Unternehmer und Freiberufler
1. 3-jährige Kündigungsfrist ist unangemessen
2. Verzug bei Entgeltzahlung: Arbeitgebern droht pauschaler Schadensersatz
3. Welche Bindungswirkung entfaltet eine Billigkeitsentscheidung?
4. Sanierungserlass darf nicht auf Altfälle angewendet werden
5. Ein Pokerspieler muss für seine Gewinne keine Umsatzsteuer zahlen
6. Ist Fruchtjoghurt noch ein landwirtschaftliches Erzeugnis?
7. Tod eines Gesellschafters: Was ist bei einer Grundbuchberichtigung zu beachten?
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Verkauf von Gesellschaftsanteilen: Wann liegt Gestaltungsmissbrauch vor?
2. Übertragung eines Zeitwertkonto-Guthabens auf einen neuen Arbeitgeber löst keine Lohnsteuer aus
3. Keine Haftung bei mehrstufiger Organschaft
4. Gesellschafter-Geschäftsführers in Pension: Wie ist eine Teilzeitbeschäftigung steuerlich zu werten?
5. Kündigung einzelner Gesellschafter: Formalitäten sind unbedingt einzuhalten

 

 

Unternehmer und Freiberufler

 

  1. 3-jährige Kündigungsfrist ist unangemessen

 Zwar können Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch eine Zusatzvereinbarung die Kündigungsfrist für beide Vertragsparteien verlängern. Dabei müssen jedoch die Grenzen beachtet werden, die das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) setzt.

 Hintergrund

Ein Spediteur vereinbarte mit einigen Arbeitnehmern, dass die Kündigungsfrist auf 3 Jahre verlängert wird. Im Gegenzug erhielten die Arbeitnehmer ein höheres Monatsgehalt.

Ein Speditionskaufmann fühlte sich durch eine installierte Überwachungssoftware derart kontrolliert, dass er dem Arbeitgeber im Dezember 2014 die Trennung zum 31.1.2015 mitteilte. Der Spediteur verwies auf die vereinbarte verlängerte Kündigungsfrist, also auf einen Austrittstermin zum 31.12.2017.

 Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht stellte sich auf die Seite des Arbeitnehmers und entschied, dass eine erhebliche Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfrist den Mitarbeiter unangemessen benachteiligt. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber sich selbst dieselbe verlängerte Kündigungsfrist auferlegt.

Die Zusatzvereinbarung widerspricht damit dem Grundsatz von Treu und Glauben und ist als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) unwirksam.

Zwar war für die Arbeitnehmerkündigung keine längere Frist vereinbart worden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Dennoch war die Zeitspanne von 3 Jahren wesentlich länger als die gesetzliche Regelfrist. Daher stellte die verlängerte Frist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls und unter Beachtung der Berufsfreiheit eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit dar. Die vorgesehene Gehaltserhöhung wog diesen Nachteil für den Arbeitnehmer nicht auf.

 

  1. Verzug bei Entgeltzahlung: Arbeitgebern droht pauschaler Schadensersatz

 Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Entgelt verspätet aus, wird ein pauschaler Schadensersatz von 40 EUR fällig.

 Hintergrund

Nach einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 2014 hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners neben dem Ersatz des durch den Verzug entstehenden konkreten Schadens zusätzlich Anspruch auf die Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 EUR.

Ob diese Regelung für ein Arbeitsverhältnis anzuwenden ist, wird kritisch gesehen. Denn die Pauschale ist auf den Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist. Im Arbeitsrecht gilt aber die Besonderheit, dass es in Urteilsverfahren erster Instanz keinen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gibt und es damit auch keinen Anspruch auf die 40-EUR-Pauschale gibt.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschied, dass es sich bei der 40-EUR-Pauschale um eine Erweiterung der gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins handelt und damit auch auf Arbeitsentgeltansprüche gezahlt werden muss.

Gerade wegen des Zwecks der gesetzlichen Regelung sahen die Richter keinen Anlass für eine Ausnahme der Pauschale im Arbeitsrecht. Die Erhöhung des Drucks auf den Schuldner, seine Zahlungen pünktlich und vollständig zu erbringen, spricht für eine Anwendbarkeit im Arbeitsverhältnis. Auch auf Arbeitgeber, die den Lohn unpünktlich oder unvollständig bezahlen, soll durch die Pauschale ein höherer Druck aufgebaut werden.

Zahlt also der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter den Arbeitslohn verspätet oder unvollständig, kann der Arbeitnehmer einen pauschalen Schadensersatz von 40 EUR geltend machen. Die Pauschale ist für jeden Monat neu zu zahlen.

 

  1. Welche Bindungswirkung entfaltet eine Billigkeitsentscheidung?

 Wird eine Billigkeitsmaßnahme im Rahmen der Gewinnfeststellung getroffen, wirkt diese auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags.

 Hintergrund

Die GbR unterhielt einen landwirtschaftlichen Betrieb und vermietete daneben landwirtschaftliche Maschinen. Den Gewinn aus der gesamten Tätigkeit ermittelte die GbR durch Betriebsvermögensvergleich. Dabei sah sie von der Aktivierung der auf den Feldern vorhandenen Pflanzenbestände (Feldinventar) ab.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die GbR aus der Maschinenvermietung gewerbliche Einkünfte bezogen hatte. Damit sind auch die landwirtschaftlichen Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Der GbR stand deshalb das Aktivierungswahlrecht für das Feldinventar nicht zu, sondern es musste gewinnwirksam aktiviert werden. Dementsprechend erließ das Finanzamt Gewinnfeststellungsbescheide und erstmalige Gewerbesteuer-Messbescheide. Nachdem sich die Klage gegen die Gewinnfeststellungsbescheide durch stattgebende Änderungsbescheide erledigt hatte, musste der Bundesfinanzhof nur noch über die vom Finanzgericht abgewiesene Klage gegen die Gewerbesteuer-Messbescheide entscheiden.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies den Fall an dieses zurück.

Durch konkludente, selbstständige Billigkeitsentscheidung im Gewinnfeststellungsverfahren wurde der GbR wirksam zugestanden, von der Aktivierung des Feldinventars abzusehen. Diese Billigkeitsmaßnahme, die im Rahmen der Gewinnfeststellung getroffen wurde, entfaltete eine Wirkung auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags.

Die Billigkeitsentscheidung im vorliegenden Fall führt zu einer Verschiebung in eine zurückliegende oder spätere Periode. Die Besteuerungsgrundlagen bleiben daher nicht dauerhaft unberücksichtigt. Die Verschiebung hat nur stundungsähnlichen Charakter. Mit dem Aktivierungswahlrecht für das Feldinventar wird also die Möglichkeit eingeräumt, die Gewinnermittlung insoweit nicht nach dem Betriebsvermögensvergleich, sondern nach der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu ermitteln. Der Totalgewinn wird dadurch nicht beeinflusst. Die Besteuerungsfolgen werden lediglich in einen anderen Besteuerungszeitraum verschoben.

Diese Billigkeitsmaßnahme wirkt auch für den Gewerbeertrag.

 

 

  1. Sanierungserlass darf nicht auf Altfälle angewendet werden

 Der eigentlich von der Finanzverwaltung vorgesehenen Anwendung des Sanierungserlasses auf Altfälle hat der Bundesfinanzhof eine Absage erteilt. Denn dies ist nicht mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung vereinbar.

 Hintergrund

Die X-GmbH hatte erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gesellschaftern. 2004 erwarben 2 Mitarbeiter der GmbH sämtliche Geschäftsanteile für 1 EUR. Zuvor hatten die Gesellschafter auf den wesentlichen Teil ihrer Forderungen verzichtet. Im Jahr 2005 wurden weitere Verbindlichkeiten erlassen.

Die GmbH erfasste die Forderungsverzichte als außerordentliche Erträge und beantragte den Erlass der auf den Verzichten beruhenden Körperschaftsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen unter Hinweis auf den Sanierungserlass. Das Finanzamt lehnte dies ab, da es an der Sanierungsabsicht fehlte. Vielmehr waren die Verzichte in erster Linie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen.

Der Große Senat hatte in einem Grundsatzverfahren zur Wirkung des Sanierungserlasses entschieden, dass der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Daraufhin ordnete das Bundesfinanzministerium an, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes in Fällen, in denen der Forderungsverzicht bis zum 8.2.2017 endgültig vollzogen wurde, der Sanierungserlass weiterhin uneingeschränkt anzuwenden ist. Darauf berief sich die GmbH.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass auch das Übergangsschreiben des Bundesfinanzministeriums gegen den Gesetzmäßigkeitsgrundsatz verstößt. Zwar kann die Finanzverwaltung, Übergangs- und Anpassungsregelungen erlassen oder entsprechende Einzelmaßnahmen treffen, um den Steuerpflichtigen im Hinblick auf seine im Vertrauen auf die bisherige Rechtslage getroffenen Dispositionen nicht zu enttäuschen. Das gilt auch dann, wenn sich die bisherige Rechtsprechung verschärft oder eine höchstrichterliche Entscheidung von einer bisher allgemein geübten Verwaltungsauffassung abweicht. Ein derartiges geschütztes Vertrauen bestand jedoch im Fall des Sanierungserlasses nicht.

Denn dessen Gesetzmäßigkeit wurde in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und im Schrifttum schon frühzeitig infrage gestellt. Deshalb ist eine Übergangsregelung durch die Verwaltung durch Anordnung der Fortgeltung des Sanierungserlasses für alle Altfälle ausgeschlossen. Denn es trifft nicht zu, dass in jedem der Altfälle das Vertrauen auf die steuerliche Begünstigung des Sanierungsgewinns ursächlich für die jeweiligen Forderungsverzichte der Gläubiger war und dass alle Gläubiger bei Kenntnis des Fehlens einer Steuerbegünstigung von ihren Forderungserlassen abgesehen hätten.

 

  1. Ein Pokerspieler muss für seine Gewinne keine Umsatzsteuer zahlen

 

Eine Leistung im Rahmen eines Leistungsaustauschs ist umsatzsteuerpflichtig. Eine solche liegt jedoch nicht vor, wenn ein Berufspokerspieler bei einer erfolgreichen Teilnahme am Spiel Preisgelder oder Spielgewinne erhält.

 Hintergrund

Der Kläger nahm an Pokerturnieren, Cash-Games und Internet-Pokerveranstaltungen teil. Das Finanzamt ging davon aus, dass der Kläger Unternehmer war und setzte Umsatzsteuer fest. Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Der Kläger war nach Ansicht der Richter mit Einnahmeerzielungsabsicht und daher unternehmerisch tätig gewesen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof verneint dagegen eine unternehmerische Tätigkeit des Klägers. Denn zwischen der Teilnahme an den Turnieren und den erhaltenen Preisgeldern und Spielgewinnen bestand kein unmittelbarer Zusammenhang.

Ein Umsatz gegen Entgelt setzt vielmehr einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistung und einer tatsächlich empfangenen Gegenleistung voraus. Zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger muss ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Die empfangene Vergütung bildet den tatsächlichen Gegenwert der Dienstleistung. Die Teilnahme an einem Wettbewerb stellt keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung dar, wenn für die Teilnahme kein Antrittsgeld und keine andere unmittelbare Vergütung gezahlt werden und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten. Die Ungewissheit einer Zahlung hebt den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Dienstleistung und der Zahlung auf.

Deshalb erbrachte auch der Kläger keine Leistungen gegen Entgelt. Denn das mögliche Entgelt hing von seinem Erfolg bei den Turnieren ab – der jedoch ungewiss war.

 

  1. Ist Fruchtjoghurt noch ein landwirtschaftliches Erzeugnis?

 Stellt ein Landwirt Joghurt her und kauft er einen Fruchtanteil zu, gehört dies noch zur landwirtschaftlichen Tätigkeit. Das gilt zumindest bei einem Fruchtanteil von 14 %.

 Hintergrund

Die Klägerin betreibt Landwirtschaft mit Milcherzeugung und Milchverarbeitung. Von den jährlich rund 650.000 Litern Milch gingen rund 10.000 Liter in die Joghurt-Produktion. Für die Herstellung von Fruchtjoghurt fügte die Klägerin eingekaufte Fruchtmischungen zu.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Fruchtjoghurt als Erzeugnis der zweiten Verarbeitungsstufe anzusehen ist. Deshalb lag kein landwirtschaftliches Erzeugnis vor. Dementsprechend unterwarf das Finanzamt diese Umsätze der Regelbesteuerung mit 7 %. Die Klägerin begehrte dagegen die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung.

 Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Der Verkauf von Joghurt, der aus eigener Hofmilch hergestellt wird, ist als Umsatz zu beurteilen, auf den die Durchschnittssatzbesteuerung angewendet werden kann. Das gilt auch bei einem zugekauften Fruchtanteil von 14 %. Nach Ansicht des Finanzgerichts sind auch Verarbeitungstätigkeiten begünstigt, die ein Landwirt bei im Wesentlichen aus seiner landwirtschaftlichen Produktion stammenden Erzeugnissen mit Mitteln ausübt, die normalerweise in land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.

Entscheidend ist der Charakter des durch die Verarbeitung entstandenen Produkts. Die Herstellung von Hofmilch durch Erhitzung auf 72° Celsius (Pasteurisierung) hat wohl unstreitig landwirtschaftlichen Charakter. Die Herstellung von Naturjoghurt unterscheidet sich dem Grunde nach davon nicht wesentlich. Durch das bloße Zufügen der Bakterienkulturen und das anschließende Zuwarten bis zur Produktreife verliert das ursprüngliche Erzeugnis nach Ansicht des Finanzgerichts nicht seinen landwirtschaftlichen Charakter.

Die bloße händische Vermischung des Naturjoghurts mit dem zugekauften Fruchtanteil führt zu keiner anderen Beurteilung, zumal der beigefügte Fruchtanteil von 14 % sich noch innerhalb der Nichtbeanstandungsgrenze der Finanzverwaltung bewegt.

 

  1. Tod eines Gesellschafters: Was ist bei einer Grundbuchberichtigung zu beachten?

 

Ist eine GbR im Grundbuch eingetragen und verstirbt ein Gesellschafter, ist nicht dessen Erbe, sondern der Rechtsnachfolger zur Grundbuchberichtigung berechtigt. Als Nachweis für diese Berechtigung muss dem Grundbuchamt jedoch der Gesellschaftsvertrag der GbR vorgelegt werden.

 Hintergrund

Eine GbR bestand aus 2 Gesellschaftern. Sie war Eigentümerin eines Grundstücks und als solche in das Grundbuch eingetragen. Nachdem einer der Gesellschafter verstorben war, beantragte der verbleibende Gesellschafter als Alleinerbe mit beglaubigter Urkunde die Grundbuchberichtigung. Diese sollte dahingehend erfolgen, dass die GbR durch den Tod des anderen Gesellschafters beendet und das Eigentum am Grundstück auf ihn, den verbleibenden Gesellschafter, übergegangen war. Als Nachweis legte er eine Ausfertigung des Erbscheins vor. Das Grundbuchamt verweigerte die Grundbuchberichtigung, da der Gesellschaftsvertrag der GbR nicht eingereicht worden war.

 Entscheidung

Die Beschwerde des Gesellschafters hatte keinen Erfolg. Denn das Oberlandesgericht entschied, dass zwar beim Tod eines GbR-Gesellschafters dessen Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil zur Bewilligung der Grundbuchberichtigung berechtigt ist und nicht dessen Erbe. Diese Berechtigung zur Grundbuchberichtigung ist Teil der unmittelbaren Rechtsnachfolge in den GbR-Anteil. Die Vorlage eines Erbscheins genügt deshalb nicht als Nachweis der Bewilligungsberichtigung. Vielmehr ist erforderlich, dass auch der Gesellschaftsvertrag der GbR dem Grundbuchamt vorgelegt wird. Denn erst dadurch ergibt sich, auf wen die Bewilligungsberichtigung des verstorbenen Gesellschafters übergegangen ist. Schließlich kann der Gesellschaftsvertrag den Erben von der Nachfolge in den GbR-Anteil ausschließen.

Ohne Gesellschaftsvertrag kann also bei einer Personengesellschaft die Rechtsnachfolge auf den Todesfall nicht bestimmt werden. Diese geht nicht allein aus dem Erbschein hervor, der nur die erbrechtliche, nicht jedoch die gesellschaftsrechtliche Seite abbildet.

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 

  1. Verkauf von Gesellschaftsanteilen: Wann liegt Gestaltungsmissbrauch vor?

 Existiert eine typisierende spezielle Missbrauchsregelung, kommt normalerweise die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO nicht zur Anwendung. Eine Ausnahme besteht aber dann, wenn die Spezialvorschrift ihrerseits missbraucht wird.

 Hintergrund

Der Übernahme der D-GmbH und dem damit zusammenhängenden Erwerb von Gesellschaftsanteilen lag ein sehr umfangreiches Regel- und Vertragswerk zugrunde. Dadurch war es gelungen, dass faktisch eine nur mit 5 % zu besteuernde Dividende vereinnahmt wurde. Das Finanzamt ging jedoch von einem höheren Kaufpreis für die GmbH-Anteile aus. Die vorgenommenen Gestaltungen waren seiner Ansicht nach nur erfolgt, um den Kaufpreis in steuerlicher Hinsicht zu minimieren. Dies war als Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO steuerlich nicht anzuerkennen. Die Klägerin geht dagegen von notwendigen und angemessenen Umstrukturierungsmaßnahmen aus.

 Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Selbst wenn eine typisierende Missbrauchsregelung vorliegt, kann ausnahmsweise die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO angewendet werden – und zwar, wenn die Spezialvorschrift ihrerseits missbraucht wird. § 42 AO enthält keinen normativen Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit. Die Angemessenheit ist stattdessen dem umgangenen Gesetz und den speziellen Missbrauchsvorschriften zu entnehmen.

Nach Ansicht der Finanzrichter dienten die rechtlichen Gestaltungen im vorliegenden Fall gezielt dazu, die Spezialvorschriften zu umgehen und ihre Wirkung zu minimieren. Somit führt die Anwendung des § 42 AO nicht zu einer Erweiterung der Rechtsfolge. Die gewählte rechtliche Gestaltung, den Kaufpreis für den Anteilserwerb zu entrichten, diente erkennbar keinem wirtschaftlichen Zweck.

 

  1. Übertragung eines Zeitwertkonto-Guthabens auf einen neuen Arbeitgeber löst keine Lohnsteuer aus

 Wird ein Zeitwertkonto-Guthaben eines Geschäftsführers bei einem Wechsel des Arbeitgebers übertragen, liegt kein Zufluss von Arbeitslohn vor.

 Hintergrund

Ein Geschäftsführer schloss mit seiner GmbH im Jahr 2005 eine Vereinbarung zur Einführung eines Zeitwertkontos. So konnten Teile seines Bruttogehalts angespart werden, um ihm später die vorzeitige Freistellung von der Arbeitsleistung zu ermöglichen. Zur Absicherung des Kontos schloss der Arbeitgeber einen Vertrag über die Zeitkontenrückdeckung mit Garantie (Zeitarbeitskonto) bei einer Lebensversicherung ab. Eine Auszahlung vom Zeitarbeitszeitkonto konnte nur durch Antrag des Geschäftsführers bei seinem Arbeitgeber und dessen Abruf bei der Lebensversicherung erfolgen. Nachdem die GmbH dem Geschäftsführer im Jahr 2014 gekündigt hatte, übertrug sie das angesammelte Guthaben des Zeitwertkontos von 39.000 EUR auf den neuen Arbeitgeber. Das Finanzamt forderte Einkommensteuer nach, da es die Übertragung als steuerpflichtigen Arbeitslohn wertete.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied jedoch, dass es durch die Übertragung des Guthabens nicht zu einem Lohnzufluss gekommen ist. Denn der Geschäftsführer hatte das Recht, sein Guthaben bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber übertragen zu lassen. Diese Übertragung ist nicht steuerbar, da der neue Arbeitgeber nur an die Stelle des alten Arbeitgebers getreten ist und dessen Verpflichtungen aus dem Wertguthaben im Wege der Schuldübernahme übernommen hat. Ein Zufluss von Arbeitslohn findet erst statt, wenn der Arbeitnehmer wirtschaftlich über die Einnahme verfügen kann. Einen Anspruch auf Auszahlung hatte der Geschäftsführer jedoch erst in der späteren Freistellungsphase. Infolgedessen musste die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto nicht versteuert werden.

 

  1. Keine Haftung bei mehrstufiger Organschaft

 Bei einer mittelbaren Organschaft, z. B. im Verhältnis der Enkelgesellschaft zur Muttergesellschaft, greift die Haftung für eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft nicht.

 Hintergrund

Die A-GmbH (Enkelgesellschaft) war Organgesellschaft der D-AG (Tochtergesellschaft). Diese war wiederum Organgesellschaft der E-AG (Muttergesellschaft). Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der E-AG eröffnet worden war, nahm das Finanzamt die A-GmbH für einen Teil der rückständigen Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag der E-AG in Anspruch. Den Haftungsanteil der A-GmbH bestimmte das Finanzamt nach dem Anteil des Einkommens der A-GmbH an der Summe aller positiven Organeinkommen bei der E-AG.

Das Finanzgericht bejahte die Haftung auch bei einem mittelbaren Organschaftsverhältnis (Enkel – Mutter). Es entschied, dass die Organgesellschaft außerdem grundsätzlich nicht nur für die in ihrem eigenen Betrieb verursachten Steuern, sondern für die gesamten vom Organträger geschuldeten Steuern haftet.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof lehnte eine Haftung dagegen ab. Die Möglichkeit des haftungsrechtlichen Zugriffs auf das Vermögen der Organgesellschaft soll Steuerausfälle bei Zahlungsunfähigkeit des Organträgers vermeiden, die durch Vermögensverlagerungen innerhalb des Organkreises entstehen könnten. Nach dem Gesetzeswortlaut betrifft die Haftung der Organgesellschaft die Steuern des Organträgers, für die “die Organschaft zwischen ihnen” von Bedeutung ist. Die Haftung beschränkt sich also auf den durch das konkrete Organschaftsverhältnis bestimmten Organträger und die gegen ihn gerichteten Steueransprüche.

Im Streitfall waren diese Voraussetzungen nicht gegeben. Denn zwischen der A-GmbH und der E-AG bestand kein unmittelbarer Ergebnisabführungsvertrag. Die Haftung bezieht sich auf die Steuerschuldnerschaft, die personell an den Organträger geknüpft ist.

 

  1. Gesellschafter-Geschäftsführer in Pension: Wie ist eine Teilzeitbeschäftigung steuerlich zu werten?

 Wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der schon seine Pension erhält, eine Teilzeitbeschäftigung ausübt, führt dies lediglich zu einer teilweisen verdeckten Gewinnausschüttung.

 Hintergrund

Eine GmbH hatte ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Versorgungszusage erteilt, die 2007 deutlich erhöht wurde. Der Geschäftsführervertrag wurde im September 2009 mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Geschäftsführers aufgehoben. Die Versorgungszusage blieb davon jedoch unberührt. Es wurde ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen, wonach der Geschäftsführer neben den laufenden Pensionszahlungen eine monatliche Vergütung i. H. v. 1.500 EUR bei variabler Arbeitszeit erhielt. Das Finanzamt kürzte die Pensionsrückstellungen und setzte eine verdeckte Gewinnausschüttung an.

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht hatte die Klage der GmbH nur teilweise Erfolg. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hatte die Pension mit Vollendung seines 65. Lebensjahres erdient. Der neue Anstellungsvertrag mit reduzierten Bezügen war grundsätzlich unschädlich, da es sich um eine eigenständige Neuregelung des Dienstverhältnisses handelte. Wegen dieser Zäsur zwischen Alt- und Neuvertrag war der Pensionsanspruch nicht auf 75 % der Teilzeitvergütung zu begrenzen. Im Ergebnis war also die vom Finanzamt vorgenommene Kürzung der Pensionsrückstellung nicht zutreffend.

Allerdings bejahte das Finanzgericht eine verdeckte Gewinnausschüttung. Denn die Erhöhung der Versorgungsquote von 39,06 % auf 44,20 % des monatlichen Festgehalts ca. 22 Monate vor dem Pensionsbeginn hält einem Fremdvergleich nicht stand. Die Erhöhung war nicht mehr erdienbar, weil zwischen den beiden Zeitpunkten nicht mindestens 10 Jahre lagen.

 

  1. Kündigung einzelner Gesellschafter: Formalitäten sind unbedingt einzuhalten

 Ohne abweichende Vereinbarung genügt für den Zugang einer Kündigung grundsätzlich die Benachrichtigung eines anderen Gesellschafters. Von dieser Grundregel dürfen die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag abweichen, sodass die Regelung zulässig ist, dass die Kündigung der Gesellschaft und allen Gesellschaftern zugehen muss.

 Hintergrund

Die Parteien betrieben eine Partnerschaftsgesellschaft von Patentanwälten mit 3 Standorten. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass eine Kündigung schriftlich gegenüber der Gesellschaft und den anderen Partnern zu erklären ist. Die Beklagten übersandten an 2 der 6 Gesellschafter ein “Anfechtungs- und vorsorgliches Kündigungsschreiben”. Dieses war mit dem Angebot eines geänderten Innengesellschaftsvertrags zum Standort M verbunden.

Das Landgericht hielt die Anfechtung für unwirksam, die außerordentliche Kündigung aber für wirksam. Zwar war die Kündigung nicht gegenüber allen Partnern ausgesprochen worden, jedoch hatten alle Partner an diesem Tag von der Kündigungserklärung Kenntnis erlangt.

Entscheidung

Das Oberlandesgericht hat dagegen die Kündigung für unwirksam erklärt. Zur Begründung führen die Richter aus: Zum einen war die Kündigung nicht an die Gesellschaft, sondern nur an einzelne Gesellschafter gerichtet. Zum anderen gab es eine eindeutige abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag.

Darüber hinaus ging das Gericht davon aus, dass die Erklärung nicht als Kündigung der Gesellschaft auszulegen, sondern nur als Kündigung eines Standorts anzusehen war. Eine Annahme der Kündigung durch die übrigen Gesellschafter war also gar nicht möglich.