Unternehmer und Freiberufler
1. Kapitalertragsteuer kann nur noch beschränkt angerechnet werden
2. Arbeitsverhältnis zwischen Fremden: Kein Fremdvergleich wie bei Angehörigen
3. Wann Selbstständige ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen können
4. Einkünfteerzielungsabsicht bei Leerstand und Sanierungsbedarf
5. Freigesprochen, aber keine Kostenerstattung – der der Anwalt, der sich selbst verteidigt
6. Fristberechnung: Wenn es kompliziert wird, muss der Anwalt selber rechnen
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Arbeitszeitkonten von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern führen zu verdeckten Gewinnausschüttungen
2. Rangrücktritt mit Tilgung aus Bilanzgewinn und Liquidationsüberschuss
3. Pensionsrückstellungen: Überversorgung kann zu verdeckter Gewinnausschüttung führen
4. Dienstreise mit dem Privatflugzeug: Wann liegt eine unangemessene Repräsentation vor?
5. Darf der Abgeltungsteuersatz auch bei mittelbarer Beteiligung angewendet werden?

 

 

Unternehmer und Freiberufler

 

  1. Kapitalertragsteuer kann nur noch beschränkt angerechnet werden

 Steuertricks mit sog. Cum/Cum-Deals sollen unterbunden werden. Zu diesem Zweck wurde der neue § 36a EStG geschaffen. Zu dieser Missbrauchsvermeidungsnorm gibt es nun ein ausführliches Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung.

 Hintergrund

Ausländische Besitzer deutscher Aktien zahlen auf ihre Dividenden rund 15 % Kapitalertragsteuer. Bei einer sog. Cum/Cum-Transaktion überträgt der ausländische Anteilseigner seine Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag auf eine inländische Bank. Diese bezieht die Dividende. Kurz nach der Ausschüttung erwirbt der Anteilseigner die Aktien einschließlich Dividende zurück. Die Bank lässt sich die auf die Dividende abzuführende Kapitalertragsteuer anrechnen und teilt diese Steuerersparnis mit dem ausländischen Anleger.

Durch den neuen § 36a EStG ist eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer nur noch unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

 Neues Anwendungsschreiben

Die Finanzverwaltung hat nun ein umfassendes Anwendungsschreiben zu § 36a EStG veröffentlicht. Die wichtigsten Aussagen im Überblick:

  • Der für die Steueranrechnung erforderliche Mindesthaltezeitraum umfasst 45 Tage vor und 45 Tage nach der Fälligkeit der Kapitalerträge.
  • Voraussetzung für die Steueranrechnung ist, dass der Steuerpflichtige die Anteile oder Genussscheine ununterbrochen an mindestens 45 Tagen innerhalb des Mindesthaltezeitraums gehalten hat. Die Haltedauer beginnt an dem Tag, an dem der Steuerpflichtige das wirtschaftliche Eigentum erlangt und endet an dem Tag, an dem er das wirtschaftliche Eigentum verliert. Bei der Berechnung der Haltedauer dürfen nur diejenigen Tage einbezogen werden, an denen das wirtschaftliche Eigentum während des gesamten Kalendertags bestand.
  • Der Steuerpflichtige muss während der Mindesthaltedauer ununterbrochen das sog. Mindestwertänderungsrisiko tragen.
  • Sind die Anrechnungsvoraussetzungen nicht erfüllt, ist eine Anrechnung von 3/5 der erhobenen Kapitalertragsteuer ausgeschlossen.
  • Bei Personengesellschaften wird die anrechenbare Kapitalertragsteuer gesondert und einheitlich vom Finanzamt festgestellt. Erfüllt eine Personengesellschaft die neuen Anrechnungsvoraussetzungen nicht, beinhaltet die gesonderte und einheitliche Feststellung nur, dass weder die Anrechnungsvoraussetzungen noch der Ausnahmetatbestand erfüllt sind. Die Kapitalertragsteuer muss deshalb betragsmäßig in anrechenbare und nicht anrechenbare Kapitalertragsteuer aufgeteilt werden. Auf Ebene der Gesellschafter wird im Rahmen der Veranlagung entschieden, ob die Anrechnung tatsächlich beschränkt ist.

