Februar 2022

 

Liebe Mandantin, lieber Mandant,

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen

 

Inhalt

Kapitalanlage und Versicherung
1. Abzinsung von Darlehensverbindlichkeiten: Ist der Zinssatz von 5,5 % verfassungsgemäß?
2. Ausländischer „Spin-Off“: Drittstaatenabspaltung als steuerneutraler Anteilstausch
3. Entschädigungszahlungen: Erlittene Verluste als Kapitaleinkünfte
4. Nahrungsergänzungsmittel: Kostenübernahme durch die Krankenkasse?
5. Wann ein Büro- und Organisations-Bonus eines Vermögensberaters umsatzsteuerfrei ist
Land- und Forstwirtschaft
1. Hofübergabe gegen Versorgungsleistungen: Leibrente oder dauernde Last?
Lohn und Gehalt
1. Ausfallhonorar eines Architekten: Entgelt oder Schadensersatz?
2. Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG: Verbrauch auch bei fehlerhafter Berücksichtigung?
Private Immobilienbesitzer
1. Kosten fürs Baumfällen sind als Betriebskosten umlagefähig
2. Übertragung von Vermögen auf ein Kind: Versorgungsleistung oder entgeltliche Übertragung?
Sonstige Steuern
1. Vor- und Nachvermächtnis: Wer erwirbt von wem?
Steuerrecht Privatvermögen
1. Kinderbetreuung: Fahrtkostenersatz darf nicht bar gezahlt werden
Steuerrecht Unternehmer
1. Bauträgerfälle: Wann wird die Verjährung gehemmt?
2. Falsche zeitliche Zuordnung von Hinzuschätzungen: Bescheid kann geändert werden
3. Fehlende gesetzliche Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Kasse im Jahr 2015?
4. Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen einer Hygienefachkraft

 

Kapitalanlage & Versicherung

  1. Abzinsung von Darlehensverbindlichkeiten: Ist der Zinssatz von 5,5 % verfassungsgemäß?

Ja, urteilte das Finanzgericht Münster. Es hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken bzgl. des Abzinsungssatzes von 5,5 % – auch nicht angesichts der derzeitigen Niedrigzinspolitik.

Hintergrund

Die Bilanzen des Klägers, der ein Autohaus führt, weisen seit 1996 bzw. 1998 zwei Darlehen von Geschäftspartnern aus. Zur Verzinsung und zu Rückzahlungsmodalitäten der Darlehen wurde nichts vereinbart. Das Finanzamt behandelte die Darlehensverbindlichkeiten als unverzinsliche Darlehen mit unbestimmter Laufzeit und zinste sie mit 5,5 % ab. Unter Berücksichtigung der Gegebenheiten kam das Finanzamt auf einen Vervielfältiger von 0,503. Den Differenzbetrag zur valutierten Darlehensverbindlichkeit erfasste es gewinnwirksam. Der Kläger machte geltend, dass es sich hier um langfristige Darlehen handelte, die auch dem Grunde nach dem Abzinsungsgebot unterliegen. Jedoch sind nach Auffassung des Klägers durch die wirtschaftliche Entwicklung und die seit 2012 herrschende Niedrigzinsphase auf dem freien Markt die Abzinsungssätze überholt, da sie eben diese Entwicklung nicht widerspiegeln. Nach Ansicht des Klägers ist deshalb keine Abzinsung zu berücksichtigen.

Entscheidung

Die Klage blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts bestehen keine Zweifel gegen die Verfassungsmäßigkeit hinsichtlich des Abzinsungssatzes von 5,5 %. Der Abzinsungssatz ist eine interne Rechengröße der Bewertung einer langfristigen und unverzinslichen Verbindlichkeit. Dementsprechend geht es um die zutreffende wirtschaftliche Belastung eines Unternehmens. Der Minderaufwand infolge der Zinslosigkeit wird dabei kapitalisierend als Ertrag vorweggenommen. Darüber hinaus wirtschaftet das Unternehmen mit den nicht gezahlten Zinsen, wodurch ein weiterer positiver Effekt entstehe. Eine Abstellung allein auf vergleichbare Zinssätze ist daher nicht geboten. Mit dem Abzinsungssatz wird daher vielmehr die Rendite, die durch das verbilligte Darlehen erwirtschaftet werden kann, ausgeglichen.

  1. Ausländischer „Spin-Off“: Drittstaatenabspaltung als steuerneutraler Anteilstausch

 Aktien, die im Rahmen einer Drittstaatenabspaltung zugeteilt werden, unterliegen als steuerneutraler Anteilstausch nicht der Besteuerung. Dies gilt zumindest dann, wenn die Drittstaatenabspaltung mit einer inländischen Abspaltung vergleichbar ist.

Hintergrund

Die Kläger und Eheleute hielten im Jahr 2012 Aktien der KFI, eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft. Im Jahr 2012 übertrug die KFI ihre Lebensmittelsparte auf die neu gegründete KFG, ebenfalls eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft, und erhielt dafür Aktien an der KFG. Gleichzeitig wurde die KFI in M-Inc. (M) umbenannt. Sodann teilte die M ihren Aktionären die erhaltenen KFG-Aktien im Verhältnis 3:1 zu, ohne dass das Kapital der M herabgesetzt wurde. Auf dem Depot der Kläger wurden dementsprechend Aktien der KFG eingebucht. Die Depotbank ging unter Berücksichtigung des Börsenkurses der KFG-Aktien von einer steuerpflichtigen Sachausschüttung aus und behielt Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag ein.

Die Eheleute waren dagegen der Auffassung, dass die Zuteilung der KFG-Aktien als nicht steuerbare Einlagenrückgewähr zu behandeln ist. Das Finanzamt bejahte dagegen einen steuerpflichtigen Kapitalertrag, dem es den Abgeltungssteuersatz zugrunde legte. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Revision der Kläger hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und gab der Klage statt. Da die KFG-Aktien im Rahmen einer Drittstaatenabspaltung zugeteilt wurden, die ihrerseits einer inländischen Abspaltung i. S. d. § 123 Abs. 2 UmwG vergleichbar ist, löst der Vorgang im Jahr 2012 keine Besteuerung aus.

Die Zuteilung der KFG-Aktien von der M an die Eheleute führt bei isolierter Betrachtung zu einem Kapitalertrag, der mit der Einbuchung der Aktien auf dem Depot in Form einer Sachausschüttung zugeflossen ist. Für diesen steuerbaren Kapitalertrag der in den USA ansässigen M steht Deutschland abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu. Die Eheleute waren im Jahr 2012 im Inland wohnhaft und danach mit sämtlichen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig.

Diese Sachausschüttung ist mangels einer Einlagenrückgewähr seitens der M nicht von der Besteuerung ausgenommen. Die Ausschüttung wurde nicht durch die Rückgewähr von Einlagen finanziert.

