Unternehmer und Freiberufler
1. Umsatzsteuerpflicht für förmliche Zustellungen: Der Bundesfinanzhof hat Zweifel daran
2. Wertlose Aktien und wertlose Gegenleistung: Kein Gestaltungsmissbrauch
3. Ausfall einer privaten Darlehensforderung: Liegt ein Verlust aus Kapitalvermögen vor?
4. Darf neben der Außenprüfung die Steuerfahndung tätig werden?
5. Kein Vertrauensschutz bei von der anerkannten Rechtslage abweichendem Verhalten
6. Wann ist die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zur gewerblichen Tätigkeit überschritten?
7. Sind Leistungen von Laborärzten umsatzsteuerfrei?
8. Eine Mitunternehmerschaft kann auch bei nur kurzfristiger Beteiligung vorliegen
9. Wer haftet für schuldhaft nicht abgeführte Umsatzsteuer?
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Änderung des Gesellschafterbestands nur bei Gebrauch einer Vollmacht
2. Tantiemenvereinbarung muss eindeutig sein
3. Ausscheiden eines Gesellschafters: Wie wirkt sich die Übernahme des Gesellschaftsanteils steuerlich aus?

 

Unternehmer und Freiberufler

 

  1. Umsatzsteuerpflicht für förmliche Zustellungen: Der Bundesfinanzhof hat Zweifel daran

 Ist die förmliche Zustellung von Schriftstücken nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften eine steuerfreie Post-Universaldienstleistung oder umsatzsteuerpflichtig? Der Bundesfinanzhof tendiert zur Steuerfreiheit und hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Klärung vorgelegt.

 Hintergrund

Die A-GmbH betrieb bis zum Jahr 2011 die Ausführung von Postzustellungsaufträgen im Inland. Sie hatte sich gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) verpflichtet, flächendeckend im gesamten Bundesgebiet förmliche Zustellungen von Schriftstücken nach den Prozessordnungen und den Verwaltungszustellungsgesetzen zu erbringen. Die A-GmbH beantragte die Bescheinigung über die Umsatzsteuer-Befreiung dieser Dienstleistung. Sie war der Ansicht, dass das Produkt “Postzustellungsauftrag” dem Post-Universaldienst zuzuordnen ist. Das BZSt lehnte den Antrag ab.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht der Finanzrichter gehört ein Postzustellungsauftrag nicht zu den Post-Universaldienstleistungen. Mit ihrer Revision wies die A-GmbH darauf hin, dass förmliche Zustellungen in fast allen EU-Mitgliedsstaaten von der Umsatzsteuer befreit sind.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hat die Problematik dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dieser muss klären, ob förmliche Zustellungen Universaldienstleistungen i. S. d. Post-Richtlinie sind. Problematisch ist dabei, ob eine “Zustellung” nur vorliegt, wenn weitere Bearbeitungsschritte (vom Sortieren bis zur Aushändigung) übernommen werden, und ob förmliche Zustellungen zu den vom Post-Universaldienst umfassten Einschreib-Sendungen gehören.

Weiterhin ist zu entscheiden, ob die von der A-GmbH erbrachten Leistungen steuerfrei sein können. Denn die Voraussetzung der ständig flächendeckend zu erbringenden postalischen Dienstleistungen für alle Nutzer ist möglicherweise nicht erfüllt, wenn Auftraggeber bei förmlichen Zustellungen nicht “alle Nutzer”, sondern in erster Linie Gerichte und Verwaltungsbehörden sind. Diese Form der Zustellung kommt den Nutzern also nur mittelbar zugute. Denn der Einzelne kann die förmliche Zustellung nicht selbst bei der Post oder einem anderen Dienstleister in Auftrag geben, sondern nur mittelbar über ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde. Das könnte dem Charakter einer allen Nutzern zur Verfügung stehenden Universaldienstleistung widersprechen.

 

  1. Wertlose Aktien und wertlose Gegenleistung: Kein Gestaltungsmissbrauch

 Liegt ein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn wertlose Aktien gegen wertlose Aktien übereignet werden? Nein, sagt das Finanzgericht München. Zwar dient eine solche Gestaltung allein der Steuerersparnis, trotzdem ist darin ein Verkauf der Aktien zu sehen mit der Folge, dass der Verlust mit Gewinnen aus dem Verkauf anderer Aktien verrechnet werden darf.

