Privatbereich
1. Kündigung in der Probezeit: Auf eine eindeutige Regelung kommt es an
2. Fahruntüchtigkeit: Für Dienstwagen muss kein geldwerter Vorteil versteuert werden
3. Häusliches Arbeitszimmer: Vermietung an Auftraggeber kann zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen
4. Pflichtteilsanspruch des Erblassers unterliegt der Erbschaftsteuer
5. Kindergeld: Wenn eine Behinderung erst nach Erreichen der Altersgrenze festgestellt wird
6. Zumutbare Belastung: Bundesfinanzhof ändert die Berechnung zugunsten der Steuerpflichtigen
7. Medizinische Seminare: Kosten der Teilnahme können außergewöhnliche Belastungen sein
8. Ist eine Zusammenveranlagung auch bei einer langjährigen räumlichen Trennung möglich?
9. Rabatt vom Reiseveranstalter: Arbeitslohn ja oder nein?
10. Bereitschaftsdienst: Zuzahlungen für Sonn- und Feiertagsdienst sind nicht immer steuerfrei
11. Wann liegt bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer eine doppelte Haushaltsführung vor?
12. Epilepsiehund: Aufwendungen sind vom Behinderten-Pauschbetrag abgedeckt
13. Wegfall des Eigenbedarfs: Vermieter sollten unbedingt eine gute Begründung parat haben
14. Betriebskosten müssen in der Abrechnung aufgeschlüsselt werden
15. Mietminderung wegen Lärm: Beschreibung des Lärms reicht aus
16. Schönheitsreparaturen: Sind alle Klauseln unwirksam?
17. Zu eng? Wann ein Grundstückseigentümer ein Halteverbotsschild gegenüber seiner Ausfahrt beanspruchen kann
18. Ist eine Laser-Operation bei Kurzsichtigkeit eine Heilbehandlung?

 

  1. Kündigung in der Probezeit: Auf eine eindeutige Regelung kommt es an

 Enthält ein Arbeitsvertrag widersprüchliche Klauseln hinsichtlich der Kündigungsfristen, geht das zulasten des Arbeitgebers. Dieser muss für eine eindeutige Vertragsgestaltung sorgen, wenn insbesondere für die Probezeit eine kürzere Kündigungsfrist gelten soll.

 

Hintergrund

In einem vom Arbeitgeber vorformulierten, schriftlichen Arbeitsvertrag war pauschal geregelt, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richten, der für die Probezeit besondere Bestimmungen enthielt, insbesondere eine 2-wöchige Kündigungsfrist. Im Arbeitsvertrag waren die ersten 6 Monate als Probezeit vereinbart. Darüber hinaus galt laut Vertrag eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Monatsende.

Der Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer am 5.9.2014 innerhalb der 6-monatigen Frist zum 20.9.2014 (2-wöchige Kündigungsfrist laut Tarifvertrag). Der Arbeitnehmer war jedoch der Ansicht, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 31.10.2014 endete (6-wöchige Kündigungsfrist zum Monatsende laut Arbeitsvertrag).

 Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht entschied ganz klar zugunsten des Arbeitnehmers. Bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags handelte es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). In diesen hat der Arbeitgeber nicht unmissverständlich geregelt, dass die im Arbeitsvertrag genannte längere Frist von 6 Wochen zum Monatsende erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll. Aufgrund dieser Vertragsgestaltung war für den Arbeitnehmer nicht zu erkennen, dass mit dem Verweis auf den Manteltarifvertrag eine kürzere Kündigungsfrist für die Probezeit gelten soll. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags war vielmehr allein die Bestimmung der längeren 6-wöchigen Kündigungsfrist maßgeblich, die auch für Kündigungen innerhalb der vereinbarten Probezeit galt.

 

  1. Fahruntüchtigkeit: Für Dienstwagen muss kein geldwerter Vorteil versteuert werden

 Wird ein Dienstwagen auch privat genutzt, wird der geldwerte Vorteil mit der 1-%-Regelung ermittelt. Gilt das auch, wenn der Arbeitnehmer einige Zeit fahruntüchtig ist? Nein, meint zumindest das Finanzgericht Düsseldorf.

 

Hintergrund

Dem Kläger wurde von seinem Arbeitgeber ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt, den er auch privat nutzen durfte. Der geldwerte Vorteil wurde nach der 1-%-Regelung versteuert.

