Steuerrecht Unternehmer

1. Arbeitgeberzuschuss zur Kantine: Vorsteuerabzug ja oder nein?
2. Auch ein Taxifahrzeug kann privat genutzt werden
3. Betreiben von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit unterliegt der Umsatzsteuer
4. Insolvenzverfahren: Verwalter darf Gesellschaft nicht umfirmieren
5. Ordnungsgemäße Kassenführung: Mängel können zu Schätzung führen
6. Rechtsanwalt als externer Datenschutzbeauftragter: Selbstständige oder gewerbliche Tätigkeit?
7. Tod eines GbR-Gesellschafters: Wie kann das Grundbuch berichtigt werden?
8. Unterliegt das Ausfallhonorar eines Architekten der Umsatzsteuer?
9. Unterliegt der notärztliche Bereitschaftsdienst der Umsatzsteuer?
10. Wann kann ein Investitionsabzugsbetrag rückgängig gemacht werden?
11. Wann sind Nachzahlungszinsen unbillig?
12. Zugang eines Verwaltungsakts außerhalb des Dreitageszeitraums muss substantiiert bestritten werden
Land- und Forstwirtschaft
1.    Verpachtungsbetrieb: Folgen einer fehlenden Zuordnung zum Betriebsvermögen
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Anschaffungskosten bei Hingabe einer Darlehensforderung gegen eine typisch stille Beteiligung
2. Gewerbesteuerliche Kürzung: Steht Ablösungszahlung des Mieters entgegen?

 

Steuerrecht Unternehmer

  1. Arbeitgeberzuschuss zur Kantine: Vorsteuerabzug ja oder nein?

 Zahlt der Arbeitgeber pauschale Zuschüsse an den Betreiber der Betriebskantine, handelt es sich dabei um Entgelt von dritter Seite für die Leistungen des Kantinenbetreibers an die Arbeitnehmer. Für diese Beträge kann kein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden.

 Hintergrund

Die Mitarbeiter der Klägerin, ein Recyclingunternehmen, können täglich von 5:00 Uhr bis 13:30 Uhr die auf dem Betriebsgelände der Klägerin befindliche Betriebskantine nutzen. Diese wird von C betrieben. Die Klägerin zahlt an den Kantinenbetreiber eine monatliche Stützungspauschale für die vertraglich vereinbarte Bewirtschaftung. Für die in eigenem Namen an die Mitarbeiter der Klägerin erbrachte Verpflegung vereinnahmt der Kantinenbetreiber von den Arbeitnehmern zwischen der Klägerin und dem Kantinenbetreiber vertraglich festgelegte “verbilligte” Entgelte.

Aus den Rechnungen des Kantinenbetreibers nahm die Klägerin den Vorsteuerabzug vor. Bezüglich der Stützungspauschale mit Umsatzsteuerausweis versagte das Finanzamt jedoch den Vorsteuerabzug, weil zwischen Kantinenbetreiber und Klägerin kein Leistungsaustausch vorlag. Vielmehr waren die Zuschüsse als Entgelt Dritter vom Kantinenbetreiber für seine Verpflegungsleistungen an die Arbeitnehmer der Klägerin zu besteuern.

 Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass der Klägerin kein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des Kantinenbetreibers zustand. Zwar erbrachte der Kantinenbetreiber an die Klägerin steuerpflichtige Leistungen, die Klägerin verwendete diese aber nicht für ihre wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe, die den Vorsteuerabzug ausschließt. Die Klägerin konnte aufgrund des Vertrags mit dem Kantinenbetreiber die Einhaltung der vereinbarten Öffnungszeiten, Angebotspalette und Abgabepreise verlangen und bei Nichterfüllung auch Dritte zur Leistungserbringung auf Kosten des Kantinenbetreibers heranziehen. Auch erhielt die Klägerin durch die Kantinenbewirtschaftung einen Vorteil, weil ein breites und günstiges Kantinenangebot einen Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach qualifizierten Beschäftigten darstellte.

Die Zuschüsse stellten kein Entgelt von Dritter Seite dar, da eine Zuordnung der Zahlungen der Klägerin zu bestimmten einzelnen Verpflegungsleistungen des Kantinenbetreibers an die Mitarbeiter der Klägerin nicht möglich war.

Der Vorsteuerabzug schied aus, weil die Klägerin die an sie erbrachte steuerpflichtige Kantinenbewirtschaftung nicht für ihre wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe für den Privatbedarf ihres Personals verwendete. Eine nicht steuerbare Aufmerksamkeit liegt ausnahmsweise vor, wenn der persönliche Vorteil des Arbeitnehmers aus der verbilligten Abgabe von Mahlzeiten gegenüber den betrieblichen Bedürfnissen des Arbeitgebers nur untergeordnet wäre. Vorliegend diente die aufgrund der Zuschüsse erfolgte verbilligte Abgabe von Speisen vorrangig dem privaten Bedarf des Arbeitnehmers.

Nur wenn besondere Umstände es gebieten, dass der Arbeitgeber die dem Privatbedarf der Arbeitnehmer dienende Leistung übernimmt, erfolgt deren Gewährung überwiegend aus betrieblichen Gründen. Dies war hier nicht der Fall. Denn die Mitarbeiter der Klägerin hätten auch zu Hause frühstücken können. Auch standen für Mittagessen oder für eine Mahlzeit nach Dienstschluss in zeitnah erreichbarem Umfeld des Betriebssitzes der Klägerin mehrere alternative Anbieter zur Verfügung.

  1. Auch ein Taxifahrzeug kann privat genutzt werden

 Wird ein Taxi zu mehr als 50 % betrieblich genutzt, ist eine Privatnutzung nach der 1 %-Regelung zu erfassen. Das gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass keine private Nutzung stattfindet, etwa weil ausreichend weitere Pkw für die Privatnutzung zur Verfügung stehen.

