Mandantenbrief Steuern Privatpersonen März 2016

 

1.

Häusliches Arbeitszimmer:
Gemischte Nutzung ist nicht erlaubt

2.

Behörde darf sich nicht auf eine
vernichtete Akte berufen

3.

Überlassung einer Mietwohnung an
die Tochter: Normales Mietverhältnis oder Naturalunterhalt?

4.

Haushaltsnahe Dienstleistungen:
Notrufsystem ist begünstigt

5.

Ausländischer Pilot: Wann liegt
ein inländischer gewöhnlicher Aufenthalt vor?

6.

Zahlung für Arbeitsleistung ist
Arbeitslohn

7.

Wann eine Berufskrankheit bei
Beamten anerkannt werden kann

8.

Unlauterer Wettbewerb: Funktion “Freunde
finden” ist unzulässig

9.

Wohnungseigentum: Auf einem
Tiefgaragenstellplatz sind nur Autos erlaubt

10.

Immobilienkauf: Nur was im
Vertrag steht, ist auch vereinbart

11.

Wohnungseigentum: Wer trägt die
Kosten einer eigenmächtigen Sanierung?

 

1.  
Häusliches
Arbeitszimmer: Gemischte Nutzung ist nicht erlaubt

 

Dient ein Zimmer neben der Verrichtung von
Büroarbeiten auch anderen Zwecken, etwa als Spielzimmer oder Wohnzimmer, liegt
kein “Arbeitszimmer” im steuerlichen Sinne vor. Um den Begriff des häuslichen
Arbeitszimmers zu erfüllen, darf der betreffende Raum nur ausschließlich oder
nahezu ausschließlich für betriebliche bzw. berufliche Zwecke genutzt werden.

 

Hintergrund

X bewohnt mit seiner Ehefrau ein beiden Ehegatten
gehörendes Einfamilienhaus. Für 2006 machte er Aufwendungen (804 EUR) für ein
häusliches Arbeitszimmer bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
geltend. Das Finanzamt versagte jedoch den Werbungskostenabzug. Das
Finanzgericht ließ einen Teil der Aufwendungen zum Abzug zu, da X eine Nutzung
zur Einkünfteerzielung zu 60 % nachgewiesen habe.

Mit seiner Revision machte das Finanzamt geltend, dass
die Regelung über die beschränkte Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein
häusliches Arbeitszimmer als Spezialregelung dem
Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzug vorgehe. Der IX. Senat des
Bundesfinanzhofs teilte diese Auffassung aber nicht. Die Aufwendungen seien
entsprechend der Nutzung aufzuteilen.

 

Entscheidung

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat dagegen
entschieden, dass Aufwendungen für einen Raum, der nicht nur geringfügig zu
privaten Zwecken genutzt wird, insgesamt nicht abziehbar sind.

Ein häusliches Arbeitszimmer setzt zunächst voraus,
dass es dem Typus des Arbeitszimmers entspricht. Dazu muss es büromäßig
ausgestattet sein (Schreibtisch, Regale usw.). Außerdem muss es nahezu
ausschließlich für Tätigkeiten zur Erzielung von Einnahmen genutzt werden. Ein
Zimmer, das zwar büromäßig eingerichtet ist, aber in nennenswertem Umfang neben
der Verrichtung von Büroarbeiten auch anderen Zwecken dient, etwa als Spiel-,
Gäste- oder Bügelzimmer, ist bereits begrifflich kein Arbeitszimmer. Das gilt
erst recht auch für ein Zimmer, das sowohl zur Erzielung von Einnahmen (z. B.
in einer Arbeitsecke) als auch zu privaten Wohnzwecken (Wohnbereich) genutzt
wird.

Darüber hinaus lässt sich der Umfang der beruflichen
Nutzung objektiv nicht überprüfen. Ein “Nutzungszeitenbuch” ist nicht
kontrollierbar und auch eine Schätzung erscheint mangels hinreichender Maßstäbe
nicht möglich.

