1. Wöchentliche Ruhezeit: Wann muss der Ruhetag gewährt werden?
2. Privatschule: Schulgeld auch ohne Anerkennungsbescheid absetzbar
3. Welches Finanzamt bei einem Wohnsitzwechsel zuständig ist
4. Vermietung und Verpachtung: Nachträgliche Schuldzinsen als Werbungskosten?
5. Wer ist Schuldner der Grunderwerbsteuer?
6. Gebäudeschaden nach Erbfall: Gehören die Aufwendungen zur Schadensbeseitigung zu den Nachlassverbindlichkeiten?
7. Wohnungseigentum: Ist der Beschluss über einheitliche Rauchmelder ordnungsgemäß?
8. Trampolin im Garten: Darf es dort stehen oder darf es nicht?
9. Hausordnung: Keine Sonderregelung nur für das Musizieren
10. Warum ein Vermieter die Verjährung von Ersatzansprüchen nicht einfach verlängern kann
11. Elterngeld: Bei vollem Gehalt gibt es keine Partnerschaftsbonusmonate
12. Beihilfe muss nicht für ein nicht verschreibungspflichtiges Medikament zahlen
13. Genehmigung der Krankenkasse gilt nach Fristablauf als erteilt
14. Ehegattentestament darf nicht durch Schenkungen des überlebenden Ehegatten entwertet werden

 

  1. Wöchentliche Ruhezeit: Wann muss der Ruhetag gewährt werden?

 Laut EU-Arbeitszeitrichtlinie muss EU-Beschäftigten ein Ruhetag pro Woche gewährt werden. Das bedeutet aber nicht, dass automatisch auf 6 aufeinanderfolgende Arbeitstage ein Ruhetag folgt. Der Arbeitgeber darf die wöchentliche Ruhezeit auch anders verteilen.

 

Hintergrund

Ein Angestellter arbeitete in Portugal in einem Casino teilweise an 7 aufeinanderfolgenden Tagen. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses forderte der Angestellte Entschädigungszahlungen. Er war der Ansicht, dass sein ehemaliger Arbeitgeber ihm die Pflichtruhetage nicht gewährt hatte und ihm deshalb die entsprechende Vergütung der gearbeiteten Überstunden zustand.

Das Berufungsgericht in Porto fragte beim Europäischen Gerichtshof an, ob Arbeitgeber die kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden spätestens nach 6 aufeinanderfolgenden Arbeitstagen gewähren müssen.

 Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof widersprach der Ansicht des Casino-Angestellten. Die wöchentliche Ruhezeit kann an einem beliebigen Tag innerhalb eines 7-Tage-Zeitraums gewährt werden. Dies bedeutet aber nicht, dass dies spätestens nach 6 Arbeitstagen der Fall sein muss.

Damit ist es möglich, dass innerhalb eines 2-Wochen-Zeitraums die Ruhezeit auch direkt zu dessen Beginn genommen werden kann und somit theoretisch bis zu 12 Tage am Stück gearbeitet werden muss.

Der Zeitpunkt der Mindestruhezeit ist in der EU-Arbeitszeitrichtlinie nicht festgelegt. Auch das Ziel der Richtlinie, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer wirksam zu schützen, spricht nicht dafür, dass bereits nach 6 Arbeitstagen ein Ruhetag gewährt werden muss. Vielmehr erlaubt die Richtlinie eine gewisse Flexibilität hinsichtlich des konkreten Zeitpunkts der Ruhezeit.

 

  1. Privatschule: Schulgeld auch ohne Anerkennungsbescheid absetzbar

 Das Schulgeld für den Besuch einer Privatschule ist auch dann als Sonderausgaben abziehbar, wenn kein Anerkennungsbescheid der Schulbehörde vorliegt.

 

Hintergrund

Die Tochter der Kläger besuchte Lehrgänge des “Instituts für Unterricht” (IUS) zur Vorbereitung auf die externe staatliche Mittlere-Reife-Prüfung und die externe staatliche Abiturprüfung. Das IUS bereitete in privaten Vollzeit-Klassen auf die staatlichen Abschlussprüfungen in externer Form vor. Die Prüfungen fanden an einer entsprechenden öffentlichen Schule nach den Bestimmungen für andere Bewerber der jeweiligen Schulordnung statt. Der Unterricht wurde nach den Lehrplänen des Bayerischen Kultusministeriums von qualifizierten Lehrkräften durchgeführt.

Für den Unterricht zahlten die Kläger rund 6.000 EUR, die sie als Sonderausgaben geltend machten. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab, da die Eltern keinen Anerkennungsbescheid der Kultusbehörde für das IUS vorgelegt hatten. Das Finanzgericht gab der Klage der Eltern statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied ebenfalls zugunsten der Eltern.

Da das IUS nicht zu einem staatlich anerkannten Abschluss führt, sondern auf einen solchen Abschluss (Mittlere Reife, Abitur) vorbereitet, ist für den Sonderausgabenabzug neben der Frage des anerkannten Abschlusses lediglich die weitere Voraussetzung zu prüfen, ob diese Vorbereitung “ordnungsgemäß” ist. Nach dem Gesetzeswortlaut ist eine staatliche Anerkennung nur bezüglich des anzuerkennenden Abschlusses erforderlich. Eine Bescheinigung, dass eine ordnungsgemäße Vorbereitung gegeben ist, ist daher nicht erforderlich.

Der Bundesfinanzhof widerspricht damit der Finanzverwaltung. Nach deren Ansicht soll die Prüfung und Feststellung der schulrechtlichen Kriterien auch hinsichtlich der ordnungsgemäßen Vorbereitung eines Schulabschlusses wegen der fehlenden Sachkompetenz der Finanzbehörden allein den zuständigen Behörden (Landesministerium, Kultusministerkonferenz, Zeugnisanerkennungsstelle) obliegen und die Finanzbehörden sollen an deren Entscheidung gebunden sein. Für diese Auffassung sieht der Bundesfinanzhof jedoch keine Rechtsgrundlage.

Hiervon ausgehend steht den Klägern der geltend gemachte Sonderausgabenabzug auch ohne einen Anerkennungsbescheid hinsichtlich der ordnungsgemäßen Vorbereitung auf einen Abschluss zu. Entscheidend ist lediglich, dass das IUS auf die anerkennten Abschlüsse ordnungsgemäß vorbereitet hat. Und das war hier der Fall.

 

  1. Welches Finanzamt bei einem Wohnsitzwechsel zuständig ist

 Ist nach einem Umzug des Steuerbürgers ein anderes Finanzamt zuständig, muss dies bei einem Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge berücksichtigt werden.

 

Hintergrund

Das Finanzamt erließ einen Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge, in dem die verwirkten Säumniszuschläge näher erläutert wurden. Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Das – letztlich erfolglose – Einspruchsverfahren wurde nach einem Zuständigkeitswechsel von einem anderen Finanzamt geführt. Gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Kläger fristgerecht Klage beim Finanzgericht. Er machte insbesondere geltend, dass eine unzuständige Finanzbehörde das Einspruchsverfahren betrieben hatte. Zudem berief er sich darauf, dass Verjährung eingetreten war.

 Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück.

Zum einen war der Abrechnungsbescheid hinreichend bestimmt gewesen, auch war die Berechnung der Höhe der Säumniszuschläge zutreffend erfolgt.

Zum anderen war noch keine Verjährung eingetreten.

Schließlich hatte die zuständige Behörde die Entscheidung getroffen. Für den Erlass eines Abrechnungsbescheids ist grundsätzlich die Finanzbehörde zuständig, die den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis festgesetzt hat. Nachträgliche Änderungen durch einen Wohnsitzwechsel werden nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht berücksichtigt. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn der Abrechnungsbescheid selbst die Grundlage der Anspruchsverwirklichung ist, und damit insbesondere auch für einen Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge. Deshalb war es zutreffend, dass nach dem Wohnsitzwechsel das neue zuständige Finanzamt entschieden hatte.

 

  1. Vermietung und Verpachtung: Nachträgliche Schuldzinsen als Werbungskosten?

 Nachträgliche Schuldzinsen sind nur dann Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn die Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Erlös aus der Veräußerung des damit finanzierten Grundstücks hätten getilgt werden können. Das gilt auch dann, wenn eine mögliche Darlehenstilgung wegen günstiger Darlehenskonditionen und einer Reinvestitionsabsicht in ein neues Vermietungsobjekt nicht vorgenommen wird.

 

Hintergrund

Die Klägerin war Eigentümerin von 2 bebauten Grundstücken. Diese dienten der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Ihre Anschaffungskosten wurden durch Darlehen fremdfinanziert. Als eines der Grundstücke innerhalb der 10-Jahresfrist verkauft wurde, erfolgte zunächst keine Tilgung der zu seiner Finanzierung aufgenommenen Darlehen. Erst 2 Jahre später tilgte die Klägerin eines der beiden Darlehen ganz und das andere teilweise.

Für das veräußerte Grundstück machte die Klägerin Schuldzinsen für die verbliebenen Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Den Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks hatte sie nicht zur sofortigen Ablösung der für die Anschaffung dieses Objekts aufgenommenen Darlehen verwendet, um ihn für die Finanzierung neu anzuschaffender Objekte einsetzen zu können. Unter Berücksichtigung der günstigen Kreditkonditionen und der ersparten Vorfälligkeitsentschädigungen war dies günstiger, als die vorhandenen Darlehen vorzeitig abzulösen und später neue Darlehen aufzunehmen. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Schuldzinsen nicht als nachträgliche Werbungskosten an.

 Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Denn ein Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist zu verneinen, wenn die Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Erlös aus der Veräußerung des damit finanzierten Grundstücks hätten getilgt werden können. Nur wenn der Veräußerungserlös zur Anschaffung eines anderen der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Objekts eingesetzt wird, können die für das fortbestehende Darlehen gezahlten Zinsen bei den nunmehr erzielten Vermietungseinkünften als Werbungskosten berücksichtigt werden. Die bloße Möglichkeit, dass der Veräußerungserlös eventuell später zur Anschaffung eines Grundstücks verwendet werden könnte, mit dem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden sollen, hat nicht zur Folge, dass die daraus erzielten Erträge dieser Einkunftsart zuzurechnen sind. Die wirtschaftlichen Überlegungen der Klägerin ließen die Finanzrichter bei ihrem Urteil nicht gelten.

 

  1. Wer ist Schuldner der Grunderwerbsteuer?

 Bei einem einheitlichen Erwerbsvorgang schuldet der Veräußerer die Grunderwerbsteuer in voller Höhe. Das gilt auch dann, wenn ein Dritter zur Errichtung des Gebäudes verpflichtet ist.

 

Hintergrund

Die Grundstückseigentümerin A verkaufte eine Teilfläche aus einem Grundstück für 82.500 EUR an die Eheleute E. Diese sollten die Grunderwerbsteuer, die Vermessungskosten und die Maklercourtage für die F-GmbH tragen. Bereits 2 Tage vor dem Grundstückskauf hatten die E mit dem Bauträger G-KG einen Vertrag über die Errichtung eines Hauses für 204.200 EUR geschlossen.

Das Finanzamt ging davon aus, dass das Grundstück in bebautem Zustand verkauft worden war. Es setzte dementsprechend mit 2 Bescheiden Grunderwerbsteuer gegenüber den E fest. Als Bemessungsgrundlage berücksichtigte es jeweils die Hälfte des Grundstückskaufpreises, der Baukosten, der Vermessungskosten und des Werts eines Wegerechts. Da die E lediglich einen Teilbetrag entrichteten, setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer i. H. d. Restbetrags gegen A fest.

Die Klage des A vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass hier ein Verkauf eines bebauten Grundstücks vorlag. Dementsprechend kann A für die Grunderwerbsteuer auch insoweit in Anspruch genommen werden, als diese auf die Baukosten entfällt.

Ergibt sich aus Vereinbarungen, die mit dem Grundstückskaufvertrag sachlich zusammenhängen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Das gilt auch dann, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen als Vertragspartner auftreten.

Die E hatten bereits vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags den Bauvertrag mit der G-KG abgeschlossen. Die G-KG als Bauunternehmer gehörte zur Veräußererseite. Es stand deshalb beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags fest, dass die E das Grundstück in bebautem Zustand erwerben sollten.

Als Gesamtschuldner schulden der Veräußerer und der Erwerber jeweils den gesamten Steuerbetrag. Das gilt in Fällen des einheitlichen Erwerbsvorgangs auch dann, wenn ein Dritter zur Gebäudeerrichtung verpflichtet ist. Als sonstige Leistung waren auch die Vermessungskosten und die Zustimmung zur Belastung des Grundstücks mit einem Wegerecht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

 

  1. Gebäudeschaden nach Erbfall: Gehören die Aufwendungen zur Schadensbeseitigung zu den Nachlassverbindlichkeiten?

 Treten an einem geerbten Gegenstand Schäden auf, deren Ursache noch vom Erblasser gesetzt wurde, gehören die Aufwendungen zur Beseitigung dieser Schäden nicht zu den Nachlassverbindlichkeiten.

 

Hintergrund

A war Miterbe seines im April 2006 verstorbenen Onkels O, zu dessen Nachlass u. a. teils selbst genutztes und teils vermietetes Zweifamilienhaus gehörte. Im Oktober 2006 stellte sich heraus, dass im Keller des Hauses ein Großteil des Heizöls aus dem Tank ausgetreten war. Eine von der Mieterin beauftragte Firma beseitigte das Öl, sodass die Heizung weiter genutzt werden konnte. Später wurden die Tanks ersetzt und der Öllagerraum gereinigt. Das Öl hatte O noch vor seinem Tod bestellt und geliefert bekommen

Als das Finanzamt die Erbschaftsteuer gegen A festsetzte, ließ es die von A geltend gemachten anteiligen Reparaturaufwendungen für die Heizungsanlage nicht zum Abzug zu. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab.

 Entscheidung

Auch vor dem Bundesfinanzhof hatte A keinen Erfolg, seine Revision wurde zurückgewiesen. Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an geerbten Gebäuden – etwa unter dem Gesichtspunkt eines aufgestauten Reparaturbedarfs – sind keine Erblasserschulden. Das gilt nur dann nicht, wenn schon zu Lebzeiten des Erblassers eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verpflichtung z. B. gegenüber einem Mieter zur Mängel- oder Schadensbeseitigung bestand. Wertminderungen eines Gebäudes aufgrund eines aufgestauten Reparaturaufwands können nur bei der Grundstücksbewertung, jedoch nicht im Verfahren über die Festsetzung der Erbschaftsteuer berücksichtigt werden.

Diese Grundsätze gelten nicht nur für Mängel und Schäden, die bereits im Zeitpunkt des Erbfalls erkennbar waren, sondern auch für Minderungen, deren Ursache zwar vom Erblasser gesetzt wurde, die aber erst nach dessen Tod in Erscheinung treten. Stichtag dafür ist der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, d. h. grundsätzlich der Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Spätere Ereignisse, die den Wert erhöhen oder vermindern, können sich nach dem Stichtagsprinzip erbschaftsteuerlich nicht auswirken.

Dementsprechend sind die Aufwendungen des A zur Beseitigung des Ölschadens nicht als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar. Denn es fehlt an einer behördlichen Anordnung gegenüber O. Dieser war aber auch privatrechtlich gegenüber der Mieterin nicht zur Schadensbeseitigung verpflichtet. Denn der Ölaustritt war erst im Oktober 2006 und damit ein halbes Jahr nach dem Tod des Erblassers bemerkt worden.

 

  1. Wohnungseigentum: Ist der Beschluss über einheitliche Rauchmelder ordnungsgemäß?

 Eine Wohnungseigentümergemeinschaft darf die Ausstattung der Wohnung mit einheitlichen Rauchwarnmeldern beschließen. Dabei muss es keine Ausnahmen für die Wohnungen geben, deren Eigentümer bereits selbst Rauchwarnmelder installiert haben.

 

Hintergrund

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen die Eigentümer in einer Eigentümerversammlung, dass alle Wohnungen mit Rauchwarnmeldern ausgestattet werden sollen. Ein Wohnungseigentümer wendet dagegen ein, dass er seine Wohnung bereits mit Rauchwarnmeldern ausgestattet hat. Darüber hinaus wird die Wohnung nicht genutzt. Er ist deshalb der Meinung, dass dies bei der Beschlussfassung hätte berücksichtigt und seine Wohnung hätte ausgenommen werden müssen.

 Entscheidung

Die Klage des Eigentümers hatte keinen Erfolg. Die Richter waren vielmehr der Ansicht, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft den Einbau und die Wartung der Rauchwarnmelder beschließen durfte. Der einheitliche Einbau von Rauchwarnmeldern und deren einheitliche Wartung führen nämlich zu einem hohen Maß an Sicherheit. Zudem kann so gegenüber den Versicherungen nachgewiesen werden, dass die Obliegenheit zum Einbau von Rauchwarnmeldern eingehalten ist.

Die Wohnungseigentümer mussten bei der Beschlussfassung die Wohnung des Eigentümers, der bereits selbst Rauchwarnmelder installiert hat, nicht von der Maßnahme ausnehmen. Denn ihnen steht ein Ermessensspielraum zu, ob und inwieweit sie eine einheitliche Ausrüstung und Wartung beschließen oder nicht.

Der Beschluss widerspricht damit nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

 

  1. Trampolin im Garten: Darf es dort stehen oder darf es nicht?

 Wenn Kinder im Garten spielen dürfen, heißt das im juristischen Sprachgebrauch: Das Spielen von Kindern ist zulässiger Gebrauch einer Gartenfläche. Dazu gehört auch das Aufstellen von Spielgeräten. Ein Trampolin kann ebenfalls erlaubt sein.

 

Hintergrund

Den Eigentümern einer Erdgeschosswohnung in einer Wohnungseigentumsanlage war an der Gartenfläche ein Sondernutzungsrecht eingeräumt. Laut Teilungserklärung war nur eine Nutzung als Ziergarten zulässig. Auf dieser vor der Wohnung befindlichen Gartenfläche stellten sie ein etwa 3 m hohes Trampolin auf, das nicht fest mit dem Boden verbunden war.

Die Eigentümer einer Wohnung im ersten Obergeschoss verlangten, dass das Trampolin entfernt wird. Sie waren der Ansicht, dass das Aufstellen eines Trampolins von der Nutzung als Ziergarten nicht gedeckt war.

Die Anlage besteht aus mehreren Häusern, zwischen denen ein großer Spielplatz liegt.

 Entscheidung

Mit ihrer Klage hatten die Eigentümer des ersten Obergeschosses keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass das zeitweilige Aufstellen des Trampolins auf einer als Ziergarten ausgewiesenen Fläche zulässig ist.

Bei einem Ziergarten handelt es sich um einen Garten, in dem Pflanzen nicht zur Nahrungsgewinnung, sondern lediglich aufgrund gestalterischer und ästhetischer Aspekte verwendet werden, insbesondere auch im Zusammenhang mit Pflasterungen und Kiesflächen. Der Begriff Ziergarten ist jedoch nicht so zu verstehen, dass dort ausschließlich “optisch erbauliche” Pflanzen angebaut werden oder dass dort keine Kinder spielen dürfen.

Wenn aber Kinder dort spielen dürfen, gehört hierzu auch das Aufstellen von Spielgeräten. Das gilt zumindest dann, wenn die übrigen Eigentümer nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden.

Eine solche Beeinträchtigung lag hier nicht vor. Denn die Anlage ist geprägt von dem Kinderspielplatz zwischen den Häusern. Auch handelt es sich nicht um eine Anlage mit älteren, ruhebedürftigen Personen wie eine Seniorenwohnanlage. Deshalb gehört es zu einem geordneten Zusammenleben der Miteigentümer, dass spielende Kinder anderer Bewohner und dazugehörige Spielgeräte hingenommen werden müssen, soweit sie nicht übermäßig stören.

 

  1. Hausordnung: Keine Sonderregelung nur für das Musizieren

 Regelt die Hausordnung, dass nur das Musizieren, nicht aber andere mit Geräuschen verbundene Tätigkeiten, zeitlich einschränkt ist, ist dies nicht zulässig.

 

Hintergrund

In der Hausordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft waren allgemeine Ruhezeiten von 13 bis 15 Uhr sowie von 20 bis 7 Uhr festgeschrieben. Mit einem Mehrheitsbeschluss ergänzten die Wohnungseigentümer die Hausordnung um die Regelung, dass Musizieren und Klavierspielen nur an Werktagen Montag bis Freitag von 9 bis 12 Uhr und von 15 bis 19 Uhr und Samstag von 9 bis 12 Uhr und von 15 bis 17 Uhr zulässig ist. Darüber hinaus wurde die Zeit für das Musizieren und Klavierspielen auf täglich 2 Stunden begrenzt.

Mehrere Eigentümer, darunter eine Pianistin und Klavierlehrerin, fochten den Beschluss an.

 Entscheidung

Das Gericht entschied, dass der Beschluss über die Regelung zum Musizieren und Klavierspielen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht. Die Klage hatte damit Erfolg.

Eine Regelung in der Hausordnung über Lautstärkeregelungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam, wenn sie verschiedene Geräuschquellen in Bezug auf Ruhezeiten unterschiedlich behandelt. Im vorliegenden Fall beschränkte sich der Beschluss ausschließlich auf das Musizieren und Klavierspielen.

Im Hinblick auf den Schutzzweck der Anordnung einer Ruhezeit macht es jedoch keinen Unterschied, ob Mitbewohner in der Ruhezeit durch die Ausübung oder das Anhören von Musik oder durch andere Lärmquellen gestört werden. Eine Ungleichbehandlung ist nicht von dem den Eigentümern bei der Beschlussfassung zuständigen Ermessensspielraum gedeckt. Das Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft geht nicht so weit, dass durch Mehrheitsbeschluss einzelne Störer gegenüber anderen ohne sachlichen Grund bevorzugt werden dürfen.

Eine derartige Ungleichbehandlung liegt hier vor. Denn nach dem Beschluss ist Musizieren und Klavierspielen lediglich zu eingeschränkten Zeiten möglich, während für andere Geräuschemissionen abweichende Zeiten gelten.

 

  1. Warum ein Vermieter die Verjährung von Ersatzansprüchen nicht einfach verlängern kann

 Nach dem Auszug des Mieters muss sich der Vermieter beeilen, sonst verjähren seine Ansprüche wegen Schäden an der Mietsache innerhalb der gesetzlichen Frist von 6 Monaten. Diese darf der Vermieter nicht mit einem Formularmietvertrag verlängern.

 

Hintergrund

Die Mieterin kündigte das Mietverhältnis und gab die Wohnung Ende Dezember 2014 an die Vermieterin zurück. Der Formularmietvertrag enthielt eine Bestimmung, wonach Ersatzansprüche der Vermieterin wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache erst in 12 Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses verjähren. Das Gleiche war für die Ansprüche der Mieterin auf Aufwendungsersatz oder Gestattung der Wegnahme von Einrichtungen geregelt.

Im Oktober 2015 verklagte die Vermieterin die Mieterin auf Zahlung von Schadensersatz i. H. v. 16.000 EUR wegen Schäden an der Wohnung. Die Mieterin war dagegen der Ansicht, dass eventuelle Schadensersatzansprüche der Vermieterin verjährt waren.

 Entscheidung

Der Bundesgerichtshof gab der Mieterin recht und entschied, dass für die Schadensersatzansprüche der Vermieterin die gesetzlich geregelte 6-monatige Verjährungsfrist galt.

Zwar enthält der Formularmietvertrag eine Regelung, durch die die Vermieterin die nach dem Gesetz vorgesehene 6-monatige Verjährung ihrer Ersatzansprüche nach Rückgabe der Mietsache verlängert. Diese Klausel ist jedoch wegen unangemessener Benachteiligung der Mieterin unwirksam, weil sie die Verjährung von Schadensersatzansprüchen der Vermieterin gegenüber der gesetzlichen Regelung erschwert. Zum einen wird die Frist, nach deren Ablauf diese Ansprüche verjähren, verdoppelt. Zum anderen verändert die Klausel zusätzlich den Beginn des Fristlaufs, indem sie auf das rechtliche Mietvertragsende abstellt. Beide Regelungsinhalte sind mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren.

 

  1. Elterngeld: Bei vollem Gehalt gibt es keine Partnerschaftsbonusmonate

 Wollen Eltern im Rahmen des Elterngeldes Plus den 4-monatigen Partnerschaftsbonus in Anspruch nehmen, ist unbedingt Voraussetzung, dass beide gleichzeitig die Erwerbstätigkeit auf 25-30 Wochenstunden reduzieren.

 

Hintergrund

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Januar 2016 Eltern einer Tochter. Sie beantragten bei der zuständigen Elterngeldstelle Elterngeld, u. a. in Form des 4-monatigen Partnerschaftsbonus für den 9. bis 12. Lebensmonat der Tochter.

Die Klägerin reduzierte ihre Erwerbstätigkeit in diesem Zeitraum von 40 auf 30 Stunden pro Woche. Der Kläger befand sich in Ausbildung. Laut Arbeitgeberbescheinigung war er durchgehend und unverändert 41 Wochenstunden beschäftigt.

Die Elterngeldstelle lehnte deshalb den Partnerschaftsbonus ab. Der Kläger machte geltend, dass er als Auszubildender nicht als voll beschäftigt angesehen werden konnte.

 Entscheidung

Das Landessozialgericht konnte den Argumenten der Kläger nicht folgen und gaben deshalb der Elterngeldstelle recht. Denn wer durchgehend unverändert voll arbeitet und volles Gehalt bezieht, kann nicht durch eine unzulässige Reduzierung der Arbeits- oder Ausbildungszeit die Voraussetzungen für den Partnerschaftsbonus herbeiführen. Entscheidend ist nach Ansicht der Richter, dass die Berufstätigkeit tatsächlich und auch in einer rechtlich zulässigen Weise reduziert wird.

Damit ließ das Gericht das Argument des Klägers nicht gelten, dass sein Stundenplan nur 26 Wochenstunden umfasste und er nicht mehr arbeitete. Da er offiziell 41 Wochenstunden in Ausbildung war, keine zeitliche Reduzierung vorlag und er durchgehend das volle Gehalt bekam, bestand kein Anspruch auf die Partnerschaftsbonusmonate für die Kläger.

 

  1. Beihilfe muss nicht für ein nicht verschreibungspflichtiges Medikament zahlen

 Grundsätzlich wird für Medikamente, die nicht verschreibungspflichtig sind, keine Beihilfe gezahlt. Nur ausnahmeweise sieht die Beihilfeverordnung eine Kostenübernahme vor. Das Bundesverwaltungsgericht sah in einem aktuellen Fall für diesen grundsätzlichen Leistungsausschluss keinen Grund zur Beanstandung.

 

Hintergrund

Die Klägerin ist beihilfeberechtigte Beamtin und erhält grundsätzlich für 50 % ihrer krankheitsbedingten Aufwendungen Beihilfe. Im April 2013 erwarb sie ein ihr ärztlich verordnetes Nasen- und Rachenspray. Die von ihr hierfür beantragte Beihilfe wurde unter Hinweis auf den in der Bundesbeihilfeverordnung geregelten grundsätzlichen Leistungsausschluss für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel abgelehnt. Ein Ausnahmetatbestand war hier nicht gegeben.

Vor dem Verwaltungsgericht hatte die Klägerin noch recht bekommen. Der Verwaltungsgerichtshof änderte jedoch im Berufungsverfahren das erstinstanzliche Urteil und wies die Klage ab.

 Entscheidung

Vor dem Bundesverwaltungsgericht hatte die Klägerin letztlich auch keinen Erfolg. Die obersten Verwaltungsrichter entschieden, dass der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wirksam war. Insbesondere stand er mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Einklang.

Mit der Beihilfeverordnung wurden ausreichende Vorkehrungen getroffen, dass dem Beamten grundsätzlich keine Aufwendungen verbleiben, die seine finanziellen Möglichkeiten erheblich übersteigen.

Zwar hat der Verordnungsgeber bestimmte Fallgruppen von dem Leistungsausschluss ausgenommen. Gleichzeitig hat er aber auch geregelt, dass Aufwendungen für ärztlich verordnete nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel als beihilfefähig anzuerkennen sind, wenn sie eine an den jährlichen Einnahmen des Beamten und den Kosten für das einzelne Medikament ausgerichtete Grenze überschreiten.

Darüber hinaus können Aufwendungen übernommen werden, wenn im Einzelfall die Ablehnung der Beihilfe eine besondere Härte darstellt.

 

  1. Genehmigung der Krankenkasse gilt nach Fristablauf als erteilt

 

Leistungsanträge von Versicherten müssen von den gesetzlichen Krankenkassen innerhalb der gesetzlich festgelegten Fristen bearbeitet werden. Lassen sie nämlich diese Fristen verstreichen, gelten die Anträge als genehmigt.

 

Hintergrund

Die Klägerinnen hatten unabhängig voneinander bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse beantragt, dass diese die Kosten für eine Operation zur Hautstraffung übernimmt. Beide Klägerinnen hatten zuvor stark abgenommen.

In beiden Fällen entschied die beklagte Versicherung nicht zeitgerecht und verweigerte später die Leistung.

 Entscheidung

Zu Unrecht, entschied das Bundessozialgericht und verurteilte die Krankenkassen zur Zahlung der beantragten Leistung.

Bei einem Antrag auf Leistung muss die gesetzliche Krankenversicherung grundsätzlich zügig entscheiden, spätestens jedoch bis zum Ablauf von 3 Wochen nach Eingang des Antrags.

Hält sich die Krankenversicherung nicht an diese Fristen, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Damit ist die Krankenkasse zur Erstattung der entstandenen Kosten verpflichtet, wenn sich die Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst beschafft. Die Rücknahme der fingierten Genehmigung ist nicht möglich.

 

  1. Ehegattentestament darf nicht durch Schenkungen des überlebenden Ehegatten entwertet werden

 

Wird von Ehepartnern durch ein gemeinschaftlich errichtetes Testament ein Schlusserbe bestimmt, ist dies verbindlich. Der zuletzt noch lebende Ehegatte darf deshalb das Vermögen nicht durch unangemessen großzügige Geschenke an andere Personen schmälern.

 

Hintergrund

Die Eheleute hatten durch ein gemeinschaftlich errichtetes Testament ihren einzigen Sohn als Schlusserben eingesetzt. Dieser fühlte sich jedoch nach dem Tod seines Vaters um sein Erbe betrogen. Denn der inzwischen pflegebedürftige Vater hatte nach dem Tod seiner Ehefrau einen Großteil des Vermögens in seinen letzten 4 Lebensjahren seiner neuen Lebensgefährtin übertragen. Gegen diese Vermögensübertragungen wendete sich der Sohn mit seiner Klage.

 Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht verurteilte die Lebensgefährtin dazu, die Vermögensgegenstände im Wert von ca. 300.000 EUR an den Sohn als Schlusserben herauszugeben. Die Richter werteten die Schenkungen als eine Schmälerung des Nachlasses zulasten des Sohnes und Schlusserben. Diese wurden in Beeinträchtigungsabsicht vorgenommen und waren durch kein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse des Vaters abgedeckt. Dadurch war der Nachlass fast entwertet.

Für die Beeinträchtigungsabsicht reicht es aus, dass der Erblasser weiß, dass er das Erbe durch seine unentgeltlichen Zuwendungen schmälert. Auf seine Absichten und Motive kommt es deshalb nicht an.

Ein lebzeitiges Eigeninteresse wird angenommen, wenn ein objektiver Beobachter die Zuwendung angesichts der Umstände und der Bindung des Erblassers als billigenswert und gerechtfertigt ansieht. Im vorliegenden Fall waren jedoch keine akzeptablen Gründe des Erblassers für die Vermögensübertragungen erkennbar.