Privatbereich
1. Wie weit darf die Zweitwohnung vom Beschäftigungsort entfernt sein?
2. Wenn ein Reiseveranstalter einen Rabatt gewährt: Kein Arbeitslohn
3. Eine nicht ausreichende Begründung eines Verwaltungsakts kann nicht geheilt werden
4. Leiharbeit: Betrieb des Entleihers ist keine erste Tätigkeitsstätte
5. Grunderwerbsteuer: Dürfen die Baukosten nachträglich einbezogen werden?
6. Besonderes Kirchgeld: Kein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention
7. Mieter zahlt Miete nicht: Ab welchem Betrag darf der Vermieter kündigen?
8. Neu gegen alt: Mieter muss Austausch des Herdes dulden
9. Jahresabrechnung: Ganz oder gar nicht beschließen
10. Maßnahmen am Sondereigentum: Müssen immer alle Eigentümer zustimmen?
11. Urlaubsentgelt: Zeiten der Rufbereitschaft sind mit zu berücksichtigen
12. Warum beim Abschleppen besser kein Unfall passieren sollte
13. Verkäufer gibt falsches Baujahr an: Kann der Käufer vom Kauf einer Immobilie zurücktreten?
14. Wann Eltern keinen Anspruch auf Unterhalt gegen ihre Kinder haben

 

  1. Wie weit darf die Zweitwohnung vom Beschäftigungsort entfernt sein?

 Die Entfernung zwischen Zweitwohnung und Beschäftigungsort entscheidet darüber, ob der Arbeitgeber die Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung steuerfrei erstatten darf. Fällt sie zu groß aus, ist der Aufwendungsersatz steuerpflichtig.

 Hintergrund

Ein Mitarbeiter verlegte seine Zweitwohnung und wohnte seitdem ca. 170 km von seiner Arbeitsstätte entfernt.

Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn ein Mitarbeiter aus beruflichen Gründen außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort oder in der Nähe wohnt. Es stellte sich also die Frage, ob hier der Mitarbeiter noch in der Nähe des Beschäftigungsortes wohnt.

 Entscheidung

Das Finanzgericht sagte Nein und wies die Klage ab. Damit sind die Aufwendungen für die Familienheimfahrten und die Miete nicht als Werbungskosten bei der doppelten Haushaltsführung abziehbar. Eine steuerfreie Arbeitgebererstattung scheidet ebenfalls aus.

Eine Entfernung von 170 km gehört nicht zur “Umgebung” des Beschäftigungsortes, auch nicht bei großzügiger Betrachtung. Es liegen auch keine Besonderheiten des Einzelfalls vor, die diese Entfernung und die damit verbundene Fahrzeit rechtfertigen könnten.

 

  1. Wenn ein Reiseveranstalter einen Rabatt gewährt: Kein Arbeitslohn

 Gewährt ein Reisebüro seinen Mitarbeitern Vergünstigungen für private Reisen, gehören diese zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Wenn jedoch ein Reiseveranstalter den Reisebüroangestellten einen Rabatt auf den Reisepreis einräumt, liegt kein Arbeitslohn vor.

 Hintergrund

Die Klägerin war Angestellte eines Reisebüros. Sie nahm im Jahr 2008 zusammen mit ihrem Ehemann an einer 14-tägigen Hochseekreuzfahrt teil. Der Reisepreis betrug 1.540 EUR. Der Katalogpreis für diese Reise lag dagegen bei 6.330 EUR, abzüglich marktüblicher Rabatte. Die Klägerin konnte deshalb so günstig verreisen, weil der Veranstalter weltweiter Hochseekreuzfahrten Reisebüroinhabern und deren Angestellten – zur Sicherung der Geschäftsverbindung – Rabatte von über 80 % des Katalogpreises gewährte.

