Mandantenbrief Steuern Unternehmer Dezember 2016

 

Unternehmer
und Freiberufler

1.

Ärztliche
Gemeinschaftspraxis: Achtung bei gewerblicher Tätigkeit

2.

Bonusprogramme:
Wann liegt Arbeitslohn vor?

3.

Vorsteuerabzug:
Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung

4.

Außenprüfung
verschoben: Wie wirkt sich das auf die Ablaufhemmung aus?

5.

Fortbildungskosten
des Arbeitnehmers: Übernahme durch Arbeitgeber führt nicht zu Arbeitslohn

6.

Tod des besten
Freundes: Betroffenheit des Anwalts ist kein Wiedereinsetzungsgrund

7.

Wenn aus
Büroräumen Wohnräume werden: Steuerliche Folgen

8.

Überwachung des
Arbeitsplatzes mit Keylogger: Zulässig oder nicht zulässig?

GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

1.

Begriff der
Betriebsstätte: Doppelbesteuerungsabkommen kontra nationales Steuerrecht

2.

Kann die
Grunderwerbsteuer bei einer Insolvenz des Käufers herabgesetzt werden?

3.

Wie ist ein
Darlehen mit einem steigenden Zinssatz zu bewerten?

4.

Wann muss ein GmbH-Gesellschafter
der Abberufung des Geschäftsführers zustimmen?

5.

Zeitwertkonto für
einen Fremdgeschäftsführer: Wann liegt Arbeitslohn vor?

 

 Unternehmer
und Freiberufler

 

1. Ärztliche
Gemeinschaftspraxis: Achtung bei gewerblicher Tätigkeit

 

Üben Ärzte in
ihrer Gemeinschaftspraxis nicht nur freiberufliche, sondern auch gewerbliche
Tätigkeiten aus, kann dies dazu führen, dass die gesamte Praxistätigkeit als
Gewerbebetrieb anzusehen ist. Diese Probleme kann es z. B. bei einer sog.
integrierten Versorgung geben.

 

Hintergrund

Üben ärztliche
Gemeinschaftspraxen neben ihren freiberuflichen Tätigkeiten auch gewerbliche
Tätigkeiten aus, können sie ihren freiberuflichen Status verlieren und in
vollem Umfang gewerblich werden. Das nennt man Abfärbe- oder Infektionstheorie.
Die Folge einer gewerblichen Infizierung: Die Praxis wird u. a.
gewerbesteuerpflichtig.

 

Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt

Die
gewerbliche Infizierung kann auch durch eine sog. integrierte Versorgung in
einer Gemeinschaftspraxis eintreten.

Bei
einer solchen integrierten Versorgung wird zwischen dem Arzt und der
Krankenkasse vertraglich geregelt, dass die Kasse dem Arzt für die Behandlung
der Patienten bestimmte Fallpauschalen zahlt. Diese decken sowohl die
freiberufliche medizinische Betreuung als auch die gewerbliche Abgabe von
Arzneien und Hilfsmitteln ab.

Der
gewerbliche Anteil der Fallpauschalen führt aber grundsätzlich bei
Gemeinschaftspraxen zu einer gewerblichen Infizierung der gesamten Einkünfte.

Ausnahmsweise
ist der Hilfsmitteleinsatz nicht als gewerbliche Tätigkeit anzusehen, wenn im
Rahmen der integrierten Versorgung solche Hilfsmittel verwendet werden, ohne
deren Einsatz die ärztliche Heilbehandlung nicht möglich wäre. Das gilt z. B.
für künstliche Hüftgelenke oder Augenlinsen. In diesem Fall liegt keine
gewerbliche Infizierung vor, sondern eine einheitliche heilberufliche Leistung,
da die Verwendung der Hilfsmittel ein Bestandteil der ärztlichen Gesamtleistung
ist.

Eine
gewerbliche Infizierung ist darüber hinaus erst dann anzunehmen, wenn die
gewerblichen Nettoumsatzerlöse eine Bagatellgrenze von 3 % der
Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum
übersteigen.

