Unternehmer und Freiberufler
1. Darf ein Arbeitszeugnis geknickt und getackert sein?
2. Erstattung von Pflichtbeiträgen durch Versorgungswerk ist steuerfrei
3. Ist der ärztliche Bereitschaftsdienst bei Veranstaltungen von der Umsatzsteuer befreit?
4. 6 % Zinsen für Pensionsrückstellungen: Ist das verfassungsgemäß?
5. Rechnungsberichtigung bei falsch benanntem Leistungsempfänger: Nicht ohne Weiteres möglich
6. Investitionsabzugsbetrag bei Investition in das Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft
7. Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter macht aus einem Rechtsanwalt einen Gewerbetreibenden
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Gilt das Kündigungsschutzgesetz auch für Senior Partner und Geschäftsführer?
2. Wann darf wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt werden?
3. Latente Steuern: Keine Berücksichtigung als Verbindlichkeiten und Rückstellungen
4. Veräußerung an Schwesterpersonengesellschaft und Gewinnübertragung
5. Wann ist eine GmbH zahlungsunfähig?
6. Gesellschafter haben kein Zurückbehaltungsrecht gegen GmbH-Ansprüche

 

 

Unternehmer und Freiberufler

 

  1. Darf ein Arbeitszeugnis geknickt und getackert sein?

 

Wird ein Arbeitszeugnis per Post verschickt, darf es für diese Zwecke gefaltet und zusammengeheftet werden – solange es bei Ankunft kopierfähig ist.

 Hintergrund

Der Kläger war als Vertriebsdisponent angestellt. Mit seiner Klage verfolgte er das Ziel, dass der Arbeitgeber ein neues Arbeitszeugnis ausstellt. Neben inhaltlichen Änderungen verlangte er insbesondere ein ungeknicktes und ungetackertes Zeugnis.

Das Arbeitsgericht gab dem Kläger zwar in Bezug auf die inhaltlichen Änderungen recht, sah jedoch keine Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer das Zeugnis ungeknickt und ohne Heftung zu überreichen.

 Entscheidung

Auch vor dem Landesarbeitsgericht hatte die Klage keinen Erfolg. Ein Arbeitgeber erfüllt die gesetzlichen Anforderungen an die Erteilung eines Arbeitszeugnisses, wenn er das Zeugnis 2-mal faltet, um den Zeugnisbogen in einen Geschäftsumschlag üblicher Größe unterzubringen. Die ersten Zeugnisse hatte der Arbeitgeber in einem DIN-A4-Umschlag verschickt. Später bot er dem Kläger die Abholung am ehemaligen Arbeitsort an, der ca. 11 km vom Wohnort des Arbeitnehmers entfernt lag. Nach Ansicht des Gerichts grenzte dies schon an Rechtsmissbrauch, ein ungeknicktes Zeugnis über 2 Instanzen einzuklagen, anstatt es sich beim Ex-Arbeitgeber abzuholen.

Darüber hinaus hatte der Arbeitnehmer auch keinen Anspruch auf ein ungetackertes Zeugnis. Insbesondere lag kein unzulässiges Geheimzeichen vor, indem der Arbeitgeber das aus 2 Blättern bestehende Arbeitszeugnis “tackerte”. Es gab keine Belege dafür, dass ein getackertes Zeugnis einem unbefangenen Arbeitgeber mit Berufs- und Branchenkenntnis signalisierte, dass der Zeugnisaussteller mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden gewesen war. Eine verschlüsselte Bewertung war hier nicht ersichtlich.

 

  1. Erstattung von Pflichtbeiträgen durch Versorgungswerk ist steuerfrei

 

Erstattet eine berufsständische Versorgungseinrichtung Pflichtbeiträge, ist dies steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn die Erstattung vor Ablauf einer Wartefrist von 24 Monaten nach dem Ende der Beitragspflicht erfolgt.

 Hintergrund

Der Kläger erzielte 2 Jahre lang als angestellter Rechtsanwalt nichtselbstständige Einkünfte, bevor er in ein Beamtenverhältnis übernommen und damit versicherungsfrei wurde. Während seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt war er Mitglied der Rechtsanwaltskammer und entrichtete monatlich Pflichtbeiträge zu einem Versorgungswerk. Nach seinem Ausscheiden aus der Anwaltschaft und damit auch aus dem Versorgungswerk beantragte der Kläger die Erstattung von 90 % der entrichteten Pflichtbeiträge, so wie es die Satzung des Versorgungswerks vorsah. Die Beiträge wurden ihm im Januar 2013 zurückgezahlt.