Das Finanzamt sah in dem Rabatt einen geldwerten Vorteil und behandelte ihn als Arbeitslohn von dritter Seite.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied jedoch, dass keine Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Gestalt der Zuwendung eines Dritten vorliegen. Bei von Dritten (Nicht-Arbeitgebern) gewährten Preisvorteilen liegt nach Auffassung der Richter nur dann Arbeitslohn vor, wenn der Dritte den Vorteil im Interesse des Arbeitgebers gewährt. Kein Arbeitslohn liegt dagegen vor, wenn der Dritte ein eigenwirtschaftliches Interesse an der Rabattgewährung hat oder den Rabatt aus eigenwirtschaftlichen Gründen gewährt. Letzteres war hier der Fall.

Diese eigenwirtschaftlichen Gründe bestanden in der Sicherung eines zusätzlichen attraktiven Kundenkreises, der Erwirtschaftung eines zusätzlichen Gewinns durch Synergieeffekte und zusätzliche Umsätze an Bord, der Auslastungsoptimierung sowie der Reduzierung der Kostenbelastung. Es bestanden keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Reiseveranstalter die individuelle Arbeitsleistung der Klägerin entlohnen wollte. Auch der Umstand, dass die Klägerin die Vergünstigung nur aufgrund ihrer Tätigkeit als Reisebüroangestellte in Anspruch nehmen konnte, reichte nicht aus, um steuerpflichtigen Arbeitslohn anzunehmen.

 

  1. Eine nicht ausreichende Begründung eines Verwaltungsakts kann nicht geheilt werden

 Erlässt das Finanzamt einen Verwaltungsakt und begründet diesen nicht oder nur unzureichend, ist eine Heilung durch Nachholung der Begründung ausgeschlossen, wenn sich der Verwaltungsakt erledigt hat.

 Hintergrund

Mit Schreiben vom 18.2.2011 forderte das Finanzamt die von einem Steuerberater vertretenen Eheleute auf, die Einkommensteuer-Erklärung 2010 bis zum 31.8.2011 vorzeitig einzureichen und drohte für den Fall der Nichtabgabe die Festsetzung eines Verspätungszuschlags an. Dem Schreiben war keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Die Steuererklärung ging am 7.12.2011 beim Finanzamt ein. Am 23.12.2011 erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2010 und setzte gleichzeitig einen Verspätungszuschlag i. H. v. 880 EUR fest.

Am 9.1.2012 erhoben die Eheleute Einspruch gegen den Verspätungszuschlag, da ihrer Ansicht nach das Finanzamt die Aufforderung zur Erklärungsabgabe nicht ausreichend begründet hatte und diese deshalb rechtswidrig war. Folglich hatten sie die Einkommensteuer-Erklärung nicht verspätet eingereicht.

Mit Schreiben vom 19.1.2012 erklärte das Finanzamt, dass Anlass für die vorzeitige Anforderung die verspätete Erklärungsabgabe in den Vorjahren gewesen war. Am 27.1.2012 legten die Eheleute Einspruch gegen die Anforderung der Erklärung ein und wiesen auf den Begründungsmangel hin. Das Finanzamt verwarf beide Einsprüche.

Die Eheleute erhoben daraufhin Klage zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erklärungsanforderung sowie gegen den Verspätungszuschlag. Das Finanzgericht wies jedoch beide Klagen als unbegründet zurück.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab den Eheleuten recht und entschied, dass die Aufforderung zur Erklärungsabgabe rechtswidrig war, da der Begründungsmangel nicht geheilt werden konnte. Wegen der Rechtswidrigkeit der Aufforderung hoben die Richter den festgesetzten Verspätungszuschlag auf, weil die Eheleute die Erklärung noch innerhalb der allgemein bis 31.12.2011 verlängerten Frist eingereicht hatten.

Nach den Fristenerlassen der Länder verlängert sich die Abgabefrist allgemein bis zum 31.12. des Folgejahres, wenn die Einkommensteuer-Erklärung durch einen Vertreter der steuerberatenden Berufe angefertigt wird. Macht das Finanzamt allerdings von der Möglichkeit der vorzeitigen Anforderung der Steuererklärung Gebrauch, muss es seine Entscheidung ausreichend begründen. Das Schreiben des Finanzamts vom 18.2.2011 genügt diesem Begründungserfordernis jedoch nicht. Für die Eheleute war nicht erkennbar, aus welchem konkreten Grund das Finanzamt die allgemeine Abgabefrist verkürzt hatte. Dieser Begründungsmangel konnte nicht nachträglich geheilt werden. Denn der Verwaltungsakt hatte sich vor Einlegung des Einspruchs erledigt und damit war eine Heilung des Begründungsmangels durch Nachschieben der Ermessensgründe nicht mehr möglich, da die Heilung einen wirksamen Verwaltungsakt voraussetzt.

