Arbeitsrecht
1. Trotz Corona: Ein Anspruch auf Homeoffice oder Einzelbüro besteht derzeit nicht
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Abspaltung eines Teilbetriebs: Was gilt für die Gewinnrealisierung?
2. Betriebsaufspaltung und Doppelvertretungsverbot
3. Übergang eines Geschäftsanteils auf den Pooltreuhänder als Schenkung an den Gesellschafter?
4. Zur Versorgungszusage aus Entgeltumwandlungen
Kapitalanlage und Versicherung
1. Zur Abgeltungswirkung der Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit Aktienkäufen in einem Schneeballsystem
Private Immobilienbesitzer
1. Auch getrenntlebende oder geschiedene Ehegatten sind mietrechtlich Familienmitglieder
2. Mieter verliert Schlüssel: Wer zahlt was?
Sonstige Steuern
1. 3-Tages-Fiktion: Was zu tun ist, wenn der Bescheid erst später ankommt
2. Zur Bildungseinrichtung als erster Tätigkeitsstätte
Steuerrecht Arbeitnehmer
1. Unentgeltliche Unterkunft in einer Bundeswehrkaserne: Was ist als Werbungskosten abzugsfähig?

 

Steuerrecht Privatvermögen
1. Erwerb bei vorweggenommener Erbfolge: Abbruchabsicht steht AfaA entgegen
2. Kindergeld: Auszahlung nur an Kinder mit Wohnsitz im Inland
Steuerrecht Unternehmer
1. Bei geänderter Überleitungsrechnung kann unzulässige Bilanzänderung vorliegen
2. Bilanzänderung: Bundesfinanzhof urteilt zu Zulässigkeit und Umfang
3. Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß: Privatnutzung wird nach 1 %-Regelung besteuert
4. Mangelhafte Buchführung kann zu Hinzuschätzungen führen
5. Rückwirkende Rechnungsberichtigung: BMF klärt Zweifelsfragen
6. Warum im Ausland ansässige Unternehmer sich nicht auf die Kleinunternehmerregelung berufen können
Vereine
1. Anerkennung einer Gemeinnützigkeit: Es gelten strenge Kriterien

 

Arbeitsrecht

  1. Trotz Corona: Ein Anspruch auf Homeoffice oder Einzelbüro besteht derzeit nicht

 

Soweit der Arbeitgeber den Gesundheitsschutz im Büro sicherstellen kann und ausreichende Corona-Schutzmaßnahmen ergreift, hat ein Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf, im Homeoffice oder in einem Einzelbüro zu arbeiten.

Hintergrund

Der Arbeitnehmer ist 63 Jahre alt und teilt sich sein Büro mit einer Mitarbeiterin. Aufgrund des für ihn bestehenden Risikos einer Infektion mit dem Coronavirus verlangte er vom Arbeitgeber, an seinem Wohnsitz im Homeoffice arbeiten zu dürfen. Dazu legte er im April 2020 ein ärztliches Attest vor. Hilfsweise forderte er, künftig ein Einzelbüro zugewiesen zu bekommen. Der Arbeitgeber lehnte dies ab.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht wies die Klage des Arbeitnehmers ab und entschied, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer auf seinen Antrag Homeoffice zu gewähren. Der Arbeitgeber muss aufgrund seiner gesetzlich verankerten Fürsorgepflicht zwar alle notwendigen und erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu schützen. Wie er diese Pflicht erfülle, liegt allerdings in seiner Verantwortung.

Trotz hausärztlicher Empfehlung bestand jedoch keine Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer ein Einzelbüro zu gewähren. Für ein Recht auf ein Einzelbüro gibt es keine arbeitsvertragliche oder gesetzliche Grundlage. Vielmehr genügt der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht auch dann, wenn er entsprechende Corona-Schutzmaßnahmen in einem Büro für mehrere Personen ergreift.

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

  1. Abspaltung eines Teilbetriebs: Was gilt für die Gewinnrealisierung?

 Was passiert bei einer Abspaltung eines Teilbetriebs mit den Anteilen an dem übertragenden Rechtsträger im notwendigen Sonderbetriebsvermögen II des Gesellschafters einer Personengesellschaft, dem infolge der Abspaltung Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger zugeteilt werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil.

Hintergrund

Die Eheleute A/B sind zu je 50 % an der X-KG beteiligt. Im jeweiligen Sonderbetriebsvermögen II der Eheleute bei der KG befinden sich deren Anteile an der Y-AG. Die Eheleute sind zu je 50 % an dieser AG beteiligt.

Im Jahr 2020 übertrug die AG im Wege der Spaltung ihren Geschäftsbereich “Vermietungen” auf die Z-GmbH, deren alleinige Anteilseignerin zunächst die A war. Der Geschäftsbereich “Herstellung” verblieb bei der AG. Für das übertragene Vermögen teilte die GmbH den Aktionären der AG im Wege der Kapitalerhöhung je einen neuen Geschäftsanteil i. H. v. 100 EUR zu. Seither waren A zu 99,6 % und B zu 0,4 % an der GmbH beteiligt. Die Anteile an der GmbH wurden als Privatvermögen der Eheleute behandelt.

Das Finanzamt ging davon aus, dass eine disquotale Abspaltung des Teilbetriebs mit einer Werteverschiebung von B auf A vorliegt, die als Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen des B zu werten ist. Durch die Abspaltung ist den Anteilseignern des übertragenden Rechtsträgers (AG) aufgrund der abweichenden Beteiligungsverhältnisse beim übernehmenden Rechtsträger (GmbH) Vermögen nicht dem bisherigen Anteil entsprechend zugeteilt worden. Damit ist eine Vermögensverschiebung zu Gunsten der A aus privaten Gründen eingetreten. Dementsprechend stellte das Finanzamt im Gewinnfeststellungsbescheid Sonderbetriebseinnahmen des B fest.

Das Finanzgericht gab der Klage statt, da die Wertveränderung keine Entnahme darstellte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts konnte nicht beurteilt werden, ob die GmbH-Anteile von A und B nicht als Privatvermögen, sondern als deren notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der KG zu behandeln sind.

Dafür, dass die Anteile an der AG vor und nach der Abspaltung als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II der beiden Gesellschafter der KG (A/B) anzusehen sind, spricht, dass zwischen der KG als Besitzgesellschaft und der AG als Betriebsgesellschaft eine Betriebsaufspaltung bestanden hat. Die KG der AG verpachtete wesentliche Betriebsgrundlagen (sachliche Verflechtung) und die Unternehmen waren personell verflochten.

Es lässt sich indes nicht beurteilen, ob nach der Abspaltung des vom Finanzamt als Teilbetrieb angesehenen Geschäftsbereichs “Vermietungen” von der AG auf die GmbH auch eine Betriebsaufspaltung zwischen der KG und der GmbH bestanden hat, da nunmehr die KG auch der GmbH wesentliche Betriebsgrundlagen verpachtet hat. Wäre insoweit eine Betriebsaufspaltung zu bejahen, wären auch die Anteile von A und B an der GmbH einschließlich der im Rahmen der Abspaltung neu zugeteilten Anteile notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der KG. Bisher in den Anteilen an der AG verkörperte stille Reserven gehörten dann zu den Anteilsrechten von A und B an der GmbH, sodass die nämlichen stillen Reserven (weiterhin) als Sonderbetriebsvermögen II bei der KG steuerverstrickt wären.

Fraglich ist darüber hinaus, inwieweit es bereits durch einen “Tausch” der Anteile an der AG gegen Anteile an der GmbH zu einer Gewinnrealisierung gekommen ist. Ein Rechtsträger kann einen Teil seines Vermögens abspalten und auf einen bestehenden Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen übertragen. Die in Form eines “Anteilstauschs” gewährten Mitgliedschaftsrechte sind eine Gegenleistung des übernehmenden Rechtsträgers an die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers. Die zugeteilten Anteile bilden auch einen Ersatz für die auf den übernehmenden Rechtsträgere infolge der Abspaltung übergegangenen stillen Reserven.

Sollte keine Betriebsaufspaltung zwischen der KG als Besitz- und der GmbH als Betriebsgesellschaft vorliegen, ist weiter zu prüfen, inwieweit im Anschluss an den “Anteilstausch” eine Gewinnrealisierung durch eine Entnahme zum Teilwert der im Rahmen der Abspaltung neu zugeteilten (“eingetauschten”) GmbH-Anteile aus dem Sonderbetriebsvermögen II eingetreten ist. Zu prüfen wäre, zu welchem Wert die A und B zugeteilten GmbH-Anteile aus deren Sonderbetriebsvermögen II bei der KG entnommen wurden.

