Mandantenbrief Steuern Privatpersonen Januar 2017

1.

Pauschaler
Schadensersatz bei Verzug gilt auch bei verspäteten Zahlungen des
Arbeitgebers

2.

Kirchensteuer:
Nachzahlungen für den Erblasser sind Sonderausgaben

3.

Kündigung wegen
Eigenbedarfs nur bei tatsächlichem Nutzungswunsch zulässig

4.

Wohnungseigentum:
Darf ein Verwalter eigenmächtig Verträge abschließen?

5.

Mietrecht: Ein
Baum hat auf einem Balkon nichts zu suchen

6.

Persönliche
Härtegründe des Mieters können fristlose Kündigung ausschließen

7.

Krankheit:
Mitarbeiter darf ein Personalgespräch absagen

8.

Gesetzliche
Unfallversicherung: Zeugen einer Straftat haben keinen Versicherungsschutz

9.

Hohe Zinsen:
Bausparkasse darf Verträge trotzdem nicht kündigen

10.

Mieterwechsel: Die
dabei entstehenden Aufwendungen sind keine Betriebskosten

11.

Werbung per SMS:
Ohne Zustimmung des Empfängers unzulässig

12.

Bestandskräftiger
Steuerbescheid: Wann ist eine Änderung wegen eines mechanischen Versehens
möglich?

 

 

1. Pauschaler
Schadensersatz bei Verzug gilt auch bei verspäteten Zahlungen des Arbeitgebers

 

Kommt ein Schuldner in Verzug, wird ein
pauschaler Schadensersatz von 40 EUR fällig. Gilt diese Regelung auch, wenn der
Arbeitgeber das Entgelt an seine Arbeitnehmer verspätet auszahlt? Das
Landesarbeitsgericht Köln hat diese Frage in einem aktuellen Urteil
beantwortet.

 

Hintergrund

Der
Gläubiger einer Entgeltforderung hat nach dem Gesetz bei Verzug des Schuldners
Anspruch auf die Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 EUR – und das
zusätzlich neben dem Anspruch auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden
konkreten Schadens. Diese Pauschale wird auf den Schadensersatz angerechnet,
aber nur, soweit sich durch die Rechtsverfolgung Kosten und damit ein Schaden
ergeben. Im Arbeitsrecht gilt jedoch eine Besonderheit: Es gibt nämlich keinen
Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Fällt
deshalb die 40-EUR-Pauschale weg?

 

Entscheidung

Nein, urteilte das Landesarbeitsgericht und verneinte
damit eine Ausnahme für den Bereich des Arbeitsrechts. Bei der 40-EUR-Pauschale
handelt es sich um eine Erweiterung der gesetzlichen Regelungen zum
Verzugszins. Dieser ist auch auf Ansprüche auf Arbeitsentgelt zu zahlen. Zweck
der gesetzlichen Regelung ist es, den Druck auf den Schuldner zu erhöhen, damit
dieser Zahlungen pünktlich und vollständig erbringt. Das spricht für eine
Anwendbarkeit zugunsten von Arbeitnehmern, die ihren Lohn nicht pünktlich oder
nicht vollständig erhalten.

Zahlt also ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern den
Arbeitslohn verspätet oder unvollständig aus, gibt es für die betroffenen
Arbeitnehmer einen Anspruch auf 40 EUR Schadensersatz.

 

 

2.  Kirchensteuer:
Nachzahlungen für den Erblasser sind Sonderausgaben

 

Kirchensteuer kann im Jahr der Zahlung als
Sonderausgabe steuerlich geltend gemacht werden. Das gilt auch dann, wenn ein
Erbe die noch offene Kirchensteuer des Erblassers zahlt.

 

Hintergrund

V
hatte 2007 sein Steuerberaterbüro veräußert und sollte dafür monatlich 4.000
EUR für die Dauer von 10 Jahren erhalten. Falls er vor Ablauf der Vertragsdauer
versterben sollte, war ein Kaufpreis von 480.000 EUR vereinbart. Diesen sollten
die Erben erhalten, abzüglich der bereits geleisteten Monatsvergütungen. V
verstarb im Februar 2009.

