Unternehmer und Freiberufler

  1. Bewirtungskosten: Vorsteuerabzug auch ohne Bewirtungsbeleg?
  2. Elektronische Steuererklärung: Wann liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor?
  3. Selbstständigkeit trotz Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines Unternehmens – geht das?
  4. Mandantendaten: Für Aufbewahrungskosten dürfen keine Rückstellungen gebildet werden
  5. Kleinunternehmer: Wie wird der Gesamtumsatz bei der Differenzbesteuerung ermittelt?
  6. Wenn im Anwaltspostfach Schriftstücke verschwinden: Wiedereinsetzung möglich?
  7. Warum Rentenberater keine Freiberufler sind
  8. Wenn der Arbeitgeber Steuerberatungskosten übernimmt: Liegt Arbeitslohn vor?
  9. Warum der Unterricht in der Fahrschule nicht umsatzsteuerfrei ist
  10. Wann ist eine Ingenieur-GbR gewerblich tätig?
  11. Grundstück aus Betriebsvermögen: Wie wird der Gewinn ermittelt?

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

  1. Gewerbliche Beteiligungseinkünfte und Abfärbewirkung
  2. Wann und wie muss ein Antrag auf schlichte Änderung konkretisiert werden?
  3. Währungskursverlust bei Umschuldung eines Fremdwährungsdarlehens: Werbungskosten?
  4. Schmiergelder fallen unter das Betriebsausgabenabzugsverbot

Unternehmer und Freiberufler

  1. Bewirtungskosten: Vorsteuerabzug auch ohne Bewirtungsbeleg?

Wer gegen die Aufzeichnungspflichten für Bewirtungsaufwendungen verstößt, muss nicht gleich um den Vorsteuerabzug bangen – zumindest dann nicht, wenn die unternehmerische Verwendung der Bewirtungsleistungen nachgewiesen und die Aufwendungen nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen zu beurteilen sind.

Hintergrund

Der Kläger war als selbstständiger Unternehmensberater tätig. Für das Jahr 2013 machte er Vorsteuern in Höhe von 641 EUR für von ihm getätigte Bewirtungsaufwendungen aus Geschäftsessen mit seinen Geschäftspartnern geltend. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug ab, da die erforderlichen Eintragungen zum Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung auf den Bewirtungsbelegen fehlten. Obwohl der Kläger im Einspruchsverfahren die fehlenden Eintragungen auf den Bewirtungsbelegen nachholte, blieb das Finanzamt bei seiner ablehnenden Haltung.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied jedoch zugunsten des Klägers. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen muss der Steuerpflichtige zeitnah und fortlaufend schriftlich angeben: den Ort, den Tag, die Teilnehmer und den Anlass der Bewirtung sowie die Höhe der Aufwendungen. Dass diese Formerfordernisse erst nachträglich im Einspruchsverfahren, also erst 4 Jahre nach erfolgter Bewirtung, stattfand, schloss nach Auffassung des Finanzgerichts den Vorsteuerabzug nicht aus. Ein Verstoß gegen die einkommensteuerrechtlichen Aufzeichnungspflichten für Bewirtungsaufwendungen (z. B. ein fehlender Bewirtungsbeleg) führte nämlich nicht gleich zur Versagung des Vorsteuerabzugs.

Vielmehr war für die Richter umsatzsteuerlich allein entscheidend, ob der Bewirtungsaufwand betrieblich veranlasst und nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen zu beurteilen war. Die Versagung des Vorsteuerabzugs allein auf Grundlage der Nichteinhaltung von Formvorschriften hätte eine nicht zulässige Belastung des Steuerpflichtigen dargestellt.

Ein weiteres Argument, das für den Vorsteuerabzug sprach: Aufgrund der überragenden Bedeutung des Vorsteuerabzugs für eine steuerneutrale Umsatzbesteuerung legt der Europäische Gerichtshof den Vorsteuerabzug einschränkende Formerfordernisse grundsätzlich restriktiv aus. Deshalb kann z. B. auch eine Rechnung rückwirkend berichtigt werden.

  • 2. Elektronische Steuererklärung: Wann liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor?

Ein Steuerbescheid kann auch dann wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden, wenn der Steuerpflichtige eine elektronische Steuererklärung eingereicht hat.

Hintergrund

Die X-GmbH war an der C-GmbH beteiligt, von der sie im Jahr 2013 Ausschüttungen erhielt. Der Steuerberater S reichte Mitte Dezember 2014 elektronisch die von ihm selbst erstellte Körperschaftsteuer-Erklärung und den Jahresabschluss ein. Die Erklärung enthielt keine Angaben zu den Zeilen 44a ff. des Mantelbogens (“inländische Sachverhalte i. S. des § 8b KStG”). Ende Dezember 2014 reichte die X-GmbH 2 Steuerbescheinigungen der C-GmbH über Ausschüttungen und Kapitalertragsteuer ein. In der Anlage WA (“Weitere Angaben”) ist die anrechenbare Kapitalertragsteuer angegeben. In der Gewinn- und Verlustverrechnung hatte die X-GmbH u. a. “Erträge aus Beteiligungen” erfasst.

Das Finanzamt setzte die Körperschaftsteuer auf 0 EUR fest und rechnete die Kapitalertragsteuer an. Darüber hinaus erließ das Finanzamt einen Bescheid über den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer. Im Jahr 2015 beantragte die X-GmbH die Änderung des Bescheids, da die Ausschüttung versehentlich als steuerpflichtig behandelt worden war. Das Finanzamt und danach das Finanzgericht lehnten eine Änderung ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof kam dagegen zu dem Ergebnis, dass der Steuerbescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden konnte.

Das Finanzamt kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Bescheids unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Grundsätzlich muss die offenbare Unrichtigkeit in der Sphäre des Finanzamts entstanden sein. Da die Unrichtigkeit aber nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein muss, muss der Bescheid auch dann geändert werden, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt.

Dagegen schließen Fehler in der Rechtsanwendung (unrichtige Auslegung/Anwendung einer Rechtsnorm, unrichtige Tatsachenwürdigung, unzutreffende Annahme eines nicht vorliegenden Sachverhalts) eine offenbare Unrichtigkeit aus. Diese Grundsätze gelten auch bei der Einreichung elektronischer Steuererklärungen.

Hiervon ausgehend lag nach Ansicht des Bundesfinanzhofs eine offenbare Unrichtigkeit vor. Entscheidend war, dass die Zeile 44a der Körperschaftsteuer-Erklärung (“Inländische Bezüge i. S. von § 8b Abs. 1”) nicht ausgefüllt wurde. Das Finanzamt konnte anhand der nachgereichten Steuerbescheinigungen und der Anlage WA erkennen, dass die X-GmbH 2 Gewinnausschüttungen der C-GmbH erhalten hatte. Aus der Gewinn- und Verlustrechnung konnte das Finanzamt ebenfalls erkennen, dass diese Beträge als Gewinnausschüttungen im Gewinn der X-GmbH erfasst waren. Dann musste die X-GmbH zwingend eine Eintragung in Zeile 44a vornehmen. Diese Eintragung fehlte, sodass die Körperschaftsteuer-Erklärung unrichtig war.

Die Unrichtigkeit war angesichts der beigefügten Bilanz, der Steuerbescheinigungen und der Anlage WA für das Finanzamt auch offenbar, auch war der Sachverhalt nicht unklar. Dass Zeile 44a der Körperschaftsteuer-Erklärung nicht ausgefüllt war, lag keiner rechtlichen Überlegung des S zugrunde. Vielmehr wurde die Eintragung schlicht vergessen. Diese offenbare Unrichtigkeit der Steuererklärung schlägt auf den Bescheid durch. Denn das FA hat die offenbare Unrichtigkeit bei der Erteilung des Bescheids übernommen und die bescheinigte Kapitalertragsteuer angerechnet.

  • 3. Selbstständigkeit trotz Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines Unternehmens – geht das?

Obwohl eine Lohnbuchhalterin Arbeiten in der Lohn- und Finanzbuchhaltung für verschiedene Auftraggeber selbstständig ausführte, lag eine Scheinselbstständigkeit vor. Denn die Buchhalterin war in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliedert.

Hintergrund

Die Lohnbuchhalterin war seit dem Jahr 2008 für das klagende Unternehmen auf der Grundlage von 35 Arbeitsstunden pro Monat bei einem monatlichen Pauschalbetrag von aktuell 2.000 EUR beschäftigt. Die Tätigkeit führte die Lohnbuchhalterin hauptsächlich persönlich in den Räumen des Unternehmens aus und nutzte auch dessen Lohnprogramm. Sie zahlte keine Miete und war nicht an Arbeitszeiten gebunden.

Der Rentenversicherungsträger stellte die Versicherungspflicht der Lohnbuchhalterin in der gesetzlichen Sozialversicherung fest. Hiergegen wandte sich das Unternehmen mit seiner Klage.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Sozialgerichts lag keine selbstständige Tätigkeit der Lohnbuchhalterin vor. Vielmehr übte sie die Tätigkeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis aus. Maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung war die Eingliederung der Lohnbuchhalterin in die Arbeitsorganisation des Unternehmens.

Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation ergab sich daraus, dass die Lohnbuchhalterin das Computersystem sowie weitere Arbeitsmittel des Unternehmens nutzte. Darüber hinaus arbeitete sie im Rahmen der Aufgabenerledigung mit Mitarbeitern des Unternehmens zusammen. Auch erbrachte die Lohnbuchhalterin die Arbeitsleistung im Wesentlichen in eigener Person und war von Weisungen der Klägerin abhängig. Ferner sprach für eine abhängige Beschäftigung, dass die Lohnbuchhalterin kein eigenes Kapital einsetzte. Schließlich trug sie auch aufgrund der Zahlung eines Festgehaltes kein Unternehmerrisiko.

Dass die Lohnbuchhalterin die Tätigkeit für das Unternehmen nur in Teilzeit ausübte und darüber hinaus noch weiteren Teilzeittätigkeiten nachging, war für die Richter ohne Bedeutung.

  • 4. Mandantendaten: Für Aufbewahrungskosten dürfen keine Rückstellungen gebildet werden

Wer die Daten von Mandanten und die Handakten in einem Rechenzentrum aufbewahren lässt, muss wissen: Die Kosten dafür sind nicht rückstellungsfähig, wenn keine entsprechende Aufbewahrungspflicht existiert.

Hintergrund

Eine Wirtschaftsprüfer-/Steuerberater-GmbH bildete eine Rückstellung in Höhe von 85.000 EUR, und zwar für Aufwendungen, die für die 10-jährige Aufbewahrung von Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum entstanden. Die GmbH legte dabei je Mandant das pauschal an die DATEV zu zahlende Entgelt in Höhe von 19,80 EUR pro Jahr zugrunde. Sie berücksichtigte darüber hinaus Abschläge für Mandanten, die ihre Daten auf einer Speicher-DVD sichern ließen und auch für Mandatsbeendigungen innerhalb des 10-jährigen Aufbewahrungszeitraums. Die GmbH führte an, dass die Beträge mit den Mandantenhonoraren für die Buchführung und Erstellung des Jahresabschlusses abgegolten waren und nicht gesondert berechnet werden konnten.

Das Finanzamt lehnte die Bildung einer Rückstellung ab. Das Finanzgericht wies die Klage ab, da eine entsprechende Aufbewahrungsverpflichtung nicht existierte.

Entscheidung

Steuerberater haben die Pflicht, die Handakten für die Dauer von 10 Jahren nach Beendigung eines Auftrags aufzubewahren. Diese Verpflichtung erlischt mit der Übergabe der Handakten an den Auftraggeber, spätestens jedoch innerhalb von 6 Monaten, nachdem der Auftraggeber die Aufforderung des Steuerberaters erhalten hat, die Handakten in Empfang zu nehmen. Zu den Handakten gehören nur die Schriftstücke, die der Steuerberater aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, nicht jedoch der Briefwechsel mit dem Mandanten, interne Notizen oder schriftliche Arbeitsergebnisse.

Deshalb kam der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass keine öffentlich-rechtliche Aufbewahrungsverpflichtung gegeben war. Es handelte sich nicht um in der Handakte aufzubewahrende Daten, sondern um Arbeitsergebnisse, die die GmbH im Rahmen ihrer vertraglichen Verpflichtung erstellte und zur laufenden Mandatsbearbeitung aufbewahrte.

Wenn der Berater aber Unterlagen des Mandanten aufbewahrt, die er herausgeben muss, kann dies keine rückstellungsfähige Verpflichtung begründen. Denn der Berater kann die Aufbewahrung durch Herausgabe an den Mandanten jederzeit beendigen.

Es fehlte weiterhin an einer schriftlichen oder mündlichen Verpflichtung zur Aufbewahrung der Mandantendaten. Eine solche Verpflichtung ergab sich auch nicht aus einer “ständigen Übung”. Denn dass einige Mandanten die Möglichkeit nutzten, ihre Daten auf einer Speicher-DVD an sich zu nehmen, zeigte, dass die Archivierungspflicht nicht durchgängig bestand.

Soweit die GmbH die Aufbewahrung der Unterlagen als Gegenleistung für den Fortbestand der Mandatsbeziehung verstand, würde ein schwebendes Dauergeschäft vorliegen. Dieses ließe angesichts des fortbestehenden Mandats und der daraus erwirtschafteten Vergütung eine Alimentation der Aufbewahrung erwarten und würde damit eine Rückstellung für die Aufbewahrungskosten ausschließen.

  • 5. Kleinunternehmer: Wie wird der Gesamtumsatz bei der Differenzbesteuerung ermittelt?

Unternehmer können die Kleinunternehmerregelung nur in Anspruch nehmen, wenn der Gesamtumsatz eine bestimmte Grenze nicht übersteigt. Fraglich war bisher, wie dieser Umsatz zu berechnen ist, wenn der Unternehmer die sog. Differenzbesteuerung anwendet. Der Europäische Gerichtshof hat das jetzt geklärt.

Hintergrund

Der Kläger führte steuerbare, der Differenzbesteuerung unterliegende Umsätze im Rahmen eines Gebrauchtwagenhandels aus. Die in den Jahren 2009 und 2010 erzielten Umsätze betrugen bei einer Berechnung nach vereinnahmten Entgelten 27.358 EUR bzw. 25.115 EUR. Die Bemessungsgrundlage der jeweiligen Umsätze ermittelte der Kläger in seinen Umsatzsteuererklärungen für 2009 und 2010 nach dem Differenzbetrag (Handelsspanne) mit 17.328 EUR und 17.470 EUR. Er nahm deshalb an, dass er Kleinunternehmer war.

Für das Jahr 2009 stellte die Finanzverwaltung in den Umsatzsteuerrichtlinien hinsichtlich der Ermittlung des für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgeblichen Gesamtumsatzes in Fällen der Differenzbesteuerung ebenfalls auf die Handelsspanne ab. Seit dem Jahr 2010 wird jedoch auf die vereinnahmten Entgelte abgestellt.

Deshalb lehnte das Finanzamt die Anwendung der Kleinunternehmerregelung für das Jahr 2010 ab, da der Gesamtumsatz des Klägers im vorangehenden Kalenderjahr 2009 gemessen an den vereinnahmten Entgelten über der Grenze von 17.500 EUR lag.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass für die Bestimmung des Gesamtumsatzes nach der Kleinunternehmerregelung bei einem differenzbesteuernden Unternehmer von dem Gesamtbetrag der von einem Wiederverkäufer ausgeführten Lieferungen auszugehen ist und nicht von der Handelsspanne der Umsätze.

Die Sonderregelungen für Kleinunternehmen und für die Differenzbesteuerung sind 2 voneinander unabhängige autonome Sonderregelungen. Wird in einer von ihnen nicht auf die Tatbestandsmerkmale und Begriffe der anderen Regelung Bezug genommen, ist der Inhalt der einen grundsätzlich zu beurteilen, ohne dass der Inhalt der anderen berücksichtigt werden muss.

