Unternehmer und Freiberufler
1. Ist ein Crowdworker ein Arbeitnehmer?
2. Rechtswidrige Versetzung: Arbeitgeber muss Schadensersatz zahlen
3. Outgesourcte Dienstleistungen bei Betrieb von Geldautomaten nicht umsatzsteuerfrei
4. Was passiert bei Vorlage unvollständiger, aber ergänzungsfähiger Rechnungen im Vorsteuervergütungsverfahren?
5. Wann ist ein elektronischer Einspruch fristgerecht übermittelt?
6. Wie eine innergemeinschaftliche Lieferung nachgewiesen werden kann
7. Umsatzsteuer: Verkauf von Backwaren in der Vorkassenzone unterliegt dem Regelsteuersatz
8. Zu Unrecht ausgewiesene und vom Rechnungsempfänger gezahlte Umsatzsteuer: Besteht ein Rückzahlungsanspruch?
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Wann eine Personengesellschaft eine umsatzsteuerliche Organgesellschaft ist
2. Die Versicherungsteuerpflicht von Seeschiffen ist europarechtlich fraglich
3. Wann ist die Vergütung eines GmbH-Geschäftsführers angemessen?
4. Pensionszusage an Gesellschafter-Geschäftsführer: Ist diese bei Insolvenz geschützt?
5. Kaufpreisraten für einen GmbH-Anteil können pfandfrei gestellt werden

 

Unternehmer und Freiberufler

  1. Ist ein Crowdworker ein Arbeitnehmer?

 Besteht für den Crowdworker keine Verpflichtung, einen Auftrag per Klick zu übernehmen, wird kein Arbeitsverhältnis begründet. Er ist deshalb kein Arbeitnehmer.

 Hintergrund

Der Betreiber einer Plattform führte Kontrollen der Warenpräsentation im Einzelhandel oder in Tankstellen für Markenhersteller durch und vergab dafür Aufträge an die sog. “Crowd”. Der Kläger prüfte regelmäßig für das Unternehmen die Warenpräsentation in Geschäften und Tankstellen. Als Grundlage der Übernahme von Aufträgen diente eine Basisvereinbarung zwischen den Parteien. Diese berechtigt den Crowdworker dazu, über eine App Aufträge anzunehmen, die auf der Internetplattform in einem selbst gewählten Radius von bis zu 50 km angezeigt werden. Im Fall der Übernahme, war der App-Jobber verpflichtet, den Auftrag innerhalb von 2 Stunden nach bestehenden Vorgaben abzuarbeiten.

Das Unternehmen wollte mit dem Kläger nicht mehr zusammenarbeiten und teilte ihm dies per E-Mail mit. Vor Gericht wehrte sich der Crowdarbeiter, der zuvor regelmäßig zahlreiche Aufträge für den Plattformbetreiber übernommen hatte. Aus seiner Sicht bestand zwischen ihm und dem Unternehmen ein Arbeitsverhältnis. Das Unternehmen vertrat den Standpunkt, dass der Mann als Selbstständiger tätig geworden war.

 Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass zwischen dem Crowdworker und dem Betreiber der Internetplattform kein Arbeitsverhältnis bestand. Nach der gesetzlichen Definition des Arbeitsvertrags liegt ein solcher nur dann vor, wenn er die Verpflichtung zur Leistung von weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit beinhaltet.

Anzeichen hierfür sind, dass der Mitarbeiter Arbeitsanweisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der geschuldeten Dienstleistung beachten muss und in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingebunden ist. Maßgeblich ist aber die tatsächliche Durchführung des Vertrags.

Aus Sicht der Richter erfüllte die Basisvereinbarung die Voraussetzungen nicht, weil sie keinerlei Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen enthält. Insbesondere bestand keine Verpflichtung zur Annahme eines Auftrags. Auch umgekehrt verpflichtete die Vereinbarung den Auftraggeber nicht, Aufträge anzubieten.

Aufgrund der bestehenden Gesetzeslage hatte der Crowdworker daher nicht den Schutz eines Arbeitnehmers. Die Basisvereinbarung konnte deshalb im vorliegenden Fall als Rahmenvertrag auch per E-Mail wirksam gekündigt werden.

 

  1. Rechtswidrige Versetzung: Arbeitgeber muss Schadensersatz zahlen

 

Ob eine Versetzung rechtmäßig ist, sollte der Arbeitgeber sorgfältig prüfen. Denn bei einer unwirksamen Versetzung muss er dem Arbeitnehmer Schadensersatz leisten und ggf. auch Fahrtkosten übernehmen.

