Mandantenbrief Steuern Privatpersonen September 2016

 

Privatbereich

1.

Wann muss der steuerfreie Teil
einer Witwenrente angepasst werden?

2.

Wann wird eine
Handwerkerleistung im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht?

3.

Unterhaltsleistungen: Wie wird
eine mehrjährige Steuernachzahlung berücksichtigt?

4.

Aufwendungen des Nießbrauchers: Übertragung
auf den Eigentümer möglich?

5.

Dienstjubiläum: Aufwendungen für
die Feier können abziehbar sein

6.

Nichteheliche
Lebensgemeinschaft: Kein Ehegattensplitting

7.

Kies statt Rasen: Zulässige
Gartengestaltung oder bauliche Veränderung?

8.

Falschparker muss nicht
angerufen werden

9.

Miete für Rauchwarnmelder dürfen
nicht als Betriebskosten umgelegt werden

10.

Allergie durch Druckerstaub: Bei
einem Finanzbeamten kein Dienstunfall

11.

Wer haftet für einen Unfall beim
Ausparken? Das kommt darauf an

12.

Wohnungseigentum: Einsichtnahme
grundsätzlich nur beim Verwalter

 

1.  
Wann muss
der steuerfreie Teil einer Witwenrente angepasst werden?

 

Ändert sich das Erwerbsersatzeinkommen,
stellt sich die Frage, ob dadurch eine Neuberechnung des steuerfreien Teils
einer Witwenrente erforderlich wird. Nach Auffassung des Finanzgerichts
Düsseldorf bleiben nur regelmäßige Anpassungen außer Betracht.

 

Hintergrund

Die
Klägerin bezieht eine Hinterbliebenenrente in Form der großen Witwenrente aus
der gesetzlichen Rentenversicherung, deren Höhe variabel ist. Die Rente wird
jährlich neu berechnet, und zwar unter Berücksichtigung des Erwerbsersatzeinkommens.
Im vorliegenden Fall handelte es sich um die Versorgungsbezüge der Klägerin.

Das
Finanzamt ermittelte zunächst den steuerfreien Teil der Rente aus der Differenz
zwischen dem Jahresrentenbetrag und dem Rentenanpassungsbetrag und setzte davon
die Hälfte an. Die Klägerin war jedoch der Ansicht, dass nicht der Prozentsatz
des steuerfreien Teils der Rente, sondern dessen Betrag für die gesamte
Laufzeit des Rentenbezugs festgeschrieben ist.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte dagegen der Auffassung des
Finanzamts. Der steuerfreie Teil der Rente wird grundsätzlich in einem
lebenslang geltenden und regelmäßig gleichbleibenden Freibetrag
festgeschrieben. Ändert sich der Jahresrentenbetrag, muss der steuerfreie Teil
der Rente angepasst werden, und zwar in dem Verhältnis, in dem der veränderte
Jahresrentenbetrag zum Jahresrentenbetrag steht, der der Ermittlung des
steuerfreien Teils der Rente zugrunde liegt. Lediglich regelmäßige Anpassungen
des Jahresrentenbetrags bleiben hierbei außer Betracht.

Im vorliegenden Fall muss deshalb der steuerfreie Teil
der Rente in jedem Jahr neu berechnet werden. Denn die Höhe des
Jahresrentenbetrags veränderte sich jeweils aufgrund der Anrechnung von
Versorgungsbezügen. Auch wenn es sich eigentlich bei wortgetreuer Auslegung des
Gesetzestextes um eine regelmäßige Anpassung handelt, führen Anpassungen von
Versorgungsbezügen aus Gründen der Gleichbehandlung auch zu Anpassungen des
Jahresbetrags, indem die Einkommensanrechnung neu berechnet wird.

 



 

2.  
Wann wird
eine Handwerkerleistung im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht?

 

Das Beziehen von Polstermöbeln in einer
nahe gelegenen Werkstatt des Handwerkers erfolgt nicht “im Haushalt”. Die
Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen kann es dafür deshalb nicht geben.

