2018 jeweils befristet verlängert. Nach Auslaufen der letzten Befristung wehrte sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Befristungsablauf.

 Entscheidung

Die Klage vor dem Landesarbeitsgericht hatte Erfolg. Zwar durften die mehrfachen Befristungsverlängerungen des Arbeitsverhältnisses vorgenommen werden, weil es nach dem einschlägigen Tarifvertrag zulässig war, eine Befristung höchstens für 6 Jahre mit insgesamt maximal 9 Verlängerungen festzulegen. Allerdings war die sachliche Befristung schon von vornherein nicht mehr möglich gewesen, da mit der Klägerin zuvor schon ein Arbeitsverhältnis bestanden hatte. Dieses lag auch noch nicht „sehr lange“ zurück. Denn das Bundesarbeitsgericht hatte in einem anderen Fall bereits einen Zeitraum von 15 Jahren als „nicht sehr lang“ bewertet.

Auf die Klausel im Arbeitsvertrag, mit der die Klägerin bestätigte, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber gestanden zu haben, konnte sich der Arbeitgeber nicht berufen. Eine solche Vertragsklausel stellt eine allgemeine Geschäftsbedingung dar und ist als solche unwirksam. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nämlich unwirksam, wenn sie die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändern, indem der Verwender den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt.

Außerdem hatte die Klägerin wahrheitsgemäß angegeben, bereits früher beim Arbeitgeber beschäftigt gewesen zu sein. Aufgrund der Angaben der Klägerin im Einstellungsbogen hätte der Arbeitgeber nachfragen oder nachforschen müssen. Dass der Arbeitgeber ein solches Nachfragen trotz entsprechendem Anlass unterlassen hat, ist zumindest fahrlässig und schließt eine Schutzwürdigkeit seines Vertrauens in die Vollständigkeit der arbeitnehmerseitigen Angaben aus. Demzufolge wurde der Arbeitgeber zur unbefristeten Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerin verurteilt.

 

  1. Wann ein Antrag auf Teilzeit rechtsmissbräuchlich ist

 Verfolgt ein Arbeitnehmer mit seinem Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit das Ziel, im ganzen Ferienmonat August frei zu haben, ist dies rechtsmissbräuchlich. Das gilt vor allem dann, wenn dadurch die Urlaubspläne der anderen Arbeitnehmer deutlich eingeschränkt werden.

 Hintergrund

Der Kläger war als Sachverständiger für den Kraftfahrzeugverkehr beschäftigt und hat ein schulpflichtiges Kind. Er beantragte eine Reduzierung seiner jährlichen Arbeitszeit um 1/12. Hierbei sollten alle arbeitsfreien Tage in den Monat August fallen. Die Arbeitgeberin lehnte den Antrag ab. Zum einen standen betriebliche Gründen entgegen, da der Monat August der umsatzstärkste Monat im Jahr war. Zum anderen wäre sein Ausfall in dieser Zeit auch aufgrund von Urlaubswünschen anderer Mitarbeiter nicht kompensierbar.

 Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht wies die Klage ab und entschied, dass dem Teilzeitverlangen des Klägers betriebliche Gründe entgegenstanden.

Die Arbeitgeberin gewährte ihren Arbeitnehmern im August grundsätzlich höchstens 10 Urlaubstage. Denn aufgrund des erhöhten Arbeitsvolumens im August konnte sie nicht allen Urlaubswünschen für die Sommerferien nachkommen. Der Wunsch des Klägers, jedes Jahr im August den ganzen Monat Urlaub nehmen zu können, war zwar nachvollziehbar, stand aber den Urlaubswünschen der anderen Arbeitnehmer entgegen.

Der Teilzeitwunsch des Klägers stellte nach Ansicht des Gerichts auch eine unzulässige Rechtsausübung dar. Mit der gewünschten Verringerung der Arbeitszeit, verbunden mit dem Wunsch, den gesamten August arbeitsfrei zu haben, bezweckte der Kläger, die Urlaubsregelung der Arbeitgeberin zu unterlaufen. Durch seinen Antrag wollte der Kläger eine bestimmte Verteilung seiner Arbeitszeit erreichen, auf die er ohne die Arbeitszeitreduzierung keinen Anspruch gehabt hätte.

 

  1. Warum ein öffentlicher Arbeitgeber Schwerbehinderte grundsätzlich – aber nicht immer – zum Vorstellungsgespräch einladen muss

 In der Regel muss ein öffentlicher Arbeitgeber Menschen mit Schwerbehinderung zu einem Vorstellungsgespräch einladen. In Ausnahmefällen kann jedoch von einer Einladung abgesehen werden – wie in diesem vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall.

 Hintergrund

Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehindert. Zuvor war er bereits von 2010 bis 2012 bei der Beklagten als Fachassistent in der Leistungsabteilung beschäftigt. Im Rahmen von mehreren Stellenausschreibungen hatte er sich im Jahr 2017 bei der Beklagten, eine öffentliche Arbeitgeberin, beworben. In den verschiedenen Anschreiben zu den Bewerbungen wies er auf seine Schwerbehinderung hin. Der Kläger wurde jedoch nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und erhob daher wegen mehrfacher Diskriminierung Klage. Er verlangte eine Entschädigung von jeweils 3 Monatsgehältern.

Die Beklagte brachte dagegen vor, dass der Kläger aufgrund des Vorbeschäftigungsverbots nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht eingestellt worden war.

 Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht wies die Klage ab und entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf Entschädigung wegen einer nicht gerechtfertigten Diskriminierung hat.

Zwar sind öffentliche Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, schwerbehinderte Menschen, die sich um eine Stelle beworben haben, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Die Einladung des schwerbehinderten Bewerbers darf nur unterbleiben, wenn dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Dies muss ein öffentlicher Arbeitgeber beweisen.

Für den Nachweis, dass für die Nichteinladung eines Bewerbers ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die – abgesehen von dem Fall der offensichtlichen Nichteignung – nicht die fachliche Eignung betreffen. Vorliegend hatte die Beklagte hinreichend deutlich gemacht, dass sie den Kläger wegen des Vorbeschäftigungsverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG und der früheren Tätigkeit des Klägers für die Beklagte nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen hatte. Damit lag keine Benachteiligung des Klägers aufgrund seiner Schwerbehinderung vor.

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

  1. Einreichung einer neuen Gesellschafterliste beim Handelsgericht: Was passiert bei einer fehlenden Veränderungsspalte?

 Wird eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht, ist eine Veränderungsspalte empfehlenswert. Allerdings steht das Fehlen der Veränderungsspalte der Aufnahme der Gesellschafterliste zum Handelsregister nicht entgegen, da es sich hierbei nur um eine Soll-Vorschrift handelt.

 Hintergrund

Nach Veränderungen im Gesellschafterbestand einer GmbH reichte der beurkundende Notar eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister ein. Die Gesellschafterliste enthielt keine Veränderungsspalte, aus der die Veränderungen ersichtlich waren. Das Registergericht lehnte deshalb die Hinterlegung der Gesellschafterliste ab. Dagegen legte der Notar Beschwerde ein.

 Entscheidung

Das Oberlandesgericht entschied, dass trotz der fehlenden Veränderungsspalte die Gesellschafterliste im Handelsregister hinterlegt werden muss, und gab dem Notar Recht. Zwar sollen nach der sog. Gesellschafterlistenverordnung Veränderungen bei der GmbH in eine Veränderungsspalte eingetragen werden. Die Hinterlegung der Gesellschafterliste darf aber trotzdem nicht abgelehnt werden, wenn die Veränderungsspalte fehlt.

Kommt es zu Änderungen bei den Gesellschaftern einer GmbH oder dem Umfang ihrer Beteiligung, muss eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht werden. Denn im Verhältnis zur Gesellschaft gilt nur derjenige als Gesellschafter und kann Gesellschafterrechte ausüben, der in die Gesellschafterliste eingetragen ist.

Die Gesellschafterliste muss bestimmte Formalien erfüllen. So müssen insbesondere die Geschäftsanteile nummeriert sowie jeweils der Nennbetrag der Geschäftsanteile und ihr prozentualer Anteil am Stammkapital der Gesellschaft angegeben werden. Weitere formelle Anforderungen sind in der sog. Gesellschafterlistenverordnung geregelt. Diese sieht u. a. vor, dass die Veränderungen, aufgrund derer eine neue Gesellschafterliste eingereicht wird, in eine Veränderungsspalte eingetragen werden sollen, um die Nachvollziehbarkeit der Änderungen zu erleichtern. Hierbei handelt es sich jedoch um eine bloße Soll-Vorschrift. Wenn die Veränderungsspalte fehlt, muss die Gesellschafterliste vom Registergericht also grundsätzlich trotzdem hinterlegt werden.

 

  1. Warum das Drittanfechtungsbefugnis von Gesellschaftern beschränkt ist

 Hinsichtlich der gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos haben Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich ein Drittanfechtungsrecht. Die Gesellschafter sind allerdings Beschränkungen unterworfen.