 

  1. Arbeitsverhältnis zwischen Fremden: Kein Fremdvergleich wie bei Angehörigen

 Verträge unter Angehörigen können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich anerkannt werden. Diese Grundsätze, insbesondere der Fremdvergleich, dürfen jedoch nicht auf Arbeitsverhältnisse zwischen fremden Dritten angewendet werden. Das gilt auch dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt haben.

 Hintergrund

Der Kläger K beschäftigte in seinem Ingenieurbüro seine ehemalige Lebensgefährtin L als einzige Bürokraft für einen Bruttolohn von 400 EUR. L nutzte ein Fahrzeug des K für betriebliche Fahrten und für private Zwecke. Durch den Abzug des geldwerten Vorteils blieb kein auszuzahlender Arbeitslohn übrig.

Das Finanzamt erkannte das Arbeitsverhältnis steuerlich nicht an. Auch wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht, sind seiner Ansicht nach die Grundsätze des Fremdvergleichs anzuwenden. Diesem Fremdvergleich hält das vorliegende Arbeitsverhältnis nicht stand.

 Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass das Arbeitsverhältnis zwischen K und L steuerlich anzuerkennen ist. Selbst wenn bei einer ehemaligen nichtehelichen Lebensgemeinschaft noch ein gewisses Näheverhältnis besteht, sind die Grundsätze für die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen, insbesondere der Fremdvergleich, hier nicht anzuwenden.

Und selbst wenn man die Fremdvergleichsgrundsätze im vorliegenden Fall anwenden würde, müsste das Arbeitsverhältnis steuerlich trotzdem anerkannt werden. Dass der gesamte Barlohn durch Sachlohn ersetzt wurde, steht dem nicht entgegen, da kein Grund ersichtlich ist, warum nicht fremde Dritte ebenfalls eine solche Regelung treffen könnten.

 

  1. Wann Selbstständige ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen können

 Ist die Erledigung von Büroarbeiten in den Praxisräumen eines Selbstständigen aufgrund der konkreten Umstände nicht zumutbar, steht kein anderer Arbeitsplatz “zur Verfügung”, sodass der Selbstständige ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen kann.

 Hintergrund

Der Kläger war als Logopäde selbstständig tätig und unterhielt 2 Praxen in angemieteten Räumen. Diese wurden weit überwiegend von seinen 4 Angestellten genutzt. In seiner Gewinnermittlung machte er Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das sich in seiner Privatwohnung befand, geltend. Das Finanzamt erkannte die Arbeitszimmerkosten nicht als Betriebsausgaben an, da dem Kläger in seinen Praxisräumen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass die Praxisräume nicht zur konkreten Erledigung aller beruflichen Schreibtischtätigkeiten geeignet sind, da dort Behandlungen durchgeführt und die taggenauen Patientenabrechnungen während der Behandlungszeiten erledigt werden.

Das Finanzgericht war der gleichen Auffassung und gab der Klage statt.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich dieser Meinung an.

Da die Praxisräume durch die Angestellten genutzt wurden und der Kläger dort keine vertraulichen Unterlagen aufbewahren oder bearbeiten konnte, waren die Praxisräume für ihn nur eingeschränkt nutzbar. Darüber hinaus war es ihm aufgrund der Größe der Räume und des offenen Praxiskonzepts für ihn auch nicht zumutbar, einen separaten Arbeitsplatz oder Raum zur ausschließlichen Nutzung für sich einzurichten.

Ein “anderer Arbeitsplatz” ist zwar grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Dieser Arbeitsplatz muss aber so beschaffen sein, dass der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist. Insbesondere muss der Arbeitsplatz in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzbar sein.

Ein häusliches Arbeitszimmer ist dann nicht erforderlich, wenn es dem Selbstständigen zumutbar und aufgrund der räumlichen Situation auch möglich ist, in den Betriebsräumen einen büromäßigen Arbeitsplatz einzurichten. Dies war hier nicht der Fall, sodass der Kläger die Kosten für sein häusliches Arbeitszimmer steuerlich ansetzen konnte.

