Arbeitsrecht
1. Dauereinsatz von Leiharbeitnehmern: Kündigung von Stammarbeitnehmern kann unwirksam sein
Kapitalanlage und Versicherung
1. Wann eine Versicherungsleistung für schwere Unfallfolgen steuerpflichtig ist
Sonstige Steuern
1. Auch die Beihilfe zur Steuerhinterziehung bleibt nicht ohne Folgen
2. Auch gegen unbekannte Erben darf Erbschaftsteuer festgesetzt werden
3. Schenkungsteuer: Welcher Freibetrag gilt für Urenkel?
Steuerrecht Arbeitnehmer
1. Corona-Sonderzahlungen: Wann sie steuerfrei sind
2. Durchführung von Betriebsveranstaltungen durch eine Eventagentur: Geldwerter Vorteil?
3. Mahlzeiten vom Arbeitgeber: Verpflegungspauschalen werden gekürzt
4. Wenn der Paketzustelldienst Verwarnungsgelder für die Arbeitnehmer übernimmt
5. Wie werden Sterbegelder für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes besteuert?
Steuerrecht Privatvermögen
1. Nicht nachgewiesene Kosten werden nicht anerkannt
2 Streit um das Umgangsrecht: Prozesskosten sind nicht abziehbar
3. Warum eine gebrochene Hand kein Wiedereinsetzungsgrund ist

 

Steuerrecht Unternehmer
1. Abschreibung einer Produktionshalle: Wann liegt eine Leichtbauweise vor?
2. Digitale Unterrichtsmaterialien: Welcher Umsatzsteuersatz gilt?
3. In-App-Käufe: Welcher Umsatzsteuersatz gilt?
4. Mehrere selbstständige Betriebe unter einem Dach: Liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor?
5. Teilweise privat genutzter Pkw: So wird bei Verkauf der Gewinn berechnet
6. Umsatzsteuer: Welcher Steuersatz gilt für Techno- und House-Konzerte
7. Wenn Ärzte Rennfahrer sponsern: Betriebsausgaben?
8. Zur Berechnung des Aufgabegewinns bei einem beschränkt abzugsfähigen Arbeitszimmer

 

Arbeitsrecht

  1. Dauereinsatz von Leiharbeitnehmern: Kündigung von Stammarbeitnehmern kann unwirksam sein

 Kann ein Arbeitgeber Stammarbeitnehmer auf Arbeitsplätzen von Leiharbeitnehmern einsetzen, sind betriebsbedingte Kündigungen der Stammarbeitnehmer nicht erlaubt.

Hintergrund

Der Arbeitgeber, ein Automobilzulieferer, beschäftigt neben 106 Arbeitnehmern auch 6 Leiharbeitnehmer. Diese setzte der Arbeitgeber fortlaufend – mit wenigen Unterbrechungen wie zum Jahresende oder während der Werksferien – im Betrieb ein. Nachdem bei ihm ein Personalüberhang entstanden war, da sein Auftraggeber das Volumen seiner Autoproduktion reduzierte, kündigte der Arbeitgeber mehreren Stammarbeitnehmern betriebsbedingt.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass die betriebsbedingten Kündigungen unwirksam waren. Die Arbeitnehmer hätten auf den Arbeitsplätzen der Leiharbeitnehmer weiterbeschäftigt werden können. Diese waren als freie Arbeitsplätze anzusehen.

Dies gilt zwar nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht, wenn der Arbeitgeber Leiharbeitnehmer als Personalreserve zur Abdeckung von Vertretungsbedarf beschäftigt. Das Landesarbeitsgericht verneinte vorliegend aber, dass der Arbeitgeber die Leiharbeitnehmer im Unternehmen als eine solche Vertretungsreserve beschäftigte. Fortlaufend beschäftigte Leiharbeitnehmer wurden nicht als Personalreserve zur Abdeckung von Vertretungsbedarf im Unternehmen eingesetzt, sondern für ein ständig vorhandenes Arbeitsvolumen. Wenn immer wieder unterschiedliche Arbeitnehmer in einem absehbaren Umfang ausfallen, kann man nicht von einem schwankenden, sondern muss von einem ständig vorhandenen (Sockel-)Arbeitsvolumen sprechen. Der Sachgrund einer Vertretung liegt aber nicht vor, wenn der Arbeitgeber mit der befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers einen dauerhaften Bedarf abdecken will.

 

Kapitalanlage & Versicherung

  1. Wann eine Versicherungsleistung für schwere Unfallfolgen steuerpflichtig ist

 Zahlt eine Versicherung einem Umfallopfer Ersatz für den rein hypothetisch berechneten Erwerbs- und Fortkommensschaden, liegt keine steuerpflichtige Entschädigung als Ersatz für entgehende Einnahmen vor, wenn die Versicherungsleistung nicht als Ersatz für steuerbare Einnahmen aus einer konkreten Einkunftsquelle gedeutet werden kann. Die Bezeichnung als “Verdienstausfall” ist insoweit unerheblich.

 Hintergrund

Die Klägerin erlitt im Jahr 2003 im Alter von 12 Jahren einen schweren Autounfall, der zu irreversiblen körperlichen und geistigen Folgeschäden führte. Sie wird zeitlebens nicht in der Lage sein, eine Ausbildung zu beginnen oder Arbeitseinkommen zu erzielen. Nach langjährigen juristischen Auseinandersetzungen leistete die Versicherung des Schädigers im Jahr 2015 u.a. eine als “Verdienstausfall” bezeichnete Zahlung von 695.000 EUR.

Das Finanzamt unterwarf diese als steuerpflichtige Entschädigung der ermäßigten Besteuerung nach der sog. Fünftel-Regelung.

Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab. Denn die Versicherungsleistung war von den Beteiligten des Rechtsstreits ausdrücklich als “Verdienstausfall” und damit als Ersatz für entgehende Einnahmen bezeichnet worden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die Versicherungsleistung kein Ersatz für steuerbare Einnahmen aus einer konkreten Einkunftsquelle ist. Dementsprechend sind die Rechtsanwaltskosten nicht als Werbungskosten, sondern als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Bei einer Zahlung zum Ausgleich des Erwerbs- oder Fortkommensschadens ist zu prüfen, ob die Zahlung unmittelbar dazu dient, diesen Schaden durch den Ersatz steuerbarer und steuerpflichtiger Einnahmen zu ersetzen. Das bedeutet, dass zwischen Entschädigung und entgangenen Einnahmen eine kausale Verknüpfung bestehen muss. Andernfalls ist der Ersatz des Erwerbs- und Fortkommensschadens ebenso steuerfrei wie die durch ihn ersetzten Leistungen.

Wird einem im Kindesalter Geschädigten auch ohne konkrete Erwerbsaussichten der Ersatz eines Erwerbs- und Fortkommensschadens unter dem Gesichtspunkt zugestanden, dass ein junger Mensch auf Dauer nicht ohne Erwerbseinkünfte sein wird, bedeutet dies nicht den Ersatz bestimmbarer Einnahmen, sondern den Ausgleich für den Verlust der abstrakten Chance, sich ein Erwerbsleben aufzubauen. Aus einem in einer solchen Schadensregulierung prognostizierten rein hypothetischen Erwerbsleben kann jedoch weder auf eine bestimmte Einkunftsart noch auf die Steuerbarkeit der hierbei lediglich abstrakt unterstellten Einkünfte geschlossen werden. Im vorliegenden Fall fehlt es schon an einer bestimmbaren Einkunfts- bzw. Erwerbsquelle der Klägerin und somit auch an der erforderlichen kausalen Verknüpfung zwischen Entschädigung und entgangenen steuerbaren Einnahmen.

 

Sonstige Steuern

  1. Auch die Beihilfe zur Steuerhinterziehung bleibt nicht ohne Folgen

 Wer einem Kunden das eigene Barverkaufskonto zur Verfügung stellt, leistet nicht nur Beihilfe zur Steuerhinterziehung, wenn der Kunde dieses Konto nutzt und Wareneinkauf unverbucht lässt sowie Verkäufe nicht erklärt. Er haftet auch für die Umsatzsteuerschulden des Kunden.

 Hintergrund

Der Kläger verkaufte als Außendienstmitarbeiter der Firma B u. a. an den Inhaber A einer Pizzeria Waren der Firma B. Die Verkäufe wurden teilweise über ein auf den Namen des Klägers lautendendes Barverkaufskonto erfasst. Die Steuerfahndung stellte fest, das A Steuern hinterzogen hatte, indem er die über das Barverkaufskonto abgerechneten Einkäufe sowie die entsprechenden Verkäufe in seiner Buchhaltung nicht erfasst und in den Steuererklärungen nicht erklärt hatte.

Der Kläger wurde rechtskräftig wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt. Darüber hinaus nahm das Finanzamt ihn wegen Beihilfe an der Steuerhinterziehung des A für dessen Umsatzsteuerschulden in Haftung. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Haftungsinanspruchnahme des Klägers zu Recht erfolgt war. A hat den Tatbestand einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung bezüglich der zu niedrig erklärten Umsatzsteuer aus dem Betrieb seiner Pizzeria erfüllt. Zu dieser Steuerhinterziehung leistete der Kläger mit seiner Handlungsweise Beihilfe und nahm damit an dieser Tat teil.

Es gab keinen sachlichen oder wirtschaftlichen Grund, Einkäufe über das auf den Namen des Klägers laufende Barverkaufskonto buchen zu lassen, obwohl A über ein eigenes Debitorenkonto verfügte. Durch die Verbuchung auf dem Barverkaufskonto wurde es A erleichtert, den Überblick über die nicht in seiner eigenen Buchhaltung verbuchten Einkäufe zu behalten.

Hier wurde die Steuerhinterziehung des A durch den Kläger dadurch tatsächlich gefördert, dass dieser auf seinen Namen ein Barverkaufskonto eröffnet und unterhalten hat, über das A – neben den Einkäufen über sein reguläres Debitorenkonto – bar oder unbar Waren bei der Firma B einkaufen konnte. Mit den Warenbestellungen über dieses (zweite) Kundenkonto erreichte A, dass die Bestellungen und Zahlungen nicht auf ihn hinwiesen und ihm nicht zugeordnet werden konnten. Denn sein “offizieller” Wareneinkauf lief über ein Kundenkonto bei der Firma B. Der Kläger verwirklichte auch den subjektiven Tatbestand der Beihilfe zur Steuerhinterziehung des A, er beging die Beihilfehandlung vorsätzlich. Bedingter Vorsatz ist insoweit ausreichend.

 

  1. Auch gegen unbekannte Erben darf Erbschaftsteuer festgesetzt werden

 Erbschaftsteuer darf auch gegen unbekannte Erben festgesetzt werden – vorausgesetzt, der Nachlasspfleger hatte ausreichend Zeit, die Erben zu ermitteln. Liegen keine besonderen Schwierigkeiten vor, ist ein Zeitraum von 1 Jahr ab dem Erbfall i. d. R. angemessen.

 Hintergrund

Nach dem Tod des Erblassers waren die Erben zunächst nicht ermittelbar. Deshalb bestellte das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger. Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer gegenüber den “unbekannten Erben” des Erblassers fest. Dabei ging es im Wege der Schätzung von 30 Erben der Steuerklasse III mit gleicher Erbquote aus. Der Bescheid war mit einem Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Anzahl der Erben, der Höhe ihrer Erbteile und Freibeträge sowie der anwendbaren Steuerklasse versehen. Der Bescheid wurde dem Nachlasspfleger bekanntgegeben.

Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt und wies die Klage ab. Insbesondere hatte es an der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamts nichts zu beanstanden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof urteilte: Sind die Erben noch nicht bekannt und besteht eine Nachlasspflegschaft, kann Erbschaftsteuer gegen die unbekannten Erben festgesetzt werden.

Der Nachlasspfleger ist zur Abgabe der Erbschaftsteuer-Erklärung verpflichtet und ihm ist der Erbschaftsteuer-Bescheid bekanntzugeben. Er hat auch für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen. Diese Bestimmungen erfassen nicht nur Sachverhalte, bei denen die Erben bereits bekannt sind. Der Gesetzgeber wollte vielmehr Regelungen für den gesamten Anwendungsbereich der Nachlasspflegschaft und damit auch für die Fallgruppe der unbekannten Erben treffen. Dementsprechend sollte die Erbschaftsteuer-Festsetzung während der Nachlasspflegschaft gegenüber unbekannten Erben als Inhaltsadressaten möglich sein.

Bei der Rechtsfigur der unbekannten Erben handelt es sich nicht um eine Erbengemeinschaft, d.h. eine Mehrheit von Steuerschuldnern, sondern um ein abstraktes Subjekt, dem der Gesetzgeber die Qualität eines Steuerschuldners beigemessen hat. Der Erlass nur eines Bescheids gegen dieses Subjekt ist folgerichtig.

Ist somit ein Steuerschuldner vorhanden (nämlich die unbekannten Erben), sind die Erben aber noch nicht ermittelt und benannt, sind die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Zu den der Schätzung zugänglichen Besteuerungsgrundlagen gehören die Anzahl der Erben und die jeweilige Erbquote sowie die Voraussetzungen der Steuerklassen und der persönlichen Freibeträge.

Die Befugnis zur Schätzung besteht erst dann, wenn der Nachlasspfleger ausreichend Zeit hatte, seine Pflicht zur Erbenermittlung zu erfüllen. Welcher Zeitraum hierfür angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. In der Regel ist ein Zeitraum von einem Jahr ab dem Erbfall für eine Erbenermittlung, die keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, angemessen. Die Schätzung war im vorliegenden Fall jedenfalls nicht verfrüht.

Die Interessen der Erben wurden im Übrigen durch den Vorläufigkeitsvermerk gewahrt.

 

  1. Schenkungsteuer: Welcher Freibetrag gilt für Urenkel?

 

Verschenkt die Urgroßmutter eine Immobilie an einen Urenkel, kann dieser nur einen persönlichen Freibetrag von 100.000 EUR in Anspruch nehmen. Das gilt zumindest dann, wenn Eltern und Großeltern noch nicht verstorben sind.

 Hintergrund

Die Urgroßmutter übertrug ihren beiden Urenkeln ein Grundstück. Im Rahmen der Festsetzung der Schenkungsteuer berücksichtigte das Finanzamt jeweils einen Freibetrag von 100.000 EUR für übrige Personen der Steuerklasse I. Die Urenkel machten dagegen den Freibetrag von 200.000 EUR geltend, der für Enkel gilt. Dies lehnte das Finanzamt jedoch ab.

Daraufhin erhoben die Urenkel Klage und stellten einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV), der sowohl vom Finanzamt als auch vom Finanzgericht abgelehnt wurde. In ihrer Beschwerde zum Bundesfinanzhof machen sie ernstliche Zweifel gegen die Rechtmäßigkeit des Ansatzes des Freibetrags von 100.000 EUR statt von 200.000 EUR geltend.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Beschwerde zurück und entschied, dass für Urenkel der Freibetrag von 100.000 EUR gilt. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass für den Erwerb eines Urenkels lediglich ein Freibetrag i. H. v. 100.000 EUR steuerfrei bleibt, wenn Angehörige der dazwischenliegenden Generationen noch am Leben sind.

Der Begriff “Kinder” in § 16 Abs. 1 ErbStG meint eindeutig nicht Kindeskinder oder weitere Abkömmlinge, sondern Kinder. “Kinder der Kinder” sind ausschließlich die Enkel, nicht die Urenkel. Soweit § 16 Abs. 1 ErbStG die Wendung “Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2” verwendet, sind das die Kinder und Stiefkinder. Kindeskinder oder weitere Abkömmlinge sind in dieser Formulierung mit dem Begriff “Kinder” nicht gemeint. Denn diese erhalten die Steuerklasse I auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 3 ErbStG. Andernfalls liefe die zuletzt genannte Vorschrift leer.

Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dem Begriff “Kinder” punktuell ein anderes Verständnis beizulegen. Dem Einwand, die Gleichstellung aller Abkömmlinge hinsichtlich der Steuerklasse in § 15 Abs. 1 ErbStG müsse auch zu einer Gleichstellung in § 16 Abs. 1 ErbStG führen, steht entgegen, dass § 16 Abs. 1 ErbStG zwischen verschiedenen Erwerbergruppen trotz gleicher Steuerklasse ausdrücklich differenziert, und zwar insbesondere auch zwischen verschiedenen Gruppen von Abkömmlingen.

 

Steuerrecht Arbeitnehmer

  1. Corona-Sonderzahlungen: Wann sie steuerfrei sind

 An Arbeitnehmer gezahlte Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Krise sind steuerfrei. Aufgrund einer Gesetzesänderung hat das BMF das entsprechende Schreiben neu gefasst.

 Hintergrund

Nachdem das BMF-Schreiben v. 9.4.2020 ergangen war, wurde § 3 Nr. 11a EStG durch das Corona-Steuerhilfegesetz v. 19.7.2020 eingefügt. Danach werden Sonderleistungen bis zu 1.500 EUR, die die Beschäftigten zwischen dem 1.3.2020 und dem 31.12.2020 erhalten, steuerfrei gestellt.

Voraussetzung dafür ist u. a., dass die Beihilfen und Unterstützungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Eine Entgeltumwandlung ist demnach ausgeschlossen.

Leistungen des Arbeitgebers werden nur dann zusätzlich erbracht, wenn die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet wird, der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt wird, die nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird und bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

Das BMF-Schreiben

In dem neu gefassten Schreiben stellt das BMF klar, dass § 3 Nr. 11a EStG gegenüber § 3 Nr. 11 EStG “lex-specialis” ist und damit Vorrang hat. Andere Steuerbefreiungen, Bewertungsvergünstigungen oder Pauschalbesteuerungsmöglichkeiten bleiben hiervon unberührt und können neben der hier aufgeführten Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11a EStG in Anspruch genommen werden.

Arbeitgeberseitig geleistete Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld sind unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze begünstigt und fallen grundsätzlich nicht unter diese Steuerbefreiung.

Für Zuschüsse, die der Arbeitgeber als Ausgleich zum Kurzarbeitergeld wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze leistet, sind weder die Steuerbefreiungen des § 3 Nr. 11, Nr. 11a EStG noch § 3 Nr. 2 Buchst. a EStG einschlägig.

Die Beihilfen und Unterstützungen bleiben auch in der Sozialversicherung beitragsfrei.

 

  1. Durchführung von Betriebsveranstaltungen durch eine Eventagentur: Geldwerter Vorteil?

Beauftragt der Arbeitgeber eine Eventagentur mit der Durchführung einer Betriebsveranstaltung, führen die entsprechenden Aufwendungen nicht zu einem geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer. Bei der Teilnahme von Kunden erhöhen diese Kosten dagegen den Wert der Sachzuwendung.

 Hintergrund

 Die Klägerin beauftragte eine Eventagentur mit der Organisation und Durchführung von “Business-Veranstaltungen” für ausgewählte Kunden und Arbeitnehmer. Zudem unterhielt die Klägerin eine Art “Fanclub”, der den Arbeitnehmern verschiedene Sportaktivitäten anbot. Die Organisation übertrug die Klägerin ebenfalls einer Eventagentur.

Das Finanzamt unterwarf die Agenturleistungen hinsichtlich der Kunden nach § 37b Abs. 1 EStG dem Pauschsteuersatz von 30 %. Für die Arbeitnehmer berechnete es für jedes Jahr einen Nettosteuersatz und unterwarf die anteiligen Agenturkosten als Arbeitslohn der Lohnsteuer.

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Es hielt die Auffassung des Bundesfinanzhofs, nach der die Aufwendungen für einen Eventmanager grundsätzlich nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören, für unzutreffend. Denn ein Arbeitnehmer ist durch die Vereinnahmung einer höherwertigen Leistung objektiv bereichert.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht hinsichtlich der Einbeziehung der Agenturkosten bei der Bemessung der pauschalen Lohnsteuer. Mit der kostenlosen Teilnahme an den Business-Veranstaltungen und an den Veranstaltungen des Fanclubs wandte die Klägerin den Arbeitnehmern durch das Dienstverhältnis veranlasste Vorteile zu, die mit dem um Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort zu bewerten sind. Für die Bewertung können grundsätzlich die Kosten angesetzt werden, die der Arbeitgeber seinerseits aufgewendet hat. Denn es kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass auch ein Fremder diesen Betrag für die Ware oder Dienstleistung hätte aufwenden müssen.

In die Schätzungsgrundlage sind jedoch nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Daher sind Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Veranstaltung stehen, nicht zu berücksichtigen. Denn insoweit ist der Arbeitnehmer nicht bereichert.

Bei der Bewertung des Vorteils dürfen nur solche Kosten berücksichtigt werden, die eine objektive Bereicherung des Arbeitnehmers bewirken. Dabei sind die Aufwendungen für eine Veranstaltung nicht als Einheit anzusehen. Zwar mögen die Eventmanager für eine professionelle Ausrichtung der Veranstaltungen gesorgt haben. Dies führt als solches aber noch nicht zu einem geldwerten Vorteil, der über die kostenlose Teilnahme hinausgeht.

Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer für Nicht-Arbeitnehmer einheitlich für betrieblich veranlasste Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben. Bemessungsgrundlage sind die Aufwendungen einschließlich Umsatzsteuer. Der eindeutige Wortlaut des § 37 Abs. 1 Satz 2 EStG lässt es jedoch nicht zu, bestimmte einzelne Aufwendungen aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Deshalb sind die Kosten für das Eventmanagement hinsichtlich der Business-Veranstaltungen für die Kunden in die Bemessungsgrundlage des § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG einzubeziehen, und zwar unabhängig davon, ob die Aufwendung zu einem Vorteil des Zuwendungsempfängers führen würde.

 

  1. Mahlzeiten vom Arbeitgeber: Verpflegungspauschalen werden gekürzt

Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mahlzeiten zur Verfügung, müssen die Verpflegungspauschalen gekürzt werden. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer gar keine Mahlzeiten einnimmt.

 Hintergrund

Der Soldat S bewohnte eine Zweitwohnung am Bundeswehrstandort (doppelte Haushaltsführung). Die Bundeswehr stellte ihm in der Kaserne Frühstück, Mittag- und Abendessen zur Verfügung. Für die Inanspruchnahme des Mittag- und Abendessens leistete S eine Zuzahlung von jeweils 3 EUR und für das Frühstücks von 1,63 EUR pro Mahlzeit. Nahm er eine Mahlzeit nicht ein, erhielt er 150 % des Sachbezugs als steuerpflichtiges Trennungsgeld. Im Streitjahr nahm S nur das Mittagessen in der Kaserne ein.

Das Finanzamt kürzte bei den Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung die gesetzlichen Verpflegungspauschalen um 20 % für das Frühstück und 40 % für Mittag- und Abendessen. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Revision hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Verpflegungspauschalen zu kürzen waren. Das gilt auch für Frühstück und Abendessen, obwohl S diese Mahlzeiten tatsächlich nicht eingenommen hatte.

Das Zurverfügungstellen einer Mahlzeit durch den Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung durch einen Dritten erfordert nicht, dass der Arbeitnehmer die Mahlzeit auch tatsächlich einnimmt. Aus welchen Gründen er sie nicht einnimmt, ist ebenfalls unerheblich. Das “zur Verfügung stellen” beinhaltet schon nach dem Wortsinn lediglich die Bereitstellung.