 Hintergrund

Der Arbeitnehmer war seit 1997 als Metallbaumeister bei einem südhessischen Tischler- und Montageunternehmen beschäftigt. Zuletzt war er Betriebsleiter des südhessischen Standorts. Ab November 2014 wurde er vom Arbeitgeber für mindestens 2 Jahre in die sächsische Niederlassung des Unternehmens versetzt. Die Entfernung betrug ca. 480 km.

Der Arbeitnehmer leistete zwar der Aufforderung Folge, klagte jedoch gegen seine Versetzung. Während seines Einsatzes in der sächsischen Niederlassung mietete er eine Zweitwohnung an. Außerdem pendelte er mit seinem Privatfahrzeug regelmäßig sonntags und freitags zwischen Hauptwohnsitz und Zweitwohnung.

Die Klage gegen die Versetzung hatte Erfolg, der Arbeitnehmer konnte ab Oktober 2016 wieder in Südhessen arbeiten. 2016 forderte er mit einer weiteren Klage Schadensersatz vom Arbeitgeber. Er verlangte u. a. die Erstattung der Kosten für seine wöchentlichen Heimfahrten mit dem privaten Pkw.

Entscheidung

Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht hatte Erfolg. Die obersten Arbeitsrichter bestätigten die Entscheidung der Vorinstanz insoweit, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber als Schadensersatz die Erstattung der Kosten verlangen durfte, die ihm für die wöchentlichen Fahrten mit seinem privaten Pkw zwischen seinem Hauptwohnsitz in Hessen und seiner Wohnung in Sachsen entstanden waren.

Bei der Berechnung der Fahrtkosten waren die Regelungen des Justizvergütungs- und Justizentschädigungsgesetzes (JVEG) über den Fahrtkostenersatz heranzuziehen. Für jeden gefahrenen Kilometer war danach ein Kilometergeld i. H. v. 0,30 EUR zu zahlen.

 

  1. Outgesourcte Dienstleistungen bei Betrieb von Geldautomaten nicht umsatzsteuerfrei

 Umsätze im Zahlungsverkehr sind umsatzsteuerfrei. Dazu zählen nicht outgesourcte Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Geldautomaten, wie z. B. Aufstellung, Wartung und Befüllung der Automaten.

 Hintergrund

Die Cardpoint GmbH stellte für eine Bank mit Soft- und Hardware ausgestattete Geldautomaten auf. Diese waren mit dem Logo der Bank versehen. Cardpoint war für den ordnungsgemäßen Betrieb verantwortlich und übernahm die Bargeldbefüllung der Automaten, installierte und pflegte die Software, beriet zum laufenden Betrieb und veranlasste den Datenaustausch zwischen dem Inhaber der Geldkarte und der die Karte ausgebenden Bank und gab im Genehmigungsfall das Geld durch den Automaten aus.

Das Finanzamt beurteilte die Leistungen als umsatzsteuerpflichtig. Das Finanzgericht bejahte dagegen die Umsatzsteuerfreiheit, da es sich seiner Ansicht nach um Umsätze im Zahlungsverkehr handelte.

Im Revisionsverfahren legte der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof die Problematik vor, ob Dienstleistungen für eine einen Geldautomaten betreibende Bank steuerfrei sind. Der Europäische Gerichtshof beantwortete diese Vorlagefrage dahin, dass kein steuerbefreiter Umsatz im Zahlungsverkehr vorliegt, wenn folgende Dienstleistungen erbracht werden:

  • Aufstellung, Wartung, Befüllung von Bankautomaten,
  • Ausstattung der Automaten mit Hard- und Software zum Einlesen der Geldkartendaten,
  • Weiterleitung von Autorisierungsanfragen wegen Bargeldabhebungen an die die Geldkarte ausgebende Bank,
  • Vornahme der gewünschten Bargeldauszahlung,
  • Generierung eines Datensatzes über die Auszahlungen.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich der Beurteilung durch den Europäischen Gerichtshof an. Der Begriff des Zahlungsverkehrs in § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG entspricht der des Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL.

Danach waren die Leistungen der Cardpoint GmbH steuerpflichtig. Die von ihr erbrachten Dienstleistungen waren nicht geeignet, die nach dem EuGH-Urteil Cardpoint erforderlichen rechtlichen und finanziellen Änderungen herbeizuführen, die einen “Umsatz im Zahlungsverkehr” charakterisieren. Allein die den Geldausgabeautomaten betreibende Bank spielte die Datensätze in das System der Bundesbank ein. Auf eine Unverzichtbarkeit der von Cardpoint erbrachten Leistung kommt es nicht an. Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Gegenleistung und damit der Bemessungsgrundlage bestanden nicht.

 

  1. Was passiert bei Vorlage unvollständiger, aber ergänzungsfähiger Rechnungen im Vorsteuervergütungsverfahren?

 Im Vorsteuervergütungsverfahren muss der Antragsteller eine Rechnung vorlegen. Dieser Verpflichtung genügt er, wenn er innerhalb der Antragsfrist ein Dokument einreicht, das den Mindestanforderungen an eine berichtigungsfähige Rechnung entspricht.

 Hintergrund

Die in den Niederlanden ansässige X-Gesellschaft stellte in elektronischer Form u. a. für 2 Positionen einen Antrag auf Vorsteuervergütung.

Der Antrag bezog sich zum einen auf eine Rechnung der A-Beton KG. Hierbei handelte es sich um eine Nachberechnung der 19-prozentigen Umsatzsteuer. Das Dokument enthielt Angaben zum Namen und zur Anschrift von Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger, zum Rechnungsdatum, zur Rechnungsnummer und zum Entgelt. Zum Leistungsgegenstand wies die Rechnung auf ein Bauvorhaben X-Straße hin. Dem Antrag war nur dieses Dokument in elektronischer Form ohne die in Bezug genommenen Rechnungen beigefügt.

Der Antrag bezog sich zum anderen auf eine Rechnung der B-Transportbeton KG mit Steuerausweis. Dem Antrag war lediglich die 4. Seite der Rechnung beigefügt, auf der Teile des Liefergegenstandes nach Baustelle, Liefertag und Menge sowie Rechnungsnummer, Rechnungsdatum, Entgelt und Steuerausweis sowie Angaben zum Namen und zur Anschrift von Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger aufgeführt waren. Die Seiten 1 bis 3 der Rechnung fehlten.

Das Bundeszentralamt für Steuern lehnte eine Vergütung ab. Im Einspruchsverfahren reichte X die 3 in Bezug genommenen Rechnungen zum 1. Antrag sowie die vollständige Rechnung zum 2. Antrag nach. Das Bundeszentralamt für Steuern wies den Einspruch mangels Vorlage vollständiger Rechnungen innerhalb der Antragsfrist zurück.

Entscheidung

Dem elektronischen Vergütungsantrag sind die Rechnungen und Einfuhrbelege in Kopie beizufügen. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen enthalten keine eigenständige Definition der Rechnung. Der Begriff ist daher entsprechend dem allgemeinen Rechnungsbegriff i. S. v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG zu verstehen.

Unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Anforderungen liegt eine berichtigungsfähige Rechnung vor, wenn sie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Die Rechnung kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht berichtigt werden.

Hieraus folgt für das Vergütungsverfahren, dass der Antragsteller seiner Verpflichtung zur Rechnungsvorlage genügt, wenn er innerhalb der Antragsfrist seinem Antrag ein Rechnungsdokument in Kopie beifügt, das den Mindestanforderungen gerecht wird. Denn wenn eine solche Rechnung aufgrund einer nachträglichen Berichtigung rückwirkend auf den Zeitpunkt ihrer Erteilung zum Vorsteuerabzug berechtigt, genügt die Vorlage auch zur Wahrung der Antragsfrist im Vergütungsverfahren.

Die im vorliegenden Fall dem Bundeszentralamt für Steuern vorgelegten Rechnungskopien enthielten unter Berücksichtigung der Firmenbezeichnungen der Leistenden die erforderlichen Mindestangaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. X konnte demnach die vollständigen Rechnungsdokumente mit Rückwirkung nachreichen.

 

  1. Wann ist ein elektronischer Einspruch fristgerecht übermittelt?

 Wird ein Einspruchsschreiben aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach an ein besonderes elektronisches Behördenpostfach gesendet, kann damit die Einspruchsfrist gewahrt werden.

 Hintergrund

Die Antragstellerin legte Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2015 ein. Ihr Bevollmächtigter übermittelte einen Einspruch nebst Antrag auf Aussetzung der Vollziehung aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach auf elektronischem Weg an das besondere elektronische Behördenpostfach des zuständigen Finanzamts. Dieses war im elektronischen Empfängerverzeichnis aufgeführt. Da das Finanzamt den elektronischen Eingang nicht erhielt, mahnte es die Steuerzahlung nach Fälligkeit an. Es ließ zudem eine Sachstandanfrage der Antragstellerin unbeantwortet, sodass diese einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Finanzgericht stellte.

Das Finanzamt ist der Auffassung, dass der Einspruch verfristet und der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen ist. Denn von dem Einspruch erlangte es erstmals mit der Übermittlung der Antragsschrift durch das Finanzgericht Kenntnis.

Entscheidung

Das Finanzgericht gewährte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Seiner Ansicht nach waren die angefochtenen Verwaltungsakte nicht bestandskräftig geworden. Die Einspruchsfrist wurde mit der Übersendung über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das besondere elektronische Behördenpostfach gewahrt. Das Finanzamt eröffnete den Zugang zur Übermittlung elektronischer Dokumente konkludent, indem es ein besonderes elektronisches Behördenpostfach eingerichtet hat und im amtlichen Verzeichnis des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs aufgelistet war. Dies werteten die Richter als konkludente Eröffnung des Zugangs für die Übermittlung elektronischer Dokumente.

Ob der Einspruch tatsächlich auf dem besonderen elektronischen Behördenpostfach eingegangen war, konnte im Ergebnis dahinstehen. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass trotz positivem Sendebericht ein elektronisches Dokument nicht an den Empfänger gelangt. Jedenfalls war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

 

  1. Wie eine innergemeinschaftliche Lieferung nachgewiesen werden kann

 Vernimmt das Finanzgericht einen Zeugen, muss es die Ergebnisse der Vernehmung bei der Entscheidung berücksichtigen. Die glaubhafte Zeugenaussage geht dem mangelhaften Belegnachweis vor.

 Hintergrund

Die A-GmbH lieferte im Jahr 2007 3 Pkw in die Slowakische Republik. Nach den schriftlichen Kaufverträgen war Käuferin die Firma N mit Sitz in der Slowakei. A lagen ein Handelsregisterauszug der N und eine bestätigte Abfrage der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der N vor. Der Geschäftsführer der N war allerdings in Ungarn ansässig. Auf ihrem Briefpapier gab die N Telefon- und Faxnummern mit ungarischer Vorwahl an. A nahm für die 3 Fahrzeuglieferungen die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen in Anspruch.

Das Finanzamt behandelte die Lieferungen dagegen als steuerpflichtig. Das Finanzgericht bestätigte die Steuerpflicht wegen fehlenden Belegnachweises, obwohl ein Zeuge die Beförderung zum angegebenen Bestimmungsort in der Slowakei bestätigt hatte.

Entscheidung

Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung muss nachgewiesen werden. Erforderlich ist ein Beleg- und ein Buchnachweis.

Im vorliegenden Fall wurde die Versendung in die Slowakische Republik durch die Zeugenaussage nachgewiesen. Steht aufgrund einer Beweiserhebung fest, dass die gelieferten Fahrzeuge zum Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet versendet wurden, kann dies nicht durch die Annahme eines fehlenden Belegnachweises in Abrede gestellt werden. Zwar ist das Finanzgericht bei einem fehlenden Belegnachweis nicht verpflichtet, eine Beweiserhebung durchzuführen. Hat es aber eine Beweiserhebung durchgeführt, bei der sich eindeutig die Versendung zum Bestimmungsort ergibt, muss es dieses Beweisergebnis zugrunde legen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Zeugenaussage nicht glaubhaft ist.

Für den Buchnachweis muss der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig – eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung ersichtlich – nachweisen. Die A-GmbH hat den Erwerb durch die Firma N als Unternehmer für ihr Unternehmen mit Verpflichtung zur Erwerbsbesteuerung entsprechend buchmäßig durch die Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der N nachgewiesen.

Auch bei der innergemeinschaftlichen Lieferung rechtfertigt die bloße Angabe einer Briefkastenanschrift nicht den Schluss auf eine fehlende Unternehmereigenschaft des Abnehmers. Dem Identifizierungserfordernis wird durch die Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in Verbindung mit den Angaben zu Namen und Anschrift des Abnehmers genügt.

Im vorliegenden Fall liegen schriftliche Kaufverträge mit der N vor. Es steht jedoch nicht fest, ob es sich um Scheingeschäfte gehandelt hat, mit denen Lieferbeziehungen zwischen der A-GmbH und Käufern in Ungarn verdeckt werden sollten. Für Scheingeschäfte zwischen der A-GmbH und der Firma N könnten die Umstände der Geschäftsanbahnung und der Kaufpreiszahlung sprechen. Der Bundesfinanzhof hob daher das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung der Abnehmereigenschaft an das Finanzgericht zurück.

 

  1. Umsatzsteuer: Verkauf von Backwaren in der Vorkassenzone unterliegt dem Regelsteuersatz

 Verkauft eine Bäckerei in der sog. Vorkassenzonen ihre Waren über den Ladentresen, fällt dies unter den Regelsteuersatz. Das gilt zumindest dann, wenn die Kunden zum Verzehr die von der Bäckerei bereit gestellten Tische und Stühle nutzen können und ihnen Geschirr und Besteck zur Verfügung gestellt wird.

 Hintergrund

Die Klägerin betrieb Konditoreien und Cafés im nicht abgetrennten Eingangsbereich von Lebensmittelmärkten (sog. Vorkassenzonen). Die Backwaren wurden über den Ladentresen verkauft. Die Kunden konnten zum Verzehr die teils mit Tischdecken und Blumenschmuck versehenen, von der Klägerin vorgehaltenen Tische und Stühle nutzen. Das Geschirr mussten sie selbst abräumen. Das Personal war ausschließlich als Verkaufspersonal für Backwaren angestellt, nicht als gastronomisch qualifiziertes Fachpersonal. Das Finanzamt unterwarf diese Umsätze dem Regelsteuersatz. Die Klägerin ist der Meinung, dass es sich nicht um dem Regelsteuersatz unterliegende Restaurationsumsätze handelte. Insbesondere konnten auch von Besuchern der Supermärkte die Tische und Stühle zum bloßen Verweilen genutzt werden.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die zum Verzehr an Ort und Stelle angebotenen Backwaren unterlagen als sonstige Leistungen dem Regelsteuersatz.

Die Klägerin verkaufte ihren Kunden nicht nur Backwaren, sondern erbrachte zusätzliche Dienstleistungen, indem sie für den Verzehr teilweise mit Dekoration versehene Tische und Sitzmöglichkeiten sowie Geschirr zur Verfügung stellte und das Geschirr durch ihre Mitarbeiter wieder einsammeln und reinigen und auch das Mobiliar durch die Mitarbeiter sauber halten ließ. Hierbei handelte es sich nicht um bloß behelfsmäßige Verzehrvorrichtungen. Dass kein Kellnerservice bestand, führte nicht zu einer anderen Beurteilung.

Die Verzehrvorrichtungen werden dem Essensverkäufer zugerechnet, wenn diese nach den objektiven Gegebenheiten ausschließlich zur Nutzung durch die Kunden der Bäckereifilialen bestimmt waren. Vorliegend war nach Auffassung des Finanzgerichts das Mobiliar ausschließlich zur Nutzung durch die Kunden der Bäckereifilialen vorgesehen. Dies ergab sich insbesondere aus der räumlichen Anordnung in unmittelbarer Nähe der Verkaufstheken, der Farbe der Möbel, der vom übrigen Boden abweichenden Bodenfarbe und der entsprechenden Dekoration.

 

  1. Zu Unrecht ausgewiesene und vom Rechnungsempfänger gezahlte Umsatzsteuer: Besteht ein Rückzahlungsanspruch?

Ein Direktanspruch auf Rückzahlung von Umsatzsteuer gegen die Finanzverwaltung setzt voraus, dass der Rechnungsaussteller eine Leistung an den Rechnungsempfänger erbracht hat, für die er Umsatzsteuer in der Rechnung zu Unrecht ausgewiesen hat.

 Hintergrund

Die A-GmbH, ein Bauunternehmen, zog für ihre Industriebaustellen überwiegend das Einzelunternehmen HC (Inhaberin GM) als Subunternehmer heran. Sie machte den Vorsteuerabzug aus Rechnungen geltend, die HC mit Steuerausweis erteilte. Die Rechnungen, die von der GmbH bezahlt wurden, standen in Zusammenhang mit Tätigkeiten, die JM, der Ehemann von GM, für die GmbH ausgeübt hatte. Insgesamt bezahlte die GmbH an HC rund 100.000 EUR Umsatzsteuer.

Nach Ansicht des Finanzamts handelte es sich bei den von HC abgerechneten Leistungen um Tätigkeiten, die nicht HC, sondern JM als Arbeitnehmer im Rahmen eines zu der GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisses leistete. Deshalb versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug der GmbH aus den Rechnungen der HC. Darüber hinaus lehnte es einen Antrag, die Vorsteuer aus Billigkeitsgründen zu belassen, ab.

In 2012 wurde GM zivilrechtlich verurteilt, an die GmbH 105.000 EUR nebst Zinsen zu zahlen und Kosten zu erstatten. In 2013 berichtigte GM (als Inhaberin von HC) die der GmbH erteilten Rechnungen und machte gegenüber dem Finanzamt Berichtigungsansprüche geltend, die sie zur Tilgung der ihr gegenüber titulierten Forderungen an die GmbH abtrat. Das Finanzamt zahlte darauf in 2013 an die GmbH 97.000 EUR.

In 2012 beantragte die GmbH erneut, die Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen der HC im Billigkeitswege zum Abzug zuzulassen, da GM nicht in der Lage war, Zahlungen zu leisten. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ebenfalls ab. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision der GmbH zurück. Nur die Steuer berechtigt zum Vorsteuerabzug, die für die in Rechnung gestellte Leistung gesetzlich geschuldet wird. Folglich hat der Leistungsempfänger eine gezahlte Umsatzsteuer, die nur in Rechnung gestellt, nicht aber gesetzlich geschuldet war, vom Rechnungsaussteller zurückzufordern.

Ist jedoch die Rückforderung vom Rechnungsaussteller – insbesondere wegen Zahlungsunfähigkeit – übermäßig erschwert, kann der Rechnungsempfänger von der Finanzverwaltung im Rahmen eines sog. Direktanspruchs die “Rückzahlung” der gesetzlich nicht geschuldeten, aber gleichwohl in einer ansonsten ordnungsgemäßen Rechnung ausgewiesenen und gezahlten Umsatzsteuer verlangen.

Der Direktanspruch setzt allerdings voraus, dass der Rechnungsaussteller die in der Rechnung als steuerpflichtig abgerechnete Leistung tatsächlich erbracht hat. Damit genügt der bloße Steuerausweis in einer Rechnung für die Entstehung des Direktanspruchs nicht.

Im vorliegenden Fall fehlte es an der entsprechenden Erbringung einer Leistung durch HC. Denn nicht das Subunternehmen HC, sondern JM, der Ehemann der Inhaberin von HC, ist als Arbeitnehmer der GmbH (Leistungsempfängerin) tätig gewesen.

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

  1. Wann eine Personengesellschaft eine umsatzsteuerliche Organgesellschaft ist

 Eine Personengesellschaft kann eine umsatzsteuerliche Organgesellschaft sein. Das gilt auch dann, wenn an ihr Personen beteiligt sind, die nicht in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sind.

 Hintergrund

Die Antragstellerin war eine GmbH & Co. KG, an der neben der Komplementär-GmbH weitere Personen als Kommanditisten beteiligt waren. Dazu gehörte u. a. die H-GmbH. Die H-GmbH verfügte über die Mehrheit der Stimmrechte und die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung lag vor. Deshalb vertrat die Antragstellerin die Auffassung, dass sie als unselbstständige Organgesellschaft in das Unternehmen ihres Gesellschafters H-GmbH eingegliedert war.

Das Finanzamt verneinte dagegen die finanzielle Eingliederung und setzte Umsatzsteuer im Wege der Schätzung gegen die Antragstellerin fest. Diese beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

 Entscheidung

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte vor dem Finanzgericht Erfolg. Die Richter rechneten die Umsätze der Antragstellerin dem Organträger H-GmbH zu. Im vorläufigen Verfahren bejahten sie die finanzielle Eingliederung und begründeten dies mit der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Danach kann eine Personengesellschaft Organgesellschaft sein, ohne dass der vermeintliche Organträger unmittelbar oder mittelbar zu 100 % an ihr beteiligt sein muss. Die hiervon abweichende Auffassung des V. Senats des Bundesfinanzhofs und dem folgend der Finanzverwaltung war nicht mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar. Insbesondere setzt die finanzielle Eingliederung einer Personengesellschaft nicht voraus, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind.

 

  1. Die Versicherungsteuerpflicht von Seeschiffen ist europarechtlich fraglich

 Ist es europarechtlich zulässig, dass allein aufgrund der Eintragung in ein deutsches Register eine Versicherungsteuerpflicht für ein Seeschiff entstehen kann? Mit dieser Frage muss sich der Europäische Gerichtshof beschäftigen.

 Hintergrund

Die Klägerin ist eine in Großbritannien ansässige Versicherung, die weltweit Marineversicherungen anbietet. U. a. war sie als Versicherer für verschiedene deutsche GmbHs tätig, die in das Handelsregister in Hamburg eingetragen waren. Der Gesellschaftszweck lag jeweils in dem Betrieb eines Seeschiffs. Die jeweiligen Seeschiffe waren hierbei in das Seeschiffsregister beim Amtsgericht Hamburg eingetragen. Die Seeschiffe führten jedoch nicht die deutsche Flagge, sondern die eines anderen Staates. Das zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie erteilte die entsprechenden Genehmigungen.

In allen Fällen wurden die Schiffe sodann in das Schiffsregister des Flaggenstaats (Malta oder Liberia) eingetragen. Es blieb aber bei einer Eintragung in das deutsche Register für die Zeit der Ausflaggung.

Das zuständige Bundeszentralamt für Steuern sah in dieser Konstellation eine Versicherungsteuerpflicht als gegeben an. Denn nach der entsprechenden gesetzlichen Regelung ist allein die Eintragung in ein deutsches Register maßgeblich. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht sah die Europarechtskonformität der maßgeblichen Bestimmung im deutschen Versicherungsteuergesetz als fraglich an. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof war deshalb zwingend vorzunehmen. Nach dem deutschen Recht besteht eine Versicherungsteuerpflicht u. a. dann, wenn die Versicherung mit einem in der EU bzw. dem EWR ansässigen Versicherungsunternehmen abgeschlossen wird und im Falle eines Fahrzeugs dieses in ein deutsches Register eingetragen ist. Diese Voraussetzungen waren hier unstreitig erfüllt. Das Finanzgericht hatte allerdings Bedenken, ob dieses nationale Recht mit dem Unionsrecht in Einklang steht. Nach diesem liegt das Besteuerungsrecht dort, wo das Risiko belegen ist. Vor diesem Hintergrund war fraglich, ob das Risiko in Deutschland belegen ist. Damit war eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen.

 

  1. Wann ist die Vergütung eines GmbH-Geschäftsführers angemessen?

 Für die Vergütung von GmbH-Geschäftsführern gibt es keine gesetzlichen Regelungen. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm ist eine Vergütung noch angemessen, wenn sie das mittlere Einkommen vergleichbarer Geschäftsführer um maximal 20 % übersteigt.

Hintergrund

Eine GmbH beschloss eine Geschäftsführervergütung für den Gesellschafter-Geschäftsführer und den Fremd-Geschäftsführer. Gegen diesen Beschluss wendete sich ein Gesellschafter, da er die Vergütung für unangemessen hält. Deshalb stellt seiner Ansicht nach die Zustimmung des anderen Gesellschafters, gleichzeitig der Gesellschafter-Geschäftsführer, zu den Geschäftsführeranstellungsverträgen einen Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht dar.

Das Landgericht gab dem Kläger teilweise Recht. Es sah die Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers als zu hoch an.

Entscheidung

Die Berufung der beklagten GmbH hatte vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Die Richter sahen die Höhe der Geschäftsführervergütung als angemessen an und konnten keinen Verstoß gegen die Treuepflicht feststellen.

Eine GmbH-Geschäftsführervergütung ist angemessen, wenn sie das mittlere Einkommen um nicht mehr als 20 % übersteigt. Treuwidrig ist die Zustimmung zu einer Geschäftsführervergütung nur, wenn die tatsächliche Vergütung die so berechnete Vergütung um mehr als weitere 50 % übersteigt.

Da es für die Vergütung von GmbH-Geschäftsführern keine gesetzlichen Regelungen gibt, gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Danach können Gesellschaft und Geschäftsführer diejenige Vergütungshöhe vereinbaren, die aus ihrer Sicht leistungsgerecht erscheint. Einschränkungen gibt es nur durch die Maßstäbe der Sittenwidrigkeit und durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht.

An die Sittenwidrigkeit werden sehr hohe Anforderungen gestellt: Es bedarf eines krassen Missverhältnisses zwischen Leistung und Vergütung, zudem muss eine verwerfliche Gesinnung vorliegen. Aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergibt sich, dass auch ein Geschäftsführer, der selbst Gesellschafter ist, nicht höher vergütet werden soll, als ein Fremd-Geschäftsführer. Denn letztlich mindert eine zu hohe Vergütung des Geschäftsführers den Gewinn der Gesellschaft und damit die Gewinnanteile der anderen Gesellschafter.

Folge einer unangemessenen, weil zu hohen Vergütung ist zunächst, dass der Gesellschafterbeschluss, der die Vergütung festlegt, anfechtbar ist. In steuerlicher Hinsicht wird der zu hohe Anteil der Vergütung beim Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttung bewertet; sie kann daher nicht mehr als Betriebsausgabe abgezogen werden, sondern wird (wieder) dem steuerbaren Gewinn zugerechnet, was letztlich zu einer höheren Steuerbelastung führt.

Da das Oberlandesgericht weder ein sittenwidriges Verhalten noch einen Verstoß gegen die Treuepflicht erkennen konnte, hatte die Klage des Gesellschafters letztlich keinen Erfolg.

 

  1. Pensionszusage an Gesellschafter-Geschäftsführer: Ist diese bei Insolvenz geschützt?

 Die Versorgungszusage eines GmbH-Geschäftsführers fällt nicht unter den Insolvenzschutz. Das gilt insbesondere dann, wenn ein nicht nur unwesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer gemeinsam mit einem oder mehreren anderen Gesellschafter-Geschäftsführern 50 % der Geschäftsanteile an einer GmbH hält.

Hintergrund

Der Kläger war neben 3 weiteren Gesellschaftern mit 1/6 der Geschäftsanteile an einer GmbH beteiligt. 2 seiner Mitgesellschafter hielten ebenfalls 1/6 der Geschäftsanteile, der 4. Gesellschafter die übrigen 50 %. Der Kläger und die beiden Mitgesellschafter, die ebenfalls je 1/6 der Geschäftsanteile hielten, waren zudem Geschäftsführer der GmbH.

Mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung erhielt der Kläger von der GmbH eine Versorgungszusage über 30 % seines pensionsfähigen Gehalts.

Nachdem die GmbH insolvent geworden war, zahlte ihr Insolvenzverwalter dem Kläger zwar nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer eine monatliche Rente, die dieser jedoch für zu niedrig hielt. Er klagte auf Zahlung einer höheren Rente und begründete dies damit, dass er als arbeitnehmerähnliche Person dem Insolvenzschutz – unterfällt.

Entscheidung

Vor dem Bundesgerichtshof hatte die Revision des Insolvenzverwalters Erfolg. Aus Sicht der Richter war der Kläger aufgrund seiner gemeinsam mit den anderen Gesellschafter-Geschäftsführern gehaltenen 50-prozentigen Beteiligung an der GmbH nicht als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen. Dementsprechend konnte er nach Ansicht des Gerichts auch keinen Insolvenzschutz seiner Pensionsansprüche verlangen.

Denn der Kläger, der mit seinen beiden Mitgesellschafter-Geschäftsführern zusammengerechnet über genau 50 % der Geschäftsanteile und Stimmrechte in der GmbH verfügte, konnte die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung blockieren. Dieser Umstand gewährte dem Kläger eine Leitungsmacht im Unternehmen, die über die Einflussmöglichkeiten eines Arbeitnehmers weit hinausging. Das hatte zur Folge, dass der für Arbeitnehmer geltende Insolvenzschutz, d.h. die Absicherung der Pensionsansprüche über den Pensions-Sicherungsfonds, dem Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zugutekam.

 

  1. Kaufpreisraten für einen GmbH-Anteil können pfandfrei gestellt werden

 Erhält ein Insolvenzschuldner monatliche Ratenzahlungen für den Verkauf eines GmbH-Anteils, kann er dafür Pfändungsschutz verlangen. Hierbei handelt es sich um sonstige Einkünfte, die von ihm selbst erzielt bzw. eigenständig erwirtschaftet werden.

 Hintergrund

Ein Insolvenzschuldner erhielt nach dem Verkauf seines GmbH-Geschäftsanteils zur Begleichung des Kaufpreises monatliche Raten in Höhe von 5.000 EUR. Aufgrund von Unterhaltspflichten gegenüber seiner 5 Kinder begehrte er, dass ihm von diesem Betrag ein Teilbetrag von 2.500 EUR monatlich belassen wird. Der Schuldner berief sich dabei auf den Pfändungsschutz nach § 850i ZPO.

Entscheidung

Die Rechtsbeschwerde des Schuldners vor dem Bundesgerichtshof hatte Erfolg. Die Richter stellten klar, dass die Regelung in § 850i ZPO zwar in erster Linie Einkünfte Selbstständiger erfasst, grundsätzlich aber auf alle Einkünfte anwendbar ist, die nicht aus einer abhängigen Tätigkeit resultieren. Diese Einkünfte werden nach § 850i ZPO ebenfalls dem Pfändungsschutz unterworfen. Darunter fallen dann auch wie im vorliegenden Fall Einkünfte aus Verkaufserlösen.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Einkünfte selbst erzielt bzw. eigenständig erwirtschaftet wurden. Diese Voraussetzung war gegeben. Den Verkaufserlös aus der Veräußerung des Geschäftsanteils hatte der Insolvenzschuldner selbst erwirtschaftet. Es kam nicht darauf an, ob er hierfür persönliche Arbeiten oder Dienste geleistet hat. Vielmehr erfasst der Begriff “sonstige Einkünfte” nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch Einkünfte als Gegenleistung für den Verkauf von Rechten.

Der Insolvenzschuldner konnte also grundsätzlich Pfändungsschutz für die laufenden Kaufpreisraten geltend machen.