 

  1. Einkünfteerzielungsabsicht bei Leerstand und Sanierungsbedarf

 Kann ein Eigentümer eine geplante Sanierung nicht durchführen, weil die Mitwirkung der Miteigentümer fehlt, liegt keine Einkünfteerzielungsabsicht mehr vor.

 Hintergrund

X erwarb 1993 eine Eigentumswohnung mit 84 qm in einer Wohnanlage mit 6 Wohnungen. Das gesamte Gebäude befand sich bereits zu diesem Zeitpunkt in einem maroden Zustand. Die Wohnung des X stand seit 1999 leer. Zwar hatte die Eigentümergemeinschaft im Jahr 1999 Instandsetzungsarbeiten beschlossen. Bis zum Jahr 2014 konnten diese jedoch nicht vollständig durchgeführt werden. Dies lag u. a. daran, dass die nötige Sonderumlage nicht von allen Eigentümern gezahlt wurde, es zu einer Veruntreuung der Sonderumlagemittel kam, die Eigentümerversammlung nicht beschlussfähig und eine weitere Sanierung mangels Erreichbarkeit der übrigen Miteigentümer nicht möglich war. Alle Vermietungsbemühungen des X scheiterten am Gesamtzustand der Anlage.

X erklärte für 2006 bis 2010 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 6.000 bis 10.000 EUR. Diese erkannte das Finanzamt jedoch nicht an. Das Finanzgericht war ebenfalls der Ansicht, dass aufgrund des langjährigen Leerstands keine Vermietungsabsicht mehr vorliegt und wies die Klage ab.

 Entscheidung

Auch der Bundesfinanzhof verneinte eine Einkünfteerzielungsabsicht des X.

Aufwendungen im Vorfeld einer Vermietung können zwar als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden. Deshalb können auch während eines Leerstands grundsätzlich die Kosten für diese Wohnung als Werbungskosten abziehbar sein. Voraussetzung ist jedoch, dass der Steuerbürger sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermietung Einkünfte zu erzielen und diese Entscheidung nicht aufgegeben hat. Der Entschluss, eine Wohnung zu vermieten, zeigt sich in erster Linie durch ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen.

Im vorliegenden Fall befand sich die Wohnung unstreitig in einem nicht vermietbaren Zustand. Die Durchführung von Sanierungsarbeiten war nicht möglich und das Ende dieses Zustands nicht konkret abschätzbar. Zwar hatte sich X um eine Sanierung bemüht. Er war jedoch wegen fehlender Mitwirkung der anderen Miteigentümer nicht in der Lage, die Vermietbarkeit zu erreichen. Die Vermietungsbemühungen waren nicht ernsthaft und nachhaltig, da sie aufgrund des Zustands der Anlage nur ins Leere laufen konnten.

 

  1. Freigesprochen, aber keine Kostenerstattung – der Anwalt, der sich selbst verteidigt

 Verteidigt sich ein Rechtsanwalt in einem Strafverfahren selbst, hat er auch dann keinen Anspruch auf Erstattung einer Verteidigervergütung, wenn er freigesprochen wird.

 Hintergrund

Ein Rechtsanwalt hatte gegen einen Bußgeldbescheid mit eigener Unterschrift und dem Stempel seiner Anwaltskanzlei Einspruch eingelegt. Zur Hauptverhandlung erschien er in Robe und vertrat sich selbst, und das mit Erfolg, denn er wurde freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen wurden der Staatskasse auferlegt. Daraufhin beantragte der Anwalt die Kostenfestsetzung, u. a. Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühr eines Verteidigers, die jedoch zurückgewiesen wurde.

 Entscheidung

Das Landgericht kam zu dem Ergebnis, dass der Kostenfestsetzungsantrag des Anwalts zu Recht zurückgewiesen worden war.

Der Rechtsanwalt kann keine Gebühren wie ein Verteidiger abrechnen. Keine Rolle spielt, dass er seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid mit dem Stempel seiner Anwaltskanzlei versehen hatte und er zur Hauptverhandlung in Robe erschienen war. Vielmehr war er in eigener Sache in seiner Eigenschaft als Beschuldigter tätig geworden. In Straf- und Bußgeldverfahren ist jedoch eine Vertretung in eigener Sache unzulässig, wenn der Anwalt selbst Betroffener ist.