Der Kläger machte geltend, dass der Arbeitslohn für das Jahr 2014 geringer ausfällt. Der Grund: Wegen einer Erkrankung konnte bzw. durfte er den Firmenwagen für 5 Monate nicht nutzen. Wegen eines Hirnschlags am 23.2.2014 hatte der behandelnde Arzt ein Fahrverbot erteilt, das erst 29.7.2014 aufgehoben wurde. Die Nutzung des Firmenwagens war ihm nach der Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber untersagt, wenn es aufgrund einer Erkrankung zu einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit kommt.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte im Wesentlichen den Argumenten des Klägers und entschied, dass für die Monate März bis Juni kein Nutzungsvorteil zu erfassen ist. Der Kläger war aufgrund der Folgen des Hirnschlags fahruntüchtig gewesen, sodass er den Firmenwagen nach der Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber bis dahin auch nicht nutzen durfte, und zwar weder für berufliche noch für private Zwecke. Eine vertragswidrige Nutzung hatte nicht stattgefunden.

Da eine zeitanteilige Aufteilung des geldwerten Vorteils nicht in Betracht kommt, war jedoch für die Monate Februar und Juli der volle geldwerte Vorteil anzusetzen.

 

  1. Häusliches Arbeitszimmer: Vermietung an Auftraggeber kann zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen

 Vermietet ein Gewerbetreibender sein häusliches Arbeitszimmer an einen Auftraggeber, liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. Die Kosten für das Arbeitszimmer können aber nur geltend gemacht werden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen und insbesondere ein abgeschlossener Raum gegeben ist.

 

Hintergrund

Die Eheleute bewohnen gemeinsam ein Einfamilienhaus. Die Ehefrau F war angestellte Sekretärin eines Professors und Chefarztes P. Daneben schrieb sie für P Gutachten, die dieser im Rahmen seiner Nebentätigkeit erstellte. In ihrem Einfamilienhaus vermieteten die Eheleute einen Raum an P zur Erledigung dieser Bürotätigkeiten für monatlich 100 EUR. Eine Seite dieses Raums war lediglich durch ein Geländer mit Glasfüllung und eine 2 m breite Öffnung zum Flur abgegrenzt.

Die Eheleute machten negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hinsichtlich dieses Raums geltend. Den Einnahmen stellten sie anteilige Abschreibung für Abnutzung, Schuldzinsen, Nebenkosten usw. gegenüber. Das Finanzamt wertete die Mieteinnahmen jedoch als gewerbliche Einkünfte. Einen Abzug der Arbeitszimmerkosten lehnte es ab.

 Entscheidung

Nach dem Finanzgericht kam auch der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass die Vermietung an P zu gewerblichen Einkünften nur der F führt. Die Vermietung von Wohnraum ist nämlich gewerblich, wenn ein Mietvertrag so eng mit dem Gewerbebetrieb verbunden ist, dass er ohne den Betrieb nicht denkbar wäre und diesem als unselbstständiger Teil untergeordnet ist. Von einer solchen Gestaltung ist im vorliegenden Fall auszugehen. Denn ohne die gewerbliche Tätigkeit der F hätten die Eheleute den Raum nicht an P vermietet. Da die Vermietung Teil der gewerblichen Tätigkeit der F war, waren die Einkünfte aus der Vermietung nur ihr zuzurechnen.

 

Die für den Raum geltend gemachten Ausgaben sind jedoch nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Denn der Betriebsausgabenabzug setzt voraus, dass das häusliche Arbeitszimmer vom privaten Wohnbereich klar abgegrenzt ist. Daran fehlt es hier. Da der offene Durchgang zu dem auch privat genutzten Flur in Verbindung mit der Glasverkleidung den Raum weit aufbricht, ist die Trennung der privaten von der gewerblichen Nutzung nicht mehr zuverlässig gewährleistet.

 

  1. Pflichtteilsanspruch des Erblassers unterliegt der Erbschaftsteuer

 Hatte der Erblasser einen Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht, gehört dieser zum Nachlass. Der Erbe muss also auch hierfür Erbschaftsteuer bezahlen.

 

Hintergrund

X ist Alleinerbe nach seinem 2008 verstorbenen Vater V. V hatte sein Erbe nach dem Tod der Ehefrau F ausgeschlagen und den Pflichtteil nicht verlangt. X machte 2009 diesen Pflichtteilsanspruch des V am Nachlass der F i. H. v. 400.000 EUR geltend.

Bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer rechnete das Finanzamt den Pflichtteilsanspruch dem Erwerb des X hinzu. X wandte dagegen ein, der Pflichtteilsanspruch war von V nicht geltend gemacht worden und daher nicht zu berücksichtigen. Das Finanzgericht folgte jedoch der Auffassung des Finanzamts, dass der Pflichtteilsanspruch des V Bestandteil des Nachlasses ist, und wies die Klage ab.

Entscheidung

Auch der Bundesfinanzhof kam zu dem Ergebnis, dass der von X ererbte Pflichtteilsanspruch des V der Erbschaftsteuer unterliegt, und wies die Revision des X zurück.

Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch, der bereits mit dem Erbfall als Vollrecht entsteht und von da an zivilrechtlich zum Vermögen des Pflichtteilsberechtigten gehört. Das gilt unabhängig davon, ob der Pflichtteilsanspruch gegen den Erben geltend gemacht wird. Der Erbe des Pflichtteilsberechtigten kann später den durch Erbanfall erworbenen Pflichtteilsanspruch geltend machen, auch wenn der verstorbene Pflichtteilsberechtigte dies unterlassen hatte.

Das Vermögen des Erblassers geht als Ganzes auf den Erben über – und dazu gehört auch ein dem Erblasser zustehender Pflichtteilsanspruch. Für die Besteuerung ist es nicht erforderlich, dass der Erbe den geerbten Anspruch geltend macht.

Für einen Erwerb wie im vorliegenden Fall entsteht die Steuer bereits mit dem Tod des Pflichtteilsberechtigten, und zwar ohne dass es auf die Geltendmachung des Anspruchs durch dessen Erben ankommt.

 

  1. Kindergeld: Wenn eine Behinderung erst nach Erreichen der Altersgrenze festgestellt wird

 Ist ein Kind behindert und kann es deshalb seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten, erhalten die Eltern das Kindergeld zeitlich unbegrenzt. Das gilt auch dann, wenn die Behinderung erst nach Erreichen der Altersgrenze festgestellt wird.

 

Hintergrund

Die Tochter des Klägers litt unter einer Muskelerkrankung. Bei dieser kommt es mit der Zeit zu einer fortschreitenden Abnahme der Muskelkraft. Die Diagnose wurde jedoch erst gestellt, als die Tochter schon 30 Jahre alt war. Der Kläger verlangte von der Familienkasse die Zahlung von Kindergeld.

 Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Kläger recht und entschied, dass ihm das Kindergeld für seine Tochter gewährt werden muss. Die Richter waren der Auffassung, dass für die Frage, ob eine Behinderung vorliegt, der objektive Befund der Erbkrankheit entscheidend ist, nicht dessen Kenntnis. Im vorliegenden Fall hatte die Behinderung bereits vor Vollendung des 27. Lebensjahres vorgelegen, und zwar unabhängig von deren Diagnose.

Das Gericht sah es darüber hinaus als unerheblich an, dass das Unvermögen, den eigenen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, vor Erreichen der Altersgrenze noch nicht vorgelegen hatte.

 

  1. Zumutbare Belastung: Bundesfinanzhof ändert die Berechnung zugunsten der Steuerpflichtigen

 Wer in seiner Steuererklärung Krankheitskosten oder andere zumutbare Belastungen allgemeiner Art geltend macht, bekommt auch weiterhin die zumutbare Belastung als Eigenanteil abgezogen. Allerdings wird diese jetzt anders berechnet, sodass mehr Kosten steuermindernd berücksichtigt werden.

 

Hintergrund

Die verheirateten Kläger erklärten im Jahr 2006 Krankheitskosten von 4.148 EUR als außergewöhnliche Belastungen. Diese berücksichtigte das Finanzamt nach Abzug der zumutbaren Belastung von 2.073 EUR noch mit 2.069 EUR.

Zwangsläufig erwachsende Aufwendungen werden nur insoweit berücksichtigt, als sie die zumutbare Belastung übersteigen. Die Prozentsätze – zwischen 1 % und 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte – berücksichtigen, dass Steuerbürger mit einem höheren Gesamtbetrag der Einkünfte leistungsfähiger und damit entsprechend belastbarer sind.

Die Finanzverwaltung und auch die Rechtsprechung gingen bisher davon aus, dass sich die zumutbare Belastung insgesamt nach dem höheren Prozentsatz richtet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der im Gesetz genannten 3 Stufen überschreitet.

Dementsprechend wendete das Finanzamt die für die Kläger geltenden 4 % auf den gesamten Gesamtbetrag der Einkünfte an. Das Finanzgericht folgte dieser Berechnung.

 Entscheidung

Mit seinem Urteil hält der Bundesfinanzhof an dieser Berechnung jetzt aber nicht mehr fest.

Nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt, wird mit dem höheren Prozentsatz belastet. Denn die gesetzliche Regelung stellt nicht auf den “gesamten Gesamtbetrag der Einkünfte” ab, sondern nur auf den “Gesamtbetrag der Einkünfte”. Der Gesetzeswortlaut bietet deshalb nach Ansicht der Richter keine Grundlage dafür, den höheren Prozentsatz auch auf den Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte anzuwenden, der der niedrigeren Stufe angehört.

Die bisherige Auslegung führte dazu, dass bei nur geringfügiger Überschreitung der Grenzbeträge die zusätzlichen Beträge voll versteuert wurden und nach Steuern ein geringeres Einkommen als bei Einkünften knapp unterhalb des Grenzbetrags verblieb.

Im vorliegenden Fall überstieg der Gesamtbetrag der Einkünfte (51.835 EUR) den Grenzbetrag der letzten Staffel bei 1 oder 2 Kindern (51.130 EUR). Dementsprechend beträgt die zumutbare Belastung nach der bisherigen Auffassung 4 % von 51.835 = 2.073 EUR. Nach der neuen Methode ist wie folgt zu rechnen:

15.340 x 2 %                                                                                          306,80 EUR

51.130 EUR ./. 15.340 EUR = 35.790 EUR x 3 %                       1.073,70 EUR

51.835 EUR ./. 51.130 EUR = 705 EUR x 4 %                                  28,20 EUR

Das ergibt insgesamt eine zumutbare Belastung von rund 1.408 EUR. Somit waren bei Krankheitskosten von 4.148 EUR zusätzlich 664 EUR als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Zum anderen hatte die Eigentümerversammlung die Beschlusskompetenz, da es um bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum ging.

Auch durften die Eigentümer beschließen, dass die jeweiligen Sondernutzungsberechtigten die Kosten für die beabsichtigten Maßnahmen und auch die Folgekosten tragen müssen. Sie waren ohnehin nur deklaratorischer Natur, denn die Regelung in der Teilungserklärung, dass die Sondernutzungsberechtigten für die Pflege ihrer Sondernutzungsflächen verantwortlich sind, bezieht sich nicht nur auf bei der Teilung schon vorhandene, sondern auch auf später hinzukommende Anlagen. Daraus ergibt sich auch, dass sie die Kosten für die Herstellung und Instandhaltung neuer oder geänderter Anlagen im Bereich der Sondernutzungsflächen selbst tragen müssen.

 

  1. Medizinische Seminare: Kosten der Teilnahme können außergewöhnliche Belastungen sein

 Nehmen Pflegeeltern an medizinischen Seminaren zum Umgang mit frühtraumatisierten Kindern teil, dürfen sie die dabei entstehenden Kosten als außergewöhnliche Belastungen geltend machen.

 

Hintergrund

Die Kläger hatten 2 Pflegekinder in Vollzeitpflege bei sich aufgenommen. Da ein Kind aufgrund einer Frühtraumatisierung an einer Aufmerksamkeits- und Bindungsstörung litt, nahm die Klägerin an speziellen, von Ärzten entwickelten Seminaren zu diesem Thema teil. Die entsprechenden Aufwendungen setzte sie in der Steuererklärung als außergewöhnliche Belastungen an. Das Finanzamt verweigerte jedoch den Abzug.

 Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klägerin recht. Die ihr entstandenen Kosten für die Teilnahme an den medizinischen Seminaren, die nicht von der Krankenversicherung übernommen worden sind, kann sie als außergewöhnliche Belastungen geltend machen.

Keine Rolle spielte nach Ansicht der Richter, dass die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht den formellen gesetzlichen Anforderungen genügten. Denn es handelte sich nicht um eine psychotherapeutische Behandlung, sondern um die Schulung einer nicht erkrankten Kontaktperson.

 

  1. Ist eine Zusammenveranlagung auch bei einer langjährigen räumlichen Trennung möglich?

 Wer räumlich getrennt lebt, kann sich trotzdem zusammen veranlagen lassen. Das gilt auch bei längeren Zeiträumen.

 

Hintergrund

Die Kläger sind seit 1991 verheiratet und haben einen Sohn. Im Jahr 2001 zog die Ehefrau mit dem Sohn aus dem bis dahin gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus aus. Sie wohnte erst in einer Mietwohnung, später in einer Eigentumswohnung. Das Finanzamt nahm an, dass die Eheleute dauernd getrennt leben. Seiner Ansicht nach lagen deshalb die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung nicht mehr vor. Es verweigerte daher für das Jahr 2012 die Zusammenveranlagung.

 Entscheidung

Können Eheleute, die langjährig räumlich getrennt leben, weiterhin die Voraussetzungen zur Zusammenveranlagung erfüllen? Das Finanzgericht beantwortete diese Frage im vorliegenden Fall mit einem klaren Ja. Es entschied, dass sich die Kläger weiterhin zusammen veranlagen lassen können. Entscheidend waren für die Richter die Erklärungen der Kläger, dass sie nur räumlich getrennt leben, sich aber persönlich und geistig nicht getrennt hatten.

 

  1. Rabatt vom Reiseveranstalter: Arbeitslohn ja oder nein?

 Gewährt ein Reiseveranstalter einer Angestellten in einem Reisebüro einen Rabatt auf den Reisepreis, liegt insoweit kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor.

 

Hintergrund

Die Klägerin ist als Angestellte in einem Reisebüro tätig. Zusammen mit ihrem Ehemann nahm sie an einer Kreuzfahrt teil. Vom Veranstalter dieser Kreuzfahrt erhielt sie einen Rabatt auf den marktüblichen Reisepreis. Solche Preisnachlässe gewährte der Veranstalter generell Reisebüroinhabern und ihren Angestellten, um sich damit Geschäftsverbindungen zu sichern. Das Finanzamt wertete den Rabatt als steuerpflichtigen Arbeitslohn.

