Unternehmer und Freiberufler

1. Abzinsung von Verbindlichkeiten: Ist der Zinssatz verfassungsge
mäß?
2. Bauleistungen: Wann zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer erstattet werden kann
3. Ist ein Auskunftsersuchen an Dritte ohne vorherige Sachverhalts aufklärung beim Beteiligten zulässig?
4. Warum der elektronische Fristenkalender ausgedruckt werden
sollte

GmbH-Gesellschafter / -Geschäftsführer

1. Gewerbesteuer: Unter welchen Voraussetzungen wird die erweiterte Kürzung angewendet?
2. Zur erbschaftsteuerlichen Bewertung von Gesellschaftsanteilen
3. Was bedeutet der Begriff “einander nahe stehende Personen” in Bezug auf die Abgeltungsteuer?

Unternehmer und Freiberufler

  1. Abzinsung von Verbindlichkeiten: Ist der Zinssatz verfassungsgemäß?

In den Steuergesetzen sind einige Zinssätze typisierend festgelegt. Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase wird die Kritik daran immer lauter. Jetzt hat wieder ein Finanzgericht ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Zinssatzes. Diesmal geht es um die Abzinsung von Verbindlichkeiten, für die 5,5 % Zinsen fällig werden.

Hintergrund

Die Antragstellerin ist eine GmbH. Nach einer Außenprüfung erließ das Finanzamt geänderte Steuerbescheide. Diesen legte es einen erhöhten Gewinn zugrunde, da die unverzinslichen Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mehr als 12 Monaten mit dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % abgezinst wurden. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide. Das Finanzamt lehnte dies ab.

Entscheidung

Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abzinsung mit Blick auf den typisierenden Zinssatz von 5,5 % bestehen. Der Antrag hatte deshalb in der Sache Erfolg.

Angesichts einer anhaltenden Niedrigzinsphase mehren sich seit einiger Zeit die verfassungsrechtlichen Zweifel an der Höhe der in den Steuergesetzen festgelegten Zinssätzen von 6 % bzw. 5,5 %. Beim Bundesverfassungsgericht sind hierzu verschiedene Verfahren anhängig. Der Bundesfinanzhof gewährte bereits wegen verfassungsrechtlicher Zweifel gegen einen Zinssatz Aussetzung der Vollziehung. In seiner Entscheidung stellte er fest, dass der Zinssatz den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität in erheblichem Maße überschreitet.

Zwischenzeitlich hat der Abzinsungssatz mit 5,5 % keinen Bezug mehr zum langfristigen Marktzinsniveau. So liegt der Leitzins der Europäischen Zentralbank seit 6 Jahren unter 1 %. Durch das gesetzliche Abzinsungsgebot ist der Steuerpflichtige gezwungen, nicht realisierte Gewinne auszuweisen. Dies führt zu Zweifeln an der verfassungsrechtlichen Rechtmäßigkeit. Das Gericht hielt es deshalb für gerechtfertigt, die Vollziehung der Bescheide im vorliegenden Fall auszusetzen.

  • 2. Bauleistungen: Wann zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer erstattet werden kann

Geht ein Bauträger fälschlicherweise davon aus, dass er der als Leistungsempfänger Steuerschuldner für von ihm bezogene Bauleistungen ist, kann er das Entfallen der unzutreffenden Besteuerung geltend machen, ohne dass dafür weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Hintergrund

M war selbstständiger Malermeister und vermietet daneben Wohnungen, die in seinem Alleineigentum standen. Für diese ließ er Instandhaltungsarbeiten durchführen. Dabei ging er zu Unrecht davon aus, dass er für diese Leistungen Steuerschuldner nach § 13b UstG war. Nachdem das Finanzamt nach einer Außenprüfung Änderungsbescheide erlassen hatte, in denen die von M angemeldete Umsatzsteuer weiterhin enthalten war, erhob M dagegen Einspruch. Er beantragte die Herabsetzung der Umsatzsteuer um die nach § 13b UStG abgeführten Beträge. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Das Finanzgericht gab der Klage des M dagegen statt.

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts hatte vor dem Bundesfinanzhof keinen Erfolg. Dieser entschied, dass der Änderung der angefochtenen Umsatzsteuer-Bescheide insbesondere nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstand.