 

  1. Fristberechnung: Wenn es kompliziert wird, muss der Anwalt selber rechnen

 Feiertage gelten nicht in allen Bundesländern gleichermaßen. Vor allem bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist der Ablauf einer Frist deshalb oft nicht so einfach zu berechnen. Der Anwalt muss dann die Frist entweder selbst berechnen oder die Fristberechnung seiner Angestellten überprüfen.

 Hintergrund

Der Anwalt hatte eine Kanzlei mit Sitz in München. Am 6.1.2016 endete eine Berufungsbegründungsfrist beim Oberlandesgericht Koblenz. Die Berufungsbegründung ging aber erst am 7.1.2016 dort ein. Der 6.1. ist in Bayern ein Feiertag, in Rheinland-Pfalz aber nicht. Die Berufungsbegründung wurde deshalb als verfristet nicht vom Gericht akzeptiert.

Seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete der Anwalt mit diesen Argumenten: Seine Rechtsanwaltsfachangestellte hatte das Ende der Berufungsbegründungsfrist fälschlicherweise auf den 7.1. notiert, da der 6.1. in Bayern seit jeher ein gesetzlicher Feiertag ist. Dabei hatte sie übersehen, dass dieser Tag in Rheinland-Pfalz kein Feiertag ist. Außerdem war dem angefochtenen Urteil keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden, aus der sich das Oberlandesgericht Koblenz als Rechtsmittelgericht ergeben hätte.

 Entscheidung

Das Oberlandesgericht Koblenz folgte diesen Argumenten nicht. Insbesondere war eine Rechtsmittelbelehrung nicht nötig, da die Partei anwaltlich vertreten wurde und sie deshalb keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedurfte.

Darüber hinaus war das Versäumen der Rechtsmittelfrist vom Anwalt verschuldet. Die Berechnung der Frist hätte hier nicht auf eine Assistentin übertragen werden dürfen, auch wenn diese sorgfältig ausgesucht und geschult war sowie ordnungsgemäß überwacht wurde. Zumindest hätte der Anwalt das Ergebnis ihrer Berechnung auf jeden Fall noch vor Fristablauf kontrollieren müssen. Denn der Fristablauf war vorliegend wegen der nicht bundeseinheitlich geregelten Feiertage keine einfache und übliche Frist, deren Berechnung Angestellten übertragen werden dürfte. Der Anwalt hätte also selbst rechnen müssen.

 

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer


  1. Arbeitszeitkonten von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern führen zu verdeckten Gewinnausschüttungen

 Eine Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto eines Gesellschafter-Geschäftsführers kann steuerlich nicht anerkannt werden. Das gilt auch dann, wenn eine GmbH mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer hat.

 Hintergrund

Die Klägerin hatte 3 Gesellschafter-Geschäftsführer. Mit diesen traf sie Vereinbarungen zur Entgeltumwandlung, um die Gestaltung der Lebensarbeitszeit durch bezahlte Freistellungen von der Arbeit zu ermöglichen. Aufgrund dessen verzichteten die Geschäftsführer auf die Auszahlung laufender Bezüge aus dem Anstellungsverhältnis, um diese in der Freistellungsphase erhalten zu können. Diese umgewandelten Bezüge wurden in Investmentfondsanteile investiert. Die Klägerin aktivierte diese Anteile und bildete für die Verpflichtungen aus den Verträgen mit den Geschäftsführern eine Rückstellung. Das Finanzamt ging jedoch von einer unverzinslichen Verbindlichkeit aus und zinste diese Rückstellung ab. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin dagegen Klage.

 Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage jedoch als unbegründet zurück. Mit der Bildung der Rückstellungen liegen bereits verdeckte Gewinnausschüttungen vor, sodass sich die Frage, ob die Rückstellung abzuzinsen sind, nicht stellt. Denn der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, dass eine Ansammlung von Wertguthaben im Rahmen eines Zeitwertkontos nicht dem entspricht, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft mit einem Fremdgeschäftsführer vereinbaren würde. Da der Geschäftsführer sich in einem besonderen Maße für die Belange der Gesellschaft einzusetzen hat, passt eine feste Stundenzahl als Arbeitszeit nicht in das Bild des mit einer Allzuständigkeit ausgestatteten Geschäftsführers. Insoweit kommt ein Verzicht auf eine Entlohnung für später vergütete Freizeit nicht in Betracht. Das gilt auch, wenn es sich um 3 Gesellschafter-Geschäftsführer handelt.

 

  1. Rangrücktritt mit Tilgung aus Bilanzgewinn und Liquidationsüberschuss

 Kann ein Gesellschafterdarlehen, für das ein Rangrücktritt vereinbart wurde, erfolgswirksam ausgebucht werden? Zu dieser Frage bestätigte der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung und entschied, dass bei einer Verbindlichkeit, die aufgrund einer Rangrücktrittsvereinbarung nur aus einem zukünftigen Bilanzgewinn und aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss zu tilgen ist, dem Passivierungsverbot unterliegt.

 Hintergrund

In den Bilanzen der X-GmbH waren Gesellschafterdarlehen von mehreren Millionen EUR passiviert. Die Kapitalrücklage betrug durchgängig 1,7 Mio. EUR. Dem standen Verlustvorträge und nicht durch das Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge gegenüber. Diese übertrafen die Rücklage um ein Mehrfaches. Deshalb vereinbarte die GmbH mit ihren Gesellschaftern einen Rangrücktritt. Danach traten die Gesellschafterforderungen hinter die Forderungen anderer Gläubiger zurück, deren Befriedigung konnte nur aus einem künftigen Bilanzgewinn oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss verlangt werden.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Gesellschafterdarlehen nicht passiviert werden dürfen, denn wegen der Wertlosigkeit der Darlehen im Zeitpunkt der Rangrücktrittsvereinbarung lag keine steuerfreie verdeckte Einlage vor.

Das Finanzgericht urteilte zugunsten der GmbH und entschied, dass das Passivierungsverbot nicht greift.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widersprach dem Finanzgericht. Eine Verbindlichkeit, die nach einer im Zeitpunkt der Überschuldung getroffenen Rangrücktrittsvereinbarung nur aus einem zukünftigen Bilanzgewinn und einem etwaigen Liquidationserlös zu tilgen ist, unterliegt dem Passivierungsverbot.

Das Passivierungsverbot gilt nicht nur, wenn der Rangrücktritt eine Tilgung aus zukünftigen Jahresüberschüssen oder Steuerbilanzgewinnen vorsieht. Auch wenn eine im Zeitpunkt der Überschuldung getroffene Abrede getroffen wird, nach der Forderungen aus zukünftigen handelsrechtlichen Bilanzgewinnen zu begleichen sind und dass in den Bilanzgewinn auch Kapitalrücklagen eingehen können, greift das Passivierungsverbot. Der Gewinnbegriff stellt somit nicht nur auf den Steuerbilanzgewinn ab, sondern umfasst auch den Sachverhalt, dass die Verpflichtungen nur aus künftigen handelsrechtlichen Jahresüberschüssen zu erfüllen sind.

 

  1. Pensionsrückstellungen: Überversorgung kann zu verdeckter Gewinnausschüttung führen

 Bei der Prüfung, ob eine Überversorgung vorliegt, wird zwar grundsätzlich stichtagsbezogen auf die “aktuellen Aktivbezüge” des Zusageempfängers abgestellt. Eine zeitanteilige Betrachtung kann allerdings bei einer dauerhaften Herabsetzung der Bezüge erforderlich sein.

 Hintergrund

Die X-GmbH betrieb ein handwerkliches Unternehmen. 1993 erteilte die GmbH dem alleinigen Gesellschafter C eine Versorgungszusage. Damit verbunden war ein unverfallbarer Anspruch auf ein unverändertes Ruhegehalt von umgerechnet 3.000 EUR pro Monat ab Vollendung des 65. Lebensjahres. 1999 übertrug C seine Anteile auf seine Söhne, die ab 2000 ebenfalls zu Geschäftsführern bestellt wurden. Ab März 2006 zahlte die GmbH an C die zugesagte Pension. Zudem erhielt er von da an eine Rente von der gesetzlichen Rentenversicherung i. H. v. monatlich 831 EUR.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass für C eine Überversorgung vorliegt. Eine Pensionsrückstellung wird mit 75 % der letzten Aktivbezüge ermittelt. Soweit die Pensionsanwartschaft zusammen mit den anderen Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung diesen Prozentsatz übersteigt, handelt es sich um eine Überversorgung, für die keine Rückstellung gebildet werden kann. Von den an C ausgezahlten Pensionsleistungen ist ein Teilbetrag als verdeckte Gewinnausschüttung dem Gewinn der GmbH hinzuzurechnen.

Das Finanzgericht gab der Klage statt.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof vertrat jedoch die Auffassung, dass das Finanzamt die Gewinne der GmbH zutreffend korrigiert und die anteilig als überversorgend qualifizierten Pensionsleistungen richtig als verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt hatte.

Eine Pensionsrückstellung wird höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtung angesetzt. Die Berechnung des Teilwerts nach dem sog. Stichtagsprinzip lässt sich bei einer Zusage von Versorgungsbezügen in Höhe fester Beträge nicht durch eine entsprechend höher bemessene Versorgung umgehen. Eine solche Höherbemessung führt als sog. Überversorgung zur anteiligen Kürzung der Pensionsrückstellung. Eine solche Überversorgung liegt vor, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt. Hierbei stellt der Bundesfinanzhof auf die vom Arbeitgeber während der aktiven Tätigkeit im jeweiligen Wirtschaftsjahr tatsächlich erbrachten Arbeitsentgelte ab.

Falls im Einzelfall durch eine Herabsetzung der Bezüge eine Überversorgung eintritt, gewährleistet eine zeitanteilige Aufteilung, dass die Bewertungsbegrenzung nicht in einen Anwartschaftsteil hineinwirkt, der zu den früheren Stichtagen nicht “überversorgend” war.

Die Aktivbezüge werden im Übrigen nicht nur durch die Festbezüge, sondern auch variable Gehaltsbestandteile bestimmt. Entscheidend ist dann eine Durchschnittsberechnung für einen 5-Jahreszeitraum.

Für die Prüfung der Grenze werden sämtliche durch den Arbeitgeber zugesagten Altersversorgungsansprüche einschließlich der zu erwartenden Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung herangezogen.

 

  1. Dienstreise mit dem Privatflugzeug: Wann liegt eine unangemessene Repräsentation vor?

 Wird für berufliche Auswärtstätigkeiten ein privates Flugzeug genutzt, kann ein unangemessener beruflicher Aufwand vorliegen. Der Abzug der Reisekosten ist dann jedoch nicht ganz ausgeschlossen, sondern wird auf einen angemessenen Teil begrenzt.

 Hintergrund

G besaß ein einmotoriges Privatflugzeug, das er nicht nur für privat veranlasste Reisen, sondern zu rund 30 % auch für Flüge zu beruflich veranlassten Terminen im Inland und europäischen Ausland nutzte und dabei das Flugzeug jeweils selbst steuerte. G ermittelte die Flugkosten mit rund 500 EUR je Flugstunde und machte für rund 30 Flugstunden rund 17.000 EUR als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt verweigerte den Abzug mit der Begründung, dass die Kosten privat veranlasst sind. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

 Entscheidung

Für den Werbungskostenabzug von beruflich veranlassten Reisen kommt es grundsätzlich nicht darauf an, welches Verkehrsmittel gewählt wird. Es ist unerheblich, ob die Aufwendungen objektiv gesehen zweckmäßig und notwendig sind. Liegt also ein beruflicher Anlass vor, kann aus der Wahl des Verkehrsmittels grundsätzlich keine private Veranlassung der Reisekosten abgeleitet werden. Private Motive stehen dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, wenn objektiv feststeht, dass die Aufwendungen nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sind.