Auch die Entstehungsgeschichte der Kleinunternehmerregelung bestätigt nach dem Urteil, dass der Begriff der “von dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer erzielten Differenz (Handelsspanne)” (BFH, Beschluss v. 7.2.2018, XI R 7/16, Rz. 30.) keinen Einfluss darauf haben kann, wie der Begriff “Umsatz” im Rahmen der Sonderregelung für Kleinunternehmen auszulegen ist. Die Kleinunternehmerregelung gab es bereits, als die Differenzbesteuerung eingeführt wurde.

Würden die über die Handelsspanne hinausgehenden vereinnahmten Entgelte bei der Ermittlung des Umsatzes für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht berücksichtigt, könnten nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs Unternehmen, die einen hohen Umsatz erzielen und eine geringe Handelsspanne haben, unter die Kleinunternehmerregelung fallen und dadurch einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil erhalten.

  • 6. Wenn im Anwaltspostfach Schriftstücke verschwinden: Wiedereinsetzung möglich?

Wird ein Schriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das Gericht geschickt, können Sonderzeichen oder Umlaute bei der Dateibezeichnung dazu führen, dass er im justizinternen Server hängen bleibt. Da weder der Anwalt noch das Gericht darüber informiert werden, kann in einem solchen Fall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

Hintergrund

Der Prozessbevollmächtigte versendete den Beschwerdebegründungsschriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach und verwendete dazu die von der Bundesrechtsanwaltskammer zur Verfügung gestellte Webanwendung. Bei der Dateibezeichnung benutzte er unzulässige Zeichen, wozu auch 2 Punkte hintereinander gehören. Das wusste jedoch der Rechtsanwalt nicht.

Aufgrund des Dateinamens wurde die Nachricht vom zentralen Server des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs dem Bundesfinanzhof nicht zugestellt. Stattdessen landete sie in einem Verzeichnis für unzulässige Nachrichten. Die Frist zum Einreichen der Berufungsbegründung verstrich daher aus Sicht des Gerichts ungenutzt.

Weder der Rechtsanwalt noch der Bundesfinanzhof wurden über die Nichtzustellung der Berufungsbegründung informiert. Der Prozessbevollmächtige erhielt vielmehr die Mitteilung, dass die Nachricht erfolgreich versandt wurde und zugegangen war. Erst als der Bundesfinanzhof den Anwalt auf die Fristversäumnis hingewiesen hatte, versendete er den Begründungsschriftsatz nochmals.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gewährte dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen. Zur Begründung führten die Richter aus, dass die Fristversäumnis unverschuldet war. Denn der Rechtsanwalt konnte im vorliegenden Fall nicht erkennen, dass die Nachricht nicht zugestellt worden war.

Zwar wurde in den Erläuterungen zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach und den örtlichen Anwaltskammern darauf hingewiesen, dass Sonderzeichen und Umlaute bei der Bezeichnung der Datei vermieden werden sollten, da dies Probleme bei der Verarbeitung der Dateien machen könnte. Welche Folgen eine solche Verwendung haben kann, wurde jedoch nicht erläutert.

  • 7. Warum Rentenberater keine Freiberufler sind

Rentenberater sind gewerblich tätig, denn ihre Tätigkeit ist hinsichtlich der Ausbildung und ausgeübter Tätigkeit nicht mit dem Beruf des Rechtsanwalts oder Steuerberaters vergleichbar.

Hintergrund

Die Klägerin schloss ein Studium an einer Verwaltungsfachhochschule mit den Fachgebieten der Rentenversicherung und der Sozialversicherung als Diplom-Verwaltungswirtin (FH) ab. Sie arbeitete zuletzt im Rechtsbehelfsbereich der Landesversicherungsanstalt und erhielt die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten als Rentenberater nach dem Rechtsberatungsgesetz. Seit dem Jahr 2009 ist sie nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz als Rentenberaterin im Rechtsdienstleistungsregister des Landessozialgerichts eingetragen.

Für die Jahre 2010 und 2011 erklärte die Klägerin freiberufliche Einkünfte. Das Finanzamt nahm dagegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb an und erließ entsprechende Gewerbesteuer-Messbescheide. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg, da nach Meinung der Richter hinsichtlich Tiefe und Breite keine mit dem Beruf des Rechtsanwalts vergleichbare Ausbildung vorlag.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof verneinte die Ähnlichkeit der Tätigkeit als Rentenberater zu einem Katalogberuf sowie das Vorliegen einer sonstigen selbstständigen Arbeit und wies die Revision der Klägerin zurück.

Ein einem Katalogberuf ähnlicher Beruf liegt vor, wenn er in wesentlichen Punkten mit einem der Katalogberufe verglichen werden kann. Eine Ähnlichkeit zu einer Gruppe freiberuflicher Tätigkeiten genügt nicht. Vielmehr müssen die ähnlichen Berufe speziell einem der im Gesetz aufgezählten Berufe ähnlich sein. Erforderlich ist die Vergleichbarkeit sowohl der Ausbildung als auch der ausgeübten beruflichen Tätigkeit.

Die für den vergleichbaren Katalogberuf erforderlichen Kenntnisse müssen nachgewiesen werden. Die so qualifizierte Arbeit muss den wesentlichen Teil der gesamten Berufstätigkeit ausmachen und dem ähnlichen Beruf das Gepräge i. S. d. Katalogberufs geben. Es genügt daher nicht, wenn eine Tätigkeit ausgeübt wird, die auch von den Angehörigen der Katalogberufe ausgeübt wird. Die ausgeübte Tätigkeit darf auch nicht bloß einen kleinen Ausschnitt aus dem Katalogberuf erfassen.

