Mandantenbrief Steuern Privatpersonen Februar 2017

 

1.

Muss ein
schwerbehinderter Bewerber auch dann eingeladen werden, wenn er
überqualifiziert ist?

2.

Alleinerziehende:
Besteuerung nach dem Grundtarif ist verfassungsgemäß

3.

Regelung zur
Entfernungspauschale verstößt nicht gegen das Grundgesetz

4.

Privates Darlehen:
Kann der Verzicht auf die Forderung steuerlich geltend gemacht werden?

5.

Kindergeld: Kein
zeitlicher Mindestumfang einer berufsbegleitenden Ausbildung erforderlich

6.

Können
Schadensersatzleistungen Werbungskosten sein?

7.

Unterhaltshöchstbetrag:
In welcher Höhe wird das Elterngeld berücksichtigt?

8.

Erbschaft:
Steuerbefreiung gilt nicht bei Überlassung an Angehörige

9.

Vermietung: Kein
Sofortabzug für eine Einbauküche

10.

Wann ist eine
Miete pünktlich bezahlt?

11.

Wohnungseigentum:
Die Jahresabrechnung darf nicht unter Vorbehalt genehmigt werden

12.

Kündigung wegen
Eigenbedarf: Vermieter muss keine Ersatzwohnung anbieten

13.

Wohnungseigentum:
Einsicht kann nur in vorhandene Verwaltungsunterlagen verlangt werden

14.

Höhe der
Erbschaftsteuer in Steuerklasse II ist verfassungsgemäß

 1.  
Muss ein
schwerbehinderter Bewerber auch dann eingeladen werden, wenn er
überqualifiziert ist?

 

Ein öffentlicher Arbeitgeber muss einen
schwerbehinderten Bewerber grundsätzlich auch dann einladen, wenn er für die
Stelle überqualifiziert ist. Aus personalpolitischen Erwägungen und zur Wahrung
des Betriebsfriedens kann der Arbeitgeber jedoch ausnahmsweise auf eine
Einladung verzichten.

 

Hintergrund

Der Kläger ist
schwerbehindert. Im August 2010 hatte er sich im saarländischen
Umweltministerium um eine Stelle als Sachbearbeiter im gehobenen Dienst
beworben. Er wurde jedoch nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Zur
Begründung hieß es, dass der Kläger überqualifiziert sei. Aus
personalpolitischen Gründen und zur Wahrung des Betriebsfriedens würden aber
überqualifizierte Bewerber generell nicht eingestellt. Der Kläger verlangte
eine Entschädigung wegen angeblicher Diskriminierung.

 

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht folgte den Argumenten des
Klägers nicht und entschied, dass keine Diskriminierung vorliegt. Der Beklagte
konnte darlegen, dass die Nichteinladung des Klägers ausschließlich auf den
Umständen der Überqualifizierung beruhte und die Behinderung keine Rolle
spielte.

Zwar hat ein öffentlicher Arbeitgeber grundsätzlich
die Pflicht, geeignete schwerbehinderte und gleichgestellte Arbeitnehmer zum
Vorstellungsgespräch einzuladen. Das gilt auch für überqualifizierte Bewerber.
Denn diese sind grundsätzlich ebenfalls in der Lage, die Stelle zu bewältigen.
Wenn der Arbeitgeber jedoch nachweist, dass er sich im Rahmen des
Auswahlverfahrens ausschließlich von personalpolitischen Erwägungen leiten
ließ, die die Mitarbeiterzufriedenheit und eine nachhaltige Personalplanung zum
Ziel haben, ergibt sich daraus, dass ausschließlich andere Gründe als die
Behinderung für die Benachteiligung des Bewerbers ausschlaggebend waren.

 
 

2.  
Alleinerziehende:
Besteuerung nach dem Grundtarif ist verfassungsgemäß

 

Alleinerziehende kommen nicht in den Genuss des
Splittingtarifs, sondern werden nach dem Grundtarif besteuert. Das ist nicht
verfassungswidrig, entschied der Bundesfinanzhof.

 

Hintergrund

Die Klägerin
war verwitwet und lebte 2008 mit ihren beiden 15- und 20-jährigen Töchtern
zusammen. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer nach dem Grundtarif fest.
Die Klägerin wandte ein, der Ausschluss verwitweter Alleinerziehender vom
Splitting sei mit dem Gleichheitssatz und dem Schutz der Familie unvereinbar.
Das Finanzgericht verneinte die Verfassungswidrigkeit und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Auch
vor dem Bundesfinanzhof hatte die Klägerin keinen Erfolg. Die Begründung der
Richter: Grundlage des Splittingverfahrens ist die Ausgestaltung der Ehe als
Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs. Das während der Ehe Erworbene ist
gemeinschaftlich erwirtschaftet, jeder Partner hat an den Einkünften und Lasten
des anderen wirtschaftlich jeweils zur Hälfte teil. Die Lage Alleinerziehender
ist damit nicht vergleichbar. Insbesondere liegt keine institutionell geregelte
und andere Personen ausschließende Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs vor.
Das Verhältnis Elternteil – Kind ist fast immer einseitig durch Fürsorge,
Erziehung und Unterhalt geprägt. Der allgemeine Gleichheitssatz des
Grundgesetzes kann daher für die Inanspruchnahme des Splittingverfahrens nicht
herangezogen werden.

Zwar
dürfen nach dem Grundgesetz Eltern oder alleinerziehende Elternteile gegenüber
Kinderlosen nicht schlechter gestellt werden. Daraus ergibt sich aber nicht der
Anspruch auf Gewährung des Splittingtarifs für Alleinerziehende, sondern dass
das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei gestellt wird. Das
geschieht durch das Kindergeld oder die Kinderfreibeträge.

 

3.  
Regelung zur
Entfernungspauschale verstößt nicht gegen das Grundgesetz

 

Wer für die Fahrten zur Arbeit öffentliche
Verkehrsmittel nutzt, darf die tatsächlichen Kosten steuerlich geltend machen,
für Fahrten mit dem eigenen Pkw gilt dagegen die Entfernungspauschale von 0,30
EUR. Das ist eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, fand ein Ehepaar. Der
Bundesfinanzhof sah das anders.

 

Hintergrund

Die Eheleute
machten für ihre Fahrten zur Arbeit die tatsächlichen Kosten von 0,44 EUR/km,
insgesamt 8.382 EUR geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrtkosten
jedoch lediglich mit der der Entfernungspauschale von 0,30 EUR je
Entfernungskilometer und erkannte nur Fahrtkosten i. H. v. 2.967 EUR steuermindernd
an. Das Finanzgericht entschied ebenso und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof schloss sich den Argumenten von Finanzamt und Finanzgericht an.
Denn die unterschiedliche Behandlung von Fahrten mit dem eigenen Pkw und den
Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln stellt eine sachgerechte und
folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip dar. Diese Differenzierung
ist durch den weitreichenden gesetzgeberischen Entscheidungsspielraum bei der
Bestimmung des Steuergegenstands und der Steuersatzes gedeckt.

Die
Privilegierung öffentlicher Verkehrsmittel ist nach Ansicht der Richter
verfassungsrechtlich unbedenklich, da die gesetzliche Regelung erkennbar
umwelt- und verkehrspolitische Ziele verfolgt. Eine Privilegierung rechtfertigt
sich auch daraus, dass öffentliche Verkehrsmittel im Hinblick auf den
Primärenergieverbrauch und den Ausstoß an Treibhausgasen umweltfreundlicher
sind als private Pkw.

 

 

4. 
Privates
Darlehen: Kann der Verzicht auf die Forderung steuerlich geltend gemacht
werden?

 

Wer auf die Rückzahlung eines privaten Darlehens
verzichten will, muss wissen: Der entsprechende Betrag kann nicht als Verlust
bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden. Der Ausfall einer
solchen Forderung dagegen kann schon steuerlich berücksichtigt werden.

