Unternehmer und Freiberufler
1. Insolvenz des Arbeitgebers: In welchem Umfang sind Betriebsrenten geschützt?
2. Was ist bei der Auszahlung von Arbeitszeitkonten zu beachten?
3. Erstattung von Anwaltskosten: Wann liegt ein „einfacher Fall“ vor?
4. Feststellungsbescheid: Alle Feststellungsbeteiligten müssen benannt werden
5. Vorsteuerabzug: Was gilt bei Einbauten des Mieters?
6. Umsatzsteuer: Pferdetaxis auf autofreier Insel sind steuerlich begünstigt
7. Privatrechtlich organisierter kommunaler Spitzenverband: Sind Aufwandsentschädigungen steuerfrei?
8. Tickets im Fernverkehr: Gilt der Rabattfreibetrag?
9. 17 Jahre Arbeit an einem Buch: Warum es an der Gewinnerzielungsabsicht fehlt
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Hinzurechnung von Schuldzinsen: Sind 6 % Zinsen verfassungsgemäß?
2. Zum Erwerb von GmbH-Anteilen durch Schenkung
3. Erweiterte Gewerbeertragskürzung: Fernwärmeversorgung kann entgegenstehen
4. Wann liegt ein Steuerstundungsmodell vor?

 

Unternehmer und Freiberufler

  1. Insolvenz des Arbeitgebers: In welchem Umfang sind Betriebsrenten geschützt?

 Gerät eine Pensionskasse oder ein früherer Arbeitgeber in wirtschaftliche Schwierigkeiten, sollen Betriebsrenten eigentlich vor unverhältnismäßigen Kürzungen geschützt sein. Doch wer muss die Kürzungen ausgleichen?

 Hintergrund

Ein Betriebsrentner aus Deutschland bezog seit Dezember 2000 eine Betriebsrente. Von 2003 bis 2013 zahlte seine Pensionskasse wegen einer wirtschaftlichen Schieflage seine Betriebsrente jährlich nur noch gekürzt aus. Dafür haftet in solchen Fällen der Arbeitgeber. Dieser wurde jedoch im Jahr 2012 insolvent, sodass von da an nur noch die gekürzte Rente zur Auszahlung kam. Nach Ansicht des Betriebsrentners hätte nun der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) einspringen und die Kürzungen ausgleichen müssen. Dieser weigerte sich jedoch, die Ausgleichzahlungen zu übernehmen.

Das Bundesarbeitsgericht hatte jedoch Zweifel, ob der PSV in diesem Fall haftet. Es legte die Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof vor mit der Bitte um Auslegung des EU-Rechts. Denn die entsprechende EU-Richtlinie garantiert eigentlich nur einen Mindestschutz in Höhe der Hälfte der zustehenden Leistungen.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die einschlägige EU-Richtlinie die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, „einen gewissen Schutz zu gewährleisten“, wenn Kürzungen bei Betriebsrenten offensichtlich unverhältnismäßig sind. Das gilt auch dann, wenn die Leistung bei über 50 % der Rente liegt. Unverhältnismäßig kann eine Kürzung bereits dann sein, wenn dadurch die Fähigkeit des Betroffenen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, schwerwiegend beeinträchtigt ist.

Der Europäische Gerichtshof ist der Auffassung, dass diese Schutzrechte unmittelbare Wirkung in den Mitgliedstaaten haben. Deshalb können sie auch gegenüber einer privatrechtlichen Einrichtung geltend gemacht werden, die die Aufgabe hat, im Bereich der betrieblichen Altersversorgung Insolvenzen der Arbeitgeber abzusichern.

Ob dies in Deutschland in solchen Fällen dem PSV obliegt, muss das Bundesarbeitsgericht jetzt prüfen.

 

  1. Was ist bei der Auszahlung von Arbeitszeitkonten zu beachten?

 Bei angesparten Überstunden auf Arbeitszeitkonten werden erst im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Zeitguthabens Sozialversicherungsbeiträge fällig. Erfolgt eine Auszahlung, gelten für den Auszahlungsbetrag die Regelungen für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt.

 Hintergrund

Ein Arbeitgeber zahlte im Falle der Beendigung der Beschäftigung dem ausscheidenden Arbeitnehmer sein Zeitguthaben auf einem Arbeitszeitkonto im letzten Entgeltabrechnungszeitraum aus. Dabei behandelte er die Auszahlung des Arbeitszeitguthabens als laufendes Arbeitsentgelt. Dies führte dazu, dass das Gesamtentgelt dieses Entgeltabrechnungszeitraum für die Beitragsberechnung auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzt wurde. Dadurch wurden Teile des Auszahlungsbetrags aus dem Arbeitszeitguthaben nicht mit Beiträgen belegt. Das Finanzamt wertete die ausgezahlten Beträge jedoch als einmalig gezahltes Entgelt, was zu höheren Beiträgen und einer Nachberechnung führte.

Entscheidung

Das Bundessozialgericht bestätigte die Vorgehensweise des Finanzamts.

Mehrarbeitsvergütungen stellen laufendes Arbeitsentgelt dar und sind als laufender Arbeitslohn im Monat der Erarbeitung zu verbeitragen. Werden Überstunden auf einem Arbeitszeitkonto angesammelt und durch spätere Freistellung ausgeglichen, besteht Beitragspflicht abweichend im Monat der Auszahlung als laufendes Arbeitsentgelt.

Werden Mehrarbeitsvergütungen ohne entsprechende Freistellung ausgezahlt, die über mehrere Monate hinweg erarbeitet wurden, ist der Gesamtbetrag grundsätzlich auf die jeweiligen Erarbeitungsmonate aufzuteilen. Aus Vereinfachungsgründen kann nach Ansicht des Bundessozialgerichts der Auszahlungsbetrag als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verbeitragt werden. Er verliert dadurch jedoch nicht seinen Charakter als laufendes Arbeitsentgelt.

Das Gericht bestätigte damit die Rechtmäßigkeit der Nachberechnung.

 

  1. Erstattung von Anwaltskosten: Wann liegt ein „einfacher Fall“ vor?

 Nur in extrem einfach gelagerten Fällen ist dem Geschädigten zuzumuten, dass er seinen Schadensersatz ohne anwaltliche Hilfe geltend macht. Schadensersatzansprüche nach Verkehrsunfällen gehören definitiv nicht zu den einfachen Fällen, deshalb sind vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten regelmäßig zu erstatten.

 Hintergrund

Die Klägerin ist ein international tätiges Autovermietungsunternehmen. Sie machte Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, bei dem das alleinige Verschulden der Beklagten und deren vollständige Ersatzpflicht unstreitig waren. Den mit 1.443,78 EUR fiktiv abgerechneten Reparaturschaden erstattete die Beklagte bis auf einen Differenzbetrag von ca. 125 EUR. Nach Ansicht der Beklagten war hier zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei Reparaturen Großkundenrabatte erhielt und diese auch bei einer fiktiven Abrechnung anzurechnen waren.

Darüber hinaus war die Beklagte nicht bereit, die von der Klägerin geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von ca. 280 EUR zu erstatten. Denn nach Meinung der Beklagten handelte es sich um einen einfach gelagerten Fall.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof stellte zunächst klar, dass im Rahmen des Schadensersatzes nur die zur Schadensbehebung erforderlichen Kosten zu erstatten sind. Dieser Grundsatz der Erforderlichkeit gilt auch im Rahmen einer fiktiven Schadensberechnung. Erforderlich sind danach nur solche Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Eigentümer in der Lage des Geschädigten aufbringen würde.

Aus diesen Grundsätzen folgerte der Bundesgerichtshof, dass ein Geschädigter, der für die Reparatur des Unfallfahrzeugs Großkundenrabatte in Anspruch nehmen kann, dies auch bei der fiktiven Schadensberechnung berücksichtigen muss. Denn ansonsten würde er sich durch eine fiktive Schadensberechnung im Vergleich zur konkreten Schadensbehebung in ungerechtfertigter Weise bereichern.

Demgegenüber sind die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten im vorliegenden Fall zu erstatten. Nach ständiger Rechtsprechung muss der Schädiger zwar nicht sämtliche durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten ausgleichen. Zu ersetzen sind aber immer die Anwaltskosten, die aufgrund einer aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlichen und zweckmäßigen Mandatierung entstanden sind.

Ist die Verantwortlichkeit für den Schaden und die Haftung nach Grund und Höhe dermaßen klar, dass aus Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger bzw. dessen Pflichtversicherer seiner Ersatzpflicht nachkommen wird, so ist nach ständiger Rechtsprechung im Einzelfall die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs stellt die schadensrechtliche Abwicklung eines Verkehrsunfalls, an dem 2 Fahrzeuge beteiligt waren, zumindest im Hinblick auf die Schadenshöhe regelmäßig keinen einfach gelagerten Fall dar. Bei einem Fahrzeugschaden wird die rechtliche Beurteilung nahezu jeder Schadensposition in Rechtsprechung und Lehre seit Jahren intensiv und kontrovers diskutiert und die Rechtsprechung entwickelt sich in diesen Fragen ständig weiter.

Bei den in solchen Fällen auftretenden Unklarheiten im Hinblick auf die Höhe der Ersatzpflicht darf auch der mit Verkehrsunfällen vertraute Geschädigte von vornherein vernünftige Zweifel daran haben, ob der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer seiner Ersatzpflicht ohne Probleme nachkommen wird. Auch mit Blick auf die strittige Berechnung der fiktiven Reparaturkosten war nicht von einem einfach gelagerten Fall auszugehen, so dass die Beklagte bereits vorgerichtlich einen Rechtsanwalt für die Schadensregulierung einschalten durfte.

 

  1. Feststellungsbescheid: Alle Feststellungsbeteiligten müssen benannt werden

 Sind in einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung nicht alle Feststellungsbeteiligten als Inhaltsadressaten genannt, ist der Bescheid nichtig. Eine Heilung im Einspruchsverfahren ist nicht möglich.

 Hintergrund

Ein Vater übertrug 51 % der Anteile an einer AG (Klägerin) unentgeltlich auf seinen Sohn. Die AG verfügte über umfangreichen Grundbesitz. Deshalb wandte sich das Schenkungsteuerfinanzamt an das Finanzamt, in dessen Bereich ein Teil der Grundstücke lag, mit der Bitte um Mitteilung der Grundbesitzwerte. Das Lagefinanzamt forderte den Sohn zur Abgabe einer Feststellungserklärung über den Bedarfswert auf. Nach einer Feststellungserklärung wurde der Bescheid bestandskräftig.

Nach Bestandskraft erließ das Finanzamt einen geänderten Bescheid, der wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert wurde. In diesem Bescheid war die Klägerin als Grundstückseigentümerin und der Sohn als Beteiligter im Besteuerungsverfahren genannt. Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage, da die Voraussetzungen für eine Änderung ihrer Ansicht nach nicht vorlagen. Außerdem hielt sie den Bescheid für nichtig, da er nicht hinreichend bestimmt war.

Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht Erfolg. Dieses sah den angefochtenen Änderungsbescheid ebenfalls als nichtig an. Die Frage, ob eine Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit in Betracht kam, musste es gar nicht entscheiden. Der Feststellungsbescheid verletzte die Klägerin bereits dadurch in ihren Rechten, dass in diesem nicht alle Feststellungsbeteiligten genannt wurden. Er war deshalb nichtig.

Der Bescheid litt unter einem besonders schwerwiegenden Fehler, der auch offenkundig war. Ein Verwaltungsakt ist insbesondere nichtig, wenn er nicht hinreichend bestimmt ist. Die Angabe der Inhaltsadressaten ist von einer besonderen Bedeutung, da in dem Verwaltungsakt angegeben werden muss, wem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll. Ist dieser Inhaltsadressat nicht hinreichend bestimmt angegeben, ist der Verwaltungsakt nichtig. Inhaltsadressat ist hierbei derjenige, gegen den der Verwaltungsakt sich richtet, für den er bestimmt ist und gegen den er wirken soll. Bei Feststellungsbescheiden sind dies alle Beteiligten, gegen die sich die Feststellungen richten sollen.

Nach Ansicht des Finanzgerichts waren diese Voraussetzungen hier nicht erfüllt, da die Klägerin nur als Eigentümerin des Grundstücks genannt war. Hieraus ließ sich nicht erkennen, dass die Klägerin auch Beteiligte am Feststellungsverfahren war, sodass der Bescheid nicht hinreichend bestimmt war.

 

  1. Vorsteuerabzug: Was gilt bei Einbauten des Mieters?

 Lässt ein Mieter in angemieteten Räumen Ein- und Umbauten im eigenen Namen vornehmen, kann er die ihm für diese Mietereinbauten von Handwerkern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Das gilt insbesondere für den Fall einer entgeltlichen Weiterlieferung an den Vermieter

 Hintergrund

Eine Ärzte-GbR mietete von der V-GmbH, die Vermieter und Eigentümer war, für 15 Jahre Praxisräume für eine Tagesklinik an. Für den Aus- und Umbau der Räume gewährte die V einen Baukostenzuschuss von 500.000 EUR. Es war vereinbart, dass die GbR die bezuschussten Ausbaumaßnahmen bei einem Auszug in den Räumen belässt und dafür keine Entschädigung von der V beanspruchen kann. Die GbR ließ die Ein- und Umbauten im eigenen Namen durch von ihr beauftragte Handwerker durchführen und stellte sie der V mit 500.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung.

Die GbR erklärte für das Jahr 2012 steuerpflichtige Umsätze von 500.000 EUR und machte die ihr von den Handwerkern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Im Übrigen erzielte sie ausschließlich steuerfreie Umsätze aus ärztlicher Tätigkeit.

Das Finanzamt ging davon aus, dass der An- und Verkauf der Mietereinbauten kein eigenständiger Unternehmensteil war. Auch begründete es mangels Nachhaltigkeit keine Unternehmereigenschaft, sondern lediglich Hilfsgeschäfte. Da die GbR die Mietereinbauten ausschließlich für steuerfreie Ausgangsumsätze verwendete, war nach Ansicht des Finanzamts der Verkauf steuerfrei und der Vorsteuerabzug damit ausgeschlossen.

Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und gab der Klage statt. Zur Begründung führten die Richter aus: Die GbR erbrachte mit der Weitergabe der Mietereinbauten eine steuerpflichtige Werklieferung an V. Bei Mietereinbauten liegt in der Weiterlieferung die sofortige Verschaffung der Verfügungsmacht an den Eigentümer (Vermieter), wenn dieser Wert und Substanz der Einbauten erlangt. Davon ist auszugehen, wenn der Mieter schon bei Beginn des Mietverhältnisses auf sein Wegnahmerecht verzichtet, weil der Eigentümer ihm die Herstellungskosten erstattet oder diese mit dem Mietzins verrechnet werden. Im vorliegenden Fall waren die Einbauten zum wesentlichen Bestandteil des Gebäudes geworden und damit in das Eigentum der V als Vermieterin übergegangen. Außerdem war im Mietvertrag vereinbart, dass die GbR die Einbauten bei einem Auszug entschädigungslos zurücklässt und dass diese mit dem Baukostenzuschuss von 500.000 EUR abgegolten sind.

Auch lag der für den Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen der Weiterlieferung der Einbauten an V und der Lieferung der Einbauten durch die Handwerker vor. Soweit die Einbauten für die Tätigkeit als Ärzte erforderlich waren und verwendet wurden, handelte es sich um einen lediglich mittelbaren Zusammenhang mit der freiberuflich-steuerfreien Tätigkeit, auf den es für den Vorsteuerabzug jedoch nicht entscheidend ankommt.

Der Vorsteuerabzug der GbR scheiterte auch nicht daran, dass für Lieferungen, die für steuerfreie Umsätze verwendet werden, der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Vorliegend lag jedoch keine Verwendung der Mieteinbauten für steuerfreie Heilbehandlungsleistungen vor, sondern für die steuerpflichtige Werklieferung an V. Außerdem erfolgte die Weiterlieferung bereits vor Aufnahme der heilberuflichen Tätigkeit.

 

  1. Umsatzsteuer: Pferdetaxis auf autofreier Insel sind steuerlich begünstigt

 Übernehmen auf einer autofreien Insel Pferdekutschen den Taxiverkehr, sind diese umsatzsteuerlich begünstigt. Der ermäßigte Steuersatz gilt nicht nur für Kfz-Taxen.

 Hintergrund

Die X-GmbH betreibt auf der autofreien Insel Juist den Personenverkehr mit Pferdekutschen. Sie befördert als sog. „Inseltaxi“ auf individuelle Bestellung Feriengäste vom Flughafen zu ihrer Unterkunft und zurück.

X beantragte für ihre Fahrten als Inseltaxi den ermäßigten Umsatzsteuer-Satz von 7 % für den „Verkehr mit Taxen“. Das Finanzamt lehnte dies ab. Der steuerbegünstigte Taxiverkehr galt seiner Ansicht nach nur für die Beförderung mit Pkw. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Nach der bisherigen Rechtsprechung war die Steuerbegünstigung grundsätzlich entsprechend § 47 Abs. 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) auszulegen. Diesem kam jedoch für die umsatzsteuerliche Beurteilung keine abschließende Bedeutung zu. Die Maßgeblichkeit des PBefG beschränkt sich auf dessen Anwendungsbereich, d. h. auf die Beförderung mit Kfz.

Daraus folgte für ein Gebiet, in dem der Verkehr mit Kfz vollständig ausgeschlossen ist und in dem es deshalb keinen Verkehr mit Kfz-Taxen geben kann, dass umsatzsteuerrechtlich ein Verkehr mit Taxen anderer Art nicht zu verneinen ist. Dem liegt die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass in den Gemeinden der Verkehr mit Kfz im Allgemeinen zulässig ist. Trifft dies ausnahmsweise nicht zu, kann aus dem Begriff des Verkehrs mit Taxen nicht abgeleitet werden, dass es in diesen Gemeinden keine steuerbegünstigte Personenbeförderung gibt. Es ist vielmehr darauf abzustellen, ob alternative motorlose Verkehrsformen vorliegen, die dem steuerbegünstigten Verkehr mit Taxen auf der Grundlage von § 47 PBefG entsprechen. Das Finanzgericht muss im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu den verkehrsrechtlichen Beschränkungen auf der Insel sowie zu der Frage zu treffen, inwieweit die von der X-GmbH mit Pferdekutschen erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Verkehrsarten als mit einem Taxenverkehr vergleichbar sind.

 

  1. Privatrechtlich organisierter kommunaler Spitzenverband: Sind Aufwandsentschädigungen steuerfrei?

 Erhält ein ehrenamtliches Präsidiumsmitglied eines privatrechtlich organisierten kommunalen Spitzenverbands Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder, sind diese nicht steuerfrei.

 Hintergrund

Der Kläger war Präsidiumsmitglied des Städte- und Gemeindebundes NRW, ein Zusammenschluss von 360 kreisangehörigen Kommunen in der Form eines eingetragenen Vereins. Es wurden ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt, eine Befreiung von der Körperschaftsteuer lag jedoch nicht vor. Die Finanzierung erfolgte unabhängig von staatlichen Zuschüssen ausschließlich aus Beiträgen der Mitglieder.

Der Kläger erhielt für seine Tätigkeit im Präsidium eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 4.800 EUR sowie Sitzungsgelder in Höhe von 320 EUR. Diese Gelder erklärte der Kläger im Rahmen der Einkommensteuererklärung als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Er war der Meinung, dass diese gem. § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei waren. Das Finanzamt behandelte diese Beträge jedoch als steuerpflichtige Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab und entschied, dass eine Gewährung einer Steuerbefreiung für die vom Kläger bezogenen Gelder hier nicht in Betracht kam. Steuerfrei sind gem. § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Aufwandsentschädigungen, wenn sie aus einer öffentlichen Kasse an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden. Öffentliche Kassen sind Kassen einer inländischen Person des öffentlichen Rechts und solche Kassen, die einer Dienstaufsicht und Prüfung des Finanzgebarens durch die inländische öffentliche Hand unterliegen. Diese lagen hier eindeutig nicht vor.

Weiterhin kam auch eine Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 26a EStG nicht in Betracht. Denn der Städte- und Gemeindebund verfolgte keine gemeinnützigen Zwecke i. S. d. § 52 AO. Damit war er keine Körperschaft i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG.

 

  1. Tickets im Fernverkehr: Gilt der Rabattfreibetrag?

 Der Rabattfreibetrag gilt grundsätzlich für alle Fahrvergünstigungen, die die DB AG aktiven und ehemaligen Arbeitnehmern gewährt. Dies gilt auch, wenn die unentgeltlich oder verbilligt gewährten Freifahrtscheine fremden Bahnkunden nicht angeboten werden, weil es dafür besondere Nutzungsbestimmungen gibt.

 Hintergrund

A ist Ruhestandsbeamter des Bundeseisenbahnvermögens. Neben seinen Versorgungsbezügen erhielt er geldwerte Vorteile in Form von Freifahrtscheinen im Fern- und Nahverkehr. Die Tickets wurden von der DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften gewährt, bei denen A während seiner aktiven Dienstzeit eingesetzt war.

Für die Tickets galten besondere Nutzungsbedingungen, wie z. B. Streckenunabhängigkeit, Zuzahlungen und Sperrzeiten im Fernverkehr, Entfernungsbegrenzung im Nahverkehr. Den Sachbezugswert setzte das Bundeseisenbahnvermögen mit 1.746,08 EUR an.

A beantragte, diesen geldwerten Vorteil um den Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 EUR zu kürzen. Dem folgte das Finanzamt nur für die Nahverkehrstickets. Bei den Fernverkehrstickets versagte es den Freibetrag, da diese streckenunabhängigen Tagestickets in dieser Form nur den Arbeitnehmern der DB angeboten wurden.

Vor dem Finanzgericht hatte die Klage Erfolg. Nach Ansicht der Richter waren die von den Normaltickets für den Fernverkehr abweichenden Bedingungen unschädlich, da die über die konkrete Fahrt hinausgehende Nutzungsmöglichkeit kein eigenständiges Interesse der Bahnmitarbeiter bzw. Ruhestandsbeamten begründete.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich der Auffassung des Finanzgerichts an. Der Rabattfreibetrag war auch für die Fernverkehrstickets anwendbar. Denn dieser gilt bei Fahrtvergünstigungen, die die DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften Ruhestandsbeamten des Bundeseisenbahnvermögens in Form von Tagesfreifahrtscheinen gewährt, entsprechend.

Die gesetzliche Regelung setzt voraus, dass die Waren oder Dienstleistungen, die der Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses erhält, vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer erbracht werden. Der Arbeitgeber muss daher hinsichtlich der verbilligt oder unentgeltlich abgegebenen Sachbezüge selbst Marktteilnehmer sein. Die Sachzuwendungen müssen zu seiner Produktpalette gehören.

Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Zwar wurden die vergünstigten Fernverkehrstickets aufgrund der streckenunabhängigen Tagesgültigkeit und der besonderen Nutzungsbedingungen nicht auch fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten. Bewertungsgegenstand war jedoch die Beförderungsleistung. Die Verbriefung des Beförderungsanspruchs ermöglichte es A, das Beförderungsangebot der DB AG zu nutzen. Die Personenbeförderung erbringt die DB AG jedoch nicht überwiegend gegenüber ihren Arbeitnehmern, sondern gegenüber jedermann.

 

  1. 17 Jahre Arbeit an einem Buch: Warum es an der Gewinnerzielungsabsicht fehlt

 Recherchiert ein Autor über 17 Jahre für ein Buch und kann er danach noch immer keinen nennenswerten literarischen „Output“ vorlegen, fehlt es für eine schriftstellerische Tätigkeit an der Gewinnerzielungsabsicht. Die Kosten der Buchrecherche sind deshalb keine Betriebsausgaben.

 Hintergrund

Der Kläger recherchierte seit 1993 über die künstlerische Tätigkeit seines Vaters vor und nach dem zweiten Weltkrieg. Er verfolgte den Plan, ein Buch über seinen Vater bzw. die Recherchearbeit zu verfassen. Die Kosten für die Recherchereisen machte er ab dem Veranlagungszeitraum 2011 als Betriebsausgaben einer Autorentätigkeit geltend. Das Finanzamt erkannte die Verluste jedoch nicht an.

Entscheidung

Das Finanzgericht urteilte, dass der Kläger mit seiner Autorentätigkeit keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgte. Ein steuerlicher Verlustabzug schied deshalb aus. Zwar muss bei Schriftstellern berücksichtigt werden, dass sich positive Einkünfte vielfach erst nach einer längeren Anlaufzeit erzielen lassen, sodass mehrjährige Anlaufverluste nicht auf das Fehlen einer Einkunftserzielungsabsicht schließen lassen.

Im vorliegenden Fall war jedoch davon auszugehen, dass die schriftstellerische Tätigkeit von vornherein nicht unter wirtschaftlichen (Rentabiliäts-)Gesichtspunkten betrieben worden war, sondern im Bereich der privaten Lebensführung lag.

Nach Ansicht des Gerichts befriedigte die Recherche primär das Interesse des Klägers am Leben seines Vaters. Darüber hinaus konnte der Kläger auch nach über 17-jähriger Recherchetätigkeit keine nennenswerten, literarisch verwertbaren Schriftstücke vorlegen, sondern verfügte lediglich über einen Lebenslauf und eine Tätigkeitsbeschreibung seines Vaters.

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 

  1. Hinzurechnung von Schuldzinsen: Sind 6 % Zinsen verfassungsgemäß?

 Der vom Gesetz vorgesehene Zinssatz für nicht abziehbare Schuldzinsen von 6 % der Überentnahmen ist nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf verfassungsgemäß. Das letzte Wort liegt beim Bundesfinanzhof.

 Hintergrund

Der Kläger machte geltend, dass der typisierende Zinssatz von 6 %, der bei der Hinzurechnung von nicht abziehbaren Schuldzinsen zugrunde gelegt wird, verfassungswidrig ist. In den Jahren 2013 bis 2016 gab es eine Niedrigzinsphase, sodass der typisierende Zinssatz keinen Bezug mehr zum langfristigen Marktzinsniveau hatte. Der Kläger wollte erreichen, dass bei der Hinzurechnung von Schuldzinsen ein Zinssatz von 2,9 % zugrunde gelegt wird.

 Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass gegen den gesetzlich typisierten Zinssatz keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestanden. Das Gericht stützte sich dabei auf den Vereinfachungszweck, der einer typisierenden 6-prozentigen Hinzurechnung von Schuldzinsen zugrunde liegt. Dieser Zweck erspart den Betrieben und der Finanzverwaltung eine genaue Zuordnung der tatsächlich angefallenen Zinslasten. Diese kann letztlich nur bei einer liquiditätsbezogenen Betrachtungsweise vorgenommen werden. Dagegen erweist sich die typisierende Vorgehensweise als technische Bedingung der praktikableren kapitalbezogenen Sichtweise. Schließlich werden die Nachteile einer 6-prozentigen Verzinsung durch entsprechende Vorteile, insbesondere durch gleiche Behandlung von Einlagen und Gewinnen, kompensiert.

 

  1. Zum Erwerb von GmbH-Anteilen durch Schenkung

 Werden durch Schenkung GmbH-Anteile erworben, stellt sich die Frage, ob die Begünstigung für Betriebsvermögen und die 90 %-Regelung zur Anwendung kommt. Dazu hat das Finanzgericht Münster Stellung bezogen.

 Hintergrund

Die Antragstellerin erwarb im Wege der Schenkung von ihrem Vater alle Anteile an einer GmbH. Auf Anforderung des Antragsgegners stellte das Finanzamt den Wert des Anteils für die GmbH, die Summe der gemeinen Werte der Finanzmittel, der jungen Finanzmittel, des Verwaltungsvermögens und des jungen Verwaltungsvermögens sowie der Schulden gesondert und einheitlich fest. Den Wert der übertragenen Anteile stellte das Finanzamt entsprechend der abgegebenen Steuererklärung fest. Die Begünstigungen für Betriebsvermögen wurden nach Prüfung der 90 %-Grenze nicht gewährt.

Die Antragstellerin legte Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Sie hatte die Gewährung eines Verschonungsabschlags in Höhe von 100 % beantragt, der jedoch abgelehnt worden war. Sie hielt § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG für verfassungswidrig, jedenfalls insoweit, als dass dort die Schuldenverrechnung von der Berechnung der 90 %-Grenze ausgenommen wird.

Entscheidung

Nach Ansicht des Finanzgerichts war der Antrag zulässig und begründet. Demnach ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei Gericht nur zulässig, wenn die Behörde einen solchen Antrag ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Diese Zugangsvoraussetzungen lagen hier vor. Hierbei konnten auch verfassungsrechtliche Zweifel an der Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zu Grunde liegenden Norm ernstliche Zweifel i. S. v. § 69 Abs. 2 und 3 FGO sein.

Allerdings ist bei der Annahme verfassungsrechtlicher Zweifel weiter Voraussetzung, dass ein besonderes, berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorliegt.

Das Gericht hatte ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Schenkungsteuerbescheids. Denn die gesetzliche Regelung führte zu einem wirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Ergebnis. Insoweit war auch zweifelhaft, ob dieses Ergebnis durch den Gesetzeszweck, der darin besteht, Missbrauch zu verhindern, gedeckt wird. Es bleibt dem Hauptsacheverfahren die Entscheidung der Frage vorbehalten, ob eine Auslegung von § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG erfolgen muss.

 

  1. Erweiterte Gewerbeertragskürzung: Fernwärmeversorgung kann entgegenstehen

Die erweiterte Gewerbeertragskürzung ist ausgeschlossen, wenn ein grundstücksverwaltendes Unternehmen neben eigenen auch ein fremdes Grundstück mit Fernwärme versorgt.

 Hintergrund

Eine GmbH ist Eigentümerin von 2 Grundstücken, die durch eine von der GmbH betriebene Fernwärmestation mit Heizwärme und Warmwasser versorgt werden. Eine zusätzliche Versorgungsleitung ging hinüber zu einem benachbarten Grundstück, das ebenfalls Wärme und Warmwasser von der GmbH bezog. Das Finanzamt versagte deshalb die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags. Die GmbH argumentierte dagegen, dass nur eine unschädliche Nebenleistung vorlag.

Entscheidung

Die Klage der GmbH hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht verneinte die Voraussetzungen für die erweiterte Gewerbeertragskürzung für Grundstücksunternehmen. Zur Begründung führten die Richter aus: Die GmbH versorgte von einer auf ihrem Grundstück befindlichen Übergabe- und Verteilerstation aus nicht nur eigene Grundstücke, sondern auch ein angrenzendes Grundstück eines anderen Eigentümers mit Fernwärme. Diese Versorgung fremder Grundstücke mit Fernwärme stellte eine typische gewerbliche und keine vermögensverwaltende Tätigkeit dar. Auch ist die Fernwärmeversorgung fremder Grundstücke keine unschädliche Sonderleistung, die noch den Tatbestand der Betreuung von Wohnungsbauten erfüllen könnte.

 

  1. Wann liegt ein Steuerstundungsmodell vor?

 Ein vorgefertigtes Konzept für ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn der Investor die Geschäftsidee und die Vertragsentwürfe übernimmt und nur noch die Beträge einsetzt.

 Hintergrund

Durch den Erwerb zu 100 % fremdfinanzierter, festverzinslicher Wertpapiere in Höhe von x Mio. EUR sollte im ersten Jahr ein Verlust infolge eines Disagio und vorausgezahlter Darlehenszinsen ausgewiesen werden. Nachdem in den folgenden Jahren die gezahlten und die empfangenen Zinsen sich ausglichen, sollte der Investor bei Endfälligkeit ausreichende Bonuszahlungen erhalten, sodass insgesamt positive Einkünfte ausgewiesen würden.

Das Finanzamt erkannte den ausgewiesenen Verlust des Erstjahres nicht an. Denn der Investor hatte ein vorgefertigtes Konzept übernommen, das der Initiator zusammen mit der kreditgebenden Bank einer größeren Zahl anderer Investoren angeboten und mit etlichen umgesetzt hatte.

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, die zur Abwicklung der Investition gegründet worden war, wandte ein, dass kein vorgefertigtes Konzept vorlag, weil die steuerliche Grundidee bekannt war und im Detail Änderungen an den Verträgen vorgenommen wurden.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Seiner Ansicht nach hatte der Investor im November 2006 unter Zeitdruck gehandelt und lediglich die mit der Bank abgestimmten Verträge übernehmen können. Verhandelt wurde nur noch über die Höhe der Bankgebühren, die zum Teil an den Initiator weitergeleitet wurden. Auch wurden an demselben Tag mehrere gleichartige Verträge in der Praxis des Initiators abgeschlossen.