Von diesen Grundsätzen ausgehend war die Tätigkeit der Klägerin als Rentenberaterin keinem der Katalogberufe ähnlich. Eine Ähnlichkeit mit dem Beruf des Rechtsanwalts schied bereits wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der Ausbildung aus. Zwar erwarb die Klägerin als Verwaltungswirtin neben Grundkenntnissen im allgemeinen öffentlichen Recht und Zivilrecht insbesondere Kenntnisse im Sozialrecht, einer Spezialmaterie des öffentlichen Rechts. Es fehlten jedoch Kenntnisse in anderen Spezialmaterien des öffentlichen Rechts sowie in den Spezialbereichen des Zivil- oder Strafrechts. Zudem war das Aufgabengebiet des Rentenberaters gegenüber dem des Rechtsanwalts, der in allen Rechtsangelegenheiten tätig werden kann, erheblich beschränkt. Es bestand auch keine Vergleichbarkeit mit dem Beruf des Steuerberaters. Die Ausbildung der Klägerin umfasste nicht die Gebiete der steuerlichen Ausbildung. Ihre Tätigkeit wies ebenfalls keine Überschneidungen zu der eines Steuerberaters auf. Denn die Beratungen fanden auf gänzlich unterschiedlichen Rechtsgebieten statt.

Weiterhin lagen keine Einkünfte aus einer sonstigen selbstständigen Arbeit vor. Beratungsleistungen fallen nur dann in den Anwendungsbereich der zugrundeliegenden Norm, wenn sie ihrer Art nach den dort genannten Regelbeispielen ähnlich sind. Das sind z. B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied. Die Tätigkeit des Rentenberaters war jedoch keinem der Regelbeispiele ähnlich. Die Tätigkeit der Klägerin war vielmehr im Schwerpunkt beratender Natur und nicht – wie die eines Vermögensverwalters – dadurch geprägt, dass sie das ihr anvertraute Vermögen ihrer Kunden verwaltete.

  • 8. Wenn der Arbeitgeber Steuerberatungskosten übernimmt: Liegt Arbeitslohn vor?

Liegt eine Nettolohnvereinbarung mit Abtretung der Steuererstattungsansprüche vor und übernimmt der Arbeitgeber die Steuerberatungskosten für den Arbeitnehmer, liegt insoweit kein Arbeitslohn vor. Seine anderslautende bisherige Rechtsprechung gibt der Bundesfinanzhof mit diesem Urteil auf.

Hintergrund

T war die Tochtergesellschaft eines international tätigen Konzerns, der den weltweiten Austausch von Mitarbeitern förderte. Mit den nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern des Konzerns schloss T Nettolohnvereinbarungen ab und übernahm die Kosten für die Erstellung der Einkommensteuer-Erklärungen durch eine vom Konzern beauftragte Steuerberater-Gesellschaft. Diese erhielt pro Arbeitnehmer eine pauschale Vergütung. Die Arbeitnehmer traten im Gegenzug ihre Steuererstattungsansprüche an den inländischen Arbeitgeber ab. Beauftragte ein Arbeitnehmer andere Steuerberater, leistete der Konzern weder Unterstützung noch erstattete er entsprechende Beratungskosten.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führte und setzte gegenüber T pauschale Lohnsteuer fest. Das Finanzgericht gab der Klage statt, da seiner Ansicht nach T die Kosten im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse getragen hatte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte der Würdigung des Finanzgerichts und entschied, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten in ganz überwiegend betrieblichem Interesse erfolgte und deshalb kein Arbeitslohn vorlag.

Als Arbeitslohn sind Leistungen zu erfassen, die sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft darstellen. Nicht zu erfassen sind dagegen Vorteile, die sich lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen und damit ganz überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann.

Von diesen Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausgehend stellte die Übernahme der Steuerberatungskosten durch T keinen Arbeitslohn der ins Inland entsandten Arbeitnehmer dar. T wandte diesen Vorteil nicht als Entlohnung, sondern in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse zu. Denn T wollte mit der Gestellung der Steuerberatung über die Erstattungen eine möglichst weitgehende Reduzierung ihrer Lohnkosten erzielen, da ihr allein die Steuererstattungen zustanden. T wollte möglichst hohe Steuererstattungen und damit Vorteile für sich erlangen. Dafür sprach auch die besondere Eignung der Übernahme der Steuerberatungskosten zur Erreichung des damit verfolgten wirtschaftlichen Zwecks, nämlich innerhalb des Konzerns sicherzustellen, dass die steuerlichen Arbeitgeberpflichten durch die international erfahrene Steuerberater-Gesellschaft erfüllt wurden.

  • 9. Warum der Unterricht in der Fahrschule nicht umsatzsteuerfrei ist

Fahrschulunterricht, mit dem die Fahrerlaubnisklassen B und C1 erworben werden können, ist nicht von der Umsatzsteuer befreit. Insbesondere stellt er einen spezialisierten Unterricht dar, der nicht unter den Begriff des steuerbegünstigten Schul- und Hochschulunterrichts fällt.

Hintergrund

Die X-GmbH betrieb eine Fahrschule und erbrachte u. a. Fahrschulleistungen zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1. X wies in ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer gesondert aus. Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass die Leistungen der Umsatzsteuer unterlagen und setzte Umsatzsteuer fest. Den Antrag der X, die Umsatzsteuer auf 0 EUR herabzusetzen, lehnte das Finanzamt ab. Die Klage der X hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg, da keine Steuerbefreiung nach nationalem Recht zulässig war und nach Unionsrecht kein Schul- oder Hochschulunterricht vorlag.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof kam zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz nicht vorlagen und wies die Revision der X als unbegründet zurück. Die gesetzlichen Voraussetzungen waren nicht erfüllt, da weder eine staatliche Genehmigung noch eine landesrechtliche Erlaubnis vorlag. Es lag auch keine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vor.

Da X weder eine Hochschule i. S. d. Hochschulrahmengesetzes noch eine öffentliche allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung war, waren die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung insoweit ebenfalls nicht erfüllt.

Auch war keine Steuerbefreiung nach Unionsrecht möglich. Die Steuerbefreiung für “Schul- und Hochschulunterricht” umfasst nämlich nur Tätigkeiten, die sich sowohl wegen ihrer spezifischen Art als auch aufgrund des Rahmens, in dem sie ausgeübt werden, abheben. Für die Zwecke der Mehrwertsteuerregelung verweist der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts daher allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen.

Fahrunterricht in einer Fahrschule ist jedoch ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt. Er fällt deshalb nicht unter den Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts.

10. Wann ist eine Ingenieur-GbR gewerblich tätig?

Auch wenn ein Prüfingenieur auf die Hilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte setzt, steht dies einer Freiberuflichkeit seiner Tätigkeit nicht unbedingt entgegen. Allerdings muss er selbst weiterhin leitend und eigenverantwortlich tätig sein. Eine stichprobenartige Überwachung genügt dafür nicht.

Hintergrund

Die Klägerin war eine GbR, bestehend aus dem Diplom-Ingenieur (FH) und Prüfingenieur A und B. Sie führte u. a. Haupt- und Abgasuntersuchungen an Kfz durch. Den überwiegenden Teil der Prüfungen führten jedoch nicht die Gesellschafter A und B selbst, sondern 3 angestellte Prüfingenieure durch. Das Finanzamt ging deshalb davon aus, dass es insoweit an einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter fehlte und wertete die Einkünfte der GbR insgesamt als gewerblich. Dieser Argumentation folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass es für die von den Angestellten der GbR durchgeführten Prüfungen an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter fehlte.

Der freiberuflichen Tätigkeit eines Berufsträgers steht zwar die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte nicht entgegen. Allerdings ist diese nur unschädlich, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Die Leistung muss den “Stempel der Persönlichkeit” des Berufsträgers tragen, die Tätigkeit der Mitarbeiter muss als solche des Berufsträgers erkennbar und damit ihm persönlich zurechenbar sein. Dementsprechend ist ein selbstständig tätiger Ingenieur nur eigenverantwortlich tätig, wenn die Ausführung jedes einzelnen Auftrags ihm selbst – und nicht dem qualifizierten Mitarbeiter – zuzurechnen bzw. als seine erkennbar ist.

Im vorliegenden Fall waren die Gesellschafter A und B zwar freiberuflich tätig, soweit sie selbst Untersuchungen durchgeführt haben. Soweit der überwiegende Teil jedoch von den angestellten Ingenieuren durchgeführt wurde, fehlte es an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der GbR. A und B nahmen an den von den Angestellten durchgeführten Untersuchungen regelmäßig nicht persönlich teil, sondern überwachten diese lediglich stichprobenartig. Nur in seltenen Zweifelsfällen wurden sie hinzugezogen. Die Verantwortung verblieb jedoch beim angestellten Ingenieur, der die Prüfung durchführte. Die somit nur geringe Einbindung der Gesellschafter in die eigenständige Prüfungstätigkeit der angestellten Ingenieure genügte nicht, um deren Tätigkeit als solche der Gesellschafter erkennbar zu machen.

Da die Gesellschafter ihre Leistungen teilweise freiberuflich und teilweise mangels Eigenverantwortlichkeit gewerblich erbrachten, war ihre Tätigkeit nach der sog. Abfärbewirkung in vollem Umfang als gewerblich zu qualifizieren. Dementsprechend führte der Bereich, in dem die Gesellschafter nicht eigenverantwortlich tätig waren, zu insgesamt gewerblichen Einkünften der GbR.

11. Grundstück aus Betriebsvermögen: Wie wird der Gewinn ermittelt?

Bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf eines Grundstücks muss als fiktive Anschaffungskosten der Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme zu Grunde gelegt werden, nicht der Buchwert.

Hintergrund

Eine Altenteilerwohnung war durch Abwahl der Nutzungswertbesteuerung und damit steuerfrei ins Privatvermögen überführt worden. Später wurde diese Wohnung verkauft. Der Kläger stritt mit dem Finanzamt darüber, wie der Veräußerungsgewinn des innerhalb von 10 Jahren nach der Entnahme veräußerten Hausgartens zu ermitteln war.

Das Finanzamt ging davon aus, dass bei Veräußerung eines Grundstücks, das vorher aus einem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt wurde, an die Stelle der Anschaffungskosten der Wert tritt, mit dem das Grundstück bei der Überführung angesetzt worden ist. Eine Ausnahme gilt, wenn bei der Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen der Entnahmegewinn kraft gesetzlicher Regelung bei der Besteuerung außer Ansatz geblieben ist, wie dies vorliegend der Fall war. Dann tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Buchwert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Entnahme.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte dieser Argumentation des Finanzamts nicht und gab dem Kläger Recht. Dem Ansatz des Buchwertes anstelle des Teilwerts im Zeitpunkt der Entnahme als fiktive Anschaffungskosten stand der eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen. Denn § 23 Abs. 3 Satz 3, Abs. 1 Satz 2 EStG verweist ausdrücklich auf die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG, der den Teilwert als Entnahmewert bestimmt. Dieser Verweis ist nach Auffassung des Finanzgerichts folgerichtig und konsequent, denn mit der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung galt die Wohnung als entnommen. Diese kraft gesetzlicher Regelung erfolgte Entnahme stellte keine Buchwert-Entnahme dar. Denn aus der Formulierung folgt, dass ein Entnahmegewinn nicht in die Gewinnermittlung einbezogen bzw. nicht der Besteuerung unterworfen wird. Damit hat der Gesetzgeber keiner Buchwert-Entnahme zugesprochen, sondern nur den ermittelten Entnahmegewinn von der Besteuerung freigestellt.

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

  1. Gewerbliche Beteiligungseinkünfte und Abfärbewirkung

Für Beteiligungseinkünfte einer Personengesellschaft gibt es bei der Abfärberegelung keine Bagatellgrenze. Jedoch unterliegen umqualifizierte gewerbliche Einkünfte nicht der Gewerbesteuer.

Hintergrund

Die X-KG erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Im Jahr 2008 übertrug ein Komplementär seine Beteiligungen an 2 Flugzeugleasingfonds (GmbH u. Co. KGs) unentgeltlich auf die X-KG. Das Vermögen der Fonds bestand jeweils aus einem Flugzeug, das 2008 verkauft wurde. Aufgrund der gewerblichen Beteiligungseinkünfte stellte das Finanzamt ab 2008 sämtliche Einkünfte der X-KG entsprechend der sog. Abfärberegelung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest.

Das Finanzamt vertrat weiterhin die Auffassung, dass die Einkünfte aus der vermögensverwaltenden Tätigkeit der X-KG durch die gewerblichen Beteiligungseinkünfte infiziert waren und stellte dementsprechend für 2011 ebenfalls Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Die X-KG wandte ein, dass angesichts des geringen Anteils der zugerechneten Beteiligungseinkünfte die Anwendung der Abfärberegelung unverhältnismäßig war.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hielt die Abfärberegelung in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht auch ohne Bagatellgrenze für verfassungsgemäß. Zwar können die Gesellschafter einer Personengesellschaft, die sich an einer gewerblichen Personengesellschaft beteiligen, in dieser Personengesellschaft keine weiteren Einkunftsarten verwirklichen, da die gesamte Tätigkeit der Personengesellschaft als solche als Gewerbebetrieb gilt. Diese Ungleichbehandlung gegenüber Einzelpersonen ist in einkommensteuerlicher Sicht jedoch sachlich gerechtfertigt. Es handelt sich um eine grundsätzlich zulässige Typisierung zwecks Erleichterung der Einkünfteermittlung durch Konzentration auf nur eine Einkunftsart. Im Hinblick auf den verfolgten Zweck ist die Regelung auch verhältnismäßig. Insbesondere besteht die Möglichkeit, der Abfärbung durch entsprechende Gestaltungen, z. B. durch die Gründung einer zweiten personenidentischen Gesellschaft, zu entgehen.

Im Hinblick auf die Gewerbesteuer ist die Abfärbewirkung aufgrund gewerblicher Beteiligungseinkünfte aber nur dann verfassungsgemäß, wenn die infolge der Abfärbung gewerblichen Einkünfte nicht gewerbesteuerbar sind. Nur so wird eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmern vermieden.

2. Wann und wie muss ein Antrag auf schlichte Änderung konkretisiert werden?

Um einen Antrag auf schlichte Änderung zu konkretisieren, genügt es, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der Klagefrist die zu ändernden Besteuerungsgrundlagen benennt. Die Abgabe einer Steuererklärung ist nicht erforderlich.

Hintergrund

Weil die Kläger keine Einkommensteuer-Erklärung abgegeben hatten, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg, weil keine Begründung eingereicht wurde. Innerhalb der Klagefrist stellten die Kläger beim Finanzamt den Antrag, den Einkommensteuer-Bescheid zu ändern und die Einkommensteuer gemäß der beigefügten Bezeichnung und Berechnung der Besteuerungsgrundlagen festzusetzen. Das Finanzamt lehnte jedoch diese Änderung ab, da die unterschriebene Steuererklärung erst nach Ablauf der Klagefrist beim Finanzamt eingegangen war. Der dagegen erhobene Einspruch hatte mangels Begründung keinen Erfolg.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt den Antrag der Kläger auf schlichte Änderung zu Unrecht abgelehnt hatte. Denn die Kläger hatten durch die innerhalb der Klagefrist erfolgte Angabe der der Steuerfestsetzung zugrunde zu legenden Besteuerungsgrundlagen ihren Antrag in ausreichendem Maße konkretisiert. Das Finanzamt konnte daraus eindeutig erkennen, in welchen Punkten die Kläger mit der Steuerfestsetzung nicht einverstanden waren. Es hätte sich also auf die Überprüfung dieser Punkte beschränken können, sodass eine Gesamtaufrollung des Falles nicht notwendig war.

Es widersprach nicht dem Gesetzeszweck, dass die Steuererklärung erst nach der Klagefrist eingereicht wurde. Vielmehr wird in einem solchen Fall die bezweckte Entlastung der Gerichte dadurch erreicht, dass die Steuerpflichtigen dann keine Klage erheben müssten, sondern das Verfahren beim Finanzamt verbleibt.

  • 3. Währungskursverlust bei Umschuldung eines Fremdwährungsdarlehens: Werbungskosten?

Wer ein Darlehen aufnimmt, um damit ein Fremdwährungsdarlehen abzulösen, das zur Anschaffung eines Vermietungsobjekts verwendet wurde, muss damit rechnen, dass das Finanzamt die Schuldzinsen nicht als Werbungskosten anerkennt. Das gilt zumindest dann, wenn mit dem Darlehen ein Währungskursverlust ausgeglichen wird.

Hintergrund

Der Kläger erwarb im Jahr 2002 eine Eigentumswohnung, deren Anschaffungskosten von 54.000 EUR er durch Bankkredit finanzierte. Im Jahr 2005 erwarb er eine weitere Wohnung für 56.500 EUR. Der Kläger nahm ein Bankdarlehen in Schweizer Franken bis zum Gegenwert von 105.000 EUR auf und verwendete das Darlehen dazu, die erste Wohnung umzuschulden und den Kaufpreis für die zweite Wohnung zu entrichten. Beide Wohnungen nutzte der Kläger zunächst zu eigenen Wohnzwecken.

Im Jahr 2011 schuldete der Kläger das Fremdwährungsdarlehen um. Nachdem sich die Rückzahlungsverpflichtung inzwischen wegen der Währungskursentwicklung auf 139.300 EUR erhöht hatte, nahm der Kläger ein Bausparkassendarlehen über 139.000 EUR auf und zahlte das Fremdwährungsdarlehen zurück. Seit dem Jahr 2013 werden die Wohnungen vermietet. Im Jahr 2014 zahlte der Kläger auf das Bausparkassendarlehen Zinsen i. H. v. 6.600 EUR, die er als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machte. Das Finanzamt berücksichtigte die Zinsen jedoch nur anteilig, da sie teilweise auf die Finanzierung des Währungsverlustes entfielen. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass Zahlungen, mit denen Kursverluste bei Fremdwährungsdarlehen ausgeglichen werden, nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. Das Wechselkursrisiko ist nicht durch die Vermietung und Verpachtung veranlasst. Das gilt auch dann, wenn das auf fremde Währung lautende Darlehen zur Bezahlung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten verwendet worden ist. Der Mehraufwand fällt wie die Tilgung in die nicht steuerbare Vermögenssphäre.

Dementsprechend schied auch im vorliegenden Fall der Werbungskostenabzug für den auf den Währungsverlust i. H. v. 39.000 EUR entfallenden Zinsanteil aus. Denn wenn schon ein Fremdwährungskursverlust nicht durch Vermietung und Verpachtung veranlasst ist, gilt dies erst recht für die Schuldzinsen zur Finanzierung dieses Verlustes. Mit der Umschuldung des Fremdwährungsdarlehens realisierte und bezahlte der Kläger den Kursverlust. Zur Finanzierung des erhöhten Rückzahlungsaufwands nahm er Darlehensmittel in Anspruch. Mit der Umschuldung übernahm der Kläger nicht nur die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens, sondern zugleich das Wechselkursrisiko. Dieses Risiko war nicht durch die spätere Vermietung veranlasst. Zwar wirkte sich das Wechselkursrisiko im Zeitpunkt der Anschaffung nicht aus, aber im Zeitpunkt der Umschuldung. Das umgeschuldete Darlehen war deshalb nur in Höhe der ursprünglichen Anschaffungskosten durch die spätere Vermietung veranlasst. In Höhe des bei Umschuldung realisierten Währungskursverlustes bestand dieser Zusammenhang nicht. Das Umschuldungsdarlehen war deshalb aufzuteilen.

  • 4. Schmiergelder fallen unter das Betriebsausgabenabzugsverbot

Zahlungen für tatsächlich nicht erbrachte Leistungen können als Schmier- und Bestechungsgelder gelten. Für diese ist der Abzug als Betriebsausgaben verboten.

Hintergrund

Eine GmbH nahm mit ihren ausländischen Kunden für die von ihr gelieferten Waren sog. Überfakturierungen vor. Dabei stellte sie ihren Kunden höhere Preise als tatsächlich vereinbart in Rechnung. Diese wurden auch tatsächlich gezahlt. In Höhe der zu viel erhaltenen Beträge in Höhe von bis zu 797.000 EUR leistete die GmbH Provisionszahlungen an eine Beratungsfirma für tatsächlich nicht erbrachte Vermittlungsleistungen. Die entsprechenden Gelder wurden von dort als Schmiergelder in bar an die Kunden zurückgegeben. Die GmbH verbuchte die Zahlungen als Betriebsausgaben.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die zu viel geleisteten Zahlungen bei der GmbH Schmier- und Bestechungsgelder darstellten, die unter das Betriebsausgabenabzugsverbot fielen. Zuwendungen von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn die Zuwendung eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht. Ein Betriebsausgabenabzug scheidet insbesondere dann aus, wenn die Zahlung den Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr verwirklicht. Wegen des Merkmals der rechtswidrigen Handlung genügt die abstrakte Strafbarkeit nach deutschem Recht, und zwar unabhängig vom Verschulden des Zuwendenden. Nach Auffassung des Finanzgerichts war allein auf die Verwirklichung des objektiven Tatbestands abzustellen. Diesen hatte die GmbH mit den Zahlungen erfüllt, denn es lagen Zahlungen im Rahmen einer Unrechtsvereinbarung als Gegenleistung für die unlautere Bevorzugung gegenüber anderen Marktteilnehmern vor.