Diese
vom Bundesfinanzhof aufgestellten Werte werden von der Finanzverwaltung
allgemein anerkannt. Sie sind also für alle Gemeinschaftspraxen anwendbar.

Aber
auch wenn diese Bagatellgrenzen überschritten werden, kann die gewerbliche
Infizierung verhindert werden, indem die gewerbliche Tätigkeit der Praxis im
Rahmen eines Ausgliederungsmodells auf eine andere Schwesterpersonengesellschaft
ausgelagert wird.

 

2. 
Bonusprogramme:
Wann liegt Arbeitslohn vor?

 

Sammeln Arbeitnehmer während ihrer Tätigkeit
Bonuspunkte im Rahmen eines Bonusprogramms, gehören diese im Zeitpunkt der
Einlösung zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

 

Hintergrund

Die Klägerin vertreibt Fotokameras, Objektive und
Blitzgeräte. Im Rahmen eines Verkaufsförderungsprogramms konnten beratende
Fachverkäufer für verkaufte Produkte Bonuspunkte sammeln. Mit einer bestimmten
Anzahl von gesammelten Punkten durften sie dann kostenfrei verschiedene Prämien
aus einem vorgegebenen Prämienkatalog bestellen.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass es sich
lohnsteuerlich bei den gewährten Prämien nicht zwingend um lohnsteuerpflichtigen
Arbeitslohn eines Dritten handelt. Ihren gestellten Antrag auf Pauschalierung
der Lohnsteuer wollte die Steuerpflichtige daher widerrufen.

 

Entscheidung

Das
Finanzgericht folgte der Auffassung der Klägerin nicht und wies die Klage ab.
Die Richter entschieden, dass bei dem angestellten Verkaufspersonal die
Vorteile aus dem Bonusprogramm der Steuerpflichtigen zu Einkünften aus
nichtselbstständiger Arbeit führen. Denn Bezüge oder Vorteile werden “für” eine
Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis
veranlasst sind.

Arbeitslohn
kann auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn diese ein
Entgelt “für” eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des
Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt. Deshalb wertete das
Finanzgericht die Vorteile aus dem Bonusprogramm als einen solchen Drittlohn.
Denn die Verkäufer erhielten Vorteile aus dem Bonusprogramm in ihrer
Eigenschaft als angestellte Fotofachverkäufer. Für sie standen diese
Vorteilsgewährungen in Zusammenhang mit den von ihnen gegenüber ihren
jeweiligen Arbeitgebern erbrachten Dienstleistungen. Die Punktgutschriften
erhielten sie nur deshalb, weil sie jeweils eine konkrete – zu ihren arbeitsvertraglichen
Verpflichtungen gehörende – Dienstleistung für ihre Arbeitgeber erbrachten,
nämlich den Verkauf von Fotoartikeln.

 

 

3. 
Vorsteuerabzug:
Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung

 

Nach deutschem Recht ist nur bei Vorliegen einer
ordnungsgemäßen Rechnung ein Vorsteuerabzug möglich. Doch wie ausführlich muss
z. B. die Leistungsbeschreibung in einer Rechnung sein? Mit dieser Frage musste
sich der Europäische Gerichtshof befassen.

 

Hintergrund

Die
Klägerin ist eine Gesellschaft, die im Hotelgewerbe tätig ist. Sie nahm
Beratungsleistungen einer Rechtsanwaltskanzlei in Anspruch, über die sie 4
Rechnungen erhielt, aus denen sie den Vorsteuerabzug geltend machte.

Die
Finanzbehörde versagte den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen, da die Angaben
über die bezogenen Leistungen unzureichend konkret seien. Daraufhin legte die
Klägerin weitere Dokumente vor, die eine detailliertere Beschreibung der
erhaltenen Leistungen enthielten.

Diese
erkannte das Finanzamt nicht an. Die in Rede stehenden Rechnungen und die
beigefügten Dokumente waren seiner Ansicht nach nicht in der gesetzlich
vorgesehenen Form ausgestellt, d. h., auf keinem der Dokumente wurden die
erbrachte Dienstleistung mit den für die Bestimmung der anzuwendenden Steuer
erforderlichen Angaben aufgeführt. Der bloße Hinweis “Erbringung juristischer
Dienstleistungen” ohne genaue Angabe und Spezifizierung der erbrachten
“juristischen Dienstleistungen” ist inakzeptabel.

 

Entscheidung

Der
Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Angabe “Erbringung
juristischer Dienstleistungen” die gesetzlichen Anforderungen, wonach die
Rechnung Art und Umfang der erbrachten Dienstleistungen enthalten muss, nicht
erfüllt. Er begründet dies mit dem Zweck der Regelung, wonach die
Rechnungsangaben es den Steuerverwaltungen ermöglichen sollen, die Entrichtung
der geschuldeten Steuer und ggf. das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu
kontrollieren. Die Angabe “juristische Dienstleistungen” bezeichnet die Art der
fraglichen Dienstleistungen nicht hinreichend detailliert. Auch der Umfang der
erbrachten Dienstleistungen lässt sich daraus nicht entnehmen.

Der
Europäische Gerichtshof betont jedoch den rein formellen Charakter der
Rechnungsangaben. Aus dem Neutralitätsprinzip der Mehrwertsteuer folgt, dass
die Steuerverwaltung das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein deshalb
verweigern kann, weil eine Rechnung nicht die gesetzlichen Voraussetzungen
erfüllt, wenn sie über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die
materiellen Vorsteuerabzugsvoraussetzungen erfüllt sind.

 

4. 
Außenprüfung
verschoben: Wie wirkt sich das auf die Ablaufhemmung aus?

 

Bei einem Verschieben des Beginns einer Außenprüfung
wird der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt, wenn der Steuerpflichtige einen
entsprechenden Antrag gestellt hat und dieser ursächlich für das Hinausschieben
ist.

 

Hintergrund

Die
Kläger reichten am 25.10.2005 die Einkommensteuererklärung für 2004 ein. Die
Einkommensteuer setzte das Finanzamt zunächst erklärungsgemäß fest. Mit
Prüfungsanordnung vom 25.11.2008 ordnete es eine Außenprüfung an. Diese sollte
am 15.12.2008 beginnen.

Dagegen
erhoben die Kläger am 28.9.2009 Klage. Im Oktober 2009 schlug das Finanzamt
eine Verschiebung des Prüfungsbeginns bis zum Abschluss des Klageverfahrens
vor. Die Kläger akzeptierten dies.

Nach
Abweisung der Klage fand die Außenprüfung in der Zeit vom 15.3.2011 bis
7.8.2012 statt. Der Einkommensteuerbescheid für 2004 wurde entsprechend
geändert. Die Kläger sind der Ansicht, dass inzwischen Festsetzungsverjährung
eingetreten ist.

 

Entscheidung

Das
Finanzgericht hat die Klage abgewiesen, da die Festsetzungsfrist gehemmt war.
Denn wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist der Beginn einer Außenprüfung auf
Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, läuft die Festsetzungsfrist nicht
ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide
unanfechtbar geworden sind. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung steht einem
solchen Antrag eine Vereinbarung des Steuerpflichtigen mit dem Prüfer, den
Prüfungsbeginn einvernehmlich hinauszuschieben, gleich.

Eine
solche einvernehmliche Vereinbarung liegt hier vor. Diese war auch ursächlich
für das Hinausschieben des Prüfungsbeginns. Darüber hinaus hat das Finanzamt
die Außenprüfung in einem hinreichend zeitlichen Zusammenhang nach Ergehen der
finanzgerichtlichen Entscheidung aufgenommen.

 

5.  
Fortbildungskosten
des Arbeitnehmers: Übernahme durch Arbeitgeber führt nicht zu Arbeitslohn

 

Übernimmt der Arbeitgeber Kosten für die Weiterbildung
seiner Arbeitnehmer, führt das nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn.

 

Hintergrund

Der Kläger, der
ein Unternehmen für Schwer- und Spezialtransporte, betreibt, übernahm für seine
angestellten Fahrer Kosten einer Weiterbildung. Dazu waren die Fahrer aufgrund
gesetzlicher Regelung verpflichtet. Die Kostenübernahme durch den Arbeitgeber
war durch tarifvertragliche Bestimmungen geregelt. Das Finanzamt wertete die
Übernahme der Weiterbildungskosten als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der Kläger
argumentierte, dass die Kostenübernahme in seinem eigenbetrieblichen Interesse
liegt und deshalb kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt.

 

Entscheidung

Vor dem
Finanzgericht hatte der Kläger mit seiner Klage Erfolg. Die Richter
entschieden, dass die Übernahme der Fortbildungskosten keinen Arbeitslohn
darstellt. Denn der Kläger hatte an der Weiterbildung ein ganz überwiegend
eigenbetriebliches Interesse. Seine Fahrer konnten dadurch ihr Wissen über das
verkehrsgerechte Verhalten in Gefahren- und Unfallsituationen, über das sichere
Beladen der Fahrzeuge und über kraftstoffsparendes Fahren auffrischen und
vertiefen. Die Weiterbildungen dienten also nicht nur der Verbesserung der
Sicherheit im Straßenverkehr, sondern auch der Sicherstellung des reibungslosen
Ablaufs und der Funktionsfähigkeit des Betriebs. Auch die tarifvertragliche
Pflicht zur Kostenübernahme spricht für das eigenbetriebliche Interesse.

 

6.  
Tod des
besten Freundes: Betroffenheit des Anwalts ist kein Wiedereinsetzungsgrund

 

Auch wenn der beste Freund stirbt, darf ein Anwalt
seine Pflichten nicht vernachlässigen. Kann er selber eine Berufsschrift nicht
mehr anfertigen, muss er deshalb zumindest einen Vertreter damit beauftragen.
Sonst ist die Versäumung der Berufungsfrist verschuldet.

 

Hintergrund

Der Anwalt
einen Anruf erhalten, dass sein langjähriger und bester Freund am Vortag
tödlich verunglückt war. Da er aufgrund der Nachricht nicht mehr arbeiten
konnte, versäumte er es, die Berufung für einen Mandanten einzulegen. Der Anwalt
macht einen seelischen Ausnahmezustand geltend und beantragte Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand.

 

Entscheidung

Der
Bundesgerichtshof wies den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zurück.

Zum
einen waren die Richter der Ansicht, dass der Anwalt nicht alle ihm möglichen
und zumutbaren Maßnahmen unternommen hatte, um die Frist zu wahren.

Zum
anderen ist eine Fristversäumnis nur dann unverschuldet, wenn es dem Anwalt
nicht möglich und zumutbar war, bis zum Fristablauf die Berufungsschrift selbst
zu fertigen oder eine Fertigung durch einen Vertreter zu veranlassen. Die
Fertigung einer Berufungsschrift stellt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs an
den Anwalt keine großen inhaltlichen und zeitlichen Herausforderungen. Da ein
vertieftes Aktenstudium oder eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem
Streitstoff hierfür nicht erforderlich ist, hätte auch ein Vertreter die
Einlegung der Berufung kurzfristig und ohne großen Aufwand übernehmen können.

 

7.  Wenn aus
Büroräumen Wohnräume werden: Steuerliche Folgen

 

Normalerweise stellen Aufwendungen an einem Gebäude,
die aufgrund einer Nutzungsänderung getätigt werden, keine sofort abziehbaren
Erhaltungsaufwendungen dar. Sie werden vielmehr als steuerlich ungünstigere
nachträgliche Herstellungskosten behandelt. Das Finanzgericht Münster geht
einen anderen Weg.

 

Hintergrund

Die Eigentümer
eines Mehrfamilienhauses hatten ursprünglich 3 in diesem Gebäude befindliche
Eigentumswohnungen als Büroräume vermietet. Nach Arbeiten an der Elektrik, der
Sanierung des Sanitärbereichs sowie dem Versetzen von Trockenbauwänden und
Türen, wurden die Eigentumswohnungen zu Wohnzwecken vermietet. Die entsprechenden
Aufwendungen für die Instandhaltungsmaßnahmen machten die Eigentümer in voller
Höhe als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften geltend. Das Finanzamt
behandelte die Kosten jedoch wegen der Nutzungs- und Funktionsänderung des
Gebäudes als nachträgliche Herstellungskosten.

 

Entscheidung

Das
Finanzgericht Münster gab den Eigentümern Recht. Es entschied, dass
Baumaßnahmen, die im Zusammenhang mit einer Funktionsänderung von Räumen
anfallen, nicht zwingend zu den Herstellungskosten zu rechnen sind. Das gilt
vor allem dann, wenn die umgebauten Räume nicht erweitert werden, die
Grundfläche unverändert bleibt, es zu keiner Substanzvermehrung kommt und nicht
nachträglich Bestandteile eingebaut werden, die vorher nicht vorhanden waren.

Die
Funktionsänderung, also der Wechsel von der gewerblichen Vermietung zur Vermietung
zu Wohnzwecken, stellt zunächst nur ein Indiz für die Annahme von
nachträglichen Herstellungskosten dar. Ein bloßes Versetzen von Wänden oder das
Zumauern von Türen, sind für sich allein keine Erweiterung oder Verbesserung
und rechnen nicht zu den Herstellungskosten. Nur die Kosten, die durch die
Erstellung der Trennwand angefallen sind, werden eigentlich den
Herstellungskosten zugeordnet. Da es sich jedoch insoweit nur um einen
geringfügigen Kostenbetrag handelt, sieht das Finanzgericht von einer Aufteilung
der Kosten ab.

Die
Kosten der Baumaßnahmen an den Wohnungen sind auch nicht deshalb den
Herstellungskosten zuzuordnen, weil ein Standardsprung in mindestens 3 der
Kernbereiche der Wohnungsausstattung – Elektro-, Heizungs-, Sanitärinstallationen,
Fenster – festzustellen ist. Es ist nicht erkennbar, dass es durch die
Baumaßnahmen zu einer Verbesserung der Wohnungen über ein Ersetzen der
vorhandenen Anlagen in zeitgemäßer Form hinaus gekommen ist.

 

8.  
Überwachung
des Arbeitsplatzes mit Keylogger: Zulässig oder nicht zulässig?

 

Wegen intensiver privater Nutzung des betrieblichen
Computers kündigte der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer. Die Kündigung war jedoch
unwirksam, da der Arbeitgeber das Fehlverhalten nur mittels eines heimlich
aufgespielten Keyloggers nachweisen konnte.

 

Hintergrund

Der Arbeitgeber
warf dem Arbeitnehmer vor, seinen Dienstrechner während der regulären
Arbeitszeit in erheblichem Umfang privat genutzt zu haben. Insbesondere soll er
ein Computerspiel für einen anderen Auftraggeber programmiert und Aufträge für
seinen Vater bearbeitet haben.

Das Ausmaß der
privaten Nutzung wies der Arbeitgeber anhand von Protokolldateien nach, die er
mittels eines heimlich aufgespielten Keyloggers gewonnen hatte.

 

Entscheidung

Das
Landesarbeitsgericht entschied, dass die Kündigung unwirksam war.

Die
heimliche Installation einer Überwachungssoftware, die sämtliche
Tastatureingaben aufzeichnet und Screenshots der Bildschirmhalte anfertigt,
stellt einen schweren Eingriff in das Recht des Arbeitnehmers auf
informationelle Selbstbestimmung dar. Besondere Umstände, die eine solche
massive Überwachung gerechtfertigt hätten, lagen hier nicht vor. Die Beweise,
die mit dem Keylogger gesammelt wurden, durften deshalb nicht verwertet werden.

Durch
das Beweisverwertungsverbot für die durch den Keylogger erhobenen Daten konnten
die Richter nur die privaten Nutzungszeiten für das Verfahren heranziehen, die
der Kläger eingeräumt hatte. Daraus folgte aber keine exzessive Privatnutzung
während der Arbeitszeit, sodass eine fristlose Kündigung ohne vorhergehende
Abmahnung nicht in Betracht kam.

 

 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

 
 

1. 
Begriff der
Betriebsstätte: Doppelbesteuerungsabkommen kontra nationales Steuerrecht

 

Der Begriff der Betriebsstätte im Rahmen der
Gewerbesteuer richtet sich nach dem nationalen Steuerrecht. Die
Begriffsbestimmung nach einem Doppelbesteuerungsabkommen hat insoweit keinen
Vorrang.

 

Hintergrund

Die X-GmbH
betreibt im Inland eine Importvermittlung und unterhielt zu diesem Zweck ein
Einkaufsbüro in der Türkei. Die GmbH sah das Einkaufsbüro als eine nicht im
Inland belegene Betriebsstätte an und kürzte dementsprechend den Gewerbeertrag
um den auf das Einkaufsbüro entfallenden Ertrag. Dem widersprach das Finanzamt
und verwehrte die Kürzung. Denn das Doppelbesteuerungsabkommen-Türkei wertet
eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten
wird, für das Unternehmen Güter oder Waren einzukaufen, nicht als
Betriebsstätte. Das Finanzgericht folgte diesem Argument und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof gab jedoch der Klage der GmbH statt und gewährte die Kürzung
des Gewerbeertrags um den auf das Einkaufsbüro in der Türkei entfallenden
Anteil.

Denn
die Doppelbesteuerungsabkommen legen nur fest, in welchem Umfang die nach
innerstaatlichem Recht bestehende Steuerpflicht entfallen soll. Die in den
Doppelbesteuerungsabkommen enthaltenen Bestimmungen zum Begriff der Betriebsstätte
sind deshalb grundsätzlich nur im Rahmen der Doppelbesteuerungsabkommen
anwendbar. Ob im Ausland erzielte Einnahmen bei der Ermittlung der Einkünfte zu
kürzen sind und auf welche Fälle sich die Kürzung erstrecken soll, ist dagegen
eine Sache des innerstaatlichen Rechts. Der Bundesfinanzhof geht davon aus,
dass der Gesetzgeber allein den innerstaatlich definierten Begriff zugrunde
legen wollte. Denn der Gewerbesteuer unterliegt grundsätzlich nur der
Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird.

 

2. 
Kann die
Grunderwerbsteuer bei einer Insolvenz des Käufers herabgesetzt werden?

 

Wird bei einem Grundstückskauf der Käufer insolvent,
führt der Ausfall der Kaufpreisforderung nicht zu einer Änderung der
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.

 

Hintergrund

Eine
GmbH hatte eine landwirtschaftlich genutzte Fläche für einen Kaufpreis von
3.448.850 EUR erworben. Diese sollte erschlossen, in einzelne Baugrundstücke
aufgeteilt und weiterverkauft werden. Der Kaufpreis war bis zum Abverkauf der
einzelnen Baugrundstücke gestundet, Fälligkeit des Restkaufpreises war am
15.1.2007. Das Finanzamt ging für die Grunderwerbsteuer von einer
Bemessungsgrundlage von 3.448.850 EUR aus, abgezinst um 310.367 EUR wegen der
Stundung des Kaufpreises, und setzte eine Grunderwerbsteuer von 109.846 EUR
fest.

Die
GmbH konnte jedoch ihre Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen und über ihr
Vermögen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Da nur Teilzahlungen von
insgesamt 2.567.800 EUR geleistet worden waren, beantragte der Insolvenzverwalter
die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer. Beim Finanzamt und auch beim
Finanzgericht hatte er damit keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Auch vor dem
Bundesfinanzhof scheiterte der Insolvenzverwalter. Die Begründung der Richter:
Bei einem Grundstückskauf bemisst sich die Grunderwerbsteuer nach dem Kaufpreis
einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Die
Kaufpreisforderung ist grundsätzlich mit ihrem Nennwert anzusetzen. Für die
Grunderwerbsteuer ist unerheblich, ob der Grundstückskäufer den Kaufpreis
später tatsächlich zahlt. Das gilt auch, wenn über das Vermögen des Käufers das
Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dieses berührt weder die Wirksamkeit des
Kaufvertrags noch kommt es zu einer Herabsetzung des Kaufpreises. Für dessen
Bestimmung ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich.

 

3. 
Wie ist ein
Darlehen mit einem steigenden Zinssatz zu bewerten?

 

Ist ein Darlehen mit steigenden Zinssätzen vereinbart
worden, muss wegen des wirtschaftlichen Erfüllungsrückstands grundsätzlich eine
Verbindlichkeit oder eine Rückstellung ausgewiesen werden.

 

Hintergrund

Die
X-GmbH erwarb im Februar 2008 Anteile an einer GmbH von einer luxemburgischen
Gesellschaft. Die Kaufpreisschuld wurde in ein Darlehen umgewandelt und eine
Laufzeit bis 2017 vereinbart. Die Zinsen sollten jährlich ansteigen von 1,8 %
im ersten bis 10,8 % im neunten Jahr.

In
ihrer Bilanz zum 31.12.2008 bildete die X-GmbH für die Zinsverpflichtung eine
Rückstellung. Diese setzte sie mit 5 % der Darlehenssumme an, also i. H. d.
durchschnittlichen Zinssatzes, auf die Gesamtlaufzeit bezogen.

Das
Finanzamt und auch das Finanzgericht berücksichtigten die Rückstellung aber nur
mit dem für das erste Jahr festgelegten Zinssatz von 1,8 %.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof folgte dem nicht, sondern hob das Urteil des Finanzgerichts
auf. Denn Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften dürfen ausnahmsweise
passiviert werden, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch
Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist.
Besteht ein Erfüllungsrückstand und ist dessen Höhe sicher, ist eine
Verbindlichkeit auszuweisen. Die X-GmbH war am 31.12.2008 in einem solchen
Erfüllungsrückstand, zumindest was die Zinsen von 1,8 % für das erste Jahr
betrifft. Der Darlehensgeber hatte das Kapital zum Bilanzstichtag für 10 Monate
überlassen und ist insoweit in Vorleistung getreten, während sich die X-GmbH
mit der Zinszahlung als Gegenleistung im Rückstand befand. Unerheblich ist,
dass die Zinsverbindlichkeit noch nicht fällig war.

Für
die Höhe des Erfüllungsrückstands ist auf die Durchschnittsverzinsung und damit
auf die ansteigenden Zinsverbindlichkeiten der Folgejahre abzustellen. Denn bei
wirtschaftlicher Betrachtung stellen die am Bilanzstichtag noch geschuldeten
zukünftigen Zinszahlungen die Gegenleistung für die gesamte 9-jährige
Kapitalüberlassung dar. Auch hier spielt es keine Rolle, dass die Zinsansprüche
für die Folgejahre noch nicht fällig waren.

 

4.  
Wann muss
ein GmbH-Gesellschafter der Abberufung des Geschäftsführers zustimmen?

 

Ist der Verbleib der Geschäftsführer in einer GmbH für
die Gesellschaft nicht mehr zumutbar, müssen die GmbH-Gesellschafter der
Abberufung von Geschäftsführern zustimmen.

 

Hintergrund

Der
Kläger und sein Onkel sind Gesellschafter einer GmbH und jeweils mit 50 %
beteiligt. Der Kläger wollte die Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem
Grund erreichen, da dieser u. a. in einer die Gesellschaft betreffenden Streitigkeit
falsch ausgesagt hatte und das Vertrauensverhältnis damit zerrüttet hat. Der
Onkel des Klägers stimmte jedoch gegen die Abberufung.

Mit
seiner Klage will der Kläger feststellen lassen, dass der Geschäftsführer durch
den Gesellschafterbeschluss abberufen wurde und die Stimmabgabe seines Onkels
wegen Verstoßes gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht nichtig war.

 

Entscheidung

Die
Klage hatte vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg. Zwar kann es nach der
gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht für alle Gesellschafter geboten sein, der
Abberufung eines Geschäftsführers zuzustimmen, insbesondere wenn in der Person
des Geschäftsführers wichtige Gründe vorliegen, die sein Verbleiben für die
Gesellschaft unzumutbar machen.

Im
vorliegenden Fall waren solche wichtigen Gründe allerdings nicht ersichtlich.
Eine vorsätzliche Falschaussage zu Gunsten des anderen Gesellschafters konnte
nicht bewiesen werden.

Die
Behauptung, dass das Vertrauensverhältnis zerrüttet war, reichte dem Gericht
nicht. Denn ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis stellt nur dann einen
wichtigen Grund zur Abberufung eines Geschäftsführers dar, wenn die Zerrüttung
durch eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Geschäftsführers begründet
ist.

 

5.  
Zeitwertkonto
für einen Fremdgeschäftsführer: Wann liegt Arbeitslohn vor?

 

Zahlt eine GmbH Beträge auf ein Zeitwertkonto
zugunsten ihres Fremdgeschäftsführers ein, führt dies nicht zum Zufluss von
Arbeitslohn. Das gilt zumindest dann, wenn die Einzahlungen in eine
Rückdeckungsversicherung fließen und der Geschäftsführer bis zur
Freistellungsphase keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme hat.

 

Hintergrund

Der
Kläger ist Fremdgeschäftsführer bei einer GmbH. Diese vereinbarte mit dem
Kläger, dass Wertguthaben zur Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestands
angesammelt wird und richtete deshalb ein sog. Zeitwertkonto ein. Weiterhin
schloss die GmbH eine Rückdeckungsversicherung ab, um die Gehaltszahlungen in
der Freistellungsphase zu finanzieren. Der Kläger verzichtete auf Teile seines
Lohns, die auf das Konto der Rückdeckungsversicherung eingezahlt wurden.
Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigter aus der Rückdeckungsversicherung war
allerdings die GmbH. Sie behandelte die Einzahlungen auf das Wertguthaben als
steuerfreien Arbeitslohn.

Das
Finanzamt erkannte die Zeitwertkonten des Geschäftsführers jedoch nicht an.

 

Entscheidung

Nach
der Entscheidung des Finanzgerichts fließt dem Geschäftsführer mit den
Wertgutschriften kein Arbeitslohn zu. Versicherungsnehmer ist die GmbH und
gegenüber der Versicherung hat der Kläger zunächst keinen Anspruch auf
Auszahlung der Versicherungssumme. Er kann über die eingezahlten Beträge damit
nicht wirtschaftlich verfügen.

Der
Einkommensteuer unterliegt aber nur zugeflossener Arbeitslohn. Arbeitslohn ist
zugeflossen, wenn und sobald der Steuerpflichtige wirtschaftlich darüber
verfügen kann. Das ist regelmäßig bei Auszahlung in bar oder Gutschrift auf
einem Bankkonto der Fall. Auch eine Gutschrift in den Büchern des
Verpflichteten kann einen Zufluss bewirken. Der Gläubiger muss in der Lage
sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten
und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen.