1 %-Regelung: Keine Anwendung
bei 100 % Privatnutzung eines betrieblichen Fahrzeugs
1. Pauschalsteuer nach
§ 37b EStG: Neues Schreiben der Finanzverwaltung
Geschenke eines
Unternehmers an Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter oder sog. Incentives können
dazu führen, dass der entsprechende Wert des Geschenks oder der Reise von den
Geschäftsfreunden bzw. Mitarbeitern versteuert werden muss. Der Unternehmer
kann aber diese Sachzuwendungen pauschal besteuern.
Die Vorschrift § 37b Einkommensteuergesetz (EStG)
ermöglicht es dem zuwendenden Steuerpflichtigen, die Steuer auf Sachzuwendungen
aus betrieblicher Veranlassung an Arbeitnehmer und Nichtarbeitnehmer pauschal
mit 30 % zu erheben – zuzüglich Solidaritätszuschlag. Bemessungsgrundlage sind
die Aufwendungen des Schenkers einschließlich Umsatzsteuer. Die Anwendung der
Steuer ist ein Wahlrecht. Die Abführung erfolgt für alle Zuwendungen im Rahmen
der Lohnsteueranmeldung.
Der Bundesfinanzhof hatte bereits 2013 den
Anwendungsbereich des § 37b EStG eingegrenzt und entschieden, dass die
Pauschalierung die Steuerpflicht der Sachzuwendungen beim Empfänger
voraussetzt. Deshalb hat die Finanzverwaltung den bisherigen Anwendungserlass
zur Pauschalierung bei Sachzuwendungen überarbeitet.
2.
Elternzeit:
Urlaubsabgeltung darf nicht gekürzt werden
Der Arbeitgeber darf den Erholungsurlaub eines
Mitarbeiters kürzen, wenn dieser sich in Elternzeit befindet, und zwar für
jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel. Das geht allerdings nur,
solange das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist. Für den
Urlaubsabgeltungsanspruch gilt diese Kürzung nicht.
Hintergrund
Die Klägerin war ab April 2007 gegen eine monatliche
Bruttovergütung von 2.000 EUR im Seniorenheim der Beklagten als Ergotherapeutin
beschäftigt. Bei einer 5-Tagewoche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage
zu. Die Klägerin befand sich nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010 ab
Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des
15.5.2012 in Elternzeit. Mit Schreiben vom 24.5.2012 verlangte sie von der
Beklagten ohne Erfolg die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus
den Jahren 2010 bis 2012. Im September 2012 erklärte die Beklagte die Kürzung
des Erholungsurlaubs der Klägerin wegen der Elternzeit.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das
Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des
Arbeitsgerichts abgeändert, die nachträgliche Kürzung des Erholungsurlaubs der
Klägerin für unwirksam erachtet und dieser deshalb Urlaubsabgeltung in Höhe von
3.822 EUR brutto zugesprochen.
Entscheidung
Die
Revision der Beklagten hatte beim Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Die
Beklagte konnte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.5.2012 mit
ihrer Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch der Klägerin auf
Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr verringern. Die gesetzliche
Regelung, nach der der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer
oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat
der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, setzt voraus, dass der Anspruch auf
Erholungsurlaub noch besteht. Dies ist nicht der Fall, so stellt das
Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung klar, wenn das Arbeitsverhältnis
beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat.
3. Arbeitszimmerkosten
in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Gehört ein Haus den Partnern einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft gemeinsam, kann ein Partner die Kosten für ein Arbeitszimmer
nur zur Hälfte als Betriebsausgaben geltend machen. Das gilt auch dann, wenn er
das Arbeitszimmer alleine nutzt und die Schuldzinsen aus den
gesamtschuldnerisch aufgenommenen Finanzierungsdarlehen allein von ihm getragen
werden.
Hintergrund
Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
erwarben gemeinsam ein Einfamilienhaus. Der Steuerpflichtige nutzte in dem
Gebäude eine Bürofläche als Arbeitszimmer zur Erzielung von Gewinneinkünften
und machte u. a. die hierauf entfallenden Finanzierungskosten in voller Höhe
als Betriebsausgaben geltend. Die laufenden Raten (Zins und Tilgung) wurden in
vollem Umfang von seinem Konto abgebucht Das Finanzamt berücksichtigte jedoch
aufgrund des hälftigen Miteigentumsanteils der Lebenspartnerin nur die Hälfte
der Finanzierungskosten als Betriebsausgaben.
Entscheidung
Das
Einspruchs- und auch das Klageverfahren blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht
verwies auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu Miteigentum von
Ehegatten, die nach seiner Auffassung bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften
entsprechend anzuwenden ist. Im Regelfall gilt danach, dass dann, wenn keine
besonderen Vereinbarungen getroffen wurden, die Zahlung jeweils für Rechnung
desjenigen geleistet werden, der den Betrag schuldet. Dies gilt grundsätzlich
auch dann, wenn sich der Nichteigentümer-Ehegatte an den auf das Arbeitszimmer
entfallenden laufenden Kosten beteiligt hat.
Ein vollständiger Kostenabzug kann nur erreicht
werden, wenn der Nichteigentümer-Ehegatte in Absprache mit dem anderen
Ehepartner Finanzierungsaufwendungen, die das Arbeitszimmer betreffen, selbst
übernimmt. Hierzu bedarf es jedoch einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen
den Partnern, die hier aber nicht vorliegt.
4.
Umsatzsteuer-Vorauszahlungen:
So werden sie dem richtigen Jahr zugeordnet
Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gibt es eine
Sonderregelung bei Zahlungen rund um den Jahreswechsel. Welche Besonderheiten
bei Umsatzsteuer-Vorauszahlungen zu beachten sind, erklärt die
Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen.
Hintergrund
Wer seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung
ermittelt, muss für die zeitliche Zuordnung seiner Betriebsausgaben das sog.
Abflussprinzip beachten. Nach der “Grundregel” müssen Ausgaben in dem
Kalenderjahr abgesetzt werden, in dem sie geleistet wurden. Für regelmäßig
wiederkehrende Ausgaben, wie z. B. Umsatzsteuer-Vorauszahlungen, sieht das
Gesetz eine Ausnahmeregelung vor: Diese Ausgaben müssen im Jahr ihrer
wirtschaftlichen Zugehörigkeit abgezogen werden, selbst wenn sie beim
Unternehmer schon kurze Zeit vor Beginn oder erst kurze Zeit nach Beendigung
dieses Jahres abfließen. Als “kurze Zeit” definiert die Rechtsprechung des BFH
einen Zeitraum von bis zu 10 Tagen vor bzw. nach dem Jahreswechsel (also vom
22.12. bis 10.1.).
Besonderheiten bei Umsatzsteuer-Vorauszahlungen
Ein
Abzug abweichend geleisteter Zahlungen im Jahr der wirtschaftlichen
Zugehörigkeit gelingt nur, wenn diese innerhalb des 10-Tages-Zeitraums fällig
und geleistet worden sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.
Daher gilt die Abflussfiktion nicht, wenn nur die Zahlung innerhalb der kurzen
Zeit nach dem Ende des Kalenderjahrs erfolgt ist, der Fälligkeitszeitpunkt aber
außerhalb dieses Zeitraums liegt.
Unternehmer müssen Umsatzsteuer-Voranmeldungen bis zum
10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums abgeben, die Zahlung wird auch
am 10. Tag fällig. Die Zahlungsfrist verlängert sich bis zum folgenden Werktag,
wenn das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt.
Es verlängert sich jedoch nur die Zahlungsfrist, nicht der 10-Tages-Zeitraum
der Abflussfiktion.
Hat der Unternehmer seinem Finanzamt eine
Lastschrifteinzugsermächtigung erteilt, gilt eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung im
Zeitpunkt der Fälligkeit als abgeflossen, selbst wenn das Amt den Betrag
tatsächlich später einzieht. In diesen Fällen darf der Unternehmer also eine am
10.1. fällige, aber später eingezogene Umsatzsteuer-Vorauszahlung regelmäßig
noch im (vorangegangenen) Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit als
Betriebsausgabe verbuchen (Anwendung der Abflussfiktion).
Unternehmern kann ein Betriebsausgabenabzug ihrer
Umsatzsteuer-Vorauszahlungen wegen falscher Anwendung der Abflussregelungen
komplett verloren gehen. Betroffen sind die Fälle, in denen das Finanzamt einen
Betriebsausgabenabzug im Jahr der Zahlung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung
aberkennt und der betroffene Unternehmer daraufhin einen Abzug im
vorangegangenen Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit erreichen will. Ein
Betriebsausgabenabzug kann in diesen Fällen mangels einschlägiger
Änderungsvorschrift im Vorjahr nicht mehr vorgenommen werden. Nur wenn die zu
ändernde Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, kann der
betroffene Unternehmer die Zahlungen nachträglich noch korrekt abziehen.
5. Häusliches
Arbeitszimmer: Kosten für Bad-Modernisierung können anteilig angesetzt werden
Sind die Aufwendungen für die Modernisierung des
Badezimmers wesentlich und erhöhen sie den Wert des gesamten Wohnhauses,
gehören sie anteilig zu den Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer.
Hintergrund
Die Kläger sind Eheleute. Für seine selbstständige
Steuerberatertätigkeit nutzte der Kläger ausschließlich ein häusliches
Arbeitszimmer im gemeinsamen Einfamilienhaus der Eheleute. Auf das Arbeitszimmer
entfielen rund 8 % der gesamten Wohnfläche. Im Streitjahr bauten die Kläger das
Badezimmer in ihrem Einfamilienhaus behindertengerecht um. Darüber hinaus
wurden alle 4 Türen des Flurs ersetzt und Maurer-, Maler- sowie Bodenarbeiten
durchgeführt. Von den Umbaukosten in Höhe von insgesamt rund 38.000 EUR machte
der Kläger einen Anteil von 8 % für das häusliche Arbeitszimmer als
Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt lehnte die steuerliche Berücksichtigung
der anteiligen Modernisierungskosten ab.
Entscheidung
Das
Finanzgericht gab den Klägern dagegen Recht. Die Renovierungs- bzw.
Modernisierungskosten sind anteilig dem Arbeitszimmer des Klägers zuzurechnen.
Durch die Modernisierung des Badezimmers ist derart in die Gebäudesubstanz
eingegriffen worden, dass der Umbau den Wert des gesamten Wohnhauses erhöht
hat.
Das häusliche Arbeitszimmer ist Teil des
Betriebsvermögens des Klägers. Bei einer späteren Entnahme aus dem Betriebsvermögen
würde ein Anteil von 8 % des Gebäudewerts als zu versteuernder Entnahmewert
angesetzt. Die aktuell vorgenommene Modernisierung des Badezimmers erhöht
dauerhaft den Gebäudewert und damit auch den Entnahmewert.
Hätten die Kläger die Modernisierungsmaßnahmen
innerhalb der ersten 3 Jahre nach der Anschaffung des Wohnhauses durchgeführt,
wären die Kosten als anschaffungsnahe Herstellungskosten über die
Gebäudeabschreibung anteilig als Aufwendungen des Arbeitszimmers zu
berücksichtigen gewesen.
Der anteilige Betriebsausgabenabzug ist deshalb
geboten, um Wertungswidersprüche zu vermeiden.
6. Zahnaufhellung kann
umsatzsteuerfrei sein
Zahnaufhellungen sind umsatzsteuerfreie
Heilbehandlungen, wenn der Zahnarzt sie vornimmt, um behandlungsbedingte
Zahnverdunklungen zu beseitigen.
Hintergrund
Eine Zahnärzte-GbR führte im Anschluss an bestimmte
medizinisch indizierte Behandlungen (z. B. Wurzelkanalbehandlungen) bei einigen
Patienten eine Zahnaufhellung (sog. Bleaching) an den zuvor behandelten Zähnen
durch. Dafür stellte die GbR jeweils ein Entgelt von 226 EUR bis 286 EUR ohne
Umsatzsteuer in Rechnung. Das Finanzamt ging jedoch davon aus, dass die
Leistung umsatzsteuerpflichtig ist.
Entscheidung
Wie
das Finanzgericht ist auch der Bundesfinanzhof auf der Seite der Zahnärzte.
Die Begründung der Richter: Umsätze aus der Tätigkeit
als Zahnarzt sind steuerfrei. Die Steuerfreiheit setzt eine Heilbehandlung
voraus. Heilbehandlungen müssen einen therapeutischen Zweck haben. Hierzu
gehören auch Leistungen zum Zweck der Vorbeugung und zum Schutz einschließlich
der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit. Ästhetische
Behandlungen sind Heilbehandlungen, wenn diese Leistungen dazu dienen,
Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu
heilen oder die Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen.
Die Steuerfreiheit erfasst aber auch Leistungen, die
erst als Folge solcher Behandlungen erforderlich werden. Das gilt auch dann,
wenn sie ästhetischer Natur sind (Folgebehandlung), die medizinische Maßnahme
also dazu dient, die negativen Folgen der Vorbehandlung zu beseitigen.
Deshalb waren die von der GbR durchgeführten
Zahnaufhellungen umsatzsteuerfreie Leistungen. Denn die zuvor durchgeführten
Zahnbehandlungen waren medizinisch indiziert. Diese Zahnbehandlungen
(Wurzelfüllungen) hatten jeweils eine Verdunkelung des behandelten Zahns zur
Folge. Die als Folge dieser Behandlungen notwendig gewordenen
Zahnaufhellungsbehandlungen sind daher ebenfalls steuerfrei. Denn die
Aufhellungen dienten dazu, die infolge der Vorschädigung eingetretene Verdunkelung
der Zähne zu behandeln.
7.
Wann darf eine
Mieterhöhung mit dem Mietspiegel begründet werden?
Auch wenn ein Mietspiegel keine Daten für
Einfamilienhäuser enthält, kann eine Mieterhöhung trotzdem darauf gestützt
werden. Denn es ist davon auszugehen, dass die ortsübliche Miete für
Einfamilienhäuser tendenziell höher ist als für Wohnungen in
Mehrfamilienhäusern.
Hintergrund
Die Vermieterin eines Reihenhauses in Berlin verlangt
von den Mietern die Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf 10,23 EUR/Quadratmeter.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den Berliner Mietspiegel 2011, der einen
Höchstwert von 10,23 EUR/Quadratmeter ausweist.
Die Mieter sind der Ansicht, dass die Vermieterin das
Mieterhöhungsverlangen nicht mit dem Mietspiegel begründen kann, da dieser auf
Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern gar nicht anwendbar ist. Sie halten
deshalb die Mieterhöhung für formell unwirksam.
Ein vom Amtsgericht beauftragter Sachverständiger hat
für das Haus eine ortsübliche Vergleichsmiete von 10,42 EUR/Quadratmeter
ermittelt. Das Amtsgericht hat der Klage daher stattgegeben.
Entscheidung
Das
Landgericht gab ebenfalls der Vermieterin Recht und bestätigte die Entscheidung
des Amtsgerichts. Das Mieterhöhungsverlangen ist formell wirksam und materiell begründet,
so dass die Mieter der Mieterhöhung zustimmen müssen.
Der Vermieter darf zur Begründung einer Mieterhöhung
auf einen Mietspiegel Bezug nehmen. Ein Mietspiegel ist nach Ansicht des
Bundesgerichtshofs auch für Mieterhöhungen bei Einfamilienhäusern ein
geeignetes Begründungsmittel, weil die Miete für Einfamilienhäuser in der Regel
über der Miete für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt.
Im vorliegenden Fall beschränkt sich der Vermieter mit
dem Erhöhungsverlangen jedoch auf eine Miete, wie sie der Ortsüblichkeit
vergleichbarer Wohnungen in Mehrfamilienhäusern entspricht.
Das Mieterhöhungsverlangen ist auch inhaltlich
begründet, wie sich aus dem vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten
ergibt. Die vom Sachverständigen ermittelten Werte liegen sogar noch über der
Miethöhe, die die Vermieterin verlangt.
8. Wiedereinsetzung:
Nur bei plötzlicher Erkrankung möglich
Sucht ein Rechtsanwalt für mehrere Wochen eine Klinik
zur Rehabilitation auf, muss er die Vertretung organisieren. Macht er dies
nicht und wird eine Frist versäumt, gibt es keine Wiedereinsetzung.
Hintergrund
Ein Rechtsanwalt hatte gegen eine Erhöhung der
Rundfunkgebühren in eigener Angelegenheit geklagt und erstinstanzlich verloren.
Die Berufung gegen das Urteil wurde abgeschmettert, weil
er die Monatsfrist nicht gewahrt hatte. Dagegen beantragte er Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand, weil er sich infolge einer Wirbelsäulenoperation vom
18.8.2014 bis zum 22.9.2014 einer Rehabilitationsmaßnahme in einer Klinik
befand. Erst nach Rückkehr aus dieser Klinik am 23.9.2014 ist er in der Lage
gewesen, von dem an seine Heimatadresse zugestellten Urteil Kenntnis zu nehmen
und sich mit dessen Inhalt zu befassen.
Entscheidung
Der
Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik stellt nach Auffassung des
Verwaltungsgerichtshofs in München jedoch keinen Wiedereinsetzungsgrund dar.
Der Rechtsanwalt hätte für den Fall einer Erkrankung organisatorische Vorkehrungen
treffen müssen.
Nur wenn der Anwalt aufgrund einer plötzlich
auftretenden, nicht vorhersehbaren Erkrankung an der fristgebundenen Erledigung
oder Bestellung eines Vertreters gehindert war, kann ein Fristversäumnis
unverschuldet sein. Ein stationärer Rehabilitationsaufenthalt ist aber
regelmäßig nicht unvorhergesehen, sondern geplant.
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.
Klagebefugnis wird
nicht durch Hinzuziehung zum Verfahren begründet
Ein zum Einspruchsverfahren hinzugezogener
Gesellschafter ist nicht befugt, gegen einen Bescheid, der gegenüber der GmbH
erging, Klage zu erheben.
Hintergrund
X war Gesellschafter einer Wirtschaftsprüfer-GmbH. Die
Gesellschafter hatten neben dem Gesellschaftsvertrag einen Poolvertrag
abgeschlossen. Danach halten die Gesellschafter jeweils einen Geschäftsanteil
im Nennbetrag von 50.000 EUR, den sie als frühere Gesellschafter einer
Aktiengesellschaft bei deren Umwandlung in die GmbH oder durch Kauf zum
Nominalwert erworben hatten. Dementsprechend übertrug der in 2005 aus
Altersgründen ausgeschiedene Gesellschafter X seinen Geschäftsanteil gegen
einen Kaufpreis von 50.000 EUR auf den Pooltreuhänder.
Das Finanzamt war der Ansicht, die Übertragung
unterliege bei der GmbH der Schenkungsteuer. Es ging von einem gemeinen Wert
des Geschäftsanteils von 1,2 Mio. EUR aus, wovon es 50.000 EUR abzog, und
setzte gegenüber der GmbH Schenkungsteuer fest.
Dagegen erhob die GmbH Einspruch. Das Finanzamt zog X
zum Einspruchsverfahren hinzu. Die Hinzuziehung erfolgte zwecks
Berücksichtigung der steuerlichen Folgen aus einem unrichtigen Steuerbescheid
bei einem Dritten. Das Finanzamt wies den Einspruch der GmbH als unbegründet
zurück. Gegen diese Einspruchsentscheidung erhob X Klage, der das Finanzgericht
stattgab.
Entscheidung
Die
Klage des X ist jedoch nach Ansicht des Bundesfinanzhofs unzulässig. X hat als
zum Einspruchsverfahren hinzugezogener Dritter zwar für das Einspruchsverfahren
die Stellung eines Verfahrensbeteiligten erlangt. Die Hinzuziehung begründet
für sich betrachtet jedoch nicht die Klagebefugnis des Hinzugezogenen.
Zum einen liegt keine formelle Beschwer des X vor.
Denn X hatte im Einspruchsverfahren der GmbH keine Anträge gestellt, die
zurückgewiesen worden wären.
Auch eine materiell-rechtliche Beschwer ist nicht
ersichtlich. Denn das Finanzamt hat in der Einspruchsentscheidung die
Steuerschuldnerschaft der GmbH bejaht und während des Klageverfahrens die
Steuerschuld lediglich herabgesetzt. Folgerungen zu Lasten des X kann das
Finanzamt somit weder aus der Einspruchsentscheidung noch aus dem
Änderungsbescheid ziehen.
2.
Vermietung an dem
GmbH-Geschäftsführer: Welche Miete ist angemessen?
Unter welchen Voraussetzungen führt ein
verlustbringendes Geschäft einer Kapitalgesellschaft zu einer verdeckten
Gewinnausschüttung? Und wie ist diese zu bemessen? In der Praxis werfen diese
Fragen Probleme auf.
Beispiel
Die
X-GmbH hat Anfang 2014 ein aufwendig ausgestattetes Einfamilienhaus erworben,
das sie ab 1.1.2014 ihrem Alleingesellschafter und alleinigen Geschäftsführer A
zu privaten Wohnzwecken vermietet hat. Vereinbart wurde die ortsübliche
Marktmiete von monatlich 2.500 EUR.
Die Vermietung zur ortsüblichen Marktmiete bringt
jedoch Verluste. Das Finanzamt will den Ansatz der Marktmiete nicht
akzeptieren. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte sich die
entstandenen Kosten in voller Höhe über die sog. Kostenmiete erstatten lassen.
Daher sei von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen.
Definition
Eine
verdeckte Gewinnausschüttung ist eine (bei der Körperschaft eintretende)
Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des steuerlichen Gewinns
auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht, also
nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden
Gewinnverteilungsbeschluss beruht.
Hintergrund
Im Rahmen von Vermietungsverhältnissen zwischen einer
Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern ist von einer verdeckten
Gewinnausschüttung auszugehen, wenn die Gesellschaft als Vermieter ein
unangemessen niedriges Entgelt verlangt. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist
ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer nur dann bereit, die
laufenden Aufwendungen für den Ankauf und die Unterhaltung eines
Einfamilienhauses zu privaten Wohnzwecken des Gesellschafters zu tragen, wenn
der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden. Der
Bundesfinanzhof verwirft deshalb den Ansatz der Marktmiete und gibt der sog.
Kostenmiete plus Gewinnaufschlag den Vorzug. Im Urteilsfall handelte es sich um
eine aufwendig gestaltete Immobilie.
3. Nachträgliche
Einlage und verrechenbarer Verlust
Begleicht ein Kommanditist Verbindlichkeiten der GmbH
& Co. KG, sollte er die steuerlichen Folgen bedenken. Denn eine Gutschrift
des beglichenen Betrags auf einem Darlehenskonto und eine Umwandlung der
Forderung in Eigenkapital führen nicht zwingend zur steuerlichen
Berücksichtigung der nur verrechenbaren Verluste.
Hintergrund
Die beiden Kommanditisten einer GmbH & Co. KG
hatten 2005 Verbindlichkeiten der KG beglichen. Die entsprechenden Beträge
ließen sie sich auf Darlehenskonten gutschreiben, die nach dem
Gesellschaftsvertrag verzinst wurden. 2010 beschloss die KG eine Änderung des
Gesellschaftsvertrags; danach waren diese Darlehen auf ein nicht verzinsliches
Kapitalkonto II umzubuchen. Die KG beantragte, wegen dieser Einlage einen Teil
der verrechenbaren Verluste als ausgleichsfähig zu behandeln. Das Finanzamt
hielt diesen Antrag für unbegründet.
Entscheidung
Das
Finanzgericht schließt sich dem Finanzamt an und bestätigte dessen
Rechtsauffassung. Denn nach der gesetzlichen Regelung führen nachträgliche
Einlagen nicht dazu, dass verrechenbare Verluste aus Vorjahren als ausgleichsfähig
zu behandeln sind.
Für den Verlust des Jahres der Einlage ergaben sich
keine vorteilhaften Auswirkungen: Bei einem der Kommanditisten, weil sein
Kapitalkonto auch nach der Einlage negativ blieb; bei dem anderen
Kommanditisten war zu berücksichtigen, dass die Einlage wegen weitgehender
Wertlosigkeit der Rückgriffsforderung gegen die nominal und real überschuldete
KG nicht mit dem Nennwert zu bewerten war.
4. 1%-Regelung: Keine
Anwendung bei 100 % Privatnutzung eines betrieblichen Fahrzeugs
Wird ein betriebliches Fahrzeug ausschließlich für
private Zwecke eines Gesellschafters genutzt, darf die 1 %-Regelung nicht
angewendet werden.
Hintergrund
Der Gesellschafter-Geschäftsführer der X-GmbH überließ
seiner Ehefrau ein Fahrzeug der X-GmbH zur ausschließlich privaten Nutzung. Das
Fahrzeug wurde nicht betrieblich bei der GmbH genutzt. Aufgrund einer Kontrollmitteilung
nach einer Betriebsprüfung bei der GmbH wurde der Einkommensteuerbescheid des
Geschäftsführers geändert und die verdeckte Gewinnausschüttung statt mit 1 %
der Anschaffungskosten des Fahrzeugs mit den erheblich höheren tatsächlichen
Kosten bewertet. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat das Finanzamt
abgelehnt, die Entscheidung über den Einspruch steht noch aus.
Entscheidung
Eine
Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids kommt
nach Ansicht des Finanzgerichts nicht in Betracht. Einnahmen, die nicht in Geld
bestehen, sind mit den üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Für die
private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt
wird, ist für jeden Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises zzgl. der
Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen (sog.
1%-Regelung).
Dem Finanzgericht erscheint die Bewertung der
verdeckten Gewinnausschüttung mit den bei der GmbH entstanden Kosten nicht
überhöht. Denn bei diesen Kosten dürfte es sich um den üblichen Endpreis der
Kfz-Nutzung am Abgabeort handeln, wobei nicht einmal ein Gewinnaufschlag
berücksichtigt wurde.
Eine Bewertung mit der 1 %-Regelung scheidet aus.
Dieses würde voraussetzen, dass das Fahrzeug auch dienstlich bzw. betrieblich
genutzt wurde.
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