Das Finanzamt unterwarf die Beitragserstattung als Leibrente zu 66 % der Besteuerung. Dagegen wehrte sich der Kläger und hatte mit seiner Klage vor dem Finanzgericht Erfolg. Dieses wertete die Erstattung der Pflichtbeiträge als steuerfrei und sah für die einschränkende Fristenregelung der Finanzverwaltung laut einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums keine gesetzliche Grundlage. Danach soll eine steuerfreie Beitragserstattung nur möglich sein, wenn nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Monate vergangen sind.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah das ebenso wie das Finanzgericht und wies die Revision des Finanzamts zurück.

Beitragserstattungen an gesetzlich Rentenversicherte sind steuerfrei. Darunter fallen auch Beiträge an Versicherte, die nicht mehr versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben. Darüber hinaus ermöglicht die gesetzliche Regelung die Erstattung von Beiträgen an Versicherte, die versicherungsfrei sind. Das gilt auch dann, wenn sie die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben. Voraussetzung ist aber, dass eine Wartefrist von 24 Monaten seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht abgelaufen ist und nicht erneut eine Versicherungspflicht eingetreten ist.

Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen, sind steuerfrei. Dazu gehört auch die streitige Beitragsrückerstattung aus der berufsständigen Versorgungseinrichtung für Rechtsanwälte. Dem Gesetzestext kann aber nicht entnommen werden, dass für die Steuerfreiheit auch die Voraussetzungen einer Rentenbeitragserstattung, d. h. die Wartefrist von 24 Monaten, erfüllt sein müssen. Die Verwaltungsanweisung steht insoweit mit der gesetzlichen Regelung nicht in Einklang.

 

  1. Ist der ärztliche Bereitschaftsdienst bei Veranstaltungen von der Umsatzsteuer befreit?

 

Es liegt keine von der Umsatzsteuer befreite ärztliche Heilbehandlung vor, wenn bei einer Veranstaltung einem Arzt die Anwesenheit vom Veranstalter pauschal stundenweise vergütet wird.

 Hintergrund

Der Kläger erzielte als Arzt u. a. Einnahmen für den Bereitschaftsdienst bei Sport- und ähnlichen Veranstaltungen. Zu seinen Aufgaben gehörte es, den Veranstaltungsbereich im Vorfeld zu kontrollieren und die Verantwortlichen im Hinblick auf mögliche Gesundheitsgefährdungen zu beraten. Während der Veranstaltung sollte er kontinuierlich Rundgänge durchführen, um dabei frühzeitig Gefahren und gesundheitliche Probleme der anwesenden Personen zu erkennen. Dazu gehörte insbesondere eine Herzsportgruppe. Diese Leistungen wertete das Finanzamt insgesamt als umsatzsteuerpflichtig. Dagegen wehrte sich der Arzt mit seiner Klage.

 Entscheidung

Die Klage hatte immerhin teilweise Erfolg. Denn zumindest die ärztliche Überwachung der Vitalwerte der Teilnehmer einer sog. Herzsportgruppe stellte nach Auffassung des Gerichts eine umsatzsteuerfreie ärztliche Heilbehandlung dar.

Dagegen wertete es die notärztliche Betreuung von und die Einsatzbereitschaft bei Veranstaltungen nicht als umsatzsteuerfreie Heilbehandlung. Vielmehr stellte sich der Arzt durch seine Anwesenheit für eventuelle Heilbehandlungen erst zur Verfügung. Gegenüber dem Veranstalter als Leistungsempfänger leistete er nur seine Anwesenheit und Einsatzbereitschaft. Die Anwesenheit bei Einsatzbereitschaft war aber nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzepts. Es fehlte ein Leistungskonzept, das sich auf eine konkrete Person bezog. Vielmehr war völlig ungewiss, wer und ob überhaupt jemand eine ärztliche Behandlung beanspruchen wird.

Im Ergebnis konnte der Arzt deshalb die Umsatzsteuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen.