Ob der Arbeitnehmer die Mahlzeit tatsächlich annimmt (in Besitz nimmt), ist für die Frage, ob die Mahlzeit zur Verfügung gestellt wurde, unerheblich.

Diese Auslegung wird durch den Gesetzeszweck bestätigt. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Neuregelung der Verpflegungsmehraufwendungen ab 2014 eine Vereinfachung gegenüber der früheren Rechtslage.

Steht dem Arbeitnehmer dem Grunde nach der Werbungskostenabzug in Form von Verpflegungspauschalen zu, so unterbleibt ab 2014 die Lohnversteuerung der üblichen Mahlzeiten. Folgerichtig sind im Gegenzug die Verpflegungspauschalen entsprechend zu kürzen.

Für die Kürzung der Verpflegungspauschalen ist es ohne Bedeutung, dass S nicht verpflichtet war, an der Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen. Entscheidend ist allein, dass die Bundeswehr ihm die entsprechenden Mahlzeiten (Frühstück, Mittag-/Abendessen) tatsächlich zur Verfügung gestellt hat.

Die ihm dem Grunde nach zustehenden Verpflegungspauschalen kürzte der Bundesfinanzhof um insgesamt 100 % (20 % + 40 % + 40 %) auf 0 EUR. Die vom S für die eingenommenen Mittagessen gezahlten Entgelte von jeweils 3 EUR minderten jedoch den Kürzungsbetrag.

 

  1. Wenn der Paketzustelldienst Verwarnungsgelder für die Arbeitnehmer übernimmt

Begeht ein Arbeitnehmer mit dem Auto des Arbeitgebers einen Parkverstoß und übernimmt der Arbeitgeber als Halter die Zahlung des Verwarnungsgeldes, liegt kein Arbeitslohn vor.

 Hintergrund

X betreibt einen Paketzustelldienst. Ist eine Ausnahmegenehmigung für kurzfristiges Halten zum Be- und Entladen nicht erhältlich, wird es von X zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs im Einzelfall hingenommen, dass die Fahrer auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig anhalten und hierfür Verwarnungsgelder erhalten. Die Verwarnungsgelder zahlt X.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die Zahlung zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn führt. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Nach Ansicht der Richter handelte es sich um die Tilgung einer gegen den Arbeitgeber bestehenden Verbindlichkeit und somit nicht um einen Vorteil des Arbeitnehmers.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies das Verfahren an das Finanzgericht zurück.

Das Verwarnungsverfahren hat den Zweck, im Bagatellbereich die Durchführung eines Bußgeldverfahrens zu ersparen und eine geringfügige präventive Maßnahme genügen zu lassen. Ist der Halter mit der Verwarnung einverstanden und zahlt er das Verwarnungsgeld, wird die Verwarnung wirksam. Eine Entscheidung, wer für den Verkehrsverstoß verantwortlich ist, wird nicht getroffen und eine Zuweisung von Schuld findet nicht statt. Hiervon ausgehend, ist die Zahlung des Verwarnungsgelds auf die eigene Schuld der X erfolgt. Ein Zufluss von Arbeitslohn bei dem Fahrer, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat, liegt daher nicht vor.

Erlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine realisierbare Forderung, kann darin die Zuwendung eines als Arbeitslohn zu erfassenden geldwerten Vorteils liegen. Der Arbeitslohn fließt in einem solchen Fall in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber zu erkennen gibt, dass er keinen Rückgriff nehmen wird und sich der Arbeitnehmer hiermit einverstanden erklärt.

Das Finanzgericht muss nun prüfen, ob und wenn ja in welcher Höhe der X wegen der von ihren Fahrern unstreitig begangenen Parkverstöße ein Regressanspruch gegen den jeweiligen Verursacher zusteht.

 

  1. Wie werden Sterbegelder für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes besteuert?

Führen Sterbegelder für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Hinterbliebenen? Das Finanzgericht Düsseldorf meint ja. Nun muss der Bundesfinanzhof die Frage höchstrichterlich klären.

 Hintergrund

Die Klägerin erhielt im Jahr 2017 aufgrund des Todes ihrer Mutter ein Sterbegeld von 6.550 EUR. Der Anspruch auf das Sterbegeld ergab sich aus dem Ländertarifvertrag (TV-L), da die Mutter bis zu ihrem Tod als Landesbeschäftigte tätig gewesen war. Streitig war, ob die Tochter das Sterbegeld als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit versteuern muss.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass das Sterbegeld zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit der Tochter gehört. Konkret liegt “anderer Bezug aus früheren Dienstleistungen” vor, der versteuert werden muss. Die Steuerfreiheit des § 3 Nr. 11 EStG für Bezüge aus öffentlichen Mitteln war nach Auffassung des Finanzgerichts nicht anwendbar, weil das Sterbegeld nicht “wegen Hilfsbedürftigkeit” ausgezahlt worden war. Entscheidend hierfür war, dass sich das Sterbegeld hinsichtlich der Höhe nicht am konkreten finanziellen Bedarf der Tochter ausgerichtet hatte, sondern an der Lohnhöhe der verstorbenen Mutter. Dagegen zielt die Steuerbefreiung darauf ab, den Empfänger einer Zahlung in Höhe eines konkreten Hilfsbedarfs von der Steuer freizustellen.

 

Steuerrecht Privatvermögen

  1. Nicht nachgewiesene Kosten werden nicht anerkannt

 Wer Fortbildungskosten als Werbungskosten steuerlich geltend machen will und diversen Aufforderungen, Unterlagen nachzureichen, nicht nachkommt, muss sich nicht wundern, wenn die Aufwendungen nicht anerkannt werden. Und das zu Recht.

 Hintergrund

Die verheiratete Klägerin absolvierte in den Jahren ab 2014 aufgrund eines fehlenden Visums ihr Studium im Ausland und machte entsprechende Aufwendungen steuerlich geltend. Diese setzten sich aus Semester- und Kursgebühren, Aufwendungen für Bücher/Material und Laptop sowie Fahrtkosten zur Universität und Kosten der doppelten Haushaltsführung zusammen. Als Unterlagen wurden Bestätigungen über Flugbuchungen, Rechnungen für eine Reisekrankenversicherung und verschiedene Telefonrechnungen vorgelegt. Das Finanzamt forderte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung diverse Unterlagen an. Hierunter u. a. die Mietverträge der Klägerin, den Stundenplan und Nachweise über die entstandenen Kosten. Da die Klägerin trotz Erinnerung auf die Schreiben nicht antwortete, führte das Finanzamt die Veranlagung ohne Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen für das Masterstudium durch.

Im Einspruchsverfahren legte die Klägerin eine Student ID Card und einen Mietvertrag einer Villa mit 4 Schlafzimmern jeweils für den Zeitraum 2017 bis 2019 vor, außerdem einen Ablaufplan des akademischen Jahres 2014/2015.

Das Finanzamt forderte weitere Nachweise an, dieser Aufforderung kam die Klägerin jedoch nicht nach, sodass das Finanzamt schließlich den Einspruch zurückwies. Dagegen erhob die Klägerin Klage.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Notwendige Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung können Werbungskosten sein, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand begründet und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung und die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus. Beides lag bei der Klägerin nicht vor. Vielmehr konnte die Klägerin aufgrund eines fehlenden Visums nicht bei ihrem Mann in Deutschland wohnen. Die melderechtliche Anmeldung der Klägerin hat keine, einen eigenen Hausstand begründende Wirkung. Ebenso gibt es keine Anhaltspunkte für eine finanzielle Beteiligung der Klägerin an den Kosten der Lebensführung, denn die Klägerin wurde mangels eigener Einkünfte von ihrem Mann unterhalten. Aufwendungen für eine Berufsausbildung können berücksichtigt werden, soweit der Steuerpflichtige bereits eine Berufsausbildung oder ein Erststudium absolviert hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

Da es sich hier um steuermindernde Tatsachen handelt, liegt die objektive Beweislast bei der Klägerin. Die geltend gemachten Werbungskosten waren deshalb nicht zu berücksichtigten, weil sie nicht hinreichend dargelegt wurden – insbesondere wurden weder ein Mietvertrag noch Belege über angefallene Studien- bzw. Kursgebühren für die Studienjahre vorgelegt.

 

  1. Streit um das Umgangsrecht: Prozesskosten sind nicht abziehbar

Zivilprozesskosten sollen nur bei Gefährdung der materiellen Existenzgrundlage abziehbar sein. Die Aufwendungen eines Rechtsstreits um die Rückführung eines ins Ausland entführten Kindes gehören wohl nicht dazu und sind deshalb vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen.

 Hintergrund

Nach der Geburt ihrer Tochter trennten sich die Eltern. Die Mutter (M) brachte die Tochter nach einer Reise in ihr Heimatland Peru nicht mehr nach Deutschland zurück. Der Vater (V) versuchte vergeblich, die Tochter durch ein Verfahren zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) nach Deutschland zurückzuholen. In diesem Zusammenhang entstanden Gerichts- und Anwaltskosten von über 20.000 EUR. Diese machte er als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung ab. Denn V hatte nicht nachgewiesen, inwieweit seine Existenzgrundlage durch die Aufwendungen gefährdet gewesen war. Das Finanzgericht verstand unter dem Begriff der “Existenzgrundlage” nicht nur die materielle Lebensgrundlage, sondern auch die immaterielle, den Kernbereich menschlichen Lebens berührende Lebensgrundlage. Es gab deshalb der Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Der Begriff der Existenzgrundlage ist nur im Sinne der materiellen Lebensgrundlage zu verstehen.

Zur Begründung führten die Richter weiter aus: Das grundsätzliche Abzugsverbot für Prozesskosten gilt nur dann nicht, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine notwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Unter Existenzgrundlage ist nur die materielle Lebensgrundlage zu verstehen. Für diese Auslegung spricht der Gesetzeswortlaut und das bisherige Verständnis des Begriffs der Existenzgrundlage in der Rechtsprechung sowie auch die Entstehungsgeschichte der Norm.

Der Bundesfinanzhof hatte ursprünglich für die Abziehbarkeit von Zivilprozesskosten 3 Fallgruppen gebildet:

  • Scheidungskosten,
  • ein existenziell wichtiger Bereich oder
  • der Kernbereich menschlichen Lebens ist berührt.

Aus der Gesetzesentwicklung ergibt sich, dass der Gesetzgeber lediglich die Fallgruppe 2 als Ausnahme vom generellen Abzugsverbot für Prozesskosten anerkennen wollte. Außerdem sollte die Abziehbarkeit von Prozesskosten auf einen “engen Rahmen” beschränkt werden. Eine Auslegung, dass gleichwohl Aufwendungen, die den Kernbereich des menschlichen Lebens und damit die “immaterielle Existenzgrundlage” betreffen (Fallgruppe 3), abziehbar sind, ist daher nicht möglich.

 

  1. Warum eine gebrochene Hand kein Wiedereinsetzungsgrund ist

Auch mit einer gebrochenen Hand kann der Steuerpflichtige Sorge tragen, dass die Einspruchsfrist gewahrt wird. Deshalb liegt hier kein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor.

 Hintergrund

Die Kindergeldkasse hob mit Bescheid v. 22.11.2019 die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind S der Klägerin ab Oktober 2017 auf. Außerdem forderte sie bereits gezahltes Kindergeld zurück, weil keine Studienbescheinigungen vorgelegt worden waren.

Am 19.1.2020 übersandte die Klägerin die ausstehenden Studienbescheinigungen sowie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit dem Hinweis, dass sie aufgrund eines Arbeitsunfalls, bei dem sie sich die rechte Hand gebrochen hatte, nicht in der Lage war, fristgerecht Einspruch einzulegen. Das Finanzamt verwarf den Einspruch als unzulässig. Daraufhin erhob die Klägerin Klage beim Finanzgericht und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Kindergeldbescheids.

Entscheidung

Der Antrag hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurück. Das Finanzamt hatte den Einspruch zu Recht als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin hatte die Einspruchsfrist verpasst, Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lagen nicht vor.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert ist, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Schuldmaßstab ist diejenige Sorgfalt, die den Betroffenen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des einzelnen Falles und seiner persönlichen Verhältnisse zugemutet werden kann.

Vorliegend entschuldigte die Klägerin die Fristversäumnis mit einem Arbeitsunfall. Eine eigene Krankheit ist jedoch nur dann ein Wiedereinsetzungsgrund, wenn dem Kranken wegen seines Zustands nicht zuzumuten war, die Frist durch eigenes Handeln oder durch das Handeln eines Dritten zu wahren. Dies bedeutet, dass die Krankheit plötzlich und in einer Schwere auftreten muss, die es dem Steuerpflichtigen auch nicht mehr zumutbar ermöglicht, einen Dritten mit der Interessenwahrnehmung zu beauftragen. Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Denn eine Fraktur der rechten Hand führt nicht dazu, dass die Einlegung des Einspruchs, ggf. unter Einschaltung eines Dritten, nicht mehr zuzumuten ist.

 

Steuerrecht Unternehmer

  1. Abschreibung einer Produktionshalle: Wann liegt eine Leichtbauweise vor?

Eine Produktionshalle, die in Leichtbauweise errichtet wird, kann über 14 Jahre statt mit 3 % jährlich abgeschrieben werden. Eine solche, steuerliche günstigere Leichtbauweise liegt jedoch nicht vor, wenn das Dach auf den Außenwänden liegt, in der Mitte zusätzlich tragende Stahlstützen aufgestellt sind und die Gebäudehülle vollständig gedämmt ist.

 Hintergrund

Die Produktionshalle der Klägerin, einer GbR, bestand aus regelmäßig, in Querrichtung angeordneten Stahlrahmen (Stützen und Riegel) mit jeweils einer Mittelstütze (2-Feldrahmen). Das Dach lag auf den Außenwänden, in der Mitte waren zusätzlich tragende Stahlstützen aufgestellt, zudem war an der Decke eine Kranbahn mit einer Nutzlast von 3,2 Tonnen sowie ein Säulendrehkran mit 500 Kilogramm montiert. Die Wände und Decke bestanden aus gedämmten Kassettenelementen bzw. aus Trapezblechen, Wärmedämmung und Abdichtungsbahnen. Die Zwischenbauteile bei Wänden und Dächern waren darüber hinaus wind- und zusätzlich schneebelastet.

Die Klägerin ging von einer “Leichtbauweise” im Sinne der amtlichen AfA-Tabelle und damit von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 14 Jahren aus. Das Finanzamt dagegen berücksichtigte die AfA lediglich mit 3 % auf der Basis der Gebäude-AfA.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die AfA, anzusetzen. Maßgebend für die Bestimmung der Nutzungsdauer ist die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung der besonderen betriebstypischen Beanspruchung. Dabei bestimmt sich die zu schätzende Nutzungsdauer durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können.

Die Finanzverwaltung definiert in seinen AfA-Tabellen den Begriff der “Leichtbauweise” wie folgt: “Bauausführung im Fachwerk oder Rahmenbau mit einfachen Wänden z. B. aus Holz, Blech, Faserzement o. ä., Dächer nicht massiv (Papp-, Blech- oder Wellfaserzementausführung)”. Unter dem Begriff “massiv” versteht die Finanzverwaltung: “Gemauerte Wände aus Ziegelwerk oder Beton, massive Betonfertigteile, Skelettbau, Dächer aus Zementdielen oder Betonfertigteilen, Ziegeldächer.”

Für Hallen in Leichtbauweise geht die AfA-Tabelle von einer Nutzungsdauer von 14 Jahren aus, was einem AfA-Satz von 7 % entspricht.