 Hintergrund

Die B ist eine Kapitalgesellschaft luxemburgischen Rechts. Sie hat eine einem Komplementär entsprechende Funktion in der A, einer Limited Partnership schottischen Rechts, vergleichbar einer KG.

Die B war zivilrechtlich zu 100 % an der C-GmbH beteiligt. 99 % der Anteile hielt sie treuhänderisch für A, die restlichen für eine GbR. Um der C den Erwerb einer Beteiligung zu ermöglichen, zahlte die B x Mio. EUR in die Kapitalrücklage der C ein. Die Bilanz zum 31.12.2015 weist eine entsprechende Position aus.

In ihrer Feststellungserklärung gab die C den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2015 unzutreffend mit 0 EUR an. Das Finanzamt folgte der Erklärung und stellte den Bestand zum 31.12.2015 im Feststellungsbescheid mit 0 EUR fest.

C beantragte, den Feststellungsbescheid wegen offenbarer Unrichtigkeit zu ändern, was das Finanzamt jedoch ablehnte.

Die A sowie die an ihr beteiligten Gesellschafter (Antragsteller) erhoben Einspruch gegen den Feststellungsbescheid und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt lehnte dies ebenfalls ab.

Nachdem auch der beim Finanzgericht gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung keinen Erfolg gehabt hatte, legten die Antragsteller Beschwerde beim Bundesfinanzhof ein.

 Entscheidung

Die Beschwerde hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof wies sie als unbegründet zurück. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Antragsteller antragsbefugt waren, müssten sie den Feststellungsbescheid nach § 166 AO gegen sich gelten lassen.

Der Feststellungsbescheid richtet sich ausschließlich gegen die Kapitalgesellschaft. Dieser Bescheid entfaltet materiell-rechtliche Bindungswirkung auch für die Anteilseigner. Ein Gesellschafter kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass das steuerliche Einlagekonto im Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend ausgewiesen war. Ob wegen der bestehenden materiell-rechtlichen Bindungswirkung auch die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft neben dieser gegen den Feststellungsbescheid als Drittanfechtungsberechtigte klagen können, ist vom Bundesfinanzhof noch nicht entschieden und wird in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und im Schrifttum uneinheitlich beurteilt.

Aber auch wenn man das Drittanfechtungsrecht der Gesellschafter bejahen würde, wäre dieses jedenfalls den sich aus § 166 AO ergebenden Beschränkungen unterworfen.

Danach hat die Unanfechtbarkeit gegenüber dem Steuerpflichtigen auch derjenige gegen sich gelten zu lassen, der in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid kraft eigenen Rechts anzufechten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der gegenüber der C ergangene Feststellungsbescheid ist unanfechtbar geworden. Die weitere Voraussetzung des § 166 AO (Berechtigung zur Anfechtung kraft eigenen Rechts) wäre ebenfalls erfüllt.

Die Rechtsfolge des § 166 AO besteht darin, dass der Dritte, der von dem ihm zustehenden Anfechtungsrecht bis zum Eintritt der Bestandskraft nicht Gebrauch macht, die Rechtswidrigkeit des Bescheids wegen der sich auf ihn erstreckenden Bestandskraft nicht mehr geltend machen kann. Im vorliegenden Fall war dies die unzutreffende Höhe des Bestands des steuerlichen Einlagekontos.

Verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich § 166 AO hat der Bundesfinanzhof nicht. Insbesondere können die Gesellschafter ihre Rechte (z. B. Informationsrechte) einsetzen und die Kapitalgesellschaft zur Einlegung von Einsprüchen gegen rechtswidrige Feststellungsbescheide veranlassen.

 

Kapitalanlage & Versicherung

  1. Zum Entzug von Aktien aufgrund einer Kapitalherabsetzung auf Null

 Ein Verlust, der aus einem entschädigungslosen Entzug von Aktien durch eine Kapitalherabsetzung auf Null entsteht, ist als Aktienveräußerungsverlust steuerbar. Das gilt auch für einen Bezugsrechtsausschluss für die anschließende Kapitalerhöhung auf der Grundlage eines Insolvenzplans.

 Hintergrund

Die X-GbR erwarb als Depotgemeinschaft in den Jahren 2011/2012 39.000 Namensaktien o. N. der A-AG zum Gesamtkaufpreis von 36.262 EUR. Im Jahr 2012 wurde über das Vermögen der A-AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Grundkapital der AG wurde zur Verlustdeckung auf Null herabgesetzt und eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts der X und der übrigen Altaktionäre beschlossen. An der Kapitalerhöhung nahm lediglich ein Gläubiger der A-AG teil. Der börsliche Handel der Altaktien wurde eingestellt. An die Altaktionäre wurde weder ein Herabsetzungsbetrag ausgekehrt noch wurde ihnen eine sonstige Entschädigung gewährt.

X machte den Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend, was das Finanzamt jedoch ablehnte. Die dagegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht abgewiesen, da kein Verlust aus der „Veräußerung“ der Aktien im Sinne des Einkommensteuergesetzes vorlag.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah dies anders und entschied, dass der Entzug der Aktien durch die Kapitalherabsetzung auf Null samt des Bezugsrechtsausschlusses für die anschließende Kapitalerhöhung steuerbar war. Der Klägerin entstand hieraus ein Verlust in der beantragten Höhe.

Zur weiteren Begründung führten die Richter aus: Der entschädigungslose Untergang der Aktien kann nicht unter den Veräußerungsbegriff subsumiert werden. Denn es handelt sich um einen Vorgang, bei dem weder ein Entgelt gezahlt wird noch ein Rechtsträgerwechsel stattfindet. Fehlen diese beiden Komponenten, liegt keine Veräußerung vor. Der Veräußerungsbegriff kann nicht über seinen Wortsinn hinaus umfassend in der Weise ausgelegt werden, dass er sämtliche Vorgänge erfasst, in denen der Halter seine Kapitalanlage verliert.

Der Untergang der Aktien lässt sich nicht unter das Merkmal der Einlösung fassen. Denn die Einlösung ist keine Kategorie des Gesellschaftsrechts. Der „Entzug“ von Aktien und die Erfüllung darin verbriefter Forderungen erfolgt im Rahmen der besonderen aktienrechtlichen Verfahren zur Einziehung, Kapitalherabsetzung und Liquidation.

Der Vorgang war nicht als verdeckte Einlage steuerbar. Eine verdeckte Einlage verlangt die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils an die Gesellschaft aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne eine wertadäquate Gegenleistung. Die Aktien der X wurden indes nicht als bilanzierbares Wirtschaftsgut an die A-AG übertragen, denn sie erloschen aufgrund der Kapitalherabsetzung auf Null, ohne auf diese überzugehen.

Im vorliegenden Fall war eine analoge Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG geboten. Bei der Ausgestaltung des § 20 Abs. 2 EStG kann der Gesetzgeber den Entzug durch eine Kapitalherabsetzung auf Null samt eines Bezugsrechtsausschlusses im Rahmen eines Insolvenzplans nicht im Blick gehabt haben. Diese Möglichkeit wurde erst 2011 geschaffen. Sie konnte bei der Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 noch nicht berücksichtigt worden sein. Die Leistungsfähigkeitsminderung des Anteilseigners ist vergleichbar mit einer Leistungsfähigkeitsminderung, die der Anteilseigner erleidet, wenn er seine Aktie noch rechtzeitig vor der Insolvenzeröffnung oder der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans ohne Gegenleistung veräußert oder wenn die Aktie ohne Entschädigung zur Weiterübertragung auf Gläubiger von der AG eingezogen wird oder wenn er die Aktie durch einen Squeeze Out mit Verlust verliert. Die sonach vorhandene planwidrige Gesetzeslücke ist durch eine entsprechende Anwendung des Veräußerungstatbestands gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG auf den im vorliegenden Fall eingetretenen „Aktienentzug“ zu schließen.

 

Land- und Forstwirtschaft

  1. Umgehung einer gewerblichen Tierhaltung durch beteiligungsidentische KG und GbR

 Der Grat zwischen landwirtschaftlichem Vermögen und Betriebsvermögen ist ein schmaler, wie ein Urteil des Bundesfinanzhofs zeigt. In dem Fall ging es um eine landwirtschaftlich tätige GbR, die die sich für sie ergebende Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tierhaltung in Vieheinheiten auf eine KG übertrug, die wiederum einen Betrieb zur Tierhaltung ohne ausreichende Nutzung eigener landwirtschaftlicher Flächen unterhielt. An beiden Gesellschaften waren jeweils dieselben Gesellschafter beteiligt.

 Hintergrund

Die im Jahr 2006 gegründete X-KG betrieb eine Hühnermast. Kommanditisten waren die Eheleute F und M. Persönlich haftender Gesellschafter war Sohn S. Dieser brachte das Grundstück in das Gesamthandsvermögen der KG ein.

Eine nicht für die Hühnermast genutzte Teilfläche von 10.000 qm verpachtet die KG an die Y-GbR, die 1998 durch F und M gegründet worden war und einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhielt. F und M stellten die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke und Gebäude der GbR zur Nutzung zur Verfügung. Im Jahr 2006 nahmen sie S als weiteren Gesellschafter der GbR auf. Ab 1.7.2007 überließ die GbR 500 Vieheinheiten an die KG.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die KG keine eigenen Flächen landwirtschaftlich nutzte, da die Ackerfläche an die GbR verpachtet und als Stückländerei zu bewerten war. Das Finanzamt wertete im Einheitswertbescheid deshalb den mit dem Hühnermaststall bebauten Grundstücksteil als Grundstücksart „Geschäftsgrundstück“ (Betriebsgrundstück). Das Grundstück wurde der KG zugerechnet.

Die KG beantragte eine fehlerbeseitigende Art- und Wertfortschreibung für den mit dem Stall bebauten Grundstücksteil. Sie war der Ansicht, dass eine Tierhaltungskooperation und damit ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vorlag. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte der Entscheidung des Finanzgerichts und wies die Revision des Finanzamts zurück. Nach Ansicht der obersten Finanzrichter waren die Voraussetzungen für eine fehlerbeseitigende Art- und Wertfortschreibung erfüllt. Denn die mit dem Hühnermaststall bebaute Grundstücksfläche war dem landwirtschaftlichen Vermögen der KG und nicht dem Betriebsvermögen zuzuordnen. Die Tierbestände gehörten zur landwirtschaftlichen Nutzung, auch wenn die KG selbst keine bzw. nicht genügend eigene Flächen landwirtschaftlich genutzt hat.

Das Erfordernis, dass alle Gesellschafter Inhaber eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft mit selbst bewirtschafteten Flächen sind, war hier gegeben. Denn die Gesellschafter der KG waren zugleich Gesellschafter der landwirtschaftlich tätigen GbR und damit als Mitunternehmer Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Dementsprechend waren auch die Einkünfte den Gesellschaftern zuzurechnen.

Die von der GbR vorgenommene Übertragung der Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tierhaltung in Vieheinheiten auf die KG, die Tierhaltung betreibt, war den Gesellschaftern der GbR, die zugleich Gesellschafter der KG waren, zuzurechnen.

Die von S in die KG eingebrachte und somit zum Gesamthandsvermögen gehörende Ackerfläche, die an die GbR verpachtet wurde, generierte zudem bei der GbR Vieheinheiten, die bei der Übertragung dem Gesellschafter S anteilig zuzurechnen waren.

 

Private Immobilienbesitzer

  1. Verwalterwahl: Angebote der Bewerber müssen rechtzeitig vorliegen

 Soll über die Bestellung eines Verwalters ein Beschluss gefasst werden, müssen die Angebote der Bewerber spätestens 2 Wochen vorher den Wohnungseigentümern bekannt gemacht werden. Denn nur so können die Eigentümer die Angebote sinnvoll prüfen und vergleichen.

 Hintergrund

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft sollte ein neuer Verwalter bestellt werden. Dies wurde in der Einladung zur Eigentümerversammlung angekündigt und auf ein Angebot der T. GmbH hingewiesen. Vergleichsangebote anderer Interessenten für das Verwalteramt waren der Einladung nicht beigefügt.

In der Versammlung berichtete der Verwaltungsbeirat vor der Beschlussfassung über 2 weitere Angebote, die zur Einsichtnahme bereitstanden. Da das Angebot der T. GmbH unter den anderen Angeboten lag, sprach sich der Beirat für die T. GmbH aus. Diese wurde daraufhin per Mehrheitsbeschluss zur Verwalterin bestellt. Mehrere Wohnungseigentümer erhoben gegen den Beschluss Anfechtungsklage.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof gab den Klägern Recht, die Anfechtungsklage hatte demnach Erfolg. Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Verwalterbestellung entsprach nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil den Eigentümern die Vergleichsangebote nicht rechtzeitig mitgeteilt wurden.

Vor einer Beschlussfassung über die Bestellung eines neuen Verwalters müssen Alternativangebote eingeholt werden, damit die Eigentümer ihre Entscheidung auf einer hinreichend fundierten Tatsachengrundlage fällen können. Das ist hier geschehen.

Es reichte jedoch nicht aus, den Inhalt der Alternativangebote erst in der Eigentümerversammlung bekanntzugeben. Bei der Neubestellung eines Verwalters ist es regelmäßig geboten, den Wohnungseigentümern die Angebote der Bewerber innerhalb der 2-wöchigen Einladungsfrist zukommen zu lassen. Wenn nur die Eckdaten mitgeteilt werden, muss Eigentümern auf Wunsch auch die Kenntnisnahme der vollständigen Angebote ermöglicht werden.

Eine Vorabinformation über die Angebote ermöglicht den Eigentümern, Erkundigungen über die Bewerber einzuholen und sich ein Bild darüber zu verschaffen, ob die Bewerber zur Verwaltung der Gemeinschaft fachlich geeignet sind. Außerdem müssen die Eigentümer die Angebotskonditionen kennen, um die einzelnen Angebote beurteilen und vergleichen zu können.

Erfahren die Eigentümer die Namen der Bewerber und die Angebotskonditionen erst in der Eigentümerversammlung, können sie sich nicht vorab über die Bewerber und deren Eignung erkundigen. Die Eigentümer können die Angebote nur vergleichen, wenn sie sich mit den jeweiligen Vergütungsstrukturen und dem Leistungsumfang der Angebote befassen können. Hierfür ist in der Eigentümerversammlung nicht genug Zeit.

Werden wie im vorliegenden die Eigentümer über die Alternativangebote nicht spätestens 2 Wochen vor der Versammlung informiert, entspricht die Verwalterbestellung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

 

  1. Wohnungseigentumsgemeinschaft: Warum ein Sondereigentümer immer selbst klagen darf

 Liegt eine Störung des Sondereigentums vor, darf der betroffene Eigentümer immer selbst klagen. Denn die Wohnungseigentümergemeinschaft kann Unterlassungsansprüche einzelner Wohnungseigentümer wegen Störungen des Sondereigentums nicht durch Beschluss an sich ziehen.

 Hintergrund

In einer Wohnungseigentumsanlage vermietete der Mieter einer Wohnung an sog. Medizin-Touristen unter. Von den Untermietern gingen Lärm- und Geruchsbelästigungen aus. Die Wohnungseigentümer beschlossen eine Vergemeinschaftung der Ansprüche, sodass die Gemeinschaft die Unterlassungsansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer wegen Lärm- und Geruchseinwirkungen auf deren Sondereigentumseinheiten sowie Ansprüche auf Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung der Wohnung als Pensionsbetrieb durchsetzen soll.

Die Eigentümerin der über der umstrittenen Wohnung gelegenen Einheit verlangte vom Mieter der Wohnung, u. a. die Lärm- und Geruchsemissionen zu unterlassen. Die Vorinstanzen wiesen die Klage als unzulässig ab, da die Eigentümerin wegen der Vergemeinschaftung der Ansprüche nicht klagebefugt war.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof sah dies anders. Er hob das Urteil des Oberlandesgerichts teilweise auf und verwies den Rechtsstreit dorthin zurück.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs war die Eigentümerin klagebefugt, soweit sie Ansprüche auf Unterlassung von Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen in ihrem Sondereigentum geltend machte. Diese den räumlichen Bereich des Sondereigentums betreffende Ansprüche konnte die Gemeinschaft nicht durch Beschluss an sich ziehen. Insoweit fehlte den Eigentümern die Beschlusskompetenz.

Eine Vergemeinschaftung ist auch dann nicht möglich, wenn zugleich das Gemeinschaftseigentum von den Störungen betroffen ist. In einem solchen Fall können nur die Ansprüche vergemeinschaftet werden, die auf die Abwehr der Störungen des Gemeinschaftseigentums gerichtet sind. Dagegen hat jeder Sondereigentümer das unentziehbare Recht, Beeinträchtigungen seines Sondereigentums abzuwehren. Daher kann jeder Eigentümer Unterlassungsansprüche in Bezug auf sein Sondereigentum selbst durchsetzen.

 

Sonstige Steuern

  1. Begriff der „Betriebskosten“ ist auch bei Gewerbemiete klar

 Der Begriff der „Betriebskosten“ umfasst auch bei einem Gewerbemietvertrag alle in der Betriebskostenverordnung genannten Kostenarten, ohne dass dies näher erläutert werden müsste. Die Formulierung, dass sämtliche Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden, ist deshalb hinreichend bestimmt.

 Hintergrund

Im Mietvertrag über einen Supermarkt gab es hinsichtlich der Betriebskosten die Vereinbarung zwischen Mieterin und Vermieter, dass sämtliche Betriebskosten von der Mieterin getragen werden. Dazu zählten insbesondere die Kosten der Be- und Entwässerung sowie der Heizungs- einschließlich Zählermiete und Wartungskosten. Diese Klausel hatten die Vertragsparteien individualvertraglich vereinbart.