 

  1. Leiharbeit: Betrieb des Entleihers ist keine erste Tätigkeitsstätte

 Ein Leiharbeitnehmer kann nicht dauerhaft einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet sein. Deshalb darf er seine arbeitstäglichen Fahrten zum Entleihbetrieb als Dienstreisen ansetzen.

 Hintergrund

Der Kläger war als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Das Leiharbeitsverhältnis bestand immer nur auf ein halbes bis ein Jahr befristet und war vom Entleiher insgesamt 3 Mal verlängert worden. Der Arbeitsvertrag sah vor, dass er bundesweit eingesetzt und an andere Firmen zur Arbeitsleistung überlassen werden konnte. Seine Fahrten zum Entleihbetrieb machte der Kläger nach Reisekostengrundsätzen, also mit 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer geltend. Das Finanzamt stufte den Betrieb dagegen als erste Tätigkeitsstätte ein und gewährte für die Fahrten deshalb nur die Entfernungspauschale von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab jedoch dem Kläger recht. Denn nach Ansicht der Richter hatte der Kläger im Entleihbetrieb keine erste Tätigkeitsstätte begründet. Zu dem jeweiligen Einsatzort bestand keine “dauerhafte Zuordnung”, die jedoch für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte erforderlich ist.

Eine dauerhafte Zuordnung liegt insbesondere dann vor, wenn der Arbeitnehmer an einer Tätigkeitsstätte unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus tätig werden soll. Alle 3 Tatbestandsalternativen sah das Finanzgericht nicht als erfüllt an. Insbesondere liegt keine unbefristete Zuweisung vor, weil das Leiharbeitsverhältnis nur befristet begründet worden ist. Darüber hinaus musste der Kläger jederzeit mit einem Einsatz an verschiedenen Orten im ganzen Bundesgebiet rechnen. Weiterhin war auch die gesetzliche Obergrenze von 48 Monaten nicht erfüllt.

 

  1. Grunderwerbsteuer: Dürfen die Baukosten nachträglich einbezogen werden?

 Wird erst nachträglich ein Bauerrichtungsvertrag abgeschlossen, ändert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.

 Hintergrund

Die Kläger kauften im Juli 2012 ein Grundstück für rund 40.000 EUR. Sie verpflichteten sich zur Bebauung mit einem Reihenhaus innerhalb von 2 Jahren nach Baureife durch einen bestimmten Bauunternehmer. Die Bauzeichnungen eines Architekten waren als Anlage dem Notarvertrag beigefügt. Im August 2012 setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer i. H. v. 831 EUR fest. Im September 2012 beauftragten die Kläger den Bauunternehmer mit der Errichtung des Reihenhauses entsprechend den Bauzeichnungen des Architekten zum Festpreis von rund 212.000 EUR.

Im Februar 2013 änderte das Finanzamt die Bescheide. Es bezog die Baukosten in die Bemessungsgrundlage mit ein und erhöhte die Grunderwerbsteuer entsprechend.

Mit ihrer Klage vor dem Finanzgericht hatten die Kläger zunächst Erfolg. Es entschied, dass die Bescheide nicht mehr änderbar waren.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof war jedoch der Ansicht, dass die Bescheide geändert werden durften.

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist der Wert der Gegenleistung. Dieser bestimmt sich zwar nach dem zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft. Steht aber aufgrund des Grundstückskaufvertrags und des Bauvertrags fest, dass der Erwerber beim Abschluss des Kaufvertrags in seiner Entscheidung über das “Ob” und “Wie” der Bebauung nicht mehr frei ist und erhält er deshalb das Grundstück in einem bestimmten bebauten Zustand, liegt ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vor.

Ein Grundstück wird erst dann im bebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, wenn ein entsprechender Bauvertrag abgeschlossen wird. Solange der Bauvertrag nicht geschlossen wird, ist Erwerbsgegenstand nur das unbebaute Grundstück. Das gilt selbst dann, wenn beim Kaufvertrag eine Bindung des Erwerbers hinsichtlich der Bebauung vorgelegen hat. Erst mit Abschluss des Bauvertrags ändert sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs nachträglich, und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erwerbs.

Beim Erlass der Bescheide im August 2012 war Gegenstand des Erwerbsvorgangs lediglich das unbebaute Grundstück. Die endgültige zivilrechtliche Verpflichtung des Bauunternehmers zur Bebauung trat mit dem Bauvertrag vom September 2012 ein. Mit Abschluss dieses Vertrags änderte sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs rückwirkend dahin, dass das Grundstück jetzt in bebautem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs war.

 

  1. Besonderes Kirchgeld: Kein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention

 Die Erhebung des besonderen Kirchgelds in glaubensverschiedenen Ehen verstößt nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Deshalb können konfessionslose Steuerpflichtige weiterhin über ihren Ehepartner an der Kirchensteuer beteiligt werden.

 Hintergrund

Das “besondere Kirchgeld” wird als spezielle Form der Kirchensteuer von Ehegatten erhoben, die in einer sog. glaubensverschiedenen Ehe leben. Bei einer glaubensverschiedenen Ehe gehört nur ein Ehegatte einer Kirche an, die Kirchensteuern erhebt. Das besondere Kirchgeld wird insbesondere dann fällig, wenn das Kirchenmitglied kein oder nur geringes Einkommen hat und zusammen mit seinem besser verdienenden, konfessionslosen Ehegatten zur Einkommensteuer veranlagt wird.

Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatten 5 Steuerpflichtige Beschwerde gegen das besondere Kirchgeld erhoben. Sie alle lebten in einer Ehe, bei der jeweils ein Ehepartner der Kirche angehört, der andere nicht, und hatten jeweils die Zusammenveranlagung gewählt.

 Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte war der Ansicht, dass das besondere Kirchgeld das Recht auf negative Religionsfreiheit nicht verletzt. Den Einwand der Steuerpflichtigen, dass sie Kirchensteuer an eine Kirche zahlen müssten, der sie gar nicht angehören würden, ließ er nicht gelten. Denn nach deutschem Recht besteht die Möglichkeit, sich einzeln veranlagen zu lassen und sich damit gegen eine Zusammenveranlagung mit dem Kirchenmitglied zu entscheiden. Die Einzelveranlagung bewirkt, dass kein besonderes Kirchgeld mehr bezahlt werden muss, damit verzichtet man aber auch u. a. auf den günstigen Splittingtarif.

 

  1. Mieter zahlt Miete nicht: Ab welchem Betrag darf der Vermieter kündigen?

 Ist der Mieter mit der Zahlung der Miete in Verzug, darf der Vermieter kündigen, wenn 2 Monatsmieten über mehr als 2 Termine nicht gezahlt wurden. Wurde zwischenzeitlich die Miete erhöht, richtet sich der kündigungsrelevante Betrag nach der Miethöhe zum Zeitpunkt der Kündigung.

 Hintergrund

Die Mieter hatten eine Wohnung angemietet, deren Miete bis Juni 2016 monatlich 450 EUR betrug. Nach einer Mieterhöhung lag sie ab Juli bei 453 EUR monatlich.

Die Mieten für Juni und August 2016 i. H. v. insgesamt 903 EUR blieben die Mieter zunächst schuldig. Daraufhin kündigte die Vermieterin den Mietvertrag fristlos und erhob Räumungsklage. Schließlich zahlten die Mieter die ausstehende Miete. Die Vermieterin erklärte daraufhin den Rechtsstreit für erledigt, sodass das Gericht nur noch über die Kosten entscheiden musste.

 Entscheidung

Das Gericht entschied, dass die Vermieterin die Prozesskosten tragen muss. Ihre Klage war von Anfang an unbegründet, denn der Mietrückstand reichte nicht aus, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.

