Mandantenbrief Steuern Unternehmer Juni 2015

 

Unternehmer
und Freiberufler

1.

Weitergabe sensibler Daten: Wann
ist eine Kündigung gerechtfertigt?

2.

Bußgelder: Übernahme durch
Arbeitgeber führt zu Arbeitslohn

3.

Geschlossener Immobilienfonds:
Einnahmen gehören zu den Vermietungseinkünften

4.

Rechnungskorrektur: Wann der
Vorsteuerabzug erhalten bleibt

5.

Lieferung von Kochboxen: 7 %
oder 19 % Umsatzsteuer?

6.

Buchführung: Umfang der
Aufzeichnungspflicht bei PC-Kassen

7.

Wann darf ein Änderungsbescheid
wegen neuer Tatsachen geändert werden?

8.

Geschäftliche Besprechungen:
Kein voller Betriebsausgabenabzug für Wein?

9.

Steuernachzahlungen und
Steuererstattungen: Zu welchem Zeitpunkt sind sie zu bilanzieren?

10.

Auch eine unvollständige Zahlung
kann fristlose Kündigung heilen

11.

Mieter verweigert
Instandsetzung: Kündigung ohne Duldungsklage möglich

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1.

Sind Bürgschaftsaufwendungen
eines GmbH-Geschäftsführers Werbungskosten?

 

 

1.  Weitergabe
sensibler Daten: Wann ist eine Kündigung gerechtfertigt?

 

Wenn Mitarbeiter
Unternehmensinterna oder Geschäftsgeheimnisse weitergeben, kann dies eine
außerordentliche Kündigung nach sich ziehen. Aber nicht jede Weitergabe
brisanter Unterlagen rechtfertigt eine Kündigung – es kommt auf die Umstände
des Einzelfalls an.

 

Im Fall handelte es sich um einen Mitarbeiter, der zum
Einzelbetriebsrat gewählt wurde. Zur Einarbeitung verwies ihn das Unternehmen
an den Betriebsrat im Schwesterunternehmen. Anlässlich eines dienstlichen
Auftrags stieß der Mitarbeiter auf Rechnungen mit der vom Unternehmen
arbeitsrechtlich beauftragten Rechtsanwaltskanzlei, die in der Datenbank
hinterlegt waren.

Er druckte Rechnungen sowie Time-Sheets aus und zeigte
sie einem Betriebsratsmitglied des Schwesterunternehmens. Als der Kollege den
Besitz der Unterlagen als kritisch erachtete, reagierte der Mitarbeiter
umgehend: Er ließ die Papiere durch den Schredder und veranlasste, seine
Zugriffsrechte entsprechend einzuschränken.

Das Unternehmen reagierte mit einer außerordentlichen
Kündigung des Einzelbetriebsrats.

 

Entscheidung
Das
Landesarbeitsgericht hält die Kündigung jedoch für unwirksam. Zur Begründung
führten die Richter aus, dass der Mitarbeiter gerade keine Geschäftsgeheimnisse
an Dritte weitergegeben hatte. Bereits mangels Vertraulichkeitsvermerk wertete
das Gericht die Unterlagen nicht als Geschäftsgeheimnisse. Zumal der
Mitarbeiter zunächst uneingeschränkten auf die Datenbank des Unternehmens
zugreifen durfte.

Angesichts der Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe
und der vom Arbeitgeber gewünschten Zusammenarbeit handelt es sich beim
Betriebsrat des Schwesterunternehmens zudem nicht um einen Dritten. Auch weil
der Mitarbeiter nach dem Vorfall sofort die entsprechenden Konsequenzen gezogen
hatte, hielten die Richter eine Abmahnung für ausreichend.

 

2.  Bußgelder:
Übernahme durch Arbeitgeber führt zu Arbeitslohn

 

Einige Arbeitgeber übernehmen die Kosten für Bußgelder
bei Vielfahrern oder Firmenwagen. Dabei handelt es sich um Arbeitslohn.
Übernommene Bußgelder sind somit generell steuerpflichtig.

