Mandantenbrief Steuern Unternehmer August 2016

 

Unternehmer
und Freiberufler

1.

Hygienekleidung: Wer muss die
Reinigung bezahlen?

2.

Umsatzsteuer: Welcher Steuersatz
gilt für das Parken auf einem Hotelparkplatz?

3.

Arbeitszimmer: Sind die Kosten
gemischt genutzter Nebenräume absetzbar?

4.

Arbeitszimmer: Ein Regal macht
aus einem Raum keine zwei Räume

5.

Schuldzinsen nach
Immobilienverkauf: Wann ist ein Abzug als Werbungskosten möglich?

6.

Kalender mit Firmenlogo:
Beachten Sie die besonderen Aufzeichnungspflichten für Geschenke

7.

Gewinnerzielungsabsicht kann
auch beim Wandern vorliegen

8.

Wann gehört die Umkleidezeit zur
Arbeitszeit?

9.

Darf sich ein Anwalt auf das
o.k. seines Faxgeräts verlassen?

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1.

Organschaft: Finanzamt darf
doppelte Gebühr für verbindliche Auskunft verlangen

2.

Sonderbetriebsausgaben: Darf der
Abzug durch eine Bilanzberichtigung nachgeholt werden?

 

 Unternehmer und Freiberufler

 

1.    
Hygienekleidung:
Wer muss die Reinigung bezahlen?

 

Wer Lebensmittel verarbeitet, muss den
gesetzlichen Vorschriften entsprechende Hygienekleidung anziehen. Die Kosten
dafür hat der Arbeitgeber zu tragen. Das Gleiche gilt für die Reinigungskosten
dieser Kleidung.

 

Hintergrund

Der
Arbeitgeber, ein Schlachthof, hatte einem Arbeitnehmer, der im Bereich der
Schlachtung beschäftigt ist, weiße Hygienekleidung für seine Tätigkeit zur
Verfügung gestellt. Für die Reinigung dieser Kleidung behielt der Arbeitgeber
monatlich 10,23 EUR ein. Vor dem Arbeitsgericht wehrte sich der Arbeitnehmer
gegen diesen Abzug und verlangte die Auszahlung der bereits einbehaltenen
Beträge i. H. v. 388,74 EUR.

Sowohl
in der ersten als auch in der zweiten Instanz war der Arbeitnehmer mit seiner
Klage erfolgreich.

 

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht entschied ebenfalls zugunsten
des Arbeitnehmers. Nach Ansicht der Richter ist der Mitarbeiter im vorliegenden
Fall nicht verpflichtet, die Reinigungskosten der Hygienekleidung zu übernehmen
oder diese dem Arbeitgeber zu erstatten. Vielmehr sind die Kosten von
demjenigen zu tragen, in dessen Interesse das Geschäft oder die Handlung
vorgenommen wurde. Hier hatte der Arbeitgeber die Aufwendungen der Reinigung
allein im eigenen Interesse getätigt und nicht im Interesse des Mitarbeiters.

Denn nach den lebensmittelrechtlichen Vorschriften war
er als Schlachthofbetrieb dazu verpflichtet, seine Arbeitnehmer mit
Hygienekleidung auszustatten. Diese Kleidung muss hell, leicht waschbar und
sauber sein und die persönliche Kleidung vollständig bedecken. Deshalb war der
Arbeitgeber auch verpflichtet, die Kosten der Reinigung zu tragen. Vom Lohn
durften die Reinigungskosten also nicht abgezogen werden.

 

2.   Umsatzsteuer:
Welcher Steuersatz gilt für das Parken auf einem Hotelparkplatz?

 

Stellt ein Hotel für seine Gäste
Parkplätze zur Verfügung, unterliegt dies dem Regelsteuersatz. Das gilt auch
dann, wenn für das Parken kein besonderes Entgelt berechnet wird.

 

Hintergrund

Für die Gäste eines Hotels mit Restaurant und
Wellnessbereichen standen 150 Parkplätze zur Verfügung. Die mit einem Pkw
angereisten Hotelgäste durften freie Parkplätze belegen. Eine Vereinbarung mit
dem Betreiber des Hotels A mussten die Gäste nicht treffen. A prüfte auch
nicht, ob ein Gast einen hoteleigenen Parkplatz nutzte oder woanders parkte.
Deshalb stellte A kein Entgelt für die Parkplatznutzung in Rechnung.

In der Umsatzsteuererklärung setzte A für die Umsätze
aus Beherbergungsleistungen den ermäßigten Steuersatz an, für Frühstück und
Nutzung der Fitnesseinrichtungen den Regelsteuersatz. Für die Nutzung der
Parkplätze nahm A keine Abgrenzung vor. Dagegen unterwarf das Finanzamt die
Einräumung von Parkmöglichkeiten dem Regelsteuersatz und schätzte die Kosten
auf 1,50 EUR pro Übernachtungsgast.

Vor dem Finanzgericht hatte A mit seiner Klage Erfolg.

 

Entscheidung

Schlechter lief es für A vor dem Bundesfinanzhof: Er
hob nämlich das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache an dieses
zurück. Zur Begründung führten die Richter aus: Der ermäßigte Steuersatz kann
nur für reine Vermietungs- bzw. Beherbergungsleistungen gewährt werden. Die
gesetzliche Regelung schließt Nebenleistungen zur Vermietung, die nicht
unmittelbar der Vermietung dienen, von der Steuerermäßigung aus.

Die Einräumung von Parkmöglichkeiten für Hotelgäste
dient – anders als das Finanzgericht entschieden hatte – nicht unmittelbar der
Beherbergung, sondern der Verwahrung eines vom Hotelgast mitgeführten
Fahrzeugs. Diese Leistung ist deshalb von der Steuerermäßigung ausgenommen.
Neben der Vermietung stehende Leistungen unterfallen selbst dann nicht dem
ermäßigten Steuersatz, wenn sie direkt im Zimmer erfolgen (z. B. Telefon- und
Internetnutzung). Das gilt unabhängig davon, ob sie gesondert abgerechnet
werden. Für die Einräumung einer Parkmöglichkeit, die keinen konkreten
räumlichen Bezug zu der Nutzung des Zimmers aufweist, gilt das erst recht.

Das Finanzgericht muss nun prüfen, ob das Finanzamt
die Kosten zutreffend geschätzt hat.

 

3. Arbeitszimmer:
Sind die Kosten gemischt genutzter Nebenräume absetzbar?

 

Küche, Bad und Flur werden normalerweise
fast ausschließlich privat genutzt. Deshalb können die Aufwendungen für diese
Räume steuerlich nicht als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten geltend gemacht
werden. Das gilt auch dann, wenn ein berücksichtigungsfähiges Arbeitszimmer
vorhanden ist.

 

Hintergrund

Die
Klägerin A ist als selbstständige Lebensberaterin gewerblich tätig. Ihre
Tätigkeit übt sie ausschließlich in einem Zimmer ihrer Mietwohnung aus. Deshalb
erkannte das Finanzamt die Kosten für dieses Zimmer als Betriebsausgaben an.
Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für die Küche, das Bad und
den Flur berücksichtigte das Finanzamt jedoch nicht.

Vor
dem Finanzgericht hatte die Klage der A keinen Erfolg. Denn nach Ansicht der
Richter handelt es sich bei diesen Nebenräumen nicht um Arbeitszimmer. Zudem
fehlt es an einem verlässlichen Aufteilungsmaßstab.

 

Entscheidung

Auch
der Bundesfinanzhof lehnt eine Berücksichtigung der anteiligen Kosten für
Küche, Bad und Flur ab. Denn A nutzt diese Räume zu einem erheblichen Teil
privat. Ob ein Zimmer fast ausschließlich beruflich genutzt wird, ist für jeden
abgeschlossenen Raum individuell zu entscheiden.

Würde
man im vorliegenden Fall die Nebenräume in die einheitliche Betrachtung mit
einbeziehen, wäre das nach Ansicht des Bundesfinanzhofs für A sogar von
Nachteil. Denn dann würde das Arbeitszimmer mit den Nebenräumen als
einheitlicher Raumkomplex angesehen werden und die erhebliche private
Mitnutzung der Nebenräume dazu führen, dass A unter dem Strich überhaupt keine
Arbeitszimmerkosten abziehen könnte.

 

4. 
Arbeitszimmer:
Ein Regal macht aus einem Raum keine zwei Räume

 

Ein Raum kann nur dann steuerlich als
Arbeitszimmer geltend gemacht werden, wenn er nahezu ausschließlich beruflich
genutzt wird. Eine Arbeitsecke, die durch ein Regal vom übrigen privat
genutzten Raum abgetrennt ist, wird deshalb nicht anerkannt.

 

Hintergrund

A
erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er hatte ein Einfamilienhaus angemietet
und nutzte davon einen Teil als Gewerbefläche und einen Teil zu privaten
Zwecken. In einem der gewerblich angemieteten Räume erledigte er die
Büroangelegenheiten seines Gewerbebetriebs. Dieser Raum war zum Teil mit einem
Schreibtisch und Büroregalen ausgestattet und zum Teil mit einem Sofa, einem Couchtisch,
einem Esstisch mit Stühlen und einem Fernseher. Die Abtrennung der beiden
Bereiche erfolgte durch ein Regal. Das Finanzamt verweigerte A die Anerkennung
von Arbeitszimmerkosten und erkannte sie auch nicht anteilig an.

Dagegen
gewährte das Finanzgericht dem A einen hälftigen Abzug der Raumkosten, begrenzt
auf den Höchstbetrag von 1.250 EUR.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof erteilte der teilweisen Anerkennung eines gemischt genutzten
Raums eine Absage. Dient ein Raum sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch
zu privaten Zwecken, sind die Aufwendungen insgesamt nicht abziehbar, wenn die
private Nutzung einen nicht nur untergeordneten Umfang hat. Das gilt auch für
Zimmer, die durch eine räumliche Aufteilung mit einer Arbeitsecke beruflich
genutzt werden. Die Abtrennung durch ein Regal genügt im vorliegenden Fall
nicht, um aus dem einheitlichen Raum 2 Räume zu machen.

 

5.  Schuldzinsen
nach Immobilienverkauf: Wann ist ein Abzug als Werbungskosten möglich?

 

Wird eine Immobilie verkauft, sind die
Schuldzinsen nur dann weiterhin abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften
aus Vermietung und Verpachtung, wenn mit dem Verkaufserlös z. B. Schulden
getilgt werden. Die Schuldzinsen werden dagegen nicht mehr berücksichtigt, wenn
der Steuerpflichtige den Verkaufserlös festverzinslich anlegt, um eine
Vorfälligkeitsentschädigung zu vermeiden.

 

Hintergrund

Der
Kläger verkaufte eine Immobilie, die er bei der Anschaffung fremdfinanziert
hatte. Den Verkaufserlös verwendete er jedoch nicht zur Tilgung des
Anschaffungskredits. Denn aufgrund der noch längerfristigen Zinsbindung hätte
er eine Vorfälligkeitsentschädigung in erheblichem Umfang zahlen müssen. Der
Kläger legte den Erlös deshalb im Wesentlichen zinsbringend an.

Da
der Verkaufserlös nicht zur Schuldentilgung eingesetzt worden war, lehnte das
Finanzamt den Abzug der weiterhin gezahlten Schuldzinsen als nachträgliche
Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung ab.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts
und wies die Klage ab.

Schuldzinsen können zwar auch nach einer Veräußerung
der Immobilie grundsätzlich weiter steuerlich berücksichtigt werden. Das hängt
jedoch davon ab, wie der Veräußerungserlös verwendet wird.

Wird damit eine neue Einkunftsquelle angeschafft,
können die Schuldzinsen aus dem nicht abgelösten Darlehen grundsätzlich
Werbungskosten/Betriebsausgaben bei der neu erworbenen Einkunftsquelle sein.

Wird der Erlös nicht in eine neue Einkunftsquelle
investiert, muss der Verkaufserlös vorrangig zur Schuldentilgung verwendet
werden. Zinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den
Verkaufserlös hätten getilgt werden können, sind deshalb nicht mehr
abzugsfähig.

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger zwar den
Verkaufserlös für den Erwerb einer anderen Einkunftsquelle eingesetzt. Doch der
Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen scheiterte daran, dass der Kläger keine
Einkünfteerzielungsabsicht hatte.

 

6.  
Kalender mit
Firmenlogo: Beachten Sie die besonderen Aufzeichnungspflichten für Geschenke

 

Kalender mit Firmenlogo, die z. B. an
Kunden und Geschäftspartner unentgeltlich abgegeben werden, sind Geschenke. Und
diese sind nur dann als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn sie einzeln und
getrennt von den übrigen Betriebsausgaben aufgezeichnet werden.

 

Hintergrund

Die
Klägerin ließ Kalender mit Firmenlogo und Grußwort der Geschäftsführung
herstellen. Diese verteilte sie z. B. auf Messen an Kunden, Geschäftspartner
und andere Personen und versandte sie zur Weihnachtszeit mit einer Grußkarte.
Pro Kalender betrugen die Herstellungskosten weniger als 40 EUR, die die
Klägerin als Betriebsausgaben geltend machte. Das Finanzamt lehnte jedoch den
Abzug als Betriebsausgaben ab.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht schloss sich dieser Auffassung des
Finanzamts an und gewährte ebenfalls keinen Betriebsausgabenabzug für die
Kalender.

Nach Ansicht der Richter handelte es sich bei den
Kalendern steuerlich um Geschenke, da die Klägerin diese unentgeltlich
verteilte. Aufwendungen für Geschenke sind zwar steuerlich abzugsfähig, wenn
die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr
zugewendeten Gegenstände insgesamt 40 EUR nicht übersteigen. Voraussetzung für
den Abzug ist aber, dass die Aufwendungen hierfür einzeln und getrennt von den
sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet werden. Diese besonderen
Aufzeichnungspflichten hatte die Klägerin nicht erfüllt, da sie die Kosten für
die Kalender nicht auf einem besonderen Konto innerhalb der kaufmännischen
Buchführung verbucht hat.

 

7. 
Gewinnerzielungsabsicht
kann auch beim Wandern vorliegen

 

Wer ein Buch schreibt, übt eine
schriftstellerische Tätigkeit aus. Deshalb können die Aufwendungen für das Buch
sowie die Werbemaßnahmen hierfür Betriebsausgaben sein. Dass zu Beginn der
Tätigkeit Verluste entstehen und das Buch von Wanderungen handelt, die der
Autor durchgeführt hat, steht einer Gewinnerzielungsabsicht nicht entgegen.

 

Hintergrund

Der
Kläger machte in seiner Steuererklärung u. a. Kosten für die Veröffentlichung
eines Buchs als Betriebsausgaben einer selbstständigen, schriftstellerischen
Tätigkeit geltend. In seinem Buch beschreibt der Kläger von ihm durchgeführte
Wanderungen und bietet auch Karten und Höhenprofile an. Auf einer CD gibt es
noch weitere Informationen rund um die Wanderungen. Mit einem Verlag schloss
der Kläger einen Vertrag zum Vertrieb des Buchs, einen Gewinn konnte er mit 800
verkauften Exemplaren in 3 Jahren aber nicht erzielen.

Den
geltend gemachten Verlust erkannte das Finanzamt wegen fehlender
Gewinnerzielungsabsicht nicht an.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht bejahte jedoch die
Gewinnerzielungsabsicht beim Kläger und berücksichtigte die Aufwendungen für
die Veröffentlichung als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus
selbstständiger, schriftstellerischer Tätigkeit.

Entscheidend war nach Ansicht der Richter das
Verhalten des Klägers. Zum einen hatte er sich mit dem bestehenden Markt der
angebotenen Wanderliteratur auseinandergesetzt und sein Buch entsprechend
gestaltet, um dessen Attraktivität zu erhöhen.

Zum anderen veröffentlichte der Kläger sein Buch erst,
nachdem der Verlag das Manuskript positiv beurteilt, eine Veröffentlichung
angeboten und einen Gewinnerzielungsplan vorgelegt hatte. Das Buch wurde
beworben, auf Buchmessen präsentiert und zu Werbezwecken an Hotels und
Wanderheime übersandt.

Der Verlust während der Anlaufzeit der
schriftstellerischen Tätigkeit ist deshalb steuerlich anzuerkennen. Dies gilt
auch bei negativer Totalgewinnprognose unter Berücksichtigung der verkauften
Exemplare.

 

8.   Wann gehört die
Umkleidezeit zur Arbeitszeit?

 

Ist die Arbeitskleidung der Arbeitnehmer
stark verschmutzt, wird die Umkleidezeit zur Arbeitszeit gerechnet. Das gilt
auch dann, wenn der Arbeitgeber nicht vorschreibt, wo die Arbeitnehmer sich für
ihre Arbeit umziehen müssen.

 

Hintergrund

Die
Mitarbeiter in einem Müllheizkraftwerk mussten während der Arbeit bestimmte
Schutzkleidung tragen. Diese wurde regelmäßig erheblich verschmutzt. Die
Reinigung der Arbeitskleidung organisierte der Arbeitgeber und fand im Betrieb
statt. Ein Mitarbeiter verlangte, dass ihm die Zeiten als Arbeitszeit vergütet
werden, die für das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung auf dem Werksgelände
und den Weg zwischen Umkleidestelle und Arbeitsplatz anfallen.

 

Entscheidung

Das
Landesarbeitsgericht hat dem Mitarbeiter Recht gegeben. Denn nach der
Rechtsprechung gehören Umkleidezeiten zur Arbeitszeit, wenn das Tragen von
Arbeitskleidung Pflicht ist und diese erst im Betrieb angelegt werden darf.
Diese Zeit muss der Arbeitgeber deshalb bezahlen.

Das
gilt nach Ansicht der Richter auch, wenn der Arbeitgeber nicht vorgeschrieben
hatte, dass die Arbeitnehmer die betrieblichen Umkleidestellen nutzen müssen.

In
der verschmutzten Kleidung kann der Mitarbeiter seinen Weg zwischen Wohnung und
Arbeitsplatz nicht zurücklegen – egal, ob er ein Auto oder öffentliche
Verkehrsmittel nutzt. Aus hygienischen Gründen ist dies weder dem Mitarbeiter
selbst noch Mitreisenden in Bussen und Bahnen zuzumuten. Auch wenn der
Arbeitgeber es nicht vorgeschrieben hatte, konnte deshalb die Arbeitskleidung
eigentlich nur im Betrieb an- und ausgezogen werden.

 

9. 
Darf sich
ein Anwalt auf das o. k. seines Faxgeräts verlassen?

 

Faxt ein Anwalt einen fristgebundenen
Schriftsatz und belegt das ausgedruckte Sendungsprotokoll die ordnungsgemäße
Übermittlung, genügt dies für die Ausgangskontrolle. Kommt es trotzdem zu
Übermittlungsfehlern, können diese nicht dem Anwalt angelastet werden.

 

Hintergrund

Der
Anwalt hatte als Prozessbevollmächtigter einen Schriftsatz einen Tag vor
Fristablauf angefertigt. Für die Übermittlung dieses Schriftstücks nutzte er
ein Telefaxgerät, das keine Fehlermeldungen auswies, sondern eine Sendungsbestätigung
mit dem Vermerk “o. k.” erstellte.

Tatsächlich
waren aber nur 20 Seiten bei Gericht angekommen, weswegen insbesondere die
Unterschrift des Anwalts fehlte.

 

Entscheidung

Die Richter beim Bundesgerichtshof zeigten sich nachsichtig. Aufgrund der
glaubhaft gemachten Umstände durfte der Anwalt ohne Weiteres davon ausgehen,
dass der gesamte Schriftsatz erfolgreich übertragen worden war. Denn die
Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück trotz eines mit einem “o. k.”-Vermerk
versehenen Sendeberichts den Empfänger nicht erreicht, ist so gering, dass sich
der Rechtsanwalt auf den Vermerk verlassen durfte.

Der Anwalt hatte alles getan, was bei einem Fax erforderlich ist.
Insbesondere hatte er ein funktionsfähiges Sendegerät verwendet, die
Empfängernummer richtig eingegeben und so rechtzeitig mit der Übertragung
begonnen, dass unter normalen Umständen mit dem Abschluss der Übertragung bei
Fristende zu rechnen war. Darüber hinaus war eine Ausgangskontrolle erfolgt.
Dafür reicht es nach Ansicht der Richter aus, wenn ein vom Faxgerät des
Absenders ausgedrucktes Sendeprotokoll die ordnungsgemäße Übermittlung belegt
und dieses vor Fristablauf zur Kenntnis genommen wird.

Kommt es zu Fehlern, die aus dem Sendeprotokoll nicht ersichtlich sind,
können diese dem Rechtsanwalt nicht angelastet werden.

 

 

 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 
 

1. Organschaft:
Finanzamt darf doppelte Gebühr für verbindliche Auskunft verlangen

 

Beantragt ein Organträger eine
verbindliche Auskunft, wird eine Auskunftsgebühr fällig. Diese Gebühr fällt ebenfalls
an, falls auch die Organgesellschaft eine verbindliche Auskunft beantragt, und
das selbst dann, wenn es sich um den gleichen Sachverhalt handelt.

 

Hintergrund

Zwischen
der S-GmbH und der A-AG besteht eine ertragsteuerliche Organschaft.
Organträgerin ist die GmbH, Organgesellschaft die AG. Die GmbH ist an der AG zu
55 % beteiligt. Die Bevollmächtigten der GmbH und der AG stellten einen
gemeinsamen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Das Finanzamt
erteilte die verbindliche Auskunft antragsgemäß und bestätigte die in dem
Antrag dargelegte Rechtsauffassung.

Anschließend
setzte das Finanzamt eine Gebühr für die Bearbeitung der Anträge in Höhe von
rund 5.000 EUR mit separaten Bescheiden sowohl gegenüber der AG als auch
gegenüber der GmbH fest.

Das
Finanzgericht hob den die AG betreffenden Gebührenbescheid auf, da es sich um
einen einheitlich zu beurteilenden Sachverhalt handelte.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof kam in seinem Urteil zu einem anderen Ergebnis. Seiner Ansicht
nach spielt es für die Gebührenpflicht keine Rolle, ob nur ein oder mehrere
Antragsteller die Beantwortung der gleichen Rechtsfrage beantragen. Deshalb ist
es für die Gebührenpflicht der AG unerheblich, dass auch die GmbH einen
Auskunftsantrag gestellt hat. Wegen der verfahrensrechtlichen Selbstständigkeit
der Besteuerung verschiedener Steuerpflichtiger ist gegenüber jedem
Antragsteller eine Gebühr festzusetzen.

Die
Höhe der Auskunftsgebühr richtet sich nach dem Gegenstandswert. Im Gesetz ist
keine Möglichkeit vorgesehen, den festgelegten Gebührenanspruch zu reduzieren
oder ganz zu erlassen.

Deshalb
hat der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Klage
der AG abgewiesen.

 

 

2. Sonderbetriebsausgaben:
Darf der Abzug durch eine Bilanzberichtigung nachgeholt werden?

 

Eine Bilanz muss berichtigt werden, wenn
ein Posten nicht richtig oder unzulässigerweise angesetzt worden ist. Darf bei
einer solchen Bilanzberichtigung auch ein Sonderbetriebsausgabenabzug, der im
bestandskräftig veranlagten Abflussjahr nicht geltend gemacht wurde, nachgeholt
werden?

 

Hintergrund

A
ist die einzige Kommanditistin der X-GmbH & Co. KG und hatte im Jahr 2014
als Sonderbetriebsausgaben abzugsfähige Rechtsberatungskosten von 5.000 EUR von
ihrem Privatkonto bezahlt. Diese hat sie aus Versehen aber nicht als
Sonderbetriebsausgaben geltend gemacht. Die Gewinnfeststellung 2014 ist
bestandskräftig.

A
beantragt deshalb, die 2014 verausgabten Sonderbetriebsausgaben bei einer
Bilanzberichtigung im Jahr 2015 zu berücksichtigen, da ein Bilanzierungsfehler
vorliegt.

 

Entscheidung

Das
Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass der Sonderbetriebsausgabenabzug der
Rechtsberatungskosten nicht im Jahr 2015 im Wege der Bilanzberichtigung
nachgeholt werden kann.

Grundsätzlich
darf ein Steuerpflichtiger die Bilanz auch nach ihrer Einreichung beim
Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung nicht
entspricht. Eine solche Änderung ist nicht zulässig, wenn die Bilanz einer
Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert
werden kann. Dann ist der unrichtige Bilanzansatz in der ersten Schlussbilanz
richtig zu stellen, in der das noch mit steuerlicher Wirkung möglich ist.

Voraussetzung
für eine Bilanzberichtigung in der ersten offenen Bilanz ist aber, dass der
Bilanzierungsfehler an dem maßgeblichen Stichtag (hier: 31.12.2015) weiterhin
vorliegt. Der Bilanzposten darf nicht in nicht mehr änderbaren Jahren
weggefallen sein.