 

  1. 6 % Zinsen für Pensionsrückstellungen: Ist das verfassungsgemäß?

 

Für die Ermittlung der Pensionsrückstellungen (Abzinsung der künftigen Pensionszahlungen) ist im Gesetz ein Zinssatz von 6 % vorgeschrieben. Ob dieser noch realitätsgerecht und verfassungsgemäß ist, muss jetzt das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

 Hintergrund

Ein mittelständisches Unternehmen in der Rechtform einer GmbH sagte seinen Arbeitnehmern im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung Pensionszahlungen zu. Für die Handelsbilanz errechnete es eine Pensionsrückstellung von knapp 11 Mio. EUR. In der Steuerbilanz war dieser Wertansatz wegen der höheren Abzinsung auf ca. 7,5 Mio. EUR zu kürzen. Das Unternehmen hielt den damit geforderten Gewinnausweis und die resultierenden Steuerforderungen für nicht gerechtfertigt und erhob Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht war ebenfalls der Ansicht, dass der Zinssatz von 6 % seit mehreren Jahren nicht mehr realitätsgerecht ist. Dies insbesondere im Vergleich zu dem Kapitalmarktzins und der Rendite für Unternehmensanleihen. Auch ein typisierend festgelegter Zinssatz muss sich ihrer Auffassung nach an der wirtschaftlichen Realität orientieren. Dass die überhöhte Abzinsung bei Ausweis einer Rückstellung lediglich zu einer zeitlich begrenzten Mehrbelastung führte, rechtfertigte die realitätsferne Abzinsung jedenfalls nicht.

Zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes legte das Finanzgericht die Sache dem Bundesverfassungsgericht vor.

 

  1. Rechnungsberichtigung bei falsch benanntem Leistungsempfänger: Nicht ohne Weiteres möglich

 

Eine Rechnung kann nicht berichtigt werden, wenn in dieser der falsche Leistungsempfänger bezeichnet ist. Das gilt auch für Abschlagsrechnungen (Teilleistungsrechnungen).

 Hintergrund

Die Klägerin war bis zum 31.12.2011 umsatzsteuerliche Organträgerin. Auf dem ihr gehörenden Grundstück betrieb die Organgesellschaft Autohaus GmbH ihr Unternehmen. Aufgrund der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs endete die Organschaft mit Wirkung ab 1.1.2012.

Für die in 2013 erfolgte Sanierung der auf dem Grundstück der Klägerin befindlichen und an die GmbH verpachteten Tankstelle wurden die Eingangsrechnungen nicht auf die Klägerin selbst, sondern auf die GmbH ausgestellt. Das Finanzamt versagte daraufhin den insoweit von der Klägerin vorgenommenen Vorsteuerabzug 2013. Dagegen war die Klägerin der Ansicht, dass die Berichtigung der Rechnung auf den ursprünglichen Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs zurückwirkte.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab, da seiner Ansicht nach die Voraussetzungen für eine rückwirkende Rechnungsberichtigung nicht vorlagen. Zwar ist der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung nur eine formelle, aber nicht materielle Voraussetzung für das Recht auf Vorsteuerabzug. Eine Rechnungsberichtigung gilt deshalb grundsätzlich rückwirkend für das Jahr der ursprünglichen Ausstellung der Rechnung. Ein Dokument stellt jedoch nur dann eine berichtigungsfähige Rechnung dar, wenn es Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Ausreichend ist dabei, dass in der Rechnung die Angaben nicht derart unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen.

Ist wie im vorliegenden Fall der falsche Leistungsempfänger genannt, ist zwar der Leistungsempfänger bezeichnet, die diesbezüglichen Angaben sind aber offensichtlich unzutreffend. Berichtigungsfähige Rechnungen lagen somit nicht vor.

Insoweit war es nicht von Bedeutung, dass es sich bei den 2 strittigen Rechnungen lediglich um Abschlagsrechnungen handelte und die Schlussrechnung richtigerweise auf die Klägerin ausgestellt wurde. Da es sich bei einer Teilleistungsrechnung um eine eigenständige Rechnung handelt, können diese Teilleistungsrechnungen mit falschem Ausweis des Leistungsempfängers nicht durch die spätere Schlussrechnung korrigiert werden.

 

  1. Investitionsabzugsbetrag bei Investition in das Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft

 

Eine begünstigte Investition im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags kann auch dann vorliegen, wenn dieser bei einer Personengesellschaft vom Gesamthandsgewinn abgezogen und die geplante Investition von einem ihrer Gesellschafter vorgenommen wurde.

 Hintergrund

Die Eheleute A und B bewirtschafteten einen im Weinbau tätigen landwirtschaftlichen Betrieb in der Rechtsform einer GbR. An dieser waren der Ehemann A zu 80 % und die Ehefrau B zu 20 % beteiligt. Für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 bildete die GbR einen Investitionsabzugsbetrag i. H. v. 44.000 EUR für geplante Anschaffung zweier Wirtschaftsgüter. Dies führte zu einer außerbilanziellen Gewinnminderung von 44.000 EUR, die zu je 22.000 EUR auf die Jahre 2007 und 2008 entfiel.

Im Juli 2010 schaffte A die beiden Wirtschaftsgüter selbst aus eigenen Mitteln an und aktivierte sie in seiner Sonderbilanz für 2010/2011. Den von der GbR geltend gemachten Investitionsabzugsbetrag rechnete er gewinnerhöhend seinem Sonder-Betriebsvermögen außerbilanziell zu.

Das Finanzamt ging jedoch davon aus, dass die Anschaffungen des A nicht begünstigt waren. Denn der Investitionsabzugsbetrag war nicht im Sonder-Betriebsvermögen, sondern im Gesamthandsvermögen gebildet worden. Das Finanzamt machte daher den Investitionsabzugsbetrag rückgängig und erhöhte den festgestellten Gewinn der GbR für die Jahre 2007 und 2008 um jeweils 22.000 EUR.

Entscheidung

Nach dem Finanzgericht gab auch der Bundesfinanzhof dem A bzw. der GbR recht und entschied, dass der Investitionsabzugsbetrag, der in 2007/2008 gebildet worden war, nicht rückgängig gemacht werden kann. Personengesellschaften können einen Investitionsabzugsbetrag sowohl im Gesamthands-Betriebsvermögen als auch im Sonder-Betriebsvermögen eines Gesellschafters bilden. Der von der GbR gebildete Investitionsabzugsbetrag konnte deshalb im Wirtschaftsjahr der Anschaffung der begünstigten Wirtschaftsgüter durch den Mitgesellschafter A (2010/2011) i. H. v. 40 % der Anschaffungskosten dem Sonderbilanzgewinn des A hinzugerechnet werden.

Der Begünstigung steht nicht entgegen, dass der in 2007/2008 von der GbR gebildete Investitionsabzugsbetrag vom Gesamthands-Betriebsvermögen abgezogen und die begünstigten Wirtschaftsgüter im Sonder-Betriebsvermögen des A angeschafft wurden. Denn zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) gehört nicht nur das Gesamthands-Betriebsvermögen, sondern auch das Sonder-Betriebsvermögen der Gesellschafter (Mitunternehmer). Deshalb ist es für die Prüfung, ob eine vorgenommene Investition derjenigen entspricht, für die der Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen wurde, unerheblich, ob im Bereich des Gesamthands-Betriebsvermögens oder des Sonder-Betriebsvermögens investiert wurde.

 

  1. Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter macht aus einem Rechtsanwalt einen Gewerbetreibenden

 

Die Tätigkeit eines Datenschutzbeauftragten ist als Gewerbebetrieb zu qualifizieren. Ein Rechtsanwalt, der als extern bestellter Datenschutzbeauftragter tätig ist, übt damit weder den Beruf eines Rechtsanwalts aus noch ist die Tätigkeit diesem Beruf ähnlich.

 Hintergrund

Der Kläger war neben seiner anwaltlichen Tätigkeit als externer Datenschutzbeauftragter u. a. für verschiedene größere Unternehmen aus unterschiedlichen Wirtschaftszweigen tätig. Er sollte dort zum Aufbau bzw. der Vervollständigung der Datenschutzorganisation unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Datenschutzgesetzes beitragen. Das Finanzamt wertete dies als gewerbliche Tätigkeit und forderte den Kläger dazu auf, Bücher zu führen und eine Gewinnermittlung durch Bestandsaufnahme zu erstellen. Hiergegen wendete sich der Anwalt mit seiner Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht schloss sich der Rechtsauffassung des Finanzamts an und wies die Klage ab. Der Aufgabenbereich eines Datenschutzbeauftragten erfordert zwar ein fundiertes Grundwissen aus verschiedenen (Fach-)Hochschulstudiengängen. Dabei sind jedoch jeweils nur Teilbereiche der entsprechenden Studiengänge notwendig. Deshalb ist das Finanzgericht der Überzeugung, dass sich ausgehend von den gesetzlichen Aufgaben die Tätigkeit eines Datenschutzbeauftragten zu einem völlig eigenständigen und neuen Beruf herausgebildet hat.

Dieses eigenständige Berufsbild ist in seiner Ausrichtung auf Bereiche wie Marktforschung, EDV, Telekommunikation oder Datenschutz mit dem des Berufs des beratenden Betriebswirts nicht vergleichbar. Da auch die durchzuführenden Beurteilungen und Beratungen auf interdisziplinären Wissensgebieten stattfanden, handelte es sich im vorliegenden Fall auch nicht um eine originär rechtsberatende, sondern um eine gewerbliche Tätigkeit.

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 

 

  1. Gilt das Kündigungsschutzgesetz auch für Senior Partner und Geschäftsführer?

 

Ein Senior-Partner und Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer. Deshalb kann er sich bei einer Kündigung mangels Arbeitnehmereigenschaft gar nicht auf das Kündigungsschutzgesetz stützen.

 Hintergrund

Der Kläger war bei einer internationalen Managementberatung zunächst als Partner angestellt. Ein Jahr später wurde er zum Geschäftsführer ernannt und in ein entsprechendes Dienstverhältnis übernommen. Gleichzeitig wurde ein zuvor bestehendes Arbeitsverhältnis ausdrücklich aufgehoben. Außer ihm bestellte die Managementberatung über 100 weitere Partner zu Geschäftsführern. Eine Eintragung in das Handelsregister erfolgte nicht.

Zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist beendete die Managementberatung die vertraglichen Beziehungen zum Kläger. Der hielt die Kündigung nach den Regeln des Kündigungsschutzgesetzes für sozial nicht gerechtfertigt.

 Entscheidung

Das Gericht hielt eine Arbeitnehmereigenschaft nicht für gegeben. Vielmehr war ein mögliches Arbeitsverhältnis ausdrücklich beendet und ein Geschäftsführerdienstverhältnis begründet worden. Eine für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsabhängigkeit war nicht ersichtlich. Als Senior-Partner und Geschäftsführer gehörte die Kundenakquise und Pflege von Kundenbeziehungen, die eigene Beratungstätigkeit beim Kunden sowie die Leitung von Kundenprojekten zu den Aufgaben des Klägers. Ihm wurde ein Büro in den Räumlichkeiten der Managementberatung in Köln zur Verfügung gestellt. Es war ihm gestattet, von zu Hause oder anderswo zu arbeiten. Seine Tätigkeit war nicht ortsgebunden. Feste Wochenarbeitszeiten waren ihm weder dem Umfang noch der Lage nach vorgegeben. Seine umfangreiche Reisetätigkeit musste er nicht genehmigen lassen, sondern diese lediglich nach Reiserichtlinien der Beklagten abwickeln.

Deshalb konnte sich der Kläger auch nicht auf das Kündigungsschutzgesetz berufen.

 

  1. Wann darf wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt werden?

 

Ein Steuerbescheid darf wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nur in bestimmten Fällen geändert werden. Eine Änderung scheidet jedoch aus, wenn das Finanzamt erklärte Renteneinkünfte nicht berücksichtigt hat, weil die Einkünfte vom Versicherungsträger noch nicht mitgeteilt worden waren.

 Hintergrund

Der Kläger erklärte für die Jahre 2011 und 2012 neben anderen Einkünften auch sonstige Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese wurden jedoch vom Finanzamt nicht berücksichtigt, weil die Rentenbezugsmitteilungen der Rentenversicherung noch nicht vorlagen. Erst im Juni 2014 wurden dem Finanzamt die Rentenbezugsmitteilungen der gesetzlichen Rentenversicherung elektronisch übermittelt. Daraufhin änderte das Finanzamt die Steuerbescheide für 2011 und 2012. Den Einspruch des Klägers gegen die Änderungen wies das Finanzamt zurück, weil die Steuerbescheide seiner Ansicht nach wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden konnten.

