Liebe Mandantin, lieber Mandant,

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

 

Mit steuerlichen Grüßen

 

Inhalt

Arbeitsrecht
1. Schwerbehinderung: Ist die Kündigung während der Probezeit wirksam?
2. Zulassung als Syndikus auch während der Altersteilzeit?
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Ungeklärte Vermögenszuwächse = verdeckte Gewinnausschüttung?
Kapitalanlage und Versicherung
1. Familien-Haftpflichtversicherung: Wie sind erwachsene Kinder abgesichert?
2. Grundrente: Anrechnung des Ehegatteneinkommens verfassungsgemäß
3. Übermittlung von Informationen zu ausländischen Bankkonten verfassungsgemäß
4. Voraussetzung für die Option zum Teileinkünfteverfahren
Lohn und Gehalt
1. Keine Leiharbeit, kein Anspruch auf Leiharbeitnehmergehalt
2. Werkstudenten: Beschäftigung zwischen Bachelor und Master
Private Immobilienbesitzer
1. EuGH: Vereinbarkeit von Vorfälligkeitsentschädigung mit EU-Recht
2. Nicht erfolgte Mülltrennung: Darf dem Mieter deshalb gekündigt werden?
3. Nießbrauchsrecht: Wie ist ein entgeltlicher Verzicht steuerlich zu werten?
4. Schönheitsreparaturen: Wer trägt die Beweislast für den Renovierungszustand?
5. Staffelmiete durch Mietpreisbindung nicht ausgeschlossen

 

Sonstige Steuern
1. Zweitwohnungsteuer und doppelte Haushaltsführung
Steuerrecht Arbeitnehmer
1. Feststellung der Höhe des Verlustrücktrag
2. Rechtsanwaltskosten für ein Wehrdisziplinarverfahren abziehbar
Steuerrecht Unternehmer
1. Ausländische Künstler: Steuerabzug und Gewinnerzielungsabsicht
2. Beschränkte Steuerpflicht: Wer ist zuständig für die Außenprüfung?
3. Differenzbesteuerung für Kunstgegenstände
4. Einbau einer Heizungsanlage in ein vermietetes Wohngebäude: Vorsteuerabzug?
5. Kleidungsstücke und Accessoires: Abzugsverbot gilt auch für Influencer
6. Zweckbetrieb Krankenhaus mit Mitarbeitercafeterien

 

 

Arbeitsrecht

  1. Schwerbehinderung: Ist die Kündigung während der Probezeit wirksam?

 Vor der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis auch schon in der Probezeit mit einem Präventionsverfahren entgegentreten.

Hintergrund

Der Arbeitnehmer, der einen Grad der Behinderung von 80 hat, wurde zum 1.1.2023 bei einer Kommune als „Beschäftigter im Bauhof“ angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Vorschriften des TVöD-VKA mit dem besonderen Teil Verwaltung Anwendung. Zunächst war er in einigen Baukolonnen eingesetzt, dann verletzte er sich und war krankgeschrieben.

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis noch in der Probezeit am 22.6.2023 ordentlich und fristgerecht zum 31.7.2023. Zuvor hatte der Arbeitgeber den Personalrat, die Schwerbehindertenvertretung sowie die Gleichstellungsbeauftragte zur beabsichtigten „Kündigung in der Probezeit“ angehört. Alle 3 Stellen teilten mit, keine Einwände gegen die beabsichtigte Kündigung zu haben. Der Arbeitnehmer ging gerichtlich gegen diese Kündigung vor.

Er behauptete, für seine Arbeit und sein Engagement immer ein hervorragendes Feedback erhalten zu haben. Behinderungsbedingt habe er allerdings während der Einarbeitungsphase nicht so konstant und konzentriert arbeiten können wie jemand ohne Behinderung. Auch sei er nicht so lernfähig wie ein regulärer Arbeitnehmer, sondern benötige Routinen. Je häufiger er Tätigkeiten ausführe, desto sicherer werde er. Er brachte vor, dass die infolge seiner Arbeitsunfähigkeit erklärte Kündigung treuwidrig sei. Der Arbeitgeber hätte ihm vor einer Kündigung eine „leidensgerechte Beschäftigung“ anbieten müssen.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht entschied, dass die Kündigung unwirksam war. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde hierdurch nicht aufgelöst.

Das Arbeitsgericht wies darauf hin, dass § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX Arbeitgebern jede Benachteiligung schwerbehinderter Beschäftigter wegen ihrer Behinderung verbiete. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begründe der Verstoß des Arbeitgebers Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen, regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung. Hierzu gehöre auch die Vorschrift des § 167 Abs. 1 SGB IX. Diese solle der Behebung von Schwierigkeiten dienen, die bei der Beschäftigung von Schwerbehinderten auftreten, „um das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft fortsetzen zu können“.

Das Arbeitsgericht machte deutlich, dass der Arbeitgeber nach seiner Überzeugung auch während der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG verpflichtet sei, ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen. Dies ergebe die unionsrechtskonforme Auslegung der Norm. Vorliegend hätte der Arbeitgeber also, als er bemerkte, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer sich während der Probezeit nicht bewährte und seinen Erwartungen nicht entsprach, vor der Kündigung Präventionsmaßnahmen ergreifen und notfalls die Schwerbehindertenvertretung sowie das Integrationsamt präventiv einschalten müssen. Da er gegen die Verpflichtung verstoßen habe, indiziere dies eine verbotene Diskriminierung wegen Behinderung. Die Kündigung in der Probezeit war unwirksam, da der Arbeitgeber die Diskriminierung nicht widerlegen konnte.

 

  1. Zulassung als Syndikus auch während der Altersteilzeit?

 Der Widerruf der Zulassung eines Syndikusanwalts während der passiven Phase der Altersteilzeit ist rechtswidrig. Der Anwalt darf seine Zulassung bis zum Vertragsende behalten.

Hintergrund

Die Rechtsanwaltskammer (RAK) Berlin hatte die Zulassung eines Syndikusanwalts widerrufen, nachdem dieser in die passive Phase der mit seinem Arbeitgeber vereinbarten Altersteilzeit eingetreten war und dies der RAK mitgeteilt hatte. Der klagende Rechtsanwalt hatte für die Altersteilzeit das sog. Blockmodell gewählt, wonach er zunächst 2 Jahre in vollem Umfang weiterarbeitete (aktive Phase) und anschließend für weitere 2 Jahre von seiner Tätigkeit freigestellt war (passive Phase).

Mit dem Eintritt in die Freistellungsphase hatte nach Auffassung der RAK die typische anwaltliche Tätigkeit des Syndikusanwalts geendet. Die gem. § 46 BRAO definierten Voraussetzungen für die Zulassung zur Anwaltschaft waren nach Ansicht der Kammer damit nicht mehr gegeben. Der betroffene Anwalt klagte gegen den Widerruf der Zulassung vor dem AGH.

Entscheidung

Der AGH folgte der Argumentation der RAK nicht. Ein Widerrufsgrund gem. § 46b Abs. 2 Satz 2 BRAO lag nach Auffassung des AGH nicht vor, denn auch in der Freistellungsphase bestehe das Arbeitsverhältnis mit allen arbeitsrechtlichen Rechten und Pflichten nach dem geschlossenen Aufhebungs- und Altersteilzeitvertrag fort.

Der AGH verwies in seiner Entscheidung auf die Rechtsprechung des BGH, wonach die Freistellung in der Elternzeit nur als zeitlich begrenzte Unterbrechung der Tätigkeit als Syndikusanwalt zu werten sei und deshalb keinen Widerrufsgrund darstelle. Nach Auffassung des AGH kann die Entscheidung des BGH auf die passive Phase der Altersteilzeit übertragen werden. Bei der Freistellungsphase in der Altersteilzeit handle es sich ähnlich wie bei der Elternzeit um eine zeitlich begrenzte Freistellung von der Arbeitsverpflichtung. Endgültig entfalle die Arbeitsverpflichtung erst mit Vertragsende.

Wie bei der Freistellung in der Elternzeit hat der Syndikusanwalt nach Ansicht des AGH während der Freistellungsphase der Altersteilzeit ein schützenswertes Interesse, vor den mit einem Widerruf der Zulassung verbundenen Nachteilen bewahrt zu werden. An diesem Schutzbedürfnis ändere es nichts, dass der Anwalt nach Beendigung der Freistellungsphase nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt.

Der Widerruf der Zulassung in der Freistellungsphase würde nach Auffassung des AGH auch eine unzulässige Schlechterstellung der betroffenen Anwälte in Altersteilzeit gegenüber angestellten Anwälten bedeuten, u. a. durch Verlust der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Angestellte Rechtsanwälte blieben auch in der Freistellungsphase von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Es sei kein sachlicher Grund für eine abweichende Handhabung bei Syndikusanwälten ersichtlich. Ein Widerruf der Zulassung verstoße deshalb gegen das Gebot der Gleichbehandlung und damit gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 1 GG.

Im Ergebnis war die Klage des betroffenen Syndikusanwalts damit erfolgreich. Er kann seine Zulassung auch während der Freistellungsphase der Altersteilzeit behalten.

 

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

  1. Ungeklärte Vermögenszuwächse = verdeckte Gewinnausschüttung?

 Die Beweislast für eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) trägt das Finanzamt. Aus hohen Barrückführungen auf einem Gesellschafter-Verrechnungskonto kann nicht gefolgert werden, dass zusätzliche Betriebseinnahmen vorliegen. Kann die Herkunft dieser Zugänge nicht geklärt werden, können diese nur dem Gesellschafter zugerechnet werden.

Hintergrund

B war Gesellschafter-Geschäftsführer der XY GmbH. Aufgrund einer Anzeige, nach der B Einnahmen der XY GmbH veruntreut und dadurch Steuern hinterzogen haben soll, ermittelte die Steuerfahndungsstelle, dass sich die Aufwendungen für den privaten Lebensunterhalt des B und dessen versteuerte Einkünfte nicht deckten. Ferner hatte B in bar Verbindlichkeiten gegenüber der XY GmbH auf den dortigen Verrechnungskonten getilgt und auch erhebliche Beträge auf seine privaten Konten eingezahlt.

Das Finanzamt behandelte diese Beträge als Betriebseinnahmen der XY GmbH und als vGA an B.

Gegen die entsprechenden Bescheide legte die XY GmbH Einspruch ein. B sei schon vor seinem Aufenthalt in Deutschland ein vermögender Mann gewesen. Auch habe er von Personen in Osteuropa wiederholt private Darlehen in bar erhalten. Hierzu wurden Darlehensverträge vorgelegt. Die angeforderten Nachweise über den Geldfluss der Barzahlungen aus den Darlehen wurden jedoch nicht vorgelegt.

Das Finanzamt wies die Einsprüche als unbegründet zurück. B habe seine privaten Vermögensverhältnisse mit der betrieblichen Sphäre der XY GmbH verknüpft. Die Bareinzahlungen seien als nicht verbuchte betriebliche Einnahmen zu behandeln.

B habe keine plausiblen und nachvollziehbaren Angaben über die Herkunft der Barmittel gemacht. Da er über keine anderweitigen Einkunftsquellen verfügte, sei der Schluss gerechtfertigt, dass diese aus unversteuerten Einnahmen der XY GmbH stammen.

Entscheidung

Das FG hat der Klage stattgegeben. Die Beweislast für das Vorliegen einer vGA trage das Finanzamt. Dieses habe bei der XY GmbH keine verhinderte Vermögensmehrung nachweisen können, die als vGA zu werten seien.

Die unaufgeklärten Kapitalzuführungen rechtfertigten nicht den Schluss, dass diese auf nicht versteuerten Einnahmen der XY GmbH beruhen, die für Zwecke des B verwendet wurden. Diese könnten auch auf eine eigene, bislang steuerlich nicht erfasste gewerbliche Tätigkeit des B zurückzuführen sein. Das gelte auch für die Rückführungen auf dem Verrechnungskonto bei der XY GmbH. Bei diesem handele es sich um ein Darlehen der Gesellschaft an den Gesellschafter-Geschäftsführer, das wie ein Girokonto bei einer Bank geführt wird. Aus hohen Barrückführungen auf dem Verrechnungskonto könne nicht unbedingt gefolgert werden, dass die Kapitalgesellschaft zusätzliche Betriebseinnahmen erzielt habe.

Die fehlende Aufklärung der Herkunft von beim Gesellschafter-Geschäftsführer festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächsen kann nach Auffassung des FG regelmäßig nur diesem persönlich zugerechnet werden.

 

 

Kapitalanlage & Versicherung

  1. Familien-Haftpflichtversicherung: Wie sind erwachsene Kinder abgesichert?

 Ob eine Familien-Haftpflichtversicherung auch für Schäden eintritt, die ein erwachsenes Kind verursacht hat, hängt oft davon ab, ob eine häusliche Gemeinschaft bestand oder nicht. Eine Meldebescheinigung allein muss dafür nicht ausreichen.

Hintergrund

Der Haftpflichtversicherer hatte den Anspruch des Familienmitglieds mit Hinweis auf die Versicherungsbedingungen verneint. In denen stand, dass volljährige Kinder nur dann mitversichert sind, wenn sie mit dem Versicherungsnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebten. Zudem war laut den Bedingungen Voraussetzung, dass eine mitversicherte Person dieselbe Meldeadresse hat wie der Versicherungsnehmer.

Eine häusliche Gemeinschaft besteht bei einem nicht ganz vorübergehenden Verhältnis der Wohngemeinschaft, das vor allem in einer einheitlichen Wirtschaftsführung zum Ausdruck kommt.