 

Hintergrund

Der Kläger
gewährte im Jahr 2011 einer Gesellschaft ein Darlehen i. H. v. 20.000 EUR.
Wegen finanzieller Schwierigkeiten der Gesellschaft verzichtete er 2012 auf die
Rückzahlung von 18.000 EUR. Diesen Betrag verrechnete der Kläger mit positiven
Einnahmen aus Kapitalvermögen des gleichen Jahres. Das Finanzamt erkannte
diesen Verlust jedoch nicht an.

 

Entscheidung

Auch
vor dem Finanzgericht hatte der Kläger keinen Erfolg. Denn nach Auffassung des
Gerichts stellt der freiwillige Verzicht auf eine Kapitalforderung weder eine
Veräußerung dar noch fällt er unter einen der der Veräußerung gleichgestellten
Ersatztatbestände der Einlösung, Rückzahlung, Abtretung und verdeckten Einlage
in eine Kapitalgesellschaft.

Wer
einen Totalausfall einer Kapitalanlage erleidet, ist in seiner
Leistungsfähigkeit genauso beeinträchtigt wie derjenige, der für seine an sich
wertlose Kapitalanlage wenigstens noch eine Rückzahlung von einem Euro erlangen
kann.

Wer
jedoch auf die Rückzahlung freiwillig verzichtet, ist mit demjenigen, der einen
Totalausfall wegen Uneinbringlichkeit erleidet, nicht zu vergleichen. Würde man
einen Verzicht steuerlich anerkennen, besteht die Gefahr, dass der Verlust
gezielt herbeigeführt wird und steuerliche Verluste generiert werden, obwohl
die Kapitalanlage letztendlich noch werthaltig bzw. noch nicht endgültig
untergegangen war.

 

5.  
Kindergeld:
Kein zeitlicher Mindestumfang einer berufsbegleitenden Ausbildung erforderlich

 

Wird eine Berufsausbildung ernsthaft und nachhaltig
betrieben, haben die Eltern auch dann Anspruch auf das Kindergeld, wenn das
Kind daneben einer Erwerbstätigkeit nachgeht.

 

Hintergrund

Tochter
T schloss eine Ausbildung zur Physiotherapeutin ab und besuchte danach eine
Fachoberschule mit der Fachrichtung Sozialwesen. Anschließend studierte sie an
einer Hochschule im Bachelor-Studiengang “Physiotherapie Dual”. Da T die
Ausbildung als Physiotherapeutin bereits abgeschlossen hatte, erhielt sie diese
angerechnet und musste in den ersten 6 Semestern nur jeweils ein Modul mit 5
Semesterwochenstunden belegen. Neben ihrem Studium arbeitete T 30 Stunden pro
Woche als angestellte Physiotherapeutin.

Sowohl
Familienkasse als auch Finanzgericht lehnten für die Zeit des Studiums wegen
des geringen zeitlichen Umfangs der Ausbildung das Kindergeld für T ab.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof gab der Klage jedoch statt und gewährte das Kindergeld für die
Zeit des Studiums.

Zum einen
befand sich T in Berufsausbildung. Das Merkmal der Berufsausbildung fasst der
Bundesfinanzhof weit. Selbst wenn das Kind daneben eine Teilzeit- oder
Vollzeiterwerbstätigkeit ausübt, ist der Kindergeldanspruch nicht
ausgeschlossen, soweit die Ausbildung ernsthaft und nachhaltig betrieben wird.
Dann ist auch ein zeitlicher Mindestumfang der Ausbildungsmaßnahmen nicht
erforderlich.

Zum anderen ist
der Kindergeldanspruch nicht wegen der Erwerbstätigkeit der T ausgeschlossen.
Denn T hatte mit dem Abschluss als Physiotherapeutin die erste Berufsausbildung
nach Ansicht der Richter noch nicht abgeschlossen. Entscheidend war, dass die
Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinander standen
und in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt wurden. Das von ihr
angestrebte Berufsziel konnte T also nur über einen weiteren Abschluss
erreichen. Der Umfang der Erwerbstätigkeit spielte hier deshalb keine Rolle.


6. 
Können
Schadensersatzleistungen Werbungskosten sein?

 

Eine strafbare Handlung im Zusammenhang mit einer
beruflichen Tätigkeit kann dazu führen, dass die Schadensersatzleistung als
Werbungskosten abziehbar ist. Allerdings gilt das nur für Handlungen, die noch
im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen.

 

Hintergrund

V
war Vorstandsmitglied einer AG, aus der er 1998 ausschied und seine Beteiligung
veräußerte. Die AG verklagte V 2001 auf Schadensersatz, weil er für 1997 eine
falsche Bilanz erstellt hatte, sodass auch für 1998 eine unrichtige Bilanz
erstellt worden war. Die unzutreffenden Bilanzen hatten zu
Dividendenausschüttungen geführt, obwohl kein Gewinn erzielt wurde. In einem
Vergleich verpflichtete sich V zu Schadensersatzzahlungen. Im Jahr 2009 waren
1,2 Mio. EUR fällig, danach zahlte er jährlich Raten von 400.000 EUR.

V
machte die Zahlung von 1,2 Mio. EUR als Werbungskosten bei seinen Einkünften
aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt lehnte die
Berücksichtigung ab. Die Klage des V vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Die
Revision wurde vom Bundesfinanzhof zurückgewiesen. Zwar können
Schadensersatzverpflichtungen, die im Zusammenhang mit einer strafbaren
Handlung bei einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit stehen, zu Werbungskosten
bzw. Betriebsausgaben führen. Voraussetzung ist allerdings, dass die
schuldhaften Handlungen im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und
nicht auf privaten Umständen beruhen, die den beruflichen Zusammenhang aufheben.

Durch
die Erstellung einer unrichtigen Bilanz fehlt es an einem ausschließlichen
Erwerbsbezug. Denn V zog daraus selbst einen wirtschaftlichen Vorteil, da die
Gewinnausschüttung, an der er teilhatte, ohne den überhöhten Gewinnausweis
nicht möglich gewesen wäre. Außerdem wurde dadurch der Wert der Beteiligung
verfälscht, sodass V bei der Veräußerung seiner Aktien einen überhöhten Preis
erlangte.

 

7. 
Unterhaltshöchstbetrag:
In welcher Höhe wird das Elterngeld berücksichtigt?

 

Bei der Berechnung des abzugsfähigen
Unterhaltshöchstbetrags zählt das Elterngeld zu den anrechenbaren Bezügen des
Unterhaltsempfängers – und zwar in vollem Umfang. Der Sockelbetrag wird also
ebenfalls berücksichtigt.

 

Hintergrund

M, Mutter von 2
Kindern, zahlte dem unterhaltsberechtigten Vater V ihrer Kinder im November und
Dezember 2012 Unterhalt von insgesamt 1.334 EUR. Diesen Betrag machte sie in
ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend. V erhielt in
diesem Zeitraum Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz i.
H. v. monatlich 1.016,81 EUR. Das Finanzamt ließ die Unterhaltszahlungen nicht
zum Abzug zu. Denn das Elterngeld zählt in vollem Umfang als anrechenbarer
Bezug des V, damit wird der anteilige Unterhaltshöchstbetrag überschritten. Das
Finanzgericht schloss sich diesen Argumenten an und wies die Klage der M ab.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof schloss sich der Auffassung des Finanzamts ebenfalls an. Die
Richter wiesen deshalb die Revision der M als unbegründet zurück.

Unterhaltszahlungen
sind bis zum Unterhaltshöchstbetrag als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
Der Höchstbetrag wird allerdings vermindert um die Einkünfte und Bezüge der
unterhaltenen Person, wenn diese den Betrag von 624 EUR im Kalenderjahr
übersteigen. Zu den Bezügen gehört auch das Elterngeld. Denn dieses ist eine
Sozialleistung, die Einkünfte ersetzt, es wird somit als Einkommensersatz
geleistet.

Als
Einkünfteersatz dient das Elterngeld in voller Höhe. Denn auch mit dem
Sockelbetrag sollen die Erziehungs- und Betreuungsleistungen eines Elternteils
honoriert werden. Eine andere Beurteilung lässt sich weder aus dem Gesetz
selbst noch der Begründung des Gesetzentwurfs oder den weiteren
Gesetzesmaterialien entnehmen.