 Entscheidung

Das Finanzgericht teilte die Ansicht des Finanzamts nicht. Es entschied vielmehr, dass es sich bei dem Rabatt nicht um Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit handelte. Denn der Veranstalter gewährte diesen Nachlass aus eigenwirtschaftlichen Gründen. Deshalb entsteht der Klägerin kein geldwerter Vorteil, für den Lohnsteuer abgeführt werden müsste.

 

  1. Bereitschaftsdienst: Zuzahlungen für Sonn- und Feiertagsdienst sind nicht immer steuerfrei

 Wird am Samstag, Sonntag oder Feiertag Bereitschaftsdienst geleistet, kann die entsprechende Vergütung steuerfrei sein. Das gilt aber dann nicht, wenn die Dienste pauschal zusätzlich zum Grundlohn ohne Rücksicht auf den entsprechenden Wochentag vergütet werden.

 

Hintergrund

Die Klägerin K betreibt Fachkliniken in der Rechtsform einer GmbH. Ihren Ärzten vergütete sie den Bereitschaftsdienst. Dieser dauerte an Wochentagen vom Ende der regulären Arbeitszeit bis zum Beginn der regulären Arbeitszeit am Folgetag, an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen jeweils 24 Stunden. Die vereinbarten Pauschalen für den geleisteten Bereitschaftsdienst rechnete K in einen Stundensatz um und behandelte diesen Stundenlohn als steuerfreien Zuschlag. Nach Ansicht des Finanzamts lagen jedoch die Voraussetzungen für die steuerfreien Zuschläge nicht vor. Deshalb forderte es von K die zu wenig gezahlte Lohnsteuer nach.

 Entscheidung

Nachdem die Klage vor dem Finanzgericht schon keinen Erfolg hatte, hatte die Klägerin auch vor dem Bundesfinanzhof das Nachsehen. Der entschied nämlich, dass neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge nur dann steuerfrei sind, wenn sie für tatsächlich gezahlte Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind. Die tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit müssen einzeln aufgezeichnet werden.

K hatte aber die Zusatzzahlungen ohne Rücksicht darauf vergütet, ob der Bereitschaftsdienst an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen erbracht worden war. Damit wurden gerade nicht die besonderen Erschwernisse und Belastungen finanziell ausgeglichen, die mit einer Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbunden sind, sondern die Bereitschaftsdienstzeiten allgemein mit einer Zusatzvergütung bedacht. Solche Zusatzvergütungen gehören aber nicht zu den steuerfreien Zuschlägen, sondern erhöhen den Arbeitslohn.

 

  1. Wann liegt bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer eine doppelte Haushaltsführung vor?

 Bei einem verheirateten Arbeitnehmer ist der Lebensmittelpunkt meistens dort, wo sich die Familie aufhält. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer ist die Frage nach dem Lebensmittelpunkt deutlich schwieriger zu beantworten. Wie so oft kommt es auch hier auf die Umstände im Einzelfall an.

 

Hintergrund

Die Klägerin war Eigentümerin eines rund 100 Jahre alten Hauses an ihrem Heimatort. Dieses hatte sie für 100.000 EUR sanieren lassen. An ihrem Beschäftigungsort mietete sie eine Wohnung mit einer Wohnfläche von etwa 56 m², von der sie ihre Arbeitsstelle aufsuchte. Sie beantragte in ihrer Steuererklärung den Abzug für Aufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung i. H. v. 7.267,06 EUR. Diese Kosten erkannte das Finanzamt jedoch nicht an. Es war der Ansicht, dass die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr am Heimatort hatte. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.

 Entscheidung

Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts und entschied, dass die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung hier nicht vorlagen.

Zwar bewohnte die Klägerin am Heimatort ein eigenes Einfamilienhaus, das sie aufwendig saniert hatte und das nach Größe und Ausstattung gegenüber der Wohnung am Beschäftigungsort als höherwertig zu betrachten ist. Darüber hinaus unternahm sie 30 Heimfahrten und verbrachte einen nicht unerheblichen Teil des Jahres am Heimatort. Das alles reichte den Richtern aber nicht aus. Denn die Klägerin war bereits seit rund 18 Jahren außerhalb ihres Heimatorts beschäftigt. Zudem war sie ledig und hatte weder Kinder noch einen festen Lebensgefährten am Heimatort.

 

  1. Epilepsiehund: Aufwendungen sind vom Behinderten-Pauschbetrag abgedeckt

 Ist ein behinderter Mensch auf einen Epilepsiehund angewiesen, wird ihn das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg sicher nicht freuen. Denn dieses hat entschieden, dass die entsprechenden Aufwendungen nicht zusätzlich zum Behinderten-Pauschbetrag geltend gemacht werden können.

 

Hintergrund

Die Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 und den Merkzeichen G (erhebliche Gehbehinderung), aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) und B (Notwendigkeit ständiger Begleitung). In ihrer Steuererklärung machte sie erfolglos die Aufwendungen für einen Epilepsiehund als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dieser Hund begleitete sie bei Fahrten im Rollstuhl und kann aufgrund von Veränderungen des Hautgeruchs und der Oberflächentemperatur Epilepsieanfälle vorzeitig erkennen. Zum Zeitpunkt der Anschaffung war der Hund aber noch nicht ausgebildet.

 Entscheidung

Das Finanzgericht lehnte einen Abzug der Aufwendungen für einen Epilepsiehund zusätzlich zum Behinderten-Pauschbetrag ab. Denn mit dem Pauschbetrag sind Kosten, die unmittelbar mit der Behinderung zusammenhängen, als außergewöhnliche Belastung ohne Einzelnachweis abgegolten.

Die Klägerin hat ein Wahlrecht, ob sie den Pauschbetrag in Anspruch nimmt oder alle Kosten einzeln nachweist. Ob die Aufwendungen für den Hund bei einem Einzelnachweis jedoch anerkannt worden wären, ließen die Richter offen. Sie äußerten jedoch Bedenken, da die Ausbildung des Hundes einerseits noch nicht abgeschlossen war, andererseits kein Nachweis dafür vorlag, dass die Anschaffung krankheitsbedingt zwangsläufig war. Es gab weder ein vorab erstelltes amtsärztliches Gutachten noch eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung.

 

  1. Wegfall des Eigenbedarfs: Vermieter sollten unbedingt eine gute Begründung parat haben

 Der Vermieter darf wegen Eigenbedarf kündigen – aber wehe, dieser fällt weg. Der Vermieter sollte dies gut begründen können. Ansonsten wird nämlich davon ausgegangen, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war. Und der gekündigte Mieter kann dann Schadensersatz beanspruchen.

 

Hintergrund

Der Vermieter hatte dem Mieter einer Wohnung im dritten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses ordentlich gekündigt, da er die Wohnung für den neuen Hausmeister benötigte. Nachdem der Mieter aus der Wohnung ausgezogen war, zog jedoch nicht der angekündigte neue Hausmeister in die Wohnung ein, sondern eine Familie.

Der Mieter ist der Ansicht, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war. Er verlangt deshalb vom Vermieter Ersatz der Umzugskosten, der Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung und dadurch entstehen, dass er den Weg zur Arbeit nicht mehr wie bisher zu Fuß zurücklegen könne, sowie Ersatz der Prozesskosten. Das sind insgesamt knapp 26.000 EUR.

 Entscheidung

Das Landgericht wies zwar die Schadensersatzklage ab. Dieses Urteil hob der Bundesgerichtshof aber wieder auf.

Nach Ansicht der obersten Richter kann sich ein Vermieter durch eine schuldhafte unberechtigte Kündigung, insbesondere durch Vortäuschen eines in Wahrheit nicht bestehenden Eigenbedarfs, schadensersatzpflichtig machen, wenn der Mieter durch den Auszug Vermögenseinbußen erleidet.

Setzt der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht um, liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben war. Der Vermieter muss deshalb substantiiert und plausibel darlegen, warum der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen ist.

Diesen strengen Anforderungen ist der Vermieter im vorliegenden Fall nicht gerecht geworden. Bei einer tatsächlich bestehenden Bedarfslage hätte der Vermieter mit dem neuen Hausmeister einen Mietvertrag abschließen oder sich zumindest über den voraussichtlichen Mietbeginn und die genaue Miethöhe verständigen müssen. Hierzu hat der Vermieter nichts vorgebracht. Die Darstellung, der Hausmeister habe sich erst nach dem Auszug des Mieters überlegt, wegen Kniebeschwerden nicht einziehen zu wollen, erscheint den Richtern nicht plausibel.

 

  1. Betriebskosten müssen in der Abrechnung aufgeschlüsselt werden

 Betriebskostenabrechnungen sind eine heikle Sache. Grundsätzlich muss der Vermieter die Betriebskosten aufschlüsseln, manche Kosten darf er zusammenfassen, andere wieder nicht. Nimmt er die Aufschlüsselung der Kosten nach den Ziffern des Betriebskostenkatalogs aus der Betriebskostenverordnung vor, reicht das aus.

 

Hintergrund

In der Betriebskostenabrechnung hat die Vermieterin die Kosten für Grundsteuer und Straßenreinigung in einer Position zusammengefasst. Der Mieter hält die Abrechnung insoweit für formell unwirksam und verweigert die Nachzahlung von Betriebskosten, die sich aufgrund dieser Abrechnung ergibt.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hält die Betriebskostenabrechnung bezüglich der zusammengefassten Kostenposition Grundsteuer und Straßenreinigung für formell nicht ordnungsgemäß.