Indizien hierfür sind insbesondere die gemeinsame Nutzung von zumindest Teilen des Hausrats und der Räume, die Gewährung von Kost und Logis oder finanzieller Mittel, die Dauer des gemeinsamen Wohnens und das Vorhandensein persönlicher Gegenstände in der Wohnung.

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger lediglich eine Meldebescheinigung vorgelegt, ohne näher darauf einzugehen, ob er in einer häuslichen Gemeinschaft mit seiner Mutter lebt.

Entscheidung

Das OLG entschied, dass allein eine Meldebescheinigung kein hinreichendes Indiz für das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft ist.

Außerdem ergaben sich Zweifel an der Aussagekraft der vorgelegten Meldebescheinigung. Laut eine Meldebescheinigung vom 8.9.2020, war der Kläger seit dem 1.10.2018 mit einer eigenen Wohnung gemeldet. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht hatte er dagegen angegeben, noch bei seinen Eltern in einem eigenen Zimmer zu wohnen und dafür 300 EUR zu zahlen.

Die Einstandspflicht der Versicherung für den Schaden könne auch nicht aus Aussagen einer Sachbearbeiterin der Versicherung abgeleitet werden, die laut Angaben der Mutter (Versicherungsnehmerin) in einem Telefonat bestätigt haben soll, dass ein Versicherungsschutz für den Kläger bestehe.

Die Versicherungsnehmerin habe aus dieser Auskunft nicht so verstehen können, dass die Sachbearbeiterin ein in den Versicherungsbedingungen nicht vereinbartes, die beklagte Versicherung bindendes Anerkenntnis einer der Voraussetzungen der Leistungspflicht abgegeben hat und abgeben wollte.

 

  1. Grundrente: Anrechnung des Ehegatteneinkommens verfassungsgemäß

 Die Rentenversicherung verweigerte einer Frau den Grundrentenzuschlag, weil das Einkommen ihres Mannes zu hoch war. Das ist rechtmäßig, entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen. Eine Benachteiligung von Ehepaaren im Vergleich zu Unverheirateten sah das Gericht nicht.

Hintergrund

Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte der Klägerin eine Altersrente. Einen Grundrentenzuschlag für langjährige Versicherung berücksichtigte sie nicht, weil das anzurechnende Einkommen des Ehemanns höher als der Zuschlag war. Die Klägerin rügte, dass die Einkommensanrechnung gegen das Grundgesetz verstoße. Verheiratete und unverheiratete Menschen würden ungleich behandelt und durch den Familienstand „verheiratet“ benachteiligt, weil das Gesetz eine Einkommensanrechnung bei unverheirateten Personen nicht vorsehe. Das SG wies die Klage durch Gerichtsbescheid ab.

Entscheidung

Die dagegen gerichtete Berufung hat das LSG nun zurückgewiesen. Die von der Beklagten angewandte gesetzliche Regelung sei nicht verfassungswidrig. Der Nachteil der Einkommensanrechnung werde bei Gesamtbetrachtung aller an die Ehe bzw. eingetragenen Lebenspartnerschaft anknüpfenden Regelungen sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung, als auch in anderen Regelungsbereichen im Ergebnis ausgeglichen. Dabei sei zudem zu berücksichtigen, dass das Ziel der Grundrente nach dem Willen des Gesetzgebers neben der Anerkennung der Lebensarbeitsleistung eine bessere finanzielle Versorgung von langjährig Versicherten sei. Dieses Ziel werde erreicht. Dem Grundrentenberechtigten verbleibe bei Einbeziehung des Einkommens des Ehegatten ein Einkommen oberhalb des Grundsicherungsbedarfs. Er stehe besser da als jemand, der wenig oder gar nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtend versichert gearbeitet habe und entsprechend wenig oder gar nicht in diese eingezahlt habe. Das gelte zwar auch für jemanden, der in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit jemandem zusammenlebe, der entsprechende Einkünfte habe. Allerdings seien Ehepartner auf Grund der unterhaltsrechtlichen wechselseitigen Verpflichtung wirksamer als in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft versorgt.

 

  1. Übermittlung von Informationen zu ausländischen Bankkonten verfassungsgemäß

 Die Speicherung und Verarbeitung von Informationen über Kontenstände bei ausländischen Banken verstoßen nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Hintergrund

Die Kläger führen gemeinsam ein Konto mit Depot in der Schweiz.

Die Kontostände übermittelten die Schweizer Behörden dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) im Wege des automatischen Finanzkonten-Informationsaustauschs.

Das BZSt speicherte und verarbeitete die Daten.

Hiergegen wandten sich die Kläger mit einer Eingabe an das BMF, mit der sie die Löschung der von den Schweizer Behörden erhaltenen Auskünfte zu ihrem Vermögen begehrten.

Hierauf antwortete das BZSt, dass die Übermittlung der Kontostände aufgrund einer internationalen Vereinbarung, welche in nationales Recht umgesetzt worden sei, erfolge. Entsprechende Regelungen enthalte auch das Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz.

Die Kläger beantragten gleichwohl erneut die Löschung der aus der Schweiz übermittelten Daten. Dies begründeten sie u. a. damit, dass die Offenlegung der Kontostände nicht der Besteuerung diene, da in Deutschland keine Vermögensteuer mehr erhoben werde. Die Verarbeitung und Speicherung der Daten verstoße gegen das Recht auf informelle Selbstbestimmung, die allgemeine Handlungsfreiheit und den Gleichheitsgrundsatz.

Diesen Antrag lehnte das BZSt mit Bescheid ab.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des FG ist der automatisierte Informationsaustausch verfassungsgemäß.

Entscheidung

Der BFH hat die eingelegte Revision als unbegründet abgewiesen.

Den Klägern steht kein Anspruch auf Unterlassung der Verarbeitung und Löschung ihrer aus dem automatischen Finanzkonten-Informationsaustausch stammenden Daten zu.

Die Verarbeitung dieser Daten durch das BZSt ist rechtmäßig, da sich dies aus dem FKAustG ergibt und mit der Schweiz ein Datenaustausch vereinbart ist.

Den Klägern steht kein ihr Begehren tragender Anspruch nach der Datenschutz-Grundverordnung oder ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungs- bzw. Folgenbeseitigungsanspruch zu.

Ein Anspruch auf Löschung nach Art 17 DSGVO oder das Recht auf Widerspruch nach Art. 21 DSGVO hat der BFH abgelehnt, ohne dies näher zu begründen.

Ein öffentlich-rechtlicher Unterlassens- bzw. Folgenbeseitigungsanspruch zur Abwehr bzw. Beseitigung einer Grundrechtsverletzung liege nicht vor, weil die Speicherung und Auswertung der Daten auf Grundlage des FKAustG nicht rechtswidrig ist.

Auch verstößt der automatische Finanzkonten-Informationsaustausch nicht gegen Grundrechte der Kläger. Zwar löse dieser Informationsaustausch einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kläger aus. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt, u. a. weil er der Sicherung der Steuerehrlichkeit und der Verhinderung von Steuerflucht diene.

 

  1. Voraussetzung für die Option zum Teileinkünfteverfahren

 Wer an einer Kapitalgesellschaft in gewissem Umfang beteiligt ist, kann die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens wählen, um sich einen anteiligen Werbungskosten-Abzug zu sichern. Die Tatbestandsmerkmale für die Optionsbesteuerung müssen nur im Antragsjahr (Erstjahr), nicht aber in den Folgejahren vorliegen.

Hintergrund

Die Kläger sind Eheleute und werden für die Streitjahre 2014 und 2015 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger war in den Vorjahren und in den Streitjahren zu 12,5 % an der X-GmbH beteiligt.

Bis Ende 2011 war er Gesellschafter-Geschäftsführer der X-GmbH und nach Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bis zum 31.3.2013 als Arbeitnehmer bei der X-GmbH angestellt.

In den Streitjahren war der Kläger in unveränderter Höhe an der X-GmbH beteiligt, aber nicht mehr für diese tätig.

Der Kläger erzielte aus der Beteiligung an der X-GmbH in den Streitjahren Gewinnausschüttungen (2014: rd. 100.000 EUR und 2015: rd. 71.000 EUR).

Im Zusammenhang mit diesen Kapitalerträgen waren dem Kläger Aufwendungen im Streitjahr 2014 in Höhe von rd. 1.250 EUR und im Streitjahr 2015 von rd. 1.400 EUR entstanden.

Der Kläger hatte in der Einkommensteuererklärung 2013 erstmals einen Antrag gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG gestellt und die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens für die von der X-GmbH bezogenen Dividenden und den anteiligen Abzug der Werbungskosten geltend gemacht. Dem ist das Finanzamt gefolgt.

Das Finanzamt wandte dagegen in den Veranlagungsjahren 2014 und 2015 wiederum den gesonderten Steuertarif an. Dies wurde damit begründet, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Antragstellung auch in jedem Folgejahr zu erfüllen seien. Dies sei in den Streitjahren mangels tatsächlicher Tätigkeit zugunsten der Gesellschaft im Streitfall nicht erfüllt.

Die Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des FG werden die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung des Optionsrechts zur tariflichen Besteuerung auch für die dem Antragsjahr folgenden 4 Veranlagungsjahre fingiert.

Entscheidung

Der BFH hat sich der Auffassung des FG angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger hat für den VZ 2013 das Wahlrecht gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 und Satz 4 EStG wirksam ausgeübt. Er war mindestens zu 1 % an der X-GmbH unmittelbar beteiligt (hier: 12,5 %) und er hatte für diese in 2013 eine berufliche Tätigkeit ausgeübt.

Der BFH betonte für die bis 2016 geltende Rechtslage nochmals, dass keine quantitative bzw. qualitative Vorgabe für die berufliche Tätigkeit vorliegen müsse.

Der wirksame Antrag im Erstjahr bewirkt auch eine Anwendbarkeit der Optionsregelung in den folgenden 4 Veranlagungsjahren, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.

Der Verzicht auf die Notwendigkeit des Beleges der Antragsvoraussetzungen bedeute für die Finanzverwaltung aber nicht, dass in den Folgejahren die Antragsvoraussetzungen zu unterstellen seien. Fielen die Antragsvoraussetzungen, z. B. infolge fehlender beruflicher Tätigkeit zu Gunsten der Gesellschaft innerhalb der Folgejahre weg, entfalle auch die Optionsmöglichkeit. Die Nachweiserleichterung ersetze nicht die Tatbestandsvoraussetzungen.

Der BFH hat sich dieser einschränkenden Auffassung der Finanzverwaltung nicht angeschlossen. Sind im Erstjahr die Antragsvoraussetzungen erfüllt, sind diese – unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen – auch in den folgenden 4 Veranlagungszeiträumen zu unterstellen. Bezug genommen wird auch auf die Gesetzesmaterialien zum JStG 2008. Danach gilt der Antrag grundsätzlich als für 5 Veranlagungszeiträume gestellt. Dabei wird fingiert, dass die Voraussetzungen für eine Option während dieses gesamten Zeitraums erfüllt sind. Erst nach Ablauf von 5 Veranlagungszeiträumen sind ein erneuter Antrag und eine Darlegung der Antragsvoraussetzungen erforderlich. Diese Regelung dient der Verfahrensvereinfachung sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung.

 

 

Lohn und Gehalt

  1. Werkstudenten: Beschäftigung zwischen Bachelor und Master

 Nach den Regelungen des Werkstudentenprivilegs sind unter bestimmten Voraussetzungen nur Beiträge zur Rentenversicherung zu bezahlen. Allerdings gilt dieses Privileg nicht im Zeitraum zwischen dem Bachelor- und Masterstudiengang.

Bachelor- und Masterstudiengang gehen in der Regel nicht nahtlos ineinander über. Vielmehr endet der Bachelorstudiengang mit Ablauf des Monats, in dem der Studierende vom Gesamtergebnis der Prüfungsleistung offiziell schriftlich unterrichtet worden ist. Der Masterstudiengang beginnt frühestens mit dem nächsten Semester. Für die Zeit dazwischen gelten die üblichen sozialversicherungsrechtlichen Regelungen für Beschäftigungen.

Beschäftigungsumfang bei demselben Arbeitgeber bleibt unverändert

Arbeitgeber, die eine Person als Werkstudent bis zu 20 Wochenstunden beschäftigen und dies über das Ende des Bachelorstudiengangs hinaus weiterhin unverändert tun möchten, müssen den Status des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin wechseln. Diese sind nach Ablauf des Monats, in dem das Bachelorstudium endet, als voll sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmende zu behandeln. Hierbei wird unterstellt, dass die Voraussetzungen für eine geringfügige Beschäftigung nicht vorliegen. Bei unveränderter Beschäftigung kann mit Beginn des 1. Semesters des Masterstudiengangs wieder eine Ummeldung als Werkstudent erfolgen.

Arbeitsentgelt bei demselben Arbeitgeber wird auf 538 EUR angepasst

Arbeitgeber, die die Werkstudenten-Beschäftigung nach Beendigung des Bachelorstudiengangs auf eine geringfügig entlohnte Beschäftigung umstellen möchten, müssen das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt vorausschauend ermitteln. Zu diesem Zweck sind alle laufenden und einmalig gezahlten Arbeitsentgelte zu berücksichtigen, die mit hinreichender Sicherheit ab Beginn des Kalendermonats, der auf den Monat der Beendigung des Bachelorstudiengangs folgt, für die nächsten 12 Monate zu erwarten sind.

