Mandantenbrief Steuern Privatpersonen November 2015

 

Privatbereich

1.

Raucherpausen müssen nicht vergütet
werden

2.

Dienstreise-Kaskoversicherung:
Prämienzahlung muss nicht versteuert werden

3.

Diktiergerät und Excel-Tabelle:
Kann damit ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werden?

4.

Nachzahlung einer Rente: Zinsen
sind Kapitaleinkünfte

5.

Zusammenveranlagung trotz neuem
Lebensgefährten?

6.

Trinkgelder sind auch in der
Spielbank steuerfrei

7.

Hintergrunddienst der
Rettungshelfer: Vergütungen sind steuerfrei

8.

Wann Gewinne aus Pokerturnieren
steuerpflichtig sind

9.

Erbschaftsteuer: Wann wird ein
Haus für eigene Wohnzwecke genutzt?

10.

Arbeitszimmer: Auch bei
Alleinerziehenden nur eingeschränkt absetzbar

11.

Ausbildung und Studium: Wann
liegt eine einheitliche Ausbildung vor?

12.

Schenkung: Wann der Mangel der
Form geheilt ist

13.

Pflichtveranlagungsgrenze: Wann
sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen?

14.

Wohnungseigentum: Darf die
Gemeinschaft einen hohen Kredit aufnehmen?

15.

Unfall beim Kolonnenfahren: Kein
Schadensersatz

16.

Sparguthaben der Kinder: Wann
Eltern es verwenden dürfen

17.

Arbeitsunfall in der Pause nur
bei besonderem betrieblichen Bezug

18.

Wann darf eine Internet-Auktion
vorzeitig abgebrochen werden?

19.

Auslandsführerschein: Fehlende
Umschreibung kann teuer werden

 

1.  Raucherpausen
müssen nicht vergütet werden

 

Ein Arbeitnehmer wollte eine Vergütung für
seine Raucherpausen haben und zog sogar vor das Arbeitsgericht. Ohne Erfolg –
zur Erleichterung des Arbeitgebers.


 Hintergrund

Im Betrieb der beklagten Arbeitgeberin konnten die
Beschäftigten den Arbeitsplatz für eine sogenannte Raucherpause jederzeit
verlassen – ohne sich dafür am Zeiterfassungsgerät an- bzw. abzumelden. Im Zuge
des Nichtraucherschutzgesetzes war das Rauchen auf dem Betriebsgelände nur noch
auf einer Raucherinsel nahe der Stechuhr erlaubt war. 2012 wurde zwischen den
Betriebsparteien eine Betriebsvereinbarung über das Rauchen im Betrieb
geschlossen, in der festgelegt wurde, dass beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum
Rauchen das nächstgelegene Zeiterfassungsgerät zum Ein-und Ausstempeln zu
benutzen sei. Die Betriebsvereinbarung trat zum 1. Januar 2013 in Kraft.

Für Januar 2013 wurden dem Kläger 210 Minuten, für
Februar 96 und für März 572 Minuten für seine Raucherpausen von der Arbeitszeit
abgezogen und nicht vergütet. Das wollte der Arbeitnehmer nicht hinnehmen und
erhob im Juli 2014 Klage auf die restliche Vergütung der 3 Monate.

Seine Forderung begründete er damit, dass er einen
Anspruch auf Vergütung seiner Raucherpausen aus betrieblicher Übung habe. Aus
dem Verhalten der Arbeitgeberin habe er schließen können, dass sie auch künftig
Raucherpausen bezahlen werde, da bislang keine Lohnabzüge dafür vorgenommen
wurden. Die Raucherpausen im Umfang von durchschnittlich 60 bis 80 Minuten pro
Tag seien durch Fortzahlung der Vergütung gebilligt worden. Die Betriebsvereinbarung
habe den arbeitsvertraglichen Anspruch aus betrieblicher Übung nicht wirksam
geändert, sondern regle nur die Zeiterfassung. Die Frage nach einer
Entgeltzahlungspflicht sei davon gerade nicht betroffen.


Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht schloss sich der
Argumentation des Arbeitnehmers nicht an: Je mehr die vom Arbeitgeber gewährte
Vergünstigung als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Leistung
anzusehen sei, desto mehr spräche dies dafür, dass Arbeitnehmer auf die
Weitergewährung der Leistung vertrauen könnten. Die Bezahlung der Raucherpausen
stünde jedoch in keinem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung. Ohne eine
Rechtsgrundlage bedürfe es ganz besonderer Anhaltspunkte, damit ein
Arbeitnehmer darauf vertrauen könne, auch ohne jede Gegenleistung vom
Arbeitgeber bezahlt zu werden. Solche Anhaltspunkte sahen beide Instanzen aber
gerade nicht gegeben.

Würde die Arbeitgeberin weiterhin die Raucherpausen
vergüten, würde dies eine Privilegierung der Raucherpausen im Vergleich zu den
normalen Pausen darstellen, denn auch diese erfolgten in aller Regel unbezahlt.
Diese Besserstellung gegenüber nicht rauchenden Arbeitnehmern sei nicht hinzunehmen:
Aufs Jahr hochgerechnet arbeite der Arbeitnehmer einen Monat weniger, wolle
aber den gleichen Lohn erhalten.

 

2.  Dienstreise-Kaskoversicherung:
Prämienzahlung muss nicht versteuert werden

 

Eine Dienstreise-Kaskoversicherung darf
neben den steuerfreien Kilometerpauschalen gewährt werden. Hat also ein
Arbeitgeber eine solche Versicherung für private Kfz von Arbeitnehmern
abgeschlossen, führt die Prämienzahlung nicht zum Lohnzufluss.


 Hintergrund

Benutzt der Mitarbeiter ein eigenes Kfz, können
anstelle der tatsächlichen Fahrtkosten aus Vereinfachungsgründen auch pauschale
Kilometersätze je gefahrenem Kilometer erstattet werden. Seit dem 1.12014 sind
die pauschalen Kilometersätze für die Benutzung von Kraftfahrzeugen im Rahmen
von Auswärtstätigkeiten gesetzlich geregelt.

An der Höhe der Kilometerpauschale hat sich aber
nichts geändert: Höchstgrenze bei Nutzung eines Kraftfahrzeugs sind das 0,30
EUR pro gefahrenem Kilometer. Die tatsächlichen Kosten werden dann nicht
geprüft.

 Verwaltungsanweisung

Die Verwaltung weist jetzt in einem Erlass darauf hin,
dass die Kilometerpauschale in Höhe von 0,30 EUR unvermindert auch dann gilt,
wenn der Mitarbeiter keine eigene Fahrzeug-Vollversicherung, sondern der
Arbeitgeber eine Dienstreise-Kaskoversicherung für ein Kraftfahrzeug des
Arbeitnehmers abgeschlossen hat.

Die bisherige Verwaltungsanweisung – auf der Grundlage
älterer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -, wurde mit sofortiger Wirkung
aufgehoben. Nach dieser Anweisung konnte in diesen Fällen nur eine verminderte
Kilometerpauschale steuerfrei ersetzt werden.

 

3.  Diktiergerät
und Excel-Tabelle: Kann damit ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werden?


 Mitarbeiter, die einen Firmenwagen privat
nutzen dürfen, können den damit verbundenen geldwerten Vorteil nach der 1
%-Regelung oder der Fahrtenbuchmethode berechnen. Bei der Erstellung eines
elektronischen Fahrtenbuchs gelten allerdings besonders strenge Regeln, wie ein
aktuelles Urteil mal wieder zeigt.

 

Hintergrund

Der Kläger führte sein Fahrtenbuch in Form eines
Diktiergeräts. Dabei diktierte er zu Beginn einer Fahrt den Zweck der Fahrt,
das Datum und den Kilometerstand. Unterwegs sprach er besondere Vorkommnisse
(z. B. Staus, Straßensperrungen oder Umleitungen) und am Ende wiederum den
Kilometerstand auf das Gerät. Während der Eingaben lief das Radio, nach Angaben
des Klägers, um seine Angaben zu untermauern. Die Ansagen auf dem Band wurden
von seiner Sekretärin im Durchschnitt zweimal wöchentlich in Excel-Dateien
übertragen. Die Blätter wurden aufbewahrt und am Jahresende jeweils gebunden.
Die Bänder wurden ebenfalls aufbewahrt und nicht überspielt. Der
Lohnsteuer-Außenprüfer erkannte das Fahrtenbuch jedoch nicht an und ermittelte
den geldwerten Vorteil nach der 1 %-Regelung.

 


Entscheidung

Die hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht
hatte keinen Erfolg. Das Fahrtenbuch, dessen Ordnungsmäßigkeit zu überprüfen
ist, sind nach dem Urteil die einzelnen vom Kläger im Pkw besprochenen
Kassetten und nicht die Excel-Tabellen. Denn letztere können jederzeit geändert
werden. Die besprochenen Kassetten stellen aber kein ordnungsgemäßes
Fahrtenbuch dar. Sie sind jederzeit änderbar. Jedes einzelne Band kann komplett
neu besprochen werden und sie sind nicht gegen Verlust gesichert. Zudem ist
nach Auffassung der Richter nicht mit vertretbarem Aufwand überprüfbar, ob die
Bänder „eins zu eins“ in die Excel-Tabellen übertragen wurden.

Nach Auffassung des Gerichts ist ein nicht
handschriftliches, sondern ein mithilfe von elektronischen Aufzeichnungen
erstelltes Fahrtenbuch nur dann ordnungsgemäß, wenn die elektronische
Aufzeichnung unmittelbar ausgedruckt wird.

 

4. Nachzahlung
einer Rente: Zinsen sind Kapitaleinkünfte

 

Werden im Zusammenhang mit einer
Rentennachzahlung Zinsen gezahlt, gehören diese zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

 

Hintergrund

Eine Steuerpflichtige bezog im Jahr 2006 von der
Deutschen Rentenversicherung Bund Einkünfte u. a. aus einer Altersrente für
schwerbehinderte Menschen. Mit Rentenbescheid vom 2.11.2005 wurde diese Rente
neu festgestellt. Der Steuerpflichtigen wurden im Jahr 2006 für die Zeit vom
1.5.1999 bis 31.12.2005 eine Nachzahlung in Höhe von 10.850,08 EUR netto sowie
hierauf entfallende Zinsen in Höhe von 1.399,75 EUR ausgezahlt.

Das Finanzamt berücksichtigte die Nachzahlung und die
Zinsen im Einkommensteuerbescheid 2006 erklärungsgemäß als sonstige Einkünfte
mit einem Besteuerungsanteil von 50 %. Im Einspruchsverfahren begehrte die
Steuerpflichtige die Zuordnung der Zinsen zu den Einkünften aus
Kapitalvermögen, weil nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrags und des
Sparerfreibetrags keine steuerpflichtigen Einkünfte verbleiben würden.

Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung
ab, seit der Neufassung durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) gehörten zu
den sonstigen Einkünften Leibrenten und andere Leistungen, die aus den
gesetzlichen Rentenversicherungen erbracht werden. Der Gesetzeswortlaut erfasse
auch die Zinsgutschrift.


 Entscheidung

Einnahmen aus Kapitalvermögen bezieht derjenige, der
Entgelt zur Nutzung überlässt; zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören
alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine
Kapitalnutzung sind. Unerheblich ist es, ob der Überlassung von Kapital ein
Darlehensvertrag oder ein anderer Rechtsgrund zugrunde liegt. Auch die vom
Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung kann zu Einnahmen aus Kapitalvermögen
führen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Auszahlung des Kapitals selbst
steuerpflichtig ist.

Zinsen, die für eine verspätet gezahlte Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit gezahlt werden, sind steuerpflichtige Einnahmen.
Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf
eines Kalendermonats nach Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des
Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 % zu verzinsen. Nach der Vorstellung des
Gesetzgebers sollen mit der Zinszahlung Nachteile ausgeglichen werden, die der
Berechtigte durch die verspätete Zahlung der Sozialleistungen erleidet. Die
Zinsen werden insoweit für das unberechtigte Vorenthalten der Rentenbezüge und
zum Ausgleich der mit der verspäteten Zahlung verbundenen Nachteile geleistet.
Wirtschaftlich betrachtet sind die Zinsen damit auch Entgelt für die verspätete
Zahlung, d. h. die Vorenthaltung von Kapital, und unterliegen deshalb der
Besteuerung, und zwar als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

 

5. Zusammenveranlagung
trotz neuem Lebensgefährten?

 

Voraussetzung für die Zusammenveranlagung
ist, dass die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben. Ist dieses dauernde
Getrenntleben auch dann gegeben, wenn der Ehepartner im Pflegeheim
untergebracht ist und der andere Ehepartner mit einem neuen Lebensgefährten
zusammenlebt?

