1. Auch männliche Lehrer können Mädchen in Sport unterrichten
2. Durchsuchungsbeschluss aufgehoben: Sachpfändung ist rechtswidrig
3. Falsche Eintragungen und fehlerhafte Software: Änderung des Steuerbescheids möglich?
4. Wenn Profisportler Bus fahren: Sind Zuschläge zu Sonntags-, Feiertags- und Nacharbeit steuerfrei?
5. Anrechnung von in einem anderen EU-Staat gezahlten Familienleistungen
6. Warum ein amtlich bestellter Betreuer keinen Pflege-Pauschbetrag geltend machen kann
7. Wenn das Erbe weitergegeben wird: Liegt eine Nachlassverbindlichkeit vor?
8. Besondere Veranlagung: Wann gilt der Steuerbescheid als bekanntgegeben?
9. Wann sind Bildungsleistungen eines gemeinnützigen Vereins umsatzsteuerfrei?
10. Erbschaftsteuer: Übertragung des Familienheims unter Nießbrauchsvorbehalt kann zur Nachversteuerung führen
11. Kinder dürfen auch etwas lauter sein
12. Wohnungseigentum: Verwalter muss Mängel erforschen

 

  1. Auch männliche Lehrer können Mädchen in Sport unterrichten

 Eine Schule sollte nicht ausschließlich nach weiblichen Lehrerinnen suchen. Abgelehnten männlichen Bewerbern gegenüber ist sie dann nämlich zur Entschädigung verpflichtet. Das gilt auch, wenn es um die Erteilung von Sportunterricht für Mädchen geht.

 Hintergrund

Ein Lehrer hatte sich bei einer Privatschule auf die für eine “Fachlehrerin Sport (w)” ausgeschriebene Stelle beworben. Seine Bewerbung wurde abgelehnt mit der Begründung, dass die Schule gezielt nach Lehrerinnen suche, die ausschließlich Sportunterricht für Mädchen in der Oberstufe erteilen sollten.

Der abgewiesene Lehrer sah darin einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und klagte auf Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund seines Geschlechts. Die Vorinstanzen wiesen die Klage des Lehrers ab.

 Entscheidung

Der Lehrer hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Das Gericht entschied, dass er einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen Verstoßes gegen das AGG hat.

Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts ist zwar ausnahmsweise zulässig, wenn das Geschlecht aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, soweit der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

Im hier entschiedenen Fall legte die Schule jedoch nicht dar, dass für die ausgeschriebene Stelle ein geschlechtsbezogenes Merkmal eine wesentliche und entscheidende sowie angemessene berufliche Anforderung war.

Den Argumenten der Schule, dass das Schamgefühl von Schülerinnen beeinträchtigt werden könnte, wenn es bei Hilfestellungen im nach Geschlechtern getrennt durchgeführten Sportunterricht zu Berührungen der Schülerinnen durch männliche Sportlehrkräfte komme bzw. diese die Umkleideräume betreten müssten, um dort für Ordnung zu sorgen, folgte das Gericht nicht.

 

  1. Durchsuchungsbeschluss aufgehoben: Sachpfändung ist rechtswidrig

 Wird ein Durchsuchungsbeschluss nachträglich aufgehoben, führt dies dazu, dass eine bereits durchgeführte Durchsuchung mit allen dabei vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen rechtswidrig wird.

 Hintergrund

3 Behörden richteten mehrere Vollstreckungsersuchen an das Finanzamt, da der Vollstreckungsschuldner V trotz Zahlungsaufforderung und Mahnung Forderungen nicht beglichen hatte. Nachdem V wiederholt vom Vollziehungsbeamten des Finanzamts nicht angetroffen worden war, erließ das Amtsgericht auf Antrag des Finanzamts im Dezember 2015 eine Durchsuchungsanordnung für Wohnung und Geschäftsräume des V. Die zu vollstreckenden Beträge wurden darin nicht genannt. Die Vollziehungsbeamten des Finanzamts pfändeten daraufhin im Januar 2016 u. a. einen Pkw. Im Mai 2016 tilgte V die Forderungen, das Finanzamt hob anschließend die Pfändungen auf.

Das Landgericht hob im Juni 2016 den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts auf, weil die beizutreibenden Beträge in der Durchsuchungsanordnung nicht bezeichnet worden waren.

V hatte gegen die später aufgehobene Pfändung Einspruch eingelegt, der im Februar 2017 zurückgewiesen wurde. V erhob Feststellungsklage beim Finanzgericht mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit der Pfändung festzustellen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof stellte fest, dass die Sachpfändung rechtswidrig war.

Das Finanzamt kann auf Geldleistung gerichtete Verwaltungsakte auf Ersuchen einer anderen Behörde vollstrecken. Die für die Durchsuchung der verschlossenen Garage notwendige Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts vom Dezember 2015 war jedoch durch das Landgericht mit Beschluss vom Juni 2016 als rechtswidrig aufgehoben worden.

Die Beteiligten sind an die Entscheidung des Landgerichts gebunden. Das Finanzgericht war nicht befugt, die Entscheidung des Landgerichts auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Denn für Beschwerden gegen die von den ordentlichen Gerichten erlassenen Durchsuchungsanordnungen sind diese zuständig. Aufgrund der Aufhebung des Durchsuchungsbeschlusses stand demnach fest, dass es keinen rechtmäßigen Durchsuchungsbeschluss gab.

Die Aufhebung hatte zur Folge, dass die bereits durchgeführte Durchsuchung mit allen dabei vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen rechtswidrig wurde. Die getroffenen Maßnahmen blieben zwar wirksam, wurden aber, da rechtswidrig, anfechtbar.

 

  1. Falsche Eintragungen und fehlerhafte Software: Änderung des Steuerbescheids möglich?

 Erklärt der Steuerpflichtige seine Verpflegungsmehraufwendungen unzutreffend und die steuerfreien Verpflegungszuschüsse des Arbeitgebers richtig und unterbleibt deshalb die Kürzung, kann der Steuerbescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden. Das gilt auch, wenn ein entsprechender Prüfhinweis der Veranlagungs-Software vorlag.

 Hintergrund

Der Steuerpflichtige hatte in der Anlage N der Einkommensteuer-Erklärungen für 2012 und 2013 den Verpflegungsmehraufwand für Auswärtstätigkeit unzutreffend unter der für sonstige Reisekosten vorgesehenen Kennziffer 410, die steuerfreien Verpflegungszuschüsse hingegen zutreffend unter der Kennziffer 490 (“vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt”) eingetragen.

Die von der Finanzverwaltung eingesetzte Software kürzte jedoch unter der Kennziffer 410 eingetragene Aufwendungen programmgesteuert nur um in der Kennziffer 420 (“vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzte sonstige Reisekosten”) eingetragene Erstattungen. Auch reduzierte sie den in Kennziffer 480 einzutragenden Verpflegungsmehraufwand nur um in der Kennziffer 490 angegebene Beträge. Deshalb wurden die Werbungskosten für Verpflegungsmehraufwand unzutreffend nicht um die steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse gekürzt.

Den bei der Veranlagung vom EDV-Programm erzeugten Prüfhinweis, wonach möglicherweise eine fehlerhafte Zuordnung zwischen Erstattungen und Aufwendungen vorlag, kommentierte der Sachbearbeiter mit “geprüft”. Nach Bestandskraft der Bescheide bemerkte das Finanzamt den Fehler und berichtigte die Einkommensteuerbescheide wegen offenbarer Unrichtigkeiten.

 Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage des Steuerpflichtigen ab. Zur Begründung führten die Richter aus: Grundsätzlich können nur offenbare Unrichtigkeiten, die dem Finanzamt beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, berichtigt werden. Eine offenbare Unrichtigkeit kann aber auch dann vorliegen, wenn das Finanzamt eine in der Steuererklärung erkennbare Unrichtigkeit als eigene übernimmt – so wie im vorliegenden Fall. Der Steuerpflichtige nahm die Eintragungen versehentlich teilweise unzutreffend vor, das Finanzamt übernahm diesen Fehler.

Darüber hinaus lag auch ein mechanischer Fehler des Finanzamtes vor. Der Sachbearbeiter ging fälschlicherweise davon aus, dass die in Kennziffer 490 eingetragenen Arbeitgeberzuschüsse von den fälschlicherweise in Kennziffer 410 eingetragenen Verpflegungsmehraufwendungen abgezogen werden. Anhaltspunkte, dass der Sachbearbeiter die Arbeitgeberzuschüsse nicht berücksichtigen wollte, lagen nicht vor.

Auch eine oberflächliche Behandlung des Steuerfalls durch das Finanzamt schloss eine Berichtigung des Steuerbescheids nicht aus, solange die Bearbeitung des Prüfhinweises nicht zu einer neuen Willensbildung des Veranlagungsbeamten im Tatsachen- oder Rechtsbereich führte. Eine derartige Willensbildung des Sachbearbeiters war jedoch nicht ersichtlich.

 

  1. Wenn Profisportler Bus fahren: Sind Zuschläge zu Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit steuerfrei?

 Zuschläge für Sonntags-, Feiertags – und Nachtarbeit sind auch bei Profisportlern und Betreuern steuerfrei. Keine Rolle spielt dabei, ob sie eine belastende Tätigkeit ausüben oder im Mannschaftsbus unterwegs sind.

 Hintergrund

Eine Profimannschaft ließ Sportlern und Betreuern Zahlungen im Zusammenhang mit Hin – und Rückfahrten zu auswärts stattfindenden Terminen zukommen und behandelte diese als zusätzlich zum Arbeitslohn gewährte steuerfreie Zuschüsse für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit. Das Finanzamt verneinte jedoch die Anwendung der Befreiungsvorschrift und erließ nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung einen entsprechenden Haftungs- und Nachforderungsbescheid.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Steuerpflichtigen Recht. Es entschied, dass die Anwendung der Befreiungsvorschrift eine tatsächlich geleistete Arbeit an einem Sonntag, Feiertag oder zur Nachtzeit voraussetzt. Hierfür ist jedoch lediglich eine vergütungspflichtige Arbeitszeit erforderlich. Diese Voraussetzung war im vorliegenden Fall trotz des rein passiven Verhaltens der Spieler und Betreuer während der Beförderung im Mannschaftsbus erfüllt. Denn die Spieler waren arbeitsvertraglich zur Teilnahme an den Fahrten verpflichtet. Sind die Voraussetzungen für vergütungspflichtige Arbeitszeit erfüllt, bestehen nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut keine weitergehenden Voraussetzungen bzw. Einschränkungen für die Steuerfreiheit.

 

  1. Anrechnung von in einem anderen EU-Staat gezahlten Familienleistungen

 Polnische Familienleistungen werden auf das in Deutschland gezahlte Kindergeld angerechnet. Sie zählen zu den als dem Kindergeld gleichartige Leistungen.

 Hintergrund

Der Vater X war polnischer Staatsangehöriger. Er lebte mit seiner minderjährigen Tochter W in der gemeinsamen Familienwohnung in Polen. X wurde von seinem polnischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt und hatte hier einen Wohnsitz.

Die Familienkasse bewilligte X ab September 2015 Kindergeld für W zunächst in voller Höhe (Bescheid vom Juni 2016). Nachdem im September 2017 die polnische Behörde der Familienkasse mitgeteilt hatte, dass X für April 2016 bis September 2017 monatlich rund 118 EUR erhalten hatte, änderte die Familienkasse im Oktober 2017 den Kindergeldbescheid. Sie rechnete für April 2016 bis September 2017 die polnischen Familienleistungen von insgesamt 2.122 EUR auf das für W gezahlte Kindergeld an und forderte diesen Betrag zurück. Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil und wies die Revision des X zurück. X erfüllt grundsätzlich die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug des deutschen Kindergeldes. Im vorliegenden Fall trafen aber die Ansprüche des X auf Familienleistungen nach deutschem Recht und entsprechende Ansprüche nach polnischem Recht für dasselbe Kind und denselben Zeitraum aufeinander. Die polnische Behörde stellte mit Bindungswirkung für die Familienkasse eine polnische Familienleistung für die Tochter W fest. Das hatte zur Folge, dass der inländische Kindergeldanspruch in Höhe der ausländischen Familienleistungen ausgesetzt wurde, sodass in Deutschland nur die Differenz (Differenzkindergeld) zwischen dem deutschen Kindergeld und den polnischen Familienleistungen zu zahlen war.

Von Gleichartigkeit ist auszugehen, wenn Sinn und Zweck, Berechnungsgrundlage und die Voraussetzungen für die Gewährung übereinstimmen. Das war hier der Fall. Das Kindergeld dient der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes einschließlich des Bedarfs für Betreuung, Erziehung und Ausbildung sowie – soweit das Kindergeld hierfür nicht erforderlich ist – der sozialrechtlichen Förderung der Familie. Ebenso dient die polnische Regelung der teilweisen Deckung der Ausgaben im Zusammenhang mit der Erziehung, Betreuung und Befriedigung der Lebensbedürfnisse eines Kindes.

