Mandantenbrief Steuern Unternehmer Mai 2015

 

Unternehmer
und Freiberufler

1.

EU-rechtswidriges Urteil: Kein
Billigkeitserlass

2.

„Sale-and-lease-back“-Geschäfte:
Wirtschaftliche Zurechnung des Leasinggegenstands

3.

Offenbare Unrichtigkeit auch bei
vom Erklärungsformular abweichender Rechtsmeinung?

4.

Elektronisches Fahrtenbuch:
Nachträgliche Änderungen müssen ausgeschlossen sein

5.

Vorsteuerabzug:
Leistungsempfänger muss zweifelsfrei benannt sein

6.

Vermietung: Wie kann eine neue
Einbauküche abgesetzt werden?

7.

10-jährige Veräußerungsfrist bei
Grundstücken: Was gilt bei einem aufschiebend bedingten Verkauf?

8.

Vermietung und Verpachtung:
Leistung aus Feuerversicherung ist nachträgliche Einnahme

9.

Ehegatten-Darlehen: Vorsicht bei
finanzieller Abhängigkeit

10.

Kündigung wegen Eigenbedarf:
Sind 130 qm zu viel für einen Studenten?

11.

Tierhaltung: 80 Vögel sind
eindeutig zu viel

12.

Schönheitsreparaturen: Der
Bundesgerichtshof ändert die Spielregeln

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1.

Vorsteuerabzug: Auch schon vor
Gründung einer Ein-Mann-GmbH möglich

2.

GmbH-Geschäftsführer: Wann
haftet er?

 

1.    
EU-rechtswidriges
Urteil: Kein Billigkeitserlass

 

Erstattet das Finanzamt
eine Steuer, die auf einem zwar unionsrechtswidrigen, aber durch BFH-Urteil
bestätigten Steuerbescheid beruht, nicht, ist dies weder ermessensfehlerhaft
noch verstößt es gegen Unionsrecht.

 

Hintergrund
Der
Sohn besuchte im Jahr 1992 eine Privatschule in Großbritannien. Die Eltern E
machten die Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt ließ
die Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Das Finanzgericht wies die Klage der E mit
der Begründung ab, Schulgeldzahlungen an Schulen im Ausland seien nicht
abziehbar. Der Bundesfinanzhof sah die gegen das finanzgerichtliche Urteil
eingelegte Revision als unbegründet an, ohne die Streitsache dem EuGH
vorzulegen.

Im Jahr 2007 entschied der Europäische Gerichtshof,
die nach europäischem Recht garantierte Dienstleistungsfreiheit werde verletzt,
wenn der Sonderausgabenabzug lediglich für Schulgeldzahlungen an inländische
Privatschulen gewährt wird. Den daraufhin von E gestellten Antrag auf Änderung
des Einkommensteuerbescheids 1992 lehnte das Finanzamt ab. Einspruch, Klage und
Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesfinanzhof blieben ohne Erfolg.

Die E beantragten daraufhin den Erlass der
Einkommensteuerbeträge, soweit diese wegen Nichtanerkennung der
Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben festgesetzt worden waren. Das Finanzamt
lehnte auch diesen Antrag ab. Einspruch und Klage blieben ebenfalls erfolglos.

 

Entscheidung
Der
Bundesfinanzhof gab dem Finanzamt Recht und entschied, dass dieses den
Erlassantrag der Eheleute E ermessensfehlerfrei abgelehnt habe.

Bei der Prüfung der sachlichen Unbilligkeit im Rahmen
eines Erlassverfahrens muss nach Auffassung des Bundesfinanzhofs berücksichtigt
werden, welch hohen Stellenwert der Gesetzgeber der Rechtskraft eines Urteils
beimisst. Eine Billigkeitsmaßnahme kann daher bei Vorliegen eines
rechtskräftigen Urteils allenfalls dann in Betracht kommen, wenn das Urteil so
offenbar unrichtig war, dass dessen Fehlerhaftigkeit ohne Weiteres erkannt
werden musste.

Das war hier nicht der Fall. Denn bis zur Einleitung
eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die Europäische Union haben mehrere
deutsche Finanzgerichte die Begrenzung der Abziehbarkeit von Schulgeldzahlungen
auf inländische Privatschulen im Gesetz als mit dem Unionsrecht vereinbar
angesehen.

Auch nach der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs
sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht verpflichtet, eine
unionsrechtswidrige, aber rechtskräftige Entscheidung eines nationalen Gerichts
aufzuheben. Das gilt selbst dann, wenn die Vorlagepflicht verletzt worden ist.
Die Mitgliedstaaten müssen allerdings das Äquivalenzprinzip sowie den
Effektivitätsgrundsatz beachten. Das bedeutet, dass sie bei Verletzungen des
Unionsrechts haften und solche Verletzungen wie Verstöße gegen nationales Recht
behandeln müssen. Bei unionsrechtswidrigen Urteilen kommt eine Haftung jedoch
nur bei einer offenkundigen Verletzung des Unionsrechts in Betracht. An einer
solchen offenkundigen Verletzung fehlt es aber, wenn – wie hier – die sachliche
Rechtslage nicht eindeutig war.

 

2.         
„Sale-and-lease-back“-Geschäfte:
Wirtschaftliche Zurechnung des Leasinggegenstands

 

Bei „Sale-and-lease-back“-Geschäften stellt
sich immer wieder die Frage nach der wirtschaftlichen Zurechnung des
Leasinggegenstands. In einem Urteil hat das Finanzgericht Münster dazu Stellung
genommen.

 

Hintergrund
Der
Kläger ist Rechtsnachfolger einer Kommanditgesellschaft. Diese war 2004 zum
Zwecke der Durchführung sog. „Sale-and-lease-back“-Geschäfte
gegründet worden. In der Folgezeit erwarb sie von der Herstellerin
elektronische Informationssysteme, die zur Ausstrahlung von
Informationsprogrammen an werbewirksamen Standorten eingesetzt werden sollten,
und verleaste sie unmittelbar an diese für eine Dauer von 4 Jahren zurück. Nach
den vertraglichen Vereinbarungen konnte die Kommanditgesellschaft nach
Beendigung der Laufzeit von der Leasingnehmerin verlangen, die Gegenstände zu
einem bereits vorab vereinbarten Preis zurückzukaufen. Die Leasingnehmerin trug
die Gefahr des Untergangs und übernahm eventuell anfallende Reparaturkosten.

Die Kommanditgesellschaft aktivierte die
Leasinggegenstände als Sachanlagen und machte die darauf entfallende Absetzung
für Abnutzung als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt rechnete die
Gegenstände jedoch der Leasingnehmerin als wirtschaftliche Eigentümerin zu und
erkannte die Absetzung für Abnutzung nicht an.

 

Entscheidung      
Das
Finanzgericht Münster wies die gegen die wirtschaftliche Zurechnung gerichtete
Klage ab. Die Kommanditgesellschaft ist nicht berechtigt, die Absetzung für
Abnutzung auf die Leasinggegenstände vorzunehmen. Sie ist zwar zivilrechtlich
Eigentümerin, ihr sind die Gegenstände aber wirtschaftlich nicht zuzurechnen.
Das wirtschaftliche Eigentum verblieb vielmehr bei der Herstellerin und
Leasingnehmerin.

Diese hat die Informationssysteme während der Laufzeit
wie gewollt nutzen können. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die
Kommanditgesellschaft nach Ablauf der Grundmietdauer von ihrem Andienungsrecht
Gebrauch machen und es damit zur Rückübertragung des zivilrechtlichen Eigentums
kommen wird. Hierfür spricht, dass die wesentlichen Rückkaufkonditionen –
insbesondere der Preis – bereits bei Abschluss der Leasingverträge vereinbart
worden sind. Zudem musste die Leasingnehmerin die Gefahr des zufälligen
Untergangs und die Kosten bei Beschädigung der Leasinggegenstände tragen.

Die Leasingvereinbarung ist deshalb als
Kreditgewährung der Kommanditgesellschaft an die Leasingnehmerin zur
Finanzierung der Leasinggegenstände anzusehen.

 

3.         
Offenbare
Unrichtigkeit auch bei vom Erklärungsformular abweichender Rechtsmeinung?

 

Wenn die von einem Steuerberater gefertigte
Steuererklärung aufgrund einer für den Steuerpflichtigen günstigen vertretenen
Rechtsmeinung unrichtig ausgefüllt wurde, dies für einen Dritten aus der
eingereichten Steuererklärung jedoch nicht ersichtlich war und das Finanzamt
daher ohne eigenständige Überprüfung die fehlerhafte Eintragung übernommen hat,
kann der entsprechende Steuerbescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit
geändert werden.

 

Hintergrund
Der
Steuerberater des Steuerpflichtigen setzte Stillhaltergeschäfte
unzutreffenderweise bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften und
nicht bei den Einkünften aus sonstigen Leistungen an. Dadurch wurden die
insoweit erzielten Einkünfte im Einkommensteuerbescheid 2005 bei den Einkünften
aus privaten Veräußerungsgeschäften im dort angesetzten Gesamtbetrag von 40.759
EUR berücksichtigt und kamen mit einem Verlustvortrag aus Einkünften aus
privaten Veräußerungsgeschäften in gleicher Höhe zur Verrechnung.

Bei zutreffender Eintragung des Stillhaltergeschäftes
wie formularmäßig vorgesehen, wäre es dagegen zu einer Berücksichtigung als
sonstige Leistung gekommen, ohne dass hierauf Verlustvorträge verrechnet worden
wären.

Im Anschluss an eine beim Steuerpflichtigen durchgeführte
Betriebsprüfung erließ das Finanzamt einen entsprechenden Änderungsbescheid
wegen einer offenbaren Unrichtigkeit. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb
erfolglos.

 

Entscheidung      
Auch
im Klageverfahren hatte der Steuerpflichtige keinen Erfolg. Das Finanzgericht
ging davon aus, dass die mit der Erstellung der Erklärung beauftragte
Steuerfachgehilfin im Büro des Steuerberaters rechtliche Überlegungen zur
Behandlung der Stillhaltergeschäfte angestellt hat und aufgrund dieser
Überlegungen zu einer Listung der Stillhaltergeschäfte als Veräußerungsgeschäft
gelangt ist. Allerdings hatten sich diese (rechtlich falschen) Überlegungen in
der eingereichten Erklärung nicht erkennbar geäußert.

Aus der Sicht eines objektiven Dritten stellte sich
die Listung der Stillhaltergeschäfte bei den Veräußerungsgeschäften unter
Berücksichtigung der weiteren Umstände der Erklärungsabgabe vielmehr als
mechanisches Versehen dar, welches dem Steuerpflichtigen bei Erstellung der
Erklärung unterlaufen war.

Die sich für einen objektiven Dritten als mechanisches
Versehen des Steuerpflichtigen darstellende unzutreffende Zuordnung der
Stillhaltergeschäfte wurde vom Finanzamt bei Erlass des
Einkommensteuerbescheides übernommen, ohne dass erkennbar rechtliche
Überlegungen angestellt worden sind, sodass der Steuerbescheid zu Recht wegen
einer offenbaren Unrichtigkeit geändert worden ist.

 

4.         
Elektronisches
Fahrtenbuch: Nachträgliche Änderungen müssen ausgeschlossen sein

 

Ein mittels Computerprogramm erstelltes Fahrtenbuch
wird steuerlich nicht anerkannt, wenn die Daten nachträglich ohne Dokumentation
verändert werden können und zudem der Zeitpunkt der Fahrtenbucheinträge nicht
erkennbar ist.

 

Hintergrund
Ein
selbstständiger Apotheker ermittelte den privaten Nutzungsanteil seines
betrieblichen Pkw in den Jahren 2006 bis 2008 durch ein elektronisches
Fahrtenbuch. Das Finanzamt erkannte das Fahrtenbuch aber steuerlich nicht an
und ermittelte den privaten Nutzungswert des Fahrzeugs nach der teureren
1-%-Regelung. Denn bei einer Außenprüfung hatte sich gezeigt, dass die genutzte
Fahrtenbuchsoftware es ermöglichte, die Daten im Nachhinein zu bearbeiten, ohne
dass die Änderungen später nachvollzogen werden konnten.

 

Entscheidung      
Zu
klären war die Frage, ob die genutzte Fahrtenbuchsoftware nachträgliche
Änderungen an den eingegebenen Daten ausschloss oder aber zumindest hinreichend
dokumentierte, wie es die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch verlangen.
Der vom Finanzgericht beauftragte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass in
der geprüften Version durch einen Datenbank-Direktzugriff mit einem geeigneten
Programm durchaus nicht dokumentierte Manipulationen möglich sind. Des Weiteren
demonstrierte der Betriebsprüfer dem Gericht in der mündlichen Verhandlung, wie
Manipulationen in der älteren Programmversion auch ohne Datenbankdirektzugriff
möglich waren. Der Prüfer führte insbesondere vor, dass das Programm selbst im „finanzamtssicheren“
Modus diverse Änderungen über einen Datenexport nach MS Excel und einen
Rückimport ermöglichte.

Das Finanzgericht entschied deshalb, dass das
Finanzamt das elektronische Fahrtenbuch zu Recht nicht anerkannt hatte.
Aufgrund der Demonstration der Software durch den Prüfer und den ergänzenden
Angaben des Sachverständigen stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die
vom Apotheker verwendete Programmversion auch ohne Datenbankdirektzugriff
undokumentierte Änderungen zuließ und zudem den Zeitpunkt der Fahrtenbucheinträge
nicht wiedergab, sodass die Software nicht den Anforderungen des
Bundesfinanzhofs an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch entsprach.

 

5.         
Vorsteuerabzug:
Leistungsempfänger muss zweifelsfrei benannt sein

 

Wird in einer Rechnung die Rechtsform des Leistungsempfängers
unzutreffend angegeben, führt dies zum Verlust des Vorsteuerabzugs. Das gilt
insbesondere dann, wenn bei Angabe einer inländischen anstelle einer
ausländischen Rechtsform eine erhöhte Verwechselungsgefahr in Bezug auf die
Person des Leistungsempfängers besteht.

 

Hintergrund
Das
Finanzamt versagte der in Polen ansässigen Klägerin mit deutscher
Betriebsstätte den Vorsteuerabzug für die Jahre 2003 bis 2006. Der Grund: Die
zugrunde liegenden Eingangsrechnungen waren mit der Empfängerbezeichnung „C.“
oder „D.“ unzureichend adressiert. Die Klägerin ist eine Sp.z.o.o
(GmbH polnischen Rechts) und unter derselben Anschrift ist eine
Schwestergesellschaft der Klägerin, die E. GmbH, ansässig.

Am 17.12.2010 reichte die Klägerin in 2008 und 2009
berichtigte Rechnungen ein. Nach Auffassung des Finanzamts entfalten diese
jedoch keine Rückwirkung auf die Streitjahre 2003 bis 2006.

 

Entscheidung
Das
Finanzgericht schloss sich der Auffassung des Finanzamts an und versagte
ebenfalls den Vorsteuerabzug. Die vollständige und korrekte Bezeichnung des
Leistungsempfängers ist wesentlicher Bestandteil einer Rechnung und muss eine
eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des Namens und der Anschrift
des Leistungsempfängers ermöglichen. Daher führt die unzutreffende Angabe der
Rechtsform des Leistungsempfängers zum Verlust des Vorsteuerabzugs, wenn bei
Angabe einer inländischen anstelle einer ausländischen Rechtsform eine erhöhte
Verwechselungsgefahr in Bezug auf die Person des Leistungsempfängers besteht.

Im Streitfall war die in den ursprünglichen Rechnungen
fehlerhafte Angabe der Rechtsform der Klägerin (GmbH anstatt Sp.z.o.o.) in
Verbindung mit der verkürzten Namensangabe („G.“ anstatt „H.“)
geeignet, eine Verwechselung mit der unter derselben Anschrift ansässigen
deutschen Schwester-GmbH hervorzurufen. Da die Gefahr einer Verwechselung aus
der Sicht Dritter, insbesondere der Finanzverwaltung, zu beurteilen war, kommt
es deshalb nicht darauf an, ob dem Rechnungsaussteller die Schwester-GmbH der
Klägerin bekannt war oder nicht bzw. ob der Rechnungsaussteller die berechnete
Umsatzsteuer abgeführt hat.

 



 

6.         
Vermietung: Wie
kann eine neue Einbauküche abgesetzt werden?

 

Eine Einbauküche stellt trotz individueller Planung
und Anpassung an die jeweiligen räumlichen Verhältnisse kein einheitliches
zusammengesetztes Wirtschaftsgut dar. Die Einbaumöbel und die Arbeitsfläche
sind dagegen als Gesamtheit zu sehen.

 

Herd und Spüle werden beim erstmaligen Einbau
unselbstständige Gebäudebestandteile. Der Grund: Sie stehen in einem
einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude, werden für
die Nutzbarkeit des Gebäudes zu Wohnzwecken vorausgesetzt und ohne sie wäre das
Gebäude als Wohngebäude unfertig. Die Aufwendungen für den Ersatz solcher schon
vorhandenen Bestandteile sind daher sofort abzugsfähig.

Die Aufwendungen für die austauschbaren Elektrogeräte
sowie für die Gesamtheit der Einbaumöbel sind zeitanteilig über die
betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu berücksichtigen, soweit nicht die
Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter in Betracht kommt.

 

7.         
10-jährige
Veräußerungsfrist bei Grundstücken: Was gilt bei einem aufschiebend bedingten
Verkauf?

 

Der Verkauf eines bebauten Grundstücks innerhalb der
gesetzlichen Veräußerungsfrist von 10 Jahren unterliegt als sog. privates
Veräußerungsgeschäft der Besteuerung. Das gilt auch bei einem aufschiebend
bedingten Verkauf und auch dann, wenn der Zeitpunkt des Eintritts der
aufschiebenden Bedingung außerhalb dieser Frist liegt.

 

Hintergrund
Der
Kläger hatte mit Kaufvertrag vom 3.3.1998 ein bebautes Grundstück erworben und
veräußerte dieses mit notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 30.1.2008. Da es
sich um eine Betriebsanlage einer Eisenbahn handelte, wurde der Vertrag unter
der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass die zuständige Behörde dieses
Grundstück von Bahnbetriebszwecken freistellt. Die Freistellung erteilte die
Behörde am 10.12.2008.

 

Entscheidung      
Der
Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein steuerpflichtiges privates
Veräußerungsgeschäft vorliegt, da der Zeitraum zwischen Anschaffung und
Veräußerung des Grundstücks nicht mehr als 10 Jahre beträgt. Für den Zeitpunkt
der Veräußerung ist die beidseitige zivilrechtliche Bindungswirkung des
Rechtsgeschäfts, das den einen Vertragspartner zur Übertragung des Eigentums
auf den anderen verpflichtet, und nicht der Zeitpunkt des Bedingungseintritts
entscheidend. Ab dem Vertragsschluss – im Urteilsfall am 30.1.2008 – bestand
für keinen der Vertragspartner die Möglichkeit, sich einseitig von der Vereinbarung
zu lösen.

 

8.         
Vermietung und
Verpachtung: Leistung aus Feuerversicherung ist nachträgliche Einnahme

 

Ist die Entschädigung eines Brandversicherers als
nachträgliche Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen? Der
Bundesfinanzhof hat dies bejaht.

 

Hintergrund
Der
Ehemann M (verstorben 2007) war ursprünglich Alleineigentümer eines mit einem
Supermarkt bebauten Grundstücks, das er vermietete. In 2003 übertrug er seiner
Ehefrau F und den gemeinsamen Kindern Miteigentumsanteile und behielt sich den Nießbrauch
vor.

Im Dezember 2006 brannte der Supermarkt ab. Das
Gebäude wurde vollständig zerstört. M nahm für 2006 in Höhe des restlichen
Buchwerts von rund 350.000 EUR als Miteigentümer und Vorbehaltsnießbraucher
eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung in Anspruch.

M hatte eine Feuerversicherung zum gleitenden Neuwert
abgeschlossen. Das Gebäude wurde in 2007 neu errichtet. Die Versicherung
leistete in 2007 u. a. Zahlungen in Höhe der Herstellungskosten für das neue
Gebäude (rund 1,2 Mio. EUR) und Mietausfall (rund 170.000 EUR).

F erklärte für 2007 lediglich die Entschädigung für
den Mietausfall als Einnahme. Das Finanzamt setzte darüber hinaus entsprechend
der von M für 2006 in Anspruch genommenen Absetzung für außergewöhnliche
Abnutzung den Teilbetrag von 350.000 EUR als steuerpflichtige Einnahme an, die
es M zurechnete. Die dagegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht abgewiesen.

 

Entscheidung
Der
Bundesfinanzhof schließt sich der Entscheidung des Finanzgerichts an.

Entschädigungen, die den Ausgleich eines in Form von
Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung berücksichtigten Wertverlusts
bezwecken, sind im Jahr des Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen bei der
Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen
wurden.

Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
gehören nicht nur die für die Überlassung des Gegenstands gezahlten Miet- oder
Pachtzinsen, sondern auch alle sonstigen Entgelte, die in einem objektiven
wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen
und damit durch sie veranlasst sind.

Das ist bei den Leistungen einer
Gebäudefeuerversicherung der Fall. Denn sie sind insoweit durch die Erzielung
von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung veranlasst (Erwerbssphäre), als
sie bei wertender Betrachtung des auslösenden Moments (Brandschaden) zumindest
den Schaden ausgleichen sollen, der als Absetzung für außergewöhnliche
Abnutzung steuerlich wirksam geworden ist. Das gilt unabhängig davon, ob die
Versicherung zum Zeitwert oder zum gleitenden Neuwert entschädigt. Bei
wirtschaftlicher Betrachtung wird der durch den Brand entstandene und als
Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung steuerlich berücksichtigte Aufwand
durch die Versicherungsleistung neutralisiert. Das rechtfertigt es, die
Zahlungen bei der Person als Einnahme zu erfassen, bei der sich der Aufwand
zuvor steuerlich ausgewirkt hat.

 

9.         
Ehegatten-Darlehen:
Vorsicht bei finanzieller Abhängigkeit

 

Bei Darlehen unter Ehegatten kann die Anwendung des
Abgeltungsteuersatzes ausgeschlossen sein. Das gilt z. B. dann, wenn der
Darlehensgeber auf seinen von ihm finanziell abhängigen Ehegatten einen
beherrschenden Einfluss ausüben kann.

 

Hintergrund
Der
Ehemann M gewährte seiner Ehefrau F für die Anschaffung und Renovierung eines
Mietshauses teilweise besicherte Darlehen. F war mangels eigener Mittel und
Kreditwürdigkeit auf die Darlehensgewährung durch M anwiesen. Der Zinssatz
betrug 4 % bis 5,35 %. Die in den Jahren 2007 und 2008 fälligen Zinsen waren
bis 2009 gestundet und wurden von F in 2009 an M gezahlt.

Für 2009 erklärte M Zinserträge von rund 27.000 EUR,
für die er die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes beantragte. F machte einen
entsprechenden Werbungskostenüberschuss bei ihren Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung geltend.

Das Finanzamt unterwarf die Zinserträge jedoch der
tariflichen Steuer. Die Begründung: Nach der gesetzlichen Regelung ist der
Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner einander
nahestehende Personen sind. Ebenso entschied das Finanzgericht.

 

Entscheidung
Der
Bundesfinanzhof schloss sich der Meinung von Finanzamt und Finanzgericht an und
wies die Revision der Eheleute zurück. Eheleute fallen zwar unter den Begriff
der „nahestehenden Person“. Denn das sind alle natürlichen Personen,
die zueinander in enger Beziehung stehen. Ein allein aus der Eheschließung
abgeleitetes persönliches Interesse reicht jedoch nicht aus, um ein
Näheverhältnis zu begründen. Ein solches Näheverhältnis liegt vielmehr nur dann
vor, wenn der Darlehensgeber auf den Darlehensnehmer einen beherrschenden
Einfluss ausüben kann. Das ist im Streitfall zu bejahen. Denn F verblieb
hinsichtlich der Finanzierung kein Entscheidungsspielraum, da ein fremder
Dritter das Objekt nicht zu 100 % finanziert hätte. F war bei der
Darlehensaufnahme von M als Darlehensgeber absolut finanziell abhängig.

In dieser Auslegung ist die Versagung des
Abgeltungsteuersatzes nicht verfassungswidrig. Das Grundgesetz verbietet es,
Ehegatten im Vergleich zu Ledigen allein deshalb steuerlich schlechter zu
stellen, weil sie verheiratet sind. Liegen jedoch Beweisanzeichen für die
Annahme gleichgerichteter Interessen vor, ist der Einwand, Verheiratete seien
schlechter gestellt, unbegründet. Denn die Benachteiligung der Verheirateten
ergibt sich dann aus konkreten Anhaltspunkten, die für eine enge
Wirtschaftsgemeinschaft der Ehegatten im Einzelfall sprechen. Der Ausschluss
des Abgeltungsteuersatzes beruht im Streitfall somit nicht auf dem aufgrund der
Eheschließung vermuteten persönlichen Näheverhältnis der Eheleute, sondern auf
dem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis der F von M, da kein fremder
Dritter die Gesamtfinanzierung des Objekts übernommen hätte.

 

10.    
Kündigung wegen
Eigenbedarf: Sind 130 qm zu viel für einen Studenten?

 

Kündigt der Vermieter einer Wohnung den Mietvertrag
wegen Eigenbedarf, unterstellen die Mieter oft, dass die Kündigung
rechtsmissbräuchlich ist. Soll in einer 130 qm großen Wohnung der studierende
Sohn wohnen, liegt der Verdacht des Rechtsmissbrauchs nahe. Doch der
Bundesgerichtshof macht sich hier für die Vermieter stark.

 

Hintergrund
Das
Mietverhältnis über eine ca. 130 qm große 4-Zimmer-Wohnung in Karlsruhe besteht
seit dem Jahr 2000. Im Oktober 2012 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis
wegen Eigenbedarfs zum 31.7.2013. Zur Begründung führte er aus, sein
22-jähriger Sohn, der in Karlsruhe studiere, wolle nach der Rückkehr von einem
Auslandsaufenthalt einen eigenen Hausstand gründen.

Die Mieter akzeptieren die Kündigung nicht. Das
Amtsgericht hat der daraufhin erhobenen Räumungsklage stattgegeben, das
Landgericht hat diese abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts ist die
Kündigung rechtsmissbräuchlich, weil der geltend gemachte Wohnbedarf überhöht
ist. Für einen alleinstehenden Studenten sind Wohnungsgrößen ab 100 qm
regelmäßig unangemessen.

 

Entscheidung
Der
Bundesgerichtshof folgt den Argumenten des Landgerichts nicht, denn mit diesen
lässt sich die Eigenbedarfskündigung nicht als rechtmissbräuchlich einordnen.

In den Regeln zur Eigenbedarfskündigung hat der
Gesetzgeber das Erlangungsinteresse des Vermieters und das Bestandsinteresse
des Mieters abgewogen. Diese Interessenabwägung müssen die Gerichte in einer
Weise nachvollziehen, die den Belangen beider Seiten Rechnung trägt.

Den Entschluss des Vermieters, seine Wohnung selbst zu
nutzen oder durch Angehörige nutzen zu lassen, müssen die Gerichte achten,
ebenso wie die Ansicht des Vermieters, welchen Wohnbedarf er als angemessen
ansieht. Den vom Vermieter angemeldeten Wohnbedarf dürfen die Gerichte daher
nicht auf Angemessenheit, sondern nur auf Rechtsmissbrauch überprüfen.
Rechtsmissbräuchlich ist aber nicht schon der überhöhte, sondern erst der weit
überhöhte Wohnbedarf. Zudem ist die Prüfung am Einzelfall auszurichten. Eine
pauschale Beurteilung, etwa dass Wohnungen bestimmter Größen für eine bestimmte
Personenzahl ausreichen, ist unzulässig.

 

11.    
Tierhaltung: 80
Vögel sind eindeutig zu viel

 

Tiere in der Mietwohnung – das sorgt immer wieder für
Streit zwischen Mieter und Vermieter. Für Vögel braucht der Mieter
grundsätzlich keine Erlaubnis des Vermieters. Wenn es jedoch zu viele Vögel
werden, kann dies aber eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

 

Hintergrund
Die
Mieterin hielt in der Wohnung mit einer Wohnfläche von 51 qm in einem Zimmer
insgesamt 60 bis 80 Vögel. Die Tiere konnten sich in dem Zimmer frei bewegen.
Die Zimmertür war durch einen Holzrahmen mit Maschendraht ersetzt.

Nach Beschwerden durch andere Hausbewohner forderte
die Vermieterin die Mieterin unter Fristsetzung auf, die Tierhaltung zu
beenden. Dem kam die Mieterin nicht nach. Schließlich kündigte die Vermieterin
das Mietverhältnis fristlos.

 

Entscheidung
Die
Kündigung war gerechtfertigt, und zwar vor allem deshalb, weil die Mieterin
trotz Abmahnung die übermäßige Vogelhaltung fortgesetzt hat.

Zwar ist die Haltung von Kleintieren wie Vögeln durch
den Mieter nicht erlaubnispflichtig. Es ist aber die Grenze des zulässigen
Mietgebrauchs zu beachten. Hier war der zulässige Mietgebrauch durch die
Einrichtung des „Vogelzimmers“ und die darin betriebene Vogelzucht
deutlich überschritten. Das Zimmer wurde dem Wohngebrauch vollständig entzogen.
Eine ordnungsgemäße Belüftung, Reinigung und Beheizung war unter diesen
Umständen nicht mehr möglich. Hinzu kommt, dass die anderen Hausbewohner durch
die Vogelhaltung massiv gestört wurden.

 

12.    
Schönheitsreparaturen:
Der Bundesgerichtshof ändert die Spielregeln

 

Schönheitsreparaturen können nicht mehr formularmäßig
auf den Mieter übertragen werden, wenn die Wohnung unrenoviert übergeben wurde.
Auch Quotenabgeltungsklauseln sind jetzt unwirksam. Insoweit rückt der
Bundesgerichtshof von seiner bisherigen Rechtsprechung ab.

 

Übernimmt der Mieter eine Wohnung unrenoviert, darf er
nicht durch eine Formularklausel zu Schönheitsreparaturen ohne angemessenen
Ausgleich verpflichtet werden. Denn eine solche Klausel verpflichtet den Mieter
dazu, sämtliche Gebrauchsspuren des Vormieters zu beseitigen. Dies führt dazu,
dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem
besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie selbst vom Vermieter erhalten
hat.

Der Bundesgerichtshof hat damit seine frühere
Rechtsprechung aufgegeben, dass die Schönheitsreparaturen auch bei einer zu
Mietbeginn dem Mieter unrenoviert überlassenen Wohnung durch Allgemeine
Geschäftsbedingungen auf den Mieter übertragen werden können.

Für die Abgrenzung, ob eine Wohnung bei der
Überlassung an den Mieter renoviert oder unrenoviert ist, kommt es darauf an,
ob etwa vorhandene Gebrauchsspuren so unerheblich sind, dass die Mieträume im
Zeitpunkt der Überlassung den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung
vermitteln. Dies ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen.

Auch an seiner früheren Rechtsprechung zur Wirksamkeit
formularmäßiger Quotenabgeltungsklauseln hält der Bundesgerichtshof nicht mehr
fest. Bisher war es grundsätzlich zulässig, dem Mieter anteilig Kosten für
Schönheitsreparaturen für den Fall, dass die Schönheitsreparaturen bei Auszug
des Mieters nach dem im Mietvertrag festgelegten Fristenplan noch nicht fällig
sind, aufzuerlegen.

Darin liegt allerdings nach neuester Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs eine unangemessene Benachteiligung des Mieters, da der
auf ihn entfallende Kostenanteil nicht verlässlich ermittelt werden kann und
für ihn bei Abschluss des Mietvertrags nicht klar und verständlich ist, welche
Belastung gegebenenfalls auf ihn zukommt. Dies gilt unabhängig davon, ob die
Wohnung dem Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses renoviert oder unrenoviert
überlassen wurde. Abgeltungsklauseln sind daher unwirksam.

 

 

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 

 

1.         
Vorsteuerabzug:
Auch schon vor Gründung einer Ein-Mann-GmbH möglich

 

Ist ein Vorsteuerabzug im Vorfeld der Gründung einer
Ein-Mann-GmbH möglich, auch wenn diese nicht zustande kommt? Das Finanzgericht
Düsseldorf hat eine Antwort.

 

Hintergrund
Der
Kläger wollte sich mit der Montage von und dem Handel mit Bauelementen
selbstständig machen und beabsichtigte, eine Ein-Mann-GmbH zu gründen, die
einen bestehenden Betrieb übernehmen sollte. Zur Klärung der Rentabilität
seines Vorhabens holte er ein Existenzgründungsgutachten ein. Außerdem ließ er
sich rechtlich und steuerlich beraten.

Da ihm die Banken die Finanzierung versagten,
scheitere die Umsetzung seiner Pläne scheiterte; eine GmbH gründete er nicht.

Mit seiner Steuererklärung machte der Kläger die
Umsatzsteuerbeträge aus den Rechnungen der Berater als Vorsteuer geltend. Das
Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug mit der Begründung ab, dass der Kläger kein
Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sei, denn zur Ausübung einer
gewerblichen Tätigkeit sei es nicht gekommen.

 

Der Fall 
Das
Finanzgericht Düsseldorf hat dem Kläger Recht gegeben. Wer ernsthaft die
Absicht hat, eine Ein-Mann-Kapitalgesellschaft zu gründen und mit dieser umsatzsteuerpflichtige
Umsätze zu erzielen, ist bereits vor Gründung der Gesellschaft zum
Vorsteuerabzug berechtigt. Insoweit ist eine Einzelperson mit einer
Vorgründungsgesellschaft vergleichbar.

Nach dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer
muss dem Gesellschafter einer Ein-Mann-Kapitalgesellschaft in der
Vorgründungsphase der Vorsteuerabzug für seine ersten Investitionsausgaben
ebenso zustehen wie der Vorgründungsgesellschaft einer Kapitalgesellschaft.
Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass der Kläger die GmbH tatsächlich
nicht gegründet hat. Auch spielt keine Rolle, dass zu keinem Zeitpunkt
umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze getätigt worden sind.

 

2.         
GmbH-Geschäftsführer:
Wann haftet er?

 

Bei unternehmerischen Entscheidungen steht GmbH-Geschäftsführern
ein haftungsfreier Ermessensspielraum zu. Auch bei unvertretbaren Geschäften
haftet ein Gesellschafter-Geschäftsführer nur, wenn dies eine Liquiditäts- oder
Existenzgefährdung der Gesellschaft auslöst oder der Gesellschaft Stammkapital
entzogen wird.

 

Hintergrund
Die
alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH hatten veranlasst, dass
die Insolvenzschuldnerin eine Geschäftsbeziehung mit einer anderen
Gesellschaft, der I-GmbH, unterhielt. Die I-GmbH bot den Geschäftsführern die
Lieferung von Fahrzeugen mit einem Preisnachlass von 30 % auf den
Bruttolistenpreis an, wobei jedoch bereits bei jedem Vertragsschluss eine
Anzahlung von 30 bis 50 % des Brutto-Listenpreises geleistet werden musste. Die
Lieferung der Fahrzeuge sollte erst später erfolgen. Sicherheiten für die
Anzahlungen bestanden nicht und wurden von den Geschäftsführern auch nicht
verlangt. Innerhalb eines Zeitraumes von ca. 2 Monaten wurden auf diesem Weg
Anzahlungen in Höhe von rund 160.000 EUR an die I-GmbH geleistet.

Infolge der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der
I-GmbH verlor die GmbH sämtliche Anzahlungen und auch die Fahrzeuge wurde nicht
mehr geliefert. Diesen Schaden machte der Insolvenzverwalter geltend, nachdem
die GmbH selbst in die Insolvenz gefallen war.

 

Entscheidung
Das
Oberlandesgericht Koblenz hat jedoch eine Haftung der Geschäftsführer verneint.
Bei unternehmerischen Entscheidungen steht den Geschäftsführern im Rahmen des
Unternehmensgegenstands grundsätzlich ein haftungsfreier Handlungsspielraum zu.
Soweit die Geschäftsführer ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt haben, ist eine
Haftung ausgeschlossen, auch wenn ein Geschäft fehlschlägt und die Gesellschaft
hierdurch geschädigt wird.

Ob das Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde, ist aus
damaliger Sicht zu bestimmen. Bei den Geschäften mit der I-GmbH handelte es
sich nach Ansicht der Koblenzer Richter um ein Risikogeschäft, das selbst aus
damaliger Sicht mit den erlaubten Risiken eines ordentlichen Kaufmanns nicht zu
vereinbaren gewesen ist. Trotz dieser Pflichtverletzung haften die
Gesellschafter-Geschäftsführer vorliegend aber nicht, weil sie der GmbH kein
Vermögen entzogen hatten, das zur Deckung des Stammkapitals benötigt wurde.
Erst das Stammkapital beeinträchtigende existenzvernichtende Eingriffe könnten
eine Haftung der Gesellschafter-Geschäftsführer begründen. Reine
Managementfehler genügen jedoch nicht, da die Gesellschafter-Geschäftsführer
insoweit sich nur selbst schädigen.