In den Betriebskostenabrechnungen für 2012 und 2013 legte der Vermieter jeweils 5.100 EUR Grundsteuer auf die Mieterin um. Diese war jedoch der Ansicht, dass die Umlage der Grundsteuer nicht wirksam vereinbart war. Das Oberlandesgericht gab der Mieterin Recht und entschied, dass die strittige Klausel nicht hinreichend bestimmt war.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof sah dies anders. Er hob deshalb das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verwies den Rechtsstreit dorthin zurück. Denn die Umlage der Grundsteuer auf die Mieterin war wirksam vereinbart.

Insbesondere war der in der Klausel verwendete Begriff „Betriebskosten“ hinreichend bestimmt. Dieser Begriff ist seit vielen Jahrzehnten durch Rechtsverordnung und Gesetz definiert. Von Anfang an waren dort die laufenden öffentlichen Lasten und namentlich die Grundsteuer als Betriebskostenart aufgeführt.

Für die Wohnraummiete hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass der in einem Mietvertrag verwendete Begriff der „Betriebskosten“ ohne Weiteres die in der Betriebskostenverordnung genannten Betriebskostenarten umfasst. Dies gilt auch für Gewerberaummietverhältnisse. Die gesetzliche Definition kann dafür herangezogen werden, wie der in einem gewerblichen Mietvertrag verwendete Begriff „Betriebskosten“ zu verstehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass in der Gewerberaummiete auch Kostenpositionen auf den Mieter umgelegt werden können, die im Katalog der Betriebskostenverordnung nicht aufgeführt sind. Über die Umlage weiterer Kosten müssen sich die Vertragsparteien nämlich jeweils konkret einigen.

Eine Vereinbarung in einem Gewerberaummietvertrag, nach der der Mieter sämtliche Betriebskosten trägt, ist somit auch dann hinreichend bestimmt, wenn eine Bezugnahme auf die gesetzlichen Normen fehlt. Im Mietvertrag müssen auch nicht die einzelnen Kostenpositionen aufgezählt sein.

Eine Einschränkung ergab sich im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass einige Kostenarten aus dem Betriebskostenkatalog im Mietvertrag ausdrücklich genannt waren. Durch das Wort „insbesondere“ war klar, dass nicht nur diese Kosten umgelegt werden sollen, sondern es sich lediglich um eine beispielhafte Aufzählung handelte.

 

  1. Geerbte Grabpflegeverpflichtung: Aufwendungen gehören zu den Nachlassverbindlichkeiten

 Hatte sich bereits der Erblasser zur Pflege einer Grabstätte verpflichtet und geht diese Pflicht auf den Erben über, gehören die Pflegekosten zu den Nachlassverbindlichkeiten.

 Hintergrund

Die Mutter des Erblassers E starb im Jahr 2012 und wurde aufgrund eines von E erworbenen von 2012 bis 2032 dauernden Nutzungsrechts in einer Wahlgrabstätte beigesetzt. Nachdem E im Jahr 2013 gestorben war, machte dessen Alleinerbe X bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer den Abzug seiner Aufwendungen aus der von E ererbten Grabpflegeverpflichtung in Höhe von 49.200 EUR als Nachlassverbindlichkeit geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab und berücksichtigte die Kosten nicht.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Die Richter waren u. a. der Ansicht, dass unter die Nachlassverbindlichkeiten nur die Kosten für die Bestattung des Erblassers selbst fielen. Darüber hinaus war die auf X übergegangene Pflicht zur Grabpflege Teil des im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht beendeten Nutzungsverhältnisses. Als schwebendes Geschäft mit ausgeglichenen Leistungspflichten war es nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah das anders. Er hob deshalb das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Nach Meinung des Bundesfinanzhofs war das Finanzgericht fälschlich davon ausgegangen, dass das Nutzungsrecht und die Grabpflegeverpflichtung ausgeglichen waren, sodass ein für X günstiger Abzug der Pflegekosten nicht erreicht werden konnte. Der Bundesfinanzhof lehnte ein schwebendes Geschäft ab und hielt eine Nachlassverbindlichkeit für möglich.

Bei dem Grabnutzungsrecht handelt es sich um ein subjektiv-öffentliches Sonderrecht, das in der Person des Rechtsinhabers (hier: E) besteht. Es endet nicht mit dessen Tod, sondern ist übertragbar. Ob das Nutzungsrecht bei Tod des Nutzungsberechtigten auf den Erben übergeht, entscheidet sich nach der Friedhofssatzung. Wegen der mit dem Nutzungsrecht verbundenen Pflichten muss der Erbe der Übertragung allerdings zustimmen.

Die Aufwendungen für die Grabpflege sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, wenn sich bereits der Erblasser für die gesamte Dauer der Laufzeit des Nutzungsrechts zur Pflege verpflichtet hatte und der Erbe diese Verpflichtung übernommen hat. Denn in diesem Fall hätte der Erblasser die Kosten für die gesamte Dauer der Nutzung und für die Pflege – also auch für die erst nach seinem Tod entstehenden Aufwendungen – tragen müssen, wenn er nicht verstorben wäre. Die Kosten sind allerdings nur im Rahmen des Üblichen abzugsfähig. Sie können anhand der Kosten ortsnaher Friedhofsgärtner geschätzt werden. Das gilt auch dann, wenn der Erbe tatsächlich höhere Aufwendungen hat, die z. B. durch die gesellschaftlichen, persönlichen oder beruflichen Umstände des Erblassers oder des Erben bedingt sind.

Sind in der Grabstätte sowohl der Erblasser als auch dritte Personen bestattet, sind die Grabpflegekosten nur nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähig. Durch den Abzug sind auch die Aufwendungen für die Grabpflegekosten Dritter mit abgegolten. Werden die Aufwendungen nicht im Einzelnen nachgewiesen, gelten alle Pflegekosten im Zusammenhang mit dem Grab durch den Pauschbetrag in Höhe von 10.300 EUR als abgegolten.

Ein schwebendes Geschäft, das bei der Bemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen ist, lag hier nicht vor. Die Hauptpflichten aus dem Grabnutzungsvertrag (Zahlung der Grabnutzungsgebühr und die Erlaubnis zur Nutzung der Grabstätte) sind, wenn der Erblasser die Gebühr entrichtet hat, im Todeszeitpunkt erfüllt. Noch nicht erfüllt ist lediglich die Pflicht des Erben zur Pflege der Grabstätte. Dabei handelt es sich aber um eine bloße Nebenpflicht.

Das Finanzgericht wird nun zu ermitteln haben, ob X der Übertragung des Grabnutzungsrechts auf ihn zugestimmt hat. Außerdem ist die Höhe der von E gezahlten Gebühr für den Erwerb des Nutzungsrechts festzustellen und aufzuklären, ob in dem Grab nur dritte Personen, nicht aber E bestattet sind.

 

  1. Offenbare Unrichtigkeit: Was passiert bei Nichtbeachtung der durch das Risikomanagement gegebenenHinweise?

 Ignoriert ein Sachbearbeiter Prüf- und Risikohinweise des Risikomanagementsystems und unterlässt er daraufhin eine weitere Sachverhaltsermittlung, liegt kein mechanisches Versehen vor. Vielmehr handelt es sich um einen Ermittlungsfehler, der eine Änderung des Steuerbescheids ausschließt.

 Hintergrund

Die Eheleute heirateten im Jahr 2010. In der Einkommensteuer-Erklärung gaben sie u. a. Einkünfte des Ehemanns aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 129.000 EUR an. Beim Einscannen der Erklärung durch das Finanzamt wurde die Anlage S versehentlich nicht mit eingescannt, sodass die Erfassung der Einkünfte des Ehemanns unterblieb.

Nach der maschinellen Prüfung der eingescannten Daten gingen verschiedene Prüf- und Risikohinweise ein, die den Fall als risikobehaftet werteten und er deshalb personell zu prüfen war. Die Sachbearbeiterin und der Sachgebietsleiter arbeiteten diese Hinweise ab und versahen sie mit Vermerken und Haken. Trotzdem blieben die Einkünfte des Ehemanns aus selbstständiger Arbeit unberücksichtigt. Der Fehler wurde erst bei der Bearbeitung des Folgejahres festgestellt. Das Finanzamt erließ einen Änderungsbescheid und begründeten dies mit einer offenbaren Unrichtigkeit.

Das Finanzgericht wies die Klage ab.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass der Bescheid nicht mehr geändert werden konnte.