Liegt dieser Wert bei max. 6.456 EUR, was einem Arbeitsentgelt von 538 EUR pro Monat entspricht, kann die Beschäftigung geringfügig entlohnt gemeldet werden.

Arbeitsentgelt bei demselben Arbeitgeber übersteigt Geringfügigkeitsgrenze

Arbeitgeber, die planen, Arbeitnehmende ab Beginn des Masterstudiengangs wieder als Werkstudent zu beschäftigen und ihnen demzufolge auch wieder ein höheres Arbeitsentgelt zu zahlen, müssten dies im Rahmen der vorausschauenden Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts berücksichtigen. Danach würde sich in der Regel ein jährlich zu erwartendes Arbeitsentgelt von mehr als 6.456 EUR ergeben, was die Annahme einer geringfügig entlohnten Beschäftigung ausschließt.

Übergang in einen kurzfristigen Minijob bei demselben Arbeitgeber ist unzulässig

Sofern im unmittelbaren Anschluss an eine Beschäftigung als Werkstudent eine befristete Beschäftigung im Rahmen der Zeitgrenzen für einen kurzfristigen Minijob erfolgen soll, ist dies aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht unzulässig. In diesem Fall wird von der widerlegbaren Vermutung ausgegangen, dass es sich um die Fortsetzung der bisherigen (Dauer-)Beschäftigung handelt. Dies gilt umso mehr, wenn sich an die befristete Beschäftigung wiederum unmittelbar (mit Beginn des Masterstudiums) eine (für sich betrachtet) rentenversicherungspflichtige Beschäftigung als Werkstudent anschließt.

 Kurzfristiger Minijob zwischen Bachelor und Master ohne vorherige Beschäftigung als Werkstudent

Arbeitgeber, die Arbeitnehmende zwischen dem Bachelor- und Masterstudiengang zur Aushilfe beschäftigen, können dies im Rahmen der Zeitgrenzen für einen kurzfristigen Minijob tun. Hierbei wird unterstellt, dass unmittelbar zuvor keine Beschäftigung als Werkstudent bei diesem Arbeitgeber bestand. Da die Arbeitnehmenden beabsichtigen, zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Masterstudiengang aufzunehmen, sind sie im Status der Person auch nicht berufsmäßig beschäftigt. Allerdings sind anrechenbare Vorbeschäftigungszeiten ab Beginn des laufenden Kalenderjahres sowohl für die Prüfung der Zeitgrenzen für einen kurzfristigen Minijob als auch für die Prüfung der Berufsmäßigkeit aufgrund des Erwerbsverhaltens zu berücksichtigen.

 

  1. Keine Leiharbeit, kein Anspruch auf Leiharbeitnehmergehalt

 Eine Arbeitnehmerin hat keinen Anspruch auf ein höheres Gehalt, das vergleichbaren Leiharbeitnehmenden gezahlt wird. Der Gleichstellungsgrundsatz schütze Leiharbeitnehmende vor einer Schlechterstellung, nicht aber Stammarbeitnehmende.

Hintergrund

Die Arbeitnehmerin war seit Januar 2013 als Callcenteragentin in einem Servicecenter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kein Tarifvertrag Anwendung. Der Arbeitgeber ist ein konzernabhängiges Unternehmen mit bundesweit rund 2.500 Mitarbeitenden an 21 Standorten. Mit etwa 900 Mitarbeitenden hat das Unternehmen selbst einen Arbeitsvertrag geschlossen. Darüber hinaus setzt das Unternehmen Leiharbeitnehmende ein – von diesen sind mehr als 1.500 Konzernangehörige, rund 70 stammen aus konzernfremden Unternehmen.

Die Arbeitnehmerin arbeitet an einem Standort mit 45 Beschäftigten. Sie selbst und eine weitere Mitarbeiterin sind aufgrund eines Arbeitsvertrags mit dem Unternehmen selbst beschäftigt, während die Teamleiterin und unmittelbare Vorgesetzte sowie die weiteren Beschäftigten von einem (konzernangehörigen) Unternehmen entliehen sind. Weitere Vorgesetzte sind aufgrund der besonderen Konstellation nach der Postpersonalreform verbeamtet und dem Arbeitgeber zugewiesen.

Die entliehenen Callcenteragenten erhalten eine deutlich bessere Vergütung als die Arbeitnehmerin. Mit ihrer Klage machte die Arbeitnehmerin geltend, dass sie ebenfalls als Leiharbeitnehmerin beschäftigt werde. Sie verlangte gerichtlich Auskunft über die für vergleichbare (Leih-)Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts. Ziel war es, Ansprüche auf gleiches Gehalt wie das der Leiharbeitnehmenden geltend zu machen.

Als Begründung für das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung brachte sie vor, dass nicht der Arbeitgeber den Betrieb führe, sondern das (konzernangehörige) Unternehmen, das – abgesehen von den Führungskräften – auch den größten Teil der Callcenteragenten stelle. Die Leitung der Betriebsstätte liege ausschließlich in ihren Händen, argumentierte sie.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern war anderer Meinung. Es entschied, dass die Arbeitnehmerin nicht als Leiharbeitnehmerin tätig ist. Vielmehr sei sie als Stammarbeitnehmerin im Betrieb des Arbeitgebers eingebunden. In seinem Urteil stellte das Gericht fest, dass ein Arbeitnehmer nicht deshalb zu einem Leiharbeitnehmer wird, nur weil seine direkten Vorgesetzten und die Mehrzahl der Mitarbeitenden im Betrieb – so wie im vorliegenden Fall – als Leiharbeitnehmer aus einem anderen (konzernangehörigen) Unternehmen oder als zugewiesene Beamte beschäftigt sind. Die Arbeitnehmerin unterliege vorliegend nicht den Weisungen eines Dritten. Ihre Vorgesetzten stünden zwar nicht in einem Arbeits- oder Beamtenverhältnis zum Arbeitgeber, verfolgten jedoch mit ihrer Tätigkeit dessen Betriebszwecke, indem sie den Betrieb des Servicecenters organisierten und damit zum wirtschaftlichen Ergebnis des Arbeitgebers beitragen würden.

Die Arbeitnehmerin habe auch keinen Anspruch auf Gewährung der Arbeitsbedingungen oder auf das Entgelt der besser vergüteten Leiharbeitnehmenden. Ein Verleiher dürfe seine verliehenen Arbeitnehmenden besser vergüten als ein Entleiher seine Stammarbeitnehmenden.

Der Gleichstellungsgrundsatz schütze Leiharbeitnehmende vor einer Schlechterstellung gegenüber einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer oder einer Stammarbeitnehmerin. Er gewährleiste jedoch keinen Schutz der Stammarbeitnehmern und -arbeitnehmerinnen.

 

Private Immobilienbesitzer

  1. EuGH: Vereinbarkeit von Vorfälligkeitsentschädigung mit EU-Recht

 Die Praxis von Banken, im Falle der vorzeitigen Kündigung eines Immobiliendarlehens vom Kunden eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen, ist nach einer Entscheidung des EuGH mit EU-Recht vereinbar. Hinsichtlich der möglichen Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung hat der EuGH den Banken allerdings Grenzen gezogen.

Hintergrund

2 Bankkunden hatten ihre Bank auf Rückzahlung einer von der Bank berechneten Vorfälligkeitsentschädigung verklagt. Die beiden Kunden hatten im Jahr 2019 eine Eigentumswohnung gekauft und hierfür von der Bank einen Kredit i. H. v. 236.000 EUR erhalten. Im Kreditvertrag wurde eine Zinsbindung von 10 Jahren vereinbart.

Bereits 1 Jahr nach Vertragsabschluss verkauften die beiden Bankkunden die Eigentumswohnung und zahlten den Kredit vorzeitig zurück. Die von der Bank berechnete Entschädigung für die vorzeitige Ablösung des Kredits zahlten sie zunächst, forderten dann aber von der Bank die Rückzahlung und machten ihren Anspruch gerichtlich geltend. Die Kläger argumentierten, dass die Bank eine Entschädigung für den entgangenen Zinsgewinn nicht verlangen dürfe. Sie erkannten lediglich einen Anspruch der Bank auf Erstattung der dem Kreditinstitut durch die vorzeitige Ablösung entstandenen tatsächlichen Kosten an.

Das mit der Sache befasste LG hatte Zweifel, ob die gesetzliche Regelung der Vorfälligkeitsentschädigung in Deutschland mit den Richtlinien der EU über Verbraucherkredite und über Wohnimmobilienkredite vereinbar ist und legte die damit verbundenen Fragen dem EuGH zur Beantwortung vor. Im Vordergrund stand dabei die Frage, ob eine Bank die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung nach dem ihr entgangen Zinsgewinn bemessen darf.

Entscheidung

Der EuGH hat die in Deutschland übliche Berechnungsmethode der Banken, die sog. Aktiv-Passivmethode, für rechtens erklärt. Nach dieser Methode errechnet die Bank zunächst die Höhe des ihr insgesamt entgangenen Gewinns. In einem 2. Berechnungsschritt korrigiert die Bank den so errechneten Betrag unter Berücksichtigung der von ihr am Kapitalmarkt durch Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehenssumme erzielbaren Erträge.

Der EuGH hat diese Berechnungsmethode unter 3 Voraussetzungen gebilligt:

  1. Es muss sichergestellt werden, dass die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung nicht zu einer Überkompensation des finanziellen Verlustes der Bank führt.
  2. Außerdem darf im Fall der Erhebung einer Vorfälligkeitsentschädigung gegenüber dem Verbraucher keine zusätzliche Vertragsstrafe verhängt werden und
  3. die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung muss insgesamt angemessen sein.

Die konkrete Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, obliegt nach der Entscheidung des EuGH den nationalen Gerichten.

 

  1. Nicht erfolgte Mülltrennung: Darf dem Mieter deshalb gekündigt werden?

 Darf der Vermieter seinem Mieter wegen nicht erfolgter Mülltrennung kündigen? Ja, aber nur wenn der Verstoß gegen die Mülltrennungspflicht erheblich ist und beträchtliche negative Auswirkungen auf die Mietsache hat. Die falsche Trennung geringer Müllmengen rechtfertigen also keine Kündigung.

Hintergrund

Ein Mieter wohnte in einem Mehrfamilienwohnhaus. Laut Mietvertrag war er zur Trennung seines Mülls verpflichtet. Dies ergab sich aus der folgenden Regelung: „Es gilt eine Pflicht zur Mülltrennung durch den gelben Sack, sowie Altglas- und Papier-Container. Diese ist einzuhalten.“

Im Folgenden mahnte der Vermieter seinen Mieter ab. Er warf ihm insbesondere vor, dass er seit einigen Monaten seine PET-Flaschen, Plastikverpackungen und Glas illegal im Hausmüll entsorgt hat. Schließlich sprach der Vermieter die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung aus. Obwohl der Mieter einen Verstoß gegen die Mülltrennungspflicht bestritt, erhob der Vermieter gegen ihn Räumungsklage. Dabei legte er dem Gericht einige Fotos vor. Diese sollten belegen, dass der Mieter Plastik, Glas und Papier im Hausmüll entsorgt hat.

Entscheidung

Das Amtsgericht wies die Klage des Vermieters ab. Es begründete das damit, dass er weder die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung noch für eine ordentliche Kündigung nach hinreichend dargelegt hat.

Hierzu hätte der Vermieter zunächst einmal erläutern müssen, woraus sich ergibt, dass der Mieter den angeblich im Hausmüll vorgefundene Plastik, Glas und Papier vom Mieter eingeworfen hat. Das hatte er jedoch laut Gericht jedoch nicht getan. Lediglich auf einem Foto war ein Zettel im Hausmüll zu erkennen, auf dem der Namen des Mieters stand. Unklar sei hingegen, von welchem Mieter der übrige falsch eingeworfene Müll stammt.

Selbst wenn der nicht ordnungsgemäß getrennte Müll vom Mieter stammt, so ist dies kein hinreichender Grund für eine ordentliche, geschweige denn eine fristlose Kündigung.

Dies ergibt sich daraus, dass auf den Fotos lediglich zu erkennen war, dass eine geringe Müllmenge falsch getrennt worden war.

Hierzu führte das Gericht aus, dass einzelne bedruckte Zettel wie Fahrkarten und leere Klopapierrollen im Hausmüll entsorgt werden dürfen, ohne dass der Mieter gegen das Gebot der Mülltrennung verstößt.

Darüber hinaus müsste der Verstoß gegen die Mülltrennung mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die Mietsache, andere Mieter oder den Vermieter verbunden sein. Diese waren jedoch hier nicht der Fall. Denn der Vermieter hatte nicht dargelegt, dass aufgrund der fehlenden Mülltrennung nicht mehr ausreichend Platz im Hausmüll für die übrigen Mieter vorhanden war, die Abholung des Mülls verweigert oder dem Vermieter ein Bußgeld auferlegt worden war.

Abschließend führt das Gericht aus, dass eine Kündigung wegen fehlenden Mülltrennung dann in Betracht kommt, wenn es sich um umfangreichere Verstöße in einem längeren Zeitraum handelt, der Müll wiederholt nicht abgeholt wird, gegen den Vermieter ein Bußgeld verhängt wird oder sich andere erhebliche Auswirkungen auf das Mietobjekt, den Mieter oder den Vermieter ergeben. Dies hat vorliegend das AG verneint.

 

  1. Nießbrauchsrecht: Wie ist ein entgeltlicher Verzicht steuerlich zu werten?

 Der entgeltliche Verzicht auf ein Nießbrauchrecht stellt kein privates Veräußerungsgeschäft, sondern vielmehr einen veräußerungsähnlichen Vorgang dar, der nicht unter § 23 EStG fällt.

Hintergrund

Das Finanzamt hat den Gewinn aus dem entgeltlichen Verzicht der Klägerin auf das Nießbrauchrecht als Gewinn nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 behandelt, da der Verzicht innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist erfolgt ist.

Die Klägerin ist jedoch der Auffassung, dass weder ein Anschaffungsvorgang noch ein Veräußerungsvorgang i. S. d. § 23 EStG vorliegt. Es habe ein nicht steuerbarer Vermögensaustausch stattgefunden, sodass keine Einkünfte aus 23 EStG erzielt worden seien. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trägt die Klägerin mit ihrer Klage zusätzlich vor, dass auf die Annahme des Vermächtnisses im Jahr 2008 abzustellen sei, sodass der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG nicht eröffnet sei.

Entscheidung

Das FG gibt der Klägerin Recht und vertritt die Auffassung, dass das Nießbrauchrecht durch den entgeltlichen Verzicht im Jahr 2019 nicht i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG veräußert wurde.

Der Verzicht auf das Wirtschaftsgut „Nießbrauchrecht“ stelle keine Veräußerung, sondern einen veräußerungsähnlichen Vorgang dar, da der für die Annahme einer Veräußerung erforderliche Rechtsträgerwechsel nicht erfolgt sei. Solche veräußerungsähnlichen Vorgänge würden von § 23 EStG nicht erfasst.

In der zu § 22 Nr. 3 EStG ergangenen Rechtsprechung differenziere der BFH zwischen Veräußerungsvorgängen und veräußerungsähnlichen Vorgängen im privaten Bereich. Lediglich im Zusammenhang mit Veräußerungsvorgängen werde § 23 EStG genannt. In Bezug auf veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich bleibe § 23 EStG explizit unerwähnt. Eine über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung des § 23 EStG sei nicht geboten, sodass § 23 EStG nicht auf den veräußerungsähnlichen Vorgang des Verzichts auf einen Nießbrauch nicht anzuwenden sei.

 

  1. Schönheitsreparaturen: Wer trägt die Beweislast für den Renovierungszustand?

 Hält ein Mieter eine Schönheitsreparaturklausel für unwirksam, weil ihm die Wohnung unrenoviert überlassen worden sei, obliegt ihm der Beweis über den Renovierungszustand bei Übergabe.

Hintergrund

Die Vermieterin und die Mieterin einer Wohnung stritten über Schönheitsreparaturen.

Der Formularmietvertrag aus dem Jahr 2008 sieht eine Pflicht der Mieterin zur Ausführung der Schönheitsreparaturen nach Ablauf bestimmter, vom Beginn der Nutzungszeit an berechneter flexibler Fristen vor. Die Fristen sollten sich entsprechend dem Zustand der Wohnung und dem Grad der Abnutzung verlängern oder verkürzen können. Ob der Mieterin die Wohnung zu Beginn des Mietverhältnisses renoviert übergeben worden war, blieb vor Gericht offen.

Die Mieterin hält die Klausel über die Übertragung der Schönheitsreparaturen für unwirksam und hat von der Vermieterin verlangt, die Wohnung zu renovieren. Nachdem die Vermieterin dies abgelehnt hat, klagte die Mieterin auf einen Kostenvorschuss von 26.200 EUR für eine Renovierung.

Die Parteien schlossen vor Gericht schließlich einen Vergleich. Wer die Kosten des Rechtsstreits tragen muss, sollte das Gericht entscheiden. Während das Amtsgericht die Kosten der Vermieterin auferlegt hatte, sah das Landgericht die Kostenlast bei der Mieterin.

Entscheidung

Der BGH teilt die Sichtweise des Landgerichts. Die Mieterin muss die Kosten tragen, denn sie hätte den Prozess voraussichtlich verloren. Die Vermieterin war nicht zu Schönheitsreparaturen verpflichtet, denn diese Pflicht war durch den Mietvertrag wirksam auf die Mieterin übertragen.

Die Renovierungsklausel enthielt flexible Fristen und orientierte sich am Grad der Abnutzung, sodass insoweit keine Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit bestanden.

Nach neuerer Rechtsprechung des BGH ist eine Schönheitsreparaturklausel aber unwirksam, wenn die Wohnung dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen worden ist und der Mieter hierfür keinen angemessenen Ausgleich erhält.

Dabei obliegt es dem Mieter zu beweisen, dass die Wohnung bereits bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig war.

Die Mieterin meinte dagegen, nach dem gesetzlichen Leitbild sei der Vermieter zu Schönheitsreparaturen verpflichtet; es sei daher dessen Aufgabe, die Unwirksamkeit einer hiervon abweichenden Klausel zu entkräften. Der BGH folgte dem nicht, sondern stellte darauf ab, dass Vornahmeklauseln, die die Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen, seit Jahrzehnten zulässig sind. Daher obliege es nach den allgemeinen Regeln dem Mieter, den für ihn günstigen Umstand „unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebene Wohnung“ zu beweisen. Diesen Beweis konnte die Mieterin nicht führen, was zu ihren Lasten ging.

 

  1. Staffelmiete durch Mietpreisbindung nicht ausgeschlossen

 Eine Staffelmiete kann auch für die Dauer einer Mietpreisbindung vereinbart werden. Die Vereinbarung kann bereits Mietstaffeln für die Zeit nach Ablauf der Preisbindung enthalten.

Hintergrund

Die Mieterin einer Wohnung verlangt vom Vermieter die Rückzahlung von Miete. Das Mietverhältnis besteht seit Oktober 2018. Die Wohnung unterlag aufgrund öffentlicher Förderung bis Dezember 2020 einer Preisbindung. Hierauf wird im Mietvertrag hingewiesen.

Unter der Überschrift „Staffelmiete“ ist im Mietvertrag vereinbart, dass die monatliche Grundmiete zunächst 500 EUR beträgt und sich zum 1.1.2021 auf 968 EUR und zum 1.1.2022 auf 1.012 EUR erhöht.

Ab Januar 2021 zahlte die Mieterin unter dem Vorbehalt der Rückforderung monatlich 968 EUR. Sie fordert nun für mehrere Monate den Erhöhungsbetrag von jeweils 468 EUR zurück und begehrt für die Zukunft die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet ist, eine höhere Miete als 500 EUR zu zahlen.

Die Mieterin meint, die Staffelmietvereinbarung sei insgesamt unwirksam, weil sie eine erste Staffel bereits für den Zeitraum der Preisbindung vorsehe. Außerdem sei es unzulässig gewesen, noch während der Preisbindung eine Vereinbarung über die Miethöhe nach Ablauf der Preisbindung zu treffen. Vor Amts- und Landgericht hatte die Klage keinen Erfolg.

Entscheidung

Der BGH teilt die Meinung der Vorinstanzen. Die Vereinbarung über die Staffelmiete ist wirksam, sodass die Mieterin die erhöhte Miete schuldet.

Die Vereinbarung einer Staffelmiete ist grundsätzlich auch für Zeiträume zulässig, während denen eine Preisbindung besteht. Im Anwendungsbereich des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) dürfen die Mietstaffeln lediglich die in der Förderzusage bestimmte Miethöhe nicht übersteigen. Bei sonstigen preisgebundenen Wohnungen, die nicht unter das WoFG fallen, darf die höchste der Mietstaffeln die im Zeitpunkt der Abrede maßgebliche Kostenmiete nicht übersteigen.

Die Staffelmietvereinbarung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie bereits während des Zeitraums, in dem die Wohnung noch der Preisbindung unterlag, getroffen wurde und auch Mietstaffeln für den Zeitraum nach deren Ablauf vorsieht, die die zum Zeitpunkt der Vereinbarung infolge der Preisbindung geltenden Höchstgrenzen überschreiten. Würde man Vermieter darauf verweisen, eine solche Vereinbarung erst nach Ablauf der Mietpreisbindung zu treffen, bestünde die Preisbindung tatsächlich noch eine gewisse Zeit über den Ablauf hinaus fort. Zudem kann sich eine im Voraus vereinbarte Staffelmiete auch für den Mieter als günstig erweisen, wenn die Preise am Wohnungsmarkt schneller steigen, als es die vereinbarten Mietstaffeln vorsehen.

Auch dass sich aus der Vereinbarung einer Staffelmiete für die Zeit nach Ablauf der Preisbindung erhebliche Mietsteigerungen ergeben können, macht solche Vereinbarungen nicht unzulässig. Indem der Gesetzgeber die Vereinbarung einer Staffelmiete unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen hat, hat er zugunsten der Planungssicherheit für beide Mietparteien Mietsteigerungen erlaubt, die der Kappungsgrenze nicht unterliegen. Die Steigerungen sind lediglich im Fall des Mietwuchers oder der ordnungswidrigen Mietpreisüberhöhung nichtig. Zudem können die Mietstaffeln an der Mietpreisbremse zu messen sein.

Im vorliegenden Fall waren die vereinbarten Mietstaffeln weder unter dem Gesichtspunkt des Mietwuchers überhöht noch verstießen sie gegen die Mietpreisbremse.

 

 

Sonstige Steuern

  1. Zweitwohnungsteuer und doppelte Haushaltsführung

 Die Zweitwohnungsteuer ist Aufwand für die Nutzung der Unterkunft und unterfällt daher bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung der Abzugsbeschränkung.

Hintergrund

Die Klägerin hat ihren Haupthausstand und Lebensmittelpunkt in K. In den Streitjahren 2018 und 2019 erzielte sie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in München, wo sie seit dem Jahr 2012 eine Wohnung angemietet hat.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2018 machte die Klägerin bei den Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit Aufwendungen für die Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte i. H. v. 12.480 EUR sowie eine Zweitwohnungsteuer der Landeshauptstadt München i. H. v. 896 EUR bei den sonstigen Aufwendungen für ihre doppelte Haushaltsführung geltend. In der Einkommensteuererklärung für 2019 begehrte sie neben den Kosten für die Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte i. H. v. 15.880 EUR die Berücksichtigung gezahlter Zweitwohnungsteuer i. H. v. 1.157 EUR.

Das Finanzamt erkannte für die Streitjahre die Kosten der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte in München jeweils mit dem gesetzlichen Höchstbetrag von 12.000 EUR an. Die Zweitwohnungsteuer bei den sonstigen Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigte das Finanzamt nicht.

Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das FG statt.

Entscheidung

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Er hat entschieden, dass das FG zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die von der Klägerin in den Streitjahren gezahlte Zweitwohnungsteuer nicht zu den nur beschränkt abzugsfähigen Unterkunftskosten zählt.

Im Streitfall sind die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung unstreitig erfüllt.

Zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft, die (nur) mit dem Höchstbetrag von 1.000 EUR pro Monat abgezogen werden können, zählen alle Aufwendungen, die der Steuerpflichtige getragen hat, um die Unterkunft zu nutzen, soweit sie ihr einzeln zugeordnet werden können. Hat der Steuerpflichtige eine Wohnung angemietet, gehört zu diesen Aufwendungen zunächst die Bruttokaltmiete; bei einer Eigentumswohnung die AfA auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die Zinsen für Fremdkapital, soweit sie auf den Zeitraum der Nutzung entfallen. Aber auch die (warmen und kalten) Betriebskosten einschließlich der Stromkosten gehören zu diesen Unterkunftskosten, da sie durch den Gebrauch der Unterkunft oder durch das ihre Nutzung ermöglichende Eigentum des Steuerpflichtigen an der Unterkunft entstehen.

Dagegen gehören die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände einschließlich AfA nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft. Diese Aufwendungen trägt der Steuerpflichtige für die Anschaffung bestimmter Wirtschaftsgüter oder sie dienen, wie die AfA, der Verteilung der Anschaffungskosten auf die Nutzungsdauer der entsprechenden Wirtschaftsgüter. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter in der Unterkunft nutzt. Die Nutzung der Einrichtungsgegenstände und der Haushaltsartikel ist nicht mit der Nutzung der Unterkunft als solcher gleichzusetzen.

Nach diesen Maßstäben hat das FG die Zweitwohnungsteuer zu Unrecht als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung angesehen und sie ohne Beschränkung in voller Höhe zum Abzug zugelassen. Bei der Zweitwohnungsteuer handelt es sich vielmehr um Unterkunftskosten. Denn die Zweitwohnungsteuer stellt einen tatsächlichen Aufwand für die Nutzung der Unterkunft dar.

Das Entstehen der Zweitwohnungsteuer knüpft im Streitfall maßgeblich an das Innehaben einer weiteren Wohnung in München neben der Hauptwohnung und damit an die damit regelmäßig einhergehende Nutzung dieser Wohnung an. Die Steuer findet als örtliche Aufwandsteuer ihre Rechtfertigung darin, dass das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ein Zustand ist, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln (Einkommen) erfordert und damit regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers zum Ausdruck bringt.

Zudem berechnet sich die Zweitwohnungsteuer nach dem jährlichen Mietaufwand. Dies ist die Nettokaltmiete, die der Steuerpflichtige für die Benutzung der Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerpflicht für ein Jahr zu entrichten hätte (Jahresnettokaltmiete). Für Wohnungen, die im Eigentum des Steuerpflichtigen stehen oder die dem Steuerpflichtigen unentgeltlich oder zu einem Entgelt unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen sind, ist die Nettokaltmiete in Höhe der ortsüblichen Höhe anzusetzen. Die Zweitwohnungsteuer stellt somit eine unmittelbar mit dem tatsächlichen Mietaufwand für die Zweitwohnung verbundene zusätzliche finanzielle Belastung für das Innehaben der Zweitwohnung dar.