 Hintergrund

Der Kläger war Betreiber eines Taxiunternehmens. Aus diesem Grunde hatte der Kläger einen ihm gehörenden Pkw in seinem Betriebsvermögen. Das Finanzamt setzte Umsätze für die private Pkw-Nutzung nach der sogenannten 1 %-Methode an. Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass eine Versteuerung nach der 1 %-Methode in seinem Fall nicht gegeben war. Er hatte neben seinem betrieblichen Pkw noch 2 weitere Fahrzeuge, die sowohl ihm als auch seiner Lebensgefährtin gehörten und ausschließlich für den privaten Gebrauch genutzt wurden. Demgegenüber verwendete er den betrieblichen Pkw ausschließlich für betriebliche Zwecke. Darüber hinaus handelte es sich bei dem betrieblichen Pkw um einen Kleintransporter, der an die betrieblichen Anforderungen des Klägers angepasst wurde und somit als Großraumtaxi für 8 Personen fungierte und daher ohnehin für den Privatgebrauch des Klägers völlig überdimensioniert sei.

 Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Zur Begründung führten die Richter aus: Für Fahrzeuge, die zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden, ist für jeden Kalendermonat grundsätzlich 1 % des inländischen Listenpreises zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung im Zeitpunkt der Erstzulassung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen, wenn eine private Nutzung stattgefunden hat. Grundsätzlich spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass betriebliche Fahrzeuge, die für private Zwecke allgemein zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden.

Insbesondere bei Taxen ist typischerweise eine private Nutzung möglich. Anderes gilt, wenn entweder das Fahrzeug typischerweise nicht zum privaten Gebrauch geeignet ist oder der Beweis des ersten Anscheins durch Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert wurde.

Das Finanzgericht ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall der Beweis des ersten Anscheins ausreichend widerlegt wurde. Zwar stellt ein Taxi grundsätzlich ein Fortbewegungsmittel dar, das durchaus auch für private Zwecke genutzt werden kann. Jedoch legte der Kläger und vor allem die Lebensgefährtin des Klägers glaubhaft und überzeugend die Nutzung der Pkw dar. Daraus ergab sich insbesondere, dass neben dem betrieblichen Pkw noch 3 weitere Pkw zur privaten Benutzung dauerhaft zur Verfügung standen. Darüber hinaus wurden die Urlaube entweder mit dem Wohnmobil oder per Flugreise durchgeführt.

Das Gericht kam deshalb zu dem Ergebnis, dass der Beweis des ersten Anscheins nachhaltig erschüttert wurde.

  1. Betreiben von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit unterliegt der Umsatzsteuer

 Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit sind umsatzsteuerpflichtig. Eine Steuerbefreiung nach Unionsrecht kommt nicht infrage.

 Hintergrund

Der Kläger A betrieb als Automatenaufsteller an verschiedenen Orten Geldspielautomaten, darunter auch in der eigenen Spielhalle. Ihm verblieb für die Bereitstellung der Automaten wegen der Zufallsabhängigkeit des Spielverlaufs zwar nicht spielbezogen, aber zeitbezogen ein durchschnittlicher Gewinn.

Das Finanzamt sah die Umsätze aus dem Betrieb der Automaten nur bis 5.5.2006 als umsatzsteuerfrei an und ließ die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge nicht zum Abzug zu. Für die Zeit danach bejahte es die Umsatzsteuerpflicht mit den Folgewirkungen. Denn aufgrund der gesetzlichen Änderung, wonach auch die Umsätze öffentlicher Spielbanken umsatzsteuerpflichtig sind, war Glücksspiel mit Gewinnmöglichkeit grundsätzlich als steuerpflichtig zu behandeln. Dabei zog das Finanzamt die nach Ablauf eines gewissen Zeitraumes erzielten Netto-Kasseneinnahmen als Bemessungsgrundlage heran. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte dem Urteil des Finanzgerichts und wies die Revision des Klägers zurück. Die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit waren steuerbar und steuerpflichtig.

Die Veranstaltung von Glücksspielen ist grundsätzlich eine steuerbare Dienstleistung. Es liegt eine entgeltliche Leistung vor, die u. a. in der Bereitstellung der Automaten und der Gewährung einer Gewinnmöglichkeit besteht. Die Ungewissheit in Bezug auf den Gewinn schließt das Vorliegen eines Umsatzes nicht aus, sondern ist ein wesentlicher Bestandteil der von den Benutzern angestrebten Unterhaltung. Der Aufsteller räumt dem Spieler eine Gewinnchance ein und nimmt im Gegenzug dafür das Risiko hin, den Gewinn auszahlen zu müssen.

Trotz der Zufallsabhängigkeit fällt das Entgelt, also die Netto-Kasseneinnahmen aus den Spielen aller Spieler, in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer. Denn die Automaten sind so konstruiert, dass sie dem Betreiber einen vorhersehbaren Ertrag verschaffen. Er weiß genau mit welchem Ertrag er rechnen kann. Seine Einnahmen sind daher weniger als Gewinne anzusehen, sondern als eine Gebühr für seine Dienstleistung. Der Teil der Summe der Spieleinsätze, der den an die Spieler ausgezahlten Gewinnen entspricht, gehört deshalb nicht zur Besteuerungsgrundlage.

Ab dem 6.5.2006 wurde die Steuerbefreiung der Umsätze öffentlicher Spielbanken gestrichen. Da die Umsätze der öffentlichen Spielbanken nunmehr umsatzsteuerpflichtig sind, greift die Berufung auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung nicht. Die deutsche Regelung im Umsatzsteuergesetz ist mit dem Unionsrecht vereinbar.

  1. Insolvenzverfahren: Verwalter darf Gesellschaft nicht umfirmieren

 Auch wenn der Insolvenzverwalter in Bezug auf den Firmenwert das Verwertungsrecht hat: Er darf keine Mitgliedschaftsrechte ausüben, um den Geschäftsbetrieb leichter verwerten zu können.

 Hintergrund

Der Insolvenzverwalter veräußerte im Insolvenzverfahren den Geschäftsbetrieb der insolventen Aktiengesellschaft einschließlich deren Namen (Firma). Mit Verweis auf seine Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis als Insolvenzverwalter nahm er eine Umfirmierung der Aktiengesellschaft vor und meldete diese beim Handelsregister zur Eintragung an. Das Registergericht wies die Anmeldung zurück. Daraufhin legte der Insolvenzverwalter Beschwerde ein, die ebenfalls erfolglos blieb.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof wies auch die Rechtsbeschwerde zurück und entschied, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nicht die Ermächtigung umfasst, die Satzung hinsichtlich der Firma zu ändern oder eine Firmenänderung außerhalb der Satzung herbeizuführen. Zwar stand dem Insolvenzverwalter das Recht zu, den Firmenwert und damit die Firma als Teil des Vermögens der insolventen Aktiengesellschaft zu veräußern. Dies konnte auch die Notwendigkeit zur Änderung der Firma begründen. Eine solche Firmenänderung durfte jedoch nur durch Satzungsänderung herbeigeführt werden und eine solche bedurfte eines Beschlusses der Hauptversammlung. Das gilt auch im Insolvenzverfahren.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ging zwar die allgemeine Verwertungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter über und der Insolvenzverwalter vertritt die insolvente Gesellschaft in sämtlichen Angelegenheiten, die das Vermögen der insolventen Gesellschaft betreffen. Soweit jedoch unmittelbar die Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter und damit der innergesellschaftliche Bereich betroffen waren, kam dem Insolvenzverwalter keine Handlungsbefugnis zu.

  1. Ordnungsgemäße Kassenführung: Mängel können zu Schätzung führen

 Für die ordnungsgemäße Kassenführung gelten strenge Anforderungen. Deshalb darf das Finanzamt bei wesentlichen Kassenmängeln eine Schätzung vornehmen.

 Hintergrund

Der Kläger betrieb ein Restaurant. Die Preise für die Hauptzutaten der angebotenen Speisen unterlagen starken Schwankungen. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Den überwiegenden Teil seiner Einnahmen erzielte er in bar. Der Kläger setzte eine elektronische Registrierkasse älterer Bauart ein. Auf dieser konnte er Fiskaljournaldaten nicht speichern. Die in der Kasse zunächst gespeicherten Daten wurden aufgrund begrenzter Speichermöglichkeiten überschrieben.

Während er die von dieser Kasse am Ende des Geschäftstages ausgedruckten Tagesendsummenbons (sog. Z-Bons) aufbewahrte, vernichtete er die von der Registrierkasse ebenfalls ausgedruckten Warengruppenberichte. Für unbare Kreditkarten- und EC-Karten-Umsätze verfügte er über ein Kartenlesegerät. Im Kassensystem fand aber keine Trennung der baren von den unbaren Einnahmen statt, sodass sämtliche Einnahmen als Bareinnahmen ausgewiesen wurden. Der Kläger erfasste seine Tageseinnahmen in einem Kassenbuch, welches er mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms manuell erstellte.

Das Finanzamt war die Ansicht, dass die vom Kläger eingesetzte Kasse Aufzeichnungsmängel aufwies, weil insbesondere die erfassten Tageseinnahmen täglich gelöscht wurden, der Kläger bis auf das Benutzerhandbuch keine Organisationsunterlagen oder eine Verfahrensdokumentation zur elektronischen Registrierkasse vorlegen konnte und die Finanzwege nicht getrennt aufgezeichnet wurden. Es schätzte deshalb zusätzliche Betriebseinnahmen hinzu, indem es auf den Wareneinsatz des Klägers einen Rohgewinnaufschlagsatz von 250 % (2010 und 2011) bzw. 270 % (2012) anwandte.

 Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass eine Schätzungsbefugnis gegeben war, und sie beanstandeten auch die Höhe der vorgenommenen Hinzuschätzungen im Ergebnis nicht. Die Schätzungsbefugnis ergab sich hier daraus, dass die Buchführung des Klägers der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden konnte.

Dies ist immer dann der Fall, wenn die Buchführung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht und deshalb ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden ist. Die Buchungen und die übrigen erforderlichen Aufzeichnungen sind insbesondere vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen überdies täglich festgehalten werden. Kassenaufzeichnungen müssen hierbei so beschaffen sein, dass ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen. Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht in der Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Das Kassenbuch ist wesentlicher Teil der Buchführung. Werden vorwiegend Bargeschäfte getätigt, können Mängel der Kassenführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen.

Ein gravierender formeller Mangel lag im vorliegenden Fall bereits darin, dass der Kläger seine Aufzeichnungen mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms fertigte. Die Kassenaufzeichnungen durch das vom Kläger eingesetzte Tabellenkalkulationsprogramm genügten den Anforderungen nicht. Derartige Aufzeichnungen bieten nämlich keinerlei Gewähr für die fortlaufende, vollständige und richtige Erfassung aller Bargeschäfte ähnlich einem Kassenbuch oder einem Kassenbericht. Die Aufzeichnungen waren veränderbar, ohne dass die Veränderungen kenntlich gemacht wurden. Darüber hinaus fehlte einem solchen Kassenbuch die erforderliche Journalfunktion. Des Weiteren war die sog. Kassensturzfähigkeit im Betrieb des Klägers nicht gewährleistet, was jedoch erforderlich gewesen wäre. Die Höhe der Hinzuschätzung des Beklagten war im Ergebnis nicht zu beanstanden.

  1. Rechtsanwalt als externer Datenschutzbeauftragter: Selbstständige oder gewerbliche Tätigkeit?

 Ein externer Datenschutzbeauftragter übt keine selbstständige Tätigkeit aus, da kein Katalogberuf oder ähnlicher Beruf und auch keine sonstige selbstständige Tätigkeit vorliegt. Das gilt auch dann, wenn er zugleich als Rechtsanwalt tätig ist.

 Hintergrund

R ist im Bereich des IT-Rechts als selbstständiger Rechtsanwalt tätig. Neben der anwaltlichen Tätigkeit arbeitete er als externer Datenschutzbeauftragter für verschiedene Unternehmen und trug dort zum Aufbau und zur Vervollständigung der Datenschutzorganisation unter Berücksichtigung des Bundesdatenschutzgesetzes bei.

Das Finanzamt sah die Tätigkeit als gewerblich an. Da der durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte Gewinn über der Gewinngrenze lag, forderte das Finanzamt R auf, für den Gewerbebetrieb des Datenschutzbeauftragten Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück und entschied, dass ein externer Datenschutzbeauftragter keinen Katalogberuf oder eine diesem ähnliche Tätigkeit ausübte. Auch die Voraussetzungen einer begünstigten sonstigen Tätigkeit waren nicht erfüllt.

Eine Tätigkeit als Rechtsanwalt liegt nur vor, wenn die ausgeübte Tätigkeit berufstypisch ist. Dazu muss sie für diesen Katalogberuf charakterisierend und ihm vorbehalten sein. Das war bei einem externen Datenschutzbeauftragten nicht der Fall.

Die Tätigkeit des R war – auch wenn sie im Schwerpunkt rechtsberatend war – nicht für den Beruf des Rechtsanwalts berufstypisch. Insbesondere war sie dem Anwaltsberuf nicht vorbehalten. Vielmehr übte R insoweit einen eigenständigen – von seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt abzugrenzenden – Beruf aus. Denn seine Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter erforderte keine spezifische akademische Ausbildung wie die des Rechtsanwalts.

Auch lag keine sonstige selbstständige Arbeit vor. Denn die Tätigkeit des R war nicht berufsbildtypisch durch eine selbstständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt, sondern im Schwerpunkt beratender Natur.

  1. Tod eines GbR-Gesellschafters: Wie kann das Grundbuch berichtigt werden?

Um das Grundbuch nach dem Tod eines GbR-Gesellschafters berichtigen zu lassen, reicht neben den Nachweisen zur Erbfolge die Vorlage des privatschriftlichen Gesellschaftsvertrags aus.

 Hintergrund

Eine GbR war Eigentümerin eines Grundstücks und als solche in das Grundbuch eingetragen, ebenso wie ihre 5 Gesellschafter. Der Gesellschaftsvertrag der GbR sah vor, dass beim Tod eines Gesellschafters die GbR fortbestehen sollte. Die Erben bzw. Vermächtnisnehmer des verstorbenen Gesellschafters sollten ein Recht zum Eintritt in die GbR haben. Als einer der Gesellschafter starb, sollte das Grundbuch berichtigt werden. Den hierauf gerichteten Antrag eines Erben wies das Grundbuchamt zurück, weil aus seiner Sicht nicht alle erforderlichen Bewilligungen und Nachweise in der grundbuchrechtlich erforderlichen notariellen Form vorlagen.

 Entscheidung

Die Beschwerde des Erben gegen die Entscheidung des Grundbuchamts hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht entschied, dass die vorgelegten Unterlagen und insbesondere der GbR-Gesellschaftsvertrag in Schriftform ausreichten.

Ist eine GbR als Eigentümerin eines Grundstücks in das Grundbuch eingetragen, muss das Grundbuch berichtigt werden, wenn sich der Gesellschafterbestand ändert. Die Grundbuchberichtigung kann dabei entweder über die sog. Bewilligungsberichtigung oder über den sog. Unrichtigkeitsnachweis erreicht werden.

Bei der Bewilligungsberichtigung müssen alle verbliebenen Gesellschafter und alle Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil die Umschreibung des Grundbuchs bewilligen – und zwar in notariell beglaubigter Form. Außerdem muss die Unrichtigkeit des Grundbuchs schlüssig dargelegt werden. Hierfür müssen dem Grundbuchamt nicht nur die Sterbeurkunde, der Erbschein und/oder ein öffentliches Testament vorgelegt werden, sondern auch der Gesellschaftsvertrag, wobei für letzteren die Vorlage in einfacher Schriftform ausreicht.

Die Grundbuchberichtigung durch Unrichtigkeitsnachweis erfordert nicht die Mitwirkung aller Gesellschafter. Allerdings muss die Unrichtigkeit des Grundbuchs in diesem Fall nicht nur schlüssig dargelegt, sondern in einem formalisierten Verfahren lückenlos nachgewiesen werden. Alle Tatsachen, die die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachweisen, müssen dazu grundsätzlich durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Für den Gesellschaftsvertrag gelten jedoch Erleichterungen: die Vorlage des Gesellschaftsvertrags in einfacher Schriftform reicht auch hier aus. Für den Nachweis über die Erbfolge bleibt daneben der Nachweis in öffentlicher Form, d. h. durch Vorlage von Sterbeurkunde, Erbschein bzw. öffentlichem Testament, erforderlich.

  1. Unterliegt das Ausfallhonorar eines Architekten der Umsatzsteuer?

 Kündigt der Besteller den Werkvertrag nach teilweiser Erbringung der Werkleistung, kann der Unternehmer die vereinbarte Vergütung verlangen. Dieser Anspruch unterliegt der Umsatzsteuer.

 Hintergrund

Der Kläger war selbstständiger Landschaftsarchitekt und schloss im Frühjahr 2012 mit dem Kreis XY einen Architektenvertrag über die Gestaltung der Freianlagen an 2 Schulen. Der Auftrag umfasste mehrere Bauabschnitte im Zeitraum 2012 bis 2015.

Im August 2016 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass das Projekt aus finanziellen Gründen nicht mehr realisiert wird. In seiner Schlussrechnung fakturierte der Architekt eine Gesamtvergütung erbrachter und nicht erbrachter Leistungen von rund 310.000 EUR und forderte nach Abzug der bereits geleisteten Abschlagszahlungen einen Betrag von rund 275.000 EUR. Im Anschluss an die Kündigung des Architektenvertrags einigte man sich auf eine Zahlung für tatsächlich bereits erbrachte Planungsleistungen in Höhe von rund 23.000 EUR. Außerdem wurde ein Ausfallhonorar in Höhe von rund 52.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) vereinbart. Damit sollten sämtliche Ansprüche aus dem Architektenvertrag abgegolten sein.

Das Finanzamt behandelte das Ausfallhonorar als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.

 Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Das Finanzamt hatte die gesamte Zahlung an den Kläger zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen. Der Unternehmer ist im Fall der Kündigung durch den Besteller berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er sich infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Im vorliegenden Fall einigten sich die Vertragsparteien nach Ansicht des Gerichts nach Kündigung des Vertrags nicht auf die Zahlung eines Schadensersatzes anstelle des vertraglich geschuldeten Honorars, sondern konkretisierten das dem Kläger bereits nach dem ursprünglichen Vertrag für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Auftrags zustehende Honorar.

Diese Konkretisierung war erforderlich, weil der Vertrag auch für den Fall der vollständigen Realisierung des Projekts kein betragsmäßig feststehendes Honorar bestimmte, sondern nur die Parameter festlegte, nach denen der Honoraranspruch zu berechnen war. Dieser Honoraranspruch war um die pauschalierten Abschläge für die nicht realisierten Leistungsphasen zu kürzen.

Trotzdem erhielt der Kläger insgesamt ein Entgelt als Gegenleistung für die von ihm erbrachten Architektenleistungen und damit lag ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vor.

  1. Unterliegt der notärztliche Bereitschaftsdienst der Umsatzsteuer?

 Eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung liegt nach Ansicht des Niedersächsischen Finanzgerichts auch dann vor, wenn sich ein Arzt zur Sicherstellung der notärztlichen Behandlung jederzeit zum Einsatz bereithält. Ob der Bundesfinanzhof dieser Einschätzung folgt, bleibt abzuwarten.

 Hintergrund

Der Kläger war selbstständig als Allgemeinmediziner und Honorarnotarzt tätig. Er erbrachte in den Jahren 2011 bis 2013 gegenüber einem Notarzt sowie gegenüber einer zentralen Notfallpraxis der Ärzteschaft (ZNP) notärztliche Bereitschaftsdienste. Während der Bereitschaftsdienstzeit erhielt er eine Stundenvergütung unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der behandelten Patienten. Das Finanzamt wertete nur die Leistungen des Klägers, die dieser im Rahmen des Bereitschaftsdienstes unmittelbar gegenüber den Patienten erbrachte, als steuerbefreit. Die für die Tätigkeit als Bereitschaftsarzt erhaltenen Vergütungen hielt es dagegen für umsatzsteuerpflichtig, da in diesem Fall keine unmittelbare Heilbehandlung erfolgte. Insbesondere war die Anwesenheit bei Bereitschaft nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzepts.

 Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die vom Kläger erbrachten notärztlichen Bereitschaftsdienste unter die umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen fallen. Der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, wenn Leistungen nicht gegenüber Patienten oder Krankenkassen erbracht werden, denn für die Steuerfreiheit kommt es nicht auf die Person des Leistungsempfängers an. Die personenbezogene Voraussetzung der Steuerfreiheit ist allein für den Leistenden maßgeblich, der Träger eines ärztlichen oder arztähnlichen Berufs sein muss. Dies war vorliegend der Fall.

Die von dem Kläger erbrachten notärztlichen Bereitschaftsdienste gewährleisteten eine zeitnahe Behandlung von Notfallpatienten, waren für deren Versorgung unerlässlich, gehören zum typischen Berufsbild eines Arztes und verfolgten daher einen therapeutischen Zweck. Dass der Kläger diese Leistungen nicht direkt an Patienten oder Krankenkassen erbrachte, war für die Steuerfreiheit unschädlich, da es sich bei dem Kläger um einen Arzt handelte. Dass der Kläger gegenüber den Vertragspartnern nur seine bloße Anwesenheit und Einsatzbereitschaft schuldete und hierzu keine weiteren Leistungselemente (z. B. kontinuierliche Rundgänge zur frühzeitigen Gefahren- und Gesundheitsproblemerkennung) hinzukamen, hielt das Finanzgericht für unschädlich.

  1. Wann kann ein Investitionsabzugsbetrag rückgängig gemacht werden?

 Wird im Jahr der Investition der Abzug von 40 % der Anschaffungskosten vorgenommen, nicht aber der in einem Vorjahr abgezogene Investitionsabzugsbetrag außerbilanziell hinzugerechnet, kann der Investitionsabzugsbetrag nachträglich im Jahr seines Abzugs rückgängig gemacht werden.

 Hintergrund

X machte in seiner Gewinnermittlung für das Jahr 2008 einen außerbilanziellen Investitionsabzugsbetrag von 12.491 EUR geltend. Die anzuschaffenden bzw. herzustellenden Wirtschaftsgüter und die voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gab er nicht an.

Im Jahr 2009 erwarb X einen Pkw, ein Aquarium und einen Drucker und minderte die Anschaffungskosten innerbilanziell um jeweils 40 %. Dies entsprach in der Summe dem im Jahr 2008 geltend gemachten Investitionsabzugsbetrag. Die außerbilanzielle Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags unterblieb. Das Finanzamt veranlagte jeweils erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

Nachdem das Finanzamt den Fehler bemerkt hatte, erließ es geänderte Einkommensteuer- und Gewerbesteuer-Messbescheide, in denen es den Gewinn um 12.491 EUR erhöhte. Die Änderungsbescheide waren auf § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG bzw. § 35b Abs. 1 GewStG gestützt.

Das Finanzgericht wies die Klage ab.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des X zurück und entschied, dass das Finanzamt die Änderung des Einkommensteuer-Bescheids vornehmen durfte. Der Wortlaut war nach Ansicht der Richter erfüllt und es waren keine Gesichtspunkte erkennbar, die für eine einschränkende Auslegung sprechen könnten.