 

Hintergrund

Die Ehegatten A und B sind beide 60 Jahre alt und seit
1980 verheiratet. B erkrankte in 2006 an Demenz. Sie wurde zunächst von A
zuhause gepflegt und nach Verschlimmerung der Krankheit in 2012 in ein
Pflegheim verlegt. A besucht seine Ehefrau mehrmals die Woche und kommt für die
Kosten des Pflegeheims sowie für die zusätzlich entstehenden Krankheitskosten
auf. Des Weiteren regelt er auch ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten.
Seit Ende 2013 lebt A mit einer neuen Lebensgefährtin in seinem vormals mit B
bewohnten Haus zusammen.


Entscheidung

Nach Ansicht des Finanzgerichts beruht die räumliche
Trennung auf zwingenden äußeren Umständen, weil die häusliche Pflege nicht mehr
möglich ist. In diesem Fall kann nicht grundsätzlich von einem dauernden
Getrenntleben ausgegangen werden, wenn (später) eine neue Beziehung eingegangen
wird. Wird nämlich nach der räumlichen Trennung und auch nach Eingehen der
neuen Beziehung die eheliche Lebensgemeinschaft in dem noch möglichen Rahmen aufrechterhalten
(z. B. Besuche, Erledigung der vermögensrechtlichen Angelegenheiten), zeigt
dies, dass nach der inneren Einstellung die persönliche und geistige
Gemeinschaft mit der Ehefrau bestehen bleiben soll. Zwar kann nicht mehr von
einer fortbestanden Absicht ausgegangen werden, dass nach dem Wegfall der
zwingenden äußeren Hindernisse die volle Lebensgemeinschaft mit der Ehefrau
wieder hergestellt wird; dies ist aber zumindest dann unbeachtlich, wenn bei
einer Krankheit nicht mit einer nachhaltigen Genesung gerechnet werden kann.

Etwas anderes könne auch nicht aus Art. 6 GG
hergeleitet werden, weil der resultierende Schutz der Ehe nicht gebietet, dass
die steuerliche Zusammenveranlagung zu versagen ist, wenn ein Ehegatte neben
einer ehelichen noch eine nichteheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft
führt. Auch das Gebot der Einehe wird nicht betroffen, weil der
Steuerpflichtige nicht mehrere sondern nur eine Ehe führt. Daher ist hier A und
B die Zusammenveranlagung (auch für 2014) zu gewähren.

 

6.   Trinkgelder
sind auch in der Spielbank steuerfrei


Zahlen Kunden einer Spielbank an die
Saalassistenten für das Servieren von Speisen und Getränken Trinkgelder, sind
diese steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber als eine Art
Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist.


 Hintergrund

K war in einer Spielbank als eine Art Kellner (sog.
Saalassistent) mit dem Bedienen der Spielbankkunden betraut; er gehörte nicht
zum spieltechnischen Personal. Im Gehaltstarifvertrag der Spielbank wurden die
freiwilligen Zuwendungen von Besuchern an die Saalassistenten als Trinkgelder
bezeichnet, die arbeitstäglich zu erfassen und ausschließlich zugunsten der
Saalassistenten zu verwenden sind. Die Saalassistenten erhielten aus dem
Aufkommen monatlich vorab einen pauschalen Anteil, der Restbetrag wurde nach
einem festgelegten Punktesystem von der Spielbank an diese verteilt. Das
Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich dabei nicht um steuerfreie
Trinkgelder gehandelt habe. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die
Zuwendungen seien nicht steuerfrei, weil sie dem Arbeitgeber zugeflossen und
von diesem an die Arbeitnehmer gezahlt worden seien. Die Zuwendungen seien
deshalb steuerpflichtiger Arbeitslohn.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab dem Kläger Recht; er
betrachtete die Zuwendungen als steuerfreie Trinkgelder.

Seine Begründung: Bei den von den Spielbankkunden an
die Saalassistenten über den Rechnungsbetrag hinaus gezahlten Geldern handele
es sich um freiwillige Zahlungen, auf die kein Rechtsanspruch bestehe. Zwischen
dem Leistenden und dem Empfänger liege die für ein Trinkgeld typische
persönliche und unmittelbare Leistungsbeziehung vor. Ein Trinkgeldannahmeverbot
bestehe hier nicht. Auch wenn die Trinkgelder erst von der Spielbank an die
Saalassistenten ausgezahlt würden, müsse von einer „Zuwendung durch einen
Dritten“ ausgegangen werden, weil der Arbeitgeber Spielbank lediglich als
eine Art Treuhänder bei der Verteilung der Einnahmen eingeschaltet worden sei.
Dieses Verteilungssystem sei vergleichbar mit einer „Poolung von Einnahmen“,
wie sie beispielsweise bei Richtfestgeldern oder im Friseurgewerbe üblich
seien.

 

7.  
Hintergrunddienst
der Rettungshelfer: Vergütungen sind steuerfrei

 

Rettungshelfer sind nicht nur für
Rettungseinsätze da. Sie werden z. B. auch für den Hintergrunddienst von Hausnotrufbetreibern
benötigt. Die für diese Tätigkeit gezahlte Vergütung ist steuerfrei.

 

Hintergrund

Ein gemeinnütziger Verband der freien Wohlfahrtspflege
behandelte Aufwandsentschädigungen an Helfer im sog. Hintergrunddienst des
Hausnotrufdienstes als steuerfrei. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die
Auffassung, dass die Steuerfreiheit nur insoweit eingreife, als die Helfer
tatsächlich Rettungseinsätze ausführten. Die eigentliche Tätigkeit im
Hausnotrufdienst falle jedoch nicht darunter.

Gegen die vom Finanzamt erlassenen
Lohnsteuer-Nachforderungsbescheide legte der Verein erfolglos Einspruch ein.


Entscheidung

Die Klage hatte jedoch Erfolg. Das Finanzgericht
entschied, dass die an die Helfer im sog. Hintergrunddienst des Hausnotrufs
gezahlten Vergütungen vollumfänglich der Steuerbefreiung unterliegen. Nach der
gesetzlichen Regelung bleiben Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten u. a.
zur Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag
einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer
Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke bis
zur Höhe von 2.400 EUR steuerfrei. Die Tätigkeit der Helfer im sog.
Hintergrunddienst des Hausnotrufs beinhaltet auch die Pflege alter, kranker und
behinderter Menschen. Dies gilt sowohl für die Zeiten, in denen die Helfer
tatsächlich Rettungseinsätze ausführen, als auch für die Bereitschaftszeiten
für derartige Einsätze. Denn wenn schon die bloße körperliche Pflege eines
Menschen begünstigt ist, muss dies erst recht für dessen Lebensrettung und
Gesunderhaltung gelten. Dies gilt jedoch nicht nur, soweit die Helfer im Hintergrunddienst
tatsächlich Rettungseinsätze ausführen, sondern auch für die Zeiten, in denen
sie sich für solche Einsätze lediglich bereithalten.