 

  1. Betriebsaufspaltung und Doppelvertretungsverbot

 Ein Vertreter kann im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten kein Rechtsgeschäft vornehmen, es sei denn, es wurde Abweichendes vereinbart. Dieses Doppelvertretungsverbot steht der Annahme einer Beherrschungsidentität von Gesellschafter-Geschäftsführern aus Besitz-GbR und Betriebs-GmbH nicht entgegen, vorausgesetzt, die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen die Umgehung dieses Verbots durch Übertragung der Vertretung auf eine andere Person ermöglichen.

 Hintergrund

An der Vermietungs-GbR waren R, L und F zu je 33 % beteiligt. W hielt 1 %. Die 3 Gesellschafter R, L und F waren zu Geschäftsführern bestellt und unterlagen den Weisungen der Gesellschafterversammlung. Jeweils 2 geschäftsführende Gesellschafter vertraten die GbR gemeinsam. Die Gesellschafterversammlung konnte jedem geschäftsführenden Gesellschafter Einzelvertretungsbefugnis erteilen und ihn von den Beschränkungen des § 181 BGB (Doppelvertretungsverbot, Selbstkontrahierungsverbot) befreien.

Neben der GbR existierte die Betriebs-GmbH, an der nur R, L und F zu je 1/3 (also nicht W) beteiligt und als Geschäftsführer bestellt waren. Die GmbH wurde durch 2 Geschäftsführer oder einen Geschäftsführer und einen Prokuristen gemeinsam vertreten.

Die GbR vermietete an die GmbH ein Bürogebäude mit Außenanlagen. Die Mietverträge wurden für die GbR von L und R und für die GmbH von F und R unterzeichnet.

Das Finanzamt behandelte die Vermietungseinkünfte der GbR als gewerbliche Gewinne im Rahmen einer Betriebsaufspaltung.

Das Finanzgericht entschied, dass zwar die Beherrschungsidentität zwischen der GbR und der GmbH dem Grunde nach gegeben war, wegen des Doppelvertretungsverbots des § 181 BGB könnten jedoch beide Gesellschaften nicht von derselben Geschäftsführer-Gruppe beherrscht werden.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die Voraussetzungen gewerblicher Einkünfte auf der Grundlage einer Betriebsaufspaltung vorliegen. Die Verletzung des Verbotes der Doppelvertretung steht der personellen Verflechtung nicht entgegen.

Die sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn es sich bei dem vermieteten Wirtschaftsgut für das Betriebsunternehmen um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt. Das ist bei einem Grundstück der Fall, wenn es – wie im vorliegenden Fall – für die Betriebsführung der Betriebs-GmbH von nicht nur geringer Bedeutung ist.

Die personelle Verflechtung ergibt sich daraus, dass die Mietverträge über das Bürogebäude gegen den Willen der Gruppe R, L, F nicht aufgehoben werden konnten. Denn W war aus der Geschäftsführung der GbR ausgeschlossen. Sollte die Kündigung als Grundlagengeschäft der Gesellschafterversammlung vorbehalten gewesen sein, konnte W sie gegen den Willen der R, L, F nicht wirksam aussprechen, da er nur zu 1 % beteiligt war und im Übrigen in der Gesellschafterversammlung das Einstimmigkeitsprinzip galt. Außerdem oblag auch die laufende Verwaltung der Gruppe R, L, F, der W insoweit keine Weisungen erteilen konnte.

Nach § 181 BGB kann ein Vertreter im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, soweit nicht Abweichendes vereinbart ist. Die beherrschende Gruppe R, L, F konnte allerdings das Doppelvertretungsverbot auf Seiten der GmbH dadurch beseitigen bzw. umgehen, dass ein anderer Vertreter ermächtigt wird, Rechtsgeschäfte mit der GbR zu schließen. Dies konnte nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH z. B. durch die Bestellung eines Prokuristen geschehen. Die GmbH hatte damit jederzeit die Möglichkeit, durch Bestellung eines Prokuristen dafür zu sorgen, dass sie bei Geschäften mit der GbR durch einen Prokuristen vertreten wird. Weiterhin hätte neben einem Prokuristen auch ein Mitglied der aus R, L, F bestehenden beherrschenden Gruppe die GmbH vertreten können, sodass die beiden anderen Personen dieser Gruppe als Vertreter der GbR hätten auftreten können. Folglich hätte § 181 BGB dem Abschluss eines solchen Geschäfts daher nicht entgegengestanden.

 

  1. Übergang eines Geschäftsanteils auf den Pooltreuhänder als Schenkung an den Gesellschafter?

 Veräußert ein Gesellschafter seinen Geschäftsanteil an einen Pooltreuhänder, der diesen bis zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters treuhänderisch für die verbleibenden Gesellschafter hält, stellt dies keinen Vorgang dar, der bei den verbleibenden Gesellschaftern der Schenkungsteuer unterliegt.

 Hintergrund

W war Gesellschafter einer WP-GmbH. Die Gesellschafter hielten jeweils einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 50.000 EUR. Nach einem Poolvertrag zur Regelung der Verhältnisse der Gesellschafter untereinander endete die Mitgliedschaft bei Vollendung des 63. Lebensjahres. Der betreffende Gesellschafter sollte zu einem bestimmten Tag seinen Geschäftsanteil nach einem Vertragsmuster an einen Pooltreuhänder, der durch die Poolversammlung bestimmt wurde, verkaufen und übertragen.

Der Pooltreuhänder hatte hierfür auf Rechnung der aktiven Poolmitglieder den Nominalbetrag des Geschäftsanteils und die GmbH die bisher aufgelaufenen Gewinnanteile zu entrichten. Ein Anspruch auf Abfindung stiller Reserven oder eines Goodwills bestand nicht. Die Geschäftsanteile der ausscheidenden Poolmitglieder waren für die Aufnahme neuer Poolmitglieder vorgesehen. Der Pooltreuhänder hatte die Geschäftsanteile bis zu ihrer Übertragung treuhänderisch für alle in der GmbH verbleibenden Poolmitglieder zu erwerben und zu halten.

Nach der Kündigung des Gesellschafters X aus Altersgründen verkaufte und übertrug dieser entsprechend dem Poolvertrag seinen Geschäftsanteil an den Pooltreuhänder für 50.000 EUR.

Daraufhin setzte das Finanzamt gegenüber W Schenkungsteuer für den Erwerb des Geschäftsanteils des X durch den Pooltreuhänder fest.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Insbesondere war der Geschäftsanteil zivilrechtlich nicht auf W, sondern auf den Treuhänder übergegangen.

 Entscheidung

Die Revision des Finanzamts scheiterte vor dem Bundesfinanzhof. Dieser entschied, dass die Übertragung des Geschäftsanteils an der GmbH von X auf den Pooltreuhänder bei W nicht der Schenkungsteuer unterlag.

Als Schenkung gilt der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt. In einem Treuhandverhältnis ist Rechtsinhaber regelmäßig der Treuhänder, nicht der Treugeber. Demnach hat nicht W, sondern der Pooltreuhänder den Geschäftsanteil des X an der GmbH erworben. Der Vorgang ist bei W nicht steuerbar.

Außerdem fällt der Vorgang auch deshalb nicht unter § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG, weil es sich um einen von dieser Vorschrift nicht erfassten derivativen Erwerb handelt. Die Regelung greift nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Gesellschaftsanteil unter Lebenden veräußert und dafür ein Kaufpreis entrichtet wird.

Der Schenkungsteuer unterliegt jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Erforderlich ist neben einer objektiven Vermögensverschiebung in subjektiver Hinsicht ein (einseitiger) Wille des Zuwendenden zur (Teil-)Unentgeltlichkeit seiner Leistung. Der “Wille zur Unentgeltlichkeit” liegt vor, wenn der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten.

Vorliegend mangelte es bereits an der objektiven Unentgeltlichkeit. Denn in dem Poolvertrag war das Schicksal des Geschäftsanteils des jeweiligen Gesellschafters – hier des X – bei Erreichen der Altersgrenze im Einzelnen geregelt. Alle Vermögensverschiebungen beruhten auf vertraglicher Verpflichtung, die wegen ihrer Verknüpfung mit dem ursprünglichen Erwerb des Geschäftsanteils schon objektiv eine Unentgeltlichkeit nicht erkennen lässt. Erst recht fehlte es an dem Willen zur Unentgeltlichkeit.

  1. Zur Versorgungszusage aus Entgeltumwandlungen

 Die Voraussetzung einer Entgeltumwandlung für den Ansatz einer Pensionsrückstellung ist nicht erfüllt, wenn eine GmbH ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer eine Versorgungszusage aus Entgeltumwandlungen gewährt. Denn der Alleingesellschafter-Geschäftsführer der GmbH ist kein Arbeitnehmer.

 Hintergrund

A ist Alleingesellschafter-Geschäftsführer der A2 GmbH. Diese übernahm im Jahr 2014 die Anteile der A1 GmbH. Sie übernahm auch die bestehende Versorgungszusage der A1 GmbH für A. Außerdem gewährte die A2 GmbH ihm eine weitere Versorgungszusage aus Entgeltumwandlungen.

Die A2 GmbH passivierte zum 31.12.2014 die Rückstellung für die arbeitnehmerfinanzierte Pensionszusage mit dem Barwert von 46.404 EUR.

Das Finanzamt ging dagegen davon aus, dass die Rückstellung für die arbeitnehmerfinanzierte Zusage stattdessen mit dem niedrigeren Teilwert zu bewerten war. Denn sie ist aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung unverfallbar. Der Ansatz mit dem Barwert gilt nur bei einer Entgeltumwandlung i. S. v. § 1 Abs. 2 BetrAVG. Auf A als beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ist das BetrAVG jedoch nicht anwendbar. Der Teilwert für die Versorgungszusage zum 31.12.2014 beträgt daher nur 42.706 EUR. Dementsprechend minderte das Finanzamt die gebildete Rückstellung um 3.798 EUR.

Das Finanzgericht war der Ansicht, dass der Barwert-Teilwert-Vergleich nicht nur auf unter das BetrAVG fallende Arbeitnehmer anzuwenden ist, und gab der Klage statt.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil ab und wies die Klage ab. In Fällen, in denen eine Entgeltumwandlung nicht unter das BetrAVG fällt, ist der (niedrigere) Teilwert maßgeblich.

Dafür spricht zum einen die Gesetzesentwicklung, in der die Einschränkung des Anwendungsbereichs der Neufassung durch das Altersvermögensgesetz (AVmG) zum Ausdruck kommt. Zum anderen ergibt sich das aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, der eine Entgeltumwandlung i. S. v. § 1 Abs. 2 BetrAVG und eine nach dem BetrAVG unverfallbare Pensionsleistung verlangt. An beidem fehlt es im Streitfall.

Der Gesetzgeber ist zwar im Interesse der Lastengleichheit gehalten, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern. Er ist aber nicht gehindert, außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls zu verfolgen.

Hiervon ausgehend hat der Gesetzgeber mit dem Ziel, Arbeitnehmern einen individuellen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung mit sofortiger gesetzlicher Unverfallbarkeit zu verschaffen, ein legitimes Gemeinwohlinteresse verfolgt und im BetrAVG und EStG eindeutig festgelegt, welche Personen und Unternehmen gefördert werden sollen. Die steuerrechtliche Differenzierung knüpft somit nicht an die Gesellschaftsform der A2 GmbH oder die Stellung des A als Gesellschafter-Geschäftsführer an, sondern an seine arbeitsrechtliche Stellung. Er ist kein Arbeitnehmer i. S. d. § 17 BetrAVG. Das anerkennt der Bundesfinanzhof als verfassungsrechtlich zulässig.

 

Kapitalanlage & Versicherung

  1. Zur Abgeltungswirkung der Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit Aktienkäufen in einem Schneeballsystem

 Ein Einbehalt von Kapitalertragsteuer auf Scheinrenditen entfaltet eine Abgeltungswirkung. Das gilt auch dann, wenn er bloß auf fingierten Depotauszügen ausgewiesen und die Steuer tatsächlich nicht an das Finanzamt abgeführt wurde.

 Hintergrund

Ein Anleger hatte sein Geld in den Jahren 2010 bis 2013 in ein betrügerisches Schneeballsystem investiert. Ein Vermögensverwalter hatte ihm gegenüber vorgetäuscht, die eingezahlten Anlegergelder in Aktien zu investieren, die in Wirklichkeit jedoch nicht oder nicht vollständig erworben worden waren.

Auf dem Papier hatte der Verwalter gegenüber dem Anleger zunächst erhebliche Gewinne aus Aktienverkäufen ausgewiesen, auf den Abrechnungen hatte er dabei einen Einbehalt von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag dargestellt. Die ausgewiesenen Einbehaltungsbeträge führte er nicht an das Finanzamt ab, die verbliebenen Nettogewinne zahlte er zunächst an den Anleger aus. Als das Schneeballsystem zusammenbrach, hatte der Anleger noch 336.740 EUR im System investiert.

Nachdem das Finanzamt festgestellt hatte, dass der Anleger die Kursgewinne nicht versteuert hatte, änderte es die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2013 und forderte eine Steuer von insgesamt 177.356 EUR nach. Der Anleger war dagegen der Ansicht, dass aufgrund des ausgewiesenen Kapitalertragsteuereinbehalts die Abgeltungswirkung eingetreten war, sodass die Steuer auf die Gewinne bereits als entrichtet galt.

 Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass das Finanzamt die Gewinne aus den angeblichen Aktienverkäufen zu Unrecht erneut besteuert hatte. Durch den Kapitalertragsteuerausweis war die Abgeltungswirkung eingetreten, weil hierfür weder die Anmeldung noch die Abführung der Kapitalertragsteuer durch den Entrichtungsschuldner erforderlich ist. Der Vermögensverwalter war die “auszahlende Stelle” und hatte deshalb im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge beim Gläubiger den Steuerabzug für dessen Rechnung vorzunehmen. Dies hatte er auch getan, denn aus den vorliegenden Abrechnungen ergab sich, dass die Einbehaltungsbeträge bei der Ermittlung des auszuzahlenden Betrags in Abzug gebracht worden waren. Wenn Scheinrenditen steuerbar sind, muss nach Ansicht des Gerichts auch ein entsprechender Steuereinbehalt berücksichtigt werden.

 

Private Immobilienbesitzer

  1. Auch getrenntlebende oder geschiedene Ehegatten sind mietrechtlich Familienmitglieder

 Getrenntlebende bzw. geschiedene Ehegatten gehören mietrechtlich gesehen noch derselben Familie an. Sie können sich deshalb auf die entsprechenden rechtlichen Privilegierungen berufen, z. B. hinsichtlich einer Kündigung aus Eigenbedarf.

 Hintergrund

Das Mietverhältnis für ein Einfamilienhaus bestand seit 2001. Der ursprüngliche Vermieter hatte das Haus im Jahr 2015 an seinen Sohn und dessen Ehefrau veräußert. Diese lebten schon seit 2013 getrennt. Im Juli 2016 wurde die Ehe geschieden.

Im Mai 2017 kündigten die Erwerber das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs, da die Frau mit den beiden Kindern und ihrem neuen Lebensgefährten in das Haus einziehen wollte.

Die Mieter waren dagegen der Ansicht, dass Eigenbedarfskündigung unwirksam ist, weil nach der Veräußerung eines vermieteten Objekts an mehrere Personen eine Kündigung frühestens nach 3 Jahren möglich ist.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof wies die Klage der Mieter ab und entschied, dass die Eigenbedarfskündigung wirksam ist. Die Erwerber mussten die 3-jährige Sperrfrist nicht einhalten, weil sie auch nach der Trennung und der Scheidung noch derselben Familie angehören.

Als Anknüpfungspunkt dafür, wie weit der Kreis der Familienangehörigen zu ziehen ist, hatte der Bundesgerichtshof bereits in einem vorangegangenen Urteil die Wertungen der Regelungen über ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen herangezogen. Diese konkretisieren mit Rücksicht auf eine typisierte persönliche Nähebeziehung den Kreis privilegierter Familienangehöriger, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich eine persönliche Bindung besteht.

Damit sind diejenigen Personen, denen das Prozessrecht ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gewährt, Familienangehörige, zu deren Gunsten eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen werden kann. Hierunter fallen Ehegatten auch dann, wenn sie getrennt leben, ein Scheidungsantrag bereits eingereicht oder die Scheidung vollzogen ist.

Für den Begriff des Familienangehörigen gem. § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB gilt dies entsprechend. Auch insoweit ist ein Ehegatte unabhängig vom Fortbestand der Ehe Familienangehöriger, sodass die Sperrfrist bei Erwerb durch Ehegatten oder geschiedene Ehegatten nicht eingreift.

  1. Mieter verliert Schlüssel: Wer zahlt was?

Wenn ein Mieter einen Wohnungsschlüssel für eine Schließanlage verliert, stellt sich die Frage, wer für die Kosten für den Austausch der Schließanlage aufkommen muss. Das ist abhängig vom Verschulden am Schlüsselverlust und ob tatsächlich eine Missbrauchsgefahr besteht.

 Hintergrund

Ein Mieter hatte alle 4 Wohnungsschlüssel verloren. Knapp 3 Jahre zuvor war eine neue Schließanlage eingebaut worden. Der Vermieter tauschte diese nach dem Verlust der Schlüssel erneut aus und forderte die Kosten von fast 2.000 EUR komplett vom Mieter zurück. Dagegen wehrte sich der Mieter, sodass die Angelegenheit von Gerichten geklärt werden musste.

Entscheidung

Das Landgericht gab dem Mieter teilweise Recht. Das Gericht entschied nämlich, dass der Mieter die Kosten nur anteilig zahlen muss, und zwar für die Hauseingangstür und die eigene Wohnungstür.

Zur Begründung führten die Richter aus: Ein Mieter muss nicht zwangsläufig die vollen Kosten tragen, wenn die Schließanlage des Mehrfamilienhauses komplett ausgetauscht werden muss. Denn im vorliegenden Fall traf den Vermieter eine erhebliche Mitschuld. Dieser hätte dem Mieter beim Einbau der Zentralschlossanlage vor 3 Jahren über den ungewöhnlich hohen Schaden im Fall eines Schlüsselverlusts aufklären müssen. Der Mieter hätte sich dann mit einer verhältnismäßig günstigen Schlüsselversicherung absichern können.

Der Vermieter war außerdem verpflichtet, den Mieter darauf hinzuweisen, dass eine Schließanlage nicht erweiterbar ist. Sonst trägt er im Schadensfall die Kosten, die darauf zurückzuführen sind, dass er keine erweiterbare Schließanlage gewählt hat, selbst. Bei nicht erweiterbaren Anlagen kann alternativ zum Austausch der Schließanlage auch ein separates Wohnungstürschloss eingebaut werden, sodass der Mieter dann 2 verschiedene Schlüssel hat.

Außerdem stellte das Gericht klar, dass im Einzelfall entschieden werden muss, wie erheblich die Missbrauchsgefahr durch den Verlust der Schlüssel ist oder ob die ganze Anlage ausgetauscht werden muss. Das abstrakte Gefährdungspotenzial durch den Schlüsselverlust allein stellt demnach noch keinen erstattungsfähigen Vermögensschaden dar. Es muss aus objektiver Sicht unter den gegebenen Einzelfallumständen eine konkrete Missbrauchsgefahr bestehen.

 

Sonstige Steuern

  1. 3-Tages-Fiktion: Was zu tun ist, wenn der Bescheid erst später ankommt

 Wird eine Klage verspätet eingereicht, ist sie grundsätzlich unzulässig. Umso wichtiger ist es, den Erhalt eines Verwaltungsakts ordentlich und wasserdicht zu dokumentieren – vor allem, wenn das Schriftstück erst nach Ablauf der 3-Tages-Fiktion zugeht.

 Hintergrund

Die Einspruchsentscheidung wurde am Freitag, den 23.3.2018 zur Post gegeben. Dagegen legte der Prozessbevollmächtigte für den Steuerpflichtigen Klage ein. Das Finanzgericht wies darauf hin, dass die Klage wegen der Überschreitung der 1-monatigen Klagefrist unzulässig sein könnte. Denn die Klage wurde erst am Freitag, den 27.4.2018 bei Gericht eingelegt, die Einspruchsentscheidung war aber am Freitag, den 23.3.2018 zur Post gegeben worden und gilt damit nach 3 Tagen am Montag, den 26.3.2018 als bekanntgegeben.

Der Prozessbevollmächtigte wandte ein, dass die Einspruchsentscheidung erst am Mittwoch den 28.3.2018 eingegangen war. Als Nachweis verwies er auf den auf der Einspruchsentscheidung angebrachten Eingangsstempel.

 Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unzulässig zurück. Bestreitet die Steuerpflichtige den Erhalt innerhalb des 3-Tages-Zeitraums des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, so hat er sein Vorbringen im Rahmen des Möglichen zu substantiieren, um Zweifel an der 3-Tages-Vermutung zu begründen. Hierzu muss er Tatsachen vortragen, die den Schluss darauf zulassen, dass ein anderer Geschehensablauf als der typische Zugang binnen 3er Tage nach Aufgabe zur Post ernstlich in Betracht zu ziehen ist.

Zu einem substantiierten Tatsachenvortrag kann z. B. die Vorlage des betreffenden Briefumschlags des übersendeten Verwaltungsakts oder die Führung eines Posteingangs- oder Fristenkontrollbuchs dienen. Die Steuerpflichtige bzw. der Prozessbevollmächtigte hat die Verpflichtung zur Beweisvorsorge, wenn der Adressat einen atypisch langen Postlauf anhand des Poststempels oder des Bescheiddatums hätte erkennen können. Dagegen reicht ein abweichender Eingangsvermerk der Kanzlei des Prozessvertreters auf der Einspruchsentscheidung allein nicht aus. Denn mit diesem Stempel kann lediglich belegt werden, dass die Einspruchsentscheidung am Tag der Stempelung in die interne Bearbeitung der Steuerkanzlei gelangt ist. Er ist für sich allein jedoch noch kein Nachweis dafür, dass auch der Eingang des Schriftstücks an diesem Tag erfolgte.

 

Steuerrecht Arbeitnehmer

  1. Unentgeltliche Unterkunft in einer Bundeswehrkaserne: Was ist als Werbungskosten abzugsfähig?

 Nutzt ein Zeitsoldat die Gemeinschaftsunterkunft nur für dienstliche Zwecke und nicht zum Wohnen, sind die Zuwendungen der Bundeswehr durch die kostenlose Zurverfügungstellung dieser Unterkunft neben den Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte als Werbungskosten abzugsfähig.

 Hintergrund

S war im Jahr 2009 Zeitsoldat. Die Bundeswehr stellte ihm unentgeltlich eine Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne zur Verfügung. Es bestand aber keine Verpflichtung dort zu übernachten. Deshalb nutzte S die Unterkunft in der Kaserne nur zur Aufbewahrung von Dienstkleidung und Ausrüstung sowie zum Wechseln der Uniform. Nach Dienstende fuhr er zu seiner rund 50 km entfernten Wohnung.

Die Bundeswehr setzte für die Gestellung der Unterkunft einen geldwerten Vorteil i. H. v. monatlich 51 EUR bzw. 612 EUR für das Jahr an.

S machte für 2009 Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte geltend. Daneben beantragte er die Anerkennung von Unterkunftskosten am Beschäftigungsort in Höhe des von der Bundeswehr angesetzten Sachbezugs (612 EUR) als Werbungskosten.

Sowohl Finanzamt als auch Finanzgericht lehnten dies ab und erkannten nur die Fahrtkosten an. Ein Werbungskostenabzug der Unterkunftskosten stand S nicht zu, da er insoweit keine Aufwendungen hatte.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied zugunsten des S. Bei Zuwendungen des Arbeitgebers, durch die sich der Arbeitnehmer eigene Aufwendungen erspart und die beim Arbeitnehmer zu steuerpflichtigen Einnahmen führen, liegen in Höhe der Zuwendungen fiktive abziehbare Werbungskosten des Arbeitnehmers vor, wenn die Zahlungen durch ihn zu Werbungskosten geführt hätten.

Die Bundeswehr stellte S kostenlos eine Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne zur Verfügung. Bei S wurde entsprechend ein geldwerter Vorteil als Sachbezug angesetzt und in Höhe der amtlichen Sachbezugswerte der Besteuerung unterworfen. S steht aber in derselben Höhe ein entsprechender Werbungskostenabzug zu. Denn er hätte die Aufwendungen für die Gemeinschaftsunterkunft, wenn er sie selbst getragen hätte, als allgemeine Werbungskosten abziehen können.

Im vorliegenden Fall lag keine doppelte Haushaltsführung vor. Der Abzug der Unterkunftskosten ist daher neben den Fahrtkosten nicht ausgeschlossen. Der Regelungsbereich der doppelten Haushaltsführung ist nicht berührt. Denn eine doppelte Haushaltsführung setzt voraus, dass die Zweitunterkunft zumindest gelegentlich zum Übernachten genutzt wird. Daran fehlte es hier. S wohnte nicht in der Unterkunft in der Kaserne. Er benutzte die Gemeinschaftsunterkunft nicht zum Wohnen, d. h. übernachten, sondern lediglich zur Aufbewahrung und zum Wechseln seiner Dienstkleidung mit seiner Ausrüstung. Somit war keine doppelte Haushaltsführung gegeben und S hätte die Aufwendungen für die Nutzung der Kasernenunterkunft neben den pauschalen Kosten der täglichen Fahrten fiktiv als allgemeine Werbungskosten geltend machen können, wenn ihm die Gemeinschaftsunterkunft nicht kostenlos zur Verfügung gestellt worden wäre.