Hallen in Leichtbauweise müssten Baustandards unterhalb von Baracken und Schuppen aufweisen. Baracken und Schuppen sind üblicherweise nicht gedämmt und unterhalb von Baustandards für Leichtbauhallen, da es sich grundsätzlich um provisorische Behelfsbauten handelt, die z. B. als Lagerraum o. ä. dienen. Diese haben nach der amtlichen AfA-Tabelle eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 16 Jahren.

Diese Baustandards und die Nutzung von Dämmmaterial konnten vorliegend für die Einordung des Bauwerks unter die AfA-Tabelle herangezogen werden. Damit kam das Finanzgericht zu dem Ergebnis, dass, wenn bereits Baracken und Schuppen eine längere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer als Leichtbauhallen i. S. d. AfA-Tabelle haben, die Halle im vorliegenden Fall aufgrund ihrer Stabilität, Bauweise und Dämmung nicht als solche eingeordnet werden kann.

 

  1. Digitale Unterrichtsmaterialien: Welcher Umsatzsteuersatz gilt?

Die Überlassung von Unterrichtsmaterial über eine Website stellt eine elektronische Dienstleistung dar. Diese unterlag in den Jahren 2011 bis 2013 nicht dem ermäßigten Steuersatz.

 Hintergrund

Die Klägerin betrieb in den Jahren 2011 bis 2013 eine Website. Über diese konnten digitale Skripte und Materialien für Unterrichtszwecke entgeltlich bezogen werden. Die Nutzungsentgelte unterwarf die Klägerin dem ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass die Leistungen dem Regelsteuersatz unterlagen. Die Klägerin argumentierte dagegen, dass der Schwerpunkt der von ihr erbrachten Leistungen in der Übertragung der Urheberrechte lag, und berief sich auf § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte den Argumenten der Klägerin nicht und wies die Klage als unbegründet zurück. Der von der Klägerin genannte § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs einschränkend auszulegen. Diese Regelung umfasst daher nur solche Rechte des Urheberrechtsgesetzes, die im Rahmen des harmonisierten Unionsrechts umsatzsteuerrechtlich überhaupt unter eine Ermäßigungsvorschrift fallen können. Dies ist bei elektronisch erbrachten Dienstleistungen nicht der Fall. Die Steuerermäßigung gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Anlage 2 Nr. 49 Buchst. a UStG kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil es sich nicht um eine Lieferung der in der Anlage bezeichneten Gegenstände (insbesondere Broschüren, Prospekte und ähnliche Drucksachen) handelt, sondern eine sonstige Leistung vorliegt.

 

  1. In-App-Käufe: Welcher Umsatzsteuersatz gilt?

 Betreibt ein in Irland ansässiges Unternehmen einen App Store, über den ein in Deutschland ansässiges Unternehmen Spiele-Apps vertreibt, liegt eine Dienstleistungskommission vor. Damit liegt der Leistungsort in Irland, der Vertreiber der Spiele-Apps schuldet keine deutsche Umsatzsteuer.

 Hintergrund

Die Klägerin ist eine in Deutschland ansässige GmbH, die Spiele-Apps für mobile Endgeräte entwickelt und vertreibt. Der Verkauf erfolgte über einen App Store, der von einer in Irland ansässigen Gesellschaft betrieben wurde. Für die Leistung gegenüber privaten Endkunden hatte die Klägerin zunächst deutsche Umsatzsteuer angemeldet und abgeführt. Später reichte sie berichtigte Umsatzsteuererklärungen ein und vertrat darin die Auffassung, dass eine Dienstleistungskommission i. S. v. § 3 Abs. 11 UStG vorliegt. Dies hat zur Folge, dass ihre Leistungen aus den In-App-Käufen gegenüber dem App Store erbracht wurden und sich der Leistungsort in Irland befindet. Demzufolge ist nicht die Klägerin, sondern der Betreiber des App Stores in Irland Steuerschuldner. Nach der sog. Ladenrechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die den App Store betreibende Gesellschaft umsatzsteuerrechtlich Leistungserbringerin gegenüber den Kunden, da sie den Bestellvorgang durchführt und auch die Zahlungen einzieht.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klägerin Recht und entschied, eine Dienstleistungskommission zwischen der Klägerin als Produktanbieter und dem App Store einerseits und zwischen dem App Store und dem jeweiligen Endkunden andererseits vorliegt. Die Klägerin schuldet deshalb insoweit keine deutsche Umsatzsteuer. Für entsprechende vertragliche Beziehungen zwischen dem Betreiber des App Stores und dem jeweiligen Endkunden spricht zudem, dass der Betreiber des App Stores die Entgelte für die App-Entwickler einzieht. Der Betreiber des App Stores weist den Endkunden im Falle eines In-App-Kaufs nicht ausdrücklich darauf hin, dass die Leistung von der Klägerin bzw. in deren Namen erbracht wird. Tatsächlich wird diese im Rahmen der In-App-Käufe gar nicht erwähnt. Deshalb liegt eine umsatzsteuerliche Leistungskommission nach § 3 Abs. 11 UStG vor, in deren Rahmen die Klägerin ihre In-App-Artikel an die Betreiberin des App Stores verkauft und diese die Produkte an die Endkunden weiterveräußert hat.

 

  1. Mehrere selbstständige Betriebe unter einem Dach: Liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor?

 Ob ein einheitlicher Betrieb und mehrere selbstständige Betriebe vorliegen, hängt insbesondere von der Gleichartigkeit bzw. der Ungleichartigkeit der Betätigungen ab. Für gleichartige Betätigungen in der Hand desselben Unternehmers gilt die Vermutung, dass ein einheitlicher Betrieb anzunehmen ist.

 Hintergrund

X betrieb ein Eiscafé und einen Grillimbiss im selben Gebäude. Die Geschäftsräume waren zwar nicht miteinander verbunden, die Außengastronomie, das Geschäftsfahrzeug und die Kundentoilette wurden jedoch für beide Bereiche genutzt. Es bestanden getrennte Konten. Lohnzahlungen für Mitarbeiter des Eiscafés wurden aber teilweise auch vom Konto des Imbisses getätigt.

X wies für die Jahre 2010/2011 für den Imbiss Gewinne und für das Eiscafé Verluste aus. Er war der Annahme, dass ein einheitlicher Betrieb vorlag. Deshalb fasste er die Ergebnisse beider Betätigungen zusammen.

Das Finanzamt ging dagegen von 2 getrennten Betrieben aus und erließ gesonderte Gewerbesteuer-Messbescheide. Die Klage des X beim Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Dieses muss ggf. den Sachverhalt weiter klären und eine neue Gesamtwürdigung vornehmen.

Zu unterscheiden ist zwischen gleichartigen und ungleichartigen Betätigungen. In beiden Fällen ist für die Zusammenfassung ein sachlicher (wirtschaftlicher, organisatorischer oder finanzieller) Zusammenhang zwischen den Betätigungen erforderlich. Die Mindest-Intensität dieses Zusammenhangs ist in den beiden Fällen jedoch unterschiedlich. Für gleichartige Betätigungen in der Hand desselben Unternehmers gilt die Vermutung, dass ein einheitlicher Betrieb anzunehmen ist, wenn nicht ganz besondere Umstände dagegen sprechen. Dabei müssen die 3 Merkmale – wirtschaftlich, organisatorisch, finanziell – nicht kumulativ vorliegen.

Anders ist es bei ungleichartigen Betätigungen. Die Ungleichartigkeit der Betätigungen indiziert die Selbstständigkeit. Gleichwohl kann es sich um einen einheitlichen Betrieb handeln, wenn die verschiedenen Tätigkeiten wirtschaftlich und daneben auch organisatorisch und finanziell zusammenhängen. Dabei hat das Merkmal des wirtschaftlichen Zusammenhangs ein besonderes Gewicht. Allein die Identität des Unternehmers genügt jedenfalls nicht.

In Fällen wie im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an den Grad des (wirtschaftlichen/organisatorischen/finanziellen) Zusammenhangs vom Verschiedenheitsgrad der Betätigungen abhängen. Auf dieser Grundlage ist eine Einzelfallwürdigung vorzunehmen. Je verschiedenartiger die Tätigkeiten sind, desto höher muss der Grad des Zusammenhangs sein, um zu einem einheitlichen Betrieb zu führen. Mit zunehmender Gleichheit der Betätigungen kann der Zusammenhang entsprechend lockerer sein.

Im vorliegenden Fall sind die Betätigungen einerseits nicht vollkommen verschiedenartig (2 Gastronomiebetriebe). Andererseits sind sie nicht vollkommen gleichartig (unterschiedliches Speisenangebot).

Hiervon ausgehend hat das Finanzgericht die Verhältnisse des Streitfalls erneut zu würdigen.

 

  1. Teilweise privat genutzter Pkw: So wird bei Verkauf der Gewinn berechnet

 Wird ein Pkw, der zum Betriebsvermögen gehört und teilweise privat genutzt wurde, verkauft, erhöht der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös den Gewinn. Eine Gewinnminderung um die auf die Privatnutzung entfallende AfA kommt nicht in Betracht.

 Hintergrund

Kläger X hatte im Jahr 2008 einen Pkw angeschafft, den er bis 2013 zu 25 % für seine freiberufliche Tätigkeit und zu 75 % für private Zwecke nutzte. Das Finanzamt erkannte eine 5-jährigen Nutzungsdauer an, sodass der Pkw bis zum Abgang aus dem Betriebsvermögen im Jahr 2013 vollständig abgeschrieben war. Für die private Verwendung setzte das Finanzamt eine Nutzungsentnahme i. H. v. 75% der entstandenen Aufwendungen einschließlich AfA an.

Im Jahr 2013 schaffte X einen neuen Pkw an und gab den bis dahin genutzten abgeschriebenen Pkw in Zahlung. Entsprechend dem betrieblichen Nutzungsanteil setzte er ein Viertel des Veräußerungspreises als Betriebseinnahme an. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht berücksichtigten dagegen den gesamten Betrag, da der Pkw zu 100 % zum (gewillkürten) Betriebsvermögen gehört hatte und deshalb der gesamte Veräußerungserlös eine Betriebseinnahme darstellte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied ebenfalls, dass der Veräußerungserlös trotz der jährlichen Nutzungsentnahme einschließlich AfA von 75 % weder anteilig zu kürzen noch eine Gewinnkorrektur in Höhe der auf die Privatnutzung entfallenden AfA möglich ist. Er wies damit die Revision des Klägers ab.

Der in Zahlung gegebene Pkw stellte gewillkürtes Betriebsvermögen des X dar. Er hatte ihn in den Anlageverzeichnissen eindeutig zugeordnet. Durch die Inzahlunggabe liegt eine steuerbare Veräußerung vor. Die Betriebseinnahme ist mit dem gemeinen Wert des Pkw, der dem vereinbarten Anrechnungsbetrag entsprach, anzusetzen.

Die private Nutzung eines Wirtschafsguts führt zu einer Nutzungsentnahme. Dabei wird nicht der Wert der privaten Nutzung, sondern der durch sie verursachte Aufwand als entnommen angesehen. Die Nutzungsentnahme ist deshalb mit den tatsächlichen Selbstkosten zu bewerten. Dazu gehören die buchmäßigen Gesamtaufwendungen einschließlich der AfA in tatsächlich in Anspruch genommener Höhe. Das gilt entsprechend bei der Einnahmenüberschussrechnung und führt zu einer fiktiven Betriebseinnahme.

Eine Gewinnminderung um die auf die Privatnutzung entfallende AfA findet nicht statt. Der Grund dafür liegt darin, dass die Besteuerung der Privatnutzung in Form der Nutzungsentnahme einerseits und die spätere Veräußerung des Wirtschaftsguts andererseits unterschiedliche Vorgänge betreffen, die getrennt zu betrachten sind. Die Besteuerung der Veräußerung unter Aufdeckung der stillen Reserven ist ausschließlich Folge der Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen. Die stillen Reserven unterliegen in voller Höhe der Besteuerung erst, wenn die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen durch Veräußerung aufgehoben wird.

Demgegenüber ist Gegenstand der Nutzungsentnahme die zeitweise private Nutzung eines Wirtschaftsguts während seiner Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen. Die AfA wird in diesem Rahmen lediglich als Berechnungsposten für die Bemessung der an die Privatsphäre erfolgenden Wertabgabe berücksichtigt. Die Nutzungsentnahme berührt folglich weder den Buchwertansatz, noch führt sie zur Aufdeckung oder Überführung stiller Reserven in das Privatvermögen.

Da durch die Besteuerung der Nutzungsentnahme nicht die stillen Reserven aufgedeckt und versteuert werden, ist es folgerichtig und daher verfassungsrechtlich unbedenklich, den Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinn bei Aufhebung der Betriebszugehörigkeit in voller Höhe zu besteuern. Anderenfalls bliebe ein Teil der Wertveränderung unversteuert.

  

  1. Umsatzsteuer: Welcher Steuersatz gilt für Techno- und House-Konzerte

 Treten bei verschiedenen Musikveranstaltungen renommierte DJs auf und stellen deren Auftritte den eigentlichen Zweck der Veranstaltung dar, gilt für Eintrittserlöse der ermäßigte Umsatzsteuersatz. Der Begriff “Konzert” ist dabei weit auszulegen.

 Hintergrund

Die X-GbR veranstaltete verschiedene Musikveranstaltungen, bei denen von DJs Musik unterschiedlicher Stilrichtungen, z.B. House, Techno, Trance, gespielt wurde. Im Rahmen der Veranstaltungen verkaufte die GbR gesondert berechnete Getränke, deren Erlös weit über dem aus dem Verkauf der Eintrittskarten lag.

Die GbR ging davon aus, dass die Umsätze aus den Eintrittsgeldern dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht lehnten die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ab und setzten den Regelsteuersatz an. Insbesondere lag hier kein steuerermäßigtes Konzert vor.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah das anders. Dementsprechend hob er das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.

Der Begriff des Konzerts ist weit auszulegen. Für die Musikrichtungen “Techno” und “House” sind daher als “Instrumente” i. S. d. Begriffsbestimmung “Konzert” auch Plattenteller, Mischpulte und CD-Player u.Ä. anzusehen, mit denen die Musik im Rahmen eines Konzerts dargeboten wird, wenn sie wie konventionelle Instrumente zum Vortrag des Musikstücks – und nicht nur zum Abspielen eines Tonträgers – genutzt werden.

Weitere Voraussetzung für die Steuersatzermäßigung ist, dass die begünstigte Veranstaltung oder Vorführung (“Konzert”) den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmacht. Daher müssen Leistungen anderer Art, die in Verbindung mit diesen Veranstaltungen erbracht werden, von so untergeordneter Bedeutung sein, dass dadurch der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird. Hierbei ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers im Rahmen einer Gesamtbetrachtung maßgeblich.

Die vom Finanzgericht vorgenommene Würdigung der einzelnen Indizien zur Feststellung des dominierenden Zwecks der Veranstaltung aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers (Besuchers) hält der Bundesfinanzhof für lückenhaft und nicht überzeugend.

Die Regelmäßigkeit der Veranstaltung ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium. Tritt ein DJ mit seinem Repertoire auf, verliert die Veranstaltung für den Durchschnittsbesucher nicht dadurch ihr vorführungsbezogenes Gepräge, dass er dies mehrfach oder in regelmäßigen Abständen tut.

Auch das Verhältnis der Umsätze (Eintrittskarten, Getränke) besagt im Regelfall nichts darüber, ob es sich dem Charakter nach um ein Tanzvergnügen oder ein Konzert handelt. Der Charakter der Veranstaltung als Konzert oder Tanzveranstaltung kann sich nicht in Abhängigkeit von der “Trinkfreude” der Besucher ändern.

Weiterhin hat das Finanzgericht seine Folgerung nicht begründet, dass das Erleben des jeweiligen DJ-Auftritts als maßgebliches Motiv eines wesentlichen Teils der Besucher ungewiss war, obwohl es die Auftritte der renommierten DJs für geeignet hielt, Besucher anzuziehen.

Das Finanzgericht hat deshalb die fehlenden Feststellungen zur Ausgestaltung der Konzerte sowie zum Verhältnis der Erlöse aus dem Verkauf der Eintrittskarten und der Getränke nachzuholen und neu zu würdigen, ob die Auftritte der DJs aus der Sicht des Durchschnittsbesuchers den Veranstaltungen das Gepräge geben.

 

  1. Wenn Ärzte Rennfahrer sponsern: Betriebsausgaben?

 Strebt ein Freiberufler durch Sponsoring als Gegenleistung wirtschaftliche Vorteile für sein Unternehmen an, sind die Sponsoringaufwendungen als Betriebsausgaben abziehbar. Eine persönliche Beziehung zu den Sponsoringempfängern ist ebenso unschädlich wie eine private Begeisterung für die gesponsorte Sportart.

 Hintergrund

2 Sportärzte unterhalten eine Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer GbR. Mit 2 Rennfahrern hatte sie Sponsoring-Verträge abgeschlossen, die die Fahrer verpflichteten, mit einem Logo auf ihrer Rennkleidung für die GbR zu werben. Das Logo führte zu dem Internetauftritt der GbR.

Das Finanzamt akzeptierte den Abzug der Sponsoringaufwendungen als Betriebsausgaben ebenso wenig wie das Finanzgericht. Diese waren der Ansicht, dass der betriebliche Zusammenhang von der Rennsportbegeisterung der Ärzte überlagert wurde.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen zugunsten der Ärzte, dass die Aufwendungen für das Sponsoring Betriebsausgaben darstellten. Zu den Betriebsausgaben gehören auch Aufwendungen von Sponsoren zur Förderung von Personen oder Organisationen in sportlichen, kulturellen oder ähnlichen gesellschaftlichen Bereichen, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die insbesondere auch in der Sicherung oder Erhöhung des unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen erstrebt. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Sponsoringempfänger als Gegenleistung, z.B. auf Plakaten oder Fahrzeugen, auf das Unternehmen als Sponsor bzw. auf dessen Produkte werbewirksam hinweist oder durch Verwendung von Schriftzug oder Emblemen des Sponsors für diesen als Werbeträger dient.

Erforderlich ist, dass eine hinreichend konkrete Zuordnung zu dem Sponsor deutlich wird, damit der Erfolg des Sponsorings als gezielte Werbemaßnahme für ihn erreicht werden kann. Dabei ist bei Freiberuflern nicht auf die Gesellschaft (hier GbR), sondern auf deren Gesellschafter (hier die Ärzte) abzustellen. Denn die freiberufliche Tätigkeit ist regelmäßig durch die persönliche, qualifizierte Arbeitsleistung der einzelnen Berufsträger geprägt. Der Zusammenhang zum Sponsor liegt daher auch dann vor, wenn auf die freiberufliche Tätigkeit und Qualifikation der Berufsträger hingewiesen wird.

Ein schädlicher privater Veranlassungszusammenhang liegt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht vor. Dass die Ärzte sportbegeistert sind, ist ihrer sportärztlichen Tätigkeit immanent und fällt gegenüber dem betrieblichen Veranlassungszusammenhang nicht ins Gewicht. Entscheidend ist, dass die Werbung darauf angelegt war, das Image der im Sport tätigen Arztpraxis aufzubauen und das Vertrauen des Adressatenkreises in die sportmedizinische Qualifikation der Ärzte zu stärken. Denn die ärztliche Berufsausübung in besonderem Maße darauf gerichtet, ein persönliches Vertrauensverhältnis zu den Patienten aufzubauen.

Auch die Höhe der Sponsoringaufwendungen lässt nicht auf eine private Mitveranlassung schließen. Bei Gesamteinnahmen von 950.000 EUR waren die für das Sponsoring getätigten Aufwendungen von 100.000 EUR geeignet, den Bestand der Gesamteinnahmen der Arztpraxis zu sichern und weiter zu festigen. Darüber hinaus diente das Sponsoring auch dazu, einen neuen Patientenkreis aus dem Sportbereich zu erschließen.

Vorliegend kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass für die Sponsoringaufwendungen persönliche Beweggründe mitursächlich waren. Der freundschaftliche Kontakt zu den Sportlern beruht auf dem persönlichen Vertrauensverhältnis, auf das die ärztliche Berufsausübung ausgerichtet ist.

 

  1. Zur Berechnung des Aufgabegewinns bei einem beschränkt abzugsfähigen Arbeitszimmer

 War ein häusliches Arbeitszimmer im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit nur beschränkt abziehbar, stellt sich die Frage, ob der Aufgabegewinn im Hinblick auf den nicht abzugsfähigen Teil der AfA korrigiert werden muss. Der Bundesfinanzhof entschied, dass eine solche Gewinnkorrektur nicht in Betracht kommt.

 Hintergrund

Kläger X gab Ende 2001 seine selbstständige nebenberufliche Tätigkeit auf. Zum Betriebsvermögen gehörte bis dahin ein häusliches Arbeitszimmer. Die Kosten dafür waren nur bis zum Höchstbetrag von 1.250 EUR als Betriebsausgaben abziehbar, da es nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellte.

Das Finanzamt minderte für das Jahr 2001 den Buchwert um die kumulierte AfA und berücksichtigte aus der Entnahme des Arbeitszimmers einen Veräußerungsgewinn. X ging dagegen unter Abzug der AfA von einem Aufgabeverlust aus. Mit seiner Klage vor dem Finanzgericht hatte er jedoch keinen Erfolg.

Entscheidung

Und auch die Revision beim Bundesfinanzhof blieb erfolglos. Die Richter entschieden, dass die beschränkte Abziehbarkeit der Aufwendungen während der beruflichen Tätigkeit weder den Buchwert im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe beeinflusst noch die zuvor nicht abziehbare AfA auf andere Weise gewinnmindernd berücksichtigt werden kann. Deshalb ist trotz der Abzugsbeschränkung der Buchwert für die Ermittlung des Aufgabegewinns maßgebend.

Dem stand nicht entgegen, dass zu den nur beschränkt abziehbaren Aufwendungen auch die AfA gehörte. Das Gesetz begrenzt zwar die abziehbaren Betriebsausgaben, setzt aber nicht die übrigen Regeln der Bewertung und Abschreibung für die betroffenen Wirtschaftsgüter außer Kraft. Die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben werden bei einem nur teilweisen Abzugsverbot im Rahmen der Gewinnermittlung zunächst in voller Höhe als Betriebsausgaben erfasst – wodurch sich der Buchwert des Arbeitszimmers um den vollen AfA-Betrag vermindert – und bei der Ermittlung des Jahresergebnisses dem Gewinn wieder hinzugerechnet.

Die Abzugsbeschränkung gilt nicht nur für die Ermittlung des laufenden Gewinns, sondern auch bei der Ermittlung eines Veräußerungs-, Aufgabe- bzw. Entnahmegewinns und wirkt sich damit im Totalgewinn aus. Anderenfalls würde das, was gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG ausgeschlossen ist, bei der Veräußerung, Entnahme oder Aufgabe geschehen. Die Aufwendungen würden den Gewinn mindern und damit das Abzugsverbot rückgängig machen.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht vor. Aus dem objektiven Nettoprinzip kann nicht geschlossen werden, dass die nicht abziehbaren AfA-Beträge im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe, der Veräußerung oder der Entnahme des Wirtschaftsguts gewinnmindernd berücksichtigt werden müssten. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG enthält eine Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip, die nicht gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verstößt.