Geht ein Bauträger rechtsirrig davon aus, dass er als Leistungsempfänger Steuerschuldner für von ihm bezogene Bauleistungen ist, kann er das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung ohne Einschränkung geltend machen.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben konnte das Gericht auch nicht in einer treuwidrigen Ausnutzung eines sog. “windfall profits”, also eines steuerrechtlichen Zufallsgewinns, erkennen. Im vorliegenden Fall hätte es nämlich gar nicht zu einem solchen “windfall profit” kommen können. Denn sind wie im vorliegenden Fall Bauunternehmer und Leistungsempfänger beim Abschluss und bei der Durchführung des Bauvertrags übereinstimmend von der Steuerschuldnerschaft des Bauträgers ausgegangen und hat der Bauträger die auf die erbrachten Leistungen des Bauunternehmers entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, hat der Bauunternehmer aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung einen Anspruch auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags, wenn der Bauträger die Erstattung der Umsatzsteuer verlangt und deshalb der Bauunternehmer befürchten muss, zur Zahlung der Umsatzsteuer herangezogen zu werden. Dieser Anspruch ist abtretbar und eine eventuelle Abtretung muss das Finanzamt annehmen.

  • 3. Ist ein Auskunftsersuchen an Dritte ohne vorherige Sachverhaltsaufklärung beim Beteiligten zulässig?

Auskunftsersuchen an Dritte zwecks Ermittlung der Lieferkette, um die Einkaufspreise des Beteiligten zu prüfen, sind ohne vorherige Sachverhaltsaufklärung bei diesem nicht ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig. Das gilt insbesondere dann, wenn von vornherein feststeht, dass die Mitwirkung des Beteiligten erfolglos sein wird, weil ihm nach eigenen Angaben die gesamte Lieferkette nicht bekannt ist.

Hintergrund

Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer einen Handel mit Kraftfahrzeugen, insbesondere mit Gebrauchtwagen. Im Rahmen einer Außenprüfung führte die Prüferin mehrere Anfragen beim Kraftfahrt-Bundesamt hinsichtlich der vom Kläger im Prüfungszeitraum angekauften Fahrzeuge durch. Dabei stellte sich heraus, dass in einer Reihe von Fällen die Verkäufer der Fahrzeuge nicht mit dem letzten Halter dieser Fahrzeuge identisch waren. Anhand der durch den Kläger vorgelegten Unterlagen konnte die Prüferin die Bewegungen der fraglichen Fahrzeuge in der Kette zwischen dem letzten Fahrzeughalter laut Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes und dem Kläger nicht nachvollziehen. Die Fahrzeugbriefe hatte der Kläger beim Weiterverkauf der Fahrzeuge ausgehändigt.

Diese Umsätze hielt die Prüferin für auffällig und richtete deshalb Auskunftsersuchen in 21 Fällen an den vom Kraftfahrt-Bundesamt benannten jeweiligen Fahrzeughalter. Aufgrund dieses Ersuchens sollten die Halter jeweils mitteilen, an wen sie das Fahrzeug verkauft haben und zu welchem Preis. Gegen die Auskunftsersuchen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Auskunftsersuchen ermessensfehlerfrei und rechtmäßig waren.

Zur Begründung führten die Richter aus: Für die Auskunftsersuchen bestand ein konkreter Anlass. Ein solcher liegt nicht erst vor, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass es zu steuerlichen Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Es genügt vielmehr, dass aufgrund konkreter Umstände oder allgemeiner Erfahrungen ein Auskunftsersuchen angezeigt ist und dieses zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen führen könnte. Die Anforderungen an eine solche Prognoseentscheidung dürfen allerdings nicht zu hoch angesetzt werden.

Im vorliegenden Fall bestand ein solcher Anlass, weil der Kläger in einer Reihe von Fällen die Fahrzeuge nicht vom letzten Halter, sondern von nicht als Fahrzeughalter registrierten Zwischenhändlern erworben hatte. Dadurch könnte versucht worden sein, die eigenen Gestehungskosten für verkaufte Waren künstlich zu erhöhen, um so den Gewinn zu reduzieren.

Darüber hinaus war davon auszugehen, dass die Mitwirkung des Klägers erfolglos bleiben würde. Denn der Kläger konnte zu der Frage, von wem und zu welchen Konditionen die Zwischenhändler ihrerseits das Fahrzeug erworben hatten bzw. an wen und zu welchen Konditionen die letzten Halter ihr Fahrzeug am Beginn der Lieferkette veräußert haben, von vornherein keine Angaben machen, weil er in diese Transaktionen nicht involviert war. Das Finanzamt konnte deshalb die streitigen Auskunftsersuchen ohne vorherige Befragung des Klägers an die Dritten richten.