Diesem Ergebnis steht der Beschluss des Großen Senats
zur Aufteilung der Reisekosten bei gemischt veranlassten Reisen entsprechend
der Zeitanteile der Reise nicht entgegen. Denn die gesetzliche Regelung zum
häuslichen Arbeitszimmer ist eine den allgemeinen Grundsätzen vorgehende
Spezialregelung, die abschließend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen und
in welcher Höhe Aufwendungen abziehbar sind.

 

2.  
Behörde darf
sich nicht auf eine vernichtete Akte berufen

 

Hat die Familienkassen die
Originalunterlagen nach Einscannen zwecks Erstellung einer elektronischen Kindergeldakte
vernichtet, kann sie sich nicht mehr auf das Dokument berufen.

 

Hintergrund

Die Familienkasse überwies das für die beiden Kinder
der Antragstellerin festgesetzte Kindergeld zunächst auf ein von ihr
angegebenes Konto. Im Jahr 2010 ging ein unterschriebenes Formular bei der
Familienkasse ein, das u. a. die Eintragung enthielt, dass das Kindergeld auf
ein anderes Konto überwiesen werden soll. Die Familienkasse überwies das
Kindergeld auf das angegebene Konto.

Im Jahr 2015 hob die Familienkasse die Festsetzung des
Kindergelds ab März 2010 auf und forderte die Antragstellerin zur Rückzahlung
auf. Diese wandte gegen den Rückforderungsbescheid ein, dass ihre Unterschrift
auf der Veränderungsanzeige gefälscht sei und sie sich zum Zeitpunkt der Abgabe
dieses Dokuments gar nicht in Deutschland aufgehalten habe. Die Kindergeldakte
konnte von der Familienkasse nicht mehr im Original vorgelegt werden, weil
diese nach dem Einscannen vernichtet worden war und nur noch elektronisch
geführt wurde.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass die
Antragstellerin das zu viel gezahlte Kindergeld nicht erstatten muss, weil sie
nicht als Leistungsempfängerin anzusehen ist. Die Familienkasse wird den Beweis
dafür, dass die Veränderungsanzeige tatsächlich von der Antragstellerin stammt,
nicht erbringen können. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die
Unterschrift im Wege einer Fotokopie oder einer technischen Manipulation auf
das Dokument gelangt sei. Eine Finanzbehörde darf ihre Ansprüche gerade nicht
mehr auf entscheidungserhebliche Originalunterlagen stützen, die sie selbst
während des laufenden Verfahrens vernichtet hat.

 

3.  Überlassung
einer Mietwohnung an die Tochter: Normales Mietverhältnis oder
Naturalunterhalt?

 

Eine Vermietung einer Wohnung an
Angehörige kann steuerlich anerkannt werden. Voraussetzung ist aber, dass das
Mietverhältnis einem Fremdvergleich standhält. Probleme mit dem Finanzamt kann
es geben, wenn die Wohnung an das unterhaltsberechtigte Kind überlassen wird.

 

Hintergrund

Die Kläger vermieten seit November 2011 eine 54 qm
große Wohnung in einem Zweifamilienhaus an ihre Tochter. Bei Abschluss des
Mietvertrags besuchte sie noch das Gymnasium. Im Anschluss daran nahm sie ein
Studium auf. Im Mietvertrag war eine Kaltmiete von 350 EUR und
Nebenkostenvorauszahlungen von 125 EUR vereinbart. Tatsächlich zahlte die
Tochter jedoch keine Miete.

Das Finanzamt verneinte die Einkunftserzielungsabsicht
der Kläger und ließ die geltend gemachten Werbungskosten nur anteilig zum Abzug
zu. Dagegen machten die Kläger geltend, ihre Tochter habe die Miete von
insgesamt 4.200 EUR und die abgerechneten Nebenkosten von 115 EUR aus dem
Barunterhalt bestritten.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat ein steuerlich anzuerkennendes
Mietverhältnis abgelehnt und deshalb die Klage abgewiesen. Der Mietvertrag
halte einem Fremdvergleich nicht stand. Denn vereinbart worden sei die unbare
Zahlung der Miete durch Überweisung. Tatsächlich sei aber kein Geld von einem
Konto der Tochter der Kläger auf ein Konto der Kläger geflossen.

Auch die behauptete Verrechnung der Miete mit dem
Unterhalt führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs
sei nicht im Einzelnen festgelegt worden. Ebenso wenig seien die weiteren
Barunterhaltsleistungen vereinbart und abgerechnet worden. Schließlich zeigten
die weiteren Umstände (u. a. keine Nutzung der Wohnung zum selbstständigen
hauswirtschaftlichen Leben), dass es den Beteiligten nicht um eine entgeltliche
Vermietung, sondern um Naturalunterhalt in Gestalt der Wohnraumüberlassung
gegangen sei.

 

4. 
Haushaltsnahe
Dienstleistungen: Notrufsystem ist begünstigt

 

Wird im Rahmen eines “Betreuten Wohnens”
ein Notrufsystem zur Verfügung gestellt, kann für dieses die Steuerermäßigung
für haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden.

 

Hintergrund

X bewohnt eine Wohnung in einer Seniorenresidenz im
Rahmen des “Betreuten Wohnens”. Neben dem Mietvertrag schloss er einen
Seniorenbetreuungsvertrag ab. Darin verpflichtete sich der Betreiber gegen eine
monatliche Betreuungspauschale u. a. zur Bereitstellung eines rund um die Uhr
zur Verfügung stehenden Notrufsystems sowie zur Soforthilfe im Notfall und zur
Versorgung bei kurzzeitiger Erkrankung. Die Pauschale musste auch dann
entrichtet werden, wenn keine Leistungen in Anspruch genommen wurden.

Im Jahr 2011 bezahlte X eine Betreuungspauschale von
insgesamt 1.785 EUR. Davon entfielen 80 % auf die Besetzung des Notrufsystems
und 20 % auf beratende und kulturelle Leistungen. X machte einen Teil der
Pauschale als Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen geltend. Während
das Finanzamt die Berücksichtigung der anteiligen Betreuungspauschale ablehnte,
zeigte sich das Finanzgericht großzügiger und gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof stellte sich ebenfalls auf die
Seite des Klägers und wies die Revision des Finanzamts zurück.

Aufwendungen wegen einer Heimunterbringung sind
steuerlich begünstigt, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind,
die mit einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind. “Haushaltsnahe Leistungen” sind
solche, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung haben bzw. damit in
Zusammenhang stehen. Dazu gehören Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder
des privaten Haushalts oder entsprechende Beschäftigte erledigt werden und in
regelmäßigen Abstünden anfallen.

Deshalb handelt es sich bei dem mit der
Betreuungspauschale abgegoltenen Notrufsystem um eine haushaltsnahe
Dienstleistung. Denn durch die Rufbereitschaft wird sichergestellt, dass ein
Bewohner, der sich im Rahmen seines Haushalts aufhält, im Bedarfsfall Hilfe
rufen kann. Eine solche Rufbereitschaft wird typischerweise in einer Haushaltsgemeinschaft
von Familien- oder Haushaltsangehörigen erbracht.

“In” einem Haushalt wird die Dienstleistung erbracht,
wenn sie im räumlichen Bereich des Haushalts geleistet wird. Der Begriff des
Haushalts ist insoweit räumlich-funktional auszulegen. Die Rufbereitschaft
stellt die Gewährleistung entsprechender Hilfe sicher. Der Leistungserfolg
tritt damit in der Wohnung ein. Somit wird die Leistung im räumlichen Bereich
des Haushalts erbracht. X steht demnach die Steuerbegünstigung für die auf das
Notrufsystem entfallenden Kosten zu.

 

5. 
Ausländischer
Pilot: Wann liegt ein inländischer gewöhnlicher Aufenthalt vor?

 

Übernachtet ein Pilot, der seinen Wohnsitz
im Ausland hat, durchschnittlich weniger als zweimal pro Woche im Inland, liegt
damit kein gewöhnlicher Aufenthalt dort vor.

 

Hintergrund

Der Pilot erhielt eine unbefristete Anstellung als
Copilot mit Einsatzflughafen Frankfurt am Main. Aufgrund innerbetrieblicher
Regelungen der Fluggesellschaft war er dazu verpflichtet, in der Nähe des
Flughafens eine Unterkunft zu unterhalten, von der er seinen Flugdienst
innerhalb eines Zeitraums von 60 Minuten nach einer entsprechenden Benachrichtigung
antreten konnte. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, mietete er mit anderen
Piloten eine Wohnung zur wechselseitigen Nutzung.

Das Finanzamt sah hierin die Begründung eines
gewöhnlichen Aufenthalts, sodass der Steuerpflichtige mit seinen gesamten
Einkünften der inländischen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen
würde. Dagegen wehrte sich der Pilot mit seiner Klage.

 

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht bekam der Pilot Recht.

Der gewöhnliche Aufenthalt ist dort, wo jemand sich
unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in
diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt ist
ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als 6 Monaten Dauer
anzusehen. Kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt.

Das bedeutet, dass ein zeitlich zusammenhängender
Aufenthalt von mehr als 6 Monaten zwingend zu der Rechtsfolge führt, dass sich
an dem betreffenden Ort der gewöhnliche Aufenthalt der jeweiligen Person
befindet. An einem zeitlichen Zusammenhang kann es fehlen, wenn der Aufenthalt
sehr häufig (wenn auch kurzfristig) unterbrochen wird.

Das Finanzgericht hält zur Begründung eines
gewöhnlichen Aufenthalts mindestens 2 Übernachtungen pro Woche für
erforderlich. Da der Steuerpflichtige unter dieser Grenze geblieben war, lagen
die Voraussetzungen für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts, der die
unbeschränkte Einkommensteuerpflicht begründet, nicht vor.

 

6.  Zahlung für
Arbeitsleistung ist Arbeitslohn

 

Entgelte für geleistete Arbeit gehören
steuerlich zum Arbeitslohn. Das gilt auch bei rechtswidrig erbrachter Mehrarbeit.

 

Hintergrund

Ein Feuerwehrmann erhielt im Jahr 2012 von seiner
Arbeitgeberin einen finanziellen Ausgleich von knapp 15.000 EUR. Von 2002 bis
2007 hatte er teilweise mehr als 48 Stunden wöchentlich gearbeitet, entgegen
den gesetzlichen Bestimmungen.

Das Finanzamt sah in dieser Zahlung Arbeitslohn und
unterwarf diesen als Vergütung für mehrere Jahre dem ermäßigten Steuersatz. Der
Kläger war dagegen der Ansicht, dass es sich um Schadensersatz handele, der auf
der schuldhaften Verletzung von Arbeitgeberpflichten beruhe und der deshalb
nicht steuerbar sei.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht war der gleichen Meinung wie das
Finanzamt und wies die Klage ab. Die Zahlung stelle Arbeitslohn dar. Der Kläger
habe sie als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitsleistung
erhalten. Auslöser für die Zahlung war der Umfang der geleisteten Dienste des
Klägers, nicht die Verletzung von Arbeitgeberpflichten. Der Zweck der
Ausgleichszahlung habe nicht darin bestanden, einen Schaden im Privatvermögen auszugleichen.
Darüber hinaus sei der Sachverhalt vergleichbar mit Entschädigungszahlungen für
verfallene Urlaubstage, die ebenfalls Arbeitslohn darstellten.

 

7.  
Wann eine
Berufskrankheit bei Beamten anerkannt werden kann

 

Eine Krankheit kann bei Beamten nur dann
als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn sie in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung
gelistet war, und zwar zum Zeitpunkt der Erkrankung.

 

Hintergrund

Der Beamte beaufsichtigte über einen Zeitraum von ca.
zweieinhalb Jahren Gefangene in einem Werksbetrieb, die Bürosessel fertigten.
Hierbei wurden 2 lösungsmittelhaltige Klebstoffe verwendet. Im November 1997
erkrankte der Kläger an Polyneuropathie. Diese Erkrankung wurde zum 1.12.1997
in die Liste der Berufskrankheiten der Berufskrankheitenverordnung aufgenommen.
Der Kläger strebte vor Gericht die Anerkennung seiner Erkrankung als Berufskrankheit
an.

 

Entscheidung

Wie auch die Vorinstanzen urteilte das
Bundesverwaltungsgericht zuungunsten des Klägers und wies die Revision zurück.
Nach den gesetzlichen Regelungen werden nur solche Krankheiten als
Berufskrankheiten anerkannt, die schon zum Zeitpunkt der Erkrankung als
Berufskrankheit in Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung aufgenommen sind.

Der maßgebliche Zeitpunkt, wann von dem Beginn der
Erkrankung auszugehen ist, bestimmt sich danach, wann die Erkrankung sicher
diagnostizierbar ist. Dies war bei dem Kläger im November 1997 der Fall, wenige
Wochen vor der Listung der Krankheit als Berufskrankheit.

Die Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung,
die auch die rückwirkende Anerkennung von Berufskrankheiten ermöglichen, gelten
im Übrigen nicht für Beamte. Insoweit liegt aber keine Ungleichbehandlung vor,
weil dem Beamten auch im Falle der vollständigen Dienstunfähigkeit lebenslange
Versorgungsansprüche zustehen.

 

8.  
Unlauterer
Wettbewerb: Funktion “Freunde finden” ist unzulässig

 

Bei Facebook anmelden, Adressbuch
importieren, Einladungs-E-Mails verschicken – und schon hat man alle seine
Kontakte im sozialen Netzwerk versammelt. Doch Vorsicht: Die Facebook-Funktion
“Freunde finden” kann zu unzulässiger Werbung führen.

 

Hintergrund

Der Bundesverband Verbrauchzentralen klagte gegen die
Funktion “Freunde finden” von Facebook. Er hielt sowohl den Import der
E-Mail-Adressen aus dem Adressbuch des Facebook-Nutzers als auch den Versand
von Einladungs-E-Mails an diese Kontakte für unzulässig – vor allem dann, wenn
diese Kontakte nicht bei Facebook als Mitglieder registriert waren. Der
Bundesverband sah in dem Versand dieser E-Mails eine unzulässige belästigende
Werbung i. S. d. Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

 

Entscheidung

Nachdem bereits das Landgericht dem Kläger Recht
gegeben hatte, entschied auch der Bundesgerichtshof zu seinen Gunsten. Die
Revision von Facebook wurde zurückgewiesen. Damit steht fest: Hat der Empfänger
in den Erhalt von Einladungs-E-Mails von Facebook nicht ausdrücklich
eingewilligt, stellen diese eine unzumutbare Belästigung i. S. d. Gesetzes
gegen den unlauteren Wettbewerb dar. Diese Einladungen seien Werbung von
Facebook, auch wenn der Absender ein registrierter Nutzer ist. Sie werden vom
Empfänger auch nicht als private Mitteilung des Facebook-Nutzers verstanden,
sondern als Werbung von Facebook. Darüber hinaus informiere Facebook seine
Nutzer nur unzureichend darüber, in welchem Ausmaß das Netzwerk vom Nutzer
importierte E-Mail-Adressen nutze.