Aufgrund
des von den Erben erklärten Veräußerungsgewinns änderte das Finanzamt die
Einkommensteuerfestsetzungen des V. Dies hatte eine hohe Nachforderung von
Kirchensteuer für 2007 zur Folge. Für 2008 und 2009 ergaben sich geringfügige
Erstattungen. Die Erben zahlten den Differenzbetrag an Kirchensteuer im Jahr
2011. Ein Drittel des Betrags machte Miterbin M im Rahmen ihrer Veranlagung zur
Einkommensteuer 2011 als Sonderausgabe geltend. Während das Finanzamt den
Sonderausgabenabzug ablehnte, gewährte das Finanzgericht diesen.

 

Entscheidung

Und
auch der Bundesfinanzhof erlaubte M den Abzug der für V nachgezahlten
Kirchensteuern. Denn mit dem Tod des V ist dessen Vermögen als Ganzes auf die M
und ihre Miterben übergegangen. Die Erben haften für die Nachlassverbindlichkeiten
des Erblassers. Da M als Erbin in die steuerschuldrechtliche Position des V
eingetreten ist, ist sie damit selbst Steuerschuldnerin der von V
hinterlassenen Steuerrückstände geworden. Nach dem eindeutigen gesetzlichen
Wortlaut kann M deshalb die gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgabe abziehen.

 

3. 
Kündigung
wegen Eigenbedarfs nur bei tatsächlichem Nutzungswunsch zulässig

 

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nur
unter strengen Voraussetzungen möglich. So muss der Begünstigte tatsächlich in
die Wohnung einziehen wollen. Ansonsten besteht kein Eigenbedarf, der eine
Kündigung erlaubt.

 

Hintergrund

Der Vermieter
einer Einzimmerwohnung hatte den Mietvertrag im April 2011 zum 31.1.2012
gekündigt, da er die Wohnung dringend benötigt, um seine pflegebedürftige
Mutter aufzunehmen. Die Mieterin zog im August 2012 aus. Seitdem stand die
Wohnung leer, die Mutter des Vermieters zog nicht um.

Die Mieterin
verlangt Schadensersatz, da sie den Eigenbedarf für vorgeschoben hält. Als
Beweisangebote dafür, dass die Mutter gar nicht umziehen wollte, verwies sie
auf ein ärztliches Attest. Danach war die Mutter in ihrem eigenen Haus versorgt
gewesen. Der Vermieter, nicht aber die Mutter selbst, hatte geplant, die Mutter
eventuell zu sich zu nehmen. Der behandelnde Arzt der Mutter wurde als Zeuge
dafür benannt, dass die Mutter geistig noch in der Lage war, selbst über einen
Umzug zu entscheiden. Wegen des zeitlichen Ablaufs lag der dringende
Eigenbedarf nicht vor. Diesen Beweisangeboten gingen weder das Amts- noch das
Landgericht nach und wiesen die Klage ab.

 

Entscheidung

Der
Bundesgerichtshof entschied, dass die Vorinstanzen den Beweisangeboten der
Mieterin hätten nachgehen müssen. Denn Eigenbedarf liegt nicht vor, wenn die
vom Vermieter benannte Eigenbedarfsperson gar nicht die Absicht hat, in die
Wohnung einzuziehen. Und hierfür spricht im vorliegenden Fall einiges.
Insbesondere der zeitliche Ablauf ist ein deutliches Indiz dafür, dass die
Kündigung den Nutzungswunsch der Mutter erst wecken sollte. Eine solche
Vorratskündigung reicht für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs jedoch nicht aus.
Vielmehr muss ein konkretes Interesse an einer baldigen Eigennutzung bestehen.

 



 

4.
Wohnungseigentum:
Darf ein Verwalter eigenmächtig Verträge abschließen?

 

Grundsätzlich ist ein Verwalter nicht dazu
befugt, eigenmächtig Verträge abzuschließen. Tut er es doch, können die
Wohnungseigentümer diesen Vertragsschluss genehmigen. Voraussetzung ist aber,
dass der Vertrag selbst einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht.