X nahm für das Jahr 2008 einen Investitionsabzugsbetrag vor, den er aber bis zum Ende des Jahres 2011 nicht hinzurechnete. Es war auch ausgeschlossen, dass diese Hinzurechnung künftig noch vorgenommen werden wird. Denn die Einkommensteuer-Veranlagung für das Jahr der Investition (2009) konnte nicht mehr geändert werden kann. Weitere Voraussetzungen für eine Änderung der Veranlagung des Abzugsjahres (2008) sieht der Wortlaut der maßgebenden Vorschriften nicht vor. Festsetzungsverjährung war ebenfalls noch nicht eingetreten.

Weiterhin hätte der Investitionsabzugsbetrag im Jahr 2008 nicht hätte vorgenommen werden dürfen, weil X die begünstigten Wirtschaftsgüter nicht ihrer Funktion nach benannt hatte.

  1. Wann sind Nachzahlungszinsen unbillig?

 Auch wenn eine ESt 4 B-Mitteilung verzögert ausgewertet wird und deshalb die Änderung eines Steuerbescheids erst 13 Monate nach Erlass des Grundlagenbescheids erfolgt, ist die Erhebung von Nachforderungszinsen nicht sachlich unbillig.

 Hintergrund

Der Kläger erzielte als Gesellschafter mehrerer Partnerschaftsgesellschaften Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Die ESt 4 B-Mitteilung des Feststellungs-Finanzamts für das Jahr 2012 ging beim Veranlagungs-Finanzamt am 8.4.2014 ein. Erst nach 13 Monaten erhöhte das Finanzamt mit Änderungsbescheid v. 5.5.2015 aufgrund dieser Mitteilung die Einkommensteuer und setzte Nachzahlungszinsen i. H. v. 305 EUR fest.

Der Kläger beantragte den Erlass der Nachzahlungszinsen i. H. v. 140 EUR. Seiner Ansicht nach durfte sich die Zinsberechnung nicht zu seinem Nachteil auswirken, da der Änderungsbescheid später als nach der üblichen Bearbeitungszeit von 6 Monaten erlassen worden war. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten den Erlass ab.

 Entscheidung

Die Revision vor dem Bundesfinanzhof hatte keinen Erfolg. Ein Erlass aus Billigkeitsgründen kam nicht in Betracht.

Eine Unbilligkeit aus sachlichen Gründen ist anzunehmen, wenn ein Steueranspruch zwar nach dem gesetzlichen Tatbestand besteht, seine Geltendmachung aber mit dem Zweck des Gesetzes nicht zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft. Das setzt voraus, dass der Gesetzgeber eine andere Regelung getroffen hätte, wenn er die zu beurteilende Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte. Umstände, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat, können daher keinen Billigkeitserlass rechtfertigen.

Derjenige, dessen Steuer später festgesetzt wird, hat gegenüber demjenigen, dessen Steuer bereits frühzeitig festgesetzt wird, einen Liquiditäts- und damit auch einen potentiellen Zinsvorteil. Durch die Verzinsung sollen der Liquiditätsvorteil und die damit verbundene erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abgeschöpft werden. Gleichzeitig soll der vorhandene Zinsnachteil des Fiskus, der den nicht gezahlten Steuerbetrag nicht anderweitig nutzen kann, ausgeglichen werden. Aus welchem Grund es zu einem Unterschiedsbetrag gekommen ist und ob die möglichen Zins- und Liquiditätsvorteile tatsächlich bestanden und genutzt wurden, ist grundsätzlich unbeachtlich. Deshalb ist eine verzögerte Bearbeitung durch das Finanzamt für sich genommen nicht geeignet, eine abweichende Zinsfestsetzung aus Billigkeitsgründen zu begründen.

Hiervon ausgehend rechtfertigt der Hinweis des Klägers auf die Bearbeitungszeit von 13 Monaten für die Auswertung der ESt 4 B-Mitteilung keinen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen. Eine Billigkeitskorrektur ist nicht geboten, da der Steuerpflichtige die festzustellenden Besteuerungsgrundlagen bereits im Rahmen der Einkommensteuer-Erklärung geschätzt angeben und auch vor Erlass des Grundlagenbescheids der Besteuerung zugrunde legen kann.

Außerdem ist anerkannt, dass die Erhebung von Nachzahlungszinsen unabhängig von der Höhe eines konkreten Zinsvorteils oder -nachteils nicht unbillig ist, wenn der Steuerpflichtige die erwartete Nachzahlung durch eine freiwillige vorzeitige Leistung hätte vermeiden können. Der Kläger hätte nach Erlass des Feststellungsbescheids v. 7.4.2014 eine Vorauszahlung leisten können.

  1. Zugang eines Verwaltungsakts außerhalb des
    3-Tageszeitraums muss substantiiert bestritten werden

 Erhält ein Steuerpflichtiger einen Verwaltungsakt nicht innerhalb des 3-Tageszeitraums, muss er diesen Umstand substantiiert begründen. Nur dann kann die 3-Tagesvermutung erschüttert werden.

 Hintergrund

Das Finanzamt wies den Einspruch der Klägerin gegen den Umsatzsteuer-Bescheid zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde am 26.10.2018, einem Freitag, zwecks Bekanntgabe einem privaten Zustelldienst übergeben. Dieser beförderte die überregional zu versendende Einspruchsentscheidung jedoch nicht selbst, sondern übergab sie der Deutschen Post AG. Am 30.11.2018 erhob die Klägerin Klage und trug vor, dass ihr die Einspruchsentscheidung erst am 1.11.2018 zugegangen war. Dabei verwies sie auf die erste Seite der Entscheidung mit dem Posteingangsstempel, Ausdrucke aus dem elektronisch geführten Fristenkontrollbuch und dem Dokumentenerfassungssystem von DATEV sowie die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin, die den Eingang der Einspruchsentscheidung bearbeitet hatte.

 Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die Klage fristgerecht erhoben wurde. Die 3-Tagesfiktion galt aufgrund der Erschütterung hier nicht. Zur Begründung führten die Richter weiter aus: Um die gesetzliche Vermutung über den Zeitpunkt des Zugangs zu entkräften, genügt einfaches Bestreiten nicht. Für die Erschütterung der 3-Tagesvermutung reichte es im vorliegenden Fall aus, dass der Empfänger darauf hinwies, dass die Zustellung von einem privaten Zustelldienst unter Zwischenschaltung eines weiteren Dienstleistungsunternehmens erfolgte. Insbesondere bei einem auf einen Freitag fallenden Postaufgabetag erschien die spätere Bekanntgabe plausibel. Zudem machte der Steuerberater den Eingang des Verwaltungsakts erst nach Ablauf des 3-Tageszeitraums durch eine eidesstattliche Versicherung seiner Mitarbeiterin, durch den Eingangsstempel auf der Einspruchsentscheidung sowie den Eintrag im Fristenkontrollbuch glaubhaft.

Land- und Forstwirtschaft

  1. Verpachtungsbetrieb: Folgen einer fehlenden Zuordnung zum Betriebsvermögen

 Erwirbt ein Verpächter eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs ein verpachtetes landwirtschaftliches Grundstück, kann dieses dem notwendigen Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs zugeordnet werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in das bestehende Pachtverhältnis des landwirtschaftlichen Betriebs einbezogen wird.

 Hintergrund

A war seit 1996 Inhaberin eines ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Ihr Ehemann E unterhielt einen Gewerbebetrieb. Im Jahr 1996 erwarb A Grundstücke zum Kaufpreis von 31.000 DM. Die Grundstücke waren an den Landwirt B verpachtet. B gab sie nach Kündigung des Pachtverhältnisses im Mai 1996 frei. Sie wurden fortan von E für dessen Betrieb genutzt. A verpachtete die Grundstücke ab Mai 1999 an den benachbarten Landwirt R. Ende 2008 kündigte A das Pachtverhältnis.

Im Jahr 2008 verkaufte A die Grundstücke für 850.000 EUR. Einen Veräußerungsgewinn erfasste sie bei ihren Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nicht, da sie die Grundstücke ihrem Privatvermögen zuordnete.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Grundstücke mit dem Erwerb 1996, spätestens im Mai 1999 mit der Verpachtung an R in das Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs eingelegt worden waren. Es setzte einen Veräußerungsgewinn von 800.361 EUR an.

Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass die Grundstücke weder dem notwendigen noch dem gewillkürten Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs, sondern dem Privatvermögen der A zuzuordnen waren.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich der Auffassung des Finanzgerichts an. Der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke war wegen fehlender Zuordnung zum notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs nicht bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen. Auch kam wegen Veräußerung außerhalb der 10-Jahresfrist keine Besteuerung als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Betracht. Zur Begründung führten die Richter weiter aus:

Ein Wirtschaftsgut gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn es objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt ist. Das Wirtschaftsgut muss auf den Betriebsablauf bezogen und ihm zu dienen bestimmt sein. Die Bestimmung erfordert eine endgültige Funktionszuweisung. Dafür genügt die abschließende Bestimmung, dass das Wirtschaftsgut in Zukunft betrieblich genutzt wird.

Wirtschaftsgüter, die der Verpächter für seinen verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb neu anschafft und dem Pächter zur Nutzung im Rahmen des Pachtverhältnisses überlässt, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen des verpachteten Betriebs. Eine vom Verpächter hinzugekaufte Nutzfläche wird somit nur dann notwendiges Betriebsvermögen, wenn sie in das bestehende Pachtverhältnis einbezogen wird. Ist sie beim Erwerb noch an einen fremden Landwirt verpachtet, ist notwendiges Betriebsvermögen nur gegeben, wenn das Grundstück geeignet und endgültig dazu bestimmt ist, dem verpachteten Betrieb auf Dauer zu dienen. Außerdem muss eine Bewirtschaftung durch den Pächter des Betriebs in einem überschaubaren Zeitraum – das sind 12 Monate – möglich sein. Für die Zuordnung zum Betriebsvermögen kommt es darauf an, ob der Betriebsinhaber eine entsprechende Zweckbestimmung getroffen hat. Davon ist bei einem Verpachtungsbetrieb nur auszugehen, wenn das Grundstück in das bestehende Pachtverhältnis einbezogen wird. Im vorliegenden Fall waren die Grundstücke jedoch nicht in die bestehenden Pachtverhältnisse einbezogen worden. Denn die Pächter B und R waren nicht Pächter eines der übrigen landwirtschaftlichen Grundstücke des Verpachtungsbetriebs.

Erwirbt der Verpächter an Dritte verpachtete Grundstücke, die von vornherein nicht zur Verpachtung an den Pächter des Verpachtungsbetriebs vorgesehen sind, kann er die hinzuerworbenen Grundstücke dem gewillkürten Betriebsvermögen zuordnen, da deren Eignung, den Betrieb dem Grunde nach zu fördern, regelmäßig zu bejahen ist. Für die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen ist allerdings die klare und eindeutige Bekundung des Zuordnungswillens erforderlich. Daran fehlte es hier. Denn A wollte die Grundstücke weiterhin für die Erweiterung des Gewerbebetriebs des E nutzen. Sie verkaufte die Grundstücke erst, als eine Nutzung für E nicht mehr in Betracht kam. Schließlich hatte sie die Grundstücke auch nicht in das Anlageverzeichnis des Verpachtungsbetriebs aufgenommen.

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

  1. Anschaffungskosten bei Hingabe einer Darlehensforderung gegen eine typisch stille Beteiligung

 Bei der Einlage einer Darlehensforderung in eine stille Gesellschaft richten sich die Anschaffungskosten des erlangten Wirtschaftsguts nach dem gemeinen Wert des eingelegten Wirtschaftsguts. Dieser bemisst sich nicht nach den künftig zu erwartenden Entwicklungen, sondern nach dem Wert im Zeitpunkt der Einlage, der bei einer Veräußerung an Dritte berücksichtigt worden wäre.

 Hintergrund

Die A-KG schrieb zum 31.12.1993 ihre Forderungen gegen die in Schwierigkeiten geratene B-GmbH in vollem Umfang ab. Zuvor waren diese Forderungen in Darlehen umgewandelt worden. Wegen fortbestehenden Sanierungsbedarfs vereinbarte die A-KG mit der B-GmbH im Jahr 1995 den Verzicht auf 45 % des Darlehenskapitals. 30 % sollten zurückbezahlt und 25 % sollten in eine stille Beteiligung umgewandelt werden.

Die Einlage der A-KG sollte durch Einbringung der ihr gegen die B-GmbH zustehenden abgeschriebenen Darlehensforderung von nominal 1.438 Mio. DM geleistet werden. Dementsprechend wies die A-KG zum 31.12.1995 eine stille Beteiligung an der B-GmbH i. H. v. 1 DM aus.

Das Finanzamt ging davon aus, dass durch die Umwandlung der Forderung in eine stille Beteiligung ein neues Wirtschaftsgut entstanden war. Die Höhe der Anschaffungskosten richteten sich deshalb nach dem Teilwert der Darlehensforderung im Zeitpunkt der Umwandlung und nicht nach dem Buchwert der ursprünglichen Forderung (Realisationsprinzip bei Tausch).

Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Für die Anschaffungskosten der stillen Beteiligung war der Wert der hingegebenen Forderung entscheidend. Das Finanzgericht muss im zweiten Gang die Teilwertabschreibung der Darlehensforderung überprüfen bzw. feststellen, ob die Forderung zum Zeitpunkt ihrer Hingabe (1995) mit 1 DM, dem Nennwert (1.438 Mio. DM) oder mit einem Zwischenwert zu bewerten war.

Da die Beteiligten im vorliegenden Fall ein Projekt verfolgten, in das beide Beteiligte eingebunden waren, bestätigte der Bundesfinanzhof die Würdigung des Finanzgerichts, dass eine stille Gesellschaft und kein partiarisches Darlehen vereinbart wurde.

Ausgehend von einer typisch stillen Gesellschaft ist für die Beteiligung der A-KG zum 31.12.1995 ein Aktivposten anzusetzen, der mit den Anschaffungskosten zu bewerten ist. Für die Bewertung dieser Anschaffungskosten ist der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts (hier: Darlehensforderung als Einlage) im Zeitpunkt der Einlage maßgebend. Die Forderung wurde durch einen tauschähnlichen Vorgang für die stille Beteiligung hingegeben. Der Vorgang ist vergleichbar mit einer Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.

Bei einem Tausch bemessen sich die Anschaffungskosten des erlangten Wirtschaftsguts – hier der Beteiligung – nach dem gemeinen Wert der hingegebenen Wirtschaftsgüter. Bei dieser Bewertung stützte sich das Finanzgericht fehlerhaft auf die erwartete wirtschaftliche Entwicklung der B-GmbH ab 1995. Ausgehend davon gelangte das Finanzgericht zum Ansatz mit dem Nennwert (1.438 Mio. DM). Richtigerweise bemisst sich jedoch der gemeine Wert nicht nach den künftig zu erwartenden Entwicklungen, sondern nach dem Wert im Zeitpunkt der Einlage, der bei einer Veräußerung an Dritte berücksichtigt worden wäre. Andernfalls käme es zu einer unzulässigen Rückbeziehung künftiger Verhältnisse auf den Zeitpunkt der Einlage.

  1. Gewerbesteuerliche Kürzung: Steht Ablösungszahlung des Mieters entgegen?

 Trotz einer Ersatzzahlung des Mieters für die vorzeitige Vertragsbeendigung kann die gewerbesteuerliche erweiterte Kürzung gewährt werden. Dieser steht nur eine Betriebsvorrichtung eines ausgeübten Betriebs entgegen.

 Hintergrund

Das Finanzamt versagte einer GmbH & Co. KG die sog. erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung. Es war der Ansicht, dass diese wegen einer in den Betriebseinnahmen enthaltenen Zahlung des Mieters für eine einvernehmliche Aufhebung des Mietvertrages noch vor dem Einzug des Mieters in weitere bisher von ihm nicht genutzte Räume ausgeschlossen war. Auch die vorgesehene Mitvermietung einer Restaurantausstattung als Betriebsvorrichtung schloss nach Meinung des Finanzamts eine Kürzung aus.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Zur Begründung führten die Richter aus: Erträge aus bzw. im Zusammenhang mit der Wahrnehmung mietvertraglicher Leistungsstörungsrechte standen der erweiterten Kürzung nicht entgegen. Die gesetzliche Umschreibung “Verwaltung und Nutzung eigenen Grundvermögens” war weit auszulegen. Eine engere Auslegung wie bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung lehnte das Finanzgericht ab. Eine Fruchtziehung lag deshalb auch bei einer Ablösungszahlung als eine Art von Schadensersatz für eine unterbleibende Vermietung vor. Denn der Abschluss eines Kausalgeschäfts ist aus Vermietersicht der erste Schritt zur Vermietung. Die Beendigung dieser rechtlichen Basis unter Leistung einer Ausgleichszahlung ist folglich bereits der Nutzung von Vermögen i. S. e. Fruchtziehung zuzuordnen.

Darüber hinaus setzen Betriebsvorrichtungen begrifflich voraus, dass die betreffenden Anlagen in einer besonderen Beziehung zum gegenwärtig im Gebäude ausgeübten Betrieb stehen. Eine kürzungsschädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen lag deshalb nicht vor, solange in dem vermieteten Gebäude noch kein Betrieb des Mieters unterhalten wurde oder die Anlagen noch nicht eingebaut waren. Bis zu einer tatsächlichen Nutzung lagen noch keine Vorrichtungen vor, die zu einer Betriebsanlage gehörten.