Mandantenbrief Steuern Unternehmer März 2016

 

Unternehmer
und Freiberufler

1.

Klage per E-Mail kann zulässig
sein

2.

Keine Vorsteuervergütung bei
fehlenden Angaben

3.

Steuerermäßigung bei Beförderung:
Diese gilt auch für einen Subunternehmer

4.

Handwerkskammer-Zusatzbeiträge:
Wann Rückstellungen gebildet werden dürfen

5.

Druckkostenzuschuss: Entgelt für
teurere Erstexemplare ist aufzuteilen

6.

Inländisches Warenlager: Wo ist
der Ort der Lieferung?

7.

Elektrobetrieb und
Windkraftanlage sind selbstständige Gewerbebetriebe

8.

Heileurythmistin: Keine
freiberufliche Tätigkeit

9.

Änderung von Steuerbescheiden:
Neue Tatsache bei Vermietung

10.

Vermietung: Mieter darf
Wohnungstür nicht beliebig streichen

11.

Aufgeklebte Blankounterschrift
ist keine eigenhändige Unterschrift

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1.

Zeitarbeit: Darf sich der Geschäftsführer
selbst verleihen?

2.

Keine Vorsteuervergütung bei
fehlender Unterschrift

3.

Mietzinsen müssen für die
Gewerbesteuer hinzugerechnet werden


 Unternehmer und Freiberufler

 

1.    
Klage per
E-Mail kann zulässig sein

 

Ein per E-Mail an Mail-Adresse des
Finanzgerichts übermittelter Datensatz, der im Anhang eine unterzeichnete
Klageschrift im jpg-Format enthält, kann dem Schriftformerfordernis genügen.
Das gilt auch, wenn die E-Mail-Adresse des Finanzgerichts auf seiner Homepage
zusammen mit dem Hinweis veröffentlicht ist, dass die Homepage zumindest
derzeit nicht dazu gedacht sei, Klagen, Schriftsätze usw. einzureichen.

 

Hintergrund

Der Steuerpflichtige sandte eine E-Mail an das
Finanzgericht, in deren Anhang sich mehrere Dateien im jpg-Format befanden.
Eine davon enthielt die vom Steuerpflichtigen unterschriebene und sodann
eingescannte Klage gegen den Einkommensteuerbescheid für 2005. Die
E-Mail-Adresse des Finanzgerichts ist auf dessen Homepage zusammen mit dem
Hinweis veröffentlicht, dass diese derzeit nicht dazu gedacht sei, Klagen,
Schriftsätze o. ä. an das Finanzgericht zu übermitteln.

Der Steuerpflichtige ist der Auffassung, dass die
Klageerhebung nicht per E-Mail erfolgt sei. Das Gericht habe im E-Mail-Anhang
eine Kopie der handschriftlich unterschriebenen Klage erhalten. Diese Form sei
der Übertragung per Telefax gleichgestellt.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Klage
zulässig ist.

Erst der vollständige Ausdruck des E-Mail-Anhangs
bewirkt allerdings eine formwirksame Klageerhebung. Denn die E-Mail stellt ein
elektronisches Dokument dar, das nur dann wirksam übermittelt werden kann, wenn
dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung der Bundesregierung
oder Landesregierung zugelassen wurde. Eine solche Rechtsverordnung war für den
Zuständigkeitsbereich des Finanzgerichts noch nicht geschaffen. Die Klage war
daher nicht zu dem Zeitpunkt eingegangen, als es von der für den Empfang
bestimmten Einrichtung – dem Server mit dem eingerichteten E-Mail-Postfach –
aufgezeichnet worden ist.

Der in der Geschäftsstelle des Gerichts erzeugte
Ausdruck des E-Mail-Anhangs genügte jedoch dem Schriftformerfordernis. Denn
dieser verkörpert die Klageerhebung, schließt mit einer Unterschrift ab und
unterscheidet sich insoweit nicht von einem Telefax.

 

Hinweis

Anders als beim Telefax, bei dem der Übermittler davon
ausgehen kann, dass die körperliche Urkunde unmittelbar bei oder nach der Übermittlung
dem Gericht auch tatsächlich vorliegt, trägt der Absender bei der
E-Mail-Übermittlung das Risiko dafür, dass die Urkunde fristgerecht ausgedruckt
wird. Denn allein die Aufzeichnung des E-Mail-Eingangs auf dem Server des
Gerichts stellt noch keine wirksame Klageerhebung dar.

 

2. 
Keine
Vorsteuervergütung bei fehlenden Angaben

 

Der Antrag auf Vorsteuervergütung muss
vollständig ausgefüllt werden. Fehlen Eintragungen im amtlichen Antragsvordruck,
kann das Unternehmer um ihren Anspruch auf Vorsteuervergütung bringen.

 

Hintergrund

Eine Unternehmerin aus Dänemark stellte beim
Bundeszentralamt für Steuern mehrere Anträge auf Vorsteuervergütung für das
Jahr 2008. Sie nutzte hierfür den amtlichen Antragsvordruck. Unausgefüllt ließ
sie allerdings das Feld, worin der Unternehmer erklärt, dass er die
aufgeführten Gegenstände und sonstigen Leistungen für Zwecke des Unternehmens
verwendet hat. Ohne Eintragungen beließ sie auch das Feld, in dem nach der Art
der ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen des Antragstellers
gefragt wird. Das Bundeszentralamt für Steuern hatte die Vorsteuervergütungen
aufgrund der fehlenden Angaben abgelehnt.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht schloss sich dem Bundeszentralamt
für Steuern an und entschied, dass die Unternehmerin keinen Anspruch auf die
Vorsteuervergütungen hat. Sie hatte innerhalb der maßgeblichen 6-Monats-Frist
keine wirksamen Vergütungsanträge gestellt.

Die im amtlichen Vordruck geforderte Erklärung, dass
die aufgeführten Gegenstände und sonstigen Leistungen für Zwecke des
Unternehmens verwendet worden sind, ist zwingend anzugeben, da sie für die
Entscheidung über die beantrage Vorsteuervergütung erheblich ist. Die Erklärung
kann nach Ablauf der Frist nicht nachgeholt werden.

Weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen sind Eintragungen
zu den ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen, da sie zur Prüfung
der vom Europarecht formulierten Antragsvoraussetzungen erforderlich sind. Auch
diese waren nicht erfüllt.

 

3.  
Steuerermäßigung
bei Beförderung: Diese gilt auch für einen Subunternehmer

 

Erbringt ein Mietwagenunternehmer
Personenbeförderungsleistungen in eigenem Namen, aber mit Taxen eines
Subunternehmens, steht ihm der ermäßigte Steuersatz für den Taxiverkehr zu.

 

Hintergrund

X besaß Genehmigungen für den Verkehr mit Mietwagen,
nicht aber für Taxen. X verpflichtete sich gegenüber M, Patiententransporte mit
Taxen durchzuführen. Tatsächlich führte aber nicht X die Transporte durch,
sondern T, die Taxi-Genehmigungen besaß. Im Außenverhältnis zu M trat stets X
im eigenen Namen und für eigene Rechnung auf.

X unterwarf die Taxitransporte bei Strecken von nicht
mehr als 50km dem ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht,
dass der ermäßigte Steuersatz nicht in Betracht komme, da X die Transporte
nicht mit eigenen Taxen, sondern mit Taxen der T habe durchführen lassen.
Deshalb wandte es den Regelsteuersatz an. Das Finanzgericht gab der Klage des X
statt und gewährte den ermäßigten Steuersatz.

 



 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts
zurück.

Die Steuerermäßigung setzt zum einen die Einhaltung
der Beförderungsstrecke von 50 km voraus, zum anderen die “Beförderung von
Personen im Verkehr mit Taxen”. Darunter ist das Befördern von Personen mit an
zugelassenen Stellen bereit gehaltenen Pkw zu verstehen. Diese Voraussetzungen
sind hier gegeben. Denn X beförderte Kunden der M mit Pkw, für die eine
Genehmigung zum Taxiverkehr erteilt worden war.

Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist es für die
Steuerermäßigung unbeachtlich, dass X die Personenbeförderung nicht selbst,
sondern durch einen Subunternehmer durchführen ließ und nur T entsprechende
Taxi-Genehmigungen besaß.

Diese Auslegung entspricht dem Gesetzeszweck, die
Steuerbegünstigung im Interesse der Letztverbraucher zu gewähren. Aus der
maßgeblichen Sicht des Leistungsempfängers ist nur entscheidend, dass die
entgeltliche Personenbeförderungsleistung im genehmigten Taxiverkehr erbracht
wurde. Die Regelung knüpft an die Leistungserbringung, nicht an den Leistenden
an. Demnach können steuerbegünstigte Beförderungsleistungen durch einen
Unternehmer erbracht werden, wenn die leistungsbezogenen Merkmale erfüllt sind,
ohne dass der Unternehmer selbst Inhaber einer Taxigenehmigung zu sein braucht
oder die Leistung selbst durchführt.

 

4. Handwerkskammer-Zusatzbeiträge: Wann Rückstellungen gebildet werden dürfen

 

Für Zusatzbeiträge zur Handwerkskammer
kann eine Rückstellung gebildet werden, auch wenn sie zukünftig fällig sind.
Voraussetzung ist, dass die Festsetzung bereits erfolgt ist und lediglich der
Beitragsbescheid erst nach dem Bilanzstichtag ergeht.

 

Hintergrund

Die Vollversammlung der Handwerkskammer setzte jeweils
allgemein die Höhe des Zusatzbeitrags für das kommende Jahr fest. Der
Beitragsbescheid erging erst im Frühjahr des Folgejahres. Da über Jahre hinweg
der Zusatzbeitrag immer mit einem gleich bleibenden Prozentsatz des
Gewerbeertrags des 3 Jahre vor dem Beitragsjahr liegenden Geschäftsjahres
festgesetzt wurde, bildete der Kläger für die Zusatzbeiträge der 3 Folgejahre
eine Rückstellung in der Bilanz des Streitjahrs. Diese wurde jedoch vom
Finanzamt nicht anerkannt.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hält dagegen die Bildung der
Rückstellung für zulässig.

Die Begründung der Richter: Eine Rückstellungsbildung
bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen setze voraus, dass die
Verbindlichkeit bereits konkretisiert, d. h. inhaltlich hinreichend bestimmt,
in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen und sanktionsbewährt ist.
Dabei dürften keine überzogenen Anforderungen gestellt werden, weil das Gesetz
für die Bildung einer Rückstellung nicht schematisch danach unterscheide, ob
eine ungewisse Verbindlichkeit im Privatrecht oder im öffentlichen Recht
begründet ist.

Das künftige Entstehen der Verpflichtung zur Zahlung
der Zusatzbeiträge zur Handwerkskammer am Bilanzstichtag sei hinreichend
wahrscheinlich. Es genüge, wenn nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen war, dass eine Behörde eine
allgemein bestehende Handlungspflicht durch eine den Kläger wirtschaftlich
belastende Ermessensentscheidung konkretisieren wird.

Im Streitfall ergebe sich die hinreichende
Konkretisierung zusätzlich aus dem Beschluss der Vollversammlung über die
Festlegung des Zusatzbeitrags für das Folgejahr, in dem die Höhe des Beitrags
genau und bindend festgelegt wurde. Auch für die beiden Folgejahre sei eine Inanspruchnahme
aufgrund der langjährigen Praxis ganz überwiegend wahrscheinlich gewesen,
sodass eine Rückstellung in der Bilanz des Klägers zulässig war.

 



 

5. Druckkostenzuschuss:
Entgelt für teurere Erstexemplare ist aufzuteilen

 

Liefert ein Verlag einem Autor
Erstexemplare zu einem höheren Preis als dem Ladenpreis, um damit die Druckkosten
zu decken, handelt es sich hierbei nicht um eine ermäßigt besteuerte Lieferung
von Büchern, sondern um eine sonstige verlegerische Leistung, die dem
Regelsteuersatz unterliegt.

 

Hintergrund

Der Verleger V betrieb einen sog.
Druckkostenzuschussverlag. Er vereinbarte mit dem jeweiligen Autor, dass dieser
Erstexemplare zu einem im Vergleich zum späteren Ladenpreis höheren Preis
erwarb. Für diese war der Preis so berechnet, dass V damit die ihm für die
Herstellung des Buchs entstehenden Druck- und sonstige Kosten decken konnte.

V versteuerte die Belieferung der Autoren mit den
Erstexemplaren mit dem für die Lieferung von Büchern geltenden ermäßigten
Steuersatz.

Das Finanzamt sah dagegen 2 voneinander unabhängige
Leistungen: Zum einen die Belieferung des Autors mit 50 Erstexemplaren zu einem
höheren Preis als der Ladenpreis, zum anderen die Herstellung und den Vertrieb
des Buchs zum von V festgelegten Ladenpreis über den Buchhandel.
Dementsprechend seien die von den Autoren für die Erstexemplare gezahlten
Entgelte in einen ermäßigt zu besteuernden Teil für die Lieferung des Buchs an
den Autor und in einen dem Regelsteuersatz unterliegenden Teil für die
Herstellung des Buchs (Druckkostenzuschuss) aufzuteilen.

Das Finanzgericht folgte der Ansicht des V.

 

Entscheidung

Der BFH hob dagegen das Urteil des Finanzgerichts auf.

Nach dem Verlagsvertrag ist der Autor verpflichtet,
dem Verleger das Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung zu überlassen. Im
Gegenzug ist der Verleger verpflichtet, das Werk zu vervielfältigen und zu
verbreiten. Wird vom Autor an den Verlag ein Druckkostenzuschuss gezahlt, liegt
in Form der Publikation des Werks eine Gegenleistung vor. Bei einer
Buchveröffentlichung aufgrund eines solchen Verlagsvertrags liegt daher
insoweit ein Leistungsaustausch vor.

Aus umsatzsteuerlicher Sicht hat V 2 Leistungen erbracht:
zum einen die Lieferung der Erstexemplare (Bücher), die dem ermäßigten
Steuersatz unterliegen, zum anderen die Verlagsleistung bei der Publikation,
die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen ist. Das Entgelt für die Erstexemplare
muss deshalb ggf. im Wege der Schätzung in 2 Bestandteile aufgeteilt werden.

 

6. Inländisches
Warenlager: Wo ist der Ort der Lieferung?

 

Werden Lieferungen eines spanischen
Unternehmers über ein Warenlager in Deutschland abgewickelt, stellt sich die
Frage, ob diese Lieferungen umsatzsteuerbare Inlandslieferungen oder in Spanien
steuerbare innergemeinschaftliche Lieferungen sind.

 

Hintergrund

Eine spanische Aktiengesellschaft hatte zentrale
Lieferverträge mit einem inländischen Kunden geschlossen, der die Entnahme von
Waren aus einem inländischen Lager im Gutschriftsverfahren abgerechnet hatte,
ohne dabei deutsche Umsatzsteuer auszuweisen. Das Finanzamt sah die Verbringung
der Waren in das Warenlager als steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe
der Aktiengesellschaft an. Deshalb behandelte es die Entnahmen aus dem Lager
als steuerbare und steuerpflichtige Inlandslieferungen.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass für den Teil der
Lieferungen, für den bereits bei Beginn der Beförderung der Liefergegenstände
in Spanien verbindliche Bestellungen vorgelegen hatten, eine deutsche
Umsatzbesteuerung nicht in Frage kommt.

Wenn bereits vor Beginn der Beförderung eine
verbindliche Bestellung durch den Kunden vorliegt, erfolgt die Beförderung
nicht mehr zur Verfügung des Lieferanten im Inland, sondern zu dem Zweck,
seiner schuldrechtlich eingegangenen Lieferverpflichtung nachzukommen. Somit
musste der Ort der Lieferung nach dem Beginn der Beförderung bestimmt werden,
und das ist hier Spanien.

 

7.  Elektrobetrieb
und Windkraftanlage sind selbstständige Gewerbebetriebe

 

Ein Unternehmer darf in seinem
Elektrobetrieb keinen Investitionsabzugsbetrag für die Anschaffung einer Windkraftanlage
bilden. Denn die beiden Tätigkeiten begründen keinen einheitlichen
Gewerbebetrieb.

 

Hintergrund

Ein Unternehmer betrieb einen Elektromeisterbetrieb
mit angeschlossenem Elektroeinzelhandel. Er bestellte im Jahr 2009 eine
Windkraftanlage zum Preis von 1,4 Millionen EUR. Diese wurde 500 km entfernt
von seinem Elektrobetrieb errichtet.

Für seinen Elektrobetrieb strebte der Unternehmer im
Gewerbesteuermessbetrags-Bescheid 2009 einen Investitionsabzugsbetrag von
200.000 EUR für den beabsichtigten Kauf der Windkraftanlage an. Das Finanzamt
lehnte dies ab und erklärte, dass der Betrieb einer Windkraftanlage ein
eigenständiger Gewerbebetrieb ist, der nicht über einen Investitionsabzugsbetrag
in den Elektrobetrieb “hineinwirken” kann.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht. Auch seiner
Ansicht nach liegen hier 2 sachlich selbstständige Gewerbebetriebe vor. Die
Begründung: Mehrere gewerbliche Betätigungen können nur dann zu einem
einheitlichen Gewerbebetrieb zusammengefasst werden, wenn sie nach dem
Gesamtbild der Verhältnisse organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell
zusammenhängen. Bei ungleichartigen gewerblichen Tätigkeiten, die weit
voneinander entfernt ausgeübt werden, liegen regelmäßig eigenständige Gewerbebetriebe
vor.

Im vorliegenden Fall war kein organisatorischer
Zusammenhang gegeben, da der Unternehmensbereich “Windkraft” nicht im
Geschäftslokal des Meisterbetriebs untergebracht war und auch nicht unter
Einsatz derselben Arbeitskräfte ausgeübt wurde. Eine wechselseitige
wirtschaftliche Ergänzung der beiden Tätigkeiten konnte das Finanzgericht ebenfalls
nicht erkennen, da der erzeugte Strom nicht im Elektroladen verkauft worden
war.

 

8.   Heileurythmistin:
Keine freiberufliche Tätigkeit

 

Die Tätigkeit einer Heileurythmistin kann
weder den Heilpraktikern noch den Krankengymnasten zugeordnet werden. Da auch
kein “ähnlicher Beruf” vorliegt, scheidet eine freiberufliche Tätigkeit aus und
es besteht Gewerbesteuerpflicht.

 

Hintergrund

Die Klägerin ist als Heileurythmistin tätig. Sie wurde
3 Jahre lang an einer Eurythmieschule und danach 2 Jahre an einem
Pädagogikinstitut in der Tanzkunst “Eurythmie” ausgebildet. Anschließend
absolvierte die Klägerin eine über einjährige Vollzeitausbildung zur Heileurythmistin.
Eine Zulassung der Landesverbände der Krankenkassen hatte weder die Klägerin
noch die Berufsverbände für die Heileurythmie.

Die Klägerin gab keine Gewerbesteuererklärung ab und
wurde deshalb vom Finanzamt geschätzt. Dagegen legte sie Einspruch ein mit der
Begründung, dass kein Gewerbebetrieb geführt werde, sondern eine freiberufliche
Tätigkeit vorläge. Als Heilbehandlung müsse die Heileurythmie auch
einkommensteuerlich begünstigt sein.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.
Zu einer freiberuflichen Tätigkeit gehören u. a. die selbstständigen Berufe des
Heilpraktikers und des Krankengymnasten sowie ähnliche Berufe. Heileurythmistik
stellt keinen solchen ähnlichen Beruf dar.

Voraussetzung hierfür wäre die Vergleichbarkeit mit
einem der sog. Katalogberufe. Ist für die Ausübung des Katalogberufs eine
Erlaubnis erforderlich, so müsste auch für die Ausübung des vergleichbaren
Berufs eine Erlaubnis erforderlich sein. Hinsichtlich der Tätigkeit der
Klägerin fehlt es jedoch an einer staatlichen Erlaubnis.

Die Vergleichbarkeit der Ausbildung wird auch dann
angenommen, wenn eine Zulassung vorliegt. Auch diese ist hier aber nicht
gegeben.

Darüber hinaus hat die Ausbildung zur Heileurythmistin
einen künstlerischen und geistigen Schwerpunkt und nicht, wie bei den ähnlichen
Berufen, die Vermittlung von medizinischem Wissen. Zwar hatte der
Bundesfinanzhof in einem Urteil die umsatzsteuerliche Steuerfreiheit von
Heileurythmieleistungen gewährt. Diese Rechtsprechung lässt sich aber nicht auf
die Ertragsteuern übertragen.

 

9.   
Änderung von
Steuerbescheiden: Neue Tatsache bei Vermietung

 

Ein bestandskräftiger Steuerbescheid darf
aufgrund einer nachträglich bekannt gewordenen neuen Tatsache zu Lasten des
Steuerpflichtigen geändert werden. Das gilt nur dann nicht, wenn das
nachträgliche Bekanntwerden auf einer schwerwiegenden
Ermittlungspflichtverletzung des Finanzamts beruht.

 

Hintergrund

Die Steuerpflichtigen waren zu gleichen Teilen Erben
verschiedener Miet- und Geschäftsgrundstücke. Das Finanzamt bat die Erben um
Angaben zu den ererbten Grundstücken, um die Grundbesitzwerte für Zwecke der
Erbschaftsteuer feststellen zu können. Auf die Einreichung von
Steuererklärungen wurde ausdrücklich verzichtet.

Bei einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt fest,
dass die Gebäude verpachtet und auch nutzbar waren. Deshalb änderte das
Finanzamt seine Bewertungsmethode und legte für die Feststellung des
Grundbesitzwertes nicht mehr den Steuerbilanzwert zu Grunde, sondern stellte nunmehr
nach dem Ertragswertverfahren einen höheren Ertragswert fest.

Die Erben waren der Ansicht, dass eine
Bescheidänderung nicht mehr hätte erfolgen dürfen, weil das Finanzamt den
Umstand der Vermietung durch gehörige Erfüllung seiner Ermittlungspflicht vorher
hätte erfahren können und es insoweit an einer Bescheidänderung aufgrund von
Treu und Glauben gehindert sei.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Änderung eines
bestandskräftigen Bescheids ist nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn dem Finanzamt
die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung
seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Den Einwand der
Kläger, der zuständige Sachbearbeiter hätte weitere Ermittlungen durchführen
und so die Vermietbarkeit in Erfahrung bringen müssen, ließ das Finanzgericht
nicht gelten. Denn der Bearbeiter hatte sich mit anderen Stellen des Finanzamts
in Verbindung gesetzt, erfuhr aber trotzdem nichts von der Vermietung. Eine
tiefergehende Ermittlung in Richtung einer möglichen Vermietbarkeit hatte sich
somit nicht aufgedrängt. Erscheinen die Angaben des Steuerpflichtigen plausibel
und vollständig, braucht das Finanzamt dem nicht mit Misstrauen begegnen und
von sich aus weitere Ermittlungen anstellen.

 

10. 
Vermietung:
Mieter darf Wohnungstür nicht beliebig streichen

 

Ein Mieter darf die gemietete Wohnung nach
seinem Geschmack gestalten. Dieses Recht bezieht sich aber nur auf den
Innenbereich der Wohnung. Er darf deshalb nicht die Wohnungstür außen in einer
Farbe seiner Wahl anstreichen.

 

Hintergrund

Der Mieter einer Wohnung hatte die
Wohnungseingangstür, die das letzte Mal vor über 15 Jahren gestrichen worden
war, von außen gestrichen. Die neue Farbe wich deutlich von der bisherigen
Farbe ab.

Der Vermieter war mit der gewählten Farbe nicht
einverstanden. Er verlangte vom Mieter Ersatz der Kosten, die für eine
Entfernung des Anstrichs sowie einen Neuanstrich in der bisherigen Farbe
anfallen würden (275 EUR). Darüber hinaus sollte der Mieter die Malerarbeiten
für den Neuanstrich der Tür dulden.

 

Entscheidung

Die Klage des Vermieters hatte grundsätzlich Erfolg,
aber nur in begrenzter Höhe.

Der Vermieter hat dem Grunde nach einen
Schadensersatzanspruch, denn der Mieter hat durch das Anstreichen der
Wohnungseingangstür in einer vom ursprünglichen Anstrich abweichenden Farbe die
Pflicht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache verletzt. Zum Streichen der
Außenseite der Wohnungseingangstür war er nicht berechtigt, denn das Recht auf
Gestaltung der Mietsache betrifft nur die Innenräume einer Wohnung.

Der Mieter ist daher verpflichtet, den vorherigen
Zustand wieder herzustellen. Die hierfür erforderlichen Kosten kann der
Vermieter grundsätzlich ersetzt verlangen.

Der Vermieter muss sich aber einen Abzug Neu für Alt
anrechnen lassen. Wird eine gebrauchte Sache durch eine neue ersetzt, kann dies
zu einer Werterhöhung führen. Sie mindert die Ersatzpflicht, wenn eine messbare
Vermögensmehrung eingetreten ist und sich dies für den Geschädigten
wirtschaftlich günstig auswirkt. Das ist hier der Fall. Die übliche
Nutzungsdauer eines Anstrichs von 12 bis 15 Jahren war überschritten, sodass
ein Neuanstrich der Tür ohnehin erforderlich war. Durch Neuanstrich der Tür
wird deren Wert erhöht, da sich der Vermieter für die nächsten 12 bis 15 Jahre
einen neuen Anstrich erspart.

Die Höhe des Abzugs Neu für Alt ist nach der Relation
der Nutzungsdauer des alten und neuen Gegenstands zu bemessen. Hier ist dieser
Abzug in Höhe von 100 % der Wertsteigerung anzusetzen, da die Nutzungsdauer
bereits abgelaufen war. Ein schadensbedingter Mehraufwand ist nicht zu
berücksichtigen. Diesen Mehraufwand muss der Mieter ersetzen.

Darüber hinaus ist der Mieter verpflichtet, einen
Neuanstrich der Tür zu ermöglichen und zu dulden.

 

11. Aufgeklebte
Blankounterschrift ist keine eigenhändige Unterschrift

 

Verlangt das Gesetz eine eigenhändige
Unterschrift, sollte diese auch wirklich eigenhändig geleistet werden. Eine
Blankounterschrift, die unter einen Schriftsatz geklebt wird, ist nicht
eigenhändig.

 

Hintergrund

Ein Anwalt sollte im Namen seines Mandanten gegen ein
Urteil Berufung einlegen. Den Schriftsatz fertigte ein anderer Anwalt der Kanzlei,
der die auf einem leeren Blatt geleistete Unterschrift seines Kollegen
ausschnitt und auf den Berufungsbegründungsschriftsatz aufklebte. Dieses faxte
er dann an das Gericht.

Nach Bekanntwerden der Umstände – bei Gericht wunderte
man sich über eine horizontal verlaufende Linie oberhalb der Unterschrift –
wurde die Berufung als verspätet verworfen.

 

Entscheidung

Eine Berufung darf per Telefax eingereicht werden. Das
Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift entfällt dadurch aber nicht. Es
genügt zwar die Wiedergabe der Unterschrift in Kopie, jedoch muss es sich bei
der Kopiervorlage um den eigenhändig unterschriebenen Originalschriftsatz
handeln.

Im vorliegenden Fall war nicht gewährleistet, dass der
Rechtsanwalt durch seine Blankounterschrift die Verantwortung für den Inhalt
der Berufungsschrift und der Berufungsbegründung vorab übernahm. Vielmehr der
Inhalt des Schriftsatzes dem damaligen Prozessbevollmächtigten nur als
handschriftlicher Entwurf bekannt.

Deshalb ist der vorliegende Fall rechtlich nicht
anders zu beurteilen als die Fälle, in denen ein Schriftsatz lediglich eine
eingescannte Unterschrift aufweist, die nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs den Formerfordernissen nicht genügt.



 

 

 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 
 

1.  Zeitarbeit:
Darf sich der Geschäftsführer selbst verleihen?

 

Werden die Vorschriften zum Schutz von
Arbeitnehmern umgangen, reagieren die meisten Arbeitsgerichte recht
empfindlich. So auch im Fall eines Kameramanns, der eine eigene
Zeitarbeitsfirma gegründet und sich selbst verliehen hatte, um häufiger von
einer Rundfunkanstalt eingesetzt zu werden. Dies stellt eine unzulässige
Umgehung von Schutzvorschriften dar, entschied ein Landesarbeitsgericht.

 

Hintergrund

Der Kläger war als freiberuflicher Kameramann für eine
Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts tätig. Aufgrund interner Vorgaben
sollten dort jedoch freie Mitarbeiter nur an maximal 60 Tagen im Jahr
eingesetzt werden. Die gewünschte umfangreichere Beschäftigung sei, so erklärte
der Produktionsleiter dem Kameramann, allerdings im Wege der
Arbeitnehmerüberlassung möglich.

Der Kameramann gründete daraufhin eine GmbH mit einer
Überlassungserlaubnis. Als deren Geschäftsführer verlieh er in den Folgejahren
sich und 2 bis 3 weitere Mitarbeiter an die Rundfunkanstalt. Ab September 2007
war er ausschließlich im Rahmen von Verträgen der Rundfunkanstalt mit der
Arbeitnehmerüberlassungsfirma als Kameramann in der öffentlich-rechtlichen
Organisation eingesetzt und ganz überwiegend mit Dreharbeiten für 2 tägliche
regionale Nachrichtensendungen des Senders betraut.

Im Januar 2014 machte er geltend, dass ein
Vollzeitarbeitsverhältnis als Kameramann zwischen ihm und der Rundfunkanstalt
bestünde und forderte die entsprechende Beschäftigung.

 

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht folgte der Argumentation des
Kameramanns und gab seiner Klage auf Feststellung des Arbeitnehmerstatus statt.
Die Begründung der Richter: Aufgrund des Umfangs der Einsätze, der Art der
geschuldeten Arbeit, die wenig Raum für eigene Tätigkeit lässt und des
Einsatzes im Rahmen einer Daueraufgabe, ist der Kameramann bei der beklagten
Rundfunkanstalt als Arbeitnehmer beschäftigt.

Er sei im erheblichen Maße in die Arbeitsorganisation
eingebunden gewesen, zumal die Rundfunkanstalt auch nahezu immer die Ausrüstung
dafür gestellt oder organisiert und bezahlt habe.