 

8. Wann Gewinne
aus Pokerturnieren steuerpflichtig sind

 

Wer gelegentlich mit Freunden eine Partie
Poker spielt, muss sich um die Besteuerung seines Gewinns keine Gedanken
machen. Bei der regelmäßigen Teilnahme an Pokerturnieren mit hohen Preisgeldern
sollte man allerdings bedenken: Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren
können als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen.

 

Hintergrund

Der Kläger hatte über Jahre hinweg hohe Preisgelder
aus der Teilnahme an Pokerturnieren (u. a. in den Varianten „Texas Hold´em“
und „Omaha Limit“) erzielt. Das Finanzamt hat diese der
Einkommensteuer unterworfen. Das Finanzgericht hat entschieden, dass die
Einkünfte des Klägers aus Turnierpokerspielen einkommensteuerbar sind.

 

Entscheidung

Dieses Urteil hat der Bundesfinanzhof jetzt bestätigt.
In der Urteilsbegründung haben die Richter erläutert, dass das
Einkommensteuergesetz die Besteuerung weder in positiver noch in negativer
Hinsicht an den Tatbestand des „Glücksspiels“ knüpft. Soweit dieser
Begriff in Vorschriften des Straf- oder Verwaltungsrechts ausdrücklich genannt
ist, ist dies für die Beurteilung der Frage, ob in steuerlicher Hinsicht
Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, nicht maßgeblich.

Zwar hat die ältere finanzgerichtliche Rechtsprechung
eine „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ – eines
der Merkmale des einkommensteuerlichen Begriffs des Gewerbebetriebs – verneint,
wenn eine Tätigkeit sich als „reines Glücksspiel“ darstellte (z. B.
Lottospiel). Im vorliegenden Verfahren wurde aber durch Auswertung zahlreicher
Quellen festgestellt, dass die vom Kläger gespielten Pokervarianten nicht als
reines Glücksspiel anzusehen seien, sondern schon bei einem durchschnittlichen
Spieler das Geschicklichkeitselement nur wenig hinter dem Zufallselement
zurücktrete.

Dies bedeutet nicht, dass jeder Turnierpokerspieler
mit dieser Tätigkeit einkommensteuerlich zum Gewerbetreibenden wird. Vielmehr
ist stets zwischen einem „am Markt orientierten“ einkommensteuerbaren
Verhalten und einer nicht steuerbaren Betätigung abzugrenzen. Diese Abgrenzung
findet aber vorrangig nicht bei einem Merkmal des „Glücksspiels“
statt, sondern bei den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen der Nachhaltigkeit und
der Gewinnerzielungsabsicht, ggf. auch bei der erforderlichen Abgrenzung zu
einer privaten Vermögensverwaltung. Diese weiteren Merkmale des
einkommensteuerlichen Gewerbebegriffs waren im Fall des Klägers nach den
Feststellungen der Vorinstanz aber ebenfalls erfüllt.

 

9.  
Erbschaftsteuer:
Wann wird ein Haus für eigene Wohnzwecke genutzt?

 

Die Befreiung von der Erbschaftsteuer für
ein Familienheim wird nur gewährt, wenn das Haus selbst zu eigenen Wohnzwecken
genutzt wird. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber aus zwingenden beruflichen
Gründen an der Nutzung für eigene Wohnzwecke gehindert ist.

 

Hintergrund

K ist Alleinerbe seines in 2009 verstorbenen Vaters V.
Zum Nachlass gehörte ein von V selbst genutztes Einfamilienhaus, das K nach dem
Erbfall renovierte und ab August 2010 vermietete. Weder K noch seine Familie
nutzten das Haus zu eigenen Wohnzwecken. Seit 2006 ist K als Professor an der
Universität X tätig. Er hatte sich dazu verpflichtet, seinen Wohnsitz an den
Dienstort oder in dessen Nähe zu verlegen. Dort wohnt er auch, seit 2010 in
einem von den Eheleuten neu errichteten Haus.

In der Erbschaftsteuer-Erklärung machte K die
Steuerbefreiung für ein Familienheim geltend. Er gab an, eine Selbstnutzung des
von V geerbten Hauses sei wegen seiner beruflichen Tätigkeit mit
Residenzpflicht in X bei der Entfernung von 500 km aus objektiv zwingenden
Gründen nicht möglich.

Das Finanzamt versagte die Steuerbefreiung, weil die
berufliche Tätigkeit des K kein zwingender Grund dafür sei, das Haus nicht für
eigene Wohnzwecke zu nutzen. Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht
ab.


Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Klage als unbegründet ab.

Die Steuerbefreiung erfasst u. a. die Wohnung in einem
mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück, wenn die Wohnung beim Erwerber
unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist. Die
Bestimmung zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt vor, wenn der
Erwerber die Absicht hat, das Haus selbst zu nutzen und diese Absicht auch
tatsächlich umsetzt. Der Erwerber muss also tatsächlich in die Wohnung
einziehen und diese entsprechend nutzen.

Es genügt nicht, wenn der Erwerber lediglich angibt,
die Wohnung sei zur Selbstnutzung bestimmt, könne aber aus zwingenden Gründen
nicht für eigene Wohnzwecke genutzt werden. Die Steuerbefreiung scheidet daher
aus, wenn der Erwerber von vornherein gehindert ist, die Wohnung für eigene
Wohnzwecke zu nutzen und deshalb auch tatsächlich nicht einzieht. Die Gründe,
die der Aufnahme der Selbstnutzung entgegenstehen sind unerheblich. Eine
Steuerbefreiung kommt daher selbst dann nicht in Betracht, wenn zwingende
Gründe den Erwerber an einer Selbstnutzung hindern. Nimmt der Erwerber die
Selbstnutzung überhaupt nicht auf, ist das erworbene Haus kein Familienheim und
damit der Erwerb nicht steuerbefreit.

 

10.
Arbeitszimmer:
Auch bei Alleinerziehenden nur eingeschränkt absetzbar

 

Aufwendungen für ein häusliches
Arbeitszimmer können auch von einer alleinerziehenden Mutter nur eingeschränkt
steuerlich geltend gemacht werden.

 

Hintergrund

Die Klägerin ist bei einer Verwaltungsbehörde
beschäftigt. Nach ihrer Scheidung traf sie mit ihrem Arbeitgeber eine
Vereinbarung über Telearbeit. Nach dieser Vereinbarung musste sie nur
vormittags im Büro anwesend sein und konnte am Nachmittag zu Hause arbeiten, um
ihren Sohn betreuen zu können. Dort nutzte sie ihre private Büroeinrichtung,
ihr Arbeitgeber stellte nur das Verbrauchsmaterial (Papier, Tintenpatronen für
den Drucker, Disketten, Software usw.) zur Verfügung und erstattete ihr
dienstlich notwendige Telefon-, Fax- und Internetkosten.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr
2011 machte die Klägerin die Aufwendungen für ihren Telearbeitsplatz (1.518,61
EUR) als Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers geltend. Das Finanzamt versagte
den Werbungskostenabzug mit der Begründung, dass der Klägerin im Verwaltungsgebäude
ihres Arbeitgebers ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.

 

Entscheidung

Die Klage blieb erfolglos. Aufwendungen für einen
Telearbeitsplatz im häuslichen Arbeitszimmer können nur dann abzugsfähig sein,
wenn dem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Im vorliegenden Fall habe der Klägerin nicht nur
vormittags, sondern auch an den Nachmittagen ein anderer Arbeitsplatz in den
Räumlichkeiten ihres Arbeitgebers zur Verfügung gestanden. Es sei ihr nicht
untersagt gewesen, ihren dienstlichen Arbeitsplatz auch nachmittags weiterhin
zu nutzen. Die Nutzung dieses Arbeitsplatzes sei auch nicht deshalb
eingeschränkt gewesen, weil ihn im Bedarfsfall bzw. in Zeiten bestehender Raumnot
auch andere Kolleginnen und Kollegen genutzt hätten. Ihr Einwand, sie arbeite
zu Hause auch außerhalb der Dienstzeiten, habe ebenfalls keinen Erfolg.

Dass sie alleinerziehende Mutter sei und ihren
dienstlichen Arbeitsplatz wegen der Kinderbetreuung nicht nutzen könne, sei
steuerrechtlich grundsätzlich unbeachtlich. Dabei handele es sich nämlich um
private Gründe, auch wenn Ehe und Familie verfassungsrechtlich geschützt seien.
Der Gesetzgeber habe speziell für Alleinerziehende eine Steuervergünstigung geschaffen
(Entlastungsbetrag für Alleinerziehende). Diese Förderung, die auch die
Klägerin erhalten habe, sei ausreichend, sodass keine verfassungsrechtlichen
Bedenken gegen die Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer
ersichtlich seien.

 

11. Ausbildung
und Studium: Wann liegt eine einheitliche Ausbildung vor?

 

Besteht eine Ausbildung aus mehreren
Teilen, z. B. betriebliche Ausbildung und anschließendes Studium, stellt sich
die Frage: Liegt eine einheitliche Ausbildung vor? Oder ist das Studium eine
Zweitausbildung?


 Hintergrund

Die Tochter des Klägers schloss ihre Schulausbildung
im März 2011 mit dem Abitur ab. Anschließend absolvierte sie eine Ausbildung
zur Kauffrau im Gesundheitswesen, die sie am 22.1.2014 erfolgreich abschloss.
Im September 2014 begann sie berufsbegleitend ein Studium mit der Fachrichtung „Betriebswirt
(VWA)“. Sie reduzierte die Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden. Die
Familienkasse vertrat die Auffassung, dass das Kind mit der Abschlussprüfung
zur Kauffrau im Gesundheitswesen eine abgeschlossene Ausbildung habe und das
nachfolgend begonnene Studium als Zweitstudium anzusehen sei, sodass Kindergeld
aufgrund der mit mehr als 20 Wochenstunden nachgegangenen Erwerbstätigkeit
nicht mehr zu gewähren sei.


 Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied,
dass die Ausbildung des Kindes zur Kauffrau im Gesundheitswesen als erstmalige
Berufsausbildung anzusehen ist.

Zwar können mehraktige Ausbildungsmaßnahmen Teil einer
einheitlichen Erstausbildung sein, wenn sie zeitlich und inhaltlich so
aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten
Abschlusses fortgesetzt werden soll und das angestrebte Berufsziel erst über
den weiter führenden Abschluss erreicht werden kann. Hierfür ist jedoch
Voraussetzung, dass die einzelnen Ausbildungsabschnitte integrative Teile einer
einheitlichen Ausbildung sind und die Klammer zwischen den beiden
Ausbildungsabschnitten durch den Anbieter des Ausbildungsganges gebildet wird.

Hier hatte das Kind jedoch selbst von vornherein eine
praktische Ausbildung mit anschließendem Aufbaustudium geplant, um sein
eigentliches Berufsziel zu erreichen.

 

12.  Schenkung:
Wann der Mangel der Form geheilt ist

 

Wird eine Schenkung ohne Einhaltung der
Form versprochen und erst nach dem Tod des Schenkenden vollzogen, gilt auch in
diesem Fall durch die Bewirkung der versprochenen Leistung der Mangel der Form
als geheilt.

 

Hintergrund

Der Vater (V) und die Mutter (M) des Sohnes (S)
unterhielten ein Gemeinschaftskonto bei einer Bank. V verstarb am 25.11.2003.
Alleinerbin war M. M hatte am 10.11.2003, also noch zu Lebzeiten des V, einen
Überweisungsauftrag erstellt, das Guthaben des Gemeinschaftskontos auf ein
Konto des S zu überweisen. Die Gutschrift erfolgte allerdings erst nach dem Tod
des V am 9.1.2004.

Das Finanzamt ging davon aus, 1/3 des Guthabens sei S
bereits vor der Überweisung auf sein eigenes Konto zuzurechnen gewesen. Das
restliche Guthaben habe ihm allein M mit der Gutschrift am 9.1.2004 zugewendet,
da V zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war und sein Vermögen, also auch
dessen Anteil an dem Guthaben, bereits auf M übergegangen sei. Ein wirksames
Schenkungsversprechen der Eltern gegenüber S habe es bis dahin nicht gegeben.

Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung
ab, eine Schenkung von Kontoguthaben sei erst mit der Gutschrift auf dem Konto
des Beschenkten und nicht bereits mit dem Ausfüllen und Absenden des
Überweisungsträgers ausgeführt.


Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts
auf. Die Begründung: Zwar ist ein Schenkungsversprechen nur bei notarieller
Beurkundung gültig. Allerdings wird der Mangel der Form durch die Bewirkung der
versprochenen Leistung geheilt. Der Heilung eines formnichtigen
Schenkungsversprechens steht nicht entgegen, wenn die Leistung erst nach dem
Tode des Schenkers aus dessen Vermögen bewirkt wird. Insoweit ist von einer
Zuwendung des verstorbenen Schenkers auszugehen. Dementsprechend ist auch der
verstorbene Schenker (Erblasser) schenkungsteuerrechtlich Zuwendender, wenn er
vor seinem Ableben ein formnichtiges Schenkungsversprechen abgegeben hat und
dieses erst nach seinem Tod durch Bewirken der Leistung aus dem von ihm
stammenden Vermögen geheilt wird.

V kann also seinen Teil des Guthabens dem S zugewendet
haben, soweit die von M veranlasste Umbuchung des Guthabens auf einem dem S
gegenüber mündlich erklärten Schenkungsversprechen des V beruht und als
Bewirken der von V versprochenen Leistung anzusehen ist.

 

13. Pflichtveranlagungsgrenze:
Wann sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen?

 

Positive Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften sind bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung
die auf Ebene der Einkünfte zu berücksichtigen, und nicht erst als Abzug vom
Gesamtbetrag der Einkünfte.

 

Hintergrund

Der Kläger reichte seine Einkommensteuer-Erklärung für
das Jahr 2006 am 16.8.2011 beim Finanzamt ein. Neben Einkünften aus nichtselbstständiger
Arbeit erklärte er Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. v. 2.110
EUR. Zum 31.12.2005 waren nicht ausgeglichene Verluste aus privaten
Veräußerungsgeschäften i. H. v. 1.923 EUR festgestellt worden. Das Finanzamt
nahm daher wegen Unterschreitens der Pflichtveranlagungsgrenze von 410 EUR eine
Antragsveranlagung an und lehnte diese wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist ab.
Der Kläger war dagegen der Meinung, dass eine Verrechnung des vortragsfähigen
Verlustes erst vom Gesamtbetrag der Einkünfte zu erfolgen hat, sodass die
Pflichtveranlagungsgrenze überschritten war.


 Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg, denn das Finanzgericht
wies die Klage als unbegründet ab. Der Verlustabzug muss bei den Einkünften aus
privaten Veräußerungsgeschäften im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte
erfolgen. Dafür spreche, dass die Ausführungen zur Verlustverrechnung
ausdrücklich in die Vorschrift über die privaten Veräußerungsgeschäfte
aufgenommen und dabei ein Verlustabzug in anderen Kalenderjahren ausgeschlossen
worden sei. Der Wortlaut der Vorschrift sehe ausdrücklich eine
Verlustverrechnung mit den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften vor.

Diese Verlustverrechnung auf Einkunftsebene sei auch
im Rahmen Veranlagung zu berücksichtigen, sodass im Streitfall eine
Antragsveranlagung wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist zum 31.12.2010 nicht
mehr in Frage komme.

 

14. Wohnungseigentum:
Darf die Gemeinschaft einen hohen Kredit aufnehmen?

 

Entspricht die Aufnahme eines hohen
Darlehens durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsgemäßer Verwaltung?
Das entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

 

Hintergrund

Die Anlage, die aus 201 Einheiten besteht, wurde in
den 1980er-Jahren errichtet. In einer Eigentümerversammlung im August 2013
beschlossen die Wohnungseigentümer, eine Fassadensanierung mit förderfähiger
Wärmedämmung durchzuführen. Die Kosten wurden mit 2 Mio. EUR veranschlagt.

Sie beschlossen, einen KfW-Förderkredit über 1.320.000
EUR aufzunehmen. Der Zinssatz belief sich auf 0 % und die Laufzeit auf 10
Jahre. Der restliche Betrag für die Sanierungsmaßnahme sollte über die
Instandhaltungsrücklage aufgebracht werden.

Eine Wohnungseigentümerin hat gegen den Beschluss über
die Darlehensaufnahme geklagt.

 

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Zwar kann auch
die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch eine
Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Im
konkreten Fall hält der Bundesgerichtshof den Beschluss über die Kreditaufnahme
allerdings nicht für ordnungsgemäß.

Im Wohnungseigentumsgesetz gibt es keine
Anhaltspunkte, dass die Gemeinschaft einen Kredit nur in besonderen
Ausnahmefällen aufnehmen kann. Allerdings muss das besondere Haftungsrisiko
berücksichtigt werden. Wenn einzelne Wohnungseigentümer nicht zahlen, müssen
die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der
übrigen Eigentümer oder eine Sonderumlage ausgeglichen werden.

Eine solche Nachschusspflicht kann zwar auch
entstehen, wenn ein Vorhaben durch eine Sonderumlage finanziert wird und sich
diese bei einzelnen Eigentümern als uneinbringlich erweist. Da eine
Sonderumlage von den aktuellen Wohnungseigentümern aufzubringen ist, wird aber
meist hinreichend sicher bekannt sein, ob mit einem Zahlungsausfall zu rechnen
ist. Bei einem Darlehen hingegen lässt sich das Risiko, dass einzelne
Eigentümer nicht zahlen können, nur sehr begrenzt abschätzen. Zuverlässige
Prognosen über die Bonität der Wohnungseigentümer sind schon wegen der meist
langen Laufzeit des Darlehens nicht möglich. Außerdem muss stets damit
gerechnet werden, dass sich die Zusammensetzung der Gemeinschaft durch
Eigentümerwechsel ändert.

Vor der Beschlussfassung muss wegen des in die Zukunft
verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im
Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer in der
Eigentümerversammlung erörtert werden. Dies ist im Versammlungsprotokoll zu
dokumentieren.

Im vorliegenden Fall sah der BGH den Kreditbeschluss
deshalb nicht als ordnungsgemäß an, weil aus dem Versammlungsprotokoll nicht
ersichtlich ist, dass die Eigentümer über das Risiko einer Nachschusspflicht
unterrichtet worden sind.

 

15.  Unfall beim
Kolonnenfahren: Kein Schadensersatz

 

Verkehrsregeln gelten auch für
Motorradfahrer, die in einer Kolonne unterwegs sind. Vor allem sollte auf ausreichend
Sicherheitsabstand geachtet werden. Passiert ein Auffahrunfall wegen zu dichtem
Auffahren, gibt es keinen Schadensersatz.


 Hintergrund

Vier Motorradfahrer fahren in einer Gruppe Kolonne.
Der erste kollidiert in einer Kurve mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Zu
Fall kommen auch die beiden nachfolgenden Fahrer. Lediglich der letzte rettet
sich durch ein Ausweichmanöver.

Der zweite Fahrer der Kolonne erleidet starke
Verletzungen. Sein Motorrad ist Schrott. Von seinem Hintermann verlangt er
Schadensersatz. Denn er habe noch rechtzeitig abgebremst. Der Beklagte sei auf
ihn aufgefahren und habe ihn mitgeschleppt. Beides sei nur passiert, weil der
Beklagte den Sicherheitsabstand nicht eingehalten habe.

29 Meter hätte der Sicherheitsabstand bei der
Geschwindigkeit von 60 km/h betragen müssen. Tatsächlich waren es gerade einmal
5 Meter.

 

Entscheidung

Für das Gericht war entscheidend, dass sämtliche
Teilnehmer der Gruppe billigend in Kauf nahmen, dass entweder sie selbst oder
der hinter ihnen fahrende Fahrer bei einer Unfallsituation nicht ausreichend
bremsen konnte und es mithin zu Schädigungen der anderen Gruppenteilnehmer
kommen konnte.

In so einer Situation kann nicht einer mit einem
höheren Haftungsrisiko belastet werden als ein anderer. Das verabredungsgemäße
Fahren im Pulk war besonders gefährlich, weil die Beteiligten damit auf den in
der Straßenverkehrsordnung vorgeschriebenen Sicherheitsabstand zum Vorder- und
Hintermann verzichteten. Dieses Verhalten geht unmittelbar und unweigerlich mit
erhöhten Sturzrisiken einher.

Eine grobe Fahrlässigkeit des beklagten
Motorradfahrers sah das Gericht nicht. Dass dieser nicht ausreichend gebremst
habe, sei lediglich darauf zurückzuführen, dass er aufgrund des nicht
eingehaltenen Sicherheitsabstandes nicht mehr reagieren konnte.

Da sich die Beteiligten durch ihr Verhalten
stillschweigend auf eine gemeinsame Regelverletzung geeinigt haben, nämlich die
Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes, folgt daraus zwingend ein Verzicht
auf Schadensersatzansprüche aus einer derartigen Regelverletzung. Der verletzte
Motorradfahrer hat folglich keine Ansprüche gegen den hinter ihm fahrenden
Motorradfahrer.

 

16. Sparguthaben
der Kinder: Wann Eltern es verwenden dürfen

 

Hebt eine Mutter von dem Sparkonto ihres
minderjährigen Kindes Geld ab, um davon Gegenstände für das Kind zu kaufen,
handelt sie widerrechtlich und ist gegenüber ihrem Kind sogar zum
Schadensersatz verpflichtet.


Hintergrund

Der 7-jährige Antragsteller, gesetzlich vertreten durch
seinen allein sorgeberechtigten Vater, verlangte das Geld zurück, das die
Mutter nach der Trennung vom Vater vom Sparbuch des Kindes abgehoben hatte. Von
den knapp 2.400 EUR bezahlte sie u. a. ein Kinderbett plus Lattenrost und
Matratze, Kinderkleidung und Spielzeug sowie eine Waschmaschine und einen
Trockner. Der Vater war der Ansicht, dass die Kindesmutter zur Abhebung nicht
berechtigt gewesen sei. Sie habe durch ihr Verhalten das Vermögen des
gemeinsamen Kindes pflichtwidrig und schuldhaft geschädigt.

 

Entscheidung

Das Gericht bestätigte einen Schadensersatzanspruch
und verurteilte die Mutter zur Rückzahlung des Betrags. Die Großeltern
väterlicherseits hatten, nachdem sie das Geld eingezahlt hatten, das Sparbuch
nicht behalten, sondern dem Verfügungsbereich des Kindes zukommen lassen.
Weitere Zahlungen erfolgten von dem Kindesvater mit dem Vermerk „Geburts-
und Taufgeld“. Die auf dem Sparkonto befindlichen Beträge seien daher kein
eigenes Geld des Einzahlers oder der Kindeseltern, sodass hier von einem
Vertrag zugunsten Dritter auszugehen sei. Bei den Abhebungen der Mutter handle
es sich daher um ein pflichtwidriges Verhalten, welches eine entsprechende
Schadensersatzpflicht nach sich ziehe.

Unerheblich sei auch, ob von dem Geld Gegenstände für
das Kind gekauft wurden. Denn auch die Ausstattung des Kindes mit
Einrichtungsgegenständen und Bekleidung haben die Eltern im Rahmen ihrer
Unterhaltspflicht aus eigenen Mitteln zu bestreiten.

 

17. 
Arbeitsunfall
in der Pause nur bei einem besonderen betrieblichen Bezug

 

Pausen sind normalerweise Privatsache und
ein Unfall in der Pause deshalb kein Arbeitsunfall. Das gilt auch, wenn die
Pause in einem vom Betrieb zur Verfügung gestellten Mitarbeiter-Casino
verbracht wird – es sei denn, es besteht ein besonderer betrieblicher Bezug.

 

Hintergrund

Eine Verkäuferin hatte sich nachmittags zu einer
Kaffeepause in das vom Betrieb den Mitarbeitern zur Verfügung gestellte Casino
begeben. Die Arbeitszeit hatte sie zuvor „ausgestochen“. Auf einer
Treppe rutschte sie mit dem linken Fuß weg. Hierdurch zog sie sich eine
Distorsion des oberen Sprunggelenks links mit einer Ruptur des vorderen Außenbandes
zu.

Die betriebliche Unfallversicherung lehnte eine
Entschädigung der Mitarbeiterin ab. Nach Auffassung der Versicherung hatte die
Mitarbeiterin mit Betreten des Mitarbeiter-Casinos zum Zwecke der
Nahrungsaufnahme ihre betriebliche Mitarbeitertätigkeit beendet bzw. unterbrochen.
Die Nahrungsaufnahme im Casino sei als nicht versicherte eigenwirtschaftliche
Tätigkeit zu qualifizieren.


Entscheidung

Das Landessozialgericht wies die Klage der Verkäuferin
ab. Nach Auffassung des Gerichts gehören Verrichtungen des Betroffenen dann zum
Beschäftigungsverhältnis, wenn ein innerer Zurechnungszusammenhang besteht.
Dies bedeute, dass nicht alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten
Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstelle versichert
seien. Dies folge daraus, dass nur Unfälle „infolge“ der versicherten
Tätigkeit unter den Versicherungsschutz fielen. Eigenwirtschaftliche
Tätigkeiten, wie z. B. das Einkaufen persönlicher Gegenstände führten
demgegenüber zu einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit.

Im konkreten Fall sei eine wertende Entscheidung zu
treffen, die sich an der Handlungstendenz der Beschäftigten zum Zeitpunkt des
Unfallereignisses orientiere. Wesentlich für die Beurteilung sei, ob die
Tätigkeit der Versicherten dem Unternehmen diene oder eher den Interessen der
Versicherten.

Die Klägerin hatte sich zum Zeitpunkt des
Unfallereignisses in einer Erholungspause befunden. Sie hatte „ausgestochen“,
d. h. die Pause war in der Arbeitszeiterfassung des Betriebes registriert. Sie
hielt sich nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz auf, sondern im Mitarbeiter-Casino,
das zwar vom Betrieb zur Verfügung gestellt wurde, das aber dem Erholungsinteresse
der Mitarbeiter diente. Die Pause der Klägerin habe damit ihre
eigenwirtschaftlichen Interessen bedient und nicht den Interessen des Betriebes
gedient.

 

18. Wann darf
eine Internet-Auktion vorzeitig abgebrochen werden?


 Hatte ein Anbieter beim Start einer
Internet-Auktion eine fehlerhafte Vorstellung über ein Merkmal der Kaufsache,
darf er die Auktion vorzeitig abzubrechen. Ein Kaufvertrag mit dem zu diesem
Zeitpunkt Höchstbietenden kommt in diesem Fall nicht zu Stande.

 

Hintergrund

Ein Autobesitzer bot über die Internetplattform eBay
sein Auto zu einem Startpreis von 1 EUR an. Die Auktion war auf 10 Tage
angesetzt. Als sein Sohn einen Schaden am Katalysator des Autos feststellte,
brach der Anbieter die Auktion vorzeitig ab. Der zu diesem Zeitpunkt Höchstbietende
machte gegenüber dem Anbieter Schadensersatz geltend.

 

Entscheidung

Die Klage des Höchstbietenden auf Schadensersatz hatte
keinen Erfolg. Das Gericht verneinte bereits das Zustandekommen eines
Kaufvertrages.

Der Beklagte hat mit einem Startpreis von 1 EUR ein
verbindliches Verkaufsangebot abgegeben, das innerhalb der auf 10 Tage
angesetzten Laufzeit letztlich durch das höchste Gebot modifiziert werden
sollte. Das Angebot stehe allerdings unter dem Vorbehalt einer berechtigten
Angebotsrücknahme. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay werde dem
Anbietenden das Recht eingeräumt, sein Angebot unter bestimmten Voraussetzungen
vor Ablauf der festgesetzten Auktionszeit zurückzunehmen, beispielsweise wenn
er sich bei Einstellen des Artikels geirrt habe oder der zu verkaufende Artikel
während der Angebotsdauer beschädigt wird oder verloren geht.

Die spätere Entdeckung eines bei Einstellen des
Angebots versteckten Mangels wird in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht
ausdrücklich geregelt. Dies ist nach Auffassung des Gerichts allerdings auch
nicht erforderlich, denn die entsprechende Vorschrift erlaube den Ausstieg aus
der Auktion allgemein für die Fälle, in denen der Anbieter sich geirrt habe.
Ein solcher Irrtum sei auch dann gegeben, wenn die Kaufsache einen versteckten
Mangel aufweise, den der Anbieter erst während des Laufs der Auktion entdecke.
Ein solcher zur Angebotsrücknahme berechtigender Irrtum liege jedenfalls dann
vor, wenn infolge eines zuvor nicht erkannten Defekts die Kaufsache nicht
gebrauchstauglich sei.

 

19.
Auslandsführerschein:
Fehlende Umschreibung kann teuer werden

 

Eine ausländische Fahrerlaubnis muss in
eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschrieben werden. Ansonsten droht im Fall eines
Verkehrsunfalls eine Regresspflicht des Führerscheininhabers gegenüber der
Haftpflichtversicherung.

 

Hintergrund

Die aus Kroatien stammende Fahrzeugführerin, die in
Deutschland lebte, hatte ihren kroatischen Führerschein nicht umschreiben
lassen. Infolge eines von ihr schuldhaft verursachten Verkehrsunfalls, musste
die Haftpflichtversicherung Schadensersatz an die Unfallgegnerin zahlen.

Nachdem die Versicherung erfahren hatte, dass die
Versicherungsnehmerin lediglich die kroatische Fahrerlaubnis besaß, nahm sie
diese auf Zahlung eines Teilbetrages des geleisteten Schadensersatzes in
Regress. Die Versicherungsnehmerin widersetzte sich der Regressforderung.

 

Entscheidung

Das Gericht stellte sich auf die Seite der
Versicherung.

Bei Verletzung bestimmter Pflichten durch den
Versicherungsnehmer entfällt der Versicherungsschutz. Zu den Pflichten gehört
u. a., dass ein Fahrzeug nur mit der vorgeschriebenen Fahrerlaubnis geführt
werden darf. Verletzt der Versicherungsnehmer die Pflicht grob fahrlässig, so
ist die Versicherung nach dieser Vorschrift berechtigt, die Leistung in einem
der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Einen
Pflichtverstoß sah das Gericht darin, dass die Beklagte den kroatischen
Führerschein nicht in eine deutsche Fahrerlaubnis hatte umschreiben lassen.

Die Einwendungen der Beklagten, dass die Umschreibung
lediglich eine Formsache gewesen sei, überzeugte das Gericht nicht. Denn bei
der Umschreibung werde die Echtheit des kroatischen Führerscheins und die
Berechtigung des Inhabers hinsichtlich des Führens der Fahrerlaubnis geprüft.
Damit sei die Umschreibung mehr als eine reine Formalität, vielmehr bringe sie
sowohl für die am Straßenverkehr Beteiligten als auch für die Versicherung die
Gewissheit, dass der Betreffende zu Recht im Besitz einer Fahrerlaubnis sei.
Dabei habe die Beklagte zumindest grob fahrlässig gehandelt.

Der Beklagten half auch die Einwendung nichts, an dem
Unfallgeschehen und der dadurch folgenden Eintrittspflicht der Versicherung
habe sich durch die fehlende Umschreibung nichts geändert. Die Beklagte hätte
nach Auffassung des Gerichts darlegen und beweisen müssen, dass der Unfall auch
bei Innehaben der erforderlichen Fahrerlaubnis in gleicher Weise geschehen sei.
Dies habe sie nicht getan.