Entscheidung

Das Finanzgericht war anderer Meinung und entschied, dass die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für 2011 und 2012 nicht mehr geändert werden dürfen. Eine Änderung innerhalb der Verjährungsfrist kommt nur dann in Betracht, wenn dem Finanzamt ein Schreibfehler, ein Rechenfehler oder eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit unterlaufen sei. Eine solche lag hier aber nicht vor. Zwar war die fehlende Übernahme der durch den Steuerpflichtigen erklärten Rentenbeträge ein offenbarer Fehler. Dieser war jedoch nicht mit einem Schreib- oder Rechenfehler vergleichbar. Es konnte nämlich nicht festgestellt werden, ob dem Sachbearbeiter bei Erlass der ursprünglichen Steuerbescheide ein rein unbewusster oder ungewollter Fehler unterlaufen war.

 

  1. Latente Steuern: Keine Berücksichtigung als Verbindlichkeiten und Rückstellungen

 

Ist im Bewertungszeitpunkt die Liquidation einer Kapitalgesellschaft zwar beabsichtigt, aber noch nicht beschlossen, darf die zukünftige ertragsteuerliche Belastung bei der Ermittlung des Substanzwerts als Mindestwert nicht wertmindernd berücksichtigt werden.

 Hintergrund

Die Erblasserin E war bis zu ihrem Tod Alleingesellschafterin einer GmbH. Im Jahr 2012 ging die Beteiligung auf die Erbin A über. Diese fasste in 2014 den förmlichen Beschluss, die GmbH zu liquidieren. Die Kapitalrücklage schüttete sie an sich aus.

Den Wert der GmbH-Anteile stellte das Finanzamt für Zwecke der Erbschaftsteuer auf 1.3 Mio. EUR fest. Mit der Klage begehrte die GmbH den Abzug der latenten Steuern im Fall der Liquidation (Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer). Das Finanzgericht wies die Klage mit dem Hinweis ab, dass der Substanzwert bei der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften die untere Grenze bildete.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision als unbegründet zurück.

Bei der Ermittlung des Substanzwerts werden Schulden und sonstige Abzüge, die zum Betriebsvermögen gehören, berücksichtigt. Das gilt aber nur, soweit sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Der Umfang des Betriebsvermögens einschließlich Schulden und Rückstellungen richtet sich weitgehend danach, was ertragsteuerlich dem Betriebsvermögen zugerechnet wird. Dementsprechend kann die zukünftige ertragsteuerliche Belastung aufgrund einer im Bewertungszeitpunkt lediglich beabsichtigten, aber noch nicht beschlossenen Liquidation der Kapitalgesellschaft bei der Ermittlung des Substanzwerts als Mindestwert nicht wertmindernd berücksichtigt werden.

Steuern, die aufgrund der Liquidation und der damit verbundenen Aufdeckung stiller Reserven entstehen können, sind im Bewertungszeitpunkt weder als Verbindlichkeiten noch als Rückstellungen in der Steuerbilanz auszuweisen. Dem Ausweis als Verbindlichkeiten steht entgegen, dass diese Steuern zu diesem Zeitpunkt noch nicht entstanden sind. Rückstellungen können nicht gebildet werden, weil zum Bewertungsstichtag das Entstehen nicht überwiegend wahrscheinlich ist.

Denn bei einer im Bewertungszeitpunkt lediglich beabsichtigten Liquidation lässt sich noch nicht absehen, ob, wann und in welcher Höhe es zu einer tatsächlichen steuerlichen Belastung kommen wird.

 

  1. Veräußerung an Schwesterpersonengesellschaft und Gewinnübertragung

 

Wird eine Personengesellschaft an eine Schwesterpersonengesellschaft veräußert, kann der Veräußerungsgewinn, der auf den Doppelgesellschafter entfällt, im Umfang seines Anteils an der Schwestergesellschaft übertragen werden. Der fiktive Buchwert im Zeitpunkt der Veräußerung richtet sich nach den Regelungen über die Wertaufholung.

 Hintergrund

An der R-KG war die R-GmbH als Komplementärin zu 1 % und R zu 99 % als Kommanditist beteiligt. Im Jahr 1996 schrieb die R-KG ihre 50 %ige Beteiligung an der D-GmbH auf einen ganz geringen Teilwert ab. 1997 erwarb sie den fast wertlosen anderen Geschäftsanteil hinzu und leistete zur Sanierung der GmbH eine Kapitalrücklage. 1998 beschloss sie die Zusammenlegung der beiden Geschäftsanteile zu einem Geschäftsanteil. Anschließend erfolgte eine vereinfachte Kapitalherabsetzung. Das Nennkapital wurde mit dem Verlustvortragskonto der GmbH verrechnet. Sodann wurde eine Kapitalerhöhung beschlossen und die R-KG zur Übernahme zugelassen. Ihre Einlage erbrachte sie durch Verrechnung mit der in 1997 eingezahlten Kapitalrücklage und Zahlung des Restbetrags. Im Jahr 2006 veräußerte die R-KG ihre Beteiligung auf der Grundlage eines Wertgutachtens zu einem hohen Verkaufspreis an die E-KG. An ihr ist R zu 100 % als Kommanditist beteiligt. Der Veräußerungsgewinn wurde zu 1 % der R-GmbH und zu 99 % R zugewiesen. Für R wurde in Höhe der Gewinnzuweisung in einer Ergänzungsbilanz ein Posten für die Übertragung des Gewinns auf die Anschaffungskosten der Anteile an der D-GmbH durch die E-KG gebildet.

Das Finanzamt nahm in 2006 eine Wertaufholung der Teilwertabschreibung aus 1996 vor, erhöhte den Buchwert der GmbH-Anteile und setzte den für eine gewinnneutrale Übertragung zur Verfügung stehenden Veräußerungsgewinn herab. Die R-KG vertrat dagegen die Auffassung, dass keine Gesellschaftsanteile mehr vorhanden waren, für die eine Wertaufholung möglich war. Vor dem Finanzgericht hatte die Klage keinen Erfolg.

Entscheidung

Das erlaubt u. a. die Übertragung eines dem Gesellschafter zuzurechnenden Veräußerungsgewinns auch auf Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters sowie in Höhe des auf den Gesellschafter entfallenden ideellen Anteils auf Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens einer anderen Personengesellschaft, an der der Gesellschafter ebenfalls als Mitunternehmer beteiligt ist. Das gilt auch dann, wenn das Wirtschaftsgut an eine Schwestergesellschaft veräußert wird.

Der übertragbare Gewinn ergibt sich aus dem Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert übersteigt, mit dem das veräußerte Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Veräußerung anzusetzen gewesen wäre. Bei der danach erforderlichen Ermittlung des fiktiven Buchwerts auf den Zeitpunkt der Veräußerung sind die Bewertungsregeln und das Wertaufholungsgebot zu beachten. Teilwertabschreibungen aus den Vorjahren sind durch eine Zuschreibung bis zur Obergrenze der Anschaffungskosten rückgängig zu machen, soweit nicht auch für das jeweilige Folgejahr ein niedriger Teilwert nachgewiesen werden kann.

Maßstab für die Bewertung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sind die Anschaffungskosten, zu denen auch Nachschüsse und sonstige Kapitalzuführungen durch die Gesellschafter gehören. Die Anschaffungskosten mindern sich jedoch nicht bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung. Auch die Zusammenlegung der Geschäftsanteile lässt die Anschaffungskosten unberührt.

Der Gewinn, soweit er im Umfang der Wertaufholung nicht gewinnneutral übertragen werden konnte, war als laufender Gesamthandsgewinn und nicht als begünstigter Veräußerungsgewinn festzustellen. Denn der Buchwert der Beteiligung bestimmt sich auch in diesem Fall nach dem Veräußerungszeitpunkt, sodass ebenfalls nur der anteilige geringe Betrag als begünstigt beurteilt werden könnte und es hinsichtlich der Wertaufholung bei der Erfassung als laufender Gewinn verbleibt.

 

  1. Wann ist eine GmbH zahlungsunfähig?

 

Bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit einer GmbH sind nicht nur die in den kommenden 3 Wochen fällig werdenden Forderungen zu berücksichtigen, sondern auch die innerhalb dieser Zeit fällig werdenden Verbindlichkeiten.

 Hintergrund

Der Beklagte war Geschäftsführer einer GmbH und wurde von deren Insolvenzverwalter in Anspruch genommen. Denn nach der gesetzlichen Regelung haftet ein Geschäftsführer für Zahlungen und sonstige Abflüsse aus dem Vermögen der Gesellschaft, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgen. Der Insolvenzverwalter verlangte u. a. Ersatz für Zahlungen, die im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag veranlasst worden waren. Er begründete dies damit, dass die Gesellschaft schon 1 Jahr vor der Antragstellung zahlungsunfähig war.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass auch die Verbindlichkeiten (Passiva II) bei der 3-Wochen-Vorschau berücksichtigt werden mussten.

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Reichen die vorhandenen flüssigen Mittel aus, um wenigstens 90 % der fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen, liegt allerdings nur eine sog. Zahlungsstockung und noch keine Zahlungsunfähigkeit vor. Voraussetzung ist jedoch, dass die Deckungslücke in den kommenden 3 Wochen geschlossen werden kann.

Bisher war unklar, ob auch die innerhalb von 3 Wochen fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (Passiva II) auf der Passivseite einzustellen sind.

Der Bundesgerichtshof stellte jetzt klar: Es ist nicht ausreichend, dass die am Stichtag bestehende Lücke durch die in den kommenden 3 Wochen flüssig zu machenden Mittel geschlossen werden kann. Die Vorschau muss vielmehr zeigen, dass im 3-Wochen-Zeitraum die Lücke auch unter Berücksichtigung bzw. Bezahlung der neu fällig werdenden Verbindlichkeiten vollständig geschlossen werden kann.

 

  1. Gesellschafter haben kein Zurückbehaltungsrecht gegen GmbH-Ansprüche

 

GmbH-Gesellschafter, die gegen die Treuepflicht verstoßen, können kein Zurückbehaltungsrecht gegen Herausgabeansprüche der Gesellschaft geltend machen. Die auf Herausgabe gerichtete Klage der Gesellschaft benötigt keinen separaten Gesellschafterbeschluss.

 Hintergrund

Die Beklagte war zusammen mit ihrer minderjährigen Tochter Miterbin ihres Mannes. Dieser war Minderheitsgesellschafter der klagenden GmbH. Im Frühjahr 2016 überwies die Beklagte einen mittleren 6-stelligen Betrag vom Geschäftskonto der Klägerin auf ihr Privatkonto, obwohl sie weder Geschäftsführungsbefugnis noch Kontovollmacht besaß. Die Beklagte begründete dies mit einer treuhänderischen Sicherung in Anbetracht einer möglichen Liquidation der Klägerin.

Der Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Klägerin verlangte von der Beklagten die Rückzahlung des abgebuchten Betrags. Die Beklagte war dagegen der Ansicht, dass ihr ein Zurückbehaltungsrecht zustand. Außerdem fehlte es an einem ihrer Meinung nach erforderlichen Gesellschafterbeschluss.

Entscheidung

Das Oberlandesgericht verurteilte die Klägerin zur Zahlung des von der Klägerin geforderten Betrags.

Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen nicht erfüllter Auskunftsansprüche verneinte das Gericht. Die Geltendmachung der Auskunftsansprüche war ohne Mitwirkung der Tochter als Miterbin ausgeschlossen. Da diese Ansprüche zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses gehörten, konnten sie von der Erbengemeinschaft nur gemeinschaftlich geltend gemacht werden.

Darüber hinaus war die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts ausgeschlossen, da es sich vorliegend um Ansprüche wegen Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht handelte.

Die Klage war zudem nicht mangels Gesellschafterbeschlusses unbegründet. Ein solcher ist nur bei Ersatzansprüchen notwendig, die aus der Gründung oder Geschäftsführung resultierten. Vorliegend handelte es sich jedoch um einen Anspruch wegen rechtsgrundlosem Handeln. Der klare Wortlaut des Gesetzes erlaubte es nicht, das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses im Wege einer Analogie auf jegliche Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter, der nicht Geschäftsführer ist, auszudehnen.