Die Abrechnung muss für den Mieter nachvollziehbar und prüffähig sein. Hierfür reicht es aus, dass der Mieter die ihm angelasteten Kosten bereits aus der Abrechnung klar ersehen und überprüfen kann. Die Nachvollziehbarkeit ist grundsätzlich gewährleistet, wenn der Vermieter die Betriebskosten nach den einzelnen Ziffern des Betriebskostenkatalogs der Betriebskostenverordnung aufschlüsselt. Nach einzelnen Positionen innerhalb einer Ziffer muss er die Kosten dann nicht aufschlüsseln.

Eine Zusammenfassung der in verschiedenen Ziffern des Betriebskostenkatalogs genannten Kostenpositionen, ist jedoch nicht zulässig. Dementsprechend ist es im vorliegenden Fall unzulässig, in der Betriebskostenabrechnung die Kosten für Grundsteuer und für Straßenreinigung, die jeweils andere Ziffern im Katalog haben, zusammenzufassen.

 

  1. Mietminderung wegen Lärm: Beschreibung des Lärms reicht aus

 Ein Mieter, der die Miete wegen Lärmbelastung mindert, muss lediglich darlegen, wie sich der Lärm bemerkbar macht. Eine Mangelursache muss er nicht benennen.

 

Hintergrund

Der Mieter wohnt im 4. Obergeschoss eines 1954 gebauten Hauses. Wegen einer fortwährend bestehenden unzumutbaren Lärmbelästigungen, denen er in seiner Wohnung ausgesetzt ist, minderte er die Miete. Seiner Meinung nach kommen die Geräusche aus der Wohnung über ihm.

Die Vermieterin kündigte wegen der einbehaltenen Miete fristlos. Der Mieter zahlte den einbehaltenen Betrag innerhalb der Schonfrist unter Vorbehalt. Amts- und Landgericht gaben der Räumungsklage statt. Das Landgericht hielt zudem die Kündigung als ordentliche Kündigung für berechtigt.

  Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hob jedoch das Räumungsurteil auf. Er beanstandete, dass die Vorinstanzen den gerügten Mangel – unzumutbarer, in der Wohnung wahrnehmbarer Lärm – nicht insgesamt gewürdigt hatten. Sie haben zu Unrecht davon abgesehen, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Legt ein Mieter einen konkreten Sachmangel dar, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt, tritt die Minderung kraft Gesetzes ein.

Der Mieter muss über eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelsymptome hinaus nichts zu deren Ursache vortragen. Denn es obliegt dem Gericht, die für das Vorliegen des Mangels angebotenen Beweise zu erheben und ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Im vorliegenden Fall hatte der Mieter die Lärmbelastung in der Wohnung ausreichend beschrieben und sogar durch detaillierte Lärmprotokolle konkretisiert. Spätestens das Landgericht hätte daraufhin einen Sachverständigen für Gebäude und Schallschutz beauftragen müssen. Dieser hätte Feststellungen zur gegenwärtigen Lärmsituation und zum baulichen Schallschutz treffen können. Zur Ursache des beanstandeten Lärms musste der Mieter also nichts weiter vortragen.

 

  1. Schönheitsreparaturen: Sind alle Klauseln unwirksam?

 Über nichts streiten Vermieter und Mieter mehr als über Schönheitsreparaturen. Dementsprechend häufig gibt es dann auch Urteile zu diesem Thema. In einer aktuellen Entscheidung hält das Landgericht Berlin die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter auch bei einer renoviert übergebenen Wohnung für unwirksam, wenn dem Mieter kein Ausgleich gewährt wird.

 

Hintergrund

Die Mieter gaben nach 14 Jahren die Wohnung unrenoviert an die Vermieterin zurück. Diese verlangt 3.700 EUR Schadensersatz und beruft sich auf eine Klausel im Mietvertrag. Diese lautet: “Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter”.

 Entscheidung

Vor dem Landgericht Berlin hatte die Vermieterin keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass die Schönheitsreparaturklausel auch dann unwirksam ist, wenn die Wohnung ursprünglich renoviert an die Mieter übergeben wurde.

Zwar erachtet es der Gesetzgeber in engen Grenzen für zulässig, die Durchführung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter abzuwälzen. Diese Grenzen sind jedoch nicht näher definiert worden und auch nicht in den gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck gekommen.

Darüber hinaus benachteiligte die Klausel den Mieter unangemessen, wenn der Vermieter ihm für die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen keinen angemessenen Ausgleich gewährt. Ein solcher Ausgleich muss klar und deutlich vereinbart sein, was aber hier nicht der Fall ist.

