Mandantenbrief Steuern Unternehmer Februar 2016

 

Unternehmer
und Freiberufler


1.

Insolvenzverfahren: Wann zurückliegende
Leistungen angefochten werden können

2.

Verpflegung durch Arbeitgeber führt
nicht immer zu Arbeitslohn

3.

Umsatzsteuerbefreiung einer
Grundstückslieferung: Verzicht muss notariell beurkundet werden

4.

Teilweise unternehmerisch
genutztes Gebäude: Vorsteuerabzug nicht zu 100 %

5.

Auskunftsersuchen: Finanzamt
muss erst den Steuerpflichtigen fragen

6.

Jobticket: Wann muss die
Pauschalierung der Lohnsteuer geltend gemacht werden?

7.

Photovoltaikanlagen unterliegen
ab 2016 der Bauabzugsteuer

8.

Keine Nachzahlung, wenn
Vermieter untätig bleibt

9.

Makler muss keine Angaben zum
Energieausweis machen


GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1.

Altersversorgung: Wechsel des
Durchführungswegs ist Neuzusage

2.

Ist der ermäßigte Steuersatz
neben einer steuerfreien Rücklage anwendbar?


 Unternehmer und Freiberufler

 

1. 
Insolvenzverfahren:
Wann zurückliegende Leistungen angefochten werden können

 

Wird ein Arbeitnehmer trotz vorhandener
Arbeit freigestellt, gilt der Lohn als unentgeltliche Leistung des Schuldners.
Die trotz Freistellung erfolgten Entgeltzahlungen sind deshalb vom
Insolvenzverwalter anfechtbar.

 

Hintergrund

Die Ehefrau des Betriebsinhabers war von Herbst 2003
bis Oktober 2009 in dessen Firma angestellt. Nachdem sich die Eheleute getrennt
hatten, wurde die Beklagte spätestens seit Anfang Januar 2005 von der
Arbeitsleistung freigestellt. Sie erhielt fortan das vereinbarte Entgelt von
1.100 EUR brutto monatlich ohne Gegenleistung.

Über das Vermögen des Ehemanns wurde auf Antrag vom 9.
Oktober 2009 im Januar 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der
Insolvenzverwalter begehrte nun die Rückzahlung des zwischen Oktober 2005 und
August 2009 gezahlten Nettoentgelts von 29.696,01 EUR.

 

Entscheidung

Zu Recht, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden
hat. Nach dem Urteil muss die Ex-Frau nun den “Lohn” zurückbezahlen. Durch die
Freistellung wurde der Inhalt des Arbeitsverhältnisses geändert, argumentierten
die Richter. Die Eheleute waren sich darüber einig, dass die Beklagte für das
Arbeitsentgelt keine Gegenleistung erbringen musste. Die Zahlungen nach der
Freistellung erfolgten deshalb unentgeltlich.

Nach der gesetzlichen Regelung können unentgeltliche
Leistungen des Schuldners, die in den letzten 4 Jahren vor dem Antrag auf
Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sind, ohne weitere Voraussetzungen
angefochten werden. Die Vorschrift gibt dem Insolvenzverwalter eine Handhabe,
vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Zahlungen des Schuldners
rückgängig zu machen.

 

2.  
Verpflegung
durch Arbeitgeber führt nicht immer zu Arbeitslohn

 

Stellt der Arbeitgeber seinen
Arbeitnehmern Mahlzeiten zur Verfügung, unterliegen diese grundsätzlich der Lohnsteuer.
Ausnahmen sind möglich, wenn die Mahlzeiten aus betriebsfunktionalen Gründen
vom Arbeitgeber gewährt werden.

 

Hintergrund

Der Arbeitgeber betreibt einen Offshore-Windpark rund
160 km vor der Küste. Die Arbeitnehmer arbeiten im Schichtdienst und haben
keine Möglichkeit, den Windpark während der 14-Tages-Schicht zu verlassen.
Kühl- und Kochgelegenheiten stehen nicht zur Verfügung. Die benötigten
Lebensmittel werden per Versorgungsschiff angeliefert. Der Klägerin entstehen
Kosten von ca. 21,50 EUR pro Mahlzeit und Person.

Das Finanzamt wollte die Klägerin auf Zahlung von
Lohnsteuer für die Verpflegung in Anspruch nehmen.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat entschieden, dass es sich bei
der Verpflegung nicht um einen steuerpflichtigen Sachbezug der Arbeitnehmer
handelt.

Bedingung dafür, dass es sich bei der unentgeltlichen
Verpflegung für Mitarbeiter auf einer Offshore-Plattform nicht um
lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn handelt, ist, dass das eigenbetriebliche
Interesse des Arbeitgebers an einer kostenfreien Gemeinschaftsverpflegung wegen
besonderer betrieblicher Abläufe den Vorteil der Mitarbeiter bei Weitem
überwiegt.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände
überwiege das eigenbetriebliche Interesse der Klägerin an der unentgeltlichen
Mahlzeitengestellung; das Interesse der Mitarbeiter trete dahinter zurück.
Grund für die Verpflegung der Offshore-Mitarbeiter sei in den außergewöhnlichen
Arbeitsumständen sowie der damit verbundenen notwendigen effizienten Gestaltung
der Betriebsabläufe zu sehen. Unter Berücksichtigung der Logistik, der
Sicherheit, der beengten Räumlichkeiten, der Hygiene, des Schichtbetriebes
könne die Verpflegung der Mitarbeiter wirtschaftlich nicht anders als durch
eine zentrale Kantineneinheit erfolgen. Eine unentgeltliche Verpflegung sei
branchenüblich und entspreche den internationalen Versorgungsstandards auf Plattformen.
Der relativ hohe Betrag von 21,50 EUR pro Mahlzeit resultiere aus der
aufwendigen Anlieferung und den hohen Personalkosten des Caterers.

 

3. 
Umsatzsteuerbefreiung
einer Grundstückslieferung: Verzicht muss notariell beurkundet werden

 

Bei einer Grundstückslieferung muss der
Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung in dem zugrunde liegenden Notarvertrag
erklärt werden. Ein nachträglicher Verzicht ist nicht möglich, auch wenn er
notariell beurkundet wird.

 

Hintergrund

X erwarb in 2003 ein Grundstück und verpachtete es
umsatzsteuerpflichtig an seine Organgesellschaft (B-GmbH), die es ihrerseits
zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendete. Die beim Erwerb in
Rechnung gestellte und von ihm gezahlte Umsatzsteuer zog X in 2003 als Vorsteuer
ab. Mit notariellem Vertrag vom Oktober 2009 veräußerte X das Grundstück an
seine Ehefrau (F). Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung wurde in dem
notariellen Vertrag nicht erklärt. F verpachtet das Grundstück
umsatzsteuerpflichtig an die B-GmbH.

Das Finanzamt änderte in 2012 die
Umsatzsteuer-Festsetzung für 2009 und berichtigte den Vorsteuerabzug zu Lasten
des X, weil dieser das Grundstück in 2009 umsatzsteuerfrei veräußert habe.
Während des anschließenden Klageverfahrens änderten X und F im April 2013 den
ursprünglichen Kaufvertrag mit notariell beurkundeter “Neufassung” und
erklärten den Verzicht auf die Steuerbefreiung.

Das Finanzgericht gab der Klage statt, da es der
Ansicht war, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung auch in einer späteren
notariellen Ergänzung ausgeübt werden könne.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof ist dagegen der Auffassung, dass
der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung bei Lieferungen von Grundstücken nur
in dem notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden kann.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. X hat
zwar das Grundstück an F geliefert, die es ihrerseits umsatzsteuerpflichtig
vermietete. Die Option zur Steuerpflicht dieses Umsatzes wurde jedoch nicht im
notariellen Kaufvertrag vom Oktober 2009 ausgeübt. Die notariell beurkundete
Neufassung des Kaufvertrags vom April 2013 führt zu keiner anderen Beurteilung.
Der gesetzliche Wortlaut schließt eine Option in einer nachfolgenden Neufassung
oder Ergänzung des Vertrags selbst dann aus, wenn diese gleichfalls notariell
beurkundet wurde.

Nach der Gesetzesbegründung soll erreicht werden, dass
der Zeitpunkt, zu dem der notarielle Kaufvertrag geschlossen wird,
letztmöglicher Zeitpunkt für die Erklärung des Verzichts auf die
Steuerbefreiung ist.

 



 

4. Teilweise
unternehmerisch genutztes Gebäude: Vorsteuerabzug nicht zu 100 %

 

Nur für die Herstellung und Anschaffung
von Gegenständen, gilt das Zuordnungswahlrecht, nicht jedoch für den Bezug sonstiger
Leistungen. Diese sind aufzuteilen, und zwar entsprechend der Verwendung.

 

Hintergrund

Die Ehefrau (F) ist Eigentümerin eines Gebäudes. Die
Einliegerwohnung umfasst 20 % der Gesamtwohnfläche und wird vom Ehemann (M) zum
Betrieb seiner Steuerberaterpraxis genutzt.

F vermietete bis 2006 die Einliegerwohnung an M,
ordnete das gesamte Gebäude ihrem Unternehmensvermögen zu und versteuerte die
Privatnutzung als unentgeltliche Wertabgabe. Dementsprechend machte sie den
vollen Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Gebäudes einschließlich
des privat genutzten Teils geltend. Ab 1.1.2007 vermietete F das gesamte
Gebäude an M und erklärte lediglich steuerpflichtige Vermietungsumsätze (ohne
eine steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe).

M ordnete das Nutzungsrecht an dem Gebäude insgesamt
seinem Unternehmen “Steuerberatungspraxis” zu und machte den vollen
Vorsteuerabzug aus der Anmietung geltend. Hinsichtlich des zu privaten
Wohnzwecken genutzten Teils erklärte er eine unentgeltliche Wertabgabe.

Das Finanzamt erkannte ab 2007 den Verzicht der F auf
die Steuerbefreiung ihrer Vermietungsumsätze hinsichtlich des als Wohnung
genutzten Gebäudeteils nicht an. Es nahm deshalb eine Berichtigung des
Vorsteuerabzugs vor. Das Finanzgericht kam zu dem gleichen Ergebnis.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision der F aus
denselben Gründen zurück. Zwar war F im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes
zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Denn ein Unternehmer, der ein Gebäude
errichtet, das er teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch
nutzt, darf das Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und die auf das
gesamte Gebäude entfallenden Vorsteuerbeträge abziehen. Die in der privaten
Nutzung liegende Wertabgabe ist zu versteuern.

Durch die Vermietung des gesamten Gebäudes ab 2007
nutzte F zwar das gesamte Gebäude zur Ausführung von Vermietungsumsätzen. Sie
konnte aber wirksam nur hinsichtlich des auf die Einliegerwohnung entfallenden
unternehmerisch genutzten Teils zur Umsatzsteuer optieren. Hinsichtlich der
Familienwohnung liegen die Voraussetzungen für eine Option nicht vor. Denn der
Leistungsempfänger (M) konnte die bezogene Mietleistung insoweit nicht seinem
Unternehmen zuordnen. Dieser Umsatz wurde daher nicht an einen anderen
Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt. Da die Vermietungsumsätze der F
hinsichtlich der privat genutzten Wohnung somit steuerfrei sind, führen sie zum
Ausschluss des Vorsteuerabzugs.

Beabsichtigt der Unternehmer bei Bezug einer Leistung,
diese teilweise für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und teilweise
seiner nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden, ist er grundsätzlich nur
im Umfang der beabsichtigten Verwendung für die wirtschaftliche Tätigkeit zum
Vorsteuerabzug berechtigt. Dieses Zuordnungswahlrecht gilt aber nur für die
Herstellung oder Anschaffung von Gegenständen. Der Bezug von sonstigen
Leistungen (hier Vermietungsleistungen) ist nicht in voller Höhe zuordenbar,
sondern ist entsprechend der Verwendung aufzuteilen.

 

5. Auskunftsersuchen:
Finanzamt muss erst den Steuerpflichtigen fragen

 

Erst wenn das Finanzamt aufgrund konkret
nachweisbarer Tatsachen davon ausgehen kann, dass die Aufklärung durch den
Beteiligten erfolglos bleiben wird, darf es sich an andere Personen wenden.

 

Hintergrund

X betreibt ein Import- und Exportgeschäft. Bei einer
Außenprüfung hatte das Finanzamt festgestellt, dass X von einer
Geschäftspartnerin A eine nicht erklärte Provision erhalten hatte. Im Rahmen
der Außenprüfung richtete das Finanzamt – ohne X vorab um Auskunft gebeten zu
haben – ein Auskunftsersuchen betreffend Provisionszahlungen an die Firma B,
eine weitere Geschäftspartnerin des X. Darin wies das Finanzamt darauf hin, die
Sachaufklärung sei mit den Beteiligten nicht möglich. Es werde deshalb um
Auskunft gebeten ob an X Provisionen gutgeschrieben oder ausgezahlt worden
seien.

Gegen dieses Auskunftsersuchen legte X Einspruch ein,
der vom Finanzamt zurückgewiesen wurde. Daraufhin erhob X Klage. Das
Finanzgericht gab der Klage statt, da das Ersuchen unverhältnismäßig und daher
ermessensfehlerhaft gewesen sei.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts
zurück, da dieses nicht von der Erfolglosigkeit der Mitwirkung des X ausgehen
konnte.

Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann
zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die
Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Von diesem
Subsidiaritätsprinzip darf das Finanzamt nur dann abweichen, wenn ein
atypischer Fall vorliegt. Das wurde vom BFH bisher nur dann angenommen, wenn
der Beteiligte unbekannt ist oder der Beteiligte nicht mitwirkt.

Eine solche atypische Konstellation liegt im
Streitfall nicht vor. Weder war die Identität des X unbekannt noch hat X die
Mitwirkung verweigert. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn von vornherein
feststeht, dass der Beteiligte entweder nicht mitwirken wird oder die
Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung offenkundig ist. Darauf kann sich das
Finanzamt aufgrund des bisherigen Verhaltens des Steuerpflichtigen nur dann
berufen, wenn konkret nachweisbare Fakten darauf schließen lassen. Das
Finanzamt muss es folglich im Rahmen der vorweggenommenen Beweiswürdigung aufgrund
konkreter Tatsachen als zwingend ansehen, dass die Mitwirkung des Beteiligten
erfolglos bleiben wird.

 

6. Jobticket:
Wann muss die Pauschalierung der Lohnsteuer geltend gemacht werden?

 

Der Arbeitgeber kann wählen, ob er die
Lohnsteuer für geldwerte Vorteile beim Erwerb eines Jobtickets pauschalieren
will. Dieses Wahlrecht wird durch Anmeldung der pauschalierten Steuer ausgeübt.
Ein nachträglicher Antrag ist unbeachtlich.

 

Hintergrund

Der Arbeitgeber A schloss mit dem Verkehrsverbund V
eine Vereinbarung über die Ausgabe von Jobtickets. In 2005 zahlte er für rund
5.000 Arbeitnehmer monatlich einen Grundbetrag (rund 6 EUR je Mitarbeiter) an
V. Jeder Mitarbeiter erhielt dadurch das Recht, gegen einen monatlichen
Eigenanteil ein Jobticket als ermäßigte Jahreskarte zu erwerben.

Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte das
Finanzamt fest, dass A die an V entrichteten Grundbeträge nicht dem
Lohnsteuerabzug unterworfen hatte. Es nahm einen geldwerten Vorteil in Höhe von
73,62 EUR (12 Monate x 6,135 EUR) je Arbeitnehmer an, der nicht monatlich,
sondern – weil es sich um Jahreskarten handelte – sofort und in vollem Umfang
zugeflossen sei. Die monatliche 44-EUR-Freigrenze für Sachbezüge war daher
überschritten.

Im Verfahren vor dem Finanzgericht beantragte A
erstmals die Anwendung der Pauschalierung mit 15 %. Das Finanzgericht wies die
Klage jedoch ab. Das Pauschalierungswahlrecht könne nicht nachträglich ausgeübt
werden.

 

Entscheidung

Der BFH hat das Finanzgerichts-Urteil bestätigt und
die Revision des A zurückgewiesen.

Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer mit dem
Pauschsteuersatz von 15 % für Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder
verbilligten Beförderung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erheben (in Höhe
der Beträge, die der Arbeitnehmer als Werbungskosten absetzen könnte). Für
diese Pauschalierung ist ein Antrag oder eine Genehmigung durch das Finanzamt
nicht erforderlich. Das Wahlrecht wird durch die Anmeldung der mit einem
Paussteuersatz erhobenen Lohnsteuer ausgeübt.

Die kostenlose oder verbilligte Abgabe von Jobtickets
wird zwar grundsätzlich von der Pauschalierungsregelung erfasst. Im Streitfall
kommt sie aber deshalb nicht zur Anwendung, weil A für den geldwerten Vorteil
nicht in einer Lohnsteuer-Anmeldung pauschale Lohnsteuer erhoben hat. Der erst
im Klageverfahren gestellt Pauschalierungsantrag geht ins Leere. Denn zum einen
ist ein entsprechender Antrag gesetzlich nicht vorgesehen. Zum anderen kann ein
solcher Antrag als bloße Absichtserklärung die erforderliche Erhebung der
pauschalen LSt in der Lohnsteuer-Anmeldung weder ersetzen noch das
Pauschalierungsverfahren in Gang zu setzen. Da A somit sein
Pauschalierungswahlrecht nicht ausgeübt hat, konnte die Pauschalierung nicht
zur Anwendung kommen.

 

7. Photovoltaikanlagen
unterliegen ab 2016 der Bauabzugsteuer

 

Ab dem 1.1.2016 gelten Arbeiten an
Photovoltaikanlagen als steuerabzugspflichtige Bauleistungen. Grund ist eine
geänderte Verwaltungsauffassung.

 

Hintergrund

Um die illegale Beschäftigung in der Baubranche
einzudämmen, hat der Gesetzgeber bereits im Jahre 2001 eine sog. Bauabzugsteuer
eingeführt. Unternehmerisch tätige Empfänger müssen von Bauleistungen einen
Steuerabzug von 15 % der Bausumme einbehalten und an das Finanzamt abführen
(für Rechnung des Leistungserbringers). Der Steuerabzug kann aber unterbleiben,
wenn der Leistende dem Leistungsempfänger eine gültige
Freistellungsbescheinigung vorlegt oder die gesamte Gegenleistung im laufenden
Kalenderjahr eine Bagatellgrenze von 5.000 bzw. 15.000 EUR nicht übersteigt.

Von der Abzugssteuer werden alle Leistungen erfasst,
die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung
von Bauwerken dienen.

Bislang vertrat die Finanzverwaltung den Standpunkt,
dass die Installation einer Photovoltaikanlage keine Bauleistung im
gesetzlichen Sinne ist, sodass entsprechende Leistungen nicht der Bauabzugsteuer
unterlagen.

 

Neue Verfügung

Künftig stuft die Finanzverwaltung auch die Errichtung
von Photovoltaikanlagen als Bauleistung ein.

Ob und inwieweit eine von der Bauabzugsteuer erfasste
Bauleistung vorliegt, richtet sich nicht mehr danach, ob das fest in das
Gebäude eingebaute Wirtschaftsgut als Betriebsvorrichtung oder
Gebäudebestandteil anzusehen ist.

Die Installation einer Photovoltaikanlage an oder auf
einem Gebäude stellt eine Bauleistung dar.

Das Aufstellen einer Freilandphotovoltaikanlage kann
ebenfalls den Begriff der Bauleistung erfüllen.

 

Übergangsregelung

Die geänderte Verwaltungsauffassung muss in allen
offenen Fällen beachtet werden. Es gilt allerdings eine Übergangsregelung, nach
der Leistungsempfänger bis zum 31.12.2015 noch keine Bauabzugsteuer einbehalten
und keine Freistellungsbescheinigung vom leistenden Unternehmer anfordern
müssen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung – somit der
Zeitpunkt, zu dem die Gegenleistung beim Leistungsempfänger abfließt.

 

8. 
Keine
Nachzahlung, wenn Vermieter untätig bleibt

 

Um Einwendungen seines Mieters gegen eine
Betriebskostenabrechnung sollte sich der Vermieter möglichst schnell kümmern.
Lässt eine Antwort mehrere Jahre auf sich warten, kann dies die Verwirkung des
Nachzahlungsanspruchs zur Folge haben.

 

Hintergrund

Im November 2009 erteilte die Vermieterin die
Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008, mit einer Nachforderung von 1.200
EUR. Die Mieter zahlten einen Teilbetrag von 200 EUR unter Vorbehalt.

Im Januar und Februar 2010 die Mieter die Abrechnung
und bat um Klärung. Auf diese Schreiben meldete sich die Vermieterin nicht.

Im Dezember 2012 beantragte die Vermieterin wegen der
restlichen Nachzahlung einen Mahnbescheid. Hiergegen haben die Mieter Widerspruch
eingelegt mit der Begründung, dass der Anspruch auf die Nachzahlung verwirkt
sei, weil sich die Vermieterin auf ihre Schreiben fast 3 Jahre lang nicht
gemeldet habe.

 

Entscheidung

Vor dem Amtsgericht hatte der Vermieter das Nachsehen.
Es entschied, dass ein eventueller Nachzahlungsanspruch verwirkt ist.

Um Verwirkung annehmen zu können, müssen ein Zeit- und
ein Umstandsmoment erfüllt sein.

Das Zeitmoment ist gegeben, weil zwischen der
Abrechnung der Betriebskosten im November 2009 und dem Antrag auf Erlass eines
Mahnbescheides im Dezember 2012 über 3 Jahre vergangen sind. Ein Zeitraum von
über 3 Jahren reicht für die Annahme des erforderlichen Zeitmoments aus. Es
kommt allein auf den Zeitpunkt an, ab dem der Vermieter über die Betriebskosten
hätte abrechnen können, denn jedenfalls ab diesem Zeitpunkt hatte er die Möglichkeit,
sein Recht geltend zu machen.

Auch das Umstandsmoment ist erfüllt, denn die Mieter
durften aufgrund des Verhaltens der Vermieterin darauf vertrauen, nicht mehr in
Anspruch genommen zu werden. Die Vermieterin hat auf ihr Schreiben nicht mehr
reagiert. Durch ein solches passives Verhalten eines Vermieters darf beim
Mieter der Eindruck entstehen, dass der Vermieter die Forderung aus der
beanstandeten Abrechnung nicht weiterverfolgen wird.

 

9.  Makler muss
keine Angaben zum Energieausweis machen

 

Makler müssen in Immobilienanzeigen keine
Angaben zum Energieausweis machen. Diese Pflicht trifft nur den Verkäufer bzw.
Vermieter.

 

Hintergrund

Ein Immobilienmakler hatte in einer Zeitungsanzeige
eine Wohnung zur Vermietung angeboten. Die Anzeige enthielt keine Angaben zum
Energieausweis.

Ein Umwelt- und Verbraucherschutzverband hat den
Makler daraufhin wettbewerbsrechtlich abgemahnt. Die Begründung: Die Anzeige
beinhalte nicht sämtliche gesetzlich vorgegebenen Pflichtangaben. Der Makler
weigerte sich, die geforderte Unterlassungserklärung nebst Versprechen einer
Vertragsstrafe abzugeben.

 

Entscheidung

Das Landgericht gab dem Makler Recht, da dieser sich
nicht wettbewerbswidrig verhalten habe.

Die Verpflichtung, Pflichtangaben in
Immobilienanzeigen zu veröffentlichen, trifft den Verkäufer und den Vermieter.
Der Vermittlungs- oder Nachweismakler einer Immobilie ist nicht Adressat der
Verpflichtung und mithin auch nicht wettbewerbsrechtlicher
Unterlassungsschuldner. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der
Regelung sowie dem Wortlaut der Norm.

Der Verkäufer oder Vermieter ist verpflichtet, dem
potenziellen Käufer oder Mieter den Energieausweis vorzulegen, wenn ein solcher
vorhanden ist. Die Pflichtangaben des Energieausweises sind mittlerweile
bereits in der Immobilienanzeige zu machen und nicht erst im Zeitpunkt der
Besichtigung oder unverzüglich nach Vertragsschluss.

Der gesetzliche Wortlaut ist eindeutig. Die Grenze der
Auslegung ist der Wortlaut. Eine Ausdehnung der Pflicht zur Veröffentlichung
der Angaben des Energieausweises über den Wortlaut hinaus auf den Makler ist
methodisch nicht zulässig.

 

 

 

 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 
 

1. 
Altersversorgung:
Wechsel des Durchführungswegs ist Neuzusage

 

Wird ein Durchführungsweg bei der
Altersversorgung, z. B. eine Direktzusage, ruhend gestellt und dafür die Altersversorgung
durch eine rückgedeckte Unterstützungskasse zugesagt, stellt dies eine
Neuzusage dar. Zu beachten ist damit insbesondere der sog. Erdienenszeitraum.

 

Hintergrund

Der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer H
hatte von der H-GmbH seit 1996 Anspruch auf eine Altersversorgung. In 2008 wurde
die bisherige Versorgungszusage ruhend gestellt. An deren Stelle sollte die
überbetriebliche Versorgungskasse X treten. Zugleich war damit auch eine
Erhöhung der Altersversorgung verbunden. Das Finanzamt sah in dieser
rückgedeckten Unterstützungskasse eine Neuzusage und wertete den Vorgang als
verdeckte Gewinnausschüttung. Da H zum Zusagezeitpunkt 56 Jahre und 8 Monate
alt war, könne er den Anspruch nicht mehr erdienen.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Allerdings sieht
das Finanzgericht keine verdeckte Gewinnausschüttung. Es verneint einen
Betriebsausgabenabzug für die Zuwendungen an die Unterstützungskasse mangels
betrieblicher Veranlassung.

Durch den Wechsel des Durchführungsweges muss es möglich,
dass der Anspruch aus dieser (neuen) Altersversorgung auch erdient werden kann.
Das Finanzgericht geht von einem 10-jährigen Erdienenszeitraum als
Tatbestandsvoraussetzung aus und folgert, dass die fiktiv aus der Zusage zu
erbringenden Leistungen durch die Gesellschafterstellung des Zusageempfängers
veranlasst sind. Auch eine ansonsten angemessene Gesamtausstattung des
Gesellschafter-Geschäftsführers ändert nichts an den Rechtsfolgen eines nicht
eingehaltenen Erdienenszeitraums.

 

2. Zu Unrecht
gezahlte Vergütung: Haftung des GmbH-Geschäftsführers

 

Erhalten die Geschäftsführer einer GmbH
mehr als das vertraglich vereinbarte Geschäftsführergehalt ausgezahlt, kann die
GmbH die unrechtmäßigen Zahlungen zurück verlangen. Ein Mitgeschäftsführer
haftet dabei persönlich auch für die zu Unrecht abgeführten Gelder an den
anderen Geschäftsführer und muss sie der Gesellschaft erstatten.

 

Hintergrund

Die beiden Fremdgeschäftsführer einer GmbH hatten
wechselseitig die GmbH vertretend ihren Anstellungsvertrag ‘ergänzt‘ und ein
höheres Entgelt ‘vereinbart‘. In den Folgejahren zahlte die GmbH den beiden
Geschäftsführern auf dieser Grundlage unrechtmäßig überhöhte
Geschäftsführergehälter aus. Später wurde einer der beiden Geschäftsführer
abberufen und es wurde ihm die Entlastung erteilt. Erst anschließend wurde
klar, dass beide Geschäftsführer mehr erhalten hatten, als mit ihnen vereinbart
worden war. Daraufhin verklagte die GmbH beide Geschäftsführer auf Rückerstattung
und Schadensersatz.

 

Entscheidung

Der zuerst abberufene Geschäftsführer war fein raus,
denn ihm sei wirksam die Entlastung erteilt worden. Die GmbH hatte gegen ihn
deshalb keine Ansprüche auf Schadensersatz oder Rückgewähr des zu Unrecht
empfangenen Geldes. Die Gesellschaft verzichte mit der Entlastung auf
Ersatzansprüche für Fehlverhalten, das für die Gesellschafter bei
Beschlussfassung erkennbar sei. Vorliegend hatte Zugang zu allen Unterlagen
bestanden, die pflichtwidrigen Überzahlungen hätten erkannt werden können.

Den anderen Geschäftsführer dagegen verurteilte
Oberlandesgericht nicht nur zur Rückzahlung dessen, was er selbst zu Unrecht
vereinnahmt hatte, sondern darüber hinaus auch dazu, der Gesellschaft die an
den entlasteten Mitgeschäftsführer geleisteten Überzahlungen zu erstatten. Denn
bei pflichtgemäßem Handeln hätte er zumindest erkennen können, dass sein
Mitgeschäftsführer eine unrechtmäßigen Überzahlungen erhalten habe. Er wäre
daher verpflichtet gewesen einzuschreiten und die Zahlungen zu verhindern, etwa
durch eine Anweisung an die Buchhaltung.