 

Hintergrund

Der
Verwalter hatte im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Vertrag
abgeschlossen. Inhalt war die Installation eines Internetanschlusses
ausschließlich und allein für ein Sondereigentum sowie der Betrieb einer Anlage
für den Internetanschluss. Hierzu gab es vorher keine Rücksprache mit den
Wohnungseigentümern. Allerdings genehmigten die Eigentümer diesen Vertrag
nachträglich. Gegen diesen Genehmigungsbeschluss wendet sich ein Wohnungseigentümer
mit seiner Klage.

 

Entscheidung

Die
Klage hatte Erfolg. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Beschluss keiner
ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht. Eine nachträgliche Genehmigung ist zwar
durch das Gesetz nicht ausgeschlossen. Die Installation des Internetanschlusses
diente jedoch allein dem Sondereigentum eines Wohnungseigentümers. Die Kosten
für den Betrieb der Anlage für den Internetanschluss wurden aber über den
Allgemeinstrom abgerechnet, sodass alle Wohnungseigentümer die Kosten hätten
tragen müssen. Durch den Nutzungsvertrag wurden die Wohnungseigentümer mit den
Kosten eines weiteren Internetanschlusses belastet, weil “der Strom für die zur
Versorgung des Gebäudes erforderlichen Bauteile zulasten des
Gebäudeeigentümers” geht.

 

5. 
Mietrecht:
Ein Baum hat auf einem Balkon nichts zu suchen

 

Viele Mieter bepflanzen mit viel Liebe
ihren Balkon, um sich ein Stück Natur in die Wohnung zu holen. Dabei sollten
sie allerdings darauf achten, dass die Pflanzen nicht zu groß werden. Auf das
Pflanzen von Bäumen sollte man deshalb verzichten.

 

Hintergrund

Ein
Mieter hatte auf seiner Loggia einen Bergahorn in einen Holzkasten gepflanzt.
Mit der Zeit wuchs der Baum, die Baumkrone ragte inzwischen über das Dach des
Hauses hinaus. Der Holzkasten war teilweise verrottet, sodass der Baum in der
Erde direkt auf dem Boden der Loggia stand. Obwohl der Mieter den Baum mit
Ketten gesichert hatte, verlangte der Vermieter die Entfernung. Vor dem
Amtsgericht hatte der Vermieter Erfolg mit seiner Klage.

 

Entscheidung

Das Landgericht
bestätigte dieses Urteil und kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Pflanzen
des Baumes auf der Loggia kein vertragsmäßiger Gebrauch ist. Ein Bergahorn ist
ein Tiefwurzler und kann einen Stammumfang von 2 Metern und eine Höhe von bis
zu 40 Metern erreichen. Zur Bepflanzung eines Balkons ist er deshalb nicht
geeignet.

Darüber hinaus
wird das optische Erscheinungsbild der Fassade durch den Baum beeinträchtigt.
Der durch das Grundgesetz garantierte Schutz der künftigen Generationen, der
natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere steht der Pflicht zur Beseitigung
nicht entgegen. Dieser ist durch die Beseitigung des einzelnen Baumes auf dem
Balkon eines Mietshauses in einer Großstadt nicht beziehungsweise nicht
wesentlich berührt.



 

6. Persönliche
Härtegründe des Mieters können fristlose Kündigung ausschließen

 

Verletzt der Mieter einer Wohnung seine
Pflichten erheblich, darf der Vermieter ihm eigentlich fristlos kündigen.
Liegen jedoch aufseiten des Mieters schwerwiegende persönliche Härtegründe vor,
können diese die fristlose Kündigung ausschließen.

 

Hintergrund

Die
Mieterin hatte für sich eine 3-Zimmerwohnung und zusätzlich eine
1-Zimmerwohnung angemietet, die sich im selben Gebäude und Stockwerk befand.

Inzwischen
ist die Mieterin bettlägerig und steht aufgrund einer Demenzerkrankung unter
Betreuung. Der Betreuer bewohnt die 1-Zimmerwohnung und pflegt die Mieterin
ganztägig.

Da
der Betreuer in mehreren Schreiben an die Hausverwaltung grobe Beleidigungen
gegenüber der Vermieterin äußerte, kündigte diese das Mietverhältnis fristlos.

Das
Landgericht gab der Räumungsklage statt. Wegen der groben Beleidigungen war der
Vermieterin die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten.

 

Entscheidung

Der
Bundesgerichtshof folgte den Argumenten nicht, sondern hob das Urteil des
Landgerichts auf.

Bei
der Gesamtabwägung im Rahmen einer fristlosen Kündigung sind auch
schwerwiegende persönliche Härtegründe aufseiten des Mieters zu
berücksichtigen. Das Gesetz schreibt eine Abwägung aller Umstände des
Einzelfalls vor, diese kann nicht auf bestimmte Punkte beschränkt werden.

Bei
drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr
müssen die Gerichte ihre Entscheidung auf eine tragfähige Grundlage stellen.
Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen müssen sie diesen Gefahren
hinreichend Rechnung tragen. Deshalb kann es im Einzelfall dazu kommen, dass
ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung wegen besonders
schwerwiegender persönlicher Härtegründe aufseiten des Mieters trotz seiner
erheblichen Pflichtverletzung nicht vorliegt.

 

7. 
Krankheit:
Mitarbeiter darf ein Personalgespräch absagen

 

Ist ein Arbeitnehmer krank, ist er von
seiner Arbeitspflicht befreit und muss auch nicht zu einem Personalgespräch
erscheinen. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings Ausnahmen.

 

Hintergrund

Der
Mitarbeiter war zunächst als Krankenpfleger beschäftigt. Nach einer längeren
unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit war er befristet als medizinischer
Dokumentationsassistent eingesetzt. Der Arbeitgeber wollte weitere Beschäftigungsmöglichkeit
mit ihm in einem Personalgespräch klären. Der Mitarbeit musste das Gespräch
jedoch absagen, da er arbeitsunfähig krank war. Auch eine weitere Einladung zu
einem Personalgespräch musste er wegen seiner Krankheit ausschlagen. Daraufhin
mahnte der Arbeitgeber ihn ab.

 

Entscheidung

Der Mitarbeiter
hatte mit seiner Klage gegen die Abmahnung Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht
entschied, dass die Abmahnung aus der Personalakte entfernt werden muss. Denn
krankgeschriebene Arbeitnehmer sind in der Regel nicht zum Erscheinen im
Betrieb verpflichtet. Das gilt auch für ein Gespräch mit dem Arbeitgeber über
weitere Beschäftigungsmöglichkeiten. Weil ein erkrankter Arbeitnehmer während
der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, ist er
grundsätzlich auch nicht dazu verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen – auch
nicht im Zusammenhang mit sonstigen Nebenpflichten, wie eben ein
Personalgespräch.

Eine Ausnahme
gilt nur für unverzichtbare betriebliche Gründe, die der Arbeitgeber jedoch
vorliegend nicht dargelegt hat.

 

8. 
Gesetzliche
Unfallversicherung: Zeugen einer Straftat haben keinen Versicherungsschutz

 

Die gesetzliche Unfallversicherung bietet
Versicherungsschutz für diejenigen, die bei einem Notfall Hilfe leisten und
dabei verletzt werden. Wer aber nur anwesend ist, ohne aktiv Hilfe zu leisten
oder seinen Hilfsbeitrag nicht nachweisen kann, für den scheidet ein Anspruch
gegen die gesetzliche Unfallversicherung aus.

 

Hintergrund

Bei
einem Polizeieinsatz wurde ein mit einem Messer bewaffneter Mann erschossen.
Dieser hatte zuvor 2 Frauen angegriffen. Dies wurde von etlichen Zeugen
beobachtet. Einer der Zeugen beantragte einen Monat später bei der Unfallkasse
das Ereignis als Versicherungsfall in der gesetzlichen Unfallversicherung
anzuerkennen. Dazu legte er ein ärztliches Attest vor, in welchem der Verdacht
einer posttraumatischen Belastungsstörung geäußert wurde.

Die
gesetzliche Unfallversicherung lehnte den Antrag ab. In den Akten der
Staatsanwaltschaft wurde der Kläger nur kurz erwähnt, ein aktives Handeln
zugunsten dritter Personen war nicht ersichtlich.