Es muss jedoch geprüft werden, ob die Aufwendungen der Höhe nach unangemessen sind, soweit sie die “Lebensführung berühren”. Damit sollen unangemessene Repräsentationsaufwendungen von der steuerlichen Berücksichtigung ausgenommen werden. Eine Rolle spielen hier insbesondere die Höhe der Einkünfte, die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für die ausgeübte Tätigkeit, die Üblichkeit in vergleichbaren Fällen, der objektive Grund für den Mehraufwand und wie intensiv die private Sphäre berührt wird.

Ob ein unangemessener betrieblicher oder beruflicher Aufwand vorliegt, beurteilt sich auch danach, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Steuerpflichtiger angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte.

Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass einem Privatflugzeug ein hoher Repräsentationswert zukommt. Auch ist in vergleichbaren Betrieben der Einsatz eines Privatflugzeugs nicht üblich.

Das Finanzgericht hatte jedoch nicht geprüft, inwieweit gewichtige berufliche Gründe für die Benutzung des Flugzeugs ursächlich waren, etwa die von G geltend gemachte Zeitersparnis. Der BFH hob daher das Finanzgerichtsurteil auf und verwies den Fall zurück.

Sollte sich herausstellen, dass die Kosten unangemessen waren, müsste das Finanzgericht aber den angemessenen Teil der Werbungskosten ermitteln und insoweit zum Abzug zulassen.

 

  1. Darf der Abgeltungsteuersatz auch bei mittelbarer Beteiligung angewendet werden?

 Ist ein Gläubiger an einer Kapitalgesellschaft mittelbar zu mindestens 10 % beteiligt, ist damit nicht automatisch bei einer Darlehensgewährung an diese Gesellschaft der Abgeltungsteuersatz von 25 % ausgeschlossen.

 Hintergrund

Die Eheleute verkauften ein Grundstück an die L-GmbH, an der sie mittelbar beteiligt waren. Hauptgesellschafterin der L-GmbH war die F-GmbH zu 94 %. An der F-GmbH waren die Eheleute zu jeweils mehr als 10 % beteiligt. Der Kaufpreis wurde in ein unkündbares Darlehen mit einem Jahreszinssatz von 3 % und einer jährlichen Zins- und Tilgungsleistungsrate von 100.000 EUR umgewandelt.

Das Finanzamt unterwarf die Zinszahlungen der tariflichen Einkommensteuer. Die Eheleute beantragten dagegen den Abgeltungsteuersatz von 25 %, da sie an der L-GmbH nicht direkt, sondern lediglich mittelbar über die F-GmbH beteiligt waren.

Das Finanzgericht entschied, dass zumindest die Zinseinnahmen der Ehefrau dem Abgeltungsteuersatz unterliegen. Der Ehemann war dagegen im Verhältnis zur L-GmbH eine “nahestehende Person”. Er konnte wegen seiner Mehrheitsbeteiligung an der F-GmbH gegenüber der L-GmbH einen beherrschenden Einfluss geltend machen. Seine Zinszahlungen unterliegen deshalb der tariflichen Einkommensteuer.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts gegen die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes zurück. Zwar gilt der Abgeltungsteuersatz nicht, wenn Kapitalerträge an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist. Eine mittelbare Beteiligung ist einer unmittelbaren jedoch nicht gleichzustellen. Mittelbar Beteiligte als Gläubiger der Kapitalerträge können deshalb auch bei Überschreiten der 10-%-Grenze vom Abgeltungsteuersatz profitieren.

Darüber hinaus ist die Ehefrau als Darlehensgeberin keine der Anteilseignerin (F-GmbH) nahestehende Person. Ein Näheverhältnis setzt eine enge Beziehung i. S. e. beherrschenden Einflusses voraus. Ein solches Verhältnis hätte im vorliegenden Fall nur vorgelegen, wenn die Ehefrau eine Beteiligung an der F-GmbH hätte, die es ihr ermöglichen würde, ihren Willen in der Gesellschafterversammlung durchzusetzen. Daran fehlt es jedoch bei der Beteiligung der Ehefrau mit zunächst 11 % und später 23 %.