Die Zuteilung der KFG-Aktien ist auch nicht als steuerneutraler Anteilstausch von der Besteuerung auszunehmen. Zwar sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Abspaltung erfüllt. Die Regelung ist jedoch im Jahr 2012 zeitlich noch nicht anwendbar. Sie ist erstmals auf Abspaltungen anzuwenden, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das öffentliche Register nach dem 31.12.2012 erfolgt. Der streitige „Spin-Off“ war jedoch bereits im Oktober 2012 vollzogen worden.

Drittstaatenabspaltungen im Jahr 2012 fallen jedoch noch den Tatbestand des steuerneutralen Anteilstauschs. Anderenfalls käme es im Streitjahr zu einer nicht zu rechtfertigenden Schlechterstellung inländischer Gesellschafter von Drittstaatengesellschaften gegenüber solchen von inländischen und ausländischen Gesellschaften der EU bzw. des EWR. Ein solcher Verstoß wäre nicht durch die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten, gerechtfertigt.

  1. Entschädigungszahlungen: Erlittene Verluste als Kapitaleinkünfte

Entschädigungszahlungen für Beratungsfehler, die im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage geleistet werden, können als besondere Entgelte und Vorteile i. S. d. § 20 Abs. 3 EStG steuerpflichtig sein.

Hintergrund

Aufgrund eines Beratungsfehlers im Zusammenhang mit dem Erwerb von Investmentanteilen wurde der Steuerpflichtigen zum Ausgleich der aus dieser Transaktion erlittenen Verluste eine Entschädigung geleistet.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass der der Steuerpflichtigen zugeflossene Nettobetrag vollumfänglich der Einkommensteuer zu unterwerfen war. Denn unabhängig von der Bezeichnung wird jede zugeflossene Gegenleistung (Entgelte oder Vorteile) im Zusammenhang mit dem Kapitalvermögen erfasst, die Einnahmencharakter hat und an die Stelle oder neben die eigentlichen Einnahmen gem. § 20 EStG tritt. Es sollen im Zusammenwirken der Grundtatbestände der Abs. 1 und 2 mit dem Ergänzungstatbestand des Abs. 3 alle Vermögensvermehrungen erfasst werden, die sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Kapitalertrag oder Veräußerungsgewinn darstellen.

Maßgebliche Voraussetzung ist allerdings, dass die Vorteilszuwendung nach dem Veranlassungsprinzip, d. h. bei wertender Beurteilung des die Vorteilszuwendung auslösenden Moments, als der Erwerbssphäre zugehörig anzusehen ist.

Da die Entschädigungszahlung geleistet wurde, um die konkret erlittenen Verluste auszugleichen, hatte auch der erforderliche unmittelbare Zusammenhang mit einer jeweiligen Transaktion bestanden. Die Schadensersatzzahlung unterlag auch „materiellrechtlich“ dem Kapitalertragsteuerabzug.

  1. Nahrungsergänzungsmittel: Kostenübernahme durch die Krankenkasse?

 

Nahrungsergänzungsmittel müssen daher auch nicht von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen werden. Denn dabei handelt es sich nicht um Arzneimittel im Rechtssinne.

Hintergrund

Die Klägerin litt an einer Intoleranz gegenüber Histamin in Lebensmitteln. Bei ihrer Krankenkasse beantragte sie die Kostenübernahme für Daosin-Kapseln. Ohne das Präparat vertrug sie fast keine Nahrung. Sie bekam sonst beim Essen schlimme Vergiftungen wie Herzrasen, Übelkeit, Schmerzen und Schwitzen. Diese Symptome ließen sich nur mit Daosin eingrenzen, da ihr ein wichtiges Enzym zum Histaminabbau fehlte.

Die Krankenkasse lehnte eine Kostenübernahme ab, da es sich bei dem Präparat um ein Nahrungsergänzungsmittel handelt. Im Gegensatz zu Arzneimitteln ist dies keine Leistung der GKV. Aus rechtlicher Sicht liegt ein Lebensmittel vor, das dafür bestimmt ist, die Ernährung zu ergänzen. Im Gegensatz zu Arzneimitteln ist kein Zulassungsverfahren erforderlich. Deshalb handelt es sich generell um keine Kassenleistung.

Die Klägerin war dagegen der Ansicht, dass ihr individueller Gesundheitszustand berücksichtigt werden muss.

Entscheidung

Das Landessozialgesetz entschied, dass Nahrungsergänzungsmittel keine Arzneimittel im Rechtssinne sind. Damit bestätigte es die Rechtsauffassung der Krankenkasse. Nahrungsergänzungsmittel sind – mit wenigen Ausnahmen – von der Versorgung durch die GKV ausgeschlossen. Die Arzneimittelrichtlinien sehen einen generellen Ausschluss vor. Eine individuelle Einzelfallprüfung ist nicht vorgesehen. Es spielt auch keine Rolle, dass das Präparat kostenintensiv ist und bei der Klägerin zu wirtschaftlichen Belastungen führt. Ein Nahrungsergänzungsmittel wird nicht durch einen hohen Preis oder eine besondere persönliche Bedarfslage zum Arzneimittel.

  1. Wann ein Büro- und Organisations-Bonus eines Vermögensberaters umsatzsteuerfrei ist

 

Der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision eines Vermögensberaters als Aufstockung der Grundprovision ist umsatzsteuerfrei. Dabei handelt es sich nämlich um eine steuerbefreite Vermittlungsleistung.

Hintergrund

Die A vermittelt als Allfinanzvertrieb Finanzprodukte zwischen Versicherungen, Banken bzw. Bausparkassen und Privat- und Firmenkunden. Der Kläger ist als selbstständiger, gebundener Vermögensberater ausschließlich für A tätig und vermittelt für A Finanzprodukte. Außerdem sollte er neue Vermögensberater mit vertraglicher Bindung nur an die A gewinnen, diese schulen und führen und seine Vermittlungserfolge durch Einsatz dieses Stammes von Vermögensberatern (sog. Gruppenumsatz) zugunsten der A optimieren. Weiterhin war die Aufgabe des Klägers, Kunden selbst zu beraten und ihnen die Produkte der A zu vermitteln (sog. Eigenumsatz).

Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger unterschiedliche Leistungen wie erfolgsabhängige Provisionen für die Eigen- und Gruppenumsätze sowie Boni und Zuschüsse (z. B. Grundprovision, Leistungsbonus-Praxis, Kundenleistungsbonus, Büro- und Organisations-Bonus, Förderprovision).

Nach Auffassung des Finanzamts handelte es sich bei dem Büro- und Organisations-Bonus bzw. der Förderprovision nicht um umsatzsteuerfreie Vermittlungsleistungen, da diese von A freiwillig und zum Aufbau eines Strukturvertriebs separat gezahlt worden waren.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der erhaltene Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 8 UStG und § 4 Nr. 11 UStG ist. Diese Umsatzsteuerbefreiung hängt von 2 Voraussetzungen ab:

  • Zum einen muss der Dienstleistungserbringer sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen.
  • Zum anderen muss seine Tätigkeit wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit umfassen (wie Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen).