Offenbare Unrichtigkeiten, die jederzeit berichtigt werden können, sind mechanische Fehler, also z.B. Schreib- und Rechenfehler, Eingabe- oder Übertragungsfehler, die ohne weitere Prüfung erkannt werden. Nicht zu den offenbaren Unrichtigkeiten zählen dagegen Fehler bei der Anwendung einer Rechtsnorm, also z.B. Auslegungsfehler, unrichtige Tatsachenwürdigung, unzutreffende Annahme eines nicht vorliegenden Sachverhalts.

Bei einer unterlassenen oder unrichtigen Tatsachenaufklärung liegt ein Rechtsfehler (Rechtsirrtum, Denkfehler) vor, der eine Berichtigung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit ausschließt. Wird dagegen ein Sachverhaltsteil aus Unachtsamkeit nicht berücksichtigt (Übersehen), handelt es sich um ein mechanisches Versehen, das eine Korrektur wegen offenbarer Unrichtigkeit eröffnet.

Das Übersehen eines Prüfhinweises oder auch eine besonders oberflächliche Behandlung durch das Finanzamt ermöglicht somit eine Berichtigung nur dann, wenn die Prüfung nicht zu einer neuen Willensbildung des Veranlagungsbeamten im Tatsachen- oder Rechtsbereich geführt hat. Bleibt etwa ein Prüfhinweis unbeachtet, perpetuiert sich lediglich der Eingabefehler des Sachbearbeiters.

Anders ist es jedoch, wenn sich dem Sachbearbeiter aufgrund von Prüfhinweisen Zweifel an der Richtigkeit seiner Eingabe aufdrängen mussten und er trotz dieser Zweifel eine weitere Sachverhaltsaufklärung unterlässt. Denn auch bei einem Risikomanagementsystem bleibt das Finanzamt zur Sachverhaltsermittlung verpflichtet.

Hiervon ausgehend konnte der Bescheid nicht berichtigt werden. Dass bei der Erfassung der Einkommensteuer-Erklärung die Anlage S nicht mit eingescannt wurde, stellt zwar ein offenbares mechanisches Versehen dar. Dieses wurde jedoch durch den anschließenden Fehler in der Sachverhaltsermittlung überlagert.

Die Nichtberücksichtigung der selbstständigen Einkünfte des Ehemanns beruhte darauf, dass der Sachverhalt insoweit nicht aufgeklärt wurde, obwohl aufgrund der Hinweise Zweifel an der Richtigkeit dieser Einkünfte bestanden und daher eine weitere Sachaufklärung geboten gewesen wäre. Damit beruht der Fehler auf einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung, die als Rechtsfehler eine spätere Berichtigung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit ausschließt.

 

  1. Prozesskosten wegen zum Nachlass gehörenden Ansprüchen sind Nachlassverbindlichkeiten

 Klagt ein Erbe vergeblich auf Herausgabe eines vermeintlichen Nachlassgegenstands, gehören die Kosten des Zivilprozesses zu den Nachlassregelungskosten. Diese sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig.

Hintergrund

Der Erblasser E wurde von 2 Miterben beerbt. Die Erben führten einige Zivilprozesse, zum einen gegen eine Bank auf Herausgabe eines E zugeordneten Depots, zum anderen gegen die Stadt wegen Herausgabe einer ihr von E geschenkten Porzellansammlung. Weiterhin klagten sie auf Schadensersatz gegen den Mieter eines Wohngrundstücks, das E zur Hälfte gehörte, wegen verspäteter Räumung. Während die Klage gegen die Bank Erfolg hatte, blieben die Klagen gegen die Stadt und den Mieter erfolglos.

Die Erben beantragten, die Prozesskosten abzuziehen und die Wertpapiere wegen Wertminderung niedriger anzusetzen. Das Finanzamt wies den Antrag zurück, das Finanzgericht wies die anschließende Klage ab.

 Entscheidung

Als Nachlassregelungskosten und damit als Nachlassverbindlichkeiten sind Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Der Begriff der Nachlassregelungskosten umfasst u. a. die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses sowie alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. Demnach können zu den Nachlassregelungskosten auch Kosten zählen, die dem Erben durch die gerichtliche Geltendmachung von zum Nachlass gehörenden Ansprüchen des Erblassers entstehen.

Die Kosten müssen in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen. Ein enger sachlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Klage dazu dient, den Umfang des Nachlasses zu klären oder die Herausgabe von Nachlassgegenständen von Dritten zu erwirken. Ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht, wenn die Klage unverzüglich nach dem Erbfall, d. h. innerhalb einer angemessenen Prüfungs- und Vorbereitungszeit erhoben wird.

Die Prozesskosten wegen verspäteter Räumung hält der Bundesfinanzhof nicht für abzugsfähig. Bei diesen Kosten handelt es sich nicht um Nachlassregelungskosten, sondern um nicht abzugsfähige Kosten der Nachlassverwertung. Die Klage diente nicht dazu, das Bestehen eines nachlasszugehörigen Anspruchs auf Herausgabe der Immobilie zu klären. Es ging vielmehr um einen Schadensersatzanspruch gegen den Mieter wegen verspäteter Räumung, nachdem die Erben das Grundstück verkauft hatten.

Ausgehend von dem weiten Begriff der Nachlassregelungskosten kommt auch ein Abzug der Prozesskosten betreffend der Herausgabe der Porzellansammlung in Betracht. Das Finanzgericht muss diesbezüglich klären, ob der erforderliche zeitliche Zusammenhang mit dem Erwerb vorliegt. Außerdem ist zu ermitteln, welche der geltend gemachten Kostenbestandteile berücksichtigungsfähig sind. An die Darlegung und den Nachweis stellt der Bundesfinanzhof hohe Anforderungen.

 

  1. Vererbung einer hochpreisig vermieteten Immobilie: Was ist als Rohertrag anzusetzen?

 Als Rohertrag, der für die Bewertung im Ertragswertverfahren maßgeblich ist, ist bei einem bebauten Grundstück grundsätzlich die vertraglich vereinbarte Miete anzusetzen. Diese gilt jedoch nicht mehr als üblich, wenn sie von der Spanne des verwendeten Mietspiegels mehr als 20 % nach unten oder nach oben abweicht.

 Hintergrund

X war zusammen mit seiner Mutter Miteigentümer eines mit 14 Wohnungen bebauten Grundstücks. Im Jahr 2012 verstarb die Mutter und wurde von X beerbt.

In seiner Erklärung zur Bedarfswertfeststellung setzte X für die Ermittlung des Gebäudeertragswerts einen jährlichen Rohertrag an. Für einige Einheiten setzte er die vertraglich vereinbarte Nettokaltmiete an. Für weitere Einheiten legte er die Mittelwerte des Mietspiegels zugrunde, da bei diesen die tatsächliche Miete um mehr als 20 % höher war als die im Mietspiegel ausgewiesenen Mittelwerte.

Das Finanzamt setzte als übliche Miete nicht den Mittelwert, sondern den obersten Wert der im Mietspiegel ausgewiesenen Spanne an. Es kam dadurch bei 2 Einheiten zu Abweichungen der tatsächlichen Miete von der üblichen Miete um mehr als 20 %. Als Rohertrag für diese 2 Einheiten setzte es den Mittelwert des Mietspiegels an. Im Übrigen blieb es bei dem Ansatz der höheren vertraglich vereinbarten Miete.

Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt und wies die Klage ab.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass sich die Überschreitung der 20 %-Grenze nach den Spannenwerten des Mietspiegels bemisst.

Zur Begründung führten die Richter aus: Für Grundstücke oder Grundstücksteile, die der Eigentümer dem Mieter zu einer um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat, ist die übliche Miete anzusetzen. Für die Prüfung der 20 %-Grenze ist bei Zugrundelegung eines Mietspiegels nicht auf den Mittelwert, sondern auf den untersten bzw. obersten Wert der Mietpreisspanne abzustellen. Eine Miete, die mehr als 20 % niedriger ist als der untere Wert der Spanne bzw. zu mehr als 20 % höher ist als der obere Wert der Spanne, ist nicht mehr ortsüblich.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs sind damit alle Mietwerte innerhalb der Spannbreite des Mietspiegels als üblich anzusehen. Erst die Überschreitung bzw. Unterschreitung der jeweiligen Grenzwerte führt zur Unüblichkeit. Auf den Mittelwert kann nicht abgestellt werden. Denn das könnte zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, dass ein Mietpreis, der noch innerhalb der Spannbreite des Mietspiegels liegt, wegen einer die 20 %-Grenze überschreitenden Abweichung vom Mittelwert zu einer Verwerfung der vereinbarten Miete führt.

 

  1. Vollstreckung: Laufende Hauskosten sind keine unentgeltlichen Zuwendungen

 Befindet sich ein Steuerpflichtiger mit der Einkommensteuer im Rückstand, können auch Empfänger von unentgeltlichen Zuwendungen dafür in Anspruch genommen werden. Laufende Kosten für ein Einfamilienhaus, das der Steuerpflichtige mit seinem Ehegatten bewohnt, stellen jedoch keine unentgeltlichen Zuwendungen dar, wenn das Haus im Alleineigentum des Ehegatten steht.

 Hintergrund

Die Ehefrau F wurde im Jahr 2010 mit ihrem Ehemann M zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie wohnten gemeinsam mit ihren 2 minderjährigen Kindern in einem Einfamilienhaus. An diesem waren sie zunächst hälftige Miteigentümer. Im Jahr 2005 nahmen sie gemeinschaftlich ein Finanzierungsdarlehen auf. Im Jahr 2007 übertrug M seinen Miteigentumsanteil an F, diese übernahm auch die auf dem Grundstück lastenden Grundschulden. Der Zins- und Tilgungsdienst sowie das Darlehen selbst verblieben anteilig bei M.

Auf Antrag der F teilte das Finanzamt die Einkommensteuer 2010 auf. Dabei entfielen 100 % des rückständigen Betrags auf M. Zugleich nahm das Finanzamt die F in Höhe von 53.000 EUR in Anspruch. Nach Ansicht des Finanzamts erbrachte M neben einem unstreitigen Zahlungsbetrag in Höhe von 9.000 EUR dadurch, dass er sämtliche Aufwendungen für das Einfamilienhaus trug, weitere unentgeltliche Zuwendungen in Höhe von 44.000 EUR an F.

Das Finanzgericht gab der Klage im Umfang des streitigen Betrags von 44.000 EUR statt.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil im Ergebnis und entschied, dass Zuwendungen des M an F vorlagen.

Zur Begründung führten die Richter aus: Eine Zuwendung i. S. d. § 278 Abs. 2 Satz 1 AO ist jede Übertragung eines Vermögensgegenstands aus dem Verfügungsbereich eines Gesamtschuldners in den Verfügungsbereich des anderen Gesamtschuldners (Vermögensverschiebung). Eine Bereicherung des Empfängers ist gegeben, wenn dieser über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Eine Zuwendung erfolgt zudem unentgeltlich, wenn sie ohne eine Gegenleistung oder ohne die marktübliche Gegenleistung erfolgt. Maßgebend ist die objektive Unentgeltlichkeit, die nicht durch subjektive, im Eheverhältnis liegende Motive für die Zuwendung in Frage gestellt werden kann.

Mit den Zahlungen auf das gemeinsam aufgenommene Darlehen erbrachte M keine Zuwendung an F. Denn er leistete auf seine eigene Schuld. Dazu war er als Darlehensnehmer und Gesamtschuldner gegenüber der Bank verpflichtet. Diese Zahlungen wirkten zwar auch zugunsten der F, weil diese durch die Leistung des M im Außenverhältnis von einer Verbindlichkeit befreit wurde. Eine Zuwendung lag darin allerdings nicht, weil M kein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen F zustand, auf den er hätte verzichten können. Nur in einem solchen Verzicht auf den Ausgleichsanspruch könnte eine Zuwendung liegen.

Im vorliegenden Fall bestand kein entsprechender Ausgleichsanspruch. Denn wenn Ehegatten gemeinsam ein Darlehen für gemeinschaftliche Zwecke aufnehmen und nur ein Ehegatte in der Lage ist, die Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen, scheidet ein Ausgleichsanspruch gegenüber dem anderen Ehegatten regelmäßig aus.

Daran ändert sich nichts dadurch, dass das gemeinsam bewohnte Haus seit 2007 im Alleineigentum der F stand. Denn es handelte sich weiterhin um gemeinschaftliche Zwecke der Eheleute, weil diese das Haus weiterhin gemeinsam mit ihren Kindern als Familienheim bewohnten.

M erfüllt durch die Zahlung der laufenden Hauskosten lediglich seine ihm obliegende Unterhaltspflicht. Bei der gegenseitigen Verpflichtung der Eheleute, ihre Familie angemessen zu unterhalten, handelt es sich um die bedeutsamste Ausprägung der ehelichen Grundpflicht zur Lebensgemeinschaft. Ein wesentlicher Bestandteil des Unterhalts ist die Gewährung einer angemessenen Wohnung. Auch hier kam es nicht darauf an, dass das Haus ab 2007 im Alleineigentum der F stand.

 

Steuerrecht Arbeitnehmer

  1. Verspätete Gehaltszahlung: Arbeitgeber haftet für gekürztes Elterngeld

 Führt eine verspätete Gehaltszahlung dazu, dass einem Arbeitnehmer ein geringeres Elterngeld ausgezahlt wird, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz. Deshalb muss der Arbeitgeber den Differenzbetrag erstatten.

 Hintergrund

Der Arbeitgeber hatte einer schwangeren Mitarbeiterin den Bruttolohn für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 erst im März des Jahres 2018 gezahlt. Dies führte dazu, dass diese 3 Monate für die Berechnung des Elterngeldes der Arbeitnehmerin mit 0 EUR angesetzt wurden.

Die Nichtberücksichtigung des zu spät gezahlten Lohns führte bei der Arbeitnehmerin dazu, dass ihr monatliches Elterngeld nur 348,80 EUR anstatt 420,25 EUR betrug. Die Arbeitnehmerin klagte auf Erstattung der entstandenen monatlichen Differenz.

 Entscheidung

Die Klage vor dem Landesarbeitsgericht hatte Erfolg. Das Gericht entschied, dass der Arbeitgeber die Differenz als Schadensersatzanspruch schuldet. Er befand sich mit der Zahlung des Lohns in Verzug und handelte schuldhaft. Die Klägerin hatte ihm den Mutterpass vorgelegt, in dem der Betriebsarzt ein Beschäftigungsverbot im September 2017 festgestellt hatte.

Der Arbeitgeber konnte das erst wenige Monate zuvor begründete Arbeitsverhältnis auch nicht mit der Begründung anfechten, dass die Arbeitnehmerin ihn bei Abschluss des Arbeitsvertrags nicht über die bereits bestehende Schwangerschaft unterrichtet hatte. Die Anfechtung hielten die Richter für unwirksam.

 

Steuerrecht Privatvermögen

  1. Kosten der Strafverteidigung: Auch bei einem Kind sind das keine außergewöhnlichen Belastungen

 Prozesskosten dürfen generell nicht steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Nicht abzugsfähig sind deshalb auch die Aufwendungen für die Strafverteidigung eines Kindes.

 Hintergrund

Der Sohn der Steuerpflichtigen wurde wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte im erschwerten Fall in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr sowie des unerlaubten Entfernens vom Unfallort verwarnt. Daneben wurden weitere Auflagen erteilt.

Das Finanzamt lehnte den Ansatz der mit dem Strafprozess verbundenen Aufwendungen ab. Seiner Ansicht nach sind Prozesskosten vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Insbesondere handelte es sich nicht um Aufwendungen, ohne die die Steuerpflichtigen Gefahr liefen, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

 Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Die Richter lehnten einen steuermindernden Abzug der Strafverteidigerkosten als außergewöhnliche Belastungen ab. Sie verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach Strafverteidigerkosten eines rechtskräftig Verurteilten keine außergewöhnliche Belastung darstellen, da es an einer Unausweichlichkeit der Aufwendungen fehlt. Denn Prozesskosten entstehen nur bei verurteilten Straftätern, wobei die Straftat nicht unausweichlich ist.

Der Sohn der Steuerpflichtigen hätte daher, da er nicht freigesprochen wurde, die Prozesskosten nicht als außergewöhnliche Belastung abziehen können. Nichts anderes kann für den Fall gelten, dass wie im vorliegenden Fall die Eltern die Kosten übernommen haben.

Die Kosten des Prozesses können die Eltern auch nicht als Unterhaltsaufwendungen geltend machen. Denn nur typische Unterhaltsaufwendungen wie z. B. für Ernährung, Kleidung, Wohnung, Hausrat oder notwendige Versicherungen können angesetzt werden.

 

Steuerrecht Unternehmer

  1. Gewerbesteuer: Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen bei Mitunternehmern

 Bei der Gewerbesteuer kommt bei Mitunternehmern die Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen im Sinne des § 35 EStG zur Anwendung.

 Hintergrund

Die Kläger waren in den Jahren 2012 und 2013 an einer KGaA beteiligt. Die Kläger erhielten folgende Vergütungen: Die AD GmbH & Co. KG und die E GmbH erhielten jeweils eine gewinnunabhängige Vergütung, Herr C sowohl eine gewinnabhängige als auch eine gewinnunabhängige Vergütung in Form einer Pkw-Überlassung und eines Pensionsanspruchs.

In den Feststellungserklärungen berücksichtigte die Klägerin den Gewerbesteuermessbetrag und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer nicht bei der E GmbH, da ihr kraft Rechtsform keine Steuerermäßigung zustand. Nachdem die Veranlagung zunächst erklärungsgemäß erfolgt war, erließ das Finanzamt nach einer Betriebsprüfung Änderungsbescheide. In diesen teilte es die Besteuerungsgrundlagen im Sinne des § 35 EStG nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf. Dabei blieben Vorabgewinne sowie gewinnabhängige und gewinnunabhängige Vergütungen unberücksichtigt. Als Folge daraus setzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen für die Beteiligten auf 0 EUR fest.

 Entscheidung

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Die Änderungsbescheide verletzten den Kläger in seinen Rechten, jedoch lediglich bezüglich der Höhe der gesondert festzustellenden Beträge.

Zur weiteren Begründung führten die Richter aus: Das Gesetz sieht in Bezug auf persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA keinen ausdrücklichen Aufteilungsmaßstab vor, aus der Gesetzessystematik und unter zusätzlicher Heranziehung der Gesetzeshistorie ergibt sich dieser aber.

Nach Auffassung des Finanzgerichts wird der persönlich haftende Gesellschafter dem Wortlaut des Gesetzes nach mit der Personengruppe „Mitunternehmer“ gleichgestellt. Dies stellt eine gesetzgeberische Grundentscheidung dar. Da für Mitunternehmer der Aufteilungsmaßstab nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel gilt, ist dieser daher auch für persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA anzuwenden.

Im Übrigen wollte der Kläger einen Aufteilungsmaßstab anwenden, der im Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen ist. Die Unternehmenssteuerreform kann nur so zu verstehen sein, dass der Gesetzgeber lediglich eine Klarstellung erreichen wollte, dass die KGaA nur wie eine Mitunternehmerschaft zu behandeln ist.

Auch führt die Auslegung nicht zu einem sinnwidrigen Ergebnis, da auf Ebene der KGaA die Sondervergütungen für Zwecke der Gewerbesteuer neutralisiert und im Gegenzug beim persönlich haftenden Gesellschafter gekürzt werden. Folglich verbleibt die Belastung der Sondervergütung nicht wie aufgeführt beim persönlich haftenden Gesellschafter, sondern bei der KGaA. Dies wiederum steht mit der Besteuerung von Mitunternehmerschaften im Einklang.

 

  1. Verkauf durch Händler, Versand durch Amazon: Wer ist Leistungsempfänger?

 Nutzt ein Verkäufer das Modell „Verkauf durch Händler, Versand durch Amazon“, ist Leistungsempfänger der Warenlieferung der Endkunde. Denn ihm wird die Verfügungsmacht am Gegenstand der Lieferung verschafft.

 Hintergrund

Die niederländische A-B.V. besaß ein Lager in den Niederlanden. Der Verkauf an deutsche Kunden erfolgte überwiegend über die Internetseiten von Amazon. Wurde die Option „Verkauf durch A-B.V., Versand durch Amazon“ gewählt, sandte die A-B.V. die Waren aus den Niederlanden an diverse Logistikzentren von Amazon in der EU. Die Waren für deutsche Privatkunden wurden überwiegend in deutsche Logistikzentren, die Tochterunternehmen von Amazon waren, geliefert. Diese lagerten die Ware für Amazon ein und stellten sie zum Verkauf an die Endkunden bereit. Amazon konnte dabei die angelieferten Waren eigenständig auf andere Logistikzentren verteilen. Die Waren wurden über Amazon direkt an die Privatkunden verkauft. Die Inkasso-Vereinbarung sah die Einziehung des Kaufpreises sowie der Umsatzsteuer vor.

Die A-B.V. erklärte steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an Amazon mit Sitz in Luxemburg. Das Finanzamt unterwarf die Umsätze dagegen der deutschen Umsatzsteuer. Es ging davon aus, dass die A-B.V. im Rahmen der Option „Verkauf durch die A-B.V., Versand durch Amazon“ bzw. „fulfillment by amazon“ (Auftragsabwicklung durch Amazon) Lieferungen an deutsche Endkunden ausgeführt hatte. Ein Verkauf der Ware an Amazon lag nicht vor. Mit der Einlagerung der Waren in die Logistikzentren führte die A-B.V. ein innergemeinschaftliches Verbringen aus. Die nach der Einlagerung getätigten Lieferungen an die inländischen Kunden waren steuerbar und im Rahmen der Versandhandelsregelung in Deutschland steuerpflichtig.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hielt das Urteil des Finanzgerichts, das die Klage abgewiesen hatte, für zutreffend.

Die A-B.V. hatte Lieferungen an deutsche Endkunden ausgeführt und dafür Amazon als sog. Fulfillment-Dienstleister eingeschaltet. Der Kaufvertrag des Endkunden kam mit der A-B.V. zustande. Auch die übermittelte Rechnung wies die A-B.V. als Verkäuferin aus. Die A-B.V. bevollmächtigte Amazon, mit Wirkung für und gegen sie Kaufverträge abzuschließen.

Bei dem Vertrag mit Amazon handelte es sich um einen Dienstleistungsvertrag, aufgrund dessen Amazon im Namen der A-B.V. Kaufverträge für diese abschloss, während der Versand und das Inkasso durch Amazon in eigenem Namen, aber im Auftrag der A-B.V. erfolgte. Die Leistungen von Amazon bestanden in der Einlagerung und Versendung der Waren an die Kunden und ggf. in der Entgegennahme von Kunden-Rücksendungen.

Vertragspartner der A-B.V. war stets der Endkunde, der lediglich über Amazon die Ware von der A-B.V. erwarb. Dementsprechend wurde auch auf den Internetseiten von Amazon ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Verkauf durch die A-B.V. und nur der Versand durch Amazon erfolgte.

Soweit die A-B.V. Ware aus den Niederlanden in ein deutsches Logistikzentrum von Amazon verbrachte, verwirklichte sie damit ein innergemeinschaftliches Verbringen, das in den Niederlanden steuerfrei war. In Deutschland fand ein innergemeinschaftlicher Erwerb statt, bei dem die A-B.V. zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Das gilt auch, soweit Waren der A-B.V. in ein Amazon Logistikzentrum in einem anderen Mitgliedstaat der EU verbracht wurden.

 

  1. Voraussetzungen für eine erweiterte Gewerbesteuerkürzung einer Grundbesitzverwaltung

Keine ausschließliche Grundbesitzverwaltung liegt vor, wenn ein Grundstücksunternehmen sein einziges Grundstück veräußert und erst 7 Monate später ein neues Grundstück erwirbt. Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung kann deshalb nicht gewährt werden.

Hintergrund

Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG und im Bereich der Immobilien-Vermögensverwaltung tätig. Zum 1.1.2013 verkaufte sie ihre einzige Immobilie. Erst am 1.8.2013 erwarb sie ein neues Objekt. Für das Jahr 2013 erzielte die Gesellschaft einen Gewerbeertrag von 2.556.000 EUR. In Höhe von 2.387.000 EUR machte sie eine erweiterte Gewerbesteuerkürzung geltend.

Das Finanzamt verwehrte die Kürzung. Seiner Meinung nach hatte die Gesellschaft nicht durchgängig während des gesamten Erhebungszeitraums ihren eigenen Grundbesitz verwaltet.

 Entscheidung

Das Finanzgericht folgte den Argumenten des Finanzamts und wies die Klage ab. Die Voraussetzungen für eine erweiterte Gewerbesteuerkürzung lagen nicht vor. Ob ein Unternehmen „ausschließlich“ eigenen Grundbesitz verwaltet – wie es für die erweiterte Kürzung erforderlich ist – muss bezogen auf einen Zeitraum betrachtet werden. Solange ein Unternehmen tätig ist, muss seine Haupttätigkeit durchgängig in der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bestehen. Im vorliegenden Fall verfügte die Klägerin für 7 Monate über keinen Grundbesitz. Dies stand der erweiterten Kürzung entgegen. Nicht ausreichend war nach Ansicht des Finanzgerichts, dass in diesem Übergangszeitraum die Absicht einer weiteren Grundstücksnutzung fortbestand.

 

  1. Wann beginnt eine Außenprüfung?

 Eine Außenprüfung kann schon mit einer Aufforderung zur Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern, Geschäftspapieren beginnen. Mit dem Beginn der Außenprüfung ist die Festsetzungsfrist gehemmt.

 Hintergrund

Die Klägerin war als Vermieterin und Maklerin tätig. Mit dieser Tätigkeit erzielte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ihre Umsätze unterlagen der Umsatzsteuer.

Sie gab am 31.3.2009 ihre Einkommen- und Umsatzsteuererklärung ab. Die Gewerbesteuererklärung wurde zusammen mit einer berichtigten Umsatzsteuererklärung am 14.5.2009 eingereicht. Der Prüfer vermerkte hierzu handschriftlich: „VZ 2007 in 2009 eingegangen – Verjährung per 31.12.2013“. Der Klägerin wurde eine Prüfungsanordnung mit Datum v. 22.1.2013 für die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer 2007 bekanntgegeben. Laut Ankündigung sollte der Prüfungsbeginn im Zeitraum vom 1.3.2013 bis 30.4.2013 erfolgen.