 

Hintergrund

Die
Kläger beauftragten einen Raumausstatter, 2 Sofas und einen Sessel neu zu
beziehen. Der Raumausstatter holte die Möbel ab und bezog sie in seiner nahe
gelegenen Werkstatt. Dafür entstanden Kosten in Höhe von 2.600 EUR. Für diese
machten die Kläger in ihrer Steuererklärung die Steuerermäßigung für
Handwerkerleistungen geltend.

Das
Finanzamt lehnte dies ab, da die Handwerkerleistung nicht “im Haushalt” des
Steuerpflichtigen erbracht wurde.

 

Entscheidung

Das
Finanzgericht schloss sich der Auffassung des Finanzamts an und entschied, dass
eine Handwerkerleistung nur dann “in” einem Haushalt erbracht wird, wenn der
Handwerker sie im räumlich-funktionalen Bereich des Haushalts leistet. Der
Haushalt endet zwar nicht an der Grundstücksgrenze. Deshalb sind Aufwendungen
zur Herstellung eines Hausanschlusses im öffentlichen Grund und Boden oder
Kosten für den Winterdienst begünstigt. Allerdings ist ein unmittelbarer
räumlicher Zusammenhang zum Haushalt erforderlich. Hieran fehlt es im vorliegenden
Fall, da die Werkstatt 4 Kilometer vom Haushalt der Kläger entfernt lag. Die
Transportleistung des Raumausstatters ist dabei nur eine untergeordnete
Nebenleistung.

 

3. 
Unterhaltsleistungen:
Wie wird eine mehrjährige Steuernachzahlung berücksichtigt?

 

Leistet ein Steuerpflichtiger
Steuernachzahlungen für mehrere Jahre, muss bei der Ermittlung der abziehbaren
Unterhaltsleistungen für dessen Kinder im 3-Jahreszeitraum mit den geleisteten
durchschnittlichen Steuerzahlungen gerechnet werden.

 

Hintergrund

A
wurde mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt. In 2012 erzielte er freiberufliche
Einkünfte von 425.000 EUR und entrichtete für die Jahre 2010 bis 2012 insgesamt
Steuern in Höhe von rund 565.000 EUR, und zwar Nachzahlungen und
Vorauszahlungen für Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. In
den Jahren 2010 bis 2012 betrug der Durchschnitt seiner freiberuflichen
Einkünfte 480.000 EUR.

Für
2012 beantragten die Eheleute den Abzug von Unterhaltsleistungen an ihre beiden
Söhne, die auswärts studierten. Das Finanzamt berücksichtigte die
Unterhaltsleistungen nicht. Denn den Eltern waren aufgrund der Steuerzahlungen
nach Abzug der Unterhaltsleistungen keine angemessenen Mittel mehr verblieben,
um ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Das
Finanzgericht entschied jedoch, dass das Finanzamt die Opfergrenze falsch
berechnete. Denn es hatte nicht beachtet, dass die Steuerzahlungen mit
angesparten Mitteln i. H. v. 410.000 EUR beglichen wurden.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof bestätigte das Urteil des Finanzgerichts und wies die Revision
des Finanzamts zurück. Unterhaltsaufwendungen können nur dann als
außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie in einem angemessenen
Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach Abzug des
gezahlten Unterhalts noch die angemessenen Mittel zur Bestreitung des
Lebensbedarfs verbleiben.

Schwanken
die Einkünfte, wie insbesondere bei Selbstständigen und Gewerbetreibenden, wird
bei der Ermittlung des Nettoeinkommens ein 3-Jahresdurchschnitt gebildet.
Steuerzahlungen sind zwar von dem hiernach zugrunde zu legenden Einkommen
grundsätzlich in dem Jahr abzuziehen, in dem sie geleistet wurden. Eine
Ausnahme gilt jedoch, wenn es sich um Steuerzahlungen für mehrere Jahre
handelt. Diese könnten sonst zu Verzerrungen des unterhaltsrechtlich
maßgeblichen Einkommens führen. Deshalb wird von den geleisteten
Steuerzahlungen ebenfalls ein Durchschnittsbetrag gebildet, der vom
Durchschnittseinkommen des entsprechenden Jahres abgezogen wird. Erst das danach
verbleibende Nettoeinkommen wird der Opfergrenze zugrunde gelegt.