  • 4. Warum der elektronische Fristenkalender ausgedruckt werden sollte

Im Rahmen der Fristenkontrolle muss der elektronischen Fristenkalender ausgedruckt werden. Denn nur so sind eine hohe Sicherheit für eine Fristenwahrung zu gewährleisten und ein anwaltliches Organisationsverschulden zu vermeiden.

Hintergrund

Ein Rechtsanwalt hatte für seinen Mandanten gegen eine erstinstanzliche Entscheidung fristgemäß Berufung eingelegt, aber die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Die sonst zuverlässige Angestellte der Kanzlei hatte die Berufungsbegründungsfrist zutreffend mit der Vorfrist in die Handakte des Prozessbevollmächtigten eingetragen und durch Abzeichnung mit Kürzel bestätigt. Die Berufungsbegründungsfrist und die Vorfrist waren jedoch nicht im elektronischen Fristenkalender abgespeichert gewesen. Laut Anweisung ist die Abzeichnung mit Kürzel auf der Handakte erst dann vorzunehmen, wenn sich vergewissert wurde, dass die Frist und die Vorfrist ordnungsgemäß im elektronischen Fristenkalender gespeichert sind. Der Antragsteller beantragte erfolglos die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass hier ein anwaltliches Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten vorlag, welches sich der Antragsteller zurechnen lassen musste.

Bei der Eingabe von Fristen in einen elektronischen Fristenkalender bestanden spezifische Fehlermöglichkeiten. Zum einen könnte es Datenverarbeitungsfehler der EDV geben, zum anderen Eingabefehler der Mitarbeiter, wie z.B. das Vertippen. Deshalb war der Rechtsanwalt verpflichtet, durch geeignete Organisationsmaßnahmen die Kontrolle der Fristeneingabe zu gewährleisten. Nach Ansicht der Richter hätte dies durch einen Ausdruck der einzelnen Vorgänge oder eines Fehlerprotokolls erfolgen können. Damit hätten mit geringem Aufwand Datenverarbeitungsfehler sowie Eingabefehler erkannt und beseitigt werden können. Da dies jedoch versäumt wurde, lag ein anwaltliches Organisationsverschulden vor.

Die von dem Rechtsanwalt praktizierte automatisierte Eingabekontrolle, die ausschließlich EDV-gestützt war, war für Fehler und für ein Augenblicksversagen des beauftragten Mitarbeiters erhöht anfällig. Nur der durch einen Ausdruck hergestellte “Medienbruch” zwischen Eingabe am Bildschirm und Kontrolle mittels eines Ausdrucks gewährleistet aber ein hohes Maß an Sicherheit im Hinblick auf eine zutreffende Fristeneingabe und -speicherung.

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

  1. Gewerbesteuer: Unter welchen Voraussetzungen wird die erweiterte Kürzung angewendet?

Unterliegt eine grundstücksverwaltende Gesellschaft nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer, ist ihr die sog. erweiterte Kürzung nicht deshalb zu verwehren, weil sie an einer rein grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist.

Hintergrund

Die Geschäftstätigkeit der klagenden GmbH & Co. KG beschränkte sich auf das Halten einer Beteiligung an einer GbR, deren Vermögen ausschließlich aus Immobilen bestand. Verwaltet wurden die Immobilien von einer Hausverwaltungs-GmbH. In den Jahren 2007 bis 2011 bezog die KG neben ihren Anteilen am Gewinn der GbR in geringem Umfang Zinseinnahmen.

Mit ihren Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre 2007 bis 2011 machte die Klägerin die erweiterte Kürzung geltend. Das Finanzamt versagte der KG die erweiterte Kürzung. Seiner Meinung nach war das Halten der Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft nicht begünstigt.

Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die erweiterte Kürzung zu Unrecht versagt hatte, da die Klägerin eigenen Grundbesitz verwaltete. Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs wollte die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigen und die Revision des Finanzamts zurückweisen. Darin hätte jedoch eine Abweichung von der Rechtsprechung des I. Senats gelegen. Nachdem der I. Senat einer Abweichung nicht zugestimmt hat, war die Anrufung des Großen Senats geboten.

Entscheidung

Auf Antrag wird bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, angewendet (sog. erweiterte Kürzung).

Ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nach Ansicht des Großen Senats auch dann, wenn eine Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft gehalten wird. Denn der zivilrechtlich im Eigentum der rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft stehende Grundbesitz ist ihrer Gesellschafterin, der gewerblich geprägten Personengesellschaft, anteilig als deren Betriebsvermögen zuzurechnen und stellt in diesem Umfang zugleich “eigenen Grundbesitz” der gewerblich geprägten Personengesellschaft dar.