 

Entscheidung

Das
Landessozialgericht gab der Unfallkasse Recht. Zwar sind auch solche Personen
gesetzlich unfallversichert, die bei Unglücksfällen oder einer gemeinen Gefahr
oder Not Hilfe leisten bzw. einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr
für seine Gesundheit retten. Da sich der Kläger aber in etwa 20 Metern Abstand
zu dem Geschehen befand, reichte das nicht, um den Kläger als Strafverfolger
oder Nothelfer einzuordnen.

Auch lasse sich
kein aktiver Beitrag des Klägers zugunsten anderer Personen aus den
Ermittlungsakten und den Zeugenbefragungen entnehmen. Wegen des fehlenden
Nachweises einer aktiven Hilfeleistung scheidet daher der geltend gemachte
Anspruch des Klägers aus.

 

9. Hohe Zinsen:
Bausparkasse darf Verträge trotzdem nicht kündigen

 

Die Zinsen verharren auf einem Tiefstand.
Anleger mit älteren, hoch verzinsten Verträgen sehen sich deshalb mit manchem
Kündigungsschreiben ihrer Bausparkasse konfrontiert. Aber solange die
Bausparsumme noch nicht vollständig angespart ist, darf die Bausparkasse nicht
kündigen.

 

Hintergrund

Ein
Ehepaar hatte im Jahr 1991 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme i. H. v.
23.000 Mark zu 2,5 % Zinsen abgeschlossen. Der Bausparvertrag war zwar schon
seit 2002 zuteilungsreif, die Ehegatten riefen ihn allerdings nicht ab. Im Jahr
2015 kündigte die Bausparkasse den Vertrag. Das Ehepaar klagte dagegen, denn es
wollte an dem Vertrag festhalten.

 

Entscheidung

Das
Oberlandesgericht entschied, dass der Bausparkasse, anders als bei einer
vollständigen Ansparung der Bausparsumme, kein gesetzliches Kündigungsrecht
zusteht. Damit gab es dem klagenden Ehepaar Recht.

Die
Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Darlehensnehmers liegen
nicht vor. Die Bausparkasse ist in der Ansparphase rechtlich in der Rolle der
Darlehensnehmerin und hat das Darlehen nicht vollständig empfangen. Denn das
ist nur der Fall, wenn die Bausparsumme erreicht wurde, nicht wenn der Vertrag
zuteilungsreif ist.

 

 

10. Mieterwechsel:
Die dabei entstehenden Aufwendungen sind keine Betriebskosten

 

Kosten eines Nutzerwechsels gehören nicht
zu den umlagefähigen Betriebskosten. Der Vermieter darf diese dem Mieter
deshalb nicht in der Betriebskostenabrechnung in Rechnung stellen.

 

Hintergrund

In
der Betriebskostenabrechnung, die der Vermieter nach dem Ende des
Mietverhältnisses erstellte, verlangte er von dem ehemaligen Mieter
Nutzerwechselkosten i. H. v. 20,54 EUR. Dies akzeptierte der Mieter nicht und
wehrte sich dagegen mit der Klage.

 

Entscheidung

Das
Gericht gab dem Mieter Recht und entschied, dass der Vermieter
Nutzerwechselkosten nicht als Betriebskosten auf den Mieter umlegen darf.
Nutzerwechselkosten sind schon begrifflich keine umlagefähigen Betriebskosten.
Denn dazu gehören nur solche Kosten, die durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch
des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks
laufend entstehen. Die Aufwendungen, die beim Auszug des Mieters einmalig
entstehen, fallen nicht darunter. Sie können deshalb in der Betriebskostenabrechnung
nicht dem Mieter angelastet werden.

 

11.
Werbung per
SMS: Ohne Zustimmung des Empfängers unzulässig

 

Telefonanrufe und Mitteilungen per SMS
sind ohne vorherige Zustimmung des Empfängers unzulässig. Das gilt auch dann,
wenn das werbende Unternehmen auf ein gemeinnütziges Projekt aufmerksam macht.

 

Hintergrund

Ein
Call-Center hatte im März 2015 den Besitzer eines Pkw telefonisch kontaktiert
und Werbung für den TÜV-Service des beklagten Unternehmens gemacht. Eine
vorherige Einwilligung des beworbenen Kunden lag nicht vor. Im August 2015
erhielt dieser Kunde 3 SMS. Diese enthielten einen Link auf eine Internetseite,
auf der zur Teilnahme an einem Online-Voting für ein gemeinnütziges Projekt
aufgefordert wurde. Der Kunde erhielt weder bei dem Telefonat noch mit den SMS
einen Hinweis darauf, dass er einer Verwendung seiner Rufnummer für werbliche
Zwecke widersprechen kann.

 

Entscheidung

Das beklagte Unternehmen wurde zur Unterlassung sowie
zur Zahlung der Abmahnkosten verurteilt. Denn ungefragte Werbeversuche per
Telefon und SMS stellen eine unzumutbare Belästigung dar. Nach Ansicht des
Gerichts kommt es nicht darauf an, ob der Kunde ein mutmaßliches Interesse
daran hat, über eine möglicherweise anstehende Hauptuntersuchung informiert zu
werden.

Daran ändert der in der verlinkten Internetseite
enthaltene Hinweis auf ein gemeinnütziges Projekt nichts. Der Werbecharakter
der SMS wurde durch den Hinweis auf das gemeinnützige Projekt nicht
geschmälert. Werbung ist jede Äußerung, die das Ziel hat, den Absatz von Waren
oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Das betrifft nicht nur die
unmittelbar produktbezogene Werbung, sondern auch die mittelbare
Absatzförderung, beispielsweise Imagewerbung durch Sponsoring und Ähnliches.

Auch wenn im vorliegenden Fall das soziale Projekt der
Förderung regionaler gemeinnütziger Zwecke diente, war damit jedoch die
positive Außendarstellung des beklagten Unternehmens und damit das Ziel der
Absatzförderung seiner Produkte untrennbar verbunden. Der Zusammenhang der SMS
mit der beabsichtigten Absatzförderung ist damit nicht zu leugnen.

 

 

12. 
Bestandskräftiger
Steuerbescheid: Wann ist eine Änderung wegen eines mechanischen Versehens
möglich?

 

Erfasst der Sachbearbeiter Zahlen aus der
Steuererklärung manuell und passiert dabei ein Fehler, darf das Finanzamt den
bestandskräftigen Steuerbescheid zulasten des Steuerpflichtigen ändern.

 

Hintergrund

Die
Kläger erklärten in ihrer Steuererklärung für 2011 in Anlage KAP Zeile 7
Kennzahl 10 die Summe der in den Steuerbescheinigungen verschiedener Banken
ausgewiesenen Kapitalerträge. In Kennzahl 20 gaben sie irrtümlich nur den
Betrag einer Bank an. Im Rahmen der Veranlagung gab die Sachbearbeiterin die in
Zeile 7 erklärten Beträge manuell in das automatische Datenverarbeitungssystem
ein. Als Folge wurde nur der in Kennzahl 20 erklärte Kapitalertrag als
Einkünfte erfasst und der Besteuerung unterworfen.

Bei
Sicherheitsrevision wurde dieser Fehler bemerkt, das Finanzamt änderte
daraufhin den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid für 2011. Dagegen
wandten sich die Eheleute mit ihrer Klage.

 

Entscheidung

Nach der Entscheidung des Finanzgerichts durfte das
Finanzamt jedoch zu Recht den bestandskräftigen Steuerbescheid wegen einer
offenbaren Unrichtigkeit ändern. Denn ein mechanisches Versehen ist so eine
offenbare Unrichtigkeit. Die Sachbearbeiterin hatte sich über die Bedeutung der
von ihr eingegebenen Schlüsselzahlen zur Datenverarbeitung geirrt und
unbeabsichtigt unrichtige Werte eingegeben bzw. insoweit die fehlerhaften
Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernommen. Ihr war der technische
Ablauf der Verarbeitung der erklärten bzw. eingegebenen Daten nicht bekannt.

Damit war die Übernahme des in der Steuererklärung
angegebenen Betrags ein mechanischer Fehler. Er beruhte auf einer falschen
Vorstellung vom Ablauf des Rechenprogramms und der Anlage KAP.