 

 

Steuerrecht Arbeitnehmer

  1. Feststellung der Höhe des Verlustrücktrag

 Die Frage, ob ein Altersentlastungsbetrag verlusterhöhend wirkt, ist grundsätzlich im Rahmen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zu entscheiden. Dies gilt jedoch nicht, wenn in Höhe des geltend gemachten Verlustes ein Verlustrücktrag begehrt wird. Über Grund und Höhe des Verlustrücktrags ist ausschließlich im Rahmen der Steuerfestsetzung des Rücktragsjahres zu entscheiden.

Hintergrund

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2017 neben positiven Einkünften Veräußerungsverluste nach § 17 EStG. Mit Bescheid vom 9.7.2019 setzte das Finanzamt gegenüber dem Kläger zunächst die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung der erklärten Veräußerungsverluste fest. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Einspruch und Untätigkeitsklage.

Während des Einspruchs- und Klageverfahrens änderte das Finanzamt mehrfach die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr, zuletzt mit Bescheid vom 10.3.2021. Darin setzte es Einkommensteuer unter antragsgemäßer Berücksichtigung des Veräußerungsverlusts mit 0 EUR fest. Es errechnete die Summe der Einkünfte mit ./. 25.194 EUR und den Gesamtbetrag der Einkünfte unter Abzug des Altersentlastungsbetrags von 1.824 EUR mit ./. 27.018 EUR.

Ebenfalls während des Klageverfahrens erging am 10.3.2021 ein Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2017. Darin stellte das Finanzamt erstmals einen verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG i. H. v. 194 EUR fest. Hierbei berücksichtigte es verbleibende negative Einkünfte i. H. v. 25.194 EUR und einen Verlustrücktrag nach 2016 i. H. v. 25.000 EUR. Den Altersentlastungsbetrag bezog es nicht mit ein.

Am 22.3.2021 teilte der Kläger dem FG mit, dass er gegen den Verlustfeststellungsbescheid Einspruch eingelegt habe, der Bescheid aber gleichwohl Gegenstand des Klageverfahrens sei.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens erklärten der Kläger und das Finanzamt übereinstimmend den Rechtsstreit hinsichtlich der Einkommensteuer für 2017 in der Hauptsache für erledigt. Der Kläger wandte sich nunmehr im Rahmen des Klageverfahrens gegen die Außerachtlassung des Altersentlastungsbetrags im Feststellungsbescheid vom 10.3.2021. Der Verlust sei unter Berücksichtigung des Altersentlastungsbetrags i. H. v. 27.078 EUR nach 2016 zurückzutragen und der verbleibende Verlustvortrag mit 0 EUR festzustellen.

Das FG hat der Klage stattgegeben und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12.2017 dahingehend geändert, dass die verbleibenden negativen Einkünfte zum 31.12.2017 ./. 27.078 EUR und der Verlustrücktrag nach 2016 ./. 27.078 EUR betragen. Den verbleibenden Verlustvortrag stellte es antragsgemäß auf 0 EUR fest.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass die Revision des Finanzamts mit der Maßgabe begründet ist, dass die Klage unzulässig ist. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage, weil die erforderliche Beschwer des Klägers fehlt.

Der Kläger wandte sich im Rahmen der Klage nach Erledigung der Hauptsache wegen Einkommensteuer 2017 nur noch gegen den während des Klageverfahrens am 10.3.2021 ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2017 und begehrte die Herabsetzung des festgestellten verbleibenden Verlustvortrags i. H. v. 194 EUR auf 0 EUR.

Das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen hat der BFH als Revisionsgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen

Es kann hier dahinstehen, ob der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags überhaupt Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist und ob jener Bescheid den zuvor angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2017 i. S. v. § 68 Satz 1 FGO ersetzt hat. Gleiches gilt für die Frage, ob eine Klageänderung nach § 67 FGO in Betracht kommt.

Selbst wenn der Verlustfeststellungsbescheid Gegenstand des Klageverfahrens geworden wäre oder die Voraussetzungen einer Klageänderung vorgelegen hätten, fehlt jedenfalls die für die Erhebung einer Anfechtungsklage nach § 40 Abs. 2 FGO erforderliche Beschwer des Klägers.

Der Kläger begehrt die verlusterhöhende Berücksichtigung des im Einkommensteuerbescheid 2017 der Höhe nach bindend ermittelten Altersentlastungsbetrags nach § 24a EStG. Hierüber ist grundsätzlich im Verlustfeststellungsbescheid zu befinden. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn in Höhe des geltend gemachten Verlustes ein Verlustrücktrag begehrt wird.

Dem angefochtenen Verlustfeststellungsbescheid oder den diesem zugrunde liegenden Feststellungsgrundlagen kommt keine Bindungswirkung für die Höhe des Verlustrücktrags zu. Über Grund und Höhe des Verlustrücktrags wird ausschließlich im Rahmen der Veranlagung des Rücktragsjahres und nicht in dem Einkommensteuerbescheid oder in dem Verlustfeststellungsbescheid des Verlustentstehungsjahres entschieden. Kommt es zu einem vollständigen Ausgleich oder Rücktrag des Verlustes, entfällt der Verlustvortrag ebenso wie die diesbezügliche Verlustfeststellung.

Vor dem Hintergrund vorstehender Erwägungen war die Klage gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2017 als unzulässig abzuweisen.

 

  1. Rechtsanwaltskosten für ein Wehrdisziplinarverfahren abziehbar

 Rechtsverfolgungskosten eines Berufssoldaten für ein gegen ihn geführtes Wehrdisziplinarverfahren sind als Werbungskosten abzugsfähig.

Hintergrund

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2018 als Berufssoldat der Bundeswehr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts C (AG) wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten schuldig gesprochen und kostenpflichtig verwarnt. Ferner behielt sich das AG eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen vor.

Noch während des laufenden Strafverfahrens wurde gegen den Kläger ein gerichtliches Wehrdisziplinarverfahren eröffnet, welches neben dem im Strafverfahren behandelten Vorwurf zahlreiche weitere mutmaßliche Disziplinarvergehen – im Wesentlichen in Gestalt von Beiträgen auf seinem Social-Media-Account – zum Gegenstand hatte.

Für seine Vertretung in dem Disziplinarverfahren wandte der Kläger im Streitjahr Rechtsanwaltskosten i. H. v. 1.785 EUR auf, deren Abzug er als außergewöhnliche Belastungen in seiner Einkommensteuererklärung beantragte. Zum Nachweis legte er u. a. ein Schreiben seines Prozessvertreters vor, nach welchem im Wehrdisziplinarverfahren die Entfernung aus dem Dienstverhältnis im Raum stehe.

Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastungen.

Das FG gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage statt und erkannte die dem Kläger entstandenen Rechtsanwaltskosten in voller Höhe als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit an.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass das FG hat die Rechtsanwaltskosten des Klägers für seine Vertretung im Wehrdisziplinarverfahren zu Recht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt hat.

Kosten der Rechtsverfolgung (Beratungs-, Vertretungs- und Prozesskosten) teilen grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren. Ist Gegenstand des Rechtsstreits ein Vorgang der Privatsphäre (z. B. das Bestehen eines Erbrechts), so sind die Kosten der Rechtsverfolgung nicht abzugsfähig. Der Abzug von durch einen Strafprozess verursachten Rechtsverfolgungskosten als Werbungskosten setzt voraus, dass die dem Arbeitnehmer vorgeworfene Tat in Ausübung und nicht nur gelegentlich der Berufstätigkeit begangen worden ist. Bei zivil- oder arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten besteht ein Zusammenhang zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Streitigkeit das Arbeitsverhältnis betrifft.

Die Beurteilung, ob Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung des FG. Diese ist für das Revisionsgericht bindend, wenn sie verfahrensrechtlich ordnungsgemäß durchgeführt wurde und nicht gegen Denkgesetze verstößt oder Erfahrungssätze verletzt.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Würdigung des FG, nach der die Rechtsanwaltskosten des Klägers für dessen Vertretung im Wehrdisziplinarverfahren durch dessen nichtselbständige Arbeit veranlasst sind, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang der Aufwendungen zu den Einkünften aus der Tätigkeit des Klägers als Berufssoldat ergibt sich schon daraus, dass Gegenstand des Verfahrens die Ahndung von Dienstvergehen durch Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ist, die sich auf das Dienstverhältnis und das berufliche Fortkommen auswirken.

Ein (behördliches wie gerichtliches) Wehrdisziplinarverfahren dient ausschließlich der Ahndung von Dienstvergehen durch Verhängung von Disziplinarmaßnahmen. Kosten eines Soldaten für seine Verteidigung in einem solchen Wehrdisziplinarverfahren haben mithin den Zweck, entweder schon die Feststellung eines Dienstvergehens zu verhindern und/oder jedenfalls die Verhängung einer, sich auf das berufliche Fortkommen/die Höhe der Bezüge auswirkenden Disziplinarmaßnahme ganz oder teilweise abzuwenden. Hieran ändert sich nichts, falls ein außerdienstliches Verhalten Anlass für das Wehrdisziplinarverfahren war. Denn ein solches Verhalten kann nur insoweit Gegenstand eines Wehrdisziplinarverfahrens sein, als sich aus ihm eine Verletzung der Dienstpflichten des Soldaten ergibt, insbesondere der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht.

Im Streitfall dienten die Aufwendungen im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Wehrdisziplinarverfahren unmittelbar der Erhaltung der Einnahmen aus dem Dienstverhältnis. Denn sämtliche in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren in Betracht kommenden Disziplinarmaßnahmen (Kürzung der Dienstbezüge, Beförderungsverbot, Herabsetzung in der Besoldungsgruppe, Dienstgradherabsetzung oder Entfernung aus dem Dienstverhältnis) hätten bei ihrer Verhängung die Einkünfte des Klägers aus seinem Dienstverhältnis gemindert. Zwar dürfen die Wehrdienstgerichte auch einfache Disziplinarmaßnahmen verhängen. Allerdings erfolgt eine Einleitung eines gerichtlichen Wehrdisziplinarverfahrens nur dann, falls zumindest auch die Verhängung einer gerichtlichen Disziplinarmaßnahme im Raum steht.

Die Vorinstanz hat auch zu Recht die zur Abzugsfähigkeit von Prozesskosten eines Strafverfahrens ergangene Rechtsprechung des BFH nicht auf Prozesskosten eines Wehrdisziplinarverfahrens übertragen. Denn die beiden Verfahren unterscheiden sich nach Rechtsgrund und Zweckbestimmung wesentlich voneinander. Ein Strafverfahren ist auf die Sanktion der Verletzung eines von der Rechtsordnung allgemein geschützten Rechtsguts gerichtet. Deshalb bemisst sich die Strafe in diesem Fall nach dem normativ festgelegten Wert des verletzten Rechtsguts und der Schuld des Täters. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen einem Strafverfahren und der beruflichen Tätigkeit besteht daher – wie bereits dargelegt – nur ausnahmsweise dann, falls dem Steuerpflichtigen eine Tat zur Last gelegt wird, die er in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen hat.

Dies ist bei einem Wehrdisziplinarverfahren anders, bei dem sich die Disziplinarmaßnahme auf den besonderen Rechts- und Pflichtenstatus der Angehörigen eines bestimmten Berufsstands bezieht. In diesem Verfahren wird ein – ggf. strafbewehrtes – Verhalten allein daraufhin überprüft, ob sich aus ihm eine ungerechtfertigte und schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten ergibt.

Entgegen der Auffassung des Finanzamts schließt ein strafbewehrter, subjektiver Handlungsvorwurf des Dienstherrn als Anlass für das Disziplinarverfahren einen Veranlassungszusammenhang der Rechtsverfolgungskosten zu der beruflichen Sphäre nicht aus, selbst wenn sich dieser Vorwurf als zutreffend erweisen sollte. Denn nach § 40 AO ist es für die Besteuerung grundsätzlich unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Strafwürdiges oder verbotswidriges Verhalten ist nicht ohne Weiteres zwingend der privaten Sphäre zuzurechnen, weil die Besteuerung sich grundsätzlich wertungsindifferent nur nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit richtet.

 

Steuerrecht Unternehmer

  1. Ausländische Künstler: Steuerabzug und Gewinnerzielungsabsicht

 Führen ausländische professionelle Musik- oder Theaterensembles im Inland u. a. Konzerte auf, die auf kommerziellen Erfolg ausgerichtet sind, kann die das Honorar schuldende Konzertdirektion im Rahmen des Steuerabzugs bei beschränkter Steuerpflicht nicht allein mit der Behauptung von Einbehalt und Abführung der Steuer absehen, dass es den Ensembles an der Gewinnerzielungsabsicht fehlt.

Hintergrund

Die Klägerin, eine GmbH österreichischen Rechts mit Sitz in der Republik Österreich, betrieb im Streitzeitraum 1996 bis 1999 eine Konzertdirektion. Im Rahmen dieser Tätigkeit stellte sie für in Deutschland durchgeführte kulturelle Veranstaltungen ausländische Künstler bzw. Künstlergruppen zur Verfügung. Sie schloss hierzu für jede Veranstaltung einen Werkvertrag mit den jeweiligen Veranstaltern, in der diese sich zur Zahlung einer Vergütung an die Klägerin verpflichteten, sowie einen weiteren Werkvertrag mit den jeweiligen ausländischen Künstlern, in dem die Klägerin sich ihrerseits zur Vergütung der Auftritte verpflichtete.

Nachdem das Finanzamt hiervon Kenntnis erhalten hatte und die Klägerin auch keine Steueranmeldungen für die an die ausländischen Künstler gezahlten Honorare abgegeben hatte, nahm es die Klägerin im Oktober/November 1999 mit Haftungsbescheiden wegen nicht angemeldeter und abgeführter Steuerabzugsbeträge in Anspruch. Es setzte dabei die Höhe der an die Künstler gezahlten Vergütungen im Wege der Schätzung an. Die danach abzuführende Einkommensteuer berechnete das Finanzamt unter Anwendung des Steuersatzes von 25 %.

Im Einspruchsverfahren reichte die Klägerin eine Aufstellung der einzelnen Künstler bzw. Künstlergruppen und die an diese gezahlten Vergütungen ein.

Mit der Einspruchsentscheidung reduzierte das Finanzamt die Haftungsbeträge entsprechend den von der Klägerin gemachten Angaben.

Im Klageverfahren trug die Klägerin u. a. vor, dass die verpflichteten ausländischen Künstler und Künstlergruppen zum überwiegenden Teil ohne Gewinnerzielungsabsicht aufgetreten seien, weil sie entweder von ihren Heimatstaaten finanziert worden oder gemeinnützig seien.

Die Klage wurde vom FG als unbegründet abgewiesen.

Entscheidung

Die von der Klägerin geschuldeten Vergütungen für die inländischen Auftritte der beschränkt steuerpflichtigen Künstler bzw. Künstlerensembles unterliegen der Abzugsteuer, sodass die angefochtenen Haftungsbescheide vom FG zutreffend als rechtmäßig beurteilt worden sind.

Nach § 50 a Abs. 4 Satz 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung wird bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommensteuer in bestimmten Fällen im Wege des Steuerabzugs erhoben. Dem Steuerabzug unterliegen u. a. Einkünfte aus inländischen künstlerischen Darbietungen einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen und unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen.

Der Steuerabzug beträgt in diesen Fällen 25 %.

Die Steuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung dem Gläubiger zufließt. In diesem Zeitpunkt hat der Vergütungsschuldner den Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers (Steuerschuldner) vorzunehmen und die innerhalb eines Kalendervierteljahres einbehaltene Steuer an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen.

Der Vergütungsschuldner haftet für die Einbehaltung und Abführung der Steuer. Soweit der Vergütungsschuldner seine Verpflichtungen nicht erfüllt, kann das Finanzamt die Steuer bei ihm durch Haftungsbescheid anfordern.

Die Vorschriften über die Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Steuer sind ungeachtet dessen anzuwenden, dass die Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, ggf. aufgrund eines DBA nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden.

Die von Deutschland abgeschlossenen DBA enthalten häufig Klauseln, denen zufolge das Besteuerungsrecht für Künstlervergütungen ausnahmsweise nicht dem Vertragsstaat, in dem der Auftritt stattfindet, sondern dem Ansässigkeitsstaat des Künstlers zusteht, wenn der Aufenthalt ganz oder überwiegend aus öffentlichen Mitteln des Ansässigkeitsstaats finanziert worden ist. Derartige Klauseln sind indessen für den Steuerabzug nicht von Bedeutung, weil der Steuerabzug ungeachtet von auf DBA beruhenden Einschränkungen der deutschen Besteuerungsbefugnisse anzuwenden ist.

Auch Vergütungsschuldner, die im Inland weder ihren Sitz unterhalten noch eine Betriebsstätte haben, sind zum Steuerabzug verpflichtet. Es ist ausreichend, dass Entgelte an Künstler für einen Auftritt im Inland entrichtet werden, die beschränkt steuerpflichtig sind. Das Anbieten künstlerischer Veranstaltungen im Inland rechtfertigt die Verpflichtung zum Steuerabzug für Rechnung der Künstler, ohne dass Fragen der verwaltungstechnischen Abwicklung des Steuerabzugs eine Rolle spielen. Die an eine Betätigung im Inland anknüpfende beschränkte Steuerpflicht des Vergütungsgläubigers stellt den für die Verpflichtung zum Steuerabzug erforderlichen Inlandsbezug her.

Nach ständiger Rechtsprechung sind Zahlungen und sonstige Vermögensveränderungen nicht der Einkünfteerzielung zuzuordnen, wenn sie im Zusammenhang mit Leistungen stehen, die sich als steuerlich unbeachtliche „Liebhaberei“ darstellen. Eine solche liegt vor, wenn die betreffenden Leistungen nicht von dem Streben nach Gewinnerzielung getragen sind, sondern aus persönlichen Motiven erfolgen.

Der BFH teilt die Auffassung des FG, dass die ausländischen Künstlerensembles, an die die Klägerin die Vergütungen gezahlt hat, Gewinnerzielungsabsicht gehabt haben und damit einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig gewesen sind.

Insbesondere spricht hierfür, dass es sich um professionelle Theater- und Musikgruppen gehandelt hat, die EURopaweite Tourneen durchführten. Vor allem sind populäre Opern, Operetten und Musicals gespielt worden, die ein möglichst breites Publikum ansprechen und damit einen größtmöglichen kommerziellen Erfolg versprechen.

Obwohl sich die Feststellungen des FG nur auf die erkennbaren inländischen Aktivitäten des Künstlerensembles bezogen, reichen sie mangels gegenteiligen substantiierten Vorbringens der Klägerin aus, um auf der Stufe des Steuerabzugs von einer Gewinnerzielungsabsicht der Künstlerensembles ausgehen zu können.

Auch die Inanspruchnahme staatlicher Subventionen durch ein Künstlerensemble spricht nicht grundsätzlich gegen dessen Gewinnerzielungsabsicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund auf staatlichen Subventionen beruhende Einnahmen eines aus Berufsmusikern oder -schauspielern bestehenden Ensembles bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht außer Acht bleiben müssen. Es handelt sich bei staatlichen Subventionen um Einnahmen, die durch die betreffende Einkunftsquelle veranlasst und folglich grundsätzlich den betreffenden Einkünften zuzuordnen sind.

Abschließend weist der BFH darauf hin, dass die Inanspruchnahme der Klägerin im Rahmen des Auswahlermessens nicht zu beanstanden ist und dass auch das Steuerabzugsverfahren nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG, dem beschränkt steuerpflichtige Künstler im Hinblick auf das Honorar für Auftritte im Inland unterworfen sind, sowie ein sich ggf. anschließendes Haftungsverfahren gegenüber dem Vergütungsschuldner in ihrer für die Jahre 1996 bis 1999 maßgeblichen Ausgestaltung sowohl mit der unionsrechtlich verbürgten Dienstleistungsfreiheit als auch mit Art. 3 Abs. 1 des GG vereinbar sind.

Die angefochtenen Haftungsbescheide sind danach rechtmäßig.

 

  1. Beschränkte Steuerpflicht: Wer ist zuständig für die Außenprüfung?

 Die sachliche Zuständigkeit des Bundeszentralamts für Steuern für die Antragsveranlagung beschränkt Steuerpflichtiger und die Durchführung des Steuerabzugs nach § 50a Abs. 1 EStG erstreckt sich nicht auf die Außenprüfung.

Hintergrund

Die Klägerin, eine KG, die eine Konzertdirektion in X (Inland) betreibt, veranstaltet dort das jährlich stattfindende Musik Festival. Dafür engagiert sie ausländische Künstler, Künstlergruppen und Produktionsgesellschaften, die beschränkt steuerpflichtige Einkünfte erzielen. Mit diesen Einkünften unterliegen die betreffenden Künstlergruppen bzw. Produktionsgesellschaften dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG bzw. § 50a Abs. 1 Nr. 2 EStG. Die Klägerin nahm diesen Abzug vor und übermittelte Meldungen in elektronischer Form an das für den Steuerabzug zuständige BZSt.

Am 12.2.2020 hat das Finanzamt eine Prüfungsanordnung wegen einer Lohnsteuer-Außenprüfung erlassen. Die Prüfung sollte sich auch auf den „Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG“ beziehen. Das BZSt hatte zuvor die Übersendung von Kontrollmaterial angeregt und darum gebeten, im Rahmen von Außenprüfungen (Lohnsteuer-Außenprüfung, Außenprüfung) den Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 EStG in die Prüfung einzubeziehen. Das BZSt hatte dabei auch ausgeführt, dass dazu die Erteilung eines Prüfauftrags nicht erforderlich sei, da die sachliche Zuständigkeit für Außenprüfungen bei den Ländern verblieben sei.

Gegen die Prüfungsanordnung legte die Klägerin Einspruch ein. Dass ein örtliches Finanzamt nach Übertragung der Kompetenzen für den Steuerabzug nach § 50a EStG auf das BZSt noch für Prüfungen im Kontext des § 50a EStG zuständig sei, müsse bezweifelt werden.

Die gegen die zurückweisende Einspruchsentscheidung erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG ging davon aus, dass nicht das Finanzamt, sondern das BZSt für die Prüfung des Steuerabzugs im Rahmen einer Außenprüfung sachlich zuständig sei. Die vom Finanzamt erlassene Prüfungsanordnung sei deshalb nichtig. Hiergegen richtet sich die Revision des Finanzamts.

Entscheidung

Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben die Klage abgewiesen. Er hat entschieden, dass die streitige Prüfungsanordnung rechtmäßig ist. Insbesondere sei das Finanzamt für deren Erlass auch insoweit sachlich zuständig gewesen, als es um die Prüfung des Steuerabzugs gem. § 50a Abs. 1 EStG geht.

Nach der Rechtsprechung des BFH beschränkt sich die sachliche Zuständigkeit des BZSt im Sinne einer funktionalen Aufgabenteilung auf die positiv-rechtlich im FVG enumerativ angeordneten Anwendungsfälle, im Übrigen bleibt es bei der Zuständigkeit des Finanzamts.

Nach diesen Maßgaben ist mit der im Jahr 2009 erfolgten Übertragung der in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG genannten Aufgaben keine sachliche Zuständigkeit des BZSt für die Durchführung von Außenprüfungen bei beschränkt Steuerpflichtigen bzw. inländischen Steuerabzugsverpflichteten begründet worden. Das Urteil der Vorinstanz, das in der Literatur teilweise Zustimmung erfahren hat, kann daher keinen Bestand haben.

Bereits der Wortlaut der Regelung und die Gesetzessystematik sprechen gegen das Auslegungsergebnis des FG. Im Gegensatz zum Begriff der Verwaltung einer Steuer, der weit – im Sinne von sämtlichen, zum Vollzug des Steuergesetzes erforderlichen verfahrensrechtlichen Maßnahmen – verstanden werden kann, spricht § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG lediglich einzelne Maßnahmen an, die punktuell vom BZSt durchzuführen sind (Veranlagung, Steuerabzug, Erlass von Haftungs- und Nachforderungsbescheiden und deren Vollstreckung).

Zudem erfassen die vom Gesetzgeber gewählten Formulierungen die Außenprüfung sprachlich nicht. Die Außenprüfung ist nicht Bestandteil der „Durchführung der Veranlagung“. Denn mit dem Begriff der Veranlagung ist das förmliche Verfahren gemeint, in dem von der zuständigen Finanzbehörde aufgrund von Steuererklärungen, die vom Steuerpflichtigen einzureichen sind, die Besteuerungsgrundlagen ermittelt, die Steuer sodann festgesetzt und die Festsetzung mit Steuerbescheid bekannt gegeben werden. Veranlagung ist gesetzessprachlich damit die Steuerfestsetzung. Für die Steuerfestsetzung erforderlich werdende Einzelermittlungen der Finanzbehörde sind Teil des Veranlagungsverfahrens. Dazu gehört aber nicht die gesondert angeordnete Außenprüfung. Denn dabei handelt es sich um eine besondere Sachaufklärungsmaßnahme, die regelmäßig zeitlich nach der Erstfestsetzung angeordnet wird, auf eine umfassende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mit erweiterten Mitwirkungspflichten angelegt ist und einem streng formalisierten eigenen Verfahren folgt. Außerdem ist die „Durchführung des Steuerabzugsverfahrens“ gegenüber der „Durchführung der Veranlagung“ als der Regelform zur Erhebung der Steuer lediglich als ein verfahrensrechtlich einfacher ausgestaltetes „Minus“ zu qualifizieren und erfasst die Außenprüfung ebenfalls nicht.

Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Aufgabenwahrnehmungen des BZSt im Bereich der Außenprüfung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 19 FVG gesondert angesprochen und detailliert geregelt werden, was gegen einen Einbezug der Außenprüfungskompetenz im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG spricht.

Ferner macht die Entstehungsgeschichte der Norm deutlich, dass der historische Gesetzgeber eine Übertragung der Prüfungszuständigkeit auf das BZSt nicht vorgesehen hat.

Darüber hinaus kann die Klägerin auch mit ihrem Einwand, dass eine Aufteilung der Zuständigkeit zwischen Landesfinanzbehörde und BZSt unzulässig sei, nicht durchdringen. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf die BFH-Rechtsprechung zur sog. Gesamtzuständigkeit verweist, würdigt sie nicht ausreichend, dass der BFH insoweit den Grundsatz der Gesamtzuständigkeit für die örtliche Zuständigkeit durchaus anerkannt hat. Vorliegend geht es jedoch um die sachliche Zuständigkeit.

 

  1. Differenzbesteuerung für Kunstgegenstände

 Die Anwendung der Differenzbesteuerung ist auch in Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs zulässig. Die Erwerbsbesteuerung soll sich hingegen nicht auf die Margenbesteuerung auswirken. Hier kommt aber die Möglichkeit der Beantragung eines Billigkeitserlasses in Betracht.

Hintergrund

Der Kläger ist Kunsthändler.

Er betreibt Galerien in mehreren deutschen Städten.

Im Laufe des Jahres 2014 (Streitjahr) bezog er auch Kunstgegenstände von Künstlern, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig waren.

Diese Lieferungen wurden von den Künstlern in ihren Ansässigkeitsstaaten jeweils als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt.

Der Kläger versteuerte die innergemeinschaftlichen Erwerbe mit dem ermäßigten Steuersatz.

Mit Einspruch gegen einen geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2014 machte der Kläger geltend, dass § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG, wonach die Differenzbesteuerung keine Anwendung auf die Lieferung eines Gegenstands finde, den der Wiederverkäufer innergemeinschaftlich erworben habe, wenn auf die Lieferung des Gegenstands an den Wiederverkäufer die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet angewendet worden sei, unionsrechtswidrig sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 22.12.2015 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.

In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2014 erfasste der Kläger die streitbefangenen Umsätze unter Anwendung der Differenzbesteuerung.

Das Finanzamt lehnte die Anwendung der Differenzbesteuerung ab. Vielmehr sei die Umsatzsteuer auf das gesamte Entgelt zu erheben.

Erste Entscheidungen des EuGH: Differenzbesteuerung entgegen dem deutschen UStG anwendbar

Das FG legte dem EuGH die Sache zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH entschied, dass Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL es gestatte, dass ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer von Kunstgegenständen auf im Rahmen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung erworbene Gegenstände bei der Weiterlieferung die Differenzbesteuerung anwenden dürfe. Ein Vorsteuerabzug aus der Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb komme dann allerdings nicht in Betracht.

Mit Folgeentscheidung ließ das FG bei Anwendung der Differenzbesteuerung die vom Kläger getragene Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb als margenmindernde Kosten zu.

Gegen die letztgenannte Entscheidung des FG wandte sich die Finanzverwaltung. Der BFH legte dem EuGH den Fall zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH verneinte bei Anwendung der Differenzbesteuerung mit Hinweis auf Art. 317 MwStSystRL einen Abzug der Umsatzsteuer bei innergemeinschaftlichem Erwerb.

Entscheidung

Als Nachfolgeentscheidung hat der BFH entschieden, dass die Berücksichtigung der auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entfallenden Steuer nicht in Betracht komme. Der BFH weist darauf hin, dass er an die Entscheidung des EuGH gebunden sei. Offensichtlich war der BFH geneigt, eine andere – wirtschaftlich überzeugendere – Auffassung zu vertreten.

Gleichwohl wurde die Sache erneut an das FG zurückverwiesen. Der Hintergrund lag darin, dass die Vorinstanz die nicht abziehbare Umsatzsteuer mit rd. 59.200 EUR bezifferte, wohingegen die Erwerbsteuer in der Einspruchsentscheidung mit rd. 60.100 EUR bemessen wurde.

Von besonderer Praxisrelevanz sind die Ausführungen des BFH zu möglichen Billigkeitsmaßnahmen. Mit Hinweis auf die aktuelle EuGH-Rechtsprechung neigt der BFH offensichtlich dazu, einen Teilerlass der Steuer aus sachlichen Billigkeitsgründen zur Verhinderung einer Doppelbesteuerung „Steuer auf die Erwerbsteuer“ zu gewähren.

 

  1. Einbau einer Heizungsanlage in ein vermietetes Wohngebäude: Vorsteuerabzug?

 Schuldet der Vermieter von Wohnraum zum vertragsgemäßen Gebrauch auch die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser, stehen Kosten des Vermieters für eine neue Heizungsanlage im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Vermietung. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich dabei nicht um Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert zu tragen hat.

Hintergrund

Die Klägerin, eine GbR, vermietete ein Haus mit 2 Wohnungen zu Wohnzwecken. Der Mietvertrag sah vor, dass sich die Miete aus der Grundmiete, den „kalten“ Betriebskosten sowie den Heizungsbetriebskosten (Heizung und Warmwasser) zusammensetzte. Für die anfallenden Betriebs- und Heizkosten waren Vorauszahlungen zu leisten.

Im September 2016 ließ die Klägerin als Ersatz für die bisherige Anlage eine neue Kesselanlage und Heizung sowie einen neuen Warmwasserspeicher (Heizungsanlage) für die vermieteten Wohnungen installieren. Die Rechnung für die Heizungsanlage vom Oktober 2016 bezahlte die Klägerin im November 2016.

Im November 2016 verzichtete die Klägerin gegenüber dem Finanzamt auf die Kleinunternehmerregelung und gab eine Umsatzsteuervoranmeldung für Oktober 2016 mit einem Überschuss zu ihren Gunsten ab. Darin erklärte sie Umsätze zu 19 % aus den Wärme- und Warmwasserlieferungen in Höhe des Nettobetrags der entsprechenden Vorauszahlungen und machte Vorsteuerbeträge für den Erwerb und die Installation der Heizungsanlage geltend. Für November 2016 und Dezember 2016 erklärte die Klägerin in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen geringfügige Überschüsse zu ihren Gunsten.

Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung war das Finanzamt der Auffassung, die Wärme- und Warmwasserlieferungen an die Mieter seien typische Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnungsvermietung. Ein Vorsteuerabzug scheide aus, weil die Klägerin ausschließlich steuerfreie Vermietungsumsätze getätigt habe. Dementsprechend setzte das Finanzamt die Umsatzsteuervorauszahlungen für Oktober bis Dezember 2016 auf jeweils 0 EUR fest.

Dagegen legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein. Während des anschließenden Klageverfahrens reichte die Klägerin eine Umsatzsteuerjahreserklärung ein, in der sie – als Umsätze zum Regelsteuersatz – die Wärme- und Warmwasserlieferungen an ihre Mieter für die Monate Oktober bis Dezember 2016 sowie Vorsteuerbeträge erklärte und einen Überschuss zu ihren Gunsten geltend machte. Das Finanzamt stimmte der Erklärung nicht zu und erließ demgegenüber einen Umsatzsteuerjahresbescheid für 2016, mit dem es die Umsatzsteuer auf 0 EUR festsetzte.

Das FG gab der Klage überwiegend statt. Die Klägerin erbringe steuerpflichtige Wärme- und Warmwasserlieferungen an ihre Mieter und könne daher für die mit diesen Lieferungen im Zusammenhang stehenden Vorleistungen den Vorsteuerabzug geltend machen. Die Energielieferungen seien als selbstständige Lieferungen und nicht als unselbstständige Nebenleistungen der Vermietung zu betrachten. Allerdings wirke der Verzicht der Klägerin auf die Kleinunternehmerregelung nicht erst – wie die Klägerin meine – ab Oktober, sondern bereits ab Beginn des Kalenderjahres, in dem die Option ausgeübt werde, sodass auch die steuerpflichtigen Umsätze (Wärme- und Warmwasserlieferungen) von Januar bis September 2016 zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen seien. Dementsprechend nahm das FG einen niedrigeren Überschuss zu Gunsten der Klägerin an.

Entscheidung

Der BFH hält die Revision des Finanzamts für begründet. Das FG-Urteil ist insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage ist insgesamt abzuweisen. Entgegen dem Urteil des FG ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, da Erwerb und Installation der Heizungsanlage in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreien Vermietung standen.

Hierzu führten die Richter u. a. aus:

Erbringt der Unternehmer neben steuerpflichtigen Leistungen mit Recht auf Vorsteuerabzug auch steuerfreie Leistungen, für die der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, hängt das Recht zum Vorsteuerabzug u. a. davon ab, ob zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung der hierfür erforderliche Zusammenhang besteht.

Für das Recht auf Vorsteuerabzug müssen danach jedenfalls die Kosten der Eingangsleistungen Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze finden, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt. Hängen die Eingangsleistungen hingegen – in diesem Sinne – mit steuerfreien Umsätzen oder mit nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfassten Umsätzen zusammen, kommt es nicht zum Vorsteuerabzug

Schuldet der Vermieter von Wohnraum zum vertragsgemäßen Gebrauch auch die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser, stehen Kosten des Vermieters für eine neue Heizungsanlage jedenfalls dann im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Vermietung, wenn es sich dabei nicht um Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert zu tragen hat. Letzteres trifft auf den Streitfall zu, da die Kosten für Erwerb und Installation der Heizungsanlage vom Mieter nicht neben der Miete gesondert als Betriebskosten zu tragen waren.

Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten sind vom Betriebskostenbegriff ausgeschlossen. Bau- und sonstige Anschaffungskosten sind als einmalige – und nicht „laufende“– Kosten nicht als Betriebskosten anzusehen. Dasselbe gilt für Abschreibungen auf die Heizungsanlage.

Auf die Frage, ob die Klägerin neben der Vermietung eine umsatzsteuerrechtlich gesondert zu betrachtende „Betriebsleistung“ erbracht hat, als deren Entgelt die durch die Mieter gesondert zu tragenden Betriebskosten anzusehen sein könnten, kommt es nicht an. Die Kosten der Heizungsanlage jedenfalls waren nach dieser Vorschrift nicht auf die Mieter abwälzbar.

Danach ist das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als das FG der Klage stattgegeben hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen. Soweit nach den Feststellungen des FG der Vorsteuerbetrag für die Heizungsanlage den vom FG festgesetzten Erstattungsbetrag übersteigt, ist eine Änderung zu Lasten der Klägerin über die vom Finanzamt im angefochtenen Steuerbescheid festgesetzte Steuer von 0 EUR hinaus wegen des im gerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots nicht möglich.

 

  1. Kleidungsstücke und Accessoires: Abzugsverbot gilt auch für Influencer

 Aufwendungen einer Mode-Influencerin und Mode-Bloggerin für die Anschaffung von bürgerlicher Kleidung und Accessoires sind nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, da es sich nicht um typische Berufskleidung handelt.

Hintergrund

Die Klägerin betreibt auf verschiedenen Social-Media-Kanälen und über eine Website einen Mode- und Lifestyleblog und erstellt hierzu Fotos und Stories. Zusätzlich zu den Waren, die die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit von verschiedenen Firmen erhalten hatte, um sie zu bewerben, erwarb die Klägerin diverse Kleidungsstücke und Accessoires wie z. B. Handtaschen namhafter Marken. Sie begehrte, die Aufwendungen für diese Kleidungsstücke und Accessoires als Betriebsausgaben bei ihrer gewerblichen Tätigkeit als Influencerin zu berücksichtigen.

Das Finanzamt verwehrte den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung, dass sämtliche Gegenstände durch die Klägerin auch privat genutzt werden könnten und eine Abgrenzung der privaten zur betrieblichen Sphäre nicht möglich sei. Insbesondere habe die Klägerin nicht dargelegt, in welchem Umfang sie die Kleidungsstücke und Accessoires jeweils für private oder betriebliche Zwecke genutzt hat.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, da bei gewöhnlicher bürgerlicher Kleidung und Accessoires eine Trennung zwischen privater und betrieblicher Sphäre nicht möglich sei. Aus § 12 Nr. 1 EStG folge insoweit ein Abzugsverbot für Aufwendungen für die Lebensführung der Klägerin, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringe, auch wenn die Aufwendungen zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit der Klägerin erfolgt seien. Es komme nicht darauf an, wie die Klägerin die Gegenstände konkret genutzt habe.

Allein die naheliegende Möglichkeit der Privatnutzung von bürgerlicher Kleidung und Accessoires führe dazu, dass eine steuerliche Berücksichtigung ausgeschlossen sei. Auch handele es sich bei den von der Klägerin erworbenen Gegenständen nicht um typische Berufskleidung, für die ein Abzug als Betriebsausgabe möglich sei. Hierunter fallen lediglich solche Kleidungsstücke, die nach ihrer Beschaffenheit objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet und wegen der Eigenart des Berufs nötig sind.

 

  1. Zweckbetrieb Krankenhaus mit Mitarbeitercafeterien

 Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an Ärzte hängen nicht mit dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zusammen. Sie gehören vielmehr zu den Besteuerungsgrundlagen, die einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind.

Hintergrund

Die Klägerin, eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts, betrieb mehrere Krankenhäuser, welche sie als gleichartige Betriebe gewerblicher Art (BgA) zu einem einheitlichen BgA zusammenfasste, der in den Streitjahren 2007 bis 2011 über eine den Anforderungen der §§ 59 ff. AO genügende Satzung mit dem Satzungszweck der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege verfügte. Den Gewinn des BgA ermittelte die Klägerin durch Betriebsvermögensvergleich. In den Krankenhäusern entfielen in den Streitjahren jeweils über 80 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet wurden.

Die Klägerin genehmigte den bei ihr angestellten Ärzten als Nebentätigkeit die ambulante Behandlung von Patienten, soweit die Ärzte nach § 116 SGB V oder nach § 31a der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt oder (teil-)zugelassen waren (ermächtigte Ärzte) und eine Zulassung für das Krankenhaus nicht bestand. Die Ermächtigungen waren beschränkt auf die Erbringung bestimmter Leistungen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die ermächtigten Ärzte nicht sichergestellt war. Die über eine (Teil-)Zulassung verfügenden Ärzte konnten Patienten ambulant auf Kosten der Klägerin behandeln, soweit die ärztlichen Leistungen zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten. Für die genehmigte Nebentätigkeit stellte die Klägerin ihre Räumlichkeiten sowie Personal und sonstige Sachmittel gegen ein Nutzungsentgelt zur Verfügung. Das Nutzungsentgelt setzte sich aus einer pauschalen Kostenerstattung für die Kosten, die dem Krankenhaus durch die Nebentätigkeit entstanden, sowie aus einem daneben abzuführenden Vorteilsausgleich in Höhe eines pauschalen Satzes der Bruttohonorareinnahmen zusammen.

Die Klägerin rechnete nach § 120 SGB V die Vergütung, die den ermächtigten Ärzten für die erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen zustand, für diese mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab und leitete die Vergütung nach Abzug des Nutzungsentgelts für die genehmigte Nebentätigkeit und der Kosten für den Verwaltungsaufwand der Abrechnung an die ermächtigten Ärzte weiter. Die Abrechnung der ärztlichen Leistungen der über eine (Teil-)Zulassung verfügenden Ärzte erfolgte im Namen dieser Ärzte entsprechend der Regelung des § 120 SGB V. Gegenüber Privatpatienten und Selbstzahlern erbrachte ambulante ärztliche Leistungen rechneten die ermächtigten Ärzte selbst nach Maßgabe der GOÄ ab und führten das vereinbarte Nutzungsentgelt an die Klägerin ab.

Zudem betrieb die Klägerin in den Streitjahren in 3 Krankenhäusern Cafeterien. In 2 der 3 Cafeterien gab sie Speisen und Getränke ausschließlich an Mitarbeiter des Zweckbetriebs „Krankenhaus“ zu vergünstigten Preisen ab. Die vergünstigte Abgabe der Speisen und Getränke an die Mitarbeiter erfolgte aufgrund einer Betriebsvereinbarung, welche Bestandteil der Arbeitsverträge der Mitarbeiter war. In der dritten Cafeteria gab die Klägerin darüber hinaus Speisen und Getränke auch an Dritte zu marktüblichen Preisen ab. Buchhalterisch wurden sämtliche Cafeterien als Gesamtbetrieb geführt, sodass keine getrennten Aufzeichnungen über die erzielten Gewinne oder Verluste aus der Beköstigung von Dritten oder von Mitarbeitern vorhanden waren.

In ihren Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2010 erklärte die Klägerin jeweils Verluste aus ihrem BgA, in Streitjahren 2008, 2009 und 2011 jeweils Gewinne. Nach der Durchführung der Veranlagungen für die Streitjahre begehrte die Klägerin, die Gewinne aus der Personal- und Sachmittelgestellung an die ermächtigten Ärzte, die sie zunächst in ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erklärt hatte, dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zuzuordnen.

Die Betriebsprüfung und ihr nachfolgend das Finanzamt waren hingegen der Auffassung, dass diese Gewinne unverändert dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin unterfielen.

Unabhängig hiervon griff das Finanzamt Aufwendungen der Klägerin auf, die diese bisher ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Krankenhauscafeteria“ zugeordnet hatte. Soweit Verluste in den Cafeterien angefallen seien, die ausschließlich Mitarbeiter beköstigten, hätten die Ausgaben insoweit den Bereich des Zweckbetriebs nicht verlassen und die Verluste seien demgemäß nicht im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu berücksichtigen. Soweit in einer Cafeteria sowohl Mitarbeiter als auch Dritte beköstigt worden seien, hinge die Zuordnung des Verlustes aus der Mitarbeiterverpflegung zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb davon ab, ob im jeweiligen Streitjahr bei den Besucheressen ein Gewinn oder ein Verlust erzielt worden sei. Im Fall von Gewinnen seien im Bereich der Mitarbeiterverpflegung entstandene Verluste in vollem Umfang dem Zweckbetrieb zuzuordnen. Seien bei den Besucheressen Verluste erzielt worden, seien Verluste im Bereich der Mitarbeiterverpflegung dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nur in dem Verhältnis zuzuordnen, in dem auch im Bereich der Besucheressen die Ausgaben die Einnahmen überstiegen hätten.

Das Finanzamt setzte seine Rechtsauffassung in geänderten Steuerbescheiden für die Streitjahre um. Die hiergegen eingelegten Einsprüche bleiben erfolglos.

Das FG gab der Klage überwiegend statt. Das FG ordnet die Gewinne aus der Personal- und Sachmittelgestellung und der Übernahme der Abrechnungstätigkeit für bei ihr beschäftigte ermächtigte Krankenhausärzte für deren ambulante Behandlung von gesetzlich und privat Versicherten sowie Selbstzahlern im Rahmen des sich aus der Ermächtigung ergebenden jeweiligen Umfangs sowie aus dem vereinnahmten Vorteilsausgleich dem Krankenhauszweckbetrieb zu.

Zu im Zusammenhang mit dem Betrieb der Cafeteria angefallenen Kosten stellt es fest, dass lediglich die Ausgaben, die durch das Unterhalten des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs veranlasst sind, bei dessen Gewinnermittlung abzuziehen sind. Nicht zu berücksichtigen seien hingegen Ausgaben, die oder soweit sie auch ohne den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden wären. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze seien die im Zusammenhang mit dem Betrieb der Cafeteria angefallenen Aufwendungen insoweit durch den steuerfreien Krankenhauszweckbetrieb der Klägerin veranlasst und wären auch ohne den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden, wie die Klägerin sich gegenüber ihren im Zweckbetrieb beschäftigten Mitarbeitern arbeitsrechtlich zu einer verbilligten Verköstigung verpflichtet habe. Die auf den Zweckbetrieb entfallenden, nicht im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stehenden Aufwendungen betragen nach der zwischen den Beteiligten auf Anregung des Gerichts geschlossenen tatsächlichen Verständigung 15 %.

Entscheidung

Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Sache zu anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Revision des Finanzamts, mit der es begehrt, Gewinne aus einer Personal- und Sachmittelgestellung an ermächtigte Ärzte im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu erfassen, ist begründet, da das FG zu Unrecht diese Gewinne dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ i. S. d. § 67 AO zugeordnet hat.

Die Revision der Klägerin ist ebenfalls begründet. Die Feststellungen des FG tragen nicht seine Entscheidung, 15 % der Betriebsausgaben aller Cafeterien dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ i. S. d. § 67 AO zuzuordnen. Die Sache ist in Bezug auf beide Streitpunkte nicht spruchreif.

Rechtsfehlerhaft hat das FG im Hinblick auf die Revision des Finanzamts wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbeträge 2007 bis 2011 die Einkünfte der Klägerin aus der Personal- und Sachmittelgestellung an ermächtigte Ärzte für deren Ambulanzen dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zugeordnet.

Denn Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an nach § 116 SGB V ermächtigte Ärzte – und demgemäß die diesen Einnahmen zuzuordnenden Ausgaben – hängen nicht mit dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zusammen, sondern gehören zu den Besteuerungsgrundlagen, die einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind.

Es fehlt bereits an einem hinreichenden Zusammenhang der Einnahmen aus der Personal- und Sachmittelgestellung mit einer Krankenhausbehandlung. Das Personal und die Sachmittel des Krankenhauses dienen insoweit der Behandlung von Patienten im Rahmen der Ambulanzen der ermächtigten Ärzte, die in ihren Ambulanzen in ihrem überwiegend eigenen Interesse tätig sind. Die ermächtigten Ärzte wirken dabei zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten mit, nicht aber innerhalb des Versorgungsauftrags des Krankenhauses. Ein Krankenhaus kann auch ohne Personal- und Sachmittelgestellung an ambulant tätige ermächtigte Ärzte betrieben werden. Allein die Tatsache, dass ein Krankenhaus dadurch zusätzliche Einnahmen erzielt, reicht für die Zuordnung zum Zweckbetrieb „Krankenhaus“ nicht aus.

Zudem wurden die Sozialversicherungsträger im Rahmen der Krankenhausvergütung durch die Personal- und Sachmittelgestellung an die ermächtigten Ärzte nicht zusätzlich belastet.

Die im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen der ermächtigten Krankenhausärzte werden nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet. Die mit diesen Leistungen verbundenen allgemeinen Praxiskosten, die durch die Anwendung von ärztlichen Geräten entstehenden Kosten sowie die sonstigen Sachkosten sind mit den Gebühren abgegolten, soweit in den einheitlichen Bewertungsmaßstäben nichts Abweichendes bestimmt ist.

Demgemäß bleibt es einer vertraglichen Regelung zwischen Krankenhaus und ermächtigtem Arzt vorbehalten, in welchem Umfang und in welcher Höhe für die Inanspruchnahme von Personal und Sachmitteln des Krankenhauses ein Ausgleich verlangt wird. Der Umfang des Abzugs für die Personal- und Sachmittelgestellung belastet danach den ermächtigten Arzt, dessen abzurechnende Vergütung dadurch gemindert wird, nicht aber die gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnende Vergütung. Im Ergebnis erfolgt durch den Ausgleich für die Personal- und Sachmittelgestellung eine Abgeltung des wirtschaftlichen Nutzens, den der ermächtigte Arzt aus der Inanspruchnahme der personellen und sächlichen Ressourcen des Krankenhauses für seine Behandlungen als ermächtigter Arzt zieht. Dem entspricht es auch, dass die Abrechnungssysteme der ermächtigten Ärzte über die Kassenärztlichen Vereinigungen einerseits und unmittelbar durch die Krankenkasse andererseits rechtlich strikt getrennt sind.

Eine Zuordnung zum Zweckbetrieb scheidet danach auch für die Übernahme der Abrechnungstätigkeit sowie für den sogenannten Vorteilsausgleich aus.

Das FG hat darauf abgestellt, dass Betriebsausgaben, die bei dem Betrieb der Cafeterien anfielen, insoweit durch den steuerfreien Zweckbetrieb „Krankenhaus“ veranlasst seien, als sich die Klägerin gegenüber ihren im Zweckbetrieb beschäftigten Mitarbeitern arbeitsrechtlich zu einer vergünstigten Beköstigung verpflichtet habe. Diese arbeitsrechtliche Verpflichtung sei bei einer wertenden Zuordnung der aufgrund des Betriebs der Cafeterien entstandenen Betriebsausgaben anhand von Aufwandsursachen zu berücksichtigen. Soweit die Klägerin gegenüber ihren im Zweckbetrieb beschäftigten Mitarbeitern teilweise auf ein Entgelt für eine Verpflegung verzichtet habe, stelle eine solche teilweise unentgeltliche Überlassung von Speisen und Getränken eine Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Arbeitskraft dar, die durch den Zweckbetrieb veranlasst sei. Die Aufwendungen, die auf den teilweisen Entgeltverzicht der Klägerin gegenüber ihren Arbeitnehmern entfielen, seien wirtschaftlich betrachtet Lohnaufwand des Zweckbetriebs. Die Höhe des Entgeltverzichts stelle einen hinreichend objektiven Maßstab für die Zuordnung des entsprechenden Anteils der Betriebsausgaben dar. Aufgrund einer tatsächlichen Verständigung entfielen 15 % der gesamten Betriebsausgaben der Cafeterien auf den Zweckbetrieb „Krankenhaus“ und damit nicht auf den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Krankenhauscafeteria“.

Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen seine Entscheidung nicht. Sie genügen nicht, um prüfen zu können, ob und in welchem Umfang Betriebsausgaben insoweit dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zuzuordnen sind, als diese auf die vergünstigte Abgabe von Speisen und Getränken an Mitarbeiter des Zweckbetriebs „Krankenhaus“ entfallen könnten.

Den Feststellungen des FG lässt sich schon nicht entnehmen, ob sämtliche Krankenhauscafeterien tatsächlich als selbstständige Tätigkeiten anzusehen sind. Es erscheint jedenfalls für die Cafeterien, die nur für Mitarbeiter des Zweckbetriebs „Krankenhaus“ und nicht der Allgemeinheit zugänglich waren, unter Berücksichtigung der Betriebsvereinbarung zur vergünstigten Abgabe von Speisen und Getränken nicht ausgeschlossen, dass der Betrieb dieser Cafeterien mit dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zusammenhängt, etwa weil die Speisen und Getränke unter Berücksichtigung der Arbeitszeiten der Mitarbeiter zum sofortigen Verzehr im Betrieb gedacht waren.

Soweit die Cafeterien nach dem vom FG ebenfalls noch festzustellenden primären Veranlassungszusammenhang einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellen, fehlen Feststellungen des FG zu objektivierbaren Aufteilungskriterien für die in den Cafeterien anfallenden Einnahmen und Ausgaben. Der bisher vom FG hierfür angesetzte Maßstab ist rechtsfehlerhaft.

Die Feststellung des FG, 15 % sämtlicher Betriebsausgaben aller Cafeterien seien einer vergünstigten Abgabe von Speisen und Getränken an die Mitarbeiter der Klägerin zuzurechnen, ist schon deshalb widersprüchlich, da dabei unberücksichtigt bleibt, dass nach den übrigen tatsächlichen Feststellungen des FG jedenfalls eine der Cafeterien auch der Allgemeinheit zugänglich war und sich damit die Anwendung eines einheitlichen Prozentsatzes auf sämtliche Cafeterien verbietet.

Die Annahme des FG, die Klägerin überlasse ihren Mitarbeitern Speisen und Getränke teilweise unentgeltlich als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft, wobei die Höhe eines solchen Entgeltverzichts einen hinreichend objektiven Maßstab für die Zuordnung eines Anteils der gesamten Betriebsausgaben der Cafeterien darstelle, ist anhand der vom FG getroffenen Feststellungen nicht nachvollziehbar.