Wenn der Grundbesitz der rein vermögensverwaltenden GbR der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, verwaltet und nutzt die gewerblich geprägte Personengesellschaft als deren Gesellschafterin diesen anteilig als eigenen.

Der Große Senat kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass eigener Grundbesitz der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz ist. Denn die Begriffe “eigener Grundbesitz” und “zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörender Grundbesitz” sind im Hinblick auf die ertragsteuerrechtliche Zurechnung des Grundbesitzes bedeutungsgleich.

2. Zur erbschaftsteuerlichen Bewertung von Gesellsdchaftsanteilen

Wie sind Anteile einer Kapitalgesellschaft zu bewerten, wenn die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Finanzgericht Düsseldorf.

Hintergrund

Der Erblasser war Gesellschafter der A-GmbH, die insbesondere Kapitalvermögen für fremde Rechnung verwaltete. Weitere Gesellschafter und auch Geschäftsführer waren B und C. Die Verteilung des auszuschüttenden Gewinns erfolgte grundsätzlich nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile. Die Gesellschafter konnten aber einstimmig auch eine abweichende Gewinnverteilung beschließen. So beschlossen die Gesellschafter z. B. für C einen Sondergewinnanteil wegen besonderer Leistungen und für B einen Sondergewinnanteil aus dem anteiligen Jahresüberschuss.

B verstarb. Der Erblasser wurde von seiner Ehefrau, der Klägerin, beerbt.

Nach einer Außenprüfung stellte das beklagte Finanzamt mit einem gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheid den Wert der A-GmbH fest. Dabei wurde das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie war der Ansicht, dass die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führte. Denn der von ihr erworbene Geschäftsanteil war nicht frei am Markt zu veräußern. Der unerwartete und plötzliche Tod des Geschäftsführers B hatte die A-GmbH in große Schwierigkeiten gebracht, die Nachfolge blieb ungeklärt. Der Sohn des B versuchte vergeblich, den von ihm geerbten Geschäftsanteil zu veräußern.

Entscheidung

Die Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Zum einen entschied das Finanzgericht, dass das beklagte Finanzamt den Wert des Anteils des Erblassers an der A-GmbH zu Recht unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft ermittelte. An der Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens hatte das Gericht nichts auszusetzen. Zum anderen urteilten jedoch die Richter, dass bei der Bewertung die den Gesellschaftern auf Grund der Gesellschafterbeschlüsse zustehenden Sondergewinnbezugsrechte zu berücksichtigen waren. Dies führte nämlich zu einem geringeren Wert des Anteils.

  • 3. Was bedeutet der Begriff “einander nahe stehende Personen” in Bezug auf die Abgeltungsteuer?

Anders als z. B. bei der verdeckten Gewinnausschüttung sind bei der Abgeltungsteuer Vater und Sohn im Regelfall nicht als “einander nahe stehende Personen” anzusehen.

Hintergrund

Der Vater war Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Der Sohn hatte sich im Jahr 2001 mit einem Anteil von 20% als typisch stiller Gesellschafter an der GmbH beteiligt und war gleichzeitig als leitender Angestellter für die GmbH tätig. Mit gleichlautenden Verträgen hatte sich ein Familienfremder als typisch stiller Gesellschafter an der GmbH beteiligt und war ebenfalls als leitender Angestellter beschäftigt.

Das Finanzamt unterwarf die Gewinnanteile des Sohnes als typisch stiller Gesellschafter dem normalen Steuertarif anstelle der Abgeltungsteuer, nicht aber die Gewinnanteile des familienfremden stillen Gesellschafters. Es war der Meinung, dass der Sohn als eine nahe stehende Person im Verhältnis zu seinem Vater und deshalb der GmbH anzusehen war. Die Anwendung der Abgeltungsteuer war deshalb ausgeschlossen.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der Begriff der nahe stehenden Person im Sinne der Abgeltungsteuer eng auszulegen war. Dies ergab sich insbesondere aus der Gesetzesbegründung. Ein Näheverhältnis war bei der Abgeltungsteuer nur in den Fällen einer Beherrschung bzw. eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses anzunehmen. Allein die familiären Beziehungen zwischen Vater und Sohn konnten ein derartiges Abhängigkeitsverhältnis nicht begründen. Deshalb sei der Begriff der nahe stehenden Person für die Abgeltungsteuer anders zu verstehen als bei der Insolvenzordnung und der verdeckten Gewinnausschüttungen.