Zwar kann ein Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als 2 Termine erstreckt, mit der Zahlung der Miete in Verzug ist. Der ausstehende Betrag muss 2 Monatsmieten entsprechen.

Maßgeblicher Betrag ist im vorliegenden Fall nach Ansicht des Gerichts nicht die Summe aus 2 Monatsmieten, in denen Verzug eingetreten ist, sondern das Doppelte der ungeminderten Monatsmiete, die zum Zeitpunkt der Kündigung geschuldet ist. Da zu diesem Zeitpunkt die Miete 453 EUR betrug, war für eine fristlose Kündigung ein Rückstand von mindestens 906 EUR erforderlich. Die Mieter waren jedoch nur mit 903 EUR in Verzug gewesen.

 

  1. Neu gegen alt: Mieter muss Austausch des Herdes dulden

 Tauscht der Vermieter einen Elektroherd mit Kochplatten gegen einen Herd mit Cerankochfeld aus, handelt es sich hierbei um eine Modernisierungsmaßnahme, die der Mieter dulden muss. Das gilt auch, wenn ein Gasherd durch einen Induktionsherd ersetzt wird. Allerdings muss der Vermieter für die erforderliche Anschaffung neuer Töpfe und Pfannen aufkommen.

 Hintergrund

In einem Fall wollte die Vermieterin den alten Elektroherd mit Kochplatten gegen einen neuen Herd mit einem Cerankochfeld austauschen. Auf eine Modernisierungsmieterhöhung verzichtete die Vermieterin in der schriftlichen Ankündigung ausdrücklich. Die Mieterin weigerte sich, den Herd austauschen zu lassen, da sie wegen des erhöhten Wohnwerts eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete befürchtete.

Im anderen Fall wollten die Vermieter einen Gasherd durch einen Induktionsherd ersetzen. Auch hier stellten sich die Mieter quer, da sie neue Pfannen und Töpfe anschaffen müssten.

 Entscheidung

In beiden Fällen bejahten die Gerichte eine duldungspflichtige Modernisierungsmaßnahme.

So muss der Austausch des alten Elektroherdes gegen einen modernen Herd mit Cerankochfeld von den Mietern geduldet werden. Dieser ist eine Maßnahme zur nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswerts der Wohnung. Denn der Herd mit einem Cerankochfeld wird allgemein als wohnwerterhöhend gegenüber einem Plattenherd angesehen. Darüber hinaus hatte die Vermieterin die Modernisierungsmaßnahme ausreichend angekündigt und zudem auf eine Modernisierungsmieterhöhung verzichtet. Eine etwaige Mieterhöhung ist im Rahmen der Ankündigungspflicht einer Modernisierungsmaßnahme nicht beachtlich.

Durch den Austausch eines Gasherdes gegen einen Induktionsherd wird der Gebrauchswert der Mietsache ebenfalls nachhaltig erhöht. Davon abgesehen ist ein Induktionsherd genauso gut regulierbar wie ein Gasherd, die Unfallgefahr ist aber deutlich geringer, weil es keine offene Flamme mehr gibt. Allerdings müssen in diesem Fall die Vermieter den Mietern die Aufwendungen für die Anschaffung neuer Pfannen und Töpfe ersetzen und hierfür einen Kostenvorschuss zahlen.

 

  1. Jahresabrechnung: Ganz oder gar nicht beschließen

 Wohnungseigentümer dürfen die Jahresabrechnung nicht unter dem Vorbehalt eventueller Korrekturen beschließen. Ansonsten ist der Genehmigungsbeschluss mangels Bestimmtheit nichtig.

 Hintergrund

Die Wohnungseigentümer genehmigten in einer Eigentümerversammlung die Jahresabrechnungen für die Jahre 2012 und 2013 mit Stimmenmehrheit. Die Genehmigungsbeschlüsse enthielten jeweils die Anmerkung, dass gegebenenfalls noch vorzunehmende Korrekturen in der Jahresabrechnung 2014 vorzunehmen sind.

Ein Eigentümer erhob gegen diese Beschlüsse Anfechtungsklage.

 Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Beschlüsse über die Genehmigung der Jahresabrechnungen 2012 und 2013 nichtig sind. Denn der in den Beschlüssen jeweils enthaltene Korrekturvorbehalt ist inhaltlich zu unbestimmt. Darüber hinaus ist eine eventuelle Korrektur in der Jahresabrechnung 2014 gar nicht zulässig. Die Jahresabrechnung enthält allein die tatsächlich im betroffenen Wirtschaftsjahr erzielten Gesamteinnahmen und stellt sie den tatsächlich geleisteten Gesamtausgaben gegenüber. Die vorgesehene Korrektur in der Jahresabrechnung 2014 widerspräche ordnungsgemäßer Verwaltung und ist daher nicht durchführbar.

Das objektiv Vernünftige wäre hier allein das Zurückstellen der Abstimmung auf einen späteren Zeitpunkt gewesen.

 

  1. Maßnahmen am Sondereigentum: Müssen immer alle Eigentümer zustimmen?

 Nimmt ein Eigentümer bauliche Maßnahmen an seinem Sondereigentum vor, die die Optik des Gebäudes beeinflussen, kann sich dadurch ein Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer ergeben. Trotzdem ist nicht in allen Fällen die Zustimmung sämtlicher Eigentümer erforderlich.

 Hintergrund

Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus 10 Wohneinheiten. Auf dem Dach befindet sich ein Penthouse mit Dachgarten. Der Dachgarten ist der Penthouse-Wohnung als Sondereigentum zugeordnet. Der Penthouse-Eigentümer hatte den Dachgarten mit Platten ausgelegt, mit einem Zaun umgrenzt und einen Dachvorbau aus teilverglasten Holzseitenwänden errichtet.

Bei einer Sanierung des Daches wurden die Platten, der Zaun und der Dachvorbau entfernt. Nach deren Abschluss ließ der Penthouse-Eigentümer einen in Form und Farbe veränderten Ersatz für den Dachvorbau errichten, ohne dafür die Zustimmung der anderen Eigentümer einzuholen.

Eine Eigentümerin ist der Ansicht, dass die Veränderung des Dachvorbaus wesentlich ist und verlangt deshalb den Rückbau. Das Landgericht gab der Eigentümerin recht. Dem neuen Dachvorbau hätten alle Eigentümer zustimmen müssen, weil er von der Straße aus erkennbar ist und sich deutlich vom früheren unterscheidet.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof folgte dieser Begründung nicht und hob das Urteil des Landgerichts auf.

Ein Wohnungseigentümer, dem durch eine bauliche Maßnahme über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst, kann zwar Unterlassung oder Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Das gilt auch für Veränderungen am Sondereigentum.

Ein Nachteil entsteht aber erst dann, wenn die Veränderung des einzelnen Bauteils auch das gesamte Gebäude optisch erheblich verändert. Bezugspunkt der anzustellenden Wertung ist damit das Gebäude als Ganzes, nicht das einzelne Bauteil.

Auch bis dahin vorgenommene bauliche Veränderungen an dem Gebäude sind zu berücksichtigen, egal wer sie vorgenommen hat.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Entfernung des Dachvorbaus auf dem Dachgarten nur deshalb erfolgt ist, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft das Dach sanierte und sich dabei auch die konstruktiven Vorgaben für die Wiedererrichtung des Dachvorbaus veränderten.

Die Wohnungseigentümer müssen Veränderungen, die sich aus dem Vorher-nachher-Vergleich ergeben, nur dann nicht hinnehmen, wenn diese erheblich sind. Hierbei spielt es eine Rolle, welche Bedeutung das veränderte Bauteil für den Gesamteindruck des Gebäudes hat, ob sich das Bauteil trotz der Änderungen in das Gesamtbild einfügt und welche Möglichkeiten es für die Erneuerung überhaupt gab.

Sollte sich herausstellen, dass der neue Dachvorbau eine erhebliche Änderung des Gebäudes zur Folge hat, bedeutet dies aber noch nicht, dass sämtliche Eigentümer dem Bauvorhaben hätten zustimmen müssen. Handelt es sich nämlich bei der Maßnahme am Sondereigentum um eine Modernisierung, genügt die Zustimmung von mehr als 3/4 aller Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile. Sollte es sich um eine modernisierende Instandsetzung handeln, reicht für die Zustimmung sogar die einfache Mehrheit der Eigentümer.

 

  1. Urlaubsentgelt: Zeiten der Rufbereitschaft sind mit zu berücksichtigen

 Werden einem Arbeitnehmer die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft vergütet, muss dieses Entgelt bei der Entgeltfortzahlung für Urlaub einbezogen werden.

 Hintergrund

Der Kläger ist als Oberarzt beschäftigt. Er leistete regelmäßig Rufbereitschaftsdienste aufgrund eines im Voraus festgesetzten Dienstplans, während dieser er zu mehreren Einsätzen im Krankenhaus gerufen wurde. Die entsprechenden Einsatzzeiten im Krankenhaus und die anlässlich dieser Einsätze zurückgelegten Wegezeiten wurden ihm als Überstunden vergütet.

Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts berücksichtigte der Arbeitgeber allerdings nicht die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während der geleisteten Rufbereitschaft. Der Kläger verlangte ein weiteres Urlaubsentgelt von 136,73 EUR brutto je Urlaubstag, weil die für die Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft geleistete Vergütung kein zusätzlich für Überstunden gezahltes Entgelt darstellt. Während des Urlaubs darf er finanziell nicht schlechter gestellt werden, als wenn er regulär gearbeitet hätte.

Der Arbeitgeber ist dagegen der Ansicht, dass Rufbereitschaft und die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft nicht zur regelmäßigen Arbeitszeit des Klägers zählen.

 Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht urteilte zugunsten des Klägers. Die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft und das dadurch zustehende Entgelt ist bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung für Urlaubszeiten einzubeziehen.

Würde man die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung für Urlaubszeiten unberücksichtigt lassen, wäre dies mit dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nicht vereinbar. Ansonsten würde der Kläger während seines Jahresurlaubs nicht sein gewöhnliches Entgelt erhalten.

Das Bundesarbeitsgericht führt weiter aus, dass es zur Erfüllung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub nicht ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer in der Zeit des Urlaubs nicht arbeiten muss. Darüber hinaus muss die Zeit der Freistellung von der Arbeit auch bezahlt sein.

 

  1. Warum beim Abschleppen besser kein Unfall passieren sollte

 Wer sich von einem Freund oder Angehörigen abschleppen lässt, sollte wissen: Passiert dabei ein Unfall, kann es sein, dass die Kfz-Versicherung die Kosten nicht übernimmt. Denn nach den Versicherungsbedingungen liegt in diesem Fall kein versicherter Unfallschaden vor, sondern ein nicht versicherter Abschleppschaden.

 Hintergrund

Der Kläger ließ sich wegen eines technischen Defekts von seinem Sohn abschleppen. Wegen eines auf der eigenen Spur entgegenkommenden Motorradfahrers musste der Sohn stark abbremsen, sodass der Kläger auf das Auto des Sohns auffuhr. Kurz darauf kam es zu einer weiteren Kollision, weil der Sohn nochmals stark abbremste.

Das Auto des Klägers erlitt einen Totalschaden. Von seiner Kfz-Versicherung verlangte er den Ersatz des Schadens i. H. v. 35.000 EUR.

Die beklagte Versicherung weigerte sich, den Schaden zu ersetzen, da gemäß den Versicherungsbedingungen Schäden, die beim Abschleppen entstehen, nicht versichert sind.

 Entscheidung

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht kamen zu der Einschätzung, dass der Schaden von der Versicherung nicht gedeckt ist. Zwar sind nur Schäden ausgeschlossen, die “ohne Einwirkung von außen” entstehen. Allerdings muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass der Schaden durch eine Einwirkung von außen mitverursacht wurde.

Dem Gericht reichte es nicht aus, dass der Kläger pauschal behauptete, er habe wegen eines auf der eigenen Fahrspur entgegenkommenden Fahrzeugs eine Vollbremsung hinlegen müssen. Dafür muss der Geschädigte nämlich objektive Anhaltspunkte liefern – z. B. Lack-, Schleuder-, Fahr- oder andere Spuren, die darauf schließen lassen, dass ein anderes Fahrzeug beteiligt war.

 

  1. Verkäufer gibt falsches Baujahr an: Kann der Käufer vom Kauf einer Immobilie zurücktreten?

 Wurde ein Wohnhaus 2 Jahre früher bezugsfertig fertiggestellt als im notariellen Kaufvertrag angegeben, berechtigt dies den Käufer zu einem Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Sachmangels.

Hintergrund

Die Kläger erwarben im Jahr 2013 ein Hausgrundstück zum Preis von 600.000 EUR. Laut notariellem Kaufvertrag handelte es sich um ein Gebäude aus dem Jahr 1997. Tatsächlich wurde das Haus bereits im Jahr 1995 fertiggestellt und auch bezogen. Da sie auch im Übrigen von dem Haus enttäuscht waren, verlangten sie die Rückabwicklung des Kaufvertrags.

 Entscheidung

Das Oberlandesgericht gab den Klägern Recht. Das Grundstück war mit einem Sachmangel behaftet, da es bereits 1995 errichtet wurde und nicht erst, wie im notariellen Kaufvertrag angegeben, 1997. Die Angabe des Baujahres stellt eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Dies hat zur Folge, dass sich die Kläger als Käufer darauf verlassen durften, dass das Haus dem technischen Standard des vereinbarten Baujahres entsprach. Auch wenn es sich nur um eine Abweichung von 2 Jahren handelt, stellt diese trotzdem eine erhebliche Beeinträchtigung der Kaufsache, denn dies hat Auswirkungen auf den Verkehrswert des Grundstücks in einem Ausmaß, das die Bagatellgrenze überschreitet.

Die Verkäufer müssen sich zudem die arglistige Täuschung des geschäftserfahrenen Vaters zurechnen lassen. Denn dieser hatte das tatsächliche Baujahr gekannt und war an den Kaufvertragsverhandlungen beteiligt gewesen sei.

 

  1. Wann Eltern keinen Anspruch auf Unterhalt gegen ihre Kinder haben

 Verweigern Eltern über viele Jahre hinweg nachdrücklich und dabei kränkend den Kontakt zu ihren Kindern, kann dadurch deren Unterhaltspflicht entfallen. Das gilt jedoch nicht bei jedem Kontaktabbruch.

 Hintergrund

Der Vater des Beklagten verstarb im Alter von 89 Jahren, nachdem er über mehrere Jahre hinweg gepflegt werden musste. Die Pflegekosten hatte zunächst die Stadt übernommen. Jetzt verlangte sie rund 9.000 EUR vom Sohn des Verstorbenen zurück, da dieser der eigentliche Unterhaltsschuldner und daher regresspflichtig war.

Der Sohn verweigerte die Zahlung, weil es seit über 30 Jahren keinen Kontakt zwischen Vater und Sohn gegeben hatte. Der Vater lehnte nachdrücklich jeden Kontakt mit seinem Sohn ab und verfügte zudem in seinem Testament, dass sein Sohn nur den “strengsten Pflichtteil” erhalten soll.

 Entscheidung

Das Gericht stellte sich auf die Seite des Sohns. Zwar besteht generell eine Unterhaltspflicht. Diese ist jedoch verwirkt, wenn wie im vorliegenden Fall der Vater die Beziehung zu seinem Sohn gröblich vernachlässigt und sich dadurch einer schweren Verfehlung schuldig gemacht hat.

Durch die fast 30-jährige Kontaktverweigerung und den ausdrücklichen testamentarischen Verweis auf den Pflichtteil hatte der Vater offensichtlich jegliche Beziehung persönlicher und wirtschaftlicher Art zu seinem Sohn abgelehnt, was diesen sehr gekränkt hatte. Unter diesen Voraussetzungen vom Sohn die Zahlung von Elternunterhalt zu verlangen, wäre nach Ansicht der Richter grob unbillig und würde dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise wiedersprechen.