Der Prüfungsanordnung war zudem eine Anlage beigefügt, in der es hieß: „Bitte übersenden Sie bereits jetzt – also vor Prüfungsbeginn – folgende Unterlagen an die prüfende Stelle: Daten-Archiv-CD der Finanzbuchhaltung“. Daraufhin übersandte der steuerliche Berater am 26.3.2013 die digitalen Unterlagen.

Laut einem handschriftlichen Vermerk in der Betriebsprüfungsakte forderte der Prüfer am 19.11.2013 die digitalen Daten für den Bereich „Grundstücksvermittlung“ bei der Klägerin an.

Als Prüfungsbeginn wurde im Betriebsprüfungsbericht der 16.12.2013 angegeben. Am 28.4.2017 ergingen aufgrund der Feststellungen des Prüfers geänderte Bescheide über Einkommensteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer für die Jahre 2007 bis 2010.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt war, da mit einer Außenprüfung begonnen worden war. Als Prüfungsbeginn sah das Finanzgericht den 19.11.2013 an. Den Vermerk ordnet das Gericht in der Weise ein, dass der Prüfer die ihm vorliegenden Unterlagen, also u. a. die übersandte Daten-CD, zu diesem Zeitpunkt jedenfalls gesichtet und festgestellt hat, dass die sodann angeforderten Unterlagen für den Bereich „Grundstücksvermittlung“ nicht vorlagen. Mit diesen Prüfungshandlungen hatte nach Ansicht des Gerichts die Prüfung begonnen.

 

  1. Wie die Kleinunternehmerregelung bei Übernahme eines Unternehmens funktioniert

 Bei einer Gesamtrechtsnachfolge zählt für die Kleinunternehmerregelung nicht der Vorjahresumsatz des Rechtsvorgängers, sondern der voraussichtliche Umsatz des Erwerbers. Für die Bestimmung des Erstjahres kommt es auch nicht auf die Ausführung tatsächlicher Umsätze an.

 Hintergrund

Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung beim Finanzamt meldete der Kläger eine Neugründung zum 1.1.2014 an und schätzte die Umsätze für das Jahr 2014 auf 15.000 EUR. Deshalb erteilte der Kläger für 2014 Rechnungen ohne offen ausgewiesene Umsatzsteuer mit dem Hinweis auf die Kleinunternehmerregelung.

Das Finanzamt wendete die Kleinunternehmerregelung für 2014 jedoch nicht an und besteuerte die Umsätze mit 19 %. Seiner Ansicht nach war die für das Neugründungsjahr maßgebliche voraussichtliche Umsatzgrenze von 17.500 EUR mit tatsächlich 94.612 EUR Umsatz deutlich überschritten worden. Dies war bei Beginn der Gewerbetätigkeit am 1.1.2014 klar erkennbar gewesen, da der Kläger den Online-Handel seiner Ehefrau übernommen hatte.

Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass er das Unternehmen schon im Jahr 2013 durch Wareneinkäufe gegründet hatte. Für 2014 war deshalb die voraussichtliche Umsatzgrenze von 50.000 EUR maßgeblich, deren Überschreitung nicht absehbar gewesen war.

 Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Der Kläger durfte im Jahr 2014 die Kleinunternehmerregelung zu Recht angewendet. Die unternehmerische Tätigkeit beginnt bereits mit sog. Vorbereitungshandlungen, wenn diese nach den Umständen des Einzelfalls objektiv erkennbar der Vorbereitung der beabsichtigten Tätigkeit dienen.

Aufgrund von Vorbereitungshandlungen durch Einkäufe war der Kläger bereits 2013 Unternehmer geworden, sodass 2013 als Erstjahr im Sinne der Kleinunternehmerregelung anzusehen war. Daher war der Kläger 2014 Kleinunternehmer, da sein Bruttoumsatz des Vorjahres 2013 17.500 EUR nicht überstieg und im laufenden Jahr 2014 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird.

Der Kläger bestellte auf seinen Namen Ware, die ihm am 30.12.2013 geliefert wurde. Auch meldete er bereits im Jahr 2013 seinen Account auf der Verkaufsplattform an, über die ab 2014 die Verkäufe erfolgten. Im Jahr 2013 meldete der Kläger auch sein Gewerbe an. Dass hier und im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung als Beginn der Tätigkeit der 1.1.2014 angegeben wurde, war für die Richter nicht maßgeblich, da im Jahr 2013 Vorbereitungshandlungen erfolgten.

Die Überschreitung der Grenze von 50.000 EUR war zudem unschädlich, da dies zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht absehbar war und die vom Kläger insoweit vorgenommene Prognose zu Beginn des Jahres von einem Umsatz unterhalb der maßgeblichen Grenze von 50.000 EUR nicht zu beanstanden war. Die Prognose des Unternehmers ist nur dann nicht maßgebend, wenn bereits zu Jahresbeginn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund zwingender Indizien von einem Überschreiten ausgegangen werden muss. Angesichts der von seiner Ehefrau im Jahr 2013 durch ein vergleichbares Gewerbe erzielten Umsätze von 40.404 EUR erschien diese Prognose nachvollziehbar.

Für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung war ebenfalls nicht schädlich, dass der Kläger das eingestellte Unternehmen seiner Ehefrau übernommen hatte. Nicht der Vorjahresumsatz des Rechtsvorgängers, sondern der voraussichtliche Umsatz des Erwerbers ist nämlich maßgebend.

 

  1. Zur Veräußerung einer bereits abgeschriebenen Immobilie

 Wurde ein vereinbarter und bezahlter Kaufpreis nicht nur zum Schein getroffen und stellt er keinen Gestaltungsmissbrauch dar, ist er grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen. Wird bei dem Verkauf das negative Kapitalkonto des Verkäufers übernommen, gehört der Betrag des Kapitalkontos zu den Anschaffungskosten des Käufers – allerdings nur insoweit, wie er durch die Übernahme tatsächlich wirtschaftlich belastet ist.

 Hintergrund

Die X-GbR erwarb im Jahr 1997 eine Immobilie. Im Jahr 2007 veräußerten die Gesellschafter 94 % ihrer GbR-Anteile an eine Familienstiftung F, zu deren Destinatären sie selbst zählten. Bis zur Anteilsveräußerung hatte die GbR Abschreibungen in Anspruch genommen.

Auf den Kaufpreis wurden die übernommenen Verbindlichkeiten und das negative Kapitalkonto angerechnet. Die Summe wurde als Anschaffungskosten der Neugesellschafterin F in einer Ergänzungsrechnung erfasst und auf Grund und Boden, Gebäude und Umbau/Sanierung aufgeteilt.

Das Finanzamt ging von einem unangemessen hohen Kaufpreis aus und korrigierte dementsprechend die Abschreibung und den Schuldzinsenabzug. Das Finanzgericht wies die Klage gegen die Feststellungsbescheide ab.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und gab der Klage statt. Die Aufteilung der Anschaffungskosten auf Grund und Boden, Gebäude und Sanierung war hier anzuerkennen. Die geltend gemachte Abschreibung und die Zinsaufwendungen waren anteilig als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

Entsteht einem Gesellschafter einer vermögensverwaltend tätigen GbR Aufwand für den Erwerb seiner Gesellschafterstellung, müssen diese Anschaffungskosten in einer separaten Ergänzungsrechnung zur Überschussrechnung der Gesellschaft erfasst und auf die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens verteilt werden. Die für die Gewinnermittlung einer Mitunternehmerschaft geltenden Grundsätze sind beim Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft entsprechend anzuwenden.

Bei der vermögensverwaltenden Personengesellschaft beziehen sich die Anschaffungskosten eines neu eintretenden Gesellschafters nicht nur auf die nicht im Rahmen der Einkünfteermittlung der Gesellschaft ausgewiesenen Werte (stille Reserven), sondern auf den gesamten von ihm erworbenen Bruchteil an den gesamthänderisch gehaltenen Wirtschaftsgütern. Daher sind in der Ergänzungsrechnung seine gesamten Anschaffungskosten auszuweisen und nach den für ihn maßgeblichen Restnutzungsdauern abzuschreiben.

Übernimmt der Erwerber mit einem Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auch das negative Kapitalkonto des Veräußerers, gehört der Betrag des Kapitalkontos nur insoweit zu den Anschaffungskosten des Erwerbers, als dieser durch die Übernahme tatsächlich wirtschaftlich belastet wird. F hat das von den Altgesellschaftern übernommene negative Kapitalkonto vereinbarungsgemäß ausgeglichen. Sie war insoweit tatsächlich wirtschaftlich belastet.

Ist für die Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen gehörenden Grundstücks mit aufstehendem Gebäude ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Abschreibungs-Bemessungs-grundlage in Boden- und Gebäudewert aufzuteilen und auf seine Angemessenheit zu überprüfen.

Ein von den Vertragsbeteiligten vereinbarter und bezahlter Kaufpreis ist grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit er nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt. Auch darf die vertragliche Kaufpreishöhe oder Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse nicht in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheinen lassen.