 

9.  
Wohnungseigentum:
Auf einem Tiefgaragenstellplatz sind nur Autos erlaubt

 

Auf einem Tiefgaragenstellplatz dürfen nur
Autos abgestellt werden. Die Erlaubnis, dass ein Eigentümer auf seinem
Stellplatz einen Fahrradständer installieren und Fahrräder abstellen darf,
widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

 

Hintergrund

Ein Wohnungseigentümer wollte auf seinem
Tiefgaragenstellplatz einen Fahrradständer montieren, um dort 2 Elektrofahrräder
abzustellen. In einer Eigentümerversammlung genehmigten dies die
Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit. In der Teilungserklärung werden die
Flächen als “Tiefgaragenstellplatz” bezeichnet.

Ein Wohnungseigentümer klagte gegen den Beschluss.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Der Beschluss der
Wohnungseigentümergemeinschaft widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Gebrauchsregelungen können nur dann durch
Mehrheitsbeschluss getroffen werden, soweit keine anderen Vereinbarungen
entgegenstehen.

Die Bezeichnung “Tiefgaragenstellplatz” ist so zu
verstehen, dass diese Flächen als Abstellplatz für Autos dienen sollen. Auch
die Garagenverordnung und die Hamburgische Bauordnung, die nach Stellplätzen
für Kraftfahrzeuge und Fahrradplätzen unterscheidet, stützen diese Auslegung.
Damit enthält die Teilungserklärung eine Zweckbestimmung, die die Eigentümer
nicht durch Mehrheitsbeschluss ändern konnten.

Darüber hinaus stellt die Montage eines
Fahrradständers im Boden der Tiefgarage einen baulichen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum
dar. Dieser kann ebenfalls nicht durch Mehrheitsbeschluss erlaubt werden.

 

10. 
Immobilienkauf:
Nur was im Vertrag steht, ist auch vereinbart

 

Weicht die tatsächliche Wohnfläche von der
vom Verkäufer angegebenen Wohnfläche ab, kann der Käufer nur dann Minderung des
Kaufpreises und Schadensersatz verlangen, wenn die Angabe der Wohnfläche im
notariellen Kaufvertrag enthalten ist.

 

Hintergrund

Die Verkäufer hatten das Grundstück mit notariellem
Kaufvertrag für 550.000 Euro verkauft.

In einem Exposé und auf ihrer Internetseite hatten die
Verkäufer eine Wohnfläche von ca. 200 Quadratmetern und eine Nutzfläche von ca.
15 Quadratmetern angegeben. Vor dem Abschluss des Kaufvertrags wurden den
Käufern Grundrisszeichnungen mit Flächenangaben ausgehändigt. Daraus ergab sich
eine Fläche von insgesamt 215,3 Quadratmetern. Der notarielle Kaufvertrag
enthielt keine Angaben zur Wohnfläche oder Unterlagen hierüber. Die Rechte der
Käufer wegen Sachmängeln wurde im Vertrag ausgeschlossen.

Bei einer späteren Berechnung durch einen Architekten
wurde eine tatsächliche Gesamtwohnfläche von 171,74 Quadratmetern ermittelt.

Deshalb verlangen die Käufer eine Kaufpreisminderung
von rund 66.000 Euro sowie Ersatz weiterer Schäden (überzahlte
Grunderwerbsteuer, Bankzinsen, Anwaltskosten).

 

Entscheidung

Die Klage wurde abgewiesen. Die Verkäufer müssen weder
eine Minderung des Kaufpreises akzeptieren noch Schadensersatz zahlen.

Weil keine Vereinbarung über eine bestimmte Wohnfläche
als Beschaffenheit des Hauses im notariellen Kaufvertrag zustande gekommen ist,
können sich die Käufer nicht auf das Vorliegen eines Sachmangels berufen.

Eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks
oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die sich nicht in der
notariellen Urkunde wiederfindet, führt in aller Regel nicht zu einer
Beschaffenheitsvereinbarung. Bei einem beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäft
müssen die Parteien alle Erklärungen in den Vertrag aufnehmen, die eine
Regelung enthalten und die damit Rechtswirkungen erzeugen sollen. Dazu gehören
Vereinbarungen über die Beschaffenheit. Wurden diese nicht in den notariellen
Vertrag mit aufgenommen, sind die Beschreibungen angesichts des
Beurkundungserfordernisses in der Regel nicht bindend.

 

11.
Wohnungseigentum:
Wer trägt die Kosten einer eigenmächtigen Sanierung?

 

Saniert ein Wohnungseigentümer eigenmächtig
Gemeinschaftseigentum, kann er die Kosten nur dann von der
Wohnungseigentümergemeinschaft erstattet bekommen, wenn die Maßnahme ohnehin
hätte durchgeführt werden müssen. Von der Beschlusslage und der Dringlichkeit
der Maßnahme hängt ab, wer den Ersatz schuldet.

 

Hintergrund

Im Jahr 2004 hatte ein Architekt einen Sanierungsplan
für die Wohnanlage vorgelegt. Die Eigentümer beschlossen den Sanierungsplan und
führten diesen durch. Eine darin vorgesehene Sanierung der Kellersohle stellten
sie jedoch zurück.

Die Klägerin erwarb ihre Wohnung im Souterrain 2005.
Nach dem Erwerb ließ sie die Kellersohle ihrer Wohnung für 14.000 EUR sanieren
und für 3.500 EUR die Eingangs- und Innentüren ihrer Wohnung ersetzen. Sie
verlangt von der Gemeinschaft Ersatz der aufgewendeten Kosten.

 

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die
Wohnungseigentümergemeinschaft nur die Kosten für die Türen erstatten muss,
nicht dagegen die Kosten für die Sanierung der Kellersohle.

Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Sanierung
der Kellersohle als Aufwand für eine Notgeschäftsführung scheidet aus. Zwar ist
jeder Wohnungseigentümer berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Eigentümer die
Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum
unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind. Um solche Maßnahmen handelte es
sich hier nicht. Es drohte kein unmittelbarer Schaden für das Gemeinschaftseigentum
und die Maßnahmen dienten der dauerhaften Sanierung der Kellersohle. Sie waren
nicht von ihrem Notgeschäftsführungsrecht gedeckt.

Auch ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag
besteht nicht. Die Sanierung hat nicht dem tatsächlichen oder mutmaßlichen
Willen der Eigentümer entsprochen, denn die Eigentümer hatten beschlossen, die
Maßnahme einstweilen zurückzustellen.

Die Wohnungseigentümer sind nicht Schuldner eines
Ersatzanspruchs. Sie hatten sich mit dem Sanierungsbedarf befasst und
beschlossen, die Sohle zunächst nicht zu sanieren, sondern abzuwarten, ob sich
die Feuchtigkeitserscheinungen auch ohne eine solche Maßnahme zurückbilden. Die
Eigentümerin hatte eine Änderung dieses Beschlusses nicht herbeigeführt. Die
Sanierung war deshalb nicht Pflicht der Gemeinschaft. Ob die Wohnungseigentümer
die Sohle hätten sanieren und ihren abweichenden Beschluss jedenfalls jetzt
ergänzen oder ändern mussten, ist unerheblich. Denn eine eventuelle
Verpflichtung, den Beschluss zu ändern, träfe ebenfalls nur die
Wohnungseigentümer selbst, nicht aber die Gemeinschaft.

Dagegen kommt für den Austausch der Innentüren ein
Anspruch auf Ersatz der Kosten in Betracht. Dem einzelnen Wohnungseigentümer
ist der Schaden zu ersetzen, der durch die Verschlechterung des Zustands des
Sondereigentums entsteht. Dies ist hier gegeben, weil die Wände breiter
geworden waren und die Türen nicht mehr passten. Schuldner dieses Anspruchs ist
die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband.

Auch ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für den
Austausch der Wohnungstür kommt in Betracht. Nach der Sanierung hätte die
Gemeinschaft die Wohnungstür austauschen müssen. Der Austausch entsprach dem
mutmaßlichen Interesse der Gemeinschaft, sodass ein Anspruch auf
Aufwendungsersatz gegeben wäre.