 

  1. Zur Bildungseinrichtung als erster Tätigkeitsstätte

 Bei einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme stellt die Bildungseinrichtung die erste Tätigkeitsstätte dar. Die Dauer der Bildungsmaßnahme spielt dabei keine Rolle.

 Hintergrund

Der Behälter- und Apparatebauer X, wohnhaft in B, besuchte im Jahr 2014 in Vollzeit einen 3-monatigen Schweißtechnikerlehrgang in A. Während dieses Zeitraums stand er in keinem Arbeitsverhältnis.

X machte für 2014 im Zusammenhang mit dem Lehrgang u. a. die Kosten für eine Unterkunft in A (2.600 EUR) sowie Verpflegungsmehraufwendungen für 3 Monate (2.070 EUR) als Werbungskosten geltend. Einen doppelten Haushalt führte er nicht, da er im Haus seiner Mutter in B keinen eigenen Hausstand unterhielt.

Das Finanzamt berücksichtigte die Unterkunfts- und Verpflegungskosten nicht. Dem folgte das Finanzgericht, denn X war während des Lehrgangs in A nicht auswärts tätig gewesen, vielmehr hatte er seine erste Tätigkeitsstätte in A. Dass der Lehrgang nur 3 Monate gedauert habe, war für das Gericht unerheblich.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte der Auffassung des Finanzgerichts und entschied, dass es sich bei der Lehranstalt in A um die erste Tätigkeitsstätte des X handelte. Dessen Revision wies der Bundesfinanzhof damit zurück.

Als erste Tätigkeitsstätte gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird. Bei der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt in A handelt es sich um eine Bildungseinrichtung. Diese hat X zum Zweck einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme für 3 Monate aufgesucht.

Eine vollzeitige Bildungsmaßnahme liegt vor, wenn die berufliche Fort- oder Ausbildung typischerweise darauf ausgerichtet ist, dass sich der Steuerpflichtige ihr zeitlich vollumfänglich widmen muss und die Lerninhalte vermittelnden Veranstaltungen jederzeit besuchen kann. Eine Bildungseinrichtung gilt selbst dann als erste Tätigkeitsstätte, wenn sie im Rahmen einer nur kurzzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird. Davon ist auszugehen, wenn die Bildungseinrichtung anlässlich der regelmäßig zeitlich befristeten Bildungsmaßnahme nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d. h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufgesucht wird. Eine zeitliche Mindestdauer der Bildungsmaßnahme ist nicht erforderlich. Auch bei einer zeitlich begrenzten Bildungsmaßnahme sucht der Steuerpflichtige die Bildungseinrichtung typischerweise nicht nur gelegentlich, sondern während der ggf. nur kurzzeitigen Bildungsmaßnahme fortdauernd und immer wieder auf, sodass er sich auf die ihm insoweit entstehenden Werbungskosten einrichten und deren Höhe beeinflussen kann.

 

Steuerrecht Privatvermögen

  1. Erwerb bei vorweggenommener Erbfolge: Abbruchabsicht steht AfaA entgegen

 Wird ein Gebäude in Abbruchabsicht erworben, darf auf den Restwert keine AfaA geltend gemacht werden. Das gilt auch bei einem unentgeltlichen Erwerb eines Mitunternehmeranteils im Wege der vorweggenommenen Erbfolge.

 Hintergrund

Vater V und Sohn S waren je zur Hälfte an der X-OHG beteiligt. Im Jahr 2011 übertrug V im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen Mitunternehmeranteil auf S, ebenso wie das in seinem Alleineigentum stehende und zu 66,6 % im Sonderbetriebsvermögen gehaltene Grundstück mit Gebäude. Es war beabsichtigt, die Bebauung abzureißen, beide Grundstücke zusammenzulegen und mit einem Wohn-/Geschäftshaus zu bebauen, das zu einem großen Teil für den Betrieb genutzt werden sollte. Der Neubau wurde im Jahr 2012 fertiggestellt.

S machte für 2011 die auf den Restbuchwert entfallende AfaA und die anteiligen Abbruchkosten für das Gebäude als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben geltend.

Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass der Restbuchwert und die Abbruchkosten Herstellungskosten des neuen Gebäudes darstellten.

Das Finanzgericht kam zu dem gleichen Ergebnis wies die Klage des S ab.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied ebenfalls, dass S auf den Restbuchwert des abgebrochenen Gebäudes keine AfaA vornehmen und die Abbruchkosten nicht als Betriebsausgaben absetzen durfte. Es handelte sich um Herstellungskosten des neu errichteten Gebäudes, für die lediglich lineare AfA in Anspruch genommen werden kann.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und nach Ansicht der Finanzverwaltung kommt es für den Ansatz von AfaA und den Abzug von Abbruchkosten als sofort abziehbare Ausgaben bei einem im Zeitpunkt des Erwerbs technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäude darauf an, ob dieses mit oder ohne Abbruchabsicht erworben wird.

Beim Erwerb ohne Abbruchabsicht dienen Anschaffung und Herstellung allein dem Ziel der Nutzung durch den Betrieb. Die Abbruchkosten und der Restwert sind sofort abziehbare Betriebsausgaben.

Beim Erwerb mit bestehender Abbruchabsicht wird das Ziel der Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts verfolgt. Dadurch besteht schon bei der Anschaffung ein unmittelbarer Zusammenhang der Anschaffungskosten mit den später beabsichtigten Maßnahmen. Deshalb sind der Restwert des Gebäudes und die Abbruchkosten den Herstellungskosten des neuen Wirtschaftsguts hinzuzurechnen.

Diese Grundsätze gelten auch im Fall der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils bei vorweggenommener Erbfolge. Der Gebäudeabriss war maßgeblich durch die neue Zweckbestimmung, nämlich den Neubau, veranlasst. Dieser enge wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Abbruch des alten und Errichtung des neuen Gebäudes rechtfertigt es, die mit dem Abbruch verbundenen Aufwendungen und den Buchwert des abgebrochenen Gebäudes bei noch vorhandener Werthaltigkeit als Herstellungskosten des neuen Wirtschaftsguts zu behandeln.

  1. Kindergeld: Auszahlung nur an Kinder mit Wohnsitz im Inland

 Lebt das Kind mit der Mutter im Ausland und absolviert es dort eine Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung, wird Kindergeld nur gewährt, wenn das Kind im Inland einen Wohnsitz hat. Es genügt nicht, wenn lediglich die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht.

 Hintergrund

Die Familienkasse lehnte die Gewährung des Kindergeldes für die Tochter des Klägers ab, da die Tochter keinen inländischen Wohnsitz hatte. Die Tochter ging seit ihrer Einschulung in eine israelische Grundschule und lebte mit ihrer Mutter in Israel. In dem Antrag auf Gewährung von Kindergeld hatte der Kläger angegeben, dass die Tochter nicht außerhalb seines Haushalts lebte.

Am 10.5.2017 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für die Tochter für den Zeitraum von Februar 2004 bis Dezember 2009 auf. Diese war bereits am 16.1.2004 nach Israel verzogen. Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, dass seine Tochter in dieser Zeit ihren Wohnsitz in Deutschland hatte. Ihr stand ein eigenes Zimmer in der Wohnung des Klägers zur Verfügung. Zwar hatte sie die Schule in Israel besucht, jedoch war die Tochter Deutsche und hatte aufgrund ihrer engen Bindung zur Wohnung des Klägers dort ihren Lebensmittelpunkt.

 Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Bei Kindern, die zum Zwecke der Schulausbildung auswärtig untergebracht sind, reicht es für einen Inlandswohnsitz nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht. Es muss, um einen inländischen Wohnsitz in diesen Fällen annehmen zu können, eine Beziehung zur elterlichen Wohnung vorhanden sein, die über die allein durch das Familienverhältnis begründete Beziehung hinausgeht und erkennen lässt, dass das Kind die elterliche Wohnung nach wie vor auch als seine eigene betrachtet.

Im vorliegenden Fall war jedoch die Tochter im Alter von 3 Jahren mit ihrer Mutter, die nur die israelische Staatsbürgerschaft besitzt, nach Deutschland eingereist. Mit 7 Jahren wurde sie in Israel eingeschult. Sie absolvierte dort ihre gesamte Schulausbildung. Ihre Mutter hielt sich ebenfalls in Israel auf.

Deshalb war das Finanzgericht davon überzeugt, dass der Mittelpunkt des familiären Lebens jedenfalls ab Anfang 2004 in Israel lag. Die Tochter des Klägers hatte im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt. Es bestand daher kein Anspruch auf Kindergeld.

 Steuerrecht Unternehmer

  1. Bei geänderter Überleitungsrechnung kann unzulässige Bilanzänderung vorliegen

 Die geänderte Willensbetätigung zu einer wahlrechtsbezogenen Rechtsfolge ist nur nach Maßgabe der Regelungen zur Bilanzänderung steuerlich zugelassen, wenn sie in einer dem Finanzamt eingereichten Überleitungsrechnung vor der Veranlagung erfolgt.

 Hintergrund

Das Finanzamt gewährte der X-GmbH für das 2011 einen Investitionsabzugsbetrag für die beabsichtigte Anschaffung von Windenergieanlagen. Im Jahr 2012 schaffte die GmbH 5 Anlagen an.

Im Dezember 2013 reichte die GmbH die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuer-Erklärungen für 2012 ein. Beigefügt waren ein nach HGB erstellter Jahresabschluss sowie eine Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 EStDV zur Anpassung der HGB-Ansätze an die steuerlichen Werte. Den im Vorjahr in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrag rechnete die GmbH gewinnerhöhend hinzu.

Nachdem die GmbH bemerkt hatte, dass in der Überleitungsrechnung keine Minderung der Anschaffungskosten vorgenommen worden war, reichte sie im April 2014 eine entsprechend korrigierte Überleitungsrechnung ein. In dieser wies sie darauf hin, dass die Minderung in der ursprünglichen Überleitungsrechnung versehentlich unterblieben war.

Das Finanzamt berücksichtigte die Gewinnminderung nicht, da es sich ihrer Ansicht nach bei der später beantragten Kürzung der Anschaffungskosten um eine unzulässige Bilanzänderung handelte. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht und wies dementsprechend die Revision als unbegründet zurück. Die GmbH hätte, nachdem sie die Überleitungsrechnung beim Finanzamt eingereicht hatte, eine Änderung des ausgeübten Wahlrechts nur unter den Voraussetzungen einer Bilanzänderung vornehmen können, die hier allerdings nicht vorlagen.

Die GmbH hat das Wahlrecht nach § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG in ihrer Überleitungsrechnung vom Dezember 2013 dahingehend ausgeübt, dass sie von einer Minderung der Anschaffungskosten der Anlagen abgesehen hatte. Daran ist sie gebunden. Aus der außerbilanziellen Ausgestaltung des Investitionsabzugsbetrags und der späteren gewinnerhöhenden Hinzurechnung folgt nicht, dass das Wahlrecht, die Hinzurechnung durch Herabsetzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu neutralisieren, ebenfalls außerbilanziell und unbefristet bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden könnte. Denn die gewinnmindernde Herabsetzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten hat wegen der unmittelbaren Einwirkung auf die Anschaffungskosten innerbilanzielle Wirkung.

Zur Bilanz i. S. v. § 4 Abs. 2 EStG zählt nicht nur die eigentliche Steuerbilanz, sondern auch die Handelsbilanz mit der steuerrechtlichen Überleitungsrechnung. Wurde – wie im vorliegenden Fall – die Überleitungsrechnung beim Finanzamt eingereicht, konnte eine abweichende Ausübung des Wahlrechts somit nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 EStG erfolgen.

Die Voraussetzungen einer Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 EStG sind hier jedoch nicht erfüllt. Eine Änderung der Wahl ist damit ausgeschlossen. Es fehlt an einer eine Änderung rechtfertigenden vorherigen Bilanzberichtigung als Berichtigung eines fehlerhaften Bilanzansatzes.

  1. Bilanzänderung: Bundesfinanzhof urteilt zu Zulässigkeit und Umfang

Erlaubt ist eine Bilanzänderung lediglich in Höhe der sich aus der Steuerbilanz infolge der Bilanzänderung ergebenden Gewinnänderung und nicht in Höhe der sich aus einer Bilanzänderung ergebenden steuerlichen Gewinnänderung, die auf einer Hinzurechnung außerhalb der Steuerbilanz beruht.

 Hintergrund

In einer tatsächlichen Verständigung einigten sich die Beteiligten, Teilwertabschreibungen in einer bestimmten Höhe anzusetzen. Auf dieser Grundlage wollte die AG die Bilanzen der Jahre 1995 und 1996 ändern, um die verbleibenden Gewinnerhöhungen zu kompensieren. Dazu sollten Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz in Anspruch genommen werden. Das Finanzamt hielt insoweit den Rahmen für eine Bilanzänderung für überschritten. Die Zuführung zu Rückstellungen wegen drohender Rückforderungen von Investitionszulagen mindere den für die Bestimmung des Änderungsrahmens maßgeblichen Steuerbilanzgewinn. Darüber hinaus war die Aktivierung eines Anspruchs auf Investitionszulagen streitig. Die AG meinte, die Forderung hätte nicht aktiviert werden dürfen, weil die Investitionszulagen vor der Bilanzerstellung noch nicht beantragt worden seien.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.

Die durch die Berichtigung der Bilanzen ausgelösten Gewinnerhöhungen können nicht vollumfänglich durch bisher unberücksichtigte Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz im Wege der Bilanzänderung kompensiert werden. Denn außerbilanzielle Korrekturen einer Bilanzberichtigung müssen bei der Bemessung des Bilanzänderungsrahmens des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG unberücksichtigt bleiben. Im vorliegenden Fall wird der Bilanzänderungsrahmen daher nicht dadurch erweitert, dass die gewinnmindernde Erhöhung der Rückstellungen für die Rückforderung von Investitionszulage außerbilanziell gewinnerhöhend zu korrigieren ist, da die Investitionszulage nicht zu den Einkünften i. S. d. EStG gehört. Diese außerbilanzielle Korrektur betrifft nicht die Ebene der steuerbilanziellen Gewinnermittlung. Unter “Gewinn” i. S. v. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ist der Bilanzgewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, nicht der “steuerliche” Gewinn zu verstehen. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG erlaubt daher eine Bilanzänderung lediglich in Höhe der sich aus der Steuerbilanz infolge der Bilanzänderung ergebenden Gewinnänderung und nicht in Höhe der sich aus einer Bilanzänderung ergebenden steuerlichen Gewinnänderung, die auf einer Hinzurechnung außerhalb der Steuerbilanz beruht.

Der Zeitpunkt für die Aktivierung von Forderungen bestimmt sich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Maßgeblich ist nicht, ob eine Forderung fällig oder realisierbar ist, sondern ob der Vermögensvorteil einen durchsetzbaren gegenwärtigen Vermögenswert darstellt. Ist eine Forderung noch nicht rechtsförmlich entstanden, genügt es für die Aktivierung, wenn die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Anspruch auf Investitionszulage entstand mit Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem die Investitionen vorgenommen worden sind. Infolge der zeitgerechten Investitionen und deren Zuordnung zu einer Betriebsstätte im Fördergebiet waren unabhängig von einer Antragstellung jeweils bereits mit Ablauf des 31.12. die wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen für den Anspruch auf Investitionszulage gesetzt. Der Anspruch ist allerdings nur zu aktivieren, soweit die AG tatsächlich eine Antragstellung beabsichtigt hatte. Diese Feststellung muss das Finanzgericht nachholen.

  1. Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß: Privatnutzung wird nach 1 %-Regelung besteuert

 Nicht nur bei Pkw, auch bei Wohnmobilen im Betriebsvermögen kommt die 1 %-Regelung zur Anwendung, wenn die Fahrtenbücher nicht ordnungsgemäß geführt sind. Kann keine fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Wohnmobils nachgewiesen werden, muss ggf. sogar ein Investitionsabzugsbetrag rückgängig gemacht werden.

 Hintergrund

In den Jahren 2010 bis 2014 befanden sich nacheinander 2 Wohnmobile im Betriebsvermögen eines Reparaturbetriebs. Der Inhaber nutzte die Fahrzeuge für Fahrten zu seinen Kunden, um bei Stillständen in deren Produktionsanlagen schnell vor Ort sein zu können, Hotelaufenthalte zu vermeiden und auf den Betriebsgeländen vor Ort übernachten zu können.

Für beide Wohnmobile führte er elektronische Fahrtenbücher im Excel-Format. Der danach ermittelte Privatnutzungsanteil lag zwischen 2,05 % und 9,17 % pro Jahr. Für das zweite Wohnmobil hatte der Betriebsinhaber zudem einen Investitionsabzugsbetrag gebildet, sodass er im Anschaffungsjahr eine entsprechend gewinnwirksame Kürzung der Anschaffungskosten und eine Sonderabschreibung vornahm.

Das Finanzamt sah die elektronischen Fahrtenbücher als nicht ordnungsgemäß an und berechnete die Privatnutzung nach der 1 %-Methode. Darüber hinaus erkannte es auch den Investitionsabzugsbetrag und die Sonderabschreibung ab. Denn die Bildung des Abzugsbetrags setzt eine “fast ausschließliche betriebliche Nutzung” des Wirtschaftsguts voraus. Diese ist jedoch bei Anwendung der 1 %-Methode ausgeschlossen. Später reichte der Betriebsinhaber noch ergänzende, mit Bleistift geführte handschriftliche Fahrtenbücher und Taschenkalender ein.

 Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass aufgrund formeller und materieller Fehler kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wurde und das Finanzamt daher zu Recht die 1 %-Methode angewandt hatte. Das Gericht kam insbesondere zu dem Ergebnis, dass die vorgelegten Excel-Ausdrucke nicht unveränderbar und somit bereits formell nicht ordnungsgemäß waren. Die Fahrtenbücher wurden zudem nicht zeitnah geführt, weil an bestimmten Tagen nachträglich alle Eintragungen für sämtliche Fahrten eines Jahres getätigt worden waren. Zudem stellte das Gericht materielle Mängel fest, da die Reiserouten nicht nachvollzogen werden konnten und bei gleichen Reisezielen unterschiedliche Entfernungen eingetragen worden waren. Die mit Bleistift geführten Aufzeichnungen beurteilte das Gericht ebenfalls als formell nicht ordnungsgemäß, weil sie nachträglich durch Wegradierung noch änderbar waren. Und zuletzt beanstandete das Finanzgericht, dass als Fahrtziele in sämtlichen Aufzeichnungen nur die Kundennamen ohne Adressen aufgeführt waren. Die Anforderungen an ein ordnungsmäßiges Fahrtenbuch dürften bei Wohnmobilen nicht geringer ausfallen als bei Pkws, da erstere eine erhebliche private Nutzungsmöglichkeit eröffnen.

Der Investitionsabzugsbetrag und die damit verbundene Sonderabschreibung war nach Ansicht des Gerichts zu Recht vom Finanzamt aberkannt worden, weil die notwendige “fast ausschließliche betriebliche Nutzung” nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine betriebliche Nutzung von mindestens 90 % vorausgesetzt hätte. Aufgrund der umfangreichen materiellen Mängel der vorgelegten Aufzeichnungen hatte das Finanzgericht erhebliche Zweifel, dass das Wohnmobil in dem erforderlichen Umfang betrieblich genutzt worden war.

  1. Mangelhafte Buchführung kann zu Hinzuschätzungen führen

 Weist die Buchführung formelle und materielle Mängel auf, ist das Finanzamt grundsätzlich schätzungsbefugt. Da auch eine gerichtliche Schätzungsbefugnis besteht, kann mit einer Klage eine geringere Hinzuschätzung erreicht werden.

Hintergrund

Die Klägerin ist Unternehmerin und betrieb im eigenen Wohnhaus einen Restaurationsbetrieb. Zusätzlich erzielte sie umsatzsteuerpflichtige Einnahmen aus einer Photovoltaikanlage. Für die Jahre 2012 und 2013 gab die Klägerin Umsatzsteuererklärungen erst nach einer Schätzung durch das Finanzamt ab. Für 2012 bis 2014 beanstandete das Finanzamt die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung in Bezug auf die Tätigkeit als Restauratorin. Für das Jahr 2013 nahm das Finanzamt wegen fehlender Buchführungsdaten und Belege eine Hinzuschätzung in Form eines Sicherheitszuschlags von 20 % der erklärten Netto-Betriebseinnahmen aus der Restaurationstätigkeit vor. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage

 Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht war teilweise erfolgreich. Bei einzelnen Vorsteuerbeträgen blieb unklar, ob diese überhaupt angefallen sind bzw. für welchen Zweck diese bezogen wurden. Diese wurden vom Finanzgericht deshalb nicht anerkannt.

Das Gericht hielt allerdings einen Sicherheitszuschlag in Höhe von lediglich 5 % für angemessen. Offenbar konnte nachgewiesen werden, dass lediglich einzelne Rechnungen nicht erfasst wurden und dass die vorgelegten Kontoauszüge zumindest weitgehend vollständig waren. Wegen der Art des Gewerbes und der Art der Kunden, die ganz überwiegend Geschäftskunden waren, ging das Gericht deshalb in Bezug auf mögliche Barumsätze nur von Einzelfällen aus. Auch war der Zeitraum, für den die Kontoauszüge fehlten, sehr kurz, sodass nicht von erheblichen fehlenden unbaren Umsätzen auszugehen war.

  1. Rückwirkende Rechnungsberichtigung: BMF klärt Zweifelsfragen

 Sowohl Europäischer Gerichtshof als auch Bundesfinanzhof halten eine rückwirkende Rechnungsberichtigung unter bestimmten Voraussetzungen für möglich. Das BMF folgt der Rechtsprechung weitestgehend, gibt aber noch weitergehende Hinweise zu den Rechnungsbestandteilen.

 Hintergrund

Hat ein Unternehmer aufgrund einer vorliegenden Rechnung den Vorsteuerabzug geltend gemacht und stellt sich später in einer Betriebsprüfung oder einer unangekündigten Umsatzsteuer-Nachschau heraus, dass diese Rechnung nicht alle in § 14 Abs. 4 UStG vorgegebenen Rechnungsbestandteile enthält, war in der Vergangenheit fraglich, ob die Vorlage einer berichtigten Rechnung Wirkung für die Vergangenheit entfaltet.

Der Europäische Gerichtshof hatte grundsätzlich in 2 Entscheidungen die rückwirkende Rechnungsberichtigung ermöglicht, die Ausgestaltung aber im Wesentlichen in die Hand der nationalen Rechtsprechung gelegt. Der Bundesfinanzhof hatte sich dann in mehreren Verfahren mit den Voraussetzungen und den Wirkungen der rückwirkenden Rechnungsberichtigung auseinandergesetzt und u. a. folgende Grundsätze festgelegt:

Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG setzt die Vorlage einer Rechnung voraus. Eine Rechnung kann mit Wirkung für die Vergangenheit berichtigt werden, wenn sie berichtigungsfähig ist. Die Berichtigungsfähigkeit setzt voraus, dass die wesentlichen Elemente der Rechnung vorhanden sind und diese Angaben nicht in einem so hohen Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen. Die Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung beim Vorsteuerabzug gilt unabhängig davon, ob die Berichtigung zum Vorteil oder zum Nachteil des Leistungsempfängers wirkt. Auch der Stornierung einer Rechnung nebst Neuausstellung einer sie ersetzenden Rechnung kann eine solche Rückwirkung zukommen.

 BMF-Schreiben v. 18.9.2020

Die Finanzverwaltung nimmt in ihrem Schreiben zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung umfassend zu den Möglichkeiten des Vorsteuerabzugs aus Rechnungen Stellung und ändert und ergänzt die entsprechenden Vorgaben in Abschn. 15.2a UStAE.

Grundsätzlich stellt die Finanzverwaltung fest, dass der Besitz einer Rechnung sowohl formelle als auch materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, weil die Angabe der Steuerbelastung wesentlich für die Neutralität des Umsatzsteuerrechts ist.

Das Recht auf den Vorsteuerabzug kann jedoch ausnahmsweise auch geltend gemacht werden, wenn der Leistungsempfänger keine Rechnung besitzt, die alle formellen Voraussetzungen erfüllt und die auch nicht berichtigt wurde. Dazu muss der Unternehmer durch objektive Nachweise belegen, dass ein anderer Unternehmer an ihn tatsächlich Lieferungen oder sonstige Leistungen ausgeführt hat, für die eine Umsatzsteuer entstanden und auch tatsächlich abgeführt worden ist.

Dieser Nachweis kann aber nur über eine Rechnung oder deren Kopie mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer geführt werden. Ohne diesen gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer verbleiben Zweifel, ob und in welcher Höhe die Umsatzsteuer in dem Zahlbetrag enthalten ist und ob die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen.

Die anderen materiellen Voraussetzungen kann der Unternehmer durch andere Beweismittel nachweisen. Entscheidend ist, dass sie eine leichte und zweifelsfreie Feststellung der Voraussetzungen durch die Finanzbehörden ermöglichen. Jegliche Zweifel und Unklarheiten gehen zu Lasten des Unternehmers, der den Vorsteuerabzug begehrt.

Ist eine Rechnung ausgestellt worden, aber nicht ordnungsgemäß i. S. d. § 14 Abs. 4 UStG, kann diese unter bestimmten Voraussetzungen auch mit Wirkung für die Vergangenheit berichtigt werden.

Die Rechnung muss aber berichtigungsfähig sein. Dazu muss sie die folgenden Bestandteile aufweisen:

  • Angaben zum Rechnungsaussteller,
  • Angaben zum Rechnungsempfänger,
  • eine ausreichende Leistungsbeschreibung,
  • das Entgelt für die ausgeführte Leistung sowie
  • die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer.

Bei Kleinbetragsrechnungen (bis 250 EUR) müssen die Bestandteile insoweit enthalten sein, wie dies für diese Rechnungen notwendig ist.

Damit sind in jedem Fall die Rechnungsnummer, das Rechnungsdatum, das Leistungsdatum sowie die Steuernummer oder die USt-IdNr. in der Rechnung nachträglich ergänzbare oder berichtigungsfähige Angaben, die einer Rückwirkung auf den ursprünglichen Vorsteuerabzug nicht entgegenstehen.

Ist die Angabe des leistenden Unternehmers ungenau, aber grundsätzlich zutreffend, kann die Rechnung mit Wirkung für die Vergangenheit berichtigt werden. Es besteht aber keine Notwendigkeit zur Berichtigung, wenn der leistende Unternehmer durch die Gesamtheit der vorliegenden Angaben in der Rechnung eindeutig identifizierbar und eine Verwechslungsgefahr mit anderen Unternehmern ausgeschlossen ist. Auch der Leistungsempfänger muss so eindeutig beschrieben sein, dass eine Verwechselungsgefahr ausgeschlossen ist. So kann z. B. eine unzutreffende Bezeichnung der Rechtsform mit Wirkung für die Vergangenheit berichtigt werden. Die Angabe eines falschen leistenden Unternehmers wie auch eines falschen Leistungsempfängers ist aber nicht über eine rückwirkende Rechnungsberichtigung heilbar.

Die Leistungsbeschreibung muss, um rückwirkend berichtigungsfähig zu sein, zumindest so konkret sein, dass die Leistung und der Leistungsbezug für das Unternehmen des Leistungsempfängers erkennbar sind. Eine unrichtige Leistungsbeschreibung kann nicht mit Wirkung für die Vergangenheit berichtigt werden. Eine ungenaue Leistungsbeschreibung ist zumindest dann berichtigungsfähig, wenn sie nicht so allgemein gehalten ist, dass es nicht möglich ist, die abgerechnete Leistung eindeutig und leicht nachprüfbar feststellen zu können.

Wenn durch Angabe des Bruttorechnungsbetrags und des gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags das Entgelt eindeutig berechenbar ist, liegt die Möglichkeit der rückwirkenden Rechnungsberichtigung vor.

Sind Rechnungen fälschlicherweise ohne gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ausgestellt worden (z. B. wegen Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen oder der Annahme einer Steuerbefreiung) und stellt sich die Annahme als unzutreffend heraus, kann grundsätzlich keine Rechnungsberichtigung mit Wirkung für die Vergangenheit vorgenommen werden.

Ist in einer Rechnung die Umsatzsteuer unzutreffend niedrig ausgewiesen worden (z. B. Ansatz des ermäßigten Steuersatzes anstelle des Regelsteuersatzes), kann dies nicht mit Wirkung für die Vergangenheit berichtigt werden. Der falsche (zu niedrige) Steuerbetrag bleibt aber bestehen. Die Differenz kann dann erst mit Vorlage der korrigierten Rechnung abgezogen werden.

Liegt keine ordnungsgemäße Rechnung vor, kann der Unternehmer aber den Nachweis erbringen, dass ihm andere Unternehmer auf einer vorausgehenden Umsatzstufe tatsächlich Gegenstände geliefert oder sonstige Leistungen erbracht haben, für die eine Umsatzsteuer entstanden und auch tatsächlich abgeführt worden ist, kann die Vorsteuer zu dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem die Leistung bezogen wurde und eine Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer vorlag. Dies gilt entsprechend, wenn eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich war und durchgeführt wurde. Bei einem zu niedrigen Steuerausweis kann die Differenz zwischen der in der ursprünglichen Rechnung gesondert ausgewiesenen Steuer und der zutreffenden Steuer erst in dem Moment abgezogen werden, in dem die berichtigte Rechnung vorliegt.

 Hinweis

Die Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Lediglich bei dem Vorsteuerabzug bei rückwirkenden Rechnungsberichtigungen wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn der Vorsteuerabzug erst in dem Zeitraum geltend gemacht wird, in dem die berichtigte Rechnung vorliegt, wenn die berichtigte Rechnung dem Leistungsempfänger bis zum 31.12.2020 übermittelt worden ist.

  1. Warum im Ausland ansässige Unternehmer sich nicht auf die Kleinunternehmerregelung berufen können

Wird eine Wohnung jeweils kurzfristig vermietet, wird dadurch keine Ansässigkeit des Vermieters im Inland begründet. Die Kleinunternehmerregelung kann deshalb nicht in Anspruch genommen werden.

 Hintergrund

Die Klägerin ist italienische Staatsangehörige und lebte bis Juni 2017 in Italien. Eine in Deutschland gelegene Eigentumswohnung, für die sie ein Nießbrauchsrecht hatte, vermietete sie seit 2013 kurzfristig über Internetportale. Für die Jahre 2013 und 2014 setzte das Finanzamt Umsatzsteuer fest. Die Klägerin war jedoch der Ansicht, dass die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung kommen müsste.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Die Klägerin kann sich nicht auf die Kleinunternehmerregelung berufen. Diese ist nämlich auf Unternehmer beschränkt, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten ansässig sind. Eine feste Niederlassung im Inland konnte das Gericht nicht feststellen. Der bloße Aufenthalt zum Erwerb der Wohnung begründet keinesfalls eine feste Niederlassung. Darüber hinaus verfügte die Klägerin auch nur über ein Nießbrauchsrecht. Gelegentliche Besuche der Wohnung können keine feste Niederlassung begründen.

 Hinweis

Im Revisionsverfahren kam der Bundesfinanzhof zum gleichen Ergebnis. Er entschied, dass die Kleinunternehmerregelung auf solche Unternehmer beschränkt ist, die im Mitgliedstaat der Leistungserbringung ansässig sind. Ebenso stellte er klar, dass die Vermietung einer Wohnung für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung weder als ansässigkeits- noch als niederlassungsbegründend anzusehen ist.

Vereine

  1. Anerkennung einer Gemeinnützigkeit: Es gelten strenge Kriterien

 Ist ein Verein politisch aktiv, kann er nicht wegen Förderung der Bildung gemeinnützig sein. Denn die eigenständige Verfolgung politischer Zwecke steht im Widerspruch zum Gemeinnützigkeitsrecht.

 Hintergrund

Der Verein erstrebte nach seiner Satzung die Förderung von Bildung, Wissenschaft, Forschung, Demokratie und Solidarität unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen der Globalisierung. Dies sollte durch Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit sowie das Veranstalten von Konferenzen und Bildungsarbeit erreicht werden. Der Verein führte seit seiner Gründung eine Vielzahl von Aktivitäten durch. Neben Informationsveranstaltungen wurden insbesondere Kampagnen zu verschiedenen politischen Themen durchgeführt. Diese betrafen u. a. den Abbau von Steuervorteilen für Kapitalgesellschaften, die erbschaftsteuerliche Behandlung von Vermögen, die Mehrwertsteuerentlastung von Hotels, die Einführung einer Vermögensteuer usw.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Verein nicht gemeinnützig ist, da er nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung politische Ziele verfolgte. Das Finanzgericht kam zu einer gegenteiligen Auffassung. Die Entscheidung wurde jedoch vom Bundesfinanzhof wieder aufgehoben, sodass sich erneut das Finanzgericht mit der Frage der Gemeinnützigkeit des Vereins beschäftigen musste.

 Entscheidung

Das Finanzgericht folgte nun der Rechtsauffassung des Finanzamts. Zwar war die Satzung des Vereins dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Allerdings entsprach die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins nicht den Grenzen, die das Gemeinnützigkeitsrecht setzt. Eine eigenständige Verfolgung politischer Zwecke steht im Widerspruch zum Gemeinnützigkeitsrecht. Dies darf weder Gegenstand der Satzung noch der tatsächlichen Geschäftsführung sein.

Eine Abgrenzung zwischen der Verschaffung von politischer Bildung und einer politischen Einflussnahme kann im Einzelfall schwierig sein. Die Durchführung der verschiedenen Kampagnen sah das Finanzgericht aber als politische Einflussnahme an und nicht als Verschaffung politischer Bildung. Der Bundesfinanzhof ging in seiner Rechtsprechung, an die das Finanzgericht gebunden ist, diesbezüglich von einem engen Begriff der Bildung aus.