 

Wer zu schnell fährt und erwischt wird, ist selten um
eine Ausrede verlegen. Zu den glaubwürdigeren und sehr beliebten Ausreden
gehört das Rasen auf Weisung des Arbeitgebers. Und tatsächlich kommt es vor,
dass zum Beispiel Fahrer gedrängt werden, Liefertermine einzuhalten. Oftmals
ist das nur durch zu schnelles Fahren, falsches Parken oder einen Verstoß gegen
die Lenkzeiten zu erreichen.

Lange war streitig, ob die Übernahme der daraus
resultierenden Strafen durch den Arbeitgeber Arbeitslohn darstellt. Arbeitslohn
liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Vorteile aus ganz
überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt.

 

Entscheidung      
Im
zuletzt entschiedenen Urteilsfall hatte eine Spedition Bußgelder, die gegen
ihre Fahrer wegen Überschreitung von Lenkzeiten und der Nichteinhaltung von
Ruhezeiten festgesetzt worden waren, für ihre Fahrer bezahlt, ohne dafür
Lohnsteuer einzubehalten. Der Bundesfinanzhof hat hier – unter Aufgabe seiner
früheren Rechtsprechung – auf Arbeitslohn entschieden. Ein rechtswidriges Tun –
wie zu schnelles Fahren, falsches Parken oder die Überschreitung der Lenkzeiten
im Urteilsfall – ist danach keine beachtliche Grundlage einer betriebsfunktionalen
Zielsetzung.

Die Entscheidung wird von der Finanzverwaltung
angewendet. Vom Arbeitgeber übernommene Bußgelder sind damit generell
steuerpflichtig. Dabei ist es unbeachtlich, ob der Arbeitgeber ein solches
rechtswidriges Verhalten angewiesen hat und/oder anweisen darf.

 

3.   Geschlossener
Immobilienfonds: Einnahmen gehören zu den Vermietungseinkünften

 

Sind Zinseinnahmen eines geschlossenen Immobilienfonds
den Kapital- oder den Vermietungseinkünften zuzurechnen? Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg
hat diese Frage geklärt.

 

Ein geschlossener Immobilienfonds erzielte als
vermögensverwaltende Personengesellschaft Zinseinnahmen. Mit dem Finanzamt
entstand Streit, ob die Zinserträge zu den Kapitalerträgen oder zu den Vermietungseinkünften
gehören.

 

Entscheidung      
Das
Finanzgericht bestätigt die Zurechnung aller Einkünfte zu den
Vermietungseinkünften. Maßgebend hierfür ist zum einen, dass § 20 Abs. 8 EStG
die speziellere Regelung gegenüber § 21 Abs. 3 EStG ist und diese Norm die
Einkünfte den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuweist.

Zum anderen ist auf die wirtschaftliche Zuordnung der
den Kapitalerträgen zugrunde liegenden Vermögensmassen abzustellen. So kann der
Schwerpunkt der wirtschaftlichen Veranlassung einer Geldanlage die Erzielung
von Einkünften aus Kapitalvermögen sein, insbesondere wenn das maßgebende
Kapitalvermögen von der operativen Vermietungstätigkeit getrennt wird und nicht
der laufenden Bewirtschaftung der Vermietungsobjekte dient. Wird hingegen eine
Liquiditätsreserve vorrangig gehalten, um eine geordnete Vermietung und
Verpachtung aufrecht zu erhalten, kann die damit verbundene Bereitstellung von
ständig verfügbarer Liquidität der wirtschaftliche Schwerpunkt sein und der
Erzielung von Zinseinkünften vorgehen.

Im vorliegenden Fall steht die Erzielung von
Zinseinnahmen nicht derart im Vordergrund, dass sie die wirtschaftliche
Beziehung zur Vermietungstätigkeit verdrängt hätte.

 

4.  Rechnungskorrektur:
Wann der Vorsteuerabzug erhalten bleibt

 

Wird eine Rechnung korrigiert, weil sie eine
unzutreffender Steuernummer enthält, soll diese Korrektur keine Rückwirkung
entfalten. Und was passiert mit dem Vorsteuerabzug?

 

Anlässlich einer Außenprüfung wurde der Klägerin die
Vorsteuer aus 4 Eingangsrechnungen versagt, da die Rechnungen eine
unzutreffende Steuernummer des Rechnungsausstellers enthielten. Anstelle der
Steuernummer war lediglich die Angabe der Zahl „500“ vermerkt. Noch
vor Erlass entsprechend geänderter Umsatzsteuerbescheide legte die Klägerin dem
Finanzamt mit Schreiben vom 16.11.2010 korrigierte Rechnungen mit der
zutreffenden Steuernummer vor. Trotzdem wurde die Vorsteuer für die Streitjahre
2005 und 2006 nicht berücksichtigt.

 

Entscheidung      
Die
dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Der Vorsteuerabzug ist in den
Streitjahren nicht zu gewähren, da die Rechnungskorrektur nach Ansicht des
Finanzgerichts keine Rückwirkung entfaltet.

Dass die ursprünglichen Rechnungen die Angabe der
Steuernummer des Rechnungsausstellers nicht enthielten, ist unstreitig. Die
Überprüfung der Richtigkeit der Steuernummer oder der inländischen
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und der Rechnungsnummer ist dem
Rechnungsempfänger jedoch regelmäßig gar nicht möglich. Ist eine diese Angaben
unrichtig und konnte der Unternehmer dies nicht erkennen, bleibt deshalb der
Vorsteuerabzug erhalten, wenn im Übrigen die Voraussetzungen für den
Vorsteuerabzug gegeben sind. Vorliegend musste sich die Klägerin aber
entgegenhalten lassen, dass sie die Fehlerhaftigkeit der Steuernummer erkennen
konnte, weil die bloße Zahl „500“ vermutlich selbst von einem Laien
nicht als eine in Deutschland gebräuchliche Steuernummer beurteilt werden kann.

 

5.  
Lieferung von
Kochboxen: 7 % oder 19 % Umsatzsteuer?

 

Wer wenig Zeit hat und nicht gerne einkaufen geht,
kann sich eine sog. Kochbox bestellen. Damit erhält man Kochrezepte und auch
gleich die passenden Lebensmittel dazu. Steuerlich interessant ist hier die
Frage: Fällt für diese Lieferung der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % oder
der reguläre Steuersatz von 19 % an?

 

Ein Unternehmen hatte seine Kunden mit
Lebensmittelsortimenten beliefert, die mengenmäßig so zusammengestellt waren,
dass sie anhand der beigefügten und zusätzlich auch im Internet abrufbaren
Kochrezepte zubereitet werden konnten. Die Kunden konnten aus verschiedenen
Sortimenten auswählen und die Boxen zu einem bestimmten Liefertermin bestellen
oder auch ein Abonnement auswählen.

 

Entscheidung
Der
5. Senat hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass der für die Lieferung von Lebensmitteln
maßgebliche ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. Bei der Auswahl der
Lebensmittel, dem Beifügen der Rezepte sowie der Verpackung und dem Versand
handelte es sich lediglich um Nebenleistungen, die für die Lieferung aus der
Sicht der Kunden nicht prägend seien, sondern lediglich dazu dienten, die
Lebensmittel als Hauptleistung optimal verwenden zu können. Eine sorgfältige
Produktauswahl sei allgemein im Lebensmittelhandel üblich. Da die beigefügten
Rezepte kostenlos im Internet abgerufen werden könnten, komme ihnen keine
Exklusivität zu. Vielmehr sei erkennbar, dass das liefernde Unternehmen hierfür
keine gesonderte Gegenleistung berechne. Den Kunden gehe es bei der Bestellung
in erster Linie darum, Lebensmittel zu erhalten, mit denen sie Gerichte
zubereiten könnten. Die mitgelieferten Rezepte stellten insoweit nur ein
Hilfsmittel dar.

 

6. Buchführung: Umfang
der Aufzeichnungspflicht bei PC-Kassen

 

Durch die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung sind
Einzelhändler verpflichtet, sämtliche Geschäftsvorfälle einzeln aufzuzeichnen –
soweit dies zumutbar ist. Verwendet der Einzelhändler eine sog. PC-Kasse, sind
alle damit bewirkten automatischen Einzelaufzeichnungen zumutbar.

 

A erzielte gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer
Apotheke. Sie war buchführungspflichtig und verwendete ein speziell für
Apotheken entwickeltes PC-gestütztes Erlöserfassungssystem mit integrierter
Warenwirtschaftsverwaltung. Damit wurden die Tageseinnahmen über
PC-Registrierkassen erfasst, dann durch Tagessummenbons ausgewertet und als
Summe in ein manuell geführtes Kassenbuch eingetragen. A übersandte zur
Vorbereitung auf eine Außenprüfung dem Finanzamt eine CD mit den Daten des
Kassensystems. Die Datei mit der Einzeldokumentation der Verkäufe hatte sie
allerdings zuvor entfernt. Daraufhin forderte der Prüfer die A auf, auch die
Daten über die Warenverkäufe vorzulegen.

Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt nicht
berechtigt gewesen sei, Einsicht in die angeforderte Verkaufsdatei zu nehmen,
weil A nicht verpflichtet gewesen sei, die von ihr getätigten Verkäufe im
Einzelnen manuell oder auf einem Datenträger aufzuzeichnen.

 

Entscheidung
Der
Bundesfinanzhof sah das anders und gab dem Finanzamt Recht. Weil A zur
Aufzeichnung der einzelnen Verkäufe sowie zur Aufbewahrung der Aufzeichnung
verpflichtet gewesen sei, durfte das Finanzamt die A zur Überlassung der
Kassendaten in elektronisch verwertbarer Form auffordern.

Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und
in diesen seine Handelsgeschäfte sowie die Lage seines Vermögens nach den
Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ersichtlich zu machen. Das bedeutet,
dass grundsätzlich jedes einzelne Handelsgeschäft – einschließlich der sich
darauf beziehenden Kassenvorgänge – einzeln aufgezeichnet werden muss. Für Einzelaufzeichnungen
in Einzelhandelsgeschäften, in denen Waren von geringerem Wert an eine
unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen
verkauft werden, gilt die Aufzeichnungspflicht im Rahmen des Zumutbaren. Nutzt
ein Einzelhandelsgeschäft allerdings ein elektronisches Kassensystem, das
sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet und speichert,
kann sich der Einzelhändler später nicht darauf berufen, dass die
Aufzeichnungsverpflichtung unzumutbar war. Er muss die vorhandenen
Aufzeichnungen aufbewahren und sie dem Finanzamt im Rahmen einer Außenprüfung
zur Verfügung stellen.

 

7.  
Wann darf ein
Änderungsbescheid wegen neuer Tatsachen geändert werden?

 

Ist das Finanzamt dazu verpflichtet, bei einer
Änderung eines Bescheids alle bekanntgewordenen Tatsachen umfassend zu
berücksichtigen, ist eine weitere Änderung des Bescheids wegen neuer Tatsachen
nicht möglich. Ist das Finanzamt aber nicht dazu verpflichtet, bleibt eine
spätere Änderung wegen neuer Tatsachen möglich.

 

A wurde vom Finanzamt für das Streitjahr 2004
veranlagt (Juni 2006). Dagegen legte sie Einspruch ein wegen Berücksichtigung
des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende und beantragte das Ruhen des
Verfahrens wegen anhängiger Musterverfahren beim Bundesfinanzhof bzw.
Bundesverfassungsgericht. Das Finanzamt erließ einen Änderungsbescheid, in dem
es den Entlastungsbetrag teilweise gewährte und dem Ruhen des Verfahrens
zustimmte. Auf den erneuten Einspruch gewährte das Finanzamt den
Entlastungsbetrag in voller Höhe und stimmte dem weiteren Ruhen des Verfahrens
zu. Im Juni 2009 nahm das Finanzamt im Hinblick auf die Musterverfahren
entsprechende Vorläufigkeitsvermerke in den Bescheid auf. Im Übrigen blieb der
Bescheid unverändert.

Im März 2010 erließ das Finanzamt erneut einen
geänderten Bescheid, mit dem es einen geldwerten Vorteil aufgrund einer
Kfz-Überlassung an A ansetzte. Das Finanzamt wertete eine Prüfmitteilung vom
März 2008 aufgrund einer beim Arbeitgeber der A durchgeführten
Lohnsteuer-Außenprüfung aus.

Gegen diesen Änderungsbescheid wandte A ein, zum
Zeitpunkt der Vornahme der Vorläufigkeitsvermerke seien die Feststellungen der
Lohnsteuer-Außenprüfung bereits bekannt gewesen. Bei der erneuten Änderung im
März 2010 seien daher die Feststellungen nicht mehr neu gewesen. Eine Änderung
wegen neuer Tatsachen scheide daher aus. Das Finanzgericht wies die Klage mit
der Begründung ab, das Finanzamt sei beim Erlass des Vorläufigkeitsbescheids
nicht verpflichtet gewesen, den Sachverhalt von Amts wegen umfassend aufzuklären.

 

Entscheidung      
Auch
der Bundesfinanzhof ist der Auffassung, dass ein Änderungsbescheid, der wegen
anhängiger Musterverfahren für vorläufig erklärt wird, auch dann noch wegen
neuer Tatsachen geändert werden kann, wenn die Tatsachen dem Finanzamt bereits
beim Erlass der Vorläufigkeitserklärung bekannt geworden sind.

Denn ist das Finanzamt bei einer beabsichtigten
Bescheidänderung nicht zur weiteren Sachprüfung verpflichtet, bleibt eine
spätere Änderung des Änderungsbescheids wegen neuer Tatsachen möglich.

Eine solche Pflicht zur umfassenden Berücksichtigung
aller bis dahin bekannt gewordenen Tatsachen besteht insbesondere nicht bei
Änderungen nach Ergehen eines Grundlagenbescheids, die das Finanzamt ohne
eigene Sachprüfung übernehmen muss.

Entsprechendes gilt, wenn das Finanzamt im Hinblick
auf Musterverfahren die Steuer vorläufig festsetzt. Auch in diesen
Massenrechtsbehelfen, die allein darauf abzielen, eine spätere Änderung zu
ermöglichen, ist das Finanzamt lediglich zu einer punktuellen Prüfung des
Bescheids im Hinblick auf den Vorläufigkeitsausspruch verpflichtet. Andere als
die die Ungewissheit betreffenden Tatsachen brauchen nicht berücksichtigt zu
werden, auch wenn sie dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Bescheidänderung bekannt
sind oder als Bestandteil der Akten als bekannt gelten.

Deshalb durfte der Einkommensteuer-Bescheid vom Juni
2009 durch das Finanzamt geändert werden. Denn die Erkenntnisse aus der
Prüfungsmitteilung vom März 2008 gelten als neu, auch wenn sie zum Zeitpunkt
der punktuellen Änderung im Juni 2009 bereits Inhalt der Akten waren.

 

8. Geschäftliche
Besprechungen: Kein voller Betriebs-ausgabenabzug für Wein?

 

Was tut man als Unternehmer nicht alles, um bei
Besprechungen mit Kunden und Geschäftspartnern für ein gutes Gesprächsklima zu
sorgen. Ein Gläschen Wein kann geschäftlich gesehen eine gute Idee sein. Doch
steuerlich könnte das Weintrinken zum Problem werden.