Im
vorliegenden Fall waren deshalb die geleisteten Unterhaltsaufwendungen
abziehbar, denn A war unter Berücksichtigung der Opfergrenze leistungsfähig.

 

4.  
Aufwendungen
des Nießbrauchers: Übertragung auf den Eigentümer möglich?

 

Verteilt ein Nießbraucher seine
Erhaltungsaufwendungen über mehrere Jahre und wird der Nießbrauch vorzeitig
aufgehoben, darf der Eigentümer verbleibende Aufwendungen nicht bei sich in
seiner eigenen Einkommensteuererklärung als Werbungskosten abziehen.

 

Hintergrund

Eine
Mutter übertrug ihrer Tochter ein vermietetes Einfamilienhaus. Dabei behielt
sie sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vor. Darüber hinaus verpflichtete
sich die Mutter, während der Dauer des Nießbrauchs sämtliche Lasten des
Grundstücks zu tragen. In den Jahren 2010 und 2011 ließ die Mutter schließlich
eine neue Heizungsanlage und neue Fenster einbauen. Die dabei entstandenen
Aufwendungen verteilte sie auf 3 Jahre. Im Mai 2012 hoben Mutter und Tochter
die Vereinbarung der Lastentragung durch die Mutter auf. Die bis dahin noch
nicht abgezogenen Erhaltungsaufwendungen der Mutter setzte die Tochter in ihren
eigenen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2012 und 2013 als Werbungskosten
an.

 

Entscheidung

Dem
folgte das Finanzgericht nicht und entschied, dass die Tochter die verbliebenen
Erhaltungsaufwendungen der Mutter nicht als eigene Werbungskosten geltend
machen kann. Hierfür fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. Die gesetzliche
Regelung sieht nicht vor, dass der Einzelrechtsnachfolger die steuerlichen
Vergünstigungen, hier die Verteilung der Erhaltungsaufwendungen auf mehrere
Jahre, fortführen darf.

 

5.  
Dienstjubiläum:
Aufwendungen für die Feier können abziehbar sein

 

Feiert der Arbeitnehmer sein
Dienstjubiläum und lädt er dazu die Gäste nach abstrakten berufsbezogenen
Kriterien ein, handelt es sich bei der Feier um ein berufliches Ereignis. Die
Aufwendungen können deshalb als Werbungskosten geltend gemacht werden.

 

Hintergrund

Anlässlich
seines 40-jährigen Dienstjubiläums lud der Finanzbeamte A an einem Arbeitstag
für die Zeit von 11 Uhr bis 13 Uhr zu einer Feier ein, die in einem Raum des
Finanzamts stattfand. Die Einladung erging per E-Mail an alle Mitarbeiter im
Haus. A besorgte Wein, Sekt und Häppchen. Die Kosten von insgesamt 830 EUR
machte A als Werbungskosten geltend. Sowohl das Finanzamt als auch das
Finanzgericht lehnten einen Werbungskostenabzug jedoch ab. Denn ein
Dienstjubiläum ist ein privates Ereignis, außerdem bestand für A auch keine
Verpflichtung, eine Feier auszurichten.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof zeigt sich hier großzügiger und entschied, dass die
Aufwendungen für die Feier des Dienstjubiläums beruflich veranlasst und damit
Werbungskosten sind.

Ob
die Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, hängt vor allem vom
Anlass der Feier ab. Er ist aber nur ein Indiz, nicht das alleinentscheidende
Kriterium. Deshalb kann trotz eines persönlichen Ereignisses eine berufliche
Veranlassung vorliegen. Umgekehrt gilt: Auch wenn ein berufliches Ereignis
vorliegt, sind die Kosten damit nicht automatisch beruflich veranlasst.

Deshalb
müssen für die Frage der beruflichen Veranlassung weitere Kriterien
herangezogen werden. Diese sind:

          
Wer
tritt als Gastgeber auf?

          
Wer
bestimmt die Gästeliste?

          
Sind
die Gäste nur Kollegen, Geschäftsfreunde und Mitarbeiter oder auch private
Bekannte oder Angehörige?

          
Ort
der Veranstaltung

          
Bleiben
die Kosten im Rahmen vergleichbarer Veranstaltungen?

          
Hat
das Fest einen eher betrieblichen oder einen privaten Charakter?

Werden
zum Beispiel Arbeitskollegen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten
betrieblichen Einheit oder nach ihrer Funktion eingeladen, ist naheliegend,
dass die Aufwendungen für diese Gäste (nahezu) ausschließlich beruflich
veranlasst sind. Stehen dagegen nur einzeln ausgesuchte Arbeitskollegen auf der
Gästeliste, lässt dies auf private Beziehungen und somit auf eine nicht nur
unerhebliche private Mitveranlassung schließen.

Im
Ergebnis waren deshalb die dem A entstandenen Aufwendungen (nahezu)
ausschließlich beruflich veranlasst. Das Dienstjubiläum ist zum einen ein
berufsbezogenes Ereignis. Zum anderen waren nicht nur befreundete Kollegen, sondern
alle Amtsangehörigen eingeladen. Auch die Höhe der Kosten (nicht mal 17 EUR pro
Gast), der Veranstaltungsort und die Veranstaltungszeit sprechen für einen
beruflichen Charakter der Feier. Darüber hinaus lag für die Feier sogar eine
Genehmigung durch die Amtsleitung vor.

 

6. Nichteheliche
Lebensgemeinschaft: Kein Ehegattensplitting

 

Den günstigen Splittingtarif können nur
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner beanspruchen. Für nichteheliche
Lebensgemeinschaften gilt er dagegen nicht.

 

Hintergrund

Die
Kläger leben in einem gemeinsamen Haushalt zusammen mit ihren 3 gemeinsamen
Kindern. Sie sind nicht miteinander verheiratet. In ihrer Steuererklärung
beantragten die Kläger die Zusammenveranlagung und begehrten die Anwendung des
Splittingtarifs. Sie begründeten dies mit der gesetzlichen Regelung, nach der
die für Eheleute geltenden steuerlichen Vorschriften auch für
“Lebenspartnerschaften” anzuwenden sind. Das Finanzamt lehnte jedoch die
Zusammenveranlagung ab.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte diesen Argumenten nicht und
wies die Klage ab. Denn der im Gesetz verwendete Begriff der
“Lebenspartnerschaften” umfasst ausschließlich gleichgeschlechtliche
eingetragene Lebenspartnerschaften.

Sowohl bei der Ehe als auch bei der eingetragenen
Lebenspartnerschaft handelt es sich um rechtlich institutionalisierte Formen
einer Partnerschaft. Für das Zusammenleben der Partner bzw. Ehegatten gelten
rechtliche Bindungen. Wer keine solche rechtliche Bindung eingeht, soll
steuerlich auch nicht begünstigt werden. Es ist nicht ersichtlich, dass der
Gesetzgeber dies gewollt hatte.

Die gesetzliche Regelung, auf die sich die Kläger
berufen haben, wurde zur Umsetzung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
eingeführt, um die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften
im Vergleich zu Ehen bei Anwendung des Splittingtarifs zu beseitigen. Sie gilt
also nicht für nichteheliche, verschiedengeschlechtliche Partner.

 

7.  
Kies statt
Rasen: Zulässige Gartengestaltung oder bauliche Veränderung?

 

Gestaltet eine Wohnungseigentümerin eine
Gartenfläche um und ersetzt sie den Rasen durch Kies, kann dies eine zulässige
Gartengestaltung darstellen, wenn die Fläche als Ziergarten ausgewiesen ist.

 

Hintergrund

Die
Beklagte ist Eigentümerin einer Wohnung im Erdgeschoss einer
Wohnungseigentumsanlage. An der an diese Wohnung angrenzenden Gartenfläche hat
sie ein Sondernutzungsrecht. Die Fläche darf laut Teilungserklärung als Rasen
und/oder als Ziergarten genutzt werden. Nicht gestattet sind Gewächse von mehr
als 3 Metern Höhe sowie die Errichtung von Bauwerken wie z. B. einem
Gartenhäuschen.

Zunächst
befand sich auf der Fläche Rasen, der mit Beeten umgeben war. Ende 2014
beseitigte die Beklagte den Rasen und bedeckte die Fläche mit Kies, auf der sie
Gartenmöbel aufstellte. Um die Kiesfläche herum setzte sie verschiedene
Grünpflanzen ein.

Die
Eigentümer einer anderen Wohnung halten die Umgestaltung der Gartenfläche für
eine bauliche Veränderung. Zudem verstößt die Anlage der Kiesfläche gegen die
Teilungserklärung.

 

Entscheidung

Vor
Gericht hatte die Klage auf Rückbau keinen Erfolg. Denn nach Ansicht der
Richter bewegt sich die Umgestaltung der Gartenfläche im Rahmen der
Teilungserklärung, nach der die Fläche als Rasen und/oder als Ziergarten
ausgestaltet sein soll. Durch die Gestaltung nicht nur mit Kies, sondern auch
mit Grünpflanzen handelt es sich immer noch um einen Ziergarten im Sinne der
Teilungserklärung.

Ein
Ziergarten ist ein Garten, der – anders als ein Nutzgarten – nicht vorrangig
dem Anbau und der Verwertung von Nutzpflanzen dient. Im Ziergarten werden
Pflanzen lediglich aufgrund gestalterischer und ästhetischer Aspekte in
unterschiedlichen Kombinationen verwendet, insbesondere auch unter Verwendung
von Pflasterungen und Bekiesungen.

Diese
Voraussetzungen erfüllt die von der Eigentümerin gestaltete Fläche. Um die
Kiesfläche herum befinden sich ausreichend abwechslungsreiche Grünpflanzen, die
nach Meinung des Gerichts im gesamten Bereich einen gelungenen grünen
Gesamteindruck ergeben.

 

8.  Falschparker
muss nicht angerufen werden

 

Wer falsch parkt, muss damit rechnen,
abgeschleppt zu werden. Auch wenn der Falschparker an seinem Auto eine
Telefonnummer hinterlässt, darf er sich nicht darauf verlassen, dass er vor dem
Abschleppen angerufen wird.

 

Hintergrund

Ein
Autofahrer stellte sein Fahrzeug auf einem als privater Parkplatz
gekennzeichneten Grundstück ab. Der Fahrer hinterließ hinter der
Windschutzscheibe einen Zettel mit dem Hinweis “Bei Parkplatzproblemen bitte
anrufen” und seiner Handynummer.

Die
Grundstückseigentümerin ließ das Fahrzeug abschleppen, ohne den Fahrer zuvor
anzurufen. Der Abschleppdienst berechnete insgesamt 253 EUR.

Diese
Kosten verlangt der Fahrer von der Grundstückseigentümerin zurück. Er ist der
Ansicht, dass das Abschleppen unverhältnismäßig war. Da er sich in der Nähe
aufgehalten hatte, hätte er das Fahrzeug umgehend entfernen können. Darüber
hinaus wurde durch sein Fahrzeug niemand behindert. Und außerdem sind die
Abschleppkosten viel zu hoch.

 

Entscheidung

Mit
seiner Klage blitzte der Falschparker vor Gericht ab. Denn dieses entschied,
dass das Abschleppen rechtmäßig war. Der Fahrer kann deshalb keine Rückzahlung
der Abschleppkosten verlangen.

Gegen
das unbefugte Parken auf ihrem Grundstück durfte sich die
Grundstückseigentümerin wehren. Dass sie das falsch geparkte Auto abschleppen
ließ, ohne den Fahrer vorher anzurufen, beanstandete das Gericht nicht. Der
Grundstückseigentümerin war es nicht zuzumuten, einen ihr unbekannten
Kraftfahrzeughalter mitten in der Nacht anzurufen, mit dem sie zudem in
keinerlei geschäftlichem Kontakt stand.

Aus
dem Zettel hinter der Windschutzscheibe ging darüber hinaus nicht hervor, dass
das Auto nur wenige Minuten auf dem Parkplatz stehen sollte. Eher das Gegenteil
war der Fall. Ebenso wenig konnte dem Zettel entnommen werden, dass sich der
Fahrer bei einem Anruf sofort einfinden wird. Weder der Aufenthaltsort und noch
der Zweck seines Aufenthalts wurden darin mitgeteilt.

An
der Höhe der Kosten hatte das Gericht ebenfalls nichts auszusetzen. Die
Abschleppkosten zuzüglich des Nachtzuschlags waren ortsüblich, ebenso die
Dokumentationskosten.

 

9. Miete für
Rauchwarnmelder dürfen nicht als Betriebskosten umgelegt werden

 

Kauft ein Eigentümer Rauchwarnmelder für
seine vermietete Wohnung, darf er diese Kosten nicht auf den Mieter umlegen.
Das Gleiche gilt bei der Anmietung dieser Geräte. Die Miete gehört nicht zu den
umlagefähigen Betriebskosten.

 

Hintergrund

Der
Mieter muss laut Mietvertrag die Betriebskosten i. S. d.
Betriebskostenverordnung tragen. Zu den im Einzelnen aufgelisteten
Betriebskostenarten gehören auch die Miet- und Wartungskosten für Rauchmelder.

Zwischen
Mieter und Vermieter ist jedoch umstritten, ob und inwieweit die Kosten für die
Miete und die Wartung der Rauchwarnmelder als Betriebskosten umlagefähig sind.

 

Entscheidung

Vor Gericht hatten sowohl die Mieter als auch der
Vermieter teilweise Erfolg.

Die Mieter müssen zwar die Kosten für die Wartung der
Rauchwarnmelder tragen. Dagegen kann der Vermieter die Kosten für die Miete der
Geräte nicht auf die Mieter umlegen.

Die Kosten für die Anmietung von Rauchwarnmeldern
gehören nicht zu den umlegbaren Betriebskosten. Trotz der Vereinbarung im
Mietvertrag müssen die Mieter diese Kosten also nicht tragen. Die Mietkosten
treten hier an die Stelle der Anschaffungskosten und diese stellen keine
Betriebskosten dar.

Zwar sind die Kosten der Anmietung von Wasser- und Wärmezählern
Betriebskosten. Diese Ausnahmeregelung gilt jedoch ausschließlich für
Zählermieten und ist nicht auf die Anmietung anderer technischer Einrichtungen
anwendbar.

Der Umlage steht auch der Grundsatz entgegen, dass die
Kosten für die Anschaffung und den Austausch von technischen Einrichtungen für
das Mietobjekt keine Betriebskosten darstellen. Diesen Grundsatz kann der
Vermieter nicht dadurch umgehen, dass er die Einrichtungen nicht kauft, sondern
mietet.

 

10. Allergie
durch Druckerstaub: Bei einem Finanzbeamten kein Dienstunfall

 

In einem Finanzamt besteht normalerweise
wenig Gefahr, eine Hauterkrankung zu erleiden. Deshalb wird eine Hautallergie
eines Finanzbeamten gegen Tonerstaub in der Raumluft und auf den Akten nicht
als Dienstunfall gewertet.

 

Hintergrund

Ein
Finanzbeamter machte geltend, durch Tonerstaub aus Laserdruckern an einer
Kontaktdermatitis erkrankt zu sein. Dieser Staub findet sich sowohl in der
Raumluft der Finanzämter als auch auf den Akten. Die Oberfinanzdirektion lehnte
es ab, die Erkrankung als Dienstunfall anzuerkennen. Beim Verwaltungsgericht
hatte der Beamte mit seiner Klage keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Auch die Berufung beim Oberverwaltungsgericht hatte
keinen Erfolg, denn das Gericht ließ diese erst gar nicht zu. Nach Ansicht der
Richter ist nicht nur eine Gefahr der Erkrankung erforderlich. Der Beamte muss
darüber hinaus dieser Gefahr besonders ausgesetzt sein. Die besondere
Gefährdung muss für die dienstliche Verrichtung des Beamten typisch sein und in
erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung bestehen.

Zwar kann im vorliegenden Fall der Tonerstaub durchaus
eine Kontaktdermatitis verursachen. Doch bringt die Tätigkeit im Innendienst
eines Finanzamts keine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung an einer
Kontaktdermatitis mit sich, auch ist diese Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich
höher als in anderen Berufen.

 

11. Wer haftet
für einen Unfall beim Ausparken? Das kommt darauf an

 

Wer beim Ausparken einen Unfall
verursacht, ist meist schuld daran. Doch es gibt Ausnahmen. Missachtet ein anderer
Verkehrsteilnehmer z. B. eine durchgezogene Mittellinie und stößt er deshalb
mit dem ausparkenden Auto zusammen, haftet nämlich nicht der Ausparkende.

 

Hintergrund

Ein Mercedes-Fahrer wollte aus einer Parkbucht am
Seitenrand ausparken. Hinter ihm wartete bereits ein Fahrzeug auf den frei
werdenden Parkplatz. Als der Mercedes gerade aus der Parkbucht fuhr, überholte
der Beklagte mit seinem Auto das wartende Fahrzeug und stieß mit dem
ausparkenden Mercedes zusammen. Der Beklagte hatte beim Überholen eine
durchgezogene Linie überfahren.

Die Versicherung des Beklagten regulierte den Schaden
nur zu 2/3. Damit war der ausparkende Mercedes-Fahrer nicht einverstanden.

Entscheidung

Die Klage des Mercedes-Fahrers hatte Erfolg. Er
bekommt den Schaden zu 100 % ersetzt. Zwar konnte der Kläger nicht nachweisen,
dass er vor dem Ausfahren aus der Parkbucht nach hinten geschaut hatte. Auch
spricht der Anscheinsbeweis erst einmal für ein Verschulden des Ausparkenden.

Diese Punkte treten jedoch hinter das grobe
Verschulden des Beklagten zurück. Denn dieser hatte eine durchgezogene Linie
überfahren, bei unklarer Verkehrslage überholt, fehlerhaft die Fahrspur
gewechselt und war mit einer unangemessenen Geschwindigkeit gefahren.

Das Verbot, eine durchgezogene Linie zu überfahren,
schützt nicht nur den Gegenverkehr, sondern nach Ansicht des Gerichts auch
einen vom Fahrzeugrand anfahrenden Fahrzeugführer. Wegen der Enge der Straße
wirkt das Verbot, die Linie zu überfahren, faktisch wie ein Überholverbot. Ein
Vorausfahrender darf sich deshalb darauf verlassen, dass er an dieser Stelle
nicht überholt wird.

 

12. Wohnungseigentum:
Einsichtnahme grundsätzlich nur beim Verwalter

 

Wohnungseigentümer haben das Recht auf
Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen, allerdings nur in den Geschäftsräumen
des Verwalters. Dies gilt auch dann, wenn der Eigentümer weit entfernt von der
Wohnungseigentümeranlage und dem Verwalterbüro wohnt. Die Übersendung von
Kopien kann nur ausnahmsweise verlangt werden.

 

Hintergrund

Die
Eigentümer wohnen 500 Kilometer entfernt von der Wohnungseigentumsanlage, in
deren unmittelbarer Nähe sich auch das Büro des Verwalters befindet. Sie
verlangten vom Verwalter die Übersendung von Kopien aus dem Abrechnungsjahr
2013. Der Verwalter verwies die Eigentümer dagegen auf eine Einsichtnahme in
seinem Büro.

 

Entscheidung

Die Eigentümer können vom Verwalter nicht verlangen,
ihnen Kopien der Belege zu übersenden. Denn das Recht des Wohnungseigentümers
auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen ist grundsätzlich in den
Geschäftsräumen des Verwalters auszuüben. Nur ausnahmsweise besteht eine
Versendungspflicht des Verwalters, wenn der einzelne Eigentümer die ihm zustehenden
Informationen nicht rechtzeitig erlangen kann, beispielsweise vor einer
Eigentümerversammlung. Auch die räumliche Entfernung des Eigentümers vom Ort
der möglichen Einsichtnahme und die Zumutbarkeit einer Anreise sind zu
berücksichtigen, ebenso wie die Anzahl der geforderten Belege sowie der mit dem
Kopieren verbundene Zeitaufwand.

Nach Auffassung des Gerichts war es im vorliegenden
Fall jedoch den Eigentümern grundsätzlich zuzumuten, einmal pro Jahr zur
Eigentümerversammlung anzureisen. Am Vortag der Versammlung hätten sie Einsicht
in die Unterlagen am Sitz der Verwaltung nehmen und die Unterlagen dort
kopieren können. Dass sie dazu nicht in der Lage sind, haben die Eigentümer
nicht ausreichend dargelegt.