Auch die Anspruchsvoraussetzungen sind vergleichbar. Die deutsche wie die polnische Regelung gewähren regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und des Alters der Kinder gewährt werden.

Wegen der die Familienkasse bindenden Mitteilung der ausländischen Behörde über die Gewährung der polnischen Familienleistung war eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten, durch die die ursprünglich rechtmäßig erfolgte Kindergeldfestsetzung nachträglich unrichtig geworden war. Denn die polnische Familienleistung war auf das deutsche Kindergeld anzurechnen. Deshalb war die Festsetzung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben bzw. zu ändern.

 

  1. Warum ein amtlich bestellter Betreuer keinen Pflege-Pauschbetrag geltend machen kann

 Ein amtlich bestellter Betreuer kann den Pflege-Pauschbetrag nicht in Anspruch nehmen. Das gilt zumindest dann, wenn keine über das Betreuungsverhältnis hinausgehende enge persönliche Beziehung zum Betreuten besteht.

 Hintergrund

X war seit 2013 zum Betreuer des in einem Pflegeheim wohnenden H bestellt. Er erhielt für das Jahr 2013 als ehrenamtlicher Betreuer eine Aufwandsentschädigung i. H. v. 798 EUR. Im Hinblick auf von ihm durchgeführte Pflegemaßnahmen (Bewegungsübungen, Fahrten zu Ärzten usw.) beantragte X die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags i. H. v. 924 EUR. Dies lehnte das Finanzamt ab. Die dagegen eingelegte Klage des X hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg.

Entscheidung

Auch vor dem Bundesfinanzhof scheiterte der X mit seinem Begehren. Zur Begründung führten die Richter aus: Die “Pflege” besteht in der Hilfeleistung bei Verrichtungen des täglichen Lebens, bei denen der Pflegebedürftige der Hilfe bedarf (Körperpflege, Ernährung, Mobilität, hauswirtschaftliche Versorgung).

Im Unterschied zur Pflege besteht die “Betreuung” nicht in der tatsächlichen Hilfe, sondern im Beistand in Form von Rechtsfürsorge. Die Gesundheitssorge umfasst z. B. die Einleitung ärztlicher Maßnahmen und die Erteilung von Zustimmungen dazu, nicht jedoch die tatsächliche Durchführung von pflegerischen Maßnahmen, sondern allenfalls deren Organisation.

Für die Betreuung gilt der Grundsatz der Unentgeltlichkeit. Der ehrenamtliche Betreuer kann lediglich Aufwendungsersatz oder wie im vorliegenden Fall eine pauschale Aufwandsentschädigung verlangen. Damit ist die pauschale Aufwandsentschädigung für Betreuung keine Einnahme für vom Betreuer tatsächlich durchgeführte Pflegemaßnahmen. Denn die Betreuung unterscheidet sich grundlegend von der Pflege. X erhielt daher keine Einnahmen für die Pflege, durch die die Geltendmachung des Pflege-Pauschbetrags ausgeschlossen war.

Allerdings setzt der Pflege-Pauschbetrag eine Zwangsläufigkeit zur Erbringung der Pflegeleistungen voraus und zwar eine Zwangsläufigkeit aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen. Aus der Stellung als Betreuer ergibt sich jedoch keine rechtliche Verpflichtung zur Pflege. Denn Betreuung ist nicht tatsächliche Hilfe, sondern Beistand in Form von Rechtsfürsorge. Auch wenn der Betreuer den Betreuten im Rahmen des ihm übertragenen Aufgabenkreises auch persönlich zu betreuen hat, beschränkt sich das auf die Rechtsfürsorge, d.h. ohne Verpflichtung zu tatsächlichen Pflegeleistungen.

 

  1. Wenn das Erbe weitergegeben wird: Liegt eine Nachlassverbindlichkeit vor?

 Verpflichtet sich ein Erbe aus persönlichen Gründen für die Weitergabe der Erbschaft, liegt keine Nachlassverbindlichkeit vor. Der Erwerb wird insoweit nicht gemindert.

 Hintergrund

Der Erblasser E setzte X, den Pfarrer einer Kirchengemeinde, und A zu seinen Erben ein. Da A das Erbe ausschlug, wurde X Alleinerbe. X zeigte dem Landeskirchenamt seine Erbeinsetzung an und wies darauf hin, dass er das Erbe der Kirchengemeinde zur Verfügung stellen wollte. Im Hinblick auf die beabsichtigte Weiterleitung genehmigte das Landeskirchenamt die Annahme der Erbschaft.