Dagegen ist die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebs einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern nur steuerfrei, wenn der Unternehmer durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, wobei auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen ist.

Nach Überzeugung des Finanzgerichts stellt der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision eine Aufstockung der von der A für Gruppenumsätze gezahlten – vom Finanzamt als steuerfrei behandelten – Grundprovision dar. Zwischen der Zahlung des Büro- und Organisations-Bonus bzw. der Förderprovision bestand jeweils ein spezifischer und wesentlicher Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften, weil diese auf das jeweilige steuerfreie Gruppengeschäft zurückzuführen sind. Der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision hängen lediglich vom Gesamterfolg der A und dem erwirtschafteten (Mindest-) Gruppenumsatz des Vermögensberaters ab. Sinkt der Gesamtumsatz der A, kann auch der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision seitens der A entsprechend angepasst werden. Im Übrigen konnte der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision auf den einzelnen vermittelten Versicherungsvertrag zurückverfolgt werden.

Auch wurde der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision unabhängig davon gezahlt, ob der jeweilige Vermögensberater in dem jeweiligen Jahr tatsächlich neue Vermögensberater für die A gewonnen hatte. Die A zahlte den Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision daher nicht für eine schädliche Anwerbetätigkeit neuer Vermögensberater und den Aufbau eines Strukturvertriebs.

Land- und Forstwirtschaft

  1. Hofübergabe gegen Versorgungsleistungen: Leibrente oder dauernde Last?

Sind wiederkehrende Leistungen in einem vor dem 1.1.2008 abgeschlossenen Vermögensübergabevertrag vereinbart worden, liegen dauernde Lasten vor, wenn sie abänderbar sind. Eine Abänderbarkeit kann auch dann gegeben sein, wenn die Übernahme des pflegebedingten Mehrbedarfs teilweise ausgeschlossen ist. 

Hintergrund

X hatte im Jahr 2004 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb übernommen. Im Gegenzug verpflichtete er sich, seinen Eltern bzw. dem Längstlebenden neben einem Wohnrecht monatlich 1.000 EUR als dauernde Last zu zahlen. Bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse kann jeder Vertragsteil eine Änderung des Geldbetrags verlangen. Änderungen in der Bedürftigkeit der Eltern, die durch Wegzug aus ihrer Wohnung bedingt sind, bleiben außer Betracht. Das wurde im Jahr 2011 auch für die Unterbringung in einem Heim klargestellt.

Das Finanzamt berücksichtigte für die Jahre 2012 bis 2014 die Zahlungen des X i. H. v. 12.000 EUR/Jahr nicht als dauernde Last in voller Höhe, sondern nur als Leibrente mit dem Ertragsanteil von 20 % (2.400 EUR/Jahr).

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Die wiederkehrenden Barleistungen sind als dauernde Last in vollem Umfang abziehbar, da sie abänderbar vereinbart worden waren.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil. Er entschied, dass abänderbare Versorgungsleistungen und damit dauernde Lasten auch dann noch gegeben sind, wenn die Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen eines pflegebedingten Mehrbedarfs zwar eingeschränkt wird, für die Anwendung der Abänderungsklausel aber noch ein relevanter Anwendungsbereich verbleibt.

Wiederkehrende Leistungen in Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe stellen dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind. Maßgeblich für die Änderbarkeit ist, ob der Vertrag eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt.

Die Abänderbarkeit kann auch gegeben sein, obwohl eine Änderung bei Heimunterbringung oder dauernder Pflegebedürftigkeit ausgeschlossen sein soll. Erforderlich ist dann aber, dass für den gleichwohl bestehenden pflegebedingten Mehraufwand ein relevanter Anwendungsbereich für eine entsprechende Abänderbarkeit der Leistungen verbleibt. Eine uneingeschränkte Abänderbarkeit wegen jeder Form des pflegebedingten Mehrbedarfs wird somit für die Einordnung als dauernde Last nicht gefordert. Die Änderbarkeit der Leistungen kann vielmehr auch dann noch bejaht werden, wenn die Abdeckung eines pflegebedingten Mehrbedarfs des Übergebers durch den Übernehmer lediglich für eine Heimunterbringung ausgeschlossen wird.

Hiervon ausgehend genügt es für die Annahme einer dauernden Last, wenn der Mehrbedarf wegen (dauernder) Pflegebedürftigkeit im Versorgungsvertrag wenigstens über einen der 3 möglichen Durchführungswege der Pflege abgedeckt wird. Es genügt die Verpflichtung des Vermögensübernehmers

  • zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang des Pflegegrades 2)
  • zur Übernahme von zusätzlichen Kosten für die häusliche Pflege in entsprechendem Mindestumfang
  • zur Übernahme der im Rahmen einer externen Pflege der Übergeber entstehenden Kosten in vergleichbarer Höhe.

Lediglich der vollständige Ausschluss einer Anpassung der persönlichen oder finanziellen Versorgungsleistungen im Fall des Eintritts dauernder Pflegebedürftigkeit schließt den Vollabzug der Versorgungsleistungen als dauernde Last aus. Es kommt dann „nur“ die Berücksichtigung als Leibrente in Betracht.

Lohn und Gehalt

  1. Ausfallhonorar eines Architekten: Entgelt oder Schadensersatz?

Wird ein Architektenvertrag gekündigt und ein Ausfallhonorar für noch nicht erbrachte Leistungen vereinbart, stellt sich die Frage, ob insoweit ein umsatzsteuerpflichtiger Umsatz vorliegt.

Hintergrund

Der Kläger A war selbstständiger Landschaftsarchitekt. Er übernahm für den X-Kreis die Gestaltung der Außenanlagen von 2 Schulen. Nach dem Architektenvertrag sollte A als Auftragnehmer bei einer Kündigung aus einem nicht von ihm zu vertretenden Grund die vereinbarte Vergütung unter Anrechnung der ersparten Aufwendungen für die nicht erbrachten Leistungen erhalten.

Später konnte X das Projekt aus finanziellen Gründen nicht mehr realisieren. Daraufhin einigten sich A und X darauf, dass A für tatsächlich erbrachte Leistungen ein Honorar von 22.000 EUR und darüber für die noch nicht erbrachten Leistungen ein „Ausfallhonorar von 52.000 EUR (ohne Umsatzsteuer)“ erhält.

A behandelte nur das Honorar für die bereits erbrachten Leistungen als umsatzsteuerpflichtigen Umsatz, nicht jedoch das Ausfallhonorar. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass es sich bei der als Ausfallhonorar bezeichneten Leistung um die Gegenleistung für den Verzicht des A auf die Erfüllung des Architektenvertrags handelte. Aus der Gegenleistung ist deshalb die Umsatzsteuer herauszurechnen. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.

Die Besteuerung einer Lieferung oder sonstigen Leistung setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraus. Der Leistungsempfänger muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. Demgegenüber sind Entschädigungen grundsätzlich kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung erfolgt, sondern weil der Zahlende für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. In diesen Fällen besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Leistung. Die Abgrenzung bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.

Die Vergütung, die der Unternehmer nach Auflösung eines Werklieferungsvertrags vereinnahmt, ohne das teilweise vollendete Werk geliefert zu haben, ist kein Entgelt. Es liegt nur insoweit ein steuerbarer Umsatz vor, als die Vergütung auf schon erbrachte Leistungsteile entfällt.

Die Vereinbarung zwischen A und X betrifft ein Honorar für „tatsächlich erbrachte Planungsleistungen“ und daneben ein „Ausfallhonorar“. Hier ist zum einen fraglich, weshalb die Beteiligten mit dem „Ausfallhonorar“ eine weitere Gegenleistung für eine steuerbare Leistung vereinbart haben sollen. Zum anderen könnte die Aufteilung der Zahlung in 2 Bestandteile zum Zweck der Verhinderung der Umsatzsteuer erfolgt sein. Die Vereinbarung wäre dann nicht ernsthaft gewollt und würde zur Einbeziehung des vollen Betrags in die Gegenleistung führen.

Ein entgeltlicher Leistungsaustausch kann auch vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet. Im Streitfall bestehen insoweit aber Zweifel, wenn A den Architektenvertrag bereits vor der Aufhebungsvereinbarung gekündigt hat. In diesem Falle verfügte er im Zeitpunkt der Besprechung über die Vertragsaufhebung und das Ausfallhonorar möglicherweise über keine Rechtsposition aus dem Architektenvertrag mehr, auf die er gegen Entgelt hätte verzichten können.

Zur weiteren Aufklärung dieser fraglichen Umstände verwies der Bundesfinanzhof die Sache an das Finanzgericht zurück.

  1. Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG: Verbrauch auch bei fehlerhafter Berücksichtigung?

Die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 3 EStG für außerordentliche Einkünfte kann ein Steuerpflichtiger nur einmal im Leben in Anspruch nehmen. Ein Verbrauch tritt auch dann ein, wenn das Finanzamt die Vergünstigung zu Unrecht gewährt hat.

Hintergrund

X schied im Jahr 2016 aus der Gemeinschaftspraxis aus, an der er beteiligt war. Für den Veräußerungsgewinn beantragte er den ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG. Das Finanzamt lehnte dies ab, da X die Ermäßigung bereits im Jahr 2006 gewährt worden war. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG (Fünftelregelung).

In dem Einkommensteuer-Bescheid 2006 hatte das Finanzamt bei den Einkünften des X einen „Veräußerungsgewinn“ von 40.000 EUR erfasst und für diesen die Tarifbegünstigung gem. § 34 Abs. 3 EStG gewährt, was zu einer Steuerminderung von rund 8.000 EUR führte. Bei dem Betrag von 40.000 EUR handelte es sich allerdings nicht um einen Veräußerungsgewinn des X, sondern um Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung an die Gemeinschaftspraxis, die dem X anteilig als laufende tarifbegünstigte Einkünfte zugerechnet worden waren. Das Finanzamt hatte die Mitteilung über die anteiligen Einkünfte an der Gemeinschaftspraxis 2006 fehlerhaft ausgewertet und X die Tarifbegünstigung gem. § 34 Abs. 3 EStG für diese Einkünfte gewährt, obwohl X weder einen entsprechenden Veräußerungsgewinn erzielt noch einen Antrag auf Gewährung der Tarifbegünstigung gestellt hatte.

Das Finanzgericht gab der Klage gegen die Versagung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG für 2016 statt, da der ermäßigte Steuersatz durch die fehlerhafte Gewährung im Jahr 2006 nicht verbraucht war.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab.

Der Verbrauch der Steuersatzermäßigung gilt selbst dann, wenn das Finanzamt die Vergünstigung ohne Antrag des Steuerpflichtigen gewährt und ein Betrag begünstigt besteuert wird, bei dem es sich tatsächlich nicht um einen Veräußerungsgewinn handelt.

Die Steuersatzermäßigung kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine antragsgebundene Steuervergünstigung, die dem Steuerpflichtigen nur einmal gewährt werden kann, für die Zukunft auch dann „verbraucht“, wenn die Vergünstigung vom Finanzamt zu Unrecht gewährt worden ist, insbesondere ein erforderlicher Antrag nicht gestellt wurde. Entscheidend ist allein, dass sich die Vergünstigung auf die frühere Steuerfestsetzung ausgewirkt hat und sie dort nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Wenn der Steuerpflichtige sich die Möglichkeit vorbehalten will, die Vergünstigung in einem späteren Jahr in Anspruch zu nehmen, muss er die Steuerfestsetzung anfechten, in der ihm die Vergünstigung zu Unrecht gewährt worden ist.

Etwas anderes gilt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nur dann, wenn für den Steuerpflichtigen angesichts der geringen Höhe der Vergünstigung und des Fehlens eines Hinweises im Bescheid nicht erkennbar war, dass das Finanzamt die Vergünstigung ohne den erforderlichen Antrag gewährt hat. Ein Verbrauch tritt daher auch dann ein, wenn überhaupt kein begünstigungsfähiger Veräußerungsgewinn vorgelegen hat und auch kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Entscheidend ist allein, dass der Steuerpflichtige den ihn begünstigenden Irrtum des Finanzamts erkennt und billigt.

Dem Gesetzeswortlaut ist nicht zu entnehmen, dass der Verbrauch nur eintritt, wenn die Tarifermäßigung für einen tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinn in Anspruch genommen wird. Aus dem Wortlaut ist auch nicht herzuleiten, dass eine zum Verbrauch führende „Inanspruchnahme“ der Vergünstigung nur vorliegt, wenn der Steuerpflichtige einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Die Formulierung „in Anspruch nehmen“ verdeutlicht zwar, dass dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zusteht, zwingt aber nicht zu der Annahme, für eine Inanspruchnahme sei ein aktives Handeln des Steuerpflichtigen erforderlich.

Die Steuersatzermäßigung soll nicht mehrfach („nur einmal im Leben“) gewährt werden. Dies wäre jedoch der Fall, wenn eine zu Unrecht gewährte, vom Steuerpflichtigen gebilligte Ermäßigung gem. § 34 Abs. 3 EStG, die sich endgültig mindernd auf die Steuerfestsetzung ausgewirkt hat, nicht zu deren Verbrauch führen würde.

Vorliegend hatte X die unzutreffende Behandlung der Einkünfte erkannt und gebilligt. Durch einen Einspruch hätte er den Verbrauch der Vergünstigung verhindern können.

Private Immobilienbesitzer

  1. Kosten fürs Baumfällen sind als Betriebskosten umlagefähig 

Muss ein morscher, nicht mehr standsicherer Baum gefällt werden, handelt es sich hierbei um umlagefähige Kosten der Gartenpflege und damit um Betriebskosten, die der Mieter entsprechend der Vereinbarung im Mietvertrag tragen muss.

Hintergrund

Eine Wohnungsgenossenschaft und die Mieterin einer Wohnung haben im Mietvertrag vereinbart, dass die Mieterin die auf ihre Wohnung entfallenden Betriebskosten trägt.

Die Vermieterin hatte eine über 40 Jahre alte Birke auf dem Grundstück fällen lassen, weil der Baum morsch und nicht mehr standfest war. Die Kosten von 2.500 EUR legte sie im Rahmen der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter um.

Von den Kosten des Baumfällens entfielen auf die Mieterin 415 EUR. Die Mieterin meint, die Vermieterin hätte diese Kosten nicht als Kosten der Gartenpflege umlegen dürfen.

Entscheidung

Die Klage der Mieterin hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Kosten der Fällung des morschen und nicht mehr standsicheren Baums zu den umlagefähigen „Kosten der Gartenpflege“ im Sinne der Betriebskostenverordnung (BetrKV) gehören.

Diese umfasst die Kosten der Pflege von zum Wohnanwesen gehörenden, gemeinschaftlichen Gartenflächen, die nicht dem Vermieter oder anderen Mietern zur alleinigen oder der Öffentlichkeit zur allgemeinen Nutzung überlassen sind. Ob der Mieter diese Gartenfläche auch tatsächlich nutzt, ist unerheblich.

Die Fällung und Beseitigung eines nicht mehr standfesten Baums sind regelmäßig objektiv erforderliche Maßnahmen der Gartenpflege. Zwar sind in der BetrKV Baumfällarbeiten nicht ausdrücklich genannt, jedoch die Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen. Bäume sind Gehölze in diesem Sinne. Die Erneuerung setzt das vorherige Entfernen voraus, sodass das Entfernen nicht ausdrücklich genannt werden musste.

Der Einordnung der Baumfällkosten als Betriebskosten steht auch nicht entgegen, dass diese nicht jährlich oder in festgelegten Abständen entstehen. Bei Pflanzen und Gehölzen ist Erneuerungsbedarf in zeitlicher Hinsicht nicht in dem Maße vorhersehbar wie bei anderen Betriebskosten, da es sich bei Pflanzen und Gehölzen um Lebewesen handelt und sie daher nicht ohne Weiteres mit den anderen, auf baulichen und technischen Gegebenheiten beruhenden Betriebskosten vergleichbar sind. Die BetrKV unterscheidet auch nicht zwischen kurz- und langlebigen Gehölzen. Damit sind der Entstehung von „Kosten der Gartenpflege“ längere, nicht sicher vorherbestimmbare Zeitintervalle immanent.

Schließlich sind die Kosten einer Baumfällung für einen Mieter, der die mit Bäumen versehene Gartenanlage nutzen und damit vom entsprechenden Wohnwert profitieren kann, auch vorhersehbar.

  1. Übertragung von Vermögen auf ein Kind: Versorgungsleistung oder entgeltliche Übertragung?

Wird Vermögen gegen Versorgungsleistungen übertragen, ist dies nur dann unentgeltlich, wenn es sich um begünstigtes Vermögen handelt. Übertragungen von nicht begünstigtem Vermögen sind entgeltlich oder teilentgeltlich.

Hintergrund

Im Jahr 2011 übertrug der Vater V ein vermietetes Mehrfamilienhaus auf seine Tochter T. Nach dem Grundstücksübertragungsvertrag erfolgte die Übertragung „unentgeltlich“. Zugunsten des V war jedoch „als Gegenleistung“ eine lebenslange, wiederkehrende, nicht wertgesicherte Leistung von monatlich 2.000 EUR zu erbringen. Zur Absicherung wurde eine Reallast zugunsten des V eingetragen. Darüber hinaus verpflichtete T sich, V von der Mithaft für die im Grundbuch eingetragenen dinglichen Belastungen freizustellen sowie über den Grundbesitz nur mit Zustimmung des V zu verfügen.

Nachdem eine Grundpfandgläubigerin die vorgesehene Schuldübernahme nicht genehmigt hatte, löste V die noch offenen Darlehen ab und T verpflichtete sich in einem geänderten Grundstücksübertragungsvertrag, dem V den für die Ablösung der Darlehen aufgewendeten Betrag (50.000 EUR) zu ersetzen. Die monatliche Leistung wurde auf 2.500 EUR erhöht.

T machte für das Jahr 2013 die Zahlungen an V (2.500 EUR x 12 Monate = 30.000 EUR) als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem vermieteten Mehrfamilienhaus geltend. Das Finanzamt sah in den Zahlungen eine Leibrente und berücksichtigte lediglich den Ertragsanteil (3.900 EUR jährlich) als Werbungskosten.

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass es sich weder um Werbungskosten noch um Sonderausgaben handelte, sondern die Zahlungen dem Privatbereich zuzuordnen sind.

Entscheidung

Die Revision hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass es sich bei den von T geschuldeten Leistungen um Entgelte im Rahmen einer teilentgeltlichen Vermögensübergabe handelt. Die Zahlungen stellen keine nicht abziehbaren Aufwendungen und auch keine zum Sonderausgabenabzug zugelassene Versorgungsleistungen dar. Die wiederkehrenden Leistungen sind vielmehr als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Bei der Übertragung von Vermögen von Eltern auf Kinder gegen eine Gegenleistung handelt es sich grundsätzlich nicht um einen unentgeltlichen Vorgang, sondern um ein (teil-)entgeltliches Geschäft. Das gilt auch dann, wenn im Einzelfall vermutet wird, dass die Gegenleistung einen familiären, unentgeltlichen Charakter hat. Abweichend hiervon wird jedoch die dem Grunde nach teilentgeltliche Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen i. S. d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG zur Prolongierung derartiger Vermögensübergänge als unentgeltlicher Vorgang fingiert. Gleichwohl verbleibt es in anderen Fällen bei dem Grundsatz, dass die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen dem Grunde nach als entgeltlich anzusehen ist, da sie im Austausch mit einer Gegenleistung in Form der Versorgungsleistung erfolgt.

Die monatlichen Zahlungen der T sind nicht dem Privatbereich zuzuordnen. Es handelt sich weder um Unterhaltsleistungen noch um Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht.

Es liegen auch keine Sonderausgaben vor. Denn die Zahlungen der T beruhen nicht auf der Übergabe eines begünstigten Vermögens.

Nutzt aber der Übernehmer das übertragene Vermögen zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, führen die an den Übergeber entrichteten wiederkehrenden Leistungen in Höhe ihres Barwerts (Tilgungsanteil) zu Anschaffungskosten und folglich im Wege der AfA zu Werbungskosten. Der Zinsanteil stellt ebenfalls Werbungskosten dar und ist sofort abziehbar. Auch soweit der Übernehmer weitere Gegenleistungen erbringt und damit Anschaffungskosten trägt (hier für die Ablösung der Darlehen), können diese über die AfA als Werbungskosten abgezogen werden.

Soweit T das übertragene Vermögen entgeltlich erworben hat, stellen die monatlichen Zahlungen in Höhe des Barwerts „verrentete“ Anschaffungskosten dar, die im Rahmen der AfA zu berücksichtigen sind. Auch der Aufwand für die Ablösung der Darlehen führt zu entsprechender AfA. Der Ertragsanteil der monatlichen Zahlungen ist als sofort abziehbare Werbungskosten zu berücksichtigen. Soweit die T unentgeltlich erworben hat, hat sie keine eigenen Anschaffungskosten getragen. Die AfA bemisst sich insoweit nach den (anteiligen) Anschaffungs- und Herstellungskosten des Rechtsvorgängers V und nach dem Hundertsatz, der für den Rechtsvorgänger maßgebend sein würde, wenn er noch Eigentümer wäre, und zwar bis zur Höhe des vom Rechtsvorgänger noch nicht ausgeschöpften AfA-Volumens.

Sonstige Steuern

  1. Vor- und Nachvermächtnis: Wer erwirbt von wem?

Bei einem Vermächtnis, das beim Tod des Beschwerten fällig wird, erwirbt der Vermächtnisnehmer erbschaftsteuerrechtlich vom Beschwerten. Gibt es ein Vor- und Nachvermächtnis und fällt der Vorvermächtnisnehmer vor Fälligkeit des Vermächtnisses weg, erwirbt der Nachvermächtnisnehmer ebenfalls vom Beschwerten.

Hintergrund

Der Erblasser E war Eigentümer eines Hausgrundstücks. Im Testament hatte er seine Ehefrau F zur Alleinerbin bestimmt und das Grundstück seinem Neffen N vermacht. Das Vermächtnis sollte zwar mit dem Tod des E anfallen. Die Übereignung des Grundstücks konnte der N jedoch erst nach dem Tod der F verlangen. Sollte N nach Anfall, aber vor Fälligkeit des Vermächtnisses sterben, waren dessen Abkömmlinge als Nachvermächtnisnehmer bestimmt.

N verstarb 2011 und wurde durch X und dessen Bruder beerbt. 2012 verstarb F. Danach wurde das Grundstück in Erfüllung des Nachvermächtnisses zu je ½ auf X und dessen Bruder übertragen.

Das Finanzamt setzte gegenüber X Erbschaftsteuer für einen vermächtnisweisen Erwerb von Todes wegen von F fest. X beantragte die Anwendung der Steuerklasse I für einen Erwerb von seinem Vater N. Das Finanzamt wandte dagegen die Steuerklasse III an, ausgehend von dem Verwandtschaftsverhältnis des X zu F bzw. zu E als Großneffe.

Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Revision hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied: Das Vermächtnis stellt erbschaftsteuerrechtlich einen Erwerb von Todes wegen nach F auf den Zeitpunkt seiner Fälligkeit dar. Dieser Erwerb war nach Steuerklasse III zu besteuern.

Der Anfall der Nacherbschaft gilt grundsätzlich als Erwerb vom Vorerben. Der Vorerbe gilt als Erbe. Sein Erwerb unterliegt in vollem Umfang der Erbschaftsteuer. Bei Eintritt der Nacherbfolge haben diejenigen, auf die das Vermögen übergeht, den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern. Die Vorschrift fingiert, dass der Nacherbe Erbe des Vorerben wird. Auf Antrag ist der Versteuerung das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen.

  • 6 Abs. 4 ErbStG überträgt diese Systematik auf Vor- und Nachvermächtnisse sowie auf Vermächtnisse, die erst mit dem Tod des Beschwerten fällig werden. Es wird fingiert, dass der Nachvermächtnisnehmer das Vermächtnis vom Vorvermächtnisnehmer erwirbt. Der Nachvermächtnisnehmer hat bei Eintritt des Nachvermächtnisfalls den Erwerb seines Vermächtnisses als vom Vorvermächtnisnehmer stammend zu versteuern und kann nur auf Antrag der Versteuerung sein Verhältnis zum Erblasser zugrunde legen.

Beim Tod des Beschwerten fällige Vermächtnisse stehen den Nacherbschaften gleich. Der durch ein solches betagtes Vermächtnis Beschwerte gilt als Vermächtnisnehmer nach dem Erblasser. Der Vermächtnisnehmer des betagten Vermächtnisses erwirbt vom Beschwerten. Der Tod des Beschwerten begründet erst den steuerbaren Tatbestand. Auf Antrag der Besteuerung ist das Verhältnis zum Erblasser zugrunde zu legen.

Ist ein Vermächtnis erst mit dem Tod des beschwerten Erben fällig und ein zweiter Vermächtnisnehmer für den Fall bestimmt, dass der erste Vermächtnisnehmer vor Fälligkeit des Vermächtnisses verstirbt, erwirbt der zweitberufene Vermächtnisnehmer von dem beschwerten Erben, nicht aber vom erstberufenen Vermächtnisnehmer. Zeitpunkt des Erwerbs ist der Tod des Erben. Ist mit dem Tod des beschwerten Erben das Vermächtnis fällig geworden, liegt bei dem zweiten Vermächtnisnehmer ein der Nacherbschaft gleichstehender Erwerb vor. Der beschwerte Erbe steht dem Vorerben gleich und gilt als Erbe. Der zweite Vermächtnisnehmer steht dem Nacherben gleich und hat das Vermächtnis auf diesen Zeitpunkt als vom beschwerten Erben stammend zu versteuern.

Mit dem Tod des E hatte N noch keinen Vermächtniserwerb zu versteuern. Das Vermächtnis war noch nicht fällig, da F noch nicht verstorben war. Dasselbe galt für X beim Tod des N. Die Fälligkeit des Vermächtnisses trat erst mit dem Tod der F ein. Auf diesen Zeitpunkt hat X es als von F stammend zu versteuern. In diesem Verhältnis ist die Steuerklasse III anzuwenden.

Steuerrecht Privatvermögen

  1. Kinderbetreuung: Fahrtkostenersatz darf nicht bar gezahlt werden

Fahrtkostenerstattungen an die Betreuungsperson sind als Kinderbetreuungskosten und damit als Sonderausgaben abzugsfähig. Voraussetzung ist, dass die Leistungen im Einzelnen in der Rechnung oder im Vertrag aufgeführt werden. Außerdem darf der Fahrtkostenersatz nicht bar geleistet werden.

Hintergrund

Die Klägerin machte Aufwendungen für Fahrten der Großmutter der Kinder zur Kinderbetreuung i. H. v. jährlich 2.340 EUR als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt ließ diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu, da keine Rechnungen vorgelegt und die Zahlungen nicht durch Überweisungen nachgewiesen wurden. Als Nachweis der Fahrtkosten legte die Klägerin Rechnungen der Großmutter vor und verwies darauf, dass die Klägerin mit der Großmutter der Kinder einen Vertrag zur unentgeltliche Kinderbetreuung abgeschlossen hatte. In diesem war auch vereinbart worden, dass die Fahrtkosten i. H. v. 0,30 EUR je gefahrenem Kilometer erstattet werden. Da die Erstattungen in bar erfolgten, versagte das Finanzamt die Anerkennung als Sonderausgaben.


Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Der Grund: Die Klägerin hatte die Aufwendungen der Großmutter in bar erstattet. Bei einer Barzahlung ohne Einbindung eines Kreditinstituts und damit ohne jegliche bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs waren jedoch die formellen Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs nicht erfüllt.

Im Streitfall konnte daher offenbleiben, ob die Kinderbetreuung durch die Großmutter eine Leistung auf familienrechtlicher Grundlage war und daher ein steuermindernder Abzug als Sonderausgaben ausscheidet.

Steuerrecht Unternehmer

  1. Bauträgerfälle: Wann wird die Verjährung gehemmt?

Ist in sog. Bauträgerfällen bereits Festsetzungsverjährung beim Bauleistenden eingetreten, führt ein Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers, also des Bauträgers, nicht zu einer Ablaufhemmung für die Steuerfestsetzung beim Bauleistenden.

Hintergrund

Die Tischlerei-KG T erbrachte im Jahr 2009 Bauleistungen an einen Bauträger, die Firma X. Die Vertragspartner gingen entsprechend der damaligen Regelung davon aus, dass die X als Leistungsempfängerin die Umsatzsteuer schuldet. Die T wies daher keine Umsatzsteuer aus und erfasste diesen Umsatz auch nicht in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2009. Nach Zustimmung des Finanzamts stand die Umsatzsteuer-Jahreserklärung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich.

Im Anschluss an das Urteil des Bundesfinanzhofs v. 22.8.2013 (V R 37/10 (BStBl 2014 II S. 128) beantragte die X als Leistungsempfängerin die Erstattung der von ihr als Steuerschuldnerin nach § 13b UStG a.F. an das Finanzamt gezahlten Umsatzsteuer.

Das Finanzamt forderte die T auf, eine berichtigte Umsatzsteuer-Erklärung für 2009 unter Berücksichtigung des Umsatzes an die Firma X einzureichen. Dem kam die T nicht nach, weil sie davon ausging, dass bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war und die Umsatzsteuer-Festsetzung 2009 daher vom Finanzamt nicht mehr geändert werden konnte. Aufgrund des Vorbehalts der Nachprüfung erließ das Finanzamt einen geänderten Umsatzsteuer-Bescheid 2009 und erhöhte unter Hinweis auf eine Hemmung der Verjährung die Umsätze zum Regelsteuersatz um das Nettoentgelt für die Bauleistung der T an die X.

Das Finanzgericht gab der Klage der T statt.

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Festsetzungsfrist für den Erlass des Umsatzsteuer-Änderungsbescheids 2009 nicht gehemmt war.

Die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer beträgt 4 Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steuerpflichtige seine Jahressteuererklärung beim Finanzamt eingereicht hat. T hatte ihre Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2009 am 30.12.2010 beim Finanzamt eingereicht. Die Festsetzungsfrist begann daher mit Ablauf des Jahres 2010 und endete mit Ablauf des 31.12.2014. Im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Umsatzsteuer-Änderungsbescheids vom 26.3.2018 war die reguläre Festsetzungsfrist somit bereits seit mehreren Jahren abgelaufen.

  • 171 AO hemmt nur den Ablauf einer offenen Festsetzungsfrist, kann diese aber nach einmal eingetretener Festsetzungsverjährung nicht erneut anlaufen lassen. Denn Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen durch Verjährung. Das Erlöschen ist endgültig, sodass ein erloschener Anspruch nicht wieder aufleben kann. Ereignisse, die eine Hemmung der Verjährung bewirken könnten, gehen daher nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ins Leere. Auch bei § 171 Abs. 14 AO kommt es somit darauf an, dass dieser Erstattungsanspruch bereits vor Ablauf der Festsetzungsfrist entstanden ist.

Die Voraussetzungen für die Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 14 AO, wonach die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch nicht endet, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch noch nicht verjährt ist, liegen nicht vor. Denn der Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch gegenüber der Firma X als Leistungsempfängerin entstand erst nach Ablauf der für die T geltenden Festsetzungsfrist. Die Leistungsempfängerin (Firma X) beantragte die Erstattung der seinerzeit als Steuerschuldnerin zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer am 30.12.2014. Der entsprechende Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 2009 konnte daher frühestens im Jahr 2015 ergangen sein. Da der Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch der Leistungsempfängerin erst mit der Änderung des Umsatzsteuer-Bescheids 2009 gegenüber der Firma X frühestens im Jahr 2015 entstanden sein kann, ist eine Hemmung nach § 171 Abs. 14 AO ausgeschlossen. Denn die reguläre Festsetzungsverjährung trat bereits mit Ablauf des 31.12.2014 ein.

  1. Falsche zeitliche Zuordnung von Hinzuschätzungen: Bescheid kann geändert werden

Ist ein Steuerbescheid aufgrund einer irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ergangen und wird dieser geändert, können gleichzeitig aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine GbR. Das Finanzamt stellte die Besteuerungsgrundlagen der Klägerin für das Jahr 2008 zunächst erklärungsgemäß fest. Nachdem bei einer Betriebsprüfung für das Jahr 2008 erhebliche Bargeldfehlbeträge festgestellt worden waren, nahm das Finanzamt eine Hinzuschätzung bei den Erlösen von insgesamt 150.000 EUR vor. Diese verteilte es gleichmäßig auf die geprüften Jahre 2008 bis 2010. Die Klägerin war der Ansicht, dass für 2009 und 2010 die Hinzuschätzungen zu Unrecht erfolgt waren. Für das Jahr 2008 festgestellte Bargeldfehlbeträge könnten keine Hinzuschätzungen in den Folgejahren rechtfertigen. Das Finanzamt half den Einsprüchen ab und erließ zudem einen auf § 174 AO gestützten Änderungsbescheid für das Jahr 2008. In diesem erhöhte es die bisher berücksichtigten Hinzuschätzungen um weitere 100.000 EUR.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt den bisherigen Hinzuschätzungsbetrag erhöhen durfte. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO lagen im Hinblick auf den geänderten Feststellungsbescheid 2008 vor, denn die vom Finanzamt hinzugeschätzten Einnahmen stellten einen Sachverhalt i. S. d. § 174 AO dar.

Ein bestimmter Sachverhalt in diesem Sinne ist jeder einzelne Lebensvorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Erfasst werden nicht nur einzelne steuererhebliche Tatsachen, sondern der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex. Der dem geänderten sowie der dem zu ändernden Steuerbescheid zugrunde liegende Sachverhalt müssen übereinstimmen, wobei eine vollständige Identität nicht erforderlich ist. Es können auch Schätzungsbescheide hierunter fallen, wenn die ihnen zugrunde gelegten Schätzungsgrundlagen den Sachverhaltsbegriff erfüllen, d. h. konkrete Einzelsachverhalte enthalten.

Vorliegend betrafen die hinzugeschätzten Einnahmen konkrete Einzelsachverhalte, nämlich die jeweilige Erwirtschaftung einkommensteuerpflichtiger Einnahmen. Das Finanzamt hatte aus dem Sachverhalt irrig steuerrechtliche Folgerungen gezogen, die sich nachträglich als unzutreffend erwiesen. Es war davon ausgegangen, dass 100.000 EUR der hinzuzuschätzenden Einnahmen steuerlich den Zeiträumen 2009 und 2010 zuzurechnen sind. Allerdings betraf der Hinzuschätzungsbetrag ausschließlich Einnahmen, die bereits im Jahr 2008 erwirtschaftet worden waren. Nur in diesem Jahr waren Bargeldfehlbeträge festgestellt worden. Die irrige Zuordnung der hinzugeschätzten Einnahmen zu den Besteuerungszeiträumen 2009 und 2010 war aufgrund des Einspruchs der Klägerin geändert worden, was von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO auch gefordert wird.

  1. Fehlende gesetzliche Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Kasse im Jahr 2015?

Hinsichtlich der Erfassung von Bareinnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb bestand im Jahr 2015 kein dem Gesetzgeber zuzurechnendes strukturelles Vollzugsdefizit – auch nicht bei sog. bargeldintensiven Betrieben mit offener Ladenkasse.

Hintergrund

Die X-KG betreibt mehrere Gaststätten. Im Rahmen der Veranlagung für 2015 war sie der Ansicht, dass bei bargeldintensiven Betrieben wie Gaststätten mindestens 15 % der Betriebseinnahmen hinterzogen würden. Damit liege ein strukturelles Vollzugsdefizit vor, das zu einer ungleichmäßigen Besteuerung führe. Die Besteuerung ihrer Bareinnahmen in vollen Umfang verstoße daher gegen den Gleichheitssatz.

Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Revision hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass ein zur (partiellen) Nichtigkeit der steuerlichen Regelung führendes strukturelles Vollzugsdefizit nicht besteht.

Trotz bestehender Probleme bei der Erhebung und Verifikation der Besteuerungsgrundlagen im Bereich der bargeldintensiven Geschäftsbetriebe, insbesondere in der Gastronomie, besteht für 2015 kein struktureller, dem Gesetzgeber zuzurechnender Erhebungsmangel.

Bereits im Jahr 2015 galten für bargeldintensive Betriebe (auch in der Gastronomie) umfangreiche Erklärungs-, Anzeige-, Aufzeichnungs- und Beleg-Aufbewahrungspflichten, die zur Verifikation (z.B. im Rahmen von Außenprüfungen) herangezogen werden können.

Es bestand auch bereits im Jahr 2015 ein erhöhtes Entdeckungsrisiko selbst für bargeldintensive Betriebe mit offener Ladenkasse. Die Finanzverwaltung konnte ohne weiteres bargeldintensive Betriebe verstärkt prüfen und Manipulationen bei Betrieben mit offener Ladenkasse aufzudecken (z.B. Chi-Quadrat-Test, Verprobung anhand der Vorjahre und der Richtsätze, Auswertung von Kontrollmitteilungen, Kassennachschau, Kassensturz).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass im Streitjahr ein (tatsächliches) Vollzugsdefizit bestanden hat, ist ein solches dem Gesetzgeber jedenfalls nicht zuzurechnen. Denn die im Streitjahr geltenden Normen waren nicht widersprüchlich auf Ineffektivität angelegt. Die Erhebungsregeln waren jedenfalls nicht derart ineffektiv, dass ein Unterlassen weiterer Regelungen bezüglich der Besteuerung von Betrieben mit offener Ladenkasse im Bereich der Gastronomie dem Gesetzgeber bereits für das Streitjahr als strukturelles Vollzugsdefizit angelastet werden könnte.

Es kann dahinstehen, ob jenseits eines normativen Erhebungsdefizits ein verfassungsrechtlich bedeutsames strukturelles Vollzugsdefizit auch darin bestehen kann, dass die Besteuerung aus politischen Gründen nicht vollzogen wird. Denn Anhaltspunkte für ein solches Vollzugsdefizit sind nicht ersichtlich.

  1. Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen einer Hygienefachkraft

Alten- und Pflegeheime engagieren häufig selbstständige Hygienefachkräfte. Deren Leistungen sind umsatzsteuerfrei.

Hintergrund

Strittig ist, ob und inwieweit der Kläger als selbstständige „Hygienefachkraft“ an „Alten- bzw. Pflegeheime“ im Jahr 2012 umsatzsteuerfreie Dienstleistungen erbracht hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind infektionshygienischen Leistungen des Klägers an Krankenhäuser steuerfrei. Nach Auffassung des Finanzamts sind die infektionshygienischen Leistungen des Klägers an „Alten- bzw. Pflegeheime“ weder steuerfrei nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG noch nach § 4 Nr. 16 UStG.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg.

Zwar sind die Leistungen des Klägers an Alten- und Pflegeheime nicht steuerfrei nach dem deutschen UStG. Jedoch kann sich der Kläger unmittelbar auf die unionsrechtliche Befreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen.

Bei den Leistungen des Klägers an Alten- und Pflegeheime handelt es sich weder um eine „ärztliche Heilbehandlung“ noch um eine infektionshygienische Leistung. Für beide Befreiungsnormen ist ein unmittelbarer Bezug der infektionshygienischen Leistungen zu einer Heilbehandlungstätigkeit in Krankenhäusern oder anderen medizinischen Einrichtungen erforderlich. Die Leistungsempfänger müssen mit den empfangenen Leistungen bei der Ausübung ihrer Heilbehandlungstätigkeit, die hierfür bestehenden medizinisch unerlässlichen und gesetzlich vorgeschriebenen infektionshygienischen Anforderungen im Einzelfall erfüllen. Dass bzw. in welchem Umfang die Alten- und Pflegeheime als Empfänger der Leistungen des Klägers solche Tätigkeiten ausgeübt haben, konnte der Kläger im Einzelfall nicht nachweisen und kann im Einzelfall auch nicht ohne Nachweis zu Gunsten des Klägers unterstellt werden.

Auch hatte der Kläger keine häusliche Krankenpflege durch die Alten-/Pflegeheime erbracht.

Der Kläger kann sich jedoch unmittelbar auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen. Danach befreien die Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen …, einschließlich derjenigen, die durch … Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden“. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger.