Mandantenbrief Steuern Privatpersonen Januar 2016

           Privatbereich

1.

Abfindung in Teilbeträgen: Kann
der ermäßigte Steuersatz angewendet werden?

2.

Erbengemeinschaft: Adressaten
eines Feststellungsbescheids müssen genau bezeichnet sein

3.

Haushaltsnahe Dienstleistungen:
Betreuung eines Haustiers ist steuerlich begünstigt

4.

Krankenversicherung des Kindes:
Wann können die Eltern die Beiträge geltend machen?

5.

Wann ist ein Masterstudium Teil
der Erstausbildung?

6.

Riester-Rente: Kein
Sonderausgabenabzug für Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke

7.

Fahrtenbuch: Besprochene
Kassetten und Excel-Tabellen sind nicht ordnungsgemäß

8.

Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche
Belastungen: Wann ist eigenes Vermögen geringfügig?

9.

Wie oft muss der Mieter lüften?

10.

Überwachungskamera: Wann der
Nachbar sie akzeptieren muss

11.

Wohnungseigentum: Gemeinschaft
darf Abschließen der Haustür nicht vorschreiben

12.

Nachbarschaftshilfe: Wer haftet
wann für welche Schäden?


1.  Abfindung in
Teilbeträgen: Kann der ermäßigte Steuersatz angewendet werden?

 

Ja, hat jetzt der Bundesfinanzhof
entschieden. Voraussetzung ist, dass sich die Teilzahlungen eindeutig als
Haupt- und Nebenleistung darstellen und die Nebenleistung geringfügig ist.

 

Hintergrund

Der Arbeitnehmer A war seit 1971 bei demselben
Arbeitgeber beschäftigt. Durch Aufhebungsvertrag endete das Arbeitsverhältnis
zum 30.9.2010. A wurde eine betriebliche Abfindung von 105.000 EUR in 2011
ausgezahlt. Entsprechend den Regelungen des Tarifvertrags erhielt A noch eine
Abfindung zur Zukunftssicherung in Höhe von 10.200 EUR (Tarifabfindung), die
ihm in 2010 zufloss. Die Tarifabfindung wurde in voller Höhe besteuert.

Bei der Einkommensteuer-Veranlagung für 2011 beantragte
A, die betriebliche Abfindung als Entschädigung für entgangene Einnahmen mit
dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern (sog. Fünftelregelung). Das Finanzamt
unterwarf die Abfindung jedoch dem vollen Steuersatz, denn aufgrund der Zahlung
in Teilbeträgen fehle es an der erforderlichen Zusammenballung der
Entschädigungsleistungen. Das Finanzgericht gab der Klage mit der Begründung
statt, die Tarifabfindung sei im Verhältnis zu der betrieblichen Abfindung als
geringfügig anzusehen.

 

Entscheidung

Grundsätzlich steht die Auszahlung einer einheitlichen
Abfindung in zwei Veranlagungszeiträumen der Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes entgegen. Ausnahmsweise kann eine Teilauszahlung unschädlich sein,
wenn sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und
Nebenleistung darstellen und die Nebenleistung geringfügig ist.

Eine geringfügige Nebenleistung liegt nach bisheriger
Rechtsprechung nicht mehr vor, wenn sie mehr als 10 % der Hauptleistung
beträgt. Das war hier nicht gegeben. Denn die Teilauszahlung beträgt 8,87 % der
Gesamtabfindung oder 9,73 % der Hauptleistung. Ergänzend berücksichtigt der
BFH, dass im Streitfall die Nebenleistung niedriger ist als die
Steuerentlastung der Hauptleistung. Die Einkommensteuer ermäßigt sich bei
Anwendung der Fünftelregelung in 2011 um 10.806 EUR. Die in 2010 vereinnahmte
Teilzahlung von 10.200 EUR ist damit niedriger als die streitige Steuerermäßigung
der Hauptleistung. Damit ist die Tarifermäßigung anzuwenden.

 

2. Erbengemeinschaft: Adressaten eines Feststellungsbescheids müssen genau bezeichnet sein

 

Wird der Grundbesitzwert festgestellt,
muss dem entsprechenden Bescheid klar entnommen werden können, gegen welche
Beteiligte der Erbengemeinschaft sich die Feststellungen richten.

 

Hintergrund

Der Erblasser X wurde beerbt von seiner Ehefrau E
sowie seinen beiden Söhnen S1 und S2. Zum Nachlass gehörte u. a. ein
Grundstück. Die Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für das Grundstück
unterzeichnete nur E. Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche
Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke der Erbschaftsteuer bewertete das
Finanzamt das Grundstück als Ein- oder Zweifamilienhaus im Sachwertverfahren,
stellte den Grundbesitzwert gesondert und einheitlich auf 285.000 EUR fest und
rechnete ihn der Erbengemeinschaft zu. Bekanntgegeben wurde der Bescheid an E
als Empfangsbevollmächtigte für die “X-Erbengemeinschaft”, mit dem Zusatz: “Der
Bescheid ergeht mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft und alle
Miterben”.

Den von der Erbengemeinschaft, E, S1 und S2 erhobenen
Einspruch wies das Finanzamt zurück. Das Finanzgericht gab jedoch der Klage
statt. Die Bezeichnung “X-Erbengemeinschaft” genüge nicht, es fehle an der
namentlichen Benennung der Erben.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof teilt die Auffassung des
Finanzgerichts, dass der angefochtene Feststellungsbescheid die Inhaltsadressaten
nicht hinreichend genau bezeichnet.

Inhaltsadressat der Feststellung des Grundbesitzwerts
ist der Erbe, für dessen Besteuerung die Feststellung des Grundbesitzwerts von
Bedeutung ist.

Bei mehreren Erben sind in dem Feststellungsbescheid
auch Feststellungen über die Zurechnung und die Höhe des Anteils, der für die
Besteuerung von Bedeutung ist, zu treffen. Das bedeutet aber auch, dass bei
mehreren Miterben dem Feststellungsbescheid klar und eindeutig entnommen werden
kann, gegen welche Beteiligten sich die Feststellungen richten. Dabei ist
ausreichend, wenn sich die Beteiligten zwar nicht aus dem Adressfeld, wohl aber
aus dem weiteren Inhalt des Bescheids ergeben.

Im vorliegenden Fall lässt sich aber weder aus dem
Adressfeld, noch aus der Bezeichnung “X-Erbengemeinschaft” noch aus weiteren
Erläuterungen des Bescheids entnehmen, aus welchen Mitgliedern die
Erbengemeinschaft besteht. Es fehlt an der namentlichen Bezeichnung der
Miterben. Der Hinweis, dass der Bescheid mit Wirkung für und gegen alle
Mitglieder der Erbengemeinschaft (ohne Namensnennung) ergeht, genügt nicht.

 

3. 
Haushaltsnahe
Dienstleistungen: Betreuung eines Haustiers ist steuerlich begünstigt

 

Wird ein in den Haushalt aufgenommenes
Haustier z. B. während eines Urlaubs von einem Tier-Service betreut und
versorgt, kann dies als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt sein.

 

Hintergrund

Die Eheleute ließen während ihrer Urlaube ihre
Hauskatze von Frau A (“Tier- und Wohnungsbetreuung A”) in ihrer Wohnung
betreuen. Hierfür stellte ihnen Frau A insgesamt 302,90 EUR in Rechnung. Die
Rechnungen beglichen die Eheleute per Überweisungen.

Bei der Einkommensteuer-Veranlagung beantragten sie
für diese Aufwendungen die Steuermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen,
was das Finanzamt jedoch ablehnte. Dem widersprach das Finanzgericht und gab
der Klage mit der Begründung statt, die Versorgung von Haustieren habe einen engen
Bezug zur Hauswirtschaft des Halters.

 

Entscheidung

Die tarifliche Einkommensteuer ermäßigt sich um 20 % –
höchstens 4.000 EUR – der Aufwendungen für die Inanspruchnahme von
haushaltsnahen Dienstleistungen. Solche Leistungen liegen vor, wenn sie eine hinreichende
Nähe zur Haushaltsführung aufweisen oder damit im Zusammenhang stehen. Dazu
gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des
privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in
regelmäßigen Abständen anfallen.

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs sind diese
Voraussetzungen auch bei der Betreuung eines im Haushalt aufgenommenen
Haustiers gegeben. Auch insoweit handelt es sich um haushaltsnahe
Dienstleistungen, denn Tätigkeiten wie das Füttern, die Pflege, das Ausführen
und die sonstige Beschäftigung des Tiers oder Reinigungsarbeiten fallen
regelmäßig an und werden typischerweise durch den Steuerpflichtigen selbst oder
andere Haushaltsangehörige erledigt.

Den Eheleuten steht die Tarifermäßigung in Höhe von
60,58 EUR zu (20 % von 302,90 EUR).

 

4.   
Krankenversicherung
des Kindes: Wann können die Eltern die Beiträge geltend machen?

 

Die Beiträge zur Kranken- und
Pflegeversicherung eines Kindes können die Eltern grundsätzlich als Vorsorgeaufwendungen
in ihrer Steuererklärung geltend machen. Das geht aber nur, wenn das Kind die
Beiträge nicht in seiner eigenen Steuererklärung angibt.

 

Hintergrund

Die Ehegatten A und B machten in ihrer
Einkommensteuererklärung 2014 (Anlage Kind Zeile 31 und 33) gesetzliche
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i. H. v. 1.000 EUR für ihren Sohn C
geltend. C wohnte noch bei seinen Eltern und befand sich das ganze Jahr 2014 in
einem Ausbildungsdienstverhältnis.

Das Finanzamt lehnte einen Sonderausgabenabzug bei den
Eltern ab, weil der Sohn die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bereits
in seiner eigenen Einkommensteuererklärung geltend gemacht hatte. Die Beiträge
dürften aber nur einmal – entweder bei den Eltern oder beim Kind – als
Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt werden.

 

Entscheidung

Auch vor dem Finanzgericht hatten die Eltern keinen
Erfolg.

Die Beiträge zur Basisabsicherung können grundsätzlich
vom Versicherungsnehmer – in bestimmten gesetzlich geregelten Fällen aber auch
vom Unterhaltsverpflichtenden – geltend gemacht werden, wenn dieser die eigenen
Beiträge eines Kindes, für das ein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf
Kindergeld besteht, wirtschaftlich getragen hat.

Das Finanzgericht ist der Auffassung, dass diese
Vorschrift insbesondere nur solche Fälle erfassen soll, in denen steuerlich
berücksichtigte Kinder in eigener Person Versicherungsnehmer sind, ohne selbst
erwerbstätig zu sein. Dies sollen z. B. die in der studentischen
Krankenversicherung versicherten Kinder sein.

Es sollen aber nicht die Fälle erfasst sein, in denen
steuerlich zu berücksichtigte Kinder, z. B. aufgrund eines Ausbildungsdienstverhältnisses,
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von ihrem Arbeitgeber einbehalten
bekommen, und die Versicherungsbeiträge somit selbst tragen.

 

5. 
Wann ist ein
Masterstudium Teil der Erstausbildung?

 

Absolviert das Kind ein auf den
vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmtes Masterstudium, ist dieses Teil
der Erstausbildung, wenn das Berufsziel erst darüber erreicht werden kann.

 

Hintergrund

Der Sohn S beendete im April 2013 den Studiengang
Wirtschaftsinformatik an der Universität mit dem Bachelor-Abschluss. Bereits
seit dem Wintersemester 2012/2013 war er für den Masterstudiengang ebenfalls im
Bereich Wirtschaftsinformatik eingeschrieben. Daneben war er wöchentlich 21,5
Stunden als studentische Hilfskraft und als Nachhilfelehrer tätig.

Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für S
ab Mai 2013 mit der Begründung auf, mit dem Masterstudium absolviere er eine
Zweitausbildung. Für diese könne kein Kindergeld mehr gewährt werden, weil er
einer Erwerbstätigkeit mit mehr als 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit
nachgehe. Das Finanzgericht entschied ebenso und wies die Klage ab.

 

Verwaltungsanweisung

Der Bundesfinanzhof hat dagegen zugunsten der Eltern
entschieden. Entgegen der Auffassung der Familienkasse und des Finanzgerichts
geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass S mit dem Bachelorabschluss die
Erstausbildung noch nicht abgeschlossen hatte. Das Masterstudium stellte daher
kein Zweitstudium, sondern die Fortsetzung der Erstausbildung dar, sodass für S
auch bei einer Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden der
Kindergeldanspruch erhalten blieb.

Die erstmalige Berufsausbildung ist erst dann
abgeschlossen, wenn das Kind befähigt ist, den von ihm angestrebten Beruf
auszuüben. Der erste berufsqualifizierende Abschluss führt daher nicht zum
Abschluss der Erstausbildung, wenn er sich als integrativer Bestandteil eines
einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Das ist bei mehraktigen Ausbildungsmaßnahmen
der Fall, wenn das – von den Eltern und dem Kind – bestimmte Berufsziel erst
über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann und die
Ausbildungsabschnitte sachlich in Zusammenhang stehen sowie auch zeitlich
zusammenhängend durchgeführt werden.

Das ist hier der Fall. Denn das Masterstudium des S
steht in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zum vorangegangenen
Bachelorstudiengang. Es baut auf dem vorherigen Bachelorstudiengang auf.
Darüber hinaus hat S hat das Masterstudium bereits vor dem Abschluss des Bachelorstudiengangs
und damit zeitlich zusammenhängend begonnen.

 

6. Riester-Rente:
Kein Sonderausgabenabzug für Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke

 

Für in der gesetzlichen Rentenversicherung
Pflichtversicherte gibt es einen zusätzlichen Sonderausgabenabzug im Rahmen der
Riester-Rente. Eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen
Versorgungswerk reicht dafür nicht aus.

 

Hintergrund

Die Ehefrau (F) war in 2006 bis 2009 als
Arbeitnehmerin in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Der
Ehemann (M) war selbstständiger Steuerberater und ist nach Befreiung von der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung seit 2000 Mitglied
in einem berufsständigen Versorgungswerk. Von 1976 bis 1999 war er in der
gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert.

Die Eheleute schlossen jeweils im eigenen Namen einen
Altersvorsorgevertrag zum Aufbau einer sog. Riesterrente. Für die Streitjahre
2006 und 2009 erhielten sie Altersvorsorgezulagen. F leistete auf ihre Verträge
für 2006 und 2009 Altersvorsorgebeiträge. M zahlte nur für 2009 Beiträge ein.

Bei der Einkommensteuer-Veranlagung berücksichtigte
das Finanzamt nur für F einen zusätzlichen Sonderausgabenabzug. Auch das
Finanzgericht gewährte M keinen Sonderausgabenabzug für seine Riester-Beiträge.

 

Entscheidung

Wie das Finanzamt und das Finanzgericht entschied der
Bundesfinanzhof, dass M der zusätzliche Sonderausgabenabzug nicht zusteht. Die
Begründung des Bundesfinanzhofs:

Der Sonderausgabenabzug steht M nicht zu, nur weil er
in früheren Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert
war. Begünstigt sind lediglich Steuerpflichtige, die in dem konkreten Veranlagungszeitraum
in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.

Die Mitgliedschaft in einem berufsständischen
Versorgungswerk genügt nicht. Die gesetzliche Rentenversicherung und
berufsständische Versorgungseinrichtungen werden steuerlich unterschiedlich
behandelt. Da die Mitglieder der Versorgungswerke nach dem
Altersvermögens-Ergänzungsgesetz keine Absenkung ihrer Versorgungsleistungen
hinnehmen müssen, bedarf es keiner Einbeziehung der berufsständischen
Versorgungswerke in die Steuervergünstigung.

M kann den zusätzlichen Sonderausgabenabzug auch nicht
daraus ableiten, dass er mittelbar einen Anspruch auf die Altersvorsorgezulage
hat. Der mittelbar betroffene Ehegatte kann nicht selbst einen zusätzlichen
Sonderausgabenabzug in Anspruch nehmen.

Der BFH lehnt auch einen Verstoß gegen den
Gleichheitssatz ab. Die Beschränkung des zusätzlichen Sonderausgabenabzugs auf
“aktiv” Pflichtversicherte stellt keinen Verstoß gegen das
Gleichbehandlungsgebot dar.

 

7. 
Fahrtenbuch:
Besprochene Kassetten und Excel-Tabellen sind nicht ordnungsgemäß

 

Hält ein Steuerpflichtiger seine Fahrten
auf Kassetten fest und werden diese anschließend in Excel-Tabellen übertragen,
sind die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht erfüllt.

 

Hintergrund

Der Kläger bekam von seinem Arbeitgeber einen
Firmenwagen zur Verfügung gestellt, den er auch privat nutzen durfte. Das
Fahrtenbuch führte der Kläger in Form eines Diktiergeräts. Der Kläger diktiert
zu Beginn einer Fahrt den Zweck der Fahrt, das Datum sowie den km-Stand und am
Ende der Fahrt den km-Stand. Diese Ansagen werden anschließend zweimal
wöchentlich in Excel-Dateien übertragen. Die Blätter werden aufbewahrt und am
Jahresende gebunden. Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung war der Prüfer der
Auffassung, dass weder die besprochenen Kassetten noch die Excel-Tabellen die
Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch erfüllen, und ermittelte den
geldwerten Vorteil nach der 1 %-Regelung.

 

Entscheidung

Auch das Finanzgericht hält das diktierte Fahrtenbuch
nicht für ordnungsgemäß. Eine mithilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei
genügt den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nur dann, wenn
nachträgliche Veränderungen an den eingegebenen Daten nach der Funktionsweise
des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder zumindest in ihrer
Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden. Die
Excel-Tabellen erfüllen die Anforderungen an ein Fahrtenbuch bereits deshalb
nicht, weil sie das ganze Jahr über als lose Blätter gesammelt und erst am
Jahresende gebunden werden. Außerdem sind sie jederzeit änderbar.

Die vom Kläger besprochenen Kassetten stellen
ebenfalls kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch dar, weil auch sie jederzeit
änderbar sind.

 

8. Unterhaltsleistungen
als außergewöhnliche Belastungen: Wann ist eigenes Vermögen geringfügig?

 

Unterhaltszahlungen sind nur dann als
außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, wenn der Empfänger nur ein
geringfügiges Vermögen hat. Geringfügig heißt, dass das Nettovermögen 15.500
EUR nicht überschreitet.

 

Hintergrund

Die Kläger machten mit ihrem Einspruch gegen den
Einkommensteuerbescheid 2012 Unterhaltszahlungen i. H. v. 9.122,69 EUR geltend.
Sie erklärten, ihr Sohn habe nur Einkünfte aus Kapitalvermögen i. H. v. 607 EUR
erzielt.

Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet
zurück, da das Vermögen des Sohnes nicht als gering angesehen werde. Als
geringfügig gelte nach den Einkommensteuerrichtlinien i. d. R. ein Vermögen bis
zu einem Verkehrswert von 15.500 EUR. Das Vermögen des Sohns betrage 27.020 EUR
und liege damit deutlich über dieser auch vom Bundesfinanzhof gebilligten
Grenze.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.
Der Verwertung des Vermögens des Sohns standen keine rechtlichen
Hinderungsgründe entgegen. Sowohl der Bausparvertrag, sowie der
Prämiensparvertrag und die Verträge zum Wachstumssparen hätten gekündigt und
ausgezahlt werden können. Soweit sich die Kläger darauf berufen, dass das
Wachstumssparen erst nach Ablauf einer Kündigungssperrfrist von 9 Monaten, d.
h. erstmals zum 10.1.2013 kündbar gewesen sei, müssen sie sich entgegen halten
lassen, dass die entsprechende Anlageform erst innerhalb des für die hier
streitigen Unterhaltszahlungen relevanten Zeitraums gewählt wurde
(Vertragsbeginn 10.4.2012).

 



 

9.    Wie oft muss
der Mieter lüften?

 

Um Schimmel in der Wohnung zu vermeiden,
muss regelmäßig gelüftet werden. 3- bis 4-mal täglich ist für einen Mieter
zumutbar.

 

Hintergrund

Die Mieterin hatte die Miete gemindert, weil in der
Wohnung Schimmel aufgetreten war. Als Ursache des Schimmels wurde von einem
Sachverständigen fehlerhaftes Lüftungsverhalten festgestellt. Der Schimmel
hätte sich durch täglich 3- bis 4-maliges Stoßlüften vermeiden lassen. Die
Mieterin wendet ein, sie sei berufstätig und könne daher tagsüber nicht lüften.

Der Vermieter verlangt von der Mieterin die
Nachzahlung einbehaltener Miete.

 

Entscheidung

Die Klage des Vermieters hat Erfolg. Weil sie den
Schimmel durch ihr Lüftungsverhalten selbst verursacht hat, kann die Mieterin
keine Minderung geltend machen.

Das durch den Sachverständigen geforderte 3- bis
4-malige Stoßlüften ist erforderlich und zumutbar.

Ob die Mieterin aus beruflichen Gründen tagsüber
abwesend ist, ist ohne Belang, denn es muss während der Abwesenheit des Mieters
nicht gelüftet werden. Das ergibt sich daraus, dass bei Abwesenheit nicht
geduscht, gekocht, gewaschen noch sonst Feuchtigkeit seitens des Mieters
verursacht wird, die herausgelüftet werden müsste.

 

10. Überwachungskamera:
Wann der Nachbar sie akzeptieren muss

 

Wird ein Grundstück mit einer Videokamera
überwacht, darf das Nachbargrundstück und öffentliche Bereiche eigentlich nicht
erfasst werden. Im Einzelfall kann es aber zulässig sein, diese Bereiche doch
zu überwachen.

 

Hintergrund

Ein Grundstückseigentümer hatte am Dachgauben-Fenster
seines Hauses eine Videokamera angebracht, weil an seinem Haus mutwillig ein
Fenster beschädigt worden war und der Täter nicht ermittelt werden konnte.
Außerdem befindet sich im Garten eine Garten-Modelleisenbahn im Wert von ca.
8.000 EUR.

Die Kamera erfasst den Eingangsbereich des Grundstücks
des Nachbarn und einen schmalen Streifen des Gehwegs vor dem Grundstück. Das
Anbringen der Kamera war mit dem Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht
und der zuständigen Polizeiinspektion abgesprochen.

Ein Nachbar befürchtet eine Überwachung durch die
Kamera und verlangt deren Entfernung.

 

Entscheidung

Die Klage hat keinen Erfolg, die Kamera muss nicht
entfernt werden.

Da durch die Aufzeichnung einer Person mit einer
Videokamera in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Person eingegriffen
werden kann, muss bei der Videoüberwachung auf einem privaten Grundstück
sichergestellt sein, dass weder der öffentliche Bereich noch das private
Nachbargrundstück oder der gemeinsame Zugang hierzu erfasst werden.

Im vorliegenden Fall überwiegt jedoch das Interesse
des Grundstückeigentümers am Schutz seines Eigentums das Persönlichkeitsrecht
des klagenden Nachbarn. Zu berücksichtigen ist, dass der Erfassungsbereich vom
Landesamt für Datenschutzaufsicht geprüft und als vertretbar erachtet worden
war und dass bereits Sachbeschädigungen stattgefunden haben.

Die hypothetische Möglichkeit, dass der Nachbar einen
überwachen könnte, reicht nicht aus, eine Beeinträchtigung des Allgemeinen
Persönlichkeitsrechts anzunehmen.

 



 

11. Wohnungseigentum:
Gemeinschaft darf Abschließen der Haustür nicht vorschreiben

 

Die Wohnungseigentümerdürfen nicht per
Hausordnung verpflichtet werden, nachts die Hauseingangstür abzuschließen. Dies
gilt vor allem, wenn sich die Tür von innen nicht ohne Schlüssel öffnen lässt.

 

Hintergrund

Die Wohnungseigentümer fassten in einer
Eigentümerversammlung den Beschluss, die Hausordnung dahingehend zu ändern,
dass die Haustür in der Zeit von 22.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens
verschlossen zu halten ist.

Ein Wohnungseigentümer hat gegen den Beschluss Klage
erhoben.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Gericht entschied, dass
die Regelung, während der Nachtzeiten die Haustür verschlossen zu halten, nicht
ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Der Beschluss war für ungültig zu
erklären.

Bei abgeschlossener Haustür ist ein Verlassen des
Gebäudes im Brandfall oder in einer anderen Notsituation nur möglich, wenn ein
Schlüssel mitgeführt wird. Dieses schränkt die Fluchtmöglichkeit erheblich ein.
Gerade in Paniksituationen ist nicht sichergestellt, dass jeder Eigentümer und
jeder Besucher der Wohnungseigentumsanlage bei der Flucht einen
Haustürschlüssel griffbereit mit sich führt, so dass sich eine abgeschlossene
Haustür bei einem Brand oder in einem sonstigen Notfall als tödliches Hindernis
erweisen kann. Das Abschließen der Hauseingangstür führt deshalb zu einer
erheblichen Gefährdung der Wohnungseigentümer und ihrer Besucher.

Es gibt Haustürschließungssysteme, die einen
Verschluss des Hauseingangs zulassen, auf der anderen Seite ein Öffnen durch
flüchtende Bewohner aber ohne einen Schlüssel ermöglichen. Angesichts dieser
Möglichkeit entspricht es nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, zu beschließen, in
den Nachtstunden die Haustür verschlossen zu halten und dadurch in
Notsituationen Fluchtmöglichkeiten erschwert. Ein derartiger Beschluss
überschreitet das Ermessen der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über
die Hausordnung deutlich.

 

12. Nachbarschaftshilfe:
Wer haftet wann für welche Schäden?

 

Kümmert sich während eines Urlaubs der
Nachbar um Haus und Garten, stellt sich die Frage: Wer haftet, wenn z. B. ein
nicht abgedrehter Wasserhahn zu einer Überschwemmung führt?

 

Hintergrund

Der Beklagte versorgte während des Kuraufenthalts
seines Nachbarn dessen Haus und bewässerte u. a. regelmäßig den Garten des
Nachbarn. Dabei vergaß er, die Wasserzufuhr abzudrehen. Stattdessen drehte er
nur die am Gartenschlauch befindliche Spritze ab. In der Nacht löste sich der
unter Wasserdruck stehende Schlauch aus der Spritze. Das austretende
Leitungswasser floss in das Gebäude des im Kururlaub befindlichen Nachbarn und
führte im Untergeschoss zu erheblichen Schäden.

Die Wohngebäudeversicherung des geschädigten Nachbarn
regulierte den Schaden vollständig machte dann bei dem Nachbarschaftshilfe
Leistenden den Betrag geltend. Dessen Haftpflichtversicherung weigerte sich
jedoch, für den Schaden aufzukommen.

 

Entscheidung

Das Oberlandesgericht entschied zugunsten des
Beklagten. Dessen Haftpflichtversicherung habe sich zu Recht geweigert, den
Schaden zu begleichen. Denn der Beklagte haftet nicht, da er nur einfach
fahrlässig gehandelt habe (mittlere Fahrlässigkeit), seine Haftung aber auf
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist.

Gegen eine grobe Fahrlässigkeit sprechen nach Ansicht
des Gerichts folgende Punkte: Zwar war für den Nachbarn objektiv vorhersehbar,
dass die zugedrehte Spritzdüse dem Wasserschlauch nicht standhalten und somit
Leitungswasser austreten könnte. Der Schadenseintritt, also der Eintritt des
Wassers in das Gebäude, war dennoch nicht voraussehbar. Denn es war nicht
naheliegend, dass das austretende Wasser ins Untergeschoss des Hauses fließen
und dort zu einem Wasserschaden führen würde. Dies lag an den spezielle Boden-
und Gebäudeverhältnissen, mit denen der Beklagte nicht rechnen konnte.