Dass er offiziell über eine Drittfirma “verliehen”
wurde, steht dem nicht entgegen. Der Geschäftsführer einer Arbeitnehmerüberlassungsfirma
kann nicht wirksam verliehen werden, da das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz für
diesen nicht gilt. Im Fall des Kameramanns sei die Einschaltung eines
Verleihunternehmens durch die Rundfunkanstalt unzulässig und rechtsmissbräuchlich,
weil bei ihm die Voraussetzungen für eine Arbeitnehmerüberlassung nicht
vorlagen. Die Vertragsgestaltung sei durch die Einschaltung eines
Verleihunternehmens auf eine Umgehung der zwingenden
Arbeitnehmerschutzvorschriften ausgelegt gewesen.

 

2.  
Keine Vorsteuervergütung
bei fehlender Unterschrift

 

Ein Antrag auf Vorsteuervergütung ist
nicht rechtswirksam gestellt, wenn ihm die eigenhändige Unterschrift des
antragstellenden Unternehmers fehlt. Es genügt nicht, wenn ein Bevollmächtigter
die Formulare unterschreibt.

 

Hintergrund

Eine Gesellschaft mit Sitz in den Vereinigten
Arabischen Emiraten stellte im April 2009 einen Antrag auf Vorsteuervergütung
für den Zeitraum Juli bis September 2008. Der Antrag war Finance Director der
Gesellschaft unterschrieben worden. Der Vergütungsgläubiger wies die
Gesellschaft darauf hin, dass der Antrag nicht den gesetzlichen Anforderungen
an eine eigenhändige Unterschrift des Unternehmers genügt. Im Juli 2010 reichte
die Gesellschaft einen inhaltsgleichen Antrag ein, die darauf befindliche
Unterschrift stammte nun vom Director General, einem Handlungsbevollmächtigten
der Gesellschaft. Der Vergütungsgläubiger lehnte eine Vorsteuervergütung ab, da
der Antrag zu spät und ebenfalls ohne eigenhändige Unterschrift des
antragstellenden Unternehmers eingereicht worden war.

 

Entscheidung

Das Urteil des Finanzgerichts fiel zu Ungunsten der
Gesellschaft aus. Es entschied, dass die Gesellschaft innerhalb der
Antragsfrist keinen rechtswirksamen Vergütungsantrag eingereicht hatte. Eine
Vorsteuervergütung war deshalb nicht möglich. Der Vergütungsantrag muss vom
Unternehmer eigenhändig unterschrieben werden. Bei juristischen Personen ist
die Unterschrift ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich. Das ist der
Vorstand oder Geschäftsführer. Der im April 2009 eingereichte Antrag war zwar
fristgerecht eingegangen, war aber lediglich von einem Bevollmächtigten
unterschrieben worden. Auch der Antrag aus Juli 2010 trug nur die Unterschrift
eines Handlungsbevollmächtigten der Gesellschaft.

 

3. Mietzinsen
müssen für die Gewerbesteuer hinzugerechnet werden

 

Dem Gewinn aus einem Gewerbebetrieb müssen
bestimmte Beträge wieder hinzugerechnet werden, soweit sie bei der Ermittlung
des Gewinns abgesetzt worden sind. Dazu zählen auch Weitervermietungen, z. B.
die Entgelte für die Überlassung von Messeflächen.

 

Hintergrund

Die Klägerin ist eine GmbH und war u. a. als Durchführungsgesellschaft
für Auslandsmessebeteiligungen tätig. Sie hat selbst Messeflächen angemietet
und diese an Unternehmen weitervermietet. Daneben konnten auch weitere Leistungen
in Anspruch genommen werden, wie z. B. Standbau und Dekoration. Das Finanzamt
wertete die Aufwendungen der Klägerin für die entgeltliche Überlassung der
Ausstellungsflächen als Betrag, der dem Gewinn aus Gewerbebetrieb
hinzuzurechnen sind. Die Klägerin vertritt dagegen die Auffassung, dass keine
Mietverträge vorlägen. Hauptgegenstand der Verträge sei die “Zulassung zur
Teilnahme” an einer Messe und nicht die Anmietung der Hallenfläche.

 

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht hatte die Klage der GmbH keinen
Erfolg. Nach Ansicht der Richter sind auch die Mieten für weitervermietete
Immobilien dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen. Eine Durchleitung der
Immobilien steht der Hinzurechnung nicht entgegen. Vor diesem Hintergrund
stellen die Entgelte für die Überlassung der Messeflächen Mietzinsen i. S. d.
Gewerbesteuergesetzes dar. Bei den Verträgen, die die Klägerin mit den
Messeveranstaltern abgeschlossen hat, handelt es sich ihrem wesentlichen
rechtlichen Gehalt nach um Mietverträge.