 

8. 
Erbschaft:
Steuerbefreiung gilt nicht bei Überlassung an Angehörige

 

Erbt ein Kind Wohneigentum, ist dieser Erwerb von
Todes nur dann steuerbefreit, wenn das Kind die Wohnung selbst nutzt. Eine
unentgeltliche Überlassung an Angehörige zur Nutzung fällt jedoch nicht unter
die Steuerbefreiung.

 

Hintergrund

A
ist Alleinerbin ihres Vaters V. Ihre Mutter M hatte die Erbschaft
ausgeschlagen. Zum Nachlass gehört u. a. ein hälftiger Miteigentumsanteil an
einer Eigentumswohnung. Nach dem Tod des V wohnt M in der Wohnung. Ihren
Miteigentumsanteil überlässt A unentgeltlich der M zur Nutzung. A übernachtet
dort nur gelegentlich und nutzt einen Raum für die Verwaltung des Nachlasses.

A
beantragte für den Erwerb des hälftigen Anteils an der Wohnung die
Steuerbefreiung für selbstgenutzte Wohnimmobilien. Sowohl das Finanzamt als
auch das Finanzgericht lehnten dies ab.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof lehnte die Gewährung der Steuerbefreiung ebenfalls ab und wies
die Revision der A als unbegründet zurück. Denn eine Wohnung wird von der
Steuerbefreiung nur dann erfasst, wenn sie beim Erwerber unverzüglich zur
Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim). Es ist also
erforderlich, dass der Erwerber in die Wohnung einzieht und sie als
Familienheim für eigene Wohnzwecke nutzt. Eine gelegentliche Mitnutzung der
Wohnung zur Übernachtung oder zur Nachlassverwaltung reicht dafür nicht aus.

Die
unentgeltliche Überlassung an Dritte, auch an Angehörige, stellt keine Selbstnutzung
dar, da es an der unmittelbaren tatsächlichen Selbstnutzung durch den Erwerber
fehlt. Deshalb ist in einem solchen Fall die Wohnung kein Familienheim des
Erwerbers und der Erwerb folglich nicht steuerbefreit.

 

9. 
Vermietung:
Kein Sofortabzug für eine Einbauküche

 

Bei einer Einbauküche mit ihren einzelnen Elementen,
wie Spüle, Herd, Möbel und Elektrogeräte, handelt es sich um ein einheitliches
Wirtschaftsgut. Deshalb müssen Kosten für eine Erneuerung über 10 Jahre
abgeschrieben werden. Der Bundesfinanzhof hat insoweit seine Rechtsprechung
geändert.

 

Hintergrund

Vermieter
V erneuerte in 3 Objekten die Einbauküchen. Die Aufwendungen für Herd, Spüle,
Kühlschrank, Dunstabzugshaube und unter der Arbeitsplatte verbaute Einbaumöbel
betrugen jeweils rund 3.000 EUR. Diese machte er als sofort abziehbare
Werbungskosten geltend.

Die
Kosten für Spüle und Herd erkannte das Finanzamt als sofort abziehbaren
Erhaltungsaufwand an. Die Elektrogeräte mit Anschaffungskosten nicht über 410
EUR wurden als geringwertige Wirtschaftsgüter berücksichtigt. Die Aufwendungen
für die Einbaumöbel verteilte das Finanzamt auf 10 Jahre und für einen
Kühlschrank auf 5 Jahre. V wollte jedoch die Kosten für die Einbauteile jeweils
sofort abziehen, da sie jeweils unter der 410 EUR-Grenze lagen. Dem folgte das
Finanzgericht nicht und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der
Bundesfinanzhof wies die Revision als unbegründet zurück.

Erhaltungsaufwendungen
liegen regelmäßig vor, wenn bereits vorhandene Teile erneuert werden, ohne dass
dies zu einer wesentlichen Erweiterung oder Verbesserung des Gebäudes führt.

Bisher
sah die Rechtsprechung lediglich die in einer Einbauküche verbaute Spüle und
Herd als Gebäudebestandteil an. Dementsprechend wurden die Aufwendungen dafür
den Herstellungskosten des Objekts und die Kosten für die Erneuerung den
Erhaltungsaufwendungen zugerechnet. Die weiteren Einrichtungsgegenstünde einer
Einbauküche wurden dagegen nicht als Gebäudebestandteile angesehen, da sie
lediglich der Haushaltsführung dienten. Einbauküchen waren nur dann wesentliche
Gebäudebestandteile, wenn sie mit den Seiten- bzw. Rückwänden verbunden wurden.



 

An
dieser Rechtsprechung hält der Bundesfinanzhof nicht mehr fest. Bei den einzelnen
Elementen einer Einbauküche – einschließlich Spüle, Herd und aller fest
eingebauten elektrischen Geräte – handelt es sich um ein einheitliches Wirtschaftsgut.
Die einzelnen Einbaumöbel sind nicht für sich allein nutzbar, sondern treten
nach außen als einheitliches Ganzes in Erscheinung.

Der
Bundesfinanzhof legt eine regelmäßige Nutzungsdauer für eine Einbauküche von 10
Jahren zugrunde.

 

10.  Wann ist
eine Miete pünktlich bezahlt?

 

Eine Miete ist auch dann rechtzeitig bezahlt, wenn der
Überweisungsauftrag vom Mieter bis zum dritten Werktag des Monats erteilt wird.
Auf den Zeitpunkt des Geldeingangs beim Vermieter kommt es nicht an.

 

Hintergrund

Der
Mietvertrag der Parteien beinhaltet eine Klausel, nach der die Gesamtmiete
monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter
auf dessen Konto zu zahlen ist. Nach der Klausel kommt es für die
Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht auf die Absendung an, sondern auf den Eingang
des Gelds beim Vermieter. Eine mehrfach verspätete Zahlung der Miete berechtigt
den Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses.

Im
Jahr 2013 mahnte die Vermieterin die Mieter wegen nicht rechtzeitiger Zahlung
der Miete ab, weil die Miete mehrmals nicht bis zum dritten Werktag des Monats
bei ihr eingegangen war. Im März, April und Mai 2014 zahlten die Mieter die
Miete jeweils spätestens am dritten Werktag des Monats in bar bei ihrer Bank
ein und erteilten einen Überweisungsauftrag. Bei der Vermieterin wurden die
Mieten jeweils erst nach dem dritten Werktag gutgeschrieben. In der Folge
kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis wegen der verspäteten Mietzahlungen
fristlos, hilfsweise ordentlich.

 

Entscheidung

Der
Bundesgerichtshof entschied, dass die Kündigung, die sich auf verspätete
Mietzahlungen in den Monaten März, April und Mai 2014 stützt, unwirksam ist.
Die Mieten wurden jeweils rechtzeitig bezahlt, da die Mieter die Überweisungsaufträge
spätestens am dritten Werktag des Monats erteilt haben.

Für
die rechtzeitige Mietzahlung ist es ausreichend, dass der Mieter den
Überweisungsauftrag jeweils bis zu diesem Zeitpunkt vornimmt. Außerdem muss das
Konto des Mieters ausreichend gedeckt sein. Der Eingang der Miete auf dem Konto
des Vermieters ist dagegen nicht maßgeblich für die Rechtzeitigkeit der
Mietzahlung. Es kommt also nicht darauf an, ob die Miete erst nach dem dritten
Werktag auf dem Konto des Vermieters eingeht.

Die
Formularklausel des Mietvertrags, die auf den Eingang der Miete beim Vermieter
abstellt, ist wegen unangemessener Benachteiligung der Mieter unwirksam. Denn
sie führt dazu, dass die Mieter das Risiko von Zahlungsverzögerungen im
Überweisungsverkehr tragen müssen, die nicht durch sie, sondern durch den
Zahlungsdienstleister verursacht werden. Die Mieter sind damit auch dann dem
Risiko einer Kündigung des Mietverhältnisses ausgesetzt, wenn es zu von ihnen
nicht zu verantwortenden Zahlungsverzögerungen kommt.

 

11. Wohnungseigentum:
Die Jahresabrechnung darf nicht unter Vorbehalt genehmigt werden

 

Wohnungseigentümer müssen sich entscheiden: Entweder
sie genehmigen eine Jahresabrechnung oder nicht. Denn eine Genehmigung unter
dem Vorbehalt noch vorzunehmender Änderungen ist nicht zulässig.
Dementsprechend werden Nachzahlungen aus der Abrechnung nicht fällig.

 

Hintergrund

Eine
Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigte Jahresabrechnungen für die Jahre
2012, 2013 und 2014 jeweils in der auf das Abrechnungsjahr folgenden
Eigentümerversammlung mit Stimmenmehrheit. Die Jahresabrechnung für das Jahr
2014 stellte die Wohnungseigentümergemeinschaft unter den Vorbehalt, dass noch
Änderungen vorzunehmen sind. Die Genehmigungsbeschlüsse wurden bestandskräftig.

Ein
Eigentümer zahlte die von ihm aufgrund der Abrechnungen geforderten
Nachzahlungen nicht.

Entscheidung

Die Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft hat nur
teilweise Erfolg.

Zwar muss der beklagte Eigentümer die Nachzahlungen
aus den Jahresabrechnungen für die Jahre 2012 und 2013 leisten. Dagegen hat sie
keinen Anspruch auf Zahlungen aus der Jahresabrechnung für 2014. Denn die
entsprechende Abrechnung wurde noch nicht wirksam und damit
fälligkeitsbegründend genehmigt, weil der Genehmigungsbeschluss nur unter dem
Vorbehalt der Änderung gefasst wurde. Und eine unter einer Bedingung erfolgende
Genehmigung der Jahresabrechnung ist wegen der mit der Bedingung verbundenen
inhaltlichen Unklarheit nichtig.

 

12. Kündigung
wegen Eigenbedarf: Vermieter muss keine Ersatzwohnung anbieten

 

Kündigt ein Vermieter wegen Eigenbedarf, ist dies
nicht mehr unwirksam, wenn er dem Mieter eine verfügbare Alternativwohnung
pflichtwidrig nicht anbietet. Der Mieter kann nur Schadensersatz verlangen.

 

Hintergrund

Eine
Gesellschaft bürgerlichen Rechtes hatte eine Wohnung gekündigt, da ein
Gesellschafter diese für seine Tochter benötigte. Eine vergleichbare
Alternativwohnung wurde den Mietern nicht angeboten. Nach Auffassung der Mieter
ist die Kündigung wegen Eigenbedarf deshalb unwirksam.

 

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hält die Eigenbedarfskündigung
für wirksam. Auch Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts können
Eigenbedarf geltend machen, denn eine solche Gesellschaft ist in allen
wesentlichen Punkten einer Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft vergleichbar
und diesen Gemeinschaften steht Eigenbedarf zu.

Mit dieser Entscheidung ändert der Bundesgerichtshof
auch seine formalen Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung. Bietet der
Vermieter keine verfügbare Alternativwohnung an, hat dies nicht mehr die
Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung zur Folge. Vielmehr zieht eine
Verletzung der Anbietpflicht lediglich Schadensersatzansprüche nach sich.

 

13. Wohnungseigentum:
Einsicht kann nur in vorhandene Verwaltungsunterlagen verlangt werden

 

Ein Wohnungseigentümer kann nur Einsicht in die
Verwaltungsunterlagen verlangen, die beim Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft
auch vorhanden sind. Der Verwalter muss keine weiteren Dokumente beschaffen.

 

Hintergrund

Die Eigentümer
einer Eigentumswohnung nahmen Einsicht in Unterlagen, die bei der Verwalterin
vorhanden waren. Darüber hinaus verlangten die Eigentümer aber auch Einsicht in
weitere Unterlagen, die die Verwalterin erst beschaffen müsste. Die Verwalterin
ist der Ansicht, dass sie ihre Pflicht zur Gewährung der Einsicht in die
Unterlagen erfüllt hat.

 

Entscheidung

Mit ihrer Klage
hatten die Eigentümer keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass mit der
Vorlage der bei ihr vorhandenen Unterlagen die Verwalterin den Anspruch auf
Unterlageneinsicht erfüