Mandantenbrief Steuern Unternehmer November 2015

Unternehmer
und Freiberufler

1.

Verkauf fremder Ware ist
unternehmerische Tätigkeit

2.

Änderung eines Steuerbescheids:
Wann liegt arglistige Täuschung vor?

3.

Falsche Beschuldigungen gegenüber
dem Vermieter: Fristlose Kündigung gerechtfertigt

4.

Baum gefällt: Vermieter muss
Kosten selbst tragen

5.

Bearbeitungsgebühr für Kredit:
Bei Geschäftskunden zulässig

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1.

Übernahme einer Bürgschaft:
Achtung Fremdvergleich

 

 

 

Unternehmer und Freiberufler

 

 

1.  Verkauf
fremder Ware ist unternehmerische Tätigkeit

 

Wer planmäßig, wiederholt und mit
erheblichem Organisationsaufwand fremde Ware über das Internet in eigenem Namen
verkauft, übt eine unternehmerische und damit umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit
aus. Das gilt auch für Pelzmantelsammlung der verstorbenen Schwiegermutter.

 

Hintergrund

Eine selbstständige Finanzdienstleisterin (F)
verkaufte in den Jahren 2004 und 2005 über eine Internethandelsplattform
mindestens 140 Pelzmäntel für insgesamt ca. 90.000 EUR an einzelne Erwerber.
Nach den Angaben der F stammten die Pelzmäntel aus der privaten
Pelzmantelsammlung ihrer verstorbenen Schwiegermutter, deren Haushalt sie
auflöste. Die unterschiedliche Größe der verkauften Pelze begründete F damit,
dass sich eine Kleidergröße „schon mal ändern könne“. Der Verkauf
einer privaten Sammlung sei keine unternehmerische Tätigkeit.

Das Finanzamt hielt das Vorbringen der F nicht für
glaubhaft und setzte für die Verkäufe Umsatzsteuer fest.

Das Finanzgericht gab der Klage der F statt. Denn der
Bundesfinanzhof hatte zu Briefmarken- und Münzsammlern entschieden, dass die
Veräußerung als letzter Akt einer privaten Sammlertätigkeit selbst dann nicht
zu einer Besteuerung als Unternehmer führe, wenn Erlöse in beachtlichem Umfang
erzielt würden.

 

Entscheidung

Dagegen entschied der Bundesfinanzhof, dass F
unternehmerisch tätig gewesen sei.

F habe keine eigenen, sondern fremde Gegenstände im
eigenen Namen verkauft. Bereits deshalb sei der Streitfall nicht mit den vom
Finanzgericht herangezogenen Urteilsfällen vergleichbar. Darüber hinaus seien
Pelzmäntel – anders als Briefmarken oder Münzen – keine typischen
Sammlerstücke, sondern Gebrauchsgegenstände. Mit der Verkaufstätigkeit eines
privaten Sammlers habe die Tätigkeit der F somit nichts zu tun.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse stellt sich
deshalb die Tätigkeit der F als unternehmerisch dar. F habe aktive Schritte zur
Vermarktung der Pelzmäntel unternommen und sich dabei ähnlicher Mittel bedient
wie z. B. ein Händler. Damit habe sie das maßgebliche Beurteilungskriterium
dafür, dass eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt, erfüllt.

 

2. 
Änderung
eines Steuerbescheids: Wann liegt arglistige Täuschung vor?

 

Hat der Steuerpflichtige seinen
Sachverhalt im Veranlagungsverfahren vollständig offengelegt und im Einspruchsverfahren
lediglich eine andere rechtliche Würdigung vorgetragen, kann das Finanzamt den
bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid nicht mehr ändern. Denn es liegen
weder neue Tatsachen noch arglistige Täuschung vor.

 

Hintergrund

Die Eheleute wurden für 2007 zusammen zur ESt
veranlagt. Die Ehefrau (F) war bis 30.6 bei A und ab 1.7. bei B beschäftigt. F
erklärte eine Bruttoarbeitslohn von ./. 20.201 EUR und Entschädigungen von
174.034 EUR. Ihre Arbeitgeber übermittelten dem Finanzamt elektronisch für 1.1.
bis 30.6. einen Bruttoarbeitslohn von ./. 26.980 EUR und einen ermäßigt zu
besteuernden Arbeitslohn von 174.034 EUR (und v. 1.7. bis 31.12. einen
Bruttoarbeitslohn von 6.920 EUR).

F reichte einen mit A geschlossenen Aufhebungsvertrag
ein. Danach sollte sie wegen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6. eine
Abfindung von 174.034 EUR erhalten, von der 50.017 EUR in eine
Direktversicherung einbezahlt werden sollten. Außerdem reichte sie eine
Bescheinigung der A mit einer Aufstellung der bescheinigten Summe in der
Lohnsteuer-Bescheinigung ein. Danach hatte A die Einzahlung in die
Direktversicherung bei der Berechnung des eingetragenen Bruttoarbeitslohn statt
bei der Abfindung als Abzugsposten berücksichtigt und gelangte so zu einem Bruttoarbeitslohn
von ./. 26.980 EUR.

Bei der Einkommensteuer-Festsetzung wies das FA darauf
hin, dass der Bruttoarbeitslohn 29.956 EUR betrage. Ein Abzug vom
Bruttoarbeitslohn sei ausgeschlossen.

Dagegen legten die Eheleute Einspruch ein. Das
Finanzamt half (durch eine andere Sachbearbeiterin) dem Einspruch mit
Änderungsbescheid ab; dieser wurde bestandskräftig.

Später stellte das Finanzamt anlässlich bei einer bei
A durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung fest, dass die Beiträge zur
Direktversicherung nicht mit der Abfindung, sondern mit dem Bruttoarbeitslohn
verrechnet worden waren. Daraufhin erließ das Finanzamt einen geänderten
Bescheid und berücksichtigte dabei – wie im ursprünglichen Bescheid v.
25.11.2008 – einen Bruttoarbeitslohn von 29.956 EUR und eine Entschädigung von
124.017 EUR.

Das Finanzgericht gab der Klage statt, da der Bescheid
weder wegen neuer Tatsachen noch wegen arglistiger Täuschung habe geändert
werden dürfen.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigt die Auffassung des
Finanzgerichts, dass die Voraussetzungen für die Änderung des bestandskräftigen
Änderungsbescheids nicht vorliegen.

Der Bescheid konnte nicht wegen nachträglich bekannt
gewordener Tatsachen geändert werden. Denn dem Finanzamt waren bereits beim
Erlass des Änderungsbescheids sämtliche für die Besteuerung maßgeblichen
Tatsachen bekannt, nämlich der Auflösungsvertrag, die Abfindung, die Einzahlung
in eine Direktversicherung sowie dass A in der Lohnsteuer-Bescheinigung die
Einzahlung in die Direktversicherung bei der Berechnung des Bruttoarbeitslohns (statt
bei der Entschädigung) als Abzugsposten berücksichtigt hatte. Auf die
individuelle Kenntnis bzw. Unkenntnis der neu zuständigen Sachbearbeiterin
kommt es dabei nicht an. Die abweichende rechtliche Würdigung ist keine neue
Tatsache.

Auch eine Änderung wegen arglistiger Täuschung kommt
nicht in Betracht. Zwar darf ein Bescheid geändert werden, wenn er durch
unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung usw. erwirkt worden ist. Unter
arglistiger Täuschung ist die bewusste und vorsätzliche Irreführung zu verstehen,
wie jedes vorsätzliche Verschweigen oder Vortäuschen von Tatsachen, durch das
die Willensbildung der Behörde unzulässig beeinflusst wird. Das liegt hier
nicht vor. Der schlichte Vortrag einer anderen Rechtsauffassung ist nicht
arglistig oder in sonstiger Weise unlauter.

 

3.  Falsche
Beschuldigungen gegenüber dem Vermieter: Fristlose Kündigung gerechtfertigt

 

Mieter sollten ihren Vermieter nicht
beschimpfen und sich vor falschen Beschuldigungen hüten. Denn sonst darf der
Vermieter fristlos kündigen.

 



 

Hintergrund

Der Vermieter einer hatte das Mietverhältnis fristlos
gekündigt, weil die Mieterin gegenüber Dritten ehrverletzende Aussagen über ihn
gemacht habe.

Konkret wirft der Vermieter der Mieterin vor, sich
gegenüber weiteren Mietern im Haus zu seiner Person abfällig geäußert zu haben.
Sie habe behauptet, er sei so geldgierig, dass man das auf keinen Fall dulden
dürfe. Er würde Mieter abzocken und habe sie bei einem Besuch in der Wohnung
sexuell belästigt.

Die anderen Mieter bestätigten die Darstellung des
Vermieters.

 

Entscheidung

Die Kündigung ist wirksam.

Die Anschuldigungen der Mieterin sind derart massiv,
dass dem Vermieter nicht zugemutet werden kann, das Mietverhältnis
fortzusetzen. Der Vermieter hat die Mieterin nicht provoziert oder sich sonst
falsch verhalten. Die Mieterin hat völlig ohne Anlass falsche Behauptungen
gegenüber den Mitmietern aufgestellt. Diese sind geeignet, die Ehre des
Vermieters nachhaltig zu beschädigen.

 

4.    Baum
gefällt: Vermieter muss Kosten selbst tragen

 

Lässt der Vermieter einen Baum fällen,
darf er die dafür anfallenden Kosten nicht auf die Mieter umlegen. Denn diese
Aufwendungen zählen nicht zu den Betriebskosten.

 

Hintergrund

Der Vermieter hatte einen Baum fällen lassen. Dieser
war bei einem Sturm umgeknickt und teilweise auf das Nachbargrundstück
gefallen. Für das Fällen des Baumes entstanden Kosten von fast 1.800 EUR. Diese
hat der Vermieter anteilig in die umstrittene Betriebskostenabrechnung
eingestellt. Damit waren die Mieter nicht einverstanden.

 

Entscheidung

Die Kosten für das Baumfällen durfte der Vermieter
nicht als Betriebskosten auf die Mieter umlegen. Die Kostenposition erfüllt
nicht den Betriebskostenbegriff.

Kosten für das Baumfällen sind nicht mit regelmäßig
wiederkehrenden Kosten wie z. B. der Reinigung des Öltanks etwa alle fünf Jahre
oder dem regelmäßigen Rückschnitt von Bäumen und Sträuchern vergleichbar. Daher
kann der Vermieter die Kosten, die anfallen, wenn er einen Baum fällen lässt,
nicht auf die Mieter umlegen.

Das Entstehen derartiger Kosten ist für den Mieter
überraschend und nicht kalkulierbar. Aufgrund der jahrzehntelangen Lebensdauer
von Bäumen muss ein Mieter nicht damit rechnen, plötzlich und unvorhersehbar in
einem Jahr mit Kosten für das Fällen belastet zu werden.

 

5. Bearbeitungsgebühr
für Kredit: Bei Geschäftskunden zulässig

 

Verlangt eine Bank für die Bearbeitung
eines Kredits Gebühren, kann dies gegenüber Geschäftskunden zulässig sein.

 

Die Bank hatte mit einer im Handelsregister
eingetragenen Gesellschaft im Jahr 2005 einen Kreditrahmen über 900.000 EUR
vereinbart. Diesen Kreditrahmen konnte die Gesellschaft nach ihrer Wahl über 2
Kontokorrentlinien sowie über eine Avallinie in Anspruch nehmen. In dem
Vertragsformular wurde eine nicht laufzeitabhängige, sofort fällige
Bearbeitungsgebühr in Höhe von 9.000 EUR festgeschrieben.

Im Jahr 2015 forderte die Klägerin die Rückzahlung der
Bearbeitungsgebühr. Diese sei nicht rechtsverbindlich vereinbart worden, weil
es sich nicht um eine individuelle Absprache, sondern um eine einseitige
Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen handle. Die Regelung
beinhalte eine unangemessene Benachteiligung der Kundin, sodass sie unwirksam
sei. Der Bundesgerichtshof habe im Jahr 2014 abschließend geklärt, dass die
Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten durch Allgemeinen Geschäftsbedingungen
nicht zulässig sei.

 



 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des
Gerichts gelten die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze in erster
Linie für Verbraucher und sind auf AGB, die gegenüber Kaufleuten benutzt
werden, nicht ohne weiteres übertragbar.

Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass ein Teil des
Kredits als Avallinie ausgewiesen sei. Ein solcher Avalkredit sei rechtlich als
Kreditleihe zu qualifizieren. Hierfür könne die Bank auch ohne entsprechende
Vereinbarung Zinsen und eine angemessene Provision verlangen.

Die Bearbeitungsgebühr sei auch deshalb
gerechtfertigt, weil der Bank Bearbeitungsaufwand auch im Interesse des Kunden
entstehe. Bei einem Kredit im Rahmen eines Handelsgeschäfts prüfe die Bank
beispielsweise die Bonität des Kunden nicht nur im eigenen Interesse, sondern
auch im Interesse des Kunden. Dieser sei zur Buchführung und Bilanzierung
verpflichtet. Die Bonitätskontrolle durch die Bank diene daher auch der
Selbstkontrolle des Kunden. Auch insoweit sei hier die Erhebung einer
Bearbeitungsgebühr nicht mit einer Bearbeitungsgebühr gegenüber einem Verbraucher
zu vergleichen, bei dem die Bank die Bonitätsprüfung allein im eigenen
Interesse vornehme.

 

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 

 

1.   Übernahme
einer Bürgschaft: Achtung Fremdvergleich

 

Wann ist bei einer Bürgschaft von einer
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auszugehen? Das entscheidet sich
nach den vereinbarten Bedingungen der Bürgschaftsübernahme.

 

Hintergrund

Die klagende K-GmbH, die zu 90 % von M (= Mutter)
gehalten wird, betreibt den Handel mit iranischen Firmen. Geschäftsführer ist V
(= Vater). S-1 (= Sohn von M und V) wurde Einzelprokura erteilt. In 2000
gründete V mit S-2 (= Sohn von M und V) die F-GmbH mit gleichem
Unternehmenszweck. S-2 und S-1 waren die Geschäftsführer. In 2004 bürgte die
K-GmbH für 2 durch die F-GmbH ausgestellte Wechsel über 230.000 EUR, ohne
hierfür eine Gegenleistung zu erhalten. Seit 2003 gewährte die K-GmbH der
F-GmbH verzinste Darlehen. Diese wurden bei Fälligkeit nur teilweise
zurückgezahlt, vielfach wurden die Verträge verlängert. In 2009 meldete die
F-GmbH Insolvenz an. Daraufhin wurde die K-GmbH aus der Bürgschaft in Anspruch
genommen.

Bei einer Betriebsprüfung der K-GmbH wurde
der Aufwand aus der Bürgschaft in 2009 i. H. v. 230.000 EUR aufgrund des
fehlenden betrieblichen Bezugs als verdeckte Gewinnausschüttung dem Gewinn
hinzugerechnet. Dagegen wendete sich die K-GmbH.

 

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet. Die von der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze zur Darlehensgewährung sind aufgrund der
wirtschaftlichen Vergleichbarkeit sinngemäß anwendbar. Bei einer
Bürgschaftsübernahme für einen von einem Dritten an einen Gesellschafter oder
eine diesem nahe stehende Person gewährten Kredit entscheidet sich die Frage
nach der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis nach den vereinbarten
Bedingungen der Bürgschaftsübernahme, insbesondere nach Vergütung, Sicherheiten
und Inanspruchnahmerisiko.

Im vorliegenden Fall findet die Vermögensminderung
durch die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ihre Veranlassung im
Gesellschaftsverhältnis. Die Übernahme der Bürgschaft ohne Besicherung lässt
sich nur durch die familiäre Verbundenheit der Gesellschafter der Klägerin und
der F-GmbH erklären. Die Existenzsicherung der F-GmbH war für die Klägerin in
2004 wirtschaftlich auch nicht derart bedeutend, dass sie deren Zusammenbruch
unbedingt vermeiden musste. Darüber hinaus hätte ein fremder Dritter beim
Bestehen von Darlehensforderungen zunächst auf deren Ausgleich bestanden.