 Hintergrund

Der Kläger hatte Aktien einer AG, die insolvent und nicht mehr an der Börse gelistet war, an eine fremde Dritte verkauft. Als Gegenleistung erhielt er andere, ebenfalls wertlose Aktien. Das Finanzamt erkannte den Verlust in Höhe der Anschaffungskosten der Aktien steuerlich nicht an.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dagegen dem Kläger Recht und der Klage statt.

Die Finanzrichter begründen ihre Entscheidung damit, dass seit Einführung der Abgeltungsteuer das Gesetz Gewinne und Verluste aus dem Verkauf von Aktien zu den Einkünften aus Kapitalvermögen rechnet. Dem Verkauf gleichgestellt ist u. a. die Einlösung oder Abtretung.

Die Finanzverwaltung hat jedoch geregelt, dass eine Veräußerung nicht vorliegt, wenn der Erlös niedriger ist als die Transaktionskosten. Diese Anweisung erklärte das Finanzgericht jetzt für rechtswidrig.

In dem Verkauf zum Zweck des steuerlichen Verlustausweises sehen die Münchner Richter auch keine missbräuchliche Gestaltung.

 

  1. Ausfall einer privaten Darlehensforderung: Liegt ein Verlust aus Kapitalvermögen vor?

 Fällt eine Kapitalforderung endgültig aus, führt dies zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust in der privaten Vermögenssphäre.

 Hintergrund

Der Kläger gewährte mit Vertrag vom 11.8.2010 einem Dritten ein mit 5 % verzinsliches Darlehen. Seit dem 1.8.2011 erfolgten die vereinbarten Rückzahlungen nicht mehr. Am 1.8.2012 wurde über das Vermögen des Darlehensnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet. Die noch offene Darlehensforderung von 19.338,66 EUR meldete der Kläger zur Insolvenztabelle an.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2012 machte der Kläger die ausgefallene Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt lehnte dies ebenso ab wie das Finanzgericht.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab dagegen dem Kläger recht. Die obersten Finanzrichter waren der Ansicht, dass der Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust führt.

Mit der Einführung der Abgeltungsteuer wollte der Gesetzgeber eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreichen. Dies hat zur Folge, dass der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung zu einem steuerlich relevanten Verlust führt. Die Rückzahlung einer Darlehensforderung, die unter dem Nennwert des hingegebenen Darlehens bleibt, ist insoweit dem Verlust bei der Veräußerung der Forderung gleichzustellen.

Ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt allerdings erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Darlehensnehmers reicht hierfür nicht aus, es sei denn, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist oder aus anderen Gründen feststeht, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten ist.

Die entsprechenden Feststellungen muss nun das Finanzgericht treffen, an das der Bundesfinanzhof den Fall zurückverwies.

 

  1. Darf neben der Außenprüfung die Steuerfahndung tätig werden?

 Besteht gegen einen Steuerpflichtigen der Verdacht, dass er eine Steuerstraftat begangen haben könnte, sind die erstmalige Anordnung und auch die Erweiterung einer Betriebsprüfung zulässig.

Hintergrund

Der Kläger, ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, betrieb eine Pferdezucht. Aus dieser erzielte er negative Einkünfte. Nachdem das Finanzamt bereits eine Betriebsprüfung angeordnet hatte, erweiterte es diese später, als eine gegen den Kläger gerichtete Strafanzeige eingegangen war. Diese legte das Finanzamt unter Hinweis auf das Steuergeheimnis jedoch nicht offen. Gegen die Prüfungsanordnung und deren Erweiterung legte der Kläger Einspruch ein. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurde die Steuerfahndung wegen eines anderen strafrechtlichen Vorwurfs tätig, übernahm die steuerrechtlichen Ermittlungen und schloss diese durch Erstellung eines Abschlussberichts ab. Daraufhin erklärte das Finanzamt seine Betriebsprüfung für beendet. Der Kläger will mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnungen erreichen.

Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Eine Außenprüfung darf nämlich auch dann angeordnet werden, wenn die anzustellenden Ermittlungen ausschließlich im Zusammenhang mit einer Steuerstraftat stehen. Insoweit besteht keine sich gegenseitig ausschließende Zuständigkeit von Außenprüfung und Steuerfahndung. Das Gesetz stellt vielmehr ausdrücklich klar, dass die Aufgaben und Befugnisse der Finanzbehörden unberührt bleiben. Das Finanzamt muss deshalb beim Verdacht einer Steuerstraftat die Strafverfolgung aufnehmen und ein Verfahren einleiten.

Es ist zulässig, dass die Ermittlungsmaßnahmen der Außenprüfung sowohl die Ermittlung des steuerlichen als auch des strafrechtlichen Sachverhalts umfassen. Denn zum Gegenstand der strafrechtlichen Ermittlungen gehören ebenfalls die Feststellung der tatsächlichen Höhe des Steueranspruchs und damit die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und den Steueranspruch maßgeblich sind.

 

  1. Kein Vertrauensschutz bei von der anerkannten Rechtslage abweichendem Verhalten

 Auch wenn das Finanzamt eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen jahrelang nicht beanstandet hat, bedarf es keiner Wegfallmitteilung, wenn die Voraussetzungen dafür von Anfang an nicht vorgelegen haben.

 Hintergrund

A erzielte aus einem im Nebenerwerb bewirtschafteten Weinbaubetrieb Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 beantragte A wie in den Vorjahren die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen und setzte in der Anlage L für die Jahre 2010/2011 und 2011/2012 jeweils einen Gewinn von 162 EUR an.

Das Finanzamt ermittelte dagegen den Gewinn für 2011/2012 durch Schätzung nach einer Einnahmen-Überschussrechnung und setzte die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für 2011 mit rund 4.000 EUR an.

Vor dem Finanzgericht hatte A mit ihrer Klage Erfolg. Zwar kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht vorgelegen haben. Das Finanzamt war jedoch nach Treu und Glauben nicht befugt gewesen, rückwirkend die Gewinnermittlung nach allgemeinen Grundsätzen zu verlangen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof kam zu dem Ergebnis, dass A ihren Gewinn nicht nach Durchschnittssätzen ermitteln konnte, denn ihre Tätigkeit beschränkte sich auf eine Sondernutzung, nämlich den Weinbau. Liegen die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht vor und ist der Steuerpflichtige vom Finanzamt darauf hingewiesen worden oder ist ein solcher Hinweis nicht erforderlich, muss der Gewinn nach allgemeinen Grundsätzen ermittelt werden. Verfügt der Steuerpflichtige nicht über entsprechende Aufzeichnungen, ist das Finanzamt zur Schätzung befugt. Eine Mitteilung ist jedoch erforderlich, wenn die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zunächst vorgelegen haben und später weggefallen sind. Der Wegfall der Voraussetzungen allein verpflichtet noch nicht zur Gewinnermittlung nach allgemeinen Grundsätzen. Erst die Mitteilung schließt die Durchschnittssatz-Gewinnermittlung für die der Bekanntgabe nachfolgenden Wirtschaftsjahre aus.

Deshalb hat das Finanzgericht unzutreffend entschieden, dass es allein aufgrund der langjährigen rechtswidrigen Verwaltungspraxis im vorliegenden Fall einer Mitteilung nicht bedurfte. Dem steht insbesondere der Gesetzeswortlaut entgegen. Haben die Voraussetzungen zu keinem Zeitpunkt vorgelegen, können sie auch nicht weggefallen sein.

Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergibt sich ebenfalls kein anderes Ergebnis. Es fehlt schon an einem Vertrauenstatbestand, auf den sich A hätte berufen können. Es entspricht der Abschnittsbesteuerung, dass das Finanzamt in jedem Veranlagungszeitraum die Besteuerungsgrundlagen erneut prüfen und von seiner Rechtsmeinung abrücken muss, sobald sie sich als unzutreffend erweist.

 

  1. Wann ist die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zur gewerblichen Tätigkeit überschritten?

 Auch wenn Wirtschaftsgüter nach Ablauf der Spekulationsfrist veräußert werden, kann eine Verklammerung von Ankauf, Vermietung und Verkauf zu einer gewerblichen Tätigkeit vorliegen, die die Vermögensverwaltung überschreitet.

 Hintergrund

Die A-GbR wurde im Jahr 1986 von der Stadt mit der Errichtung eines Anbaus an das Rathaus beauftragt. Im Gegenzug räumte die Stadt der GbR ein Erbbaurecht an dem Grundstück auf die Dauer von 20 Jahren ein. Für diese Zeit vermietete die GbR an die Stadt. Nach Beendigung des Mietverhältnisses und des Erbbaurechts erhielt die GbR von der Stadt die vertraglich vereinbarte Entschädigung. Ebenso verfuhren die GbR und der Landkreis bei der Errichtung eines Dienstgebäudes für den Landkreis.

Die GbR setzte die Einnahmen aus der Vermietung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt wertete diese jedoch als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Denn seiner Ansicht nach hatte die GbR bei den beiden Gebäuden den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten und war deshalb insoweit gewerblich tätig gewesen.

 Entscheidung

Die Grenze der privaten Vermögensverwaltung ist überschritten, wenn das Geschäftskonzept darin besteht, Wirtschaftsgüter zu kaufen, zwischenzeitlich zu vermieten und anschließend zu verkaufen. Das gilt jedoch nur dann, wenn bereits bei der Aufnahme der Tätigkeit feststeht, dass sich das erwartete positive Gesamtergebnis nur unter Einbeziehung des Verkaufserlöses erzielen lässt. Die Verklammerung der Teilakte ist nicht auf kurzfristige Vermietungen beschränkt. Zwar ist die Veräußerung von Immobilien nach der Haltedauer von 10 Jahren (sog. Spekulationsfrist) grundsätzlich privater Natur. Trotzdem kann auch noch nach Fristablauf die Ausnutzung des Vermögenswerts durch Umschichtung im Vordergrund stehen, sodass die Verklammerungswirkung gerechtfertigt ist.

Da das Finanzgericht die Verklammerungsgrundsätze bei Immobilien abgelehnt hatte, hob der Bundesfinanzhof dieses Urteil auf und verwies den Fall an das Finanzgericht zurück.

 

  1. Sind Leistungen von Laborärzten umsatzsteuerfrei?

 Sind medizinische Analysen eines Laborarztes von der Umsatzsteuer befreit, obwohl kein Vertrauensverhältnis zum Patienten besteht? Diese Frage legte der Bundesfinanzhof jetzt dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vor.

 Hintergrund

Ein Facharzt für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik führte in den Jahren 2009 bis 2012 ausschließlich Umsätze an ein Laborunternehmen aus. Dieses erbrachte Laborleistungen an niedergelassene Ärzte, Rehakliniken, Gesundheitsämter und Krankenhäuser. Der Laborarzt leistete monatlich vergütete medizinische Analysen, die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung von Patienten im Rahmen konkreter Behandlungsverhältnisse dienten.

Anders als der Arzt, der davon ausging, dass seine Umsätze gegenüber dem Laborunternehmen als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin umsatzsteuerfrei sind, behandelte das Finanzamt seine Umsätze als steuerpflichtig. Denn die Leistungen beruhten nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Patienten.

Das Finanzgericht gab dem Arzt recht und entschied, dass begünstigte ärztliche Leistungen für Heilbehandlungen kein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient voraussetzen.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgt der Entscheidung des Finanzgerichts und vertritt die Auffassung, dass die von einem Laborarzt durchgeführten medizinischen Analysen, die außerhalb der Praxisräume des sie anordnenden Arztes durchgeführt werden, Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin sind. Damit erfüllen die Leistungen eines Laborarztes die Voraussetzungen der Steuerbefreiung. Denn medizinische Analysen ermöglichen die vorbeugende Untersuchung der Patienten und dienen damit dem mit der Steuerbefreiung verfolgten Zweck der Senkung der ärztlichen Kosten.

Fraglich ist jedoch, ob dieser Einschätzung europarechtliche Regelungen entgegenstehen. Dem Europäischen Gerichtshof wird deshalb die Frage zur Klärung vorgelegt, unter welchen Voraussetzungen Laborleistungen steuerbefreit sind.

Außerdem stellt sich die Frage, ob ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient vorausgesetzt wird. Denn das in früheren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs behandelte Merkmal “im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Behandelndem” findet sich in neueren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr. Der Bundesfinanzhof vertritt die Auffassung, dass das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient keine zwingende Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung ist. Ein solches Vertrauensverhältnis bildet lediglich einen typischen Anwendungsfall der Befreiungsvorschrift.

 

  1. Eine Mitunternehmerschaft kann auch bei nur kurzfristiger Beteiligung vorliegen

 Auch wer seinen Anteil an einer Personengesellschaft nur deshalb erwirbt, um ihn kurze Zeit später weiter zu veräußern, kann Mitunternehmer sein. Einen Gestaltungsmissbrauch konnte der Bundesfinanzhof in diesem Fall nicht erkennen.

 Hintergrund

Unternehmensgegenstand der X-KG war der An- und Verkauf sowie die Vermittlung von Schiffsbeteiligungen. Im Jahr 2008 erwarb sie Anteile an der A-KG, einem Publikumsfonds zum Betrieb eines Containerschiffs. Nach kurzer Zeit verkaufte sie die Anteile mit Gewinn an die N-KG weiter. Die Übertragung und Belastung von KG-Anteilen war nach dem Gesellschaftsvertrag nur mit Zustimmung der Komplementärin der A-KG möglich. Die A-KG erklärte für das Streitjahr einen Tonnagegewinn.

Das Finanzamt lehnte mit die Einbeziehung der X-KG in die Gewinnfeststellung der A-KG ab. Seiner Ansicht nach war die X-KG wegen der zeitlich befristeten Beteiligungen und der von Anfang an geplanten Veräußerungen nicht Mitunternehmerin geworden.

Das Finanzgericht entschied dagegen, dass auch bei einer nur kurzfristigen Beteiligung eine Mitunternehmerstellung nicht ausgeschlossen ist.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte dem Urteil des Finanzgerichts.

Mitunternehmer ist, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehat und Mitunternehmerrisiko trägt, Mitunternehmerinitiative entfaltet sowie Gewinnerzielungsabsicht hat. Der Erwerber eines Anteils kann bereits vor der gesellschaftsrechtlichen Wirksamkeit des Gesellschafterwechsels Mitunternehmer sein, wenn er rechtsgeschäftlich eine auf den Erwerb des Anteils gerichtete, rechtlich geschützte Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann und die ihm die Übernahme des Mitunternehmerrisikos sowie die Wahrnehmung der Mitunternehmerinitiative sichert. Unter Berücksichtigung dieser vom Bundesfinanzhof aufgestellten Grundsätze war die X-KG im Jahr 2008 insbesondere bereits deshalb Mitunternehmerin der A-KG, weil sie mit dem Erwerb der Anteile an der A-KG zivilrechtlich Gesellschafterin mit sämtlichen nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Rechten und Pflichten geworden ist.

 

  1. Wer haftet für schuldhaft nicht abgeführte Umsatzsteuer?

 An das Kennenmüssen einer Hinterziehungsabsicht sind strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere müssen Anhaltspunkte vorliegen, die für den Unternehmer im Rahmen eines konkreten Leistungsbezugs den Schluss nahelegen, dass der Rechnungsaussteller bereits bei Vertragsschluss die Absicht hatte, die Umsatzsteuer nicht abzuführen.

 Hintergrund

A betreibt einen Fahrzeughandel. Sie bezog von der X-GmbH Fahrzeuge und Container. Diese Lieferungen stellte die X-GmbH am 3. und 5.1.2012 in Rechnung und wies darin Umsatzsteuer aus. Diese führte sie jedoch nicht an das Finanzamt ab. Gegen den Geschäftsführer Y der X-GmbH wurde seit 2008 durch die Steuerfahndung wegen einer Vielzahl von Fällen der Umsatzsteuer-Hinterziehung ermittelt. Im Jahr 2014 wurde er wegen Hinterziehung der Umsatzsteuer aus den Lieferungen an A verurteilt. Die Steuerfahndung hatte A spätestens am 11.1.2012 über die Ermittlungsverfahren unterrichtet. Ob A bereits zuvor von den Ermittlungsverfahren Kenntnis hatte, war streitig.

Das Finanzamt nahm A für die von der X-GmbH nicht abgeführte Umsatzsteuer in Haftung. Vor dem Finanzgericht hatte A mit seiner Klage Erfolg. Die Richter waren der Ansicht, dass das Finanzamt die Haftungsvoraussetzungen nicht nachgewiesen hatte.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich dem Urteil des Finanzgerichts an und wies die Revision des Finanzamts zurück. Ein Unternehmer haftet aus einem vorangegangenen Umsatz, soweit der Aussteller der Rechnung entsprechend seiner vorgefassten Absicht die ausgewiesene Steuer nicht entrichtet hat und der Unternehmer bei Abschluss des Vertrags davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen.

Selbst wenn A von den Ermittlungen gegen Y gewusst haben sollte, heißt das nicht, dass sie auch von dessen Absicht wusste, die Umsatzsteuer aus dem Liefergeschäft mit ihr nicht abzuführen.

Aus einer unterstellten Kenntnis der A von den Ermittlungen gegen Y folgten auch keine Sorgfaltspflichten hinsichtlich einer Hinterziehungsabsicht des Y. Denn an das Kennenmüssen sind strenge Anforderungen zu stellen. Wirtschaftsteilnehmer dürfen nicht für die von einem anderen Steuerpflichtigen geschuldete Steuer in Anspruch genommen werden, wenn sie alle vernünftigerweise zumutbaren Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehören, die einen mit einem Umsatzsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt.

Das Kennenmüssen muss sich vielmehr auf Anhaltspunkte beziehen, die für den Unternehmer im Rahmen eines konkreten Leistungsbezugs den Schluss nahelegen, dass der Rechnungsaussteller bereits bei Vertragsschluss die Absicht hatte, die Umsatzsteuer nicht abzuführen.

Im vorliegenden Fall sind solche Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 

  1. Änderung des Gesellschafterbestands nur bei Gebrauch einer Vollmacht

 Die bloße Einräumung einer Vollmacht, um Rechte aus einem Gesellschaftsanteil auszuüben, ist für einen Anteilsübergang nach dem Grunderwerbsteuergesetz nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr, dass von der Vollmacht auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird.

 Hintergrund

Mit Vertrag v. 12.4.2005 übertrug die X-GmbH u. Co. KG insgesamt 94 % ihrer KG-Anteile auf 2 Erwerber. Der Kommanditistenwechsel wurde am 7.3.2006 im Handelsregister eingetragen. Am 25.5.2005 hatte die KG den Erwerbern unter Hinweis auf den Vertrag eine umfassende, unbefristete und unwiderrufliche Vollmacht erteilt, um die Gesellschafterrechte bei der KG wahrzunehmen, die KG bei satzungsändernden Gesellschafterbeschlüssen zu vertreten und auf Gewinnverteilungsansprüche zu verzichten.

Das Finanzamt stellte die Besteuerungsgrundlagen für den Erwerb von mindestens 95 % der KG-Anteile zum Datum der Vollmacht gesondert fest. Aufgrund der Vollmachten hatten die Erwerber die uneingeschränkte Verfügungsmacht über die restlichen 6 % der Gesellschaftsanteile und somit an den Grundstücken der KG erlangt.

Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof kam zu einem anderen Ergebnis und hob das Urteil des Finanzgerichts auf. Zum einen war der Feststellungsbescheid auf einen unzutreffenden Zeitpunkt ergangen. Zum anderen hatte die Erteilung der Vollmachten nicht zu einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands der KG geführt.

Der Feststellungsbescheid ging unzutreffend davon aus, dass der Erwerbsvorgang mit der Vollmachtserteilung am 25.5.2005 verwirklicht worden war. Denn der Gesellschafterbestand hatte sich erst mit der Eintragung der neuen Kommanditisten im Handelsregister am 7.3.2006 verändert.

Eine innerhalb von 5 Jahren erfolgte unmittelbare oder mittelbare Übertragung von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer grundstückbesitzenden Gesellschaft gilt als ein auf die Übertragung eines Grundstücks gerichtetes Rechtsgeschäft. Dieser Tatbestand des Grunderwerbsteuergesetzes ist hier nicht verwirklicht worden. Zwar hatte sich der Gesellschafterbestand unmittelbar um 94 % geändert. Er hat sich jedoch allein aufgrund der Erteilung der Vollmachten am 25.5.2005 nicht mittelbar um weitere 6 % geändert. Denn eine bloße Vollmachtserteilung führt nicht zur mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands. Die Einräumung einer umfassenden, unwiderruflichen Vollmacht zur Ausübung der Rechte aus einem Gesellschaftsanteil reicht also nicht aus, um eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands anzunehmen. Denn dem Bevollmächtigten wird lediglich die Möglichkeit eingeräumt, die wesentlichen Gesellschafterrechte für den Gesellschafter wahrzunehmen. Die bloße Erteilung der Vollmachten hinsichtlich des Anteils von 6 % führte daher nicht zu einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands. Durch die Vollmachten konnten die Erwerber zwar die Rechte aus dem Gesellschaftsanteil ausüben und waren zudem berechtigt, den Gesellschaftsanteil jederzeit auf sich selbst zu übertragen. Solange sie jedoch von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht haben, sind die wesentlichen Gesellschaftsrechte nicht auf sie übergegangen.

 

  1. Tantiemevereinbarung muss eindeutig sein

 Auch wenn vereinbart ist, dass der Gewinn der GmbH für die Berechnung einer Tantieme um Verlustvorträge gemindert wird, bleiben Verlustrückträge unberücksichtigt, wenn diese im entsprechenden Vertrag nicht angesprochen werden. Das gilt zumindest dann, wenn die GmbH den Verlustrücktrag nicht in Anspruch nimmt.

 Hintergrund

Laut Anstellungsvertrag stand den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH eine Tantieme zu. Diese betrug von 25 % des Jahresüberschusses, gekürzt um Verlustvorträge. Der klagende Gesellschafter beantragte, die in der Bilanz für 2008 als zugeflossen angesetzte Tantieme wegen des möglichen, jedoch nicht vorgenommenen Verlustrücktrags aus dem Jahr 2009 zu kürzen, was das Finanzamt jedoch ablehnte.

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht hatte der Gesellschafter ebenfalls keinen Erfolg, die Klage wurde als unbegründet abgewiesen. Bei der Berechnung einer Tantieme für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer sind etwaige Verlustvorträge zu berücksichtigen, um eine verdeckte Gewinnausschüttung zu vermeiden. Der Fall der Verlustrückträge ist jedoch noch nicht höchstrichterlich entschieden. Ein Verlustrücktrag kann deshalb – jedenfalls nach Auffassung des Finanzgerichts – nur dann eingerechnet werden, wenn der Vertrag dies auch vorsieht.

Im vorliegenden Fall fehlt eine entsprechende Vertragsbestimmung, eine Kürzung der Tantieme kommt demnach nicht in Betracht. Da die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer hinsichtlich der Tantieme gleichgerichtete Interessen verfolgen, sind sie für die Frage des Zuflusses der Tantieme als beherrschend anzusehen. Die Tantieme gilt also bei Fälligkeit als zugeflossen und muss als Arbeitslohn versteuert werden.

 

  1. Ausscheiden eines Gesellschafters: Wie wirkt sich die Übernahme des Gesellschaftsanteils steuerlich aus?

 Scheidet ein Gesellschafter aus, entstehen beim verbleibenden Gesellschafter nur insoweit Anschaffungskosten, als der verbleibende Gesellschafter weitere Mittel für den Erwerb des Gesellschaftsanteils aufwenden muss.

 Hintergrund

Die Steuerpflichtigen waren Beteiligte einer Grundstücksgemeinschaft, deren Gegenstand der Erwerb und die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken war. Nachdem einer der beiden Gesellschafter insolvent geworden war, übernahm der andere Partner den Gesellschaftsanteil gegen Zahlung von 50.000 EUR. In Höhe dieses Betrags, zuzüglich in Höhe des “negativen Kapitalkontos” des insolventen Gesellschafters, machte er Abschreibungen als nachträgliche Anschaffungskosten für ein wesentliches Vermietungsobjekt geltend.

Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab.

Entscheidung

Die Klage hatte nur teilweise Erfolg. Denn das Finanzgericht erkannte lediglich 50.000 EUR als nachträgliche Anschaffungskosten dieses Vermietungsobjekts an. Die Übernahme des “negativen Kapitalkontos” stellten jedoch keine Anschaffungskosten dar. Der Begriff des Kapitalkontos setzt eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich voraus. Den Überschusseinkünften und damit auch den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist dieser Begriff fremd. In der Literatur wird lediglich gelegentlich von einem “fiktiven Kapitalkonto” gesprochen, um das Verlustausgleichsverbot auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung übertragen zu können.