 

Denn das Finanzgericht Münster erkennt den
ausgeschenkten Wein nicht als Aufmerksamkeit an, sondern stuft das Weintrinken
im Rahmen von Inhouse-Besprechungen steuerlich als Bewirtungsaufwand ein.

 

Entscheidung
Die
Richter des Finanzgerichts Münster stellten klar, dass bei Besprechungen in den
Büroräumen des Unternehmers nur Aufmerksamkeiten wie Kaffee, Wasser und Kekse
als übliche Gesten der Höflichkeit in voller Höhe als Betriebsausgaben verbucht
werden dürfen. Doch das Ausschenken von Wein gehört nicht zu diesen
Aufmerksamkeiten. Es handelt sich um Bewirtungsaufwendungen.

 

Folgen für die Praxis

Die Kosten für den Wein darf der Unternehmer also nur
zu 70 % als Betriebsausgaben geltend machen. Und damit überhaupt 70 % der
Bewirtungsaufwendungen den Gewinn mindern, muss der Unternehmer Aufzeichnungen
zum Datum der Bewirtung, zum Anlass und zu den Teilnehmern führen und
aufbewahren. Darüber hinaus müssen die Kosten für den Wein getrennt von den
übrigen Betriebsausgaben erfasst werden.

Wer sich nicht an diese Regeln hält, riskiert neben
dem Betriebsausgabenabzug auch noch den Vorsteuerabzug.

Hält ein Unternehmer also Besprechungen in seinen
Büroräumen ab und schenkt dabei Wein, Champagner oder Whiskey an seine Kunden
und Geschäftspartner aus, sollte er an die Weinrechnung ein Blatt Papier heften
und darauf den Tag der Bewirtung, den detaillierten Grund für die Bewirtung und
die Namen der Teilnehmer vermerken. Die Kosten für den Wein oder andere
alkoholische Getränke sind dann getrennt von den übrigen Betriebsausgaben als
Bewirtungsaufwand zu verbuchen.

 

9.   
Steuernachzahlungen
und Steuererstattungen: Zu welchem Zeitpunkt sind sie zu bilanzieren?

 

Zu welchem Zeitpunkt müssen die Aktivierung von
Steuererstattungsansprüchen und die Passivierung von Steuernachzahlungen und
die damit zusammenhängenden Erstattungs- und Nachzahlungszinsen in der Bilanz
erfolgen? Das Bayerische Landesamt für Steuern hat Antworten.

 

Erstattungsansprüche
Ein
Steuererstattungsanspruch bzw. ein Anspruch auf Erstattungszinsen ist in der
Bilanz gewinnerhöhend zu aktivieren, wenn er nach den steuerrechtlichen
Vorschriften entstanden und hinreichend sicher ist (sog. Realisationsprinzip).
Das bedeutet:

Für zunächst bestrittene Erstattungsansprüche muss
eine Aktivierung in der Regel an dem Bilanzstichtag erfolgen, der der
Bekanntgabe des begünstigenden Verwaltungsakts (Steuerbescheid,
Einspruchsentscheidung) folgt.

Die Aktivierung muss zu einem früheren Zeitpunkt
erfolgen, wenn der Realisierung des Steuererstattungsanspruchs nichts mehr
entgegensteht. Das ist der Fall, wenn eine Streitfrage höchstrichterlich zu
Ihren Gunsten entschieden wurde, das Urteil im Bundessteuerblatt veröffentlicht
wurde und der bestrittene Steuerbescheid geändert werden kann.

 

Steuernachzahlungen
Für
Steuernachzahlungen sind in der Bilanz des Jahres Rückstellungen zu bilden, in
dem die Steuern entstanden sind.

 

10.  Auch eine unvollständige
Zahlung kann fristlose Kündigung heilen

 

Ist der Mieter mit seinen Mietzahlungen im Rückstand,
kann ihm fristlos gekündigt werden. Diese Kündigung wird grundsätzlich nur
durch vollständige Zahlung der Rückstände innerhalb der Schonfrist unwirksam.
Eine Ausnahme gibt es aber, wenn nur ein geringer Teilbetrag offen bleibt.

 

Die monatliche Miete einer Wohnung beträgt inkl.
Betriebskostenvorauszahlung 378 EUR.

Im März 2010 zahlte der Mieter einen Teilbetrag von
143,88 EUR nicht. Seit Oktober 2012 zahlt das Jobcenter die Mieten direkt an
die Vermieterin. Für November und Dezember 2012 unterblieb die Überweisung
versehentlich. Der Mieter erfuhr hiervon erst durch eine fristlose, hilfsweise
ordentliche Kündigung am 6.12.2012.

In der am 23.12.2012 erhobenen Räumungsklage erklärte
die Vermieterin nochmals die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung wegen
der Mietrückstände von März 2010 sowie November und Dezember 2012.

Mitte Januar 2013 überwies das Jobcenter die Mieten
für November 2012 bis Januar 2013. Der Mieter selbst zahlte Ende Januar auf den
Rückstand von März 2010 einen Teilbetrag von 100 EUR, sodass noch 43,88 EUR
offen blieben.

 

Entscheidung
Das
Mietverhältnis wurde durch die Kündigungen nicht beendet.

Bei der ersten Kündigung befand sich der Mieter in
einem unverschuldeten Tatsachenirrtum, denn er wusste nicht, dass das Jobcenter
entgegen des einige Monate zuvor erlassenen Bescheids die angekündigte
Direktzahlung versäumt hatte.

Der verbleibende Verzug mit dem offenen Rest aus dem
März 2010 rechtfertigte keine Kündigung.

Die fristlose Kündigung ist dadurch unwirksam
geworden, dass die Rückstände bis auf einen geringen Betrag von 43,88 EUR
innerhalb der Schonfrist, die am 20.4.2013 ablief, nachgezahlt wurden.

Zwar fordert das Gesetz eine vollständige Zahlung
innerhalb der Schonfrist, damit die Kündigung unwirksam wird. Hier ist es aber
im Hinblick auf die außergewöhnlichen Umstände ausnahmsweise geboten, den
verbleibenden Rückstand mit Rücksicht auf Treu und Glauben außer Betracht zu
lassen. Denn der noch nicht vollständig beglichene Rückstand betraf einen nur
geringen Teilbetrag aus einem weit zurückliegenden Zeitraum.

 

11. Mieter verweigert
Instandsetzung: Kündigung ohne Duldungsklage möglich

 

Ein Mieter muss erforderliche Instandhaltungsmaßnahmen
in seiner Wohnung grundsätzlich dulden. Verweigert jedoch der Mieter dem
Vermieter den Zutritt zu der Wohnung, kann dies eine fristlose Kündigung
rechtfertigen. Eine Duldungsklage ist nicht in jedem Fall erforderlich.

 

Im Jahr 2010 stellte die Vermieterin fest, dass das
Gebäude mit Hausschwamm befallen ist. Während der Durchführung der Notmaßnahmen
wohnten die Mieter im Hotel. Als die Vermieterin im April 2011 weitere
Maßnahmen zur Schwammbeseitigung durchführen wollte, gewährten die Mieter erst
dann Zugang zur Wohnung, nachdem die Vermieterin eine fristlose Kündigung
ausgesprochen und eine einstweilige Verfügung erlangt hatte.

Im November 2011 sprach die Vermieterin erneut eine
fristlose Kündigung aus, weil die Mieter den Zugang zu einem zu ihrer Wohnung
gehörenden Kellerraum zwecks Durchführung von Installationsarbeiten verweigert
haben.

Die Räumungsklage der Vermieterin wies sowohl das
Amts- als auch das Landgericht ab. Das Verhalten der Mieter sei keine so
erhebliche schuldhafte Pflichtverletzung, dass eine fristlose Kündigung
gerechtfertigt wäre. Die Mieter dürften die Einzelheiten der Duldungspflicht
zunächst vor Gericht klären lassen, ohne allein deshalb den Verlust der Wohnung
befürchten zu müssen. Die Vermieterin hätte daher zunächst Duldungsklage
erheben müssen.

 

Entscheidung
Der
Bundesgerichtshof entschied dagegen, dass die Kündigung nicht deshalb unwirksam
war, weil die Vermieterin zuvor nicht auf Duldung der Maßnahmen geklagt hat.

Eine auf die Verletzung von Duldungspflichten
gestützte Kündigung des Mietverhältnisses kommt nicht generell erst dann in
Betracht, wenn der Mieter einen gerichtlichen Duldungstitel missachtet oder
sein Verhalten querulatorische Züge zeigt. Eine solch schematische Betrachtung
berücksichtigt nicht, dass Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen für
die Erhaltung des Mietobjekts und seines wirtschaftlichen Werts von
wesentlicher Bedeutung sein können, sodass der Vermieter ein erhebliches
wirtschaftliches Interesse an der alsbaldigen Durchführung derartiger Maßnahmen
haben kann.

Es hätte daher festgestellt werden müssen, um welche
Arbeiten es im Einzelnen ging, wie umfangreich und dringend sie waren, welche
Beeinträchtigungen sich hieraus für die Mieter ergaben, welche Bedeutung die
alsbaldige Durchführung der Arbeiten aus wirtschaftlicher Sicht für die
Vermieterin hatte und welche Schäden und Unannehmlichkeiten der Vermieterin
dadurch entstanden sind, dass die Mieter ihr den begehrten Zutritt erst mit
einer Verzögerung von einem halben Jahr gewährt haben. Das Landgericht muss
diese Feststellungen nun nachholen.

 

 

 

 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 

1. Sind
Bürgschaftsaufwendungen eines GmbH- Geschäftsführers Werbungskosten?

 

Hat ein GmbH-Geschäftsführer eine Bürgschaft vor allem
aufgrund einer angestrebten Beteiligung an der GmbH übernommen, stellen seine
Aufwendungen aufgrund der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft keine Werbungskosten
bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit dar.

 

Der Kläger ist Geschäftsführer einer GmbH. Er beabsichtigte,
sich an der Gesellschaft wesentlich zu beteiligen. In diesem Zusammenhang
übernahm er zugunsten der Gesellschaft 2 Bürgschaften. Nachdem er als
Geschäftsführer wieder abberufen wurde, ging die GmbH in Insolvenz. Der Kläger
wurde daraufhin aus seinen Bürgschaften in Anspruch genommen. Die daraus
resultierenden Aufwendungen machte er als nachträgliche Werbungskosten bei den
Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt lehnte einen
Werbungskostenabzug ab.

 

Entscheidung      
Das
Finanzgericht wies die Klage ab. Begründung: Werbungskosten sind alle
Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst
sind. Die Aufwendungen müssen dabei objektiv mit der auf die Einnahmeerzielung
gerichteten Tätigkeit zusammenhängen und subjektiv zur Förderung dieser
Tätigkeit beigetragen haben. Voraussetzung für den Werbungskostenabzug sei
daher ein beruflicher Zusammenhang bereits im Zeitpunkt der Übernahme der
Bürgschaftsverpflichtung. Dies sei vorliegend nicht gegeben, da die Bürgschaft
aufgrund der angestrebten Beteiligung eingegangen wurde.

Eine Berücksichtigung der Bürgschaftsaufwendungen bei
den Einkünften aus Gewerbebetrieb scheide ebenfalls aus, da die Beteiligung
nicht zustande gekommen sei.