Mandantenbrief Steuern Unternehmer Oktober 2014

 

Unternehmer und Freiberufler
1. Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden
2. Nachträgliche Konkretisierung unzureichender Sammelbezeichnungen
3. Kein Arbeitslohn bei Rabattgewährung durch Dritte
4. Fahrergestellung als Lohn
5. Ferrari eines Freiberuflers
6. Bekanntgabe im Ferrari-Fax-Verfahren
7. Zusatzbeitrag für Krankenkassen: Finanzreform erleichtert die Entgeltabrechnung
8. Mieter kann gefährliches Wespennest sofort entfernen lassen
9. Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen
10. Auch Minijobber haben Urlaubsanspruch
11. Beginn der Einspruchsfrist: Wann der Einwurf in den Briefkasten nicht genügt
12. Abzugsverbot für Bestechungsgelder und damit zusammenhängende Aufwendungen
13. Steuerstundung auch möglich, wenn Geld da ist

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Gewerbesteuerkürzung bei der Beteiligung an einer Grundstücks-GbR

Unternehmer und Freiberufler  
  1. 1. Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

    Sind die Vorsteuern, die die Anschaffung/Herstellung betreffen, zunächst den Ausgangsumsätzen zuzuordnen und lediglich die danach verbleibenden Vorsteuern nach einem Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen?

    Hintergrund
    Streitig waren die Aufteilung der Vorsteuerbeträge sowie die Berichtigung des Vorsteuerabzugs.

    Eine Grundstücksgemeinschaft (GbR) begann 1999 mit dem Abriss des bisherigen Gebäudes und 2001 mit dem Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses, das teils steuerfrei, teils steuerpflichtig vermietet wurde. Die abziehbaren Vorsteuern ermittelte sie nach dem Verhältnis der voraussichtlichen steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen (objektbezogener Umsatzschlüssel). Wegen von der Planung abweichender Nutzung erklärte die GbR in der Umsatzsteuererklärung 2004 (zu ihren Lasten) einen Vorsteuerberichtigungsbetrag, den sie ebenfalls auf der Grundlage des objektbezogenen Umsatzschlüssels errechnete.

    Das Finanzamt legte dagegen bei der Vorsteueraufteilung und der Vorsteuerberichtigung den – für die GbR ungünstigeren – Flächenschlüssel zugrunde und forderte die seit Beginn der Bauarbeiten (1999) abgezogenen Vorsteuern zum Teil zurück. Das Finanzgericht gab der Klage teilweise statt.

    Entscheidung
    Der Bundesfinanzhof legt dem Europäischen Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorsteueraufteilung bei Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs vor.

    Seit 2004 ist die Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel nur noch zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Mit der Vorlage soll geklärt werden, ob die Vorsteuern auf Eingangsleistungen, die die Anschaffung/Herstellung des Gebäudes betreffen, zunächst den Ausgangsumsätzen zugeordnet werden müssen und lediglich die danach verbleibenden Vorsteuern nach einem (weniger präzisen) Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen sind. Ferner ist zu klären, ob dies entsprechend auch für Vorsteuerbeträge aus den laufenden Kosten (Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung) eines gemischt genutzten Gebäudes gilt. Das war in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs offen geblieben.

    Für die Vorsteuerberichtigung stellt sich die Frage, ob eine Änderung der Verhältnisse unionsrechtlich auch dann vorliegt, wenn der Unternehmer die Vorsteuern zulässigerweise nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt hat und Deutschland mit der Gesetzesänderung nachträglich einen anderen vorrangigen Aufteilungsschlüssel vorschreibt. Wird diese Frage bejaht, stellt sich die weitere Frage, ob die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Vorsteuerberichtigung zu Lasten des Unternehmers entgegenstehen.

  2. 2. Nachträgliche Konkretisierung unzureichender Sammelbezeichnungen

    Sowohl der Buch- als auch der Belegnachweis als Voraussetzungen für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung können hinsichtlich unklarer bzw. unvollständiger Angaben noch nachträglich bis zur mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht präzisiert bzw. ergänzt werden, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens und eine Beeinträchtigung der Steuererhebung ausgeschlossen sind.

    Hintergrund
    Der Kläger exportierte in größerem Umfang geringwertige Gebrauchtgegenstände nach der Ukraine und Russland. In den Ausgangsrechnungen und den Ausfuhrbelegen wurden teilweise nur Sammelbezeichnungen verwendet, z. B. Lederware Dupont, Gürtel Dupont oder Kugelschreiber Montegrappa. Als Rechnungsbetrag wurde nur eine Gesamtsumme angeführt, aus der der Wert der einzelnen veräußerten Gegenstände nicht ersichtlich war.

    Damit war in zahlreichen Fällen die handelsübliche Bezeichnung der ausgeführten Gegenstände nicht hinreichend konkret angegeben. Das Finanzamt versagte die Steuerbefreiung, obwohl der Kläger den erforderlichen Nachweis durch später erstellte Anlagen zu den einzelnen Rechnungen nachträglich erbracht bzw. ergänzt hatte.

    Entscheidung
    Das Finanzgericht entschied, dass die genannten Exportlieferungen des Klägers umsatzsteuerfrei sind. Sowohl der Buch- als auch der Belegnachweis als Voraussetzungen für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung können hinsichtlich unklarer bzw. unvollständiger Angaben noch nachträglich bis zur mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht präzisiert bzw. ergänzt werden, wenn eine Gefährdung des Steueraufkommens und eine Beeinträchtigung der Steuererhebung ausgeschlossen sind. Daher waren im Streitfall nach Auffassung des Finanzgerichts die ursprünglichen Mängel durch die spätere Erstellung von Anlagen zu den einzelnen Rechnungen zulässig korrigiert worden. Für die Angabe der handelsüblichen Bezeichnung ist nach Auffassung des Finanzgerichts die Aufführung von Artikelnummern nicht zwingend erforderlich.

    Im Streitfall erfolgte die Ausfuhrversendung durch eine Spedition. Zwar fehlte die insoweit als Ausfuhrnachweis vorgesehene „Spediteursbescheinigung“. Jedoch ist für den Nachweis des Gelangens in das Drittland auch das Exemplar Nr. 3 der Einheitspapiere ausreichend, wenn diese jeweils mit einem Ausfuhrvermerk der Ausgangszollstelle versehen sind. Das Zollverfahren erfolgt inzwischen in der Regel elektronisch (sog. ATLAS-Verfahren).

  3. 3. Kein Arbeitslohn bei Rabattgewährung durch Dritte

    Werden Rabatte sowohl Arbeitnehmern von Geschäftspartnern als auch einem weiteren Personenkreis eingeräumt, liegt kein Arbeitslohn vor.

    Hintergrund
    Zu entscheiden war, ob eine Aktiengesellschaft (AG) für Lohnsteuer auf Rabatte haftet, die ihren Mitarbeitern von Dritten beim Abschluss von Versicherungsverträgen eingeräumt wurden. Die Arbeitnehmer der AG erhielten von 2 Versicherungsunternehmen X und Z Produkte zu verbilligten Tarifen. Auf dieses Angebot wurden sie im Personalhandbuch der AG hingewiesen. Die AG unterwarft die gewährten Tarifvorteile nicht dem Lohnsteuerabzug. Zwischen der AG und den Versicherungsunternehmen bestanden keine Vereinbarungen über die Rabatte. Die von Z gewährten Rabatte standen Mitarbeitern aller deutschen Versicherungsunternehmen offen. Die Rabatte der X wurden aktiven und pensionierten Mitarbeitern der inländischen X-Gesellschaften sowie Beschäftigten bestimmter anderer Unternehmen gewährt.

    Das Finanzamt war der Auffassung, bei den Rabatten handele es sich um Lohnzahlungen durch Dritte und nahm die AG für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer 2001 bis 2004 in Höhe von rund 175.000 EUR in Haftung. Dem folgte das Finanzgericht. Denn über die Verweisung auf das Personalhandbuch seien die Tarifvorteile Gegenstand des Arbeitsvertrags gewesen.

    Entscheidung
    Nach ständiger Rechtsprechung kann ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten Arbeitslohn anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt „für“ eine Leistung darstellt, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt. Die Leistung des Dritten muss sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Dagegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird.

    Daher sind Rabatte, die der Arbeitgeber nicht nur seinen Arbeitnehmern, sondern auch fremden Dritten üblicherweise einräumt, kein Arbeitslohn. Soweit und in der Höhe, als Preisnachlässe auch im normalen Geschäftsverkehr unter fremden Dritten erzielt werden, spricht nichts dafür, dass diese Rabatte, wenn sie auch Arbeitnehmern eingeräumt werden, als Vorteil für deren Beschäftigung gewährt werden. Das gilt erst recht, wenn es um von Dritten gewährte Preisnachlässe geht. Arbeitslohn liegt dann nur vor, wenn die Vorteile nicht auf dem eigenwirtschaftlichen Interesse des Dritten gründen, sondern die für den Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung entgelten sollen.

    Das Finanzgericht hat den Entlohnungscharakter einzig daran festgemacht, dass die Tarifvorteile Gegenstand des Arbeitsvertrags gewesen seien. Dass Dritte auf ihre Leistungen Rabatte einräumen, lässt jedoch nicht den Schluss auf eine zusätzliche Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft zu. Entscheidend ist, ob die Zuwendung des Dritten eine Prämie oder Belohnung für eine Leistung ist, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber erbringt. Daran fehlt es hier. Vielmehr sicherten sich die Dritten – die Versicherungsunternehmen X und Z – durch die Rabatte aus eigenwirtschaftlichen Gründen einen leicht zugänglichen und aufgrund der niedrigen Marketing- und Vertriebskosten attraktiven Kundenkreis.

  4. 4. Fahrergestellung als Lohn

    Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Chauffeurüberlassung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte – ab 1.1.2014 erster Tätigkeitsstätte – als geldwerter lohnsteuerlicher Vorteil zu erfassen ist. Die Finanzverwaltung hat sich in einem ausführlichen Schreiben mit dieser Rechtsprechung befasst.

    Der geldwerte lohnsteuerliche Vorteil aus der Fahrergestellung bemisst sich grundsätzlich nach dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort. Dieser Wert kann, muss aber nicht den zeitanteiligen Personalkosten des Arbeitgebers entsprechen.

    Verwaltungsseitig wird es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn der geldwerte Vorteil aus einer Fahrergestellung wie folgt ermittelt wird:

    • Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ein Kraftfahrzeug mit Fahrer zur Verfügung, ist der für diese Fahrten durch eine Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten ermittelte Nutzungswert des Kraftfahrzeugs um 50 % zu erhöhen. Für die zweite und jede weitere Familienheimfahrt anlässlich einer doppelten Haushaltsführung erhöht sich der auf die einzelne Familienheimfahrt entfallende Nutzungswert nur dann um 50 %, wenn für diese Fahrt ein Fahrer in Anspruch genommen worden ist.
    • Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für andere Privatfahrten ein Kraftfahrzeug mit Fahrer zur Verfügung, ist der entsprechende private Nutzungswert des Kraftfahrzeugs wie folgt zu erhöhen:

      1. um 50 %, wenn der Fahrer überwiegend in Anspruch genommen wird,
      2. um 40 %, wenn der Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug häufig selbst steuert,
      3. um 25 %, wenn der Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug weit überwiegend selbst steuert.
    • Wird der pauschal anzusetzende Nutzungswert auf die Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs begrenzt, ist der anzusetzende Nutzungswert um 50 % zu erhöhen, wenn das Kraftfahrzeug mit Fahrer zur Verfügung gestellt worden ist.

    Der Arbeitgeber kann im Lohnsteuerabzugsverfahren den geldwerten Vorteil ansetzen. Diese Wahl kann er im Kalenderjahr für Privatfahrten, für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Familienheimfahrten insgesamt nur einheitlich ausüben.

    Der Arbeitnehmer kann den geldwerten Vorteil aus der Fahrergestellung im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung abweichend von dem Ansatz des Arbeitgebers bewerten und gegenüber dem Finanzamt nachweisen. Diese Wahl kann er im Kalenderjahr für Privatfahrten, für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Familienheimfahrten insgesamt nur einheitlich ausüben.

    Eine abweichende Bewertung setzt voraus, dass der im Lohnsteuerabzugsverfahren angesetzte Vorteil sowie die Grundlagen für die Berechnung des geldwerten Vorteils nachgewiesen werden (z. B. durch eine formlose Mitteilung des Arbeitgebers).

  5. 5. Ferrari eines Freiberuflers

    Die Kosten eines Sportwagens sind nicht abziehbar, soweit ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer die Aufwendungen nicht auf sich genommen hätte.

    Der Fall
    A betreibt eine Kleintierarztpraxis. Er erzielte in 2005 bis 2007 bei Umsätzen von rund 800.000 EUR Gewinne zwischen 200.000 EUR und 350.000 EUR. Als betriebliches Fahrzeug hielt er einen VW Multivan, dessen Privatanteil nach der 1 %-Regelung angesetzt wurde. Ab Oktober 2005 leaste er einen Ferrari Spider (ein Sportwagen mit 400 PS). Nach dem Fahrtenbuch betrug die Gesamtfahrleistung in 2005 550 km. Davon betrafen 104 km einen Kollegenbesuch, die übrigen Fahrten dienten der Unterhaltung des Fahrzeugs (Überführung, Tanken, Reifenwechsel). In 2006 fuhr A rund 3.800 km und in 2007 rund 2.400 km. Davon entfielen rund 3.500 km bzw. 2.100 km auf betriebliche Fahrten, und zwar zu 9 bzw. 5 Fortbildungsveranstaltungen und zu einem Gerichtstermin.

    A ermittelte für 2005 rund 28.000 EUR, für 2006 rund 36.000 EUR und für 2007 rund 34.000 EUR Gesamtkosten und machte den betrieblichen Anteil als Betriebsausgabe geltend.

    Das Finanzamt ließ für die betrieblichen Fahrten pauschal nur 1 EUR je km zum Abzug zu. Das Finanzgericht zeigte sich generöser und erhöhte den angemessenen Teil der Fahrzeugkosten auf 2 EUR je km.

    Entscheidung
    Auch der Bundesfinanzhof ist der Auffassung, dass die Betriebsausgaben für den Ferrari auf einen angemessenen Betrag zu reduzieren sind.

    Der Bundesfinanzhof führt zunächst aus, dass der Ferrari dem (gewillkürten oder notwendigen) Betriebsvermögen zuzuordnen ist. Denn ein geleastes Fahrzeug kann zum Betriebsvermögen gehören, wenn die Grundmietzeit – wie hier – 36 Monate beträgt oder wenn es zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird. Damit stellen die auf die betrieblichen Fahrten entfallenden Aufwendungen Betriebsausgaben dar.

    Der Betriebsausgabenabzug ist jedoch für Aufwendungen, die „die Lebensführung … berühren“, eingeschränkt, „soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind“.

    Zweck der Regelung ist es, unangemessenen betrieblichen Repräsentationsaufwand nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen. Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Lebensführung auch bei rein betrieblicher Veranlassung berührt ist, wenn die Aufwendungen durch die persönlichen Motive, wie dies bei der Beschaffung eines Luxusfahrzeugs dar Fall ist, mitveranlasst sind. Ob solche Aufwendungen unangemessen sind, beurteilt sich sodann danach, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte.

    In die Angemessenheitsprüfung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, vor allem Größe, Umsatz und Gewinn des Unternehmens sowie die Bedeutung der Repräsentation für den Geschäftserfolg. Dementsprechend ist die Anschaffung eines teuren und schnellen Wagens nicht stets unangemessen. Im Streitfall spricht jedoch für die Unangemessenheit einerseits der absolut geringe betriebliche Nutzungsumfang (in 3 Jahren nur 20 Tage) sowie die Beschränkung der wenigen Fahrten auf Reisen zu Fortbildungen und Gerichtsterminen ohne Einsatz in der berufstypischen tierärztlichen Tätigkeit und andererseits der hohe Repräsentations- sowie Affektionswert eines Luxussportwagens.

    Maßstab für die Angemessenheit ist die Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Unternehmers in vergleichbarer Situation. Der Bundesfinanzhof bestätigt den vom Finanzgericht zugrunde gelegten Wert von 2 EUR je km als sachgerecht. Das entspricht aufwendigeren Modellen der Oberklasse (BMW, Mercedes).

  6. 6. Bekanntgabe im Ferrari-Fax-Verfahren

    Die Bekanntgabe eines Bescheids durch Telefax ist erst mit dem Ausdruck durch das Empfangsgerät wirksam.

    Hintergrund
    Die Entscheidung hat nichts mit dem PS-starken Superflitzer aus Italien zu tun. Es geht hier um das sog. Ferrari-Fax-Verfahren der Finanzverwaltung. Dabei schickt der Sachbearbeiter des Finanzamts eine E-Mail mit einer angehängten Datei, die den Text des zu faxenden Schreibens (wie im Streitfall die Einspruchsentscheidung) enthält, über das Intranet der Finanzverwaltung an deren Rechenzentrum. Das Rechenzentrum wandelt die Textdatei in ein Telefax um und sendet es über das Telefonnetz mittels Tonsignalen an die angegebene Nummer. Die E-Mail wird nicht mit einer elektronischen Signatur versehen. Liegt das Zeichnungsrecht beim Sachgebietsleiter, muss dieser den Steuerfall an seinem Computer freigeben, bevor die E-Mail verschickt werden kann.

    Der Fall
    Im Streitfall hatte A (ein Steuerberater) gegen mehrere Bescheide Einspruch eingelegt. Das Finanzamt wies den Einspruch mit einer zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 17.9.2008 zurück. Entsprechend dem Ferrari-Fax-Verfahren veranlasste es die Übersendung der Einspruchsentscheidung über das Rechenzentrum. Bei dem Telefaxgerät des A handelte es sich um ein Multifunktionsgerät, das neben dem Empfang und Versenden von Faxen als Drucker, Scanner und Kopierer genutzt wird.

    Auf eine Mahnung des Finanzamts wegen nichtgezahlter Steuern machte A geltend, das Telefax mit der Einspruchsentscheidung sei im Gerät seines Büros nicht eingegangen. Das damals genutzte Gerät habe eingehende Telefaxe automatisch ausgedruckt. Er habe jedoch, wie sich auch aus seinem Posteingangsbuch ergebe, keinen entsprechenden Ausdruck vorgefunden. Die Einspruchsentscheidung sei daher nicht wirksam bekanntgeben worden. A erhob am 20.11.2008 Klage und trug vor, mangels Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung sei die Klage nicht verfristet. Das Finanzgericht stellte durch Zwischenurteil die Zulässigkeit der Klage fest. Dagegen richtete sich die Revision des Finanzamts.

    Entscheidung
    Auch der Bundesfinanzhof geht von der Zulässigkeit der Klage aus.

    Der Bundesfinanzhof führt zunächst aus, dass die gesetzlich gebotene Schriftform auch durch die Übersendung per Telefax (Computerfax oder Funkfax) gewahrt ist. Es handelt sich dabei nicht um einen elektronischen Verwaltungsakt, sodass für die Wirksamkeit keine elektronische Signatur erforderlich ist. Das gilt auch für die Übersendung im Ferrari-Fax-Verfahren.

    Sodann stellt der Bundesfinanzhof klar, dass die wirksame Bekanntgabe eines Bescheids (hier: Einspruchsentscheidung) durch Telefax erst mit dem Ausdruck durch das empfangende Telefaxgerät vorliegt. Nach dem Vortrag des A und den Feststellungen des Finanzgerichts ist jedoch der bei dem Gerät des A vorgesehene automatische Ausdruck tatsächlich nicht erfolgt. Die einmonatige Frist zur Klageerhebung wurde daher nicht in Lauf gesetzt und die Klage ist nicht verfristet.

  7. 7. Zusatzbeitrag für Krankenkassen: Finanzreform erleichtert die Entgeltabrechnung

    Die Krankenkassen werden ab 2015 individuelle Zusatzbeitragssätze erheben. Kündigt ein Mitglied die Kasse, ist der Versicherte während der Kündigungsfrist – anders als bisher – nicht vor der Zahlung des Zusatzbeitrags geschützt. Diese Änderung erleichtert die Entgeltabrechnung wesentlich.

    Derzeit gilt: Kündigt der Arbeitnehmer die Mitgliedschaft bei seiner Krankenkasse, weil diese erstmalig einen Zusatzbeitrag erhebt, muss während der zweimonatigen Kündigungsfrist der Zusatzbeitrag nicht bezahlt werden. Dies gilt auch, wenn die Krankenkasse einen bestehenden Zusatzbeitrag erhöht. Beide Regelungen sind im Rahmen der Finanzreform abgeschafft worden.

    Zusatzbeiträge über die Entgeltzahlung
    Die Zusatzbeiträge werden künftig nicht mehr vom Mitglied an die Krankenkasse gezahlt, sondern direkt von der beitragspflichtigen Einnahme einbehalten. So sieht es das GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz (GKV-FQWG) vor. Im so genannten Quellenabzugsverfahren haben Arbeitgeber ab dem 1.1.2015 bei der Abrechnung der Entgelte die Zusatzbeiträge mit dem originären Krankenversicherungs-Beitrag einzubehalten und an die Krankenkasse abzuführen.

    Erleichterung für die Entgeltabrechnung
    Würde auch weiterhin eine Kündigung bewirken, dass während der Kündigungsfrist der erstmalige oder erhöhte Zusatzbeitrag nicht zu zahlen wäre, hätte dies fatale Folgen für die Entgeltabrechnung. Bei jeder Veränderung des Zusatzbeitragssatzes müsste überprüft werden, welcher Arbeitnehmer seine Mitgliedschaft gekündigt hat. Abhängig davon wären unterschiedliche Zusatzbeitragssätze zu berücksichtigen.

    Dies wollte man den abrechnenden Stellen nicht antun und hat sich von den bisher geltenden Ausnahmeregelungen getrennt. Erhebt oder erhöht die Krankenkasse ab kommendem Jahr einen Zusatzbeitrag, ist dieser ungeachtet einer Kündigung ab dem Inkrafttreten einzubehalten und abzuführen.

    Bindungsfrist ist hinfällig bei Kündigung wegen Zusatzbeitrag
    Diese konsequente Gangart gilt auch, wenn Arbeitnehmer vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Wählt der Arbeitnehmer eine Krankenkasse, ist er 18 Monate an diese Wahl gebunden. Erhebt jedoch die Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag oder erhöht diesen, kann die Mitgliedschaft bis zum Ablauf des Monats gekündigt werden, in dem der (erhöhte) Zusatzbeitrag erstmals erhoben wird. Aber auch da gilt: Zahlung des Zusatzbeitrags während der Kündigungsfrist.

    Zusatzbeitrag führt zu Mitteilungspflichten der Krankenkassen
    Auch die Krankenkassen müssen sich härteren Spielregeln unterwerfen. Künftig ist jedes Mitglied spätestens einen Monat vor Erhebung oder Erhöhung des Zusatzbeitrags schriftlich darüber zu informieren, dass ein (Sonder-)Kündigungsrecht besteht. In diesem Schreiben muss ferner auf die Übersicht des GKV-Spitzenverbandes hingewiesen werden, der künftig im Internet alle Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen abbilden wird.

    Regelung bei Überschreitung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes
    Obgleich der Gesetzgeber mit der Finanzreform eigentlich vom reinen Preis-Wettbewerb weg wollte, haben die Krankenkassen in dem Schreiben darüber hinaus auf die Möglichkeit hinzuweisen, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln, wenn der festgelegte Zusatzbeitragssatz den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz übersteigt. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag wird vom GKV-Schätzerkreis ermittelt und vom Bundesgesundheitsministerium im Bundesanzeiger jeweils zum 1.11. für das Folgejahr bekannt gegeben.

  8. 8. Mieter kann gefährliches Wespennest sofort entfernen lassen

    Geht von einem Wespennest eine akute Gefahr für den Mieter aus, darf dieser es sofort entfernen lassen. Der Vermieter muss die Kosten erstatten.

    Hintergrund
    Die Mieter einer Wohnung verlangen vom Vermieter den Ersatz von Kosten für die Beseitigung eines Wespennestes.

    Im Sommer 2013 bemerkten die Mieter, dass im Balkonbereich viele Wespen flogen und entdeckten ein Wespennest. Sie versuchten, den Vermieter telefonisch zu erreichen, allerdings erfolglos. Daraufhin verständigten die Mieter die Feuerwehr. Diese entfernte das Wespennest aus dem Rollladenkasten.

    Die Mieter verlangen vom Vermieter Erstattung der Kosten, die für den Einsatz der Feuerwehr zur Entfernung des Wespennestes angefallen sind. Die umgehende Entfernung des Wespennestes sei erforderlich gewesen, um ihr Kleinkind vor Wespenstichen zu schützen. Außerdem bestehe bei einem der Mieter eine Allergieproblematik. Der Vermieter meint, die Sache sei nicht dringlich gewesen, sodass die Mieter hätten abwarten können, bis sie ihn erreichen.

    Entscheidung
    Der Vermieter muss den Mietern die Kosten für die Entfernung des Wespennestes erstatten. Dies ergibt sich aus § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB. Demnach kann der Mieter einen Mangel selbst beseitigen und die hierfür erforderlichen Kosten ersetzt verlangen, wenn die umgehende Mangelbeseitigung zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.

    Angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls sah das Gericht diese Voraussetzungen als gegeben an, auch wenn es sich um eine Entscheidung im Grenzbereich handle. Aus einer Ex-Post-Sicht wäre es den Mietern zwar zumutbar gewesen, zu warten, bis die den Vermieter erreichen. Aus der hier maßgeblichen Ex-Ante-Sicht der Mieter, die am konkreten Tag mit einem derartigen Schwarm Wespen konfrontiert wurden, war es aber nachvollziehbar, die Beseitigung der Wespen zu veranlassen, nachdem sie den Vermieter nicht erreicht hatten.

  9. 9. Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen

    Eine abgerechnete, aber tatsächlich nicht erbrachte Leistung berechtigt den Rechnungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug und nicht zum Betriebsausgabenabzug. Es gibt kein Korrespondenzprinzip, wonach die Besteuerung beim Empfänger der Zahlung mit derjenigen beim Zahlenden übereinstimmen muss, vielmehr ist die Besteuerung bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen.

    Sachverhalt
    Der als Versicherungsvertreter sowie Unternehmensberater tätige Kläger hat nach Auffassung des Finanzamts Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträge aus Scheinrechnungen für Schulungsleistungen von beauftragten Subunternehmern abgezogen. Deshalb erhöhte das Finanzamt die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und den Gewerbesteuermessbetrag und kürzte den Vorsteuerabzug. Die angeblich von dem Kläger beauftragte B-GmbH war weder im Handelsregister eingetragen noch beim Finanzamt steuerlich geführt. Die Subunternehmer E-GmbH und F-Schulungsunternehmen hatten bei den zuständigen Finanzämtern keine Einnahmen erklärt.

    Dagegen wies der Kläger darauf hin, dass bezüglich des F-Schulungsunternehmens das Finanzamt auf seine Nachfrage keine Bedenken gegen die geltend gemachten Vorsteuerbeträge hatte und dass bezüglich der E-GmbH das Finanzamt mitgeteilt habe, dass die E-GmbH veranlagt worden sei. Auch seien die abgerechneten Leistungen wirklich erbracht worden. Die durch Förderzuschüsse geförderten Unternehmer und ihre Mitarbeiter hätten die ordnungsgemäße Durchführung der Schulungen bescheinigt.

    Entscheidung
    Nach Auffassung des Finanzgerichts genügt es für den Betriebsausgabenabzug nicht, dass die Leistung anstatt vom Empfänger des Entgelts von einem Dritten erbracht wurde; insoweit fehle es an einer im Betrieb begründeten Leistungsbeziehung. Deshalb reicht allein die Tatsache, dass eine Leistung dem Betrieb in Rechnung gestellt wird, für die Annahme der betrieblichen Veranlassung nicht aus. Die Leistung muss auch tatsächlich vom Rechnungsaussteller erbracht worden sein. An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall.

    Zudem gibt es kein Korrespondenzprinzip, wonach die Besteuerung beim Empfänger der Zahlung mit derjenigen beim Zahlenden übereinstimmen muss, vielmehr ist die Besteuerung bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen.

    Das Finanzgericht ging davon aus, dass die abgerechneten Leistungen ganz oder teilweise nicht erbracht worden sind. Deshalb sah sich das Finanzgericht auch nicht in der Lage, einen Teil der Aufwendungen im Wege der Schätzung zu berücksichtigen.

    Entsprechendes gilt für den Vorsteuerabzug. Da der Vorsteuerabzug mangels nachgewiesener Leistung ausscheide, komme es auf die Frage, ob es sich bei den Schulungsunternehmen um Scheinunternehmer handelte, nicht an. Die vom Kläger vorgelegten „Auskunftsersuchen“ der geförderten Unternehmer hielt das Finanzgericht daher nicht für entscheidungserheblich.

  10. 10. Auch Minijobber haben Urlaubsanspruch

    Ferienzeit heißt auch Urlaubszeit für die Unternehmen. Das gilt natürlich nicht nur für Vollzeitkräfte. Ebenso Aushilfen wie z. B. 450 EUR-Beschäftigte haben einen Urlaubsanspruch – mit denselben kniffligen Fragen, die auch bei anderen Teilzeitbeschäftigten entstehen.

    Der Gesetzgeber hat es in § 2 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) klar zum Ausdruck gebracht: Die geringfügige Beschäftigung ist eine Sonderform des Teilzeitarbeitsverhältnisses. Insoweit bestehen für diese Arbeitnehmer überwiegend dieselben Rechte und Pflichten wie für Vollzeitbeschäftigte. Unabhängig davon also, wie geringfügig Beschäftigte sozialversicherungsrechtlich zu behandeln sind (als geringfügig entlohnte oder als kurzfristig Beschäftigte): Rein arbeitsrechtlich stehen ihnen grundsätzlich genauso Urlaubstage oder z. B. auch Entgeltfortzahlung zu.

    Urlaubsanspruch auch für Minijobber
    Wie lange Minijobber im Jahr Urlaub machen können, das kann – ebenso wie bei anderen Teilzeitarbeitsverhältnissen – in Einzelfällen schwierig zu berechnen sein. Auch die Höhe des Urlaubsentgelts sowie die des zusätzlich vom Arbeitgeber etwa versprochenen Urlaubsgelds bieten immer wieder Anlass für Auseinandersetzungen zwischen Teilzeitbeschäftigten und Arbeitgeber.

    Grob zusammengefasst ist zunächst zu unterscheiden zwischen Teilzeitbeschäftigten, die an den gleichen Wochentagen vor Ort sind wie Ihre Vollzeitkollegen (jedoch weniger pro Tag arbeiten) und jenen Mitarbeitern, die an weniger Arbeitstagen innerhalb einer Woche tätig sind.

    Gleiche Wochenarbeitstage, gleiche Urlaubstage
    Im ersten Fall stehen bei Teilzeitbeschäftigten, also auch bei Minijobbern, gleich viele Urlaubtage auf der Habenseite wie bei den Vollzeitbeschäftigten. Der Unterschied wirkt sich im Urlaubsentgelt aus, das sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der vergangenen 13 Wochen vor Urlaubsbeginn bemisst.

    Arbeiten Teilzeitbeschäftigte regelmäßig an weniger Wochentagen, so ist die Zahl der Urlaubstage entsprechend zu verringern. Das Verhältnis entspricht jenem, in dem die tatsächlichen Beschäftigungstage zu den Werktagen des Kalenderjahres stehen. Bei einem Erholungsurlaub von 25 Tagen im Jahr und einer 5-Tage-Woche im Betrieb, besteht bei 3 regelmäßigen Wochenarbeitstagen z. B. ein Urlaubsanspruch von 15 Tagen (25 Urlaubstage/5 Wochenarbeitstage x 3 regelmäßige Arbeitstage).

    Urlaub auch mit Teilzeitkräften abstimmen
    Auch Teilzeitkräfte sind auf Urlaub in der Ferienzeit angewiesen, sodass sich häufig die Urlaubswünsche verschiedener Mitarbeiter überschneiden. Einigen sich die Mitarbeiter nicht, so kann der Arbeitgeber Urlaubswünsche von Mitarbeitern ablehnen, wenn diese den Planungen der Kollegen entgegenstehen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen. Es besteht jedoch kein genereller Vorrang der Arbeitnehmer mit betreuungs- oder schulpflichtigen Kindern. Letztlich ist immer im Einzelfall abzuwägen. Eventuell kann auch eine Betriebsvereinbarung sinnvoll sein, die die Grundsätze zur Urlaubsgewährung regelt.

  11. 11. Beginn der Einspruchsfrist: Wann der Einwurf in den Briefkasten nicht genügt

    Wann gilt ein Finanzgerichtsurteil als zugestellt, wenn auf dem Brief das Datum der Zustellung nicht vermerkt ist? Eine Streitfrage, die sogar die Senate des Bundesfinanzhofs spaltete. Der Große Senat hat nun entschieden.

    Die Einspruchsfristen im Steuerrecht haben ihre Tücken, insbesondere dann, wenn noch Feiertage zu berücksichtigen sind. Das bereitete in einer aktuellen Auseinandersetzung auch dem Bundesfinanzhof einiges Kopfzerbrechen.

    Der Streitfall
    In dem Streit hatte das Finanzgericht eine Klage abgewiesen, aber zur Revision zugelassen. Der Zusteller hatte den Brief mit dem Urteil am Vormittag des 24.12.2008 in den Briefkasten der bevollmächtigten Rechtsanwaltssozietät eingesteckt. Dabei vergaß er allerdings, auf dem Briefumschlag den gesetzlich vorgeschriebenen Vermerk über das Datum der Zustellung anzubringen. Als die Kanzlei nach den Weihnachtsfeiertagen am 29.12.2008 wieder öffnete, fanden die Mitarbeiter den undatierten Brief vor. Der bevollmächtigte Anwalt ging daher von einer Zustellung an jenem Tag aus und legte entsprechend Revision ein, die beim Bundesfinanzhof am 27.1.2009 einging.

    Der zuständige VIII. Senat des Bundesfinanzhofs hielt die Revision jedoch für verspätet, weil die Monatsfrist schon am 24.12.2008 (Heiligabend) begonnen habe. Begründung: Auch am Heiligabend könne davon ausgegangen werden, dass Postsendungen, die bis mittags eingeworfen werden, beim Adressaten landen. Allerdings hatten andere Senate des Bundesfinanzhofs schon die Auffassung vertreten, dass ein solcher Brief erst dann als zugegangen gelten kann, wenn der Empfänger ihn nachweislich in Händen hält. Nach dieser Interpretation wäre die Frist beim Eingang des Revisionsschreibens am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen gewesen.

    Großer Senat entscheidet großzügig
    Wegen der unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der Senate musste der Fall zur Klärung an den Großen Senat. Der legte die Fristenregelung großzügiger aus als die Kollegen vom VIII. Senat. Die Richter hoben dabei auf den Unterschied zwischen Zugang und Zustellung ab. So sei nach dem BGB für eine Willenserklärung der Zugang erforderlich. Das sei der Fall, wenn diese Willenserklärung in den Bereich des Empfängers, also zum Beispiel in seinen Briefkasten, gelangt ist. Bei einer Zustellung liege der Fall jedoch anders, betonten sie. Sind nämlich zwingende Zustellungsvorschriften nicht eingehalten worden, gilt die Willenserklärung erst zu dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Schriftstück dem Empfänger „tatsächlich zugegangen“ ist. Denn eine vorschriftswidrige Zustellung solle erst dann eine Frist auslösen, wenn der Empfänger tatsächlich und nicht nur potenziell Kenntnis genommen hat. Daher habe derjenige das Risiko einer misslungenen Zustellung zu tragen, der mit der Zustellung fristgebundene Rechtsfolgen auslösen wolle. Daher muss der VIII. Senat nun in der Revision im eigentlichen Streitfall entscheiden.

  12. 12. Abzugsverbot für Bestechungsgelder und damit zusammenhängende Aufwendungen

    Das Abzugsverbot umfasst auch die Kosten des Strafverfahrens und den Verfall von Wertersatz, wenn das Strafgericht bei der Bemessung des Verfallsbetrags die Ertragsteuerbelastung berücksichtigt hat.

    Hintergrund
    Dem komplizierten Sachverhalt liegt folgende Konstellation zugrunde: K betrieb die Planung und Einrichtung von Kfz-Werkstätten. X war Angestellter eines Automobilkonzerns (A), der die Niederlassungen und Vertragshändler bei der Werkstattausrüstung und Auftragsvergabe beriet. K vereinbarte mit X bzw. dessen Ehefrau, Beträge aus seinen Aufträgen für A-Niederlassungen und -Vertragshändler an die X-GmbH abzuführen. Deren Alleingesellschafterin war Frau X. Geschäftsführer war der Sohn der Eheleute X. Der Unternehmensgegenstand der X-GmbH war mit dem des K identisch. Die Zahlungen dienten einerseits dazu, K bei der Auftragsvergabe durch X zu bevorzugen; andererseits sollte auch die X-GmbH von Bemühungen um Aufträge des A abgehalten werden.

    In 2007 wurde K vom Landgericht wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Das Landgericht ging davon aus, die Hälfte der Zahlungen habe dazu gedient, X zu einer Bevorzugung des K bei der Auftragsvergabe zu veranlassen (Bestechung im geschäftlichen Verkehr). Bei der anderen Hälfte habe es sich um eine – nicht strafbare – Wettbewerbsabsprache gehandelt, um die X-GmbH von einem stärkeren Markteintritt abzuhalten. Das Landgericht ordnete ferner den Verfall von Wertersatz an.

    Nach Ergehen des Strafurteils berücksichtigte das Finanzamt von den Zahlungen der Jahre 1999 und 2000 an die X-GmbH (rund 400.000 DM) lediglich 50 % (betreffend die Wettbewerbsabsprache) als Betriebsausgaben. Ferner lehnte das Finanzamt den Antrag des K, für 2003 und 2005 Rückstellungen für den Verfallsbetrag (210.000 EUR) und für die Kosten des Strafverfahrens (70.000 EUR) zu bilden, ab. Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht ab.

    Entscheidung
    Auch die Revision wurde zurückgewiesen.

    Mit den Zahlungen an die X-GmbH hat K – unabhängig davon, ob die Beträge letztlich bei X gelandet sind – durch Bestechung einem Dritten einen Vorteil dafür gewährt, dass X ihn bei der Auftragsvergabe bevorzugte. Das Bestechungsgeld ist nicht abziehbar. Unter dieses Abzugsverbot fallen als „mit der Zuwendung von Vorteilen zusammenhängende Aufwendungen“ auch die Kosten des Strafverfahrens. Auch wenn K nur mit der Hälfte der Zuwendungen den Straftatbestand verwirklicht hat, ist gleichwohl der Gesamtbetrag der Kosten des Strafverfahrens nicht abziehbar. Denn die Höhe der Strafverfahrenskosten wurde nicht davon beeinflusst, dass nur die Hälfte der Zahlungen unter den Bestechungsvorwurf fiel.

    Der Bundesfinanzhof lehnt auch eine Rückstellungsbildung für die Beträge, die K als Verfall des Wertersatzes zu zahlen hatte, ab. Auch insoweit handelt es sich um „mit der Zuwendung von Vorteilen zusammenhängende Aufwendungen“. Im wirtschaftlichen Ergebnis handelt es sich um die Rückzahlung erzielter – und versteuerter – Betriebseinnahmen. Allerdings darf es nicht zu einer Belastungskumulation und einer Über-Abschöpfung kommen. Es ist daher zu prüfen, ob bei der Bemessung des Verfallsbetrags die Ertragsteuerbelastung mindernd berücksichtigt worden ist. Ist dies nicht der Fall, darf im Besteuerungsverfahren das Betriebsausgabenabzugsverbot nicht angewandt werden. Das Landgericht hatte allerdings im Strafurteil die Ertragsteuerbelastung berücksichtigt, sodass das Abzugsverbot im Streitfall nicht zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung führte.

  13. 13. Steuerstundung auch möglich, wenn Geld da ist

    Finanzämter müssen eine Stundung von Steuernachzahlungen auch dann gewähren, wenn der Steuerpflichtige zwar zahlen kann, aber dann nicht in der Lage wäre, kurz- oder mittelfristig fälligen privaten oder beruflichen Zahlungspflichten nachzukommen.

    Eine Situation, die bei Selbstständigen immer wieder vorkommt: Die Geschäfte laufen in einem Jahr sehr gut, aber der Unternehmer vergisst, entsprechend dem zu erwartenden höheren Gewinn die Einkommensteuervorauszahlung zu erhöhen oder eine entsprechende Rücklage für eine Steuernachzahlung zu bilden. Flattert dann der Steuerbescheid ins Haus, folgt das böse Erwachen, weil das Finanzamt eine drastische Nachzahlung fordert.

    Steuernachzahlung von mehr als 25.000 EUR
    So war es auch in einem aktuellen Streitfall. Ein Selbstständiger, der offenbar ein erfolgreiches Jahr 2009 hinter sich hatte, erhielt im Februar 2012 den Einkommensteuerbescheid 2009, in dem das Finanzamt eine Einkommensteuernachzahlung sowie eine nachträgliche Vorauszahlung für das vierte Quartal 2011 von insgesamt 25.000 EUR festgesetzt hatte. Er beantragte deshalb eine Stundung gegen Ratenzahlung, da er wegen verschiedener Gründe zur Zahlung nicht in der Lage sei.

    Daraufhin flatterte ihm ein Fragebogen des Finanzamts zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ins Haus. Außerdem wollte das Finanzamt wissen, warum es nicht möglich sei, dass er einen Kredit aufnimmt. Die Antworten konnten das Finanzamt nicht überzeugen. Es lehnte den Stundungsantrag mit der Begründung ab, dass die vorgebrachten Gründe persönlicher Natur seien, weil sie sich aus den persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Selbstständigen ergäben. Für eine Stundung aus persönlichen Gründen sei aber keine Bedürftigkeit erkennbar, da noch liquide Mittel und ein Wertpapierdepot vorhanden seien. Gleichwohl sah das Finanzamt von Vollstreckungsmaßnahmen ab, wenn der Steuerschuldner die Raten weiter zahle. Dagegen legte der Selbstständige Einspruch mit der Begründung ein, dass entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sehr wohl persönliche Stundungsgründe vorlägen.

    Finanzamt muss über Stundung neu entscheiden
    Nachdem das Finanzamt den Einspruch zurückgewiesen hatte, landete der Fall vor dem Sächsischen Finanzgericht. Immerhin hat die Klage dahingehend Erfolg, dass das Gericht die Finanzverwaltung dazu verpflichtete, einen neuen Bescheid zum Stundungsantrag zu erlassen. Denn die Abgabenordnung erlaube dem Finanzamt, Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise zu stunden, wenn ein sofortiger Einzug eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet sei.

    Beide Voraussetzungen pflegen sich regelmäßig ganz oder teilweise gegenseitig auszuschließen, sodass eine Abwägung erforderlich sei. An dieser Stelle, so das Finanzgericht, habe die Finanzverwaltung ihren Ermessenspielraum nicht richtig genutzt. Insbesondere habe die Finanzverwaltung verkannt, dass Zahlungsschwierigkeiten und damit eine erhebliche Härte nicht erst entstehen, wenn keine oder nicht ausreichend liquide Mittel vorhanden sind. Sie könnten bereits dann vorliegen, wenn vorhandene Mittel zwar für die Zahlung der Steuerschuld ausreichen, dann jedoch private oder berufliche Verbindlichkeiten nicht mehr beglichen werden könnten, wie es im Streitfall sei.

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer  
  1. 1. Gewerbesteuerkürzung bei der Beteiligung an einer Grundstücks-GbR

    Das Halten einer Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ohne dass dies zu weiteren Erträgen führt, ist für die Gewerbesteuerkürzung unschädlich.

    Hintergrund
    Eine GmbH & Co. KG (KG) war an 4 Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, welche grundstücksverwaltende Immobiliengesellschaften waren und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielten. Diese Einkünfte wurden auf der Ebene der KG in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umqualifiziert. Die KG betrachtete die GbR-Beteiligungen als unschädlich für die sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung. Das Finanzamt ging jedoch davon aus, dass es sich bei der KG um eine Beteiligungsgesellschaft handelt und versagte die Kürzung des Gewerbeertrags.

    Entscheidung
    Das sieht das Finanzgericht anders und gibt der Klage der KG statt. Denn das Halten einer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Grundstücks-GbR durch eine gewerblich geprägte KG schließt die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nicht aus. Entscheidend war der Umstand, dass die KG für die Übernahme der Geschäftsführung bei der GbR kein Entgelt erhielt und auch keine anderen schädlichen Nebentätigkeiten ausgeübt worden sind. Da die Kürzungsvorschrift aber auf Erträge abstellt, ist eine weitere Tätigkeit als solche nicht schädlich, solange hieraus keine Erträge zufließen.

    Auch sei für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht auf das zivilrechtliche Eigentum an den Grundstücken abzustellen. Vielmehr ist hierfür ebenfalls die ertragsteuerliche Zurechnung der Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen der KG relevant. Damit beschränkt sich die Tätigkeit der KG auf die Verwaltung eigener Grundstücke.