Mandantenbrief Steuern Unternehmer Januar 2016

 

Unternehmer
und Freiberufler

1.

ELStAM-Fehler: Finanzverwaltung
zeigt sich kulant

2.

Jobtickets: Wann ist die 44
EUR-Grenze anwendbar?

3.

1 %-Regelung: Freiberufliche
Nutzung führt nicht zu Betriebsausgaben

4.

Erbengemeinschaft: Wann sind die
Einkünfte gewerblich?

5.

Wann Erschließungsmaßnahmen
umsatzsteuerpflichtig sind

6.

Private Nutzung eines
Fitnessstudios durch Arbeitnehmer unterliegt der Umsatzsteuer

7.

Gewerbesteuer:
Nichtabziehbarkeit ist verfassungsgemäß

8.

Unter welchen Voraussetzungen
kann ein verbleibender Verlustvortrag festgestellt werden?

9.

Ist-Besteuerung: Antrag kann
konkludent gestellt und konkludent genehmigt werden

10.

Mieterhöhung: 10 %-Grenze gilt
nicht mehr – es kommt immer auf die tatsächliche Wohnfläche an

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1.

Verbilligte Vermietung an
Gesellschafter-Geschäftsführer: Liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor?

2.

Wie ist eine
Leasingsonderzahlung zu berücksichtigen?

3.

Pensionszusage und Überversorgung:
Bundesfinanzhof muss erneut entscheiden


Unternehmer und Freiberufler

 

1.  ELStAM-Fehler:
Finanzverwaltung zeigt sich kulant

 

Werden dem Arbeitgeber die elektronischen
Lohnsteuerabzugsmerkmale seiner Mitarbeiter fehlerhaft zur Verfügung gestellt,
stellt sich die Frage, wie dies korrigiert werden kann. Die Finanzverwaltung
zeigt sich kulant.

 

Hintergrund

Ist ein Abruf der elektronischen
Lohnsteuerabzugsmerkmale wegen technischer Störungen nicht möglich, kann der
Arbeitgeber für die Lohnsteuerberechnung die voraussichtlichen
Lohnsteuerabzugsmerkmale des jeweiligen Mitarbeiters (Steuerklasse, Zahl der
Kinderfreibeträge und Religionszugehörigkeit) zugrunde legen. Dies gilt maximal
für 3 Kalendermonate.

Als Störungen kommen technische Schwierigkeiten des
Arbeitgebers bei Anforderung und Abruf, Bereitstellung oder Übermittlung der
ELStAM in Betracht.

 

Verfügung

2 Fälle, die in letzter Zeit aufgetreten sind:

     
Eine unvollständige Datenlieferung der Gemeinden
führte zu fehlerhaften Steuerklassen (z. B. Steuerklasse I statt der bisherigen
Steuerklasse III).

     
Ein weiterer Arbeitgeber des Mitarbeiters hat sich
unzutreffend als Hauptarbeitgeber angemeldet, sodass beim ersten Arbeitgeber zu
Unrecht die Steuerklasse VI angewendet wird.

Das kann im Einzelfall zu erheblichen
Lohnsteuermehrbelastungen führen. Nach der bundesweit abgestimmten Auffassung
der Finanzverwaltung kann der Arbeitgeber aber auch in diesen Fällen für
längstens 3 Monate die voraussichtlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale des
Arbeitnehmers anwenden. Diese Störungsdefinition legt die Verwaltung also
großzügig aus.

Voraussetzung ist, dass die unzutreffenden ELStAM ohne
Änderung der persönlichen Verhältnisse des Mitarbeiters und ohne dessen Zutun
bereitgestellt werden. Das könnte sich der Arbeitgeber auch vom Mitarbeiter
bestätigen lassen.

 

2. 
Jobtickets:
Wann ist die 44-EUR-Grenze anwendbar?

 

Wie wird ein Jobticket, das der
Arbeitgeber seinen Mitarbeitern gewährt, steuerlich behandelt? Und wie wird die
Freigrenze von 44 EUR richtig angewendet? Das Bayerische Landesamt für Steuern
beantwortet diese Fragen.

 

Hintergrund

Sachbezüge, die mit dem üblichen Endpreis am Abgabeort
zu bewerten sind, sind steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn sie 44 EUR
monatlich nicht übersteigen. Zuzahlungen der Mitarbeiter werden dabei
abgezogen.

Bei der monatlichen Überlassung einer Monatsfahrkarte
oder einer Fahrberechtigung für ein Jobticket, das für einen monatlichen
Zeitraum gilt, ist die Freigrenze anwendbar.

Für die Anwendung der Freigrenze kommt es aber auf den
monatlichen Zufluss an. Gilt das Jobticket für einen längeren Zeitraum (z. B.
Jahresticket), fließt grundsätzlich der Vorteil insgesamt bei Überlassung des
Jobtickets zu. Die 44-EUR-Grenze wird dann natürlich überschritten.

 

Gestaltungsmöglichkeiten

Auch wenn das Jobticket selbst für einen längeren
Zeitraum gilt, sind Fälle möglich, in denen die 44 EUR nicht überschritten
werden:

     
Es werden tatsächlich monatliche Tickets
(“Monatsmarken”) monatlich ausgehändigt werden.

     
Tickets, die an sich für einen längeren Zeitraum
gelten, werden jeden Monat “aktiviert/freigeschaltet”.

Liegt keiner dieser Fälle vor, kommt es auf die Tarif-
und Nutzungsbestimmungen an: Sehen diese für ein Jobticket vor, dass die
jeweilige monatliche Fahrberechtigung durch die rechtzeitige monatliche Zahlung
erworben wird, soll der geldwerte Vorteil aus dem Sachbezug “Jobticket”
monatlich zufließen und damit die 44-EUR-Grenze anwendbar sein.

 

3.   
1
%-Regelung: Freiberufliche Nutzung führt nicht zu Betriebsausgaben

 

Stellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer
ein Pkw zur Verfügung, das dieser auch privat und für seine freiberufliche
Tätigkeit nutzen darf, ist bei der 1 %-Regelung ein Betriebsausgabenabzug für
die Fahrten im Rahmen der selbstständigen Tätigkeit nicht möglich.

 

Hintergrund

A erzielte als Unternehmensberater Einkünfte aus
nichtselbstständiger und selbstständiger Arbeit. Ihm wurde von seinem
Arbeitgeber im Streitjahr 2008 ein Pkw zur Verfügung gestellt, den er für
berufliche, betriebliche und private Fahrten nutzen durfte. Sämtliche Kosten
trug der Arbeitgeber. A legte in 2008 insgesamt 60.000 km zurück, wovon 37.000
km auf die nichtselbstständige Tätigkeit, 18.000 km auf die selbstständige
Tätigkeit und 5.000 km auf die privaten Fahrten entfielen. Die private
Nutzungsüberlassung wurde nach der 1 %-Regelung mit einem Sachbezug von 4.968
EUR versteuert.

A machte diesen Sachbezug (4.968 EUR) bei den
selbstständigen Einkünften im Verhältnis der betrieblichen (18.000 km = 78,3 %)
zu den privaten Fahrten (5.000 km = 21,7 %) mit 3.889 EUR als Betriebsausgaben
geltend. Das Finanzamt und das Finanzgericht lehnten dies ab.

 

Entscheidung

Auch der Bundesfinanzhof verneint den
Betriebsausgabenabzug. Seine Begründung: Bei A ist in seinem betrieblichen
Bereich kein Wertabfluss entstanden.

Das gilt zum einen für die Lohnsteuer, die bei A für
den angesetzten geldwerten Vorteil angefallen ist. Denn die Lohnsteuer ist
nicht durch die selbstständige Tätigkeit veranlasst und betrifft als
persönliche Steuer nicht die Erwerbssphäre.

Zum anderen gilt das auch für die in der
unentgeltlichen Pkw-Überlassung liegenden Nutzungsmöglichkeit. Diese führt
nämlich – wenn kein Fahrtenbuch vorgelegt wird – unabhängig von der
tatsächlichen Nutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers. Denn in der
bloßen Möglichkeit der Privatnutzung liegt bereits ein geldwerter Vorteil.
Somit liegt auf der Einnahmeseite kein einer konkreten Nutzung zuordenbarer
Vorteil vor, der auf private und im Rahmen weiterer Einkunftsarten
stattgefundene Fahrten aufgeteilt werden könnte. Dementsprechend kann auch auf
der Ausgabenseite – hier bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit – kein
anhand der tatsächlichen Nutzungsverhältnisse ermittelter und entsprechend
aufgeteilter geldwerter Vorteil angesetzt und verbraucht werden.

 

4. Erbengemeinschaft:
Wann sind die Einkünfte gewerblich?

 

Wie sind die Einkünfte einer
Erbengemeinschaft nach dem Tode eines freiberuflich tätigen Erfinders zu
qualifizieren? Diese Frage wurde jetzt beantwortet.

 

Hintergrund

Klägerin war eine aus 2 Personen bestehende
Erbengemeinschaft. Die beiden Miterben (tätig als Rechtsanwalt und Apotheker)
waren die Gesamtrechtsnachfolger ihres Vaters. Dieser hatte als Erfinder
Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erzielt. Der Erblasser hatte hierbei
verschiedene Patente erlangt. Nach seinem Tod führte die Erbengemeinschaft die
abgeschlossenen Lizenzverträge fort und bezahlte die hiermit im Zusammenhang
stehenden Ausgaben. Zudem wurden bei ihrem Auslaufen Verträge verlängert und
auch Zulassungsverfahren, die der Erblasser nicht hatte abschließen können, zu
Ende geführt. Später wurden auch einzelne Rechte veräußert.

Die Erbengemeinschaft erklärte Einkünfte aus
selbstständiger Arbeit. Dem folgte das Finanzamt nicht, sondern stufte die
Einkünfte als gewerbliche Einkünfte ein.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Einkünfte aus
selbstständig ausgeübter wissenschaftlicher Tätigkeit lägen bei einer gemeinschaftlichen
Ausübung durch mehrere Personen nur dann vor, wenn alle Personen die
freiberufliche Qualifikation erfüllten. Erfüllt nur eine Person nicht die
Qualifikation, komme es zu einer Abfärbung und die Einkünfte seien insgesamt
als gewerblich einzustufen. Dies sei hier zumindest hinsichtlich des
Rechtsanwalts der Fall gewesen. Auch würden die Einkünfte nicht als
nachträgliche freiberufliche Einkünfte anzusehen sein. Dies setze nämlich
voraus, dass alle den Einkünftetatbestand begründenden Voraussetzungen bereits
durch den Erblasser geschaffen und zu dessen Lebzeiten realisiert worden seien.
Hier hätte die Erbengemeinschaft aber über die reine Verwertung der Tätigkeit
des Erblassers hinaus gehandelt, insbesondere habe sie Projekte des Erblassers
zu Ende geführt.

 

5. Wann
Erschließungsmaßnahmen umsatzsteuer-pflichtig sind

 

Haben sich Grundstückerwerber gegenüber
der Stadt zur anteiligen Zahlung von Erschließungskosten verpflichtet, stellen
diese umsatzsteuerpflichtige Entgelte dar.

 

Die Klägerin übernahm 2004 gegenüber der Stadt
vertraglich die Projektentwicklung und Durchführung der Erschließung eines
Baugebiets im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Im Anschluss an die
Abnahme der mangelfreien Erschließungsanlagen übernimmt die Stadt diese in ihre
Baulast. Die Stadt trägt die Kosten für die Herstellung der öffentlichen
Trinkwasserleitung; hierzu gehören jedoch nicht die Grundstücks- bzw.
Hauswasseranschlüsse.

Nach den Notarkaufverträgen haben die Käufer an die
Klägerin Erschließungskosten zu zahlen. Auch wurde klargestellt, dass der neben
dem Kaufpreis zu zahlende Betrag an den Vorhabenträger für die Erschließung
keine Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks darstellt. Der
Grundstückseigentümer verpflichtete sich gegenüber der Klägerin im Hinblick auf
die von der Klägerin auf eigene Rechnung durchgeführte Erschließungsmaßnahme,
sämtliche Baugrundstücke ohne Berechnung von Erschließungskosten an die
Grundstückserwerber zu veräußern.

Die Klägerin war der Auffassung, dass die von ihr
erbrachten Erschließungsleistungen mangels Leistungsentgelt nicht der
Umsatzsteuer unterliegen.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des Finanzgerichts erbringt die
Klägerin ihre Erschließungsleistungen an die Stadt. Diese sind umsatzsteuerpflichtig,
da der von den jeweiligen Grundstückserwerbern gezahlte Betrag Entgelt von
dritter Seite darstelle.

Die Klägerin hat sich gegenüber der Stadt zur
Erschließung des Bebauungsplans verpflichtet. Empfänger dieser Lieferung ist
die Stadt gewesen, weil diese den Betrieb und den Unterhalt der
Erschließungsanlagen auf den in ihrem Eigentum stehenden und gegebenenfalls öffentlich-rechtlich
gewidmeten Erschließungsflächen übernimmt. Aufgrund der
Kostentragungsverpflichtung in den jeweiligen Grundstückskaufverträgen haben
sich die Grundstückserwerber gegenüber der Klägerin zu anteiligen Zahlung der
Erschließungskosten verpflichtet. Diese Zahlungen der neuen Grundstückserwerber
stellen daher umsatzsteuerpflichtige Entgelte Dritter für die Werklieferung der
Klägerin an die Stadt dar.

Selbst wenn man vorliegend kein Entgelt von Dritten
annehmen würde, wäre die Klage nach Auffassung des Gerichts unbegründet. Zwar
würde in diesem Fall die Werklieferung der Erschließungsanlagen an die Stadt
mangels Entgelt (der Stadt oder Dritter) nicht zu einem steuerbaren Umsatz
führen. Es lägen dann aber eigenständige sonstige Leistungen der Klägerin an
die Grundstückserwerber vor in Gestalt der Mitwirkung der Klägerin am
Zustandekommen des Grundstückskaufvertrags.

 



 

6.
Private
Nutzung eines Fitnessstudios durch Arbeitnehmer unterliegt der Umsatzsteuer

 

Dürfen die Arbeitnehmer das Fitnessstudio
und andere Sportangebote des Arbeitgebers unentgeltlich nutzen, löst dies
Umsatzsteuer aus.

 

Hintergrund

Eine GmbH unterhielt ein Fitnessstudio, das ihre
Arbeitnehmer außerhalb der Dienstzeiten unentgeltlich nutzen konnten. Daneben
bot sie den Arbeitnehmern verschiedene Kurse (z. B. Spinning, Aerobic,
Step-Aerobic, und Nordic-Walking) ebenfalls unentgeltlich an.

Das Finanzamt sah hierin einen umsatzsteuerpflichtigen
Sachbezug und setzte für die Überlassung den auch für Zwecke der Lohnsteuer zu
Grunde gelegten Wert in Höhe von 33,60 EUR (brutto) pro Monat und Person an.
Die GmbH war demgegenüber der Auffassung, dass die Zurverfügungstellung von
Sportanlagen nicht umsatzsteuerbar sei. Es handele sich um Leistungen zur Verbesserung
des allgemeinen Gesundheitszustands ihrer Arbeitnehmer.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht schloss sich der Auffassung der GmbH
nur teilweise an. Die Überlassung der Sporteinrichtungen an die Arbeitnehmer
stelle zunächst keine entgeltliche Leistung in Form eines tauschähnlichen
Umsatzes dar. Die Arbeitnehmer haben keinen Teil ihrer Arbeitsleistung als
Gegenleistung für die Nutzung der Sportanlagen aufgewendet. Sowohl der Umfang
der auszuführenden Arbeitsleistungen als auch die Höhe des gezahlten Barlohns
waren unabhängig von der Inanspruchnahme der Sachzuwendungen.

Allerdings liegt eine unentgeltliche Wertabgabe an die
Arbeitnehmer für deren privaten Bedarf vor. Das Fitnessstudio und die
Kursangebote hat die Klägerin den Arbeitnehmern nicht überwiegend aus
betrieblichem Interesse zur Verfügung gestellt. Allgemein gesundheitsfördernde
Maßnahmen liegen in erster Linie im persönlichen Interesse der Arbeitnehmer. Im
Streitfall folgt das persönliche Interesse der Arbeitnehmer daraus, dass die
Teilnahme am Sportangebot freiwillig gewesen und außerhalb der Dienstzeit
erfolgt sei.

Schließlich handelt es sich bei der dauerhaften
Zurverfügungstellung eines Fitnessstudios mit Angeboten nicht um bloße
Aufmerksamkeiten.

 

7. Gewerbesteuer: Nichtabziehbarkeit ist verfassungs- gemäß

 

Die Gewerbesteuer und die darauf
entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben. Der Bundesfinanzhof
hat jetzt entschieden, dass dieses Abzugsverbot verfassungsgemäß ist.

 

Hintergrund

Eine OHG hatte in ihrer Gewinnermittlung für 2008 die
Gewerbesteuerlast als Betriebsausgabe abgezogen. Im Bescheid über die
gesonderte und einheitliche Feststellung rechnete das Finanzamt die
Gewerbesteuer außerbilanziell wieder hinzu. Dagegen wandten sich die
Gesellschafter mit verfassungsrechtlichen Überlegungen. Diese wurden jedoch vom
Finanzamt und vom Finanzgericht zurückgewiesen.

Entscheidung

Auch vor dem Bundesfinanzhof scheiterten die Kläger
mit ihren verfassungsrechtlichen Einwendungen.

Die Streichung des Gewerbesteuer-Abzugs als
Betriebsausgabe verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die für die
Lastengleichheit maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst sich zwar
grundsätzlich nach dem objektiven Nettoprinzip als Ausgangstatbestand der
Einkommensteuer. Ausnahmen bedürfen eines besonderen, sachlich rechtfertigenden
Grundes.

Das Abzugsverbot durchbricht das objektive
Nettoprinzip, da die Gewerbesteuer betrieblich veranlasst ist und zu Betriebsausgaben
führt. Diese Durchbrechung sieht der Bundesfinanzhof als sachlich
gerechtfertigt an, da sie Bestandteil der Unternehmensteuerreform ist, die
teilweise belastende, teilweise aber auch entlastende Wirkungen hat. Das
Abzugsverbot wird durch die Erhöhung des Anrechnungsfaktors weitgehend
kompensiert und führt in den meisten Fällen sogar zu einer vollständigen
Entlastung von der Gewerbesteuer.

Die gesetzliche Neuregelung verstößt auch nicht gegen
die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Ein etwaiger Eingriff wäre nach
Auffassung des Senats aus den gleichen Gründen wie die Durchbrechung des
objektiven Nettoprinzips gerechtfertigt.

 

8.
Unter
welchen Voraussetzungen kann ein verbleibender Verlustvortrag festgestellt
werden?

 

Eine Verlustfeststellung ist nur dann möglich,
wenn der Einkommensteuerbescheid des entsprechenden Jahres noch geändert werden
kann. Steuerpflichtige sollten deshalb ihre Verluste rechtzeitig geltend
machen.

 

Hintergrund

Im Jahre 2009 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer
eines Unternehmers für 2006 auf 63.000 EUR fest. Infolge einer Betriebsprüfung
änderte das Amt den bestandskräftigen Bescheid knapp 2 Jahre später und erhöhte
die festgesetzte Steuer auf 80.000 EUR. In einem dagegen gerichteten Einspruch
machte der Unternehmer daraufhin erstmals für 2006 einen Verlust i. H. v.
570.000 EUR geltend und beantragte die Feststellung eines verbleibenden
Verlustvortrags auf den 31.12.2006. Dies lehnte das Finanzamt jedoch ab.

 

Entscheidung

Nach dem Urteil des Finanzgerichts hat das Finanzamt
die Verlustfeststellung zu Recht abgelehnt. Nach dem Einkommensteuergesetz
müssen die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des verbleibenden
Verlustvortrags so berücksichtigt werden, wie sie in den entsprechenden
Steuerfestsetzungen zu Grunde gelegt worden sind. Dies folgt aus der
inhaltlichen Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den
Einkommensteuerbescheid. Ist der Einkommensteuerbescheid des betreffenden
Veranlagungszeitraums nicht mehr änderbar, entfällt damit auch die
Verlustfeststellung.

Die in 2006 verbliebenen negativen Einkünfte durften
deshalb nicht in eine Verlustfeststellung eingehen, da sie der Besteuerung
nicht “zu Grunde gelegt” worden sind. Denn das Finanzamt hatte die
Einkommensteuer nicht auf 0 EUR festgesetzt, sondern wegen der eingetretenen
Teilbestandskraft lediglich auf 63.000 EUR.

 

9.  
Ist-Besteuerung:
Antrag kann konkludent gestellt und konkludent genehmigt werden

 

Unter bestimmten Voraussetzungen darf die
Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet werden. Der Antrag auf
diese Ist-Besteuerung kann sich aus einer Einnahme-Überschussrechnung ergeben,
der aufgrund der antragsgemäßen Umsatzsteuer-Festsetzung konkludent genehmigt
wurde.

 

Hintergrund

V ermittelte seinen Gewinn in 2003 durch
Einnahme-Überschussrechnung und erklärte in seinen Umsatzsteuer-Erklärungen die
Umsätze nach vereinnahmten Entgelten. Die Umsatzsteuer wurde entsprechend den
eingereichten Umsatzsteuer-Erklärungen festgesetzt. Im Anschluss an eine
Umsatzsteuer-Sonderprüfung für 2006-2010 ging das Finanzamt jedoch davon aus, V
sei die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten nicht gestattet gewesen und erließ
geänderte Bescheide.

Vor dem Finanzgericht hatte V Erfolg: Die in der
Umsatzsteuer-Erklärung 2003 angegebenen Umsätze hätten den Einnahmen in der
Einnahme-Überschussrechnung entsprochen und dies sei dem Finanzamt bekannt
gewesen. Deshalb habe das Finanzamt durch die erklärungsgemäße Besteuerung für
2003 die Berechnung nach vereinnahmten Entgelten konkludent genehmigt.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hat sich dem Urteil des
Finanzgerichts angeschlossen und dementsprechend die Revision des Finanzamts
abgewiesen.

Das Finanzamt kann unter bestimmten Voraussetzungen
gestatten, dass die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet wird
(Ist-Besteuerung) und nicht nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung).
Erforderlich dafür ist ein entsprechender Antrag, den das Finanzamt durch
formlosen Verwaltungsakt genehmigt haben muss.

Der Antrag kann auch konkludent gestellt werden. Eine
Umsatzsteuer-Erklärung, bei der die Besteuerungsgrundlagen nach den
tatsächlichen Einnahmen erklärt wurden, kann allerdings nur dann als
konkludenter Antrag auf Ist-Besteuerung angesehen werden, wenn ihr deutlich
erkennbar die Erklärung der Umsätze auf der Grundlage vereinnahmter Entgelte zu
entnehmen ist. Das lag hier vor.

Das Finanzamt hat dem Antrag auf Ist-Besteuerung auch
zugestimmt. Die Umsatzsteuer-Festsetzung kann aber nur dann als konkludente
Gestattung ausgelegt werden, wenn mit ihr nach außen erkennbar über die
Steuerfestsetzung hinaus auch eine Entscheidung über den entsprechenden Antrag
getroffen wurde. Diese Voraussetzung lag hier vor. Denn der antragsgemäßen
Umsatzsteuer-Festsetzung kommt der Erklärungsinhalt zu, dass der Antrag
genehmigt wurde.

 

10.
Mieterhöhung:
10 %-Grenze gilt nicht mehr – es kommt immer auf die tatsächliche Wohnfläche an

 

Nach bisheriger Rechtsprechung ist bei
einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete die im Mietvertrag
vereinbarte Wohnfläche maßgeblich, wenn diese nicht mehr als 10 % nach oben
oder unten von der tatsächlichen Wohnfläche abweicht. Diese Rechtsprechung
wurde aufgegeben: Für Mieterhöhungen kommt es jetzt immer auf die tatsächliche
Wohnfläche an.

 

Hintergrund

Die Vermieterin einer Wohnung in Berlin verlangt die
Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Die Wohnfläche ist im Mietvertrag mit 156 qm
vereinbart. Die tatsächliche Wohnfläche liegt mit 210 qm rund 34 % darüber. Die
Vermieterin berechnet die Mieterhöhung anhand der tatsächlichen Wohnfläche, was
eine deutliche Überschreitung der Kappungsgrenze zur Folge hätte. Der Mieter
hat nur einer Mieterhöhung unter Beachtung der in Berlin geltenden Kappungsgrenze
von 15 % zugestimmt.

 

Entscheidung

Im Ergebnis hatte die Klage vor dem Bundesgerichtshof
keinen Erfolg. Die Vermieterin kann keine Mieterhöhung über die vom Mieter
akzeptierten 15 % hinaus verlangen, denn neben der tatsächlichen Wohnungsgröße
ist die Kappungsgrenze zu beachten.

Für den Vergleich, ob die Miete angemessen und am
örtlichen Markt orientiert ist, ist allein der objektive Wohnwert der zur
Mieterhöhung anstehenden Wohnung maßgeblich. Etwaige Vereinbarungen der
Mietvertragsparteien über die Wohnungsgröße können im Mieterhöhungsverfahren
keine Rolle spielen, denn sonst würden nicht die tatsächlichen, sondern
vertraglich fingierte Umstände berücksichtigt.

Der Bundesgerichtshof hält deshalb an seiner
bisherigen Rechtsprechung, dass der Vermieter sich an einer im Mietvertrag zu
niedrig angegebenen Wohnfläche festhalten lassen muss, wenn die Abweichung
nicht mehr als 10 % beträgt, nicht mehr fest.

Aus der unzutreffenden Wohnflächenangabe im
Mietvertrag ergibt sich auch kein Anwendungsfall eines Wegfalls der
Geschäftsgrundlage. Dem steht bereits entgegen, dass es im Risikobereich des
Vermieters liegt, die tatsächliche Wohnfläche richtig zu ermitteln.

 



 

 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 

1. Verbilligte
Vermietung an Gesellschafter-Geschäftsführer: Liegt eine verdeckte
Gewinnausschüttung vor?

 

Vermietet eine GmbH ein Einfamilienhaus an
ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, stellt sich die Frage, ob dadurch eine
verdeckte Gewinnausschüttung ausgelöst wird. Abzustellen ist hier auf die
Kostenmiete.

 

Hintergrund

Die Klägerin ist eine GmbH, die ein Einfamilienhaus an
ihren Gesellschafter-Geschäftsführer vermietete. Die vereinbarte Jahresmiete
betrug ca. 11.000 EUR. Die Miete entsprach einer Vergleichsmiete. Die
Betriebsprüfung nahm trotzdem eine verdeckte Gewinnausschüttung an, da bei
einem Einfamilienhaus mindestens die Kostenmiete anzusetzen sei.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat die Klage als unbegründet
abgewiesen. Es entspreche der Rechtsprechung des BFH, dass bei der Vermietung
eines Wohnhauses an einen Gesellschafter mindestens die Kostenmiete anzusetzen
sei. Ein ordentlicher Geschäftsführer sei nämlich nur zu diesem Preis bereit,
eine Vermietung vorzunehmen. Da diese Kostenmiete hier nicht vereinbart sei,
sondern die Klägerin regelmäßig erhebliche Verluste erwirtschaftet habe, liege
eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.

 

2. Wie ist eine
Leasingsonderzahlung zu berücksichtigen?

 

Wird bei einer Pkw-Überlassung die
Fahrtenbuchmethode angewendet, sind die Gesamtkosten periodengerecht
anzusetzen. Das gilt auch für Leasingsonderzahlungen.

 

Hintergrund

Eine GmbH leaste einen Pkw und überließ ihn ihrem
Geschäftsführer B auch zur privaten Nutzung. Die GmbH ermittelte für das Jahr
2005 den geldwerten Vorteil aus der Pkw-Überlassung nach der
Fahrtenbuchmethode. Dabei verteilte sie die von ihr erbrachte
Leasingsonderzahlung über 15.000 EUR auf 36 Monate (Gesamtlaufzeit des
Leasingvertrags). Aufgrund der so ermittelten Gesamtkosten ergab sich ein
km-Satz von 1,08 EUR und dementsprechend ein sonstiger Bezug von 4.112 EUR.

Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, bei
einem Leasingfahrzeug sei die einmalige Leasingzahlung insgesamt in 2005 den
anzusetzenden Gesamtkosten hinzuzurechnen. Dementsprechend ermittelte es einen
km-Satz von 1,57 EUR und einen sonstigen Bezug von 5.978 EUR.

Dem widersprach das Finanzgericht und gab der Klage
statt. Die Leasingsonderzahlung sei auf die Laufzeit des Leasingvertrags zu
verteilen.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte dem Urteil des
Finanzgerichts und wies die Revision des Finanzamts zurück. Zu den insgesamt
entstehenden Kfz-Aufwendungen, die bei der anteiligen Ermittlung des Werts der
Privatnutzung zugrunde zu legen sind, gehören Leasinggebühren und
Leasingsonderzahlungen. Die Gesamtkosten müssen periodengerecht den jeweiligen
Nutzungszeiträumen zugeordnet werden. Die in der Gewinnermittlung zu
erfassenden Mietvorauszahlungen oder Leasingsonderzahlungen, die für einen
Zeitraum von mehr als einem Jahr erbracht werden, sind zu verteilen. Das gilt
jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber die Kosten in seiner Gewinnermittlung
periodengerecht erfassen muss.

Das war hier der Fall. Die GmbH muss für die
Leasingsonderzahlung einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten ansetzen, da es
sich um Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag handelt. Ob das
vom Arbeitgeber in seiner Gewinnermittlung tatsächlich beachtet wird, ist
unerheblich. Entscheidend ist, welcher Aufwand sich bei zutreffender Anwendung
der Bilanzierungsgrundsätze tatsächlich ergeben hätte. Denn für die Bewertung
der privaten Kfz-Nutzung gelten die Grundsätze der Gewinnermittlung. Dabei
besteht kein allgemeines Korrespondenzprinzip dahin, dass auf der
Arbeitgeberseite einerseits und auf der Arbeitnehmerseite andererseits stets
korrespondierende Ansätze vorzunehmen wären.

 

3. Pensionszusage
und Überversorgung: Bundesfinanzhof muss erneut entscheiden

 

Auch bei der Zusage von Festbeträgen sind
die Grundsätze zur Überversorgung anwendbar.

 

Hintergrund

Klägerin war eine GmbH, die ihrem Alleingesellschafter
und Alleingeschäftsführer aufgrund eines Versorgungsvertrages von 1997 eine
Versorgungszusage gewährte. Für die Pensionszusage bildete die Klägerin
Rückstellungen. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Fachprüfer eine
Überversorgung fest und reduzierte die Rückstellung für die Pensionszusage.
Insbesondere sei eine Überversorgung deshalb gegeben, weil die
Versorgungsanwartschaft 75 % der Aktivbezüge übersteige. Die Klägerin macht
dagegen geltend, dass das Überschreiten der 75 %-Grenze lediglich als Indiz zu
sehen sei, dies sei aber kein Automatismus. Hier komme die Regel nicht zum
Tragen.

 

Entscheidung

Die Klage wurde vom Finanzgericht als unbegründet
abgewiesen. Die Rückstellung für die Pensionszusage sei auf der rechtlichen
Grundlage des Einkommensteuergesetzes zu bilden. Hierbei sei der Teilwert der
Pensionsverpflichtung rückstellungsfähig, was auch bei der Versorgung in Form
eines Festbetrags gelte. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei dabei
eine Überversorgung gegeben, wenn die Anwartschaft zusammen mit einer
Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der Aktivbezüge
übersteige. Diese Rechtsprechung des BFH gelte auch bei Festbezügen.