 

  1. Zu eng? Wann ein Grundstückseigentümer ein Halteverbotsschild gegenüber seiner Ausfahrt beanspruchen kann

 Kann ein Eigentümer sein Grundstück wegen der Parksituation nur nach mehrmaligem Rangieren verlassen, scheint die Lösung klar zu sein: Gegenüber wird ein Halteverbotsschild aufgestellt und alle sind zufrieden. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Denn die Straße muss “schmal” sein. Was darunter genau zu verstehen ist, steht leider nicht im Gesetz.

 

Hintergrund

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, das mit einem Wohnhaus und einer Garage bebaut ist. Das Grundstück grenzt an eine 5,50 m breite Straße und einen 1,15 m breiten Gehweg. Der Kläger bemängelte, dass seit einiger Zeit nicht mehr auf dem Gehweg, sondern ausschließlich auf der Straße geparkt wird. Deshalb kann er mit seinem Fahrzeug nur noch nach mehrmaligem Rangieren aus seiner Ausfahrt hinausfahren. Dieses empfand der Kläger als unzumutbar. Die gesetzliche Regelung besagt: “Das Parken ist unzulässig vor Grundstückseinfahrten und -ausfahrten, auf schmalen Bahnen auch ihnen gegenüber.” Von der Stadt verlangte der Kläger deshalb, das Parken gegenüber seiner Ausfahrt per Verkehrszeichen zu verbieten und damit das gesetzliche Parkverbot zu konkretisieren, was die Stadt jedoch ablehnte, da sie die Straße nicht als “schmal” einstufte. Nach einem Praxistest vor Ort konnte die Ausfahrt nach 2-maligem Rangieren verlassen werden, was die Stadt für zumutbar hielt.

 Entscheidung

Auch wenn die Richter des Verwaltungsgerichts Karlsruhe bei ihrem Praxistest 3-mal rangieren mussten, um aus der Ausfahrt herauszukommen, wiesen sie die Klage trotzdem ab.

Ganz anders urteilte dagegen der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Der Begriff “schmal” in der Straßenverkehrsordnung ist den Richtern nämlich nicht bestimmt genug. Ihn zu konkretisieren ist nicht möglich – auch wenn verschiedene Oberlandes- und Oberverwaltungsgerichte als Maßstab eine maximal zulässige Zahl von Rangiervorgängen entwickelt haben, die für eine Ein- oder Ausfahrt im Einzelfall zumutbar sind. Wer aber soll denn hinreichend sicher ermitteln oder verlässlich einschätzen, wie viele Rangiervorgänge im jeweiligen Einzelfall nötig sind? Die Richter kamen deshalb zu dem Schluss, dass die gesetzliche Regelung des Parkverbots unwirksam ist.

 

  1. Ist eine Laser-Operation bei Kurzsichtigkeit eine Heilbehandlung?

 Welcher Brillenträger sehnt sich nicht danach, wieder ohne Hilfsmittel gut sehen zu können? Deshalb dürfte für diese Personen ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs von großem Interesse sein. Hier ging es nämlich um die Frage, ob eine Laser-Operation der Augen eine Behandlung einer Krankheit ist, die von der privaten Krankenversicherung übernommen werden muss.

 

Hintergrund

Die Klägerin ließ eine Augenoperation mittels Laser erfolgreich durchführen. Von ihrer privaten Krankenversicherung forderte sie die Übernahme der Kosten i. H. v. 3.500 EUR. Die Versicherung weigerte sich jedoch.

In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht waren davon ausgegangen, dass eine Krankheit nur dann vorliegt, wenn eine Abweichung vom natürlichen körperlichen Zustand vorliegt, die nicht dem normalen Entwicklungs- oder Alterungsprozess entspricht. Von einer pathologischen Kurzsichtigkeit (Myopie) nach internationalem Standard kann erst ab minus 6 Dioptrien gesprochen werden. Der Klägerin war das Tragen einer Brille möglich und zumutbar gewesen.

 Entscheidung

Deutlich patientenfreundlicher zeigte sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung. Die Richter urteilten, dass eine Fehlsichtigkeit auf beiden Augen von minus 3,0 und minus 2,75 Dioptrien eine Krankheit ist. Private Krankenversicherer müssten deshalb die Kosten einer Laser-Optik-Operation zur Beseitigung der Fehlsichtigkeit grundsätzlich übernehmen.

Beim Krankheitsbegriff in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen kommt es im Übrigen nicht auf das Verständnis in medizinischen Fachkreisen an, sondern auf das eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers.

Ob die durchgeführte Operation tatsächlich eine medizinisch notwendige Behandlung darstellt, muss das Berufungsgericht klären. Der Bundesgerichtshof weist aber ganz klar darauf hin, dass die Notwendigkeit einer Operation nicht verneint werden kann, nur weil es üblich ist, eine Brille oder Kontaktlinsen zu tragen. Denn Brillen oder Kontaktlinsen sind nur Hilfsmittel, mit denen körperliche Defekte über einen längeren Zeitraum ausgeglichen werden können.