X übertrug die Erbschaft im Wege der freien Schenkung auf die Kirchengemeinde. Das Finanzamt setzte gegen X Erbschaftsteuer fest. Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Weiterleitung nicht auf einer Nachlassverbindlichkeit beruhte, da sich aus dem Testament keine Verpflichtung zur Weiterleitung ergab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassungen von Finanzamt und Finanzgericht und wies die Revision des X zurück. Erbschaftsteuerpflichtiger Erwerb ist die Bereicherung des Erwerbers. Von diesem Erwerb sind als Nachlassverbindlichkeiten die Schulden und Lasten abzuziehen. Die Weiterleitungsverpflichtung, die das Landeskirchenamt als Dienstherr des X aussprach, führte nicht zu einem Abzug als Nachlassverbindlichkeit.

Die Verpflichtung, das Erbe an die Kirchengemeinde weiterzuleiten, ist keine Schuld, die den Erblasser traf. Auch handelt es sich nicht um eine einer sittlichen Verpflichtung des Erblassers entsprechende Last.

Die Belastung, die X traf, ist keine der im Gesetz genannten Lasten. Es lag keine Auflage, auch keine einer Auflage entsprechende Verpflichtung, vor. Denn die Weiterleitungspflicht hatte ihre Ursache nicht in der Person des Erblassers. Sie hing auch nicht mit dem vererbten Vermögen zusammen, sondern ist ausschließlich in der Person des Erben, nämlich seinem Dienstverhältnis, begründet. Folglich fehlte es bei der Weiterleitungsverpflichtung an einem Rückbezug auf den Erblasser. Die Verpflichtung entsprang ausschließlich der Sphäre des X. Dieses Ergebnis verstößt nicht gegen das Nettoprinzip. Denn die Bereicherung, nämlich die Vermögenssituation, die der Erblasser hinterlassen hat, ist bei X eingetreten.

Das Erbe wurde durch X an die Kirchengemeinde weitergeleitet, um seine Verpflichtung aus dem Dienstverhältnis zu erfüllen, nicht um eine Erbenstellung zu erlangen oder zu sichern. X wurde unabhängig von diesem Vorgang Alleinerbe. Die Belastung aus der Weiterleitungsverpflichtung mindert daher nicht seine Bereicherung.

 

  1. Besondere Veranlagung: Wann gilt der Steuerbescheid als bekanntgegeben?

 Haben die Ehegatten die besondere Veranlagung beantragt, darf das Finanzamt den Steuerbescheid nicht beiden Ehegatten gemeinsam bekanntgeben.

 Hintergrund

Der Kläger heiratete im Jahr 2000 und beantragte wie seine Ehefrau für dieses Jahr die besondere Veranlagung. Das Finanzamt führte zunächst eine Zusammenveranlagung durch, der Bescheid wurde beiden Eheleuten bekannt gegeben. Berücksichtigt wurden in diesem Bescheid nur die Einkünfte der Ehefrau, die zu einer Erstattung von rund 1.500 EUR führten.

Nachdem kurz darauf ein Bescheid an den Ehemann antragsgemäß ergangen war, wurde der Bescheid für die Ehefrau aufgehoben. Der Aufhebungsbescheid ging erneut an beide Ehegatten. Der Ehemann bezahlte den Erstattungsbetrag und festgesetzte Zinsen. Später forderte er den bezahlten Betrag vom Finanzamt zurück, da seiner Ansicht nach nur seine Ehefrau zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Der Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid blieb erfolglos.

 Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt, da der Aufhebungsbescheid nicht wirksam bekannt gegeben wurde. Die Bekanntgabe des Aufhebungsbescheides an beide Ehegatten unter der gemeinsamen Anschrift war rechtswidrig. Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von diesem betroffen ist. Sind mehrere Personen betroffen, hat grundsätzlich jedem Beteiligten gegenüber eine Einzelbekanntgabe zu erfolgen. Zwar gibt es hiervon Ausnahmen, doch greifen diese hier nicht ein.

Die Eheleute haben zwar keine ausdrückliche Einzelbekanntgabe beantragt. Aus der Tatsache, dass sie 2 getrennte Steuererklärungen abgegeben haben, war aber konkludent zu schließen, dass sie keine gemeinsame Bekanntgabe wünschen. Auch aus der Tatsache, dass das Finanzamt zunächst gegen den Willen der Eheleute eine Zusammenveranlagung durchgeführt habe, ergab sich hierbei nicht Gegenteiliges.

 

  1. Wann sind Bildungsleistungen eines gemeinnützigen Vereins umsatzsteuerfrei?

 Erbringt ein als gemeinnützig anerkannter privater Verein im Rahmen seines Zweckbetriebs Fort- und Weiterbildungsleistungen, sind diese umsatzsteuerfrei. Ein Vorsteuerabzug scheidet insoweit aus.

 Hintergrund

Der Kläger ist ein eingetragener Verein und verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Er fördert die Wissenschaft und Forschung sowie das öffentliche Gesundheitswesen. Die beruflichen Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen im Rahmen seines Zweckbetriebs wollte er mit dem ermäßigten Steuersatz versteuern.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Leistungen steuerfrei waren und erkannte die Vorsteuerbeträge wegen des Vorsteuerüberhangs insoweit nicht an.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die u. a. von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen, durchgeführt werden, sind umsatzsteuerfrei. Dies setzt voraus, dass die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Letzteres ergab sich im vorliegenden Fall dadurch, dass der Zweckbetrieb stets defizitär arbeitete.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Umsatzsteuerbefreiung europarechtskonform. Die entsprechenden Regelungen stehen einer Mehrwertsteuerbefreiung für Bildungsleistungen, die von nicht-öffentlichen Einrichtungen zu gewerblichen Zwecken erbracht werden, nicht entgegen. Das bedeutet nach Meinung des Finanzgerichts, dass die Mehrwertsteuerbefreiung auch für einen Verein als juristische Person des Privatrechts gelten kann – und damit auch für den Kläger.

 

  1. Erbschaftsteuer: Übertragung des Familienheims unter Nießbrauchsvorbehalt kann zur Nachversteuerung führen

 Die Steuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims entfällt rückwirkend, wenn der Erbe das Eigentum überträgt. Das gilt auch dann, wenn die Selbstnutzung zu Wohnzwecken aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchs fortgesetzt wird.

 Hintergrund

A ist Alleinerbin ihres Ehemanns E. Zum Nachlass gehört u.a. ein hälftiger Miteigentumsanteil an einem Einfamilienhaus, das A zusammen mit E bewohnt hatte und das sie nunmehr allein bewohnt. Das Finanzamt gewährte zunächst für den Miteigentumsanteil die Steuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims. Nach rund 1 ½ Jahren übertrug A das Einfamilienhaus unentgeltlich unter Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauchs auf ihre Tochter. A wohnte weiterhin in dem Einfamilienhaus.

Das Finanzamt änderte daraufhin die Erbschaftsteuer-Festsetzung und versagte rückwirkend die Steuerbefreiung. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision der A zurück. Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert. Der Nachversteuerungstatbestand greift auch in Fällen, in denen der Erwerber das Familienheim zwar weiterhin bewohnt, das Eigentum daran aber innerhalb der genannten Frist auf einen Dritten übertragen hat.

Nach Auslegung des Gesetzeswortlauts kommen die Richter zu dem Ergebnis, dass ein (Fort-)Bestehen des durch den Erwerb geschaffenen Eigentums des überlebenden Ehegatten Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist. Für diese Auslegung sprechen Sinn und Zweck der Regelung, die dahin gehen, die Substanz des begünstigten Immobilienvermögens innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft zu erhalten. Deshalb entfällt die Steuerbefreiung bei Aufgabe des Eigentums innerhalb des 10-Jahreszeitraums. Andernfalls könnte das Eigentum steuerbefreit erworben werden, um es sogleich anschließend – ohne Verlust der Steuerbefreiung – auf einen Dritten zu übertragen. Damit würde die Voraussetzung des Eigentumserwerbs entwertet.

Würde die Steuerbefreiung gewährt, wenn der überlebende Ehegatte das von Todes wegen erworbene Eigentum am Familienheim kurze Zeit nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt, die Nutzung aber zu eigenen Wohnzwecken fortsetzt, bliebe der Erwerb des überlebenden Ehegatten steuerfrei, obwohl sich der Sachverhalt nach der Übertragung nicht von anderen Fällen unterscheidet, in denen die Steuerbefreiung nicht bewilligt wird:

Bestimmt etwa der Erblasser sein Kind zum Erben und wendet er seinem Ehegatten einen lebenslangen Nießbrauch als Vermächtnis zu, erhält keiner die Steuerbefreiung. Denn der Ehegatte hat kein Eigentum erworben und das Kind wohnt nicht in dem Familienheim.

Setzt der Erblasser seinen Ehegatten als Erben mit der Auflage ein, das Eigentum unter Nutzungsvorbehalt auf das Kind zu übertragen, bleibt dem Ehegatten die Steuerbefreiung verwehrt, weil er das Familienheim auf das Kind übertragen muss, und das Kind kann die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen, weil das Familienheim bei ihm nicht unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist.

Zur Vermeidung widersprüchlicher Ergebnisse war die restriktive Auslegung der Steuerbefreiung geboten. Für den Streitfall war daher die gewährte Steuerbefreiung für den Erwerb des Miteigentumsanteils rückwirkend entfallen.

 

  1. Kinder dürfen auch etwas lauter sein

 Wird eine Teileigentumseinheit, die als Laden gewidmet ist, zur Kinderbetreuung eingerichtet, stellt dies eine zulässige Nutzung dar. Die Privilegierung von Kinderlärm aus dem Immissionsschutzrecht gilt auch für das Wohnungseigentumsrecht.

 Hintergrund

Ein Verein betrieb ein “Eltern-Kind-Zentrum” in einer Teileigentumseinheit im Erdgeschoss einer Wohnungseigentumsanlage, die der Verein angemietet hatte. Laut Teilungserklärung war eine Nutzung als “Laden mit Lager” erlaubt. Die Anlage ist gemischt genutzt. Es sind sowohl Wohnungen vorhanden als auch Büros und Läden.

Das Zentrum ist montags bis freitags tagsüber geöffnet. Vormittags findet ein Kindergarten-Betrieb für Kinder im Alter zwischen 18 und 36 Monaten statt. Nachmittags bietet der Verein u. a. verschiedene Spielgruppen an. Außerdem werden dort Veranstaltungen wie Faschingsfeiern, Flohmärkte und Vorträge durchgeführt.

Die Eigentümer der über der Teileigentumseinheit gelegenen Wohnung halten die Nutzung für unzulässig. Sie verlangen von dem Verein Unterlassung der Nutzung.

 Entscheidung

Die Unterlassungsklage hatte vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg.

Ein Wohnungseigentümer kann vom Mieter einer anderen Einheit Unterlassung verlangen, wenn dieser die Einheit anders nutzt als in der Teilungserklärung vorgesehen. Doch auch wenn Geräusche, die von einem Eltern-Kind-Zentrum ausgehen, angesichts der dort normalerweise stattfindenden Aktivitäten typischerweise lauter und störender als die eines Ladens mit Lager sind, bestand gleichwohl kein Unterlassungsanspruch. Denn nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz sind Geräuscheinwirkungen, die von Kinderspielplätzen, Kindertagesstätten und ähnlichen Einrichtungen ausgehen, nicht als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen. Die entsprechenden Vorschriften strahlen auch auf das Wohnungseigentumsrecht aus.

Um dem gesetzgeberischen Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft zu entsprechen, ist ein weites Verständnis dieser Vorschrift angezeigt. Das Eltern-Kind-Zentrum ist eine Kindertageseinrichtung oder zumindest eine ähnliche Einrichtung. Dem steht nicht entgegen, dass sich einige Angebote nicht ausschließlich an Kinder richten, sondern den Austausch der Eltern untereinander fördern sollen.

Wenn die privilegierten Geräuscheinwirkungen außer Betracht blieben, gehen bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise die mit dem Betrieb des Eltern-Kind-Zentrums verbundenen Störungen nicht über das hinaus, was beim Betrieb eines Ladens regelmäßig zu erwarten ist. Ein Anspruch, die Nutzung der Teileigentumseinheit als Eltern-Kind-Zentrum zu unterlassen, bestand daher nicht.

Die anderen Wohnungseigentümer können allenfalls die Unterlassung einzelner, besonders störender Handlungsweisen verlangen. Ob und inwieweit solche stattfinden, muss nun die Vorinstanz klären, an die der Bundesgerichtshof den Rechtsstreit zurückverwiesen hat.

 

  1. Wohnungseigentum: Verwalter muss Mängel erforschen

 Ein Verwalter ist gegenüber den Wohnungseigentümern verpflichtet, bei Mängeln und Schäden am Gemeinschaftseigentum Handlungsoptionen für die Instandsetzung aufzuzeigen. Auch muss er auf Gewährleistungsansprüche und deren Verjährung hinweisen.

 Hintergrund

Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung. Das Gebäude wurde im Jahr 2006 von einem Bauträger saniert und in Wohnungseigentum aufgeteilt. Der Geschäftsführer der Bauträger-GmbH wurde zum Verwalter der Gemeinschaft bestellt.

Mitte 2011 kaufte der Kläger die Wohnung Nr. 1. Ein Sachverständiger stellte dort Feuchtigkeitsschäden fest. Im Januar 2012 sagte die Bauträgerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer/den Verwalter zu, die im Gutachten festgestellten Mängel zu beseitigen. Im November erklärte sie in einem an den Verwalter gerichteten Schreiben, dass die Mängel behoben waren. Ursache war ein falscher Putz gewesen, der ausgetauscht wurde.

Nachdem weiterhin Feuchtigkeit auftrat, erklärte ein vom Kläger beauftragter Gutachter die Wohnung im Jahr 2014 für unbewohnbar und empfahl eine umfassende Sanierung. Im Dezember 2014 wurde das Gutachten in einer Eigentümerversammlung erörtert und der Geschäftsführer der Bauträgerin als Verwalter abberufen.

Der Kläger verlangte vom abberufenen Verwalter Schadensersatz von 30.000 EUR für Schäden an Gegenständen in der Wohnung, Aufwendungen für das Mieten einer Ersatzwohnung sowie Gutachterkosten. Außerdem begehrte er die Feststellung, dass der ehemalige Verwalter zum Ersatz aller weiteren feuchtigkeitsbedingten Schäden verpflichtet ist.

Amts- und Landgericht wiesen die Klage ab.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Rechtsstreit dorthin zurück.

Der Verwalter hat an mehreren Stellen gegen seine Pflichten verstoßen. Ein 1. Pflichtverstoß des Verwalters lag darin, dass dieser nach Vorlage des Gutachtens im November 2011 nicht auf eine Beschlussfassung über die weitergehende Untersuchung der Ursachen der Mängel am Gemeinschaftseigentum hingewirkt hat.

Der Verwalter muss die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen treffen. Zwar ist er weder berechtigt noch verpflichtet, eine Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung, die weder dringlich ist noch zu den laufenden Maßnahmen zählt, ohne Beschlussfassung zu ergreifen. Der Verwalter muss aber den Zustand des Gemeinschaftseigentums kontrollieren, die Wohnungseigentümer ausreichend unterrichten und sie in die Lage versetzen, einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen zu fassen. Insbesondere muss der Verwalter zur Vorbereitung der Beschlussfassung über Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums die verschiedenen Handlungsoptionen aufzeigen.

Dabei muss der Verwalter auch auf mögliche Gewährleistungsansprüche und eine drohende Verjährung dieser Ansprüche hinweisen. Das gilt auch, wenn der Verwalter zugleich Geschäftsführer des Bauträgers ist. Hier treffen den Verwalter keine geringeren Pflichten. Wenn die Doppelfunktion zu einem Interessenkonflikt führt, darf der Verwalter diesen nicht zu Lasten der Wohnungseigentümer auflösen.

Nach diesen Maßstäben hätte der Verwalter im November 2011 auf mögliche Ansprüche gegen die Bauträgerin hinweisen müssen. Außerdem hätte er einen Beschlussvorschlag unterbreiten müssen, entweder weitere Untersuchungen anzustellen oder unmittelbar die Bauträgerin in Anspruch zu nehmen.

Ein 2. Pflichtverstoß des Verwalters, aus dem sich eine Haftung ergeben kann, lag darin, dass er nicht geprüft hat, ob die Mängel tatsächlich beseitigt worden sind. Zu den Pflichten des Verwalters gehört es, Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen. Auch hinsichtlich Mangelbeseitigungsmaßnahmen des Bauträgers muss der Verwalter seine Kontrollpflicht ausüben. Der Verwalter hatte Anlass, an einer Mangelbeseitigung zu zweifeln, denn er wusste, dass der Sachverständige weitere Untersuchungen angeregt hatte, also davon ausgegangen war, dass die Schadensursache möglicherweise tiefergehend war. Auf die Aussage der Bauträgerin, dass Ursache lediglich falscher Putz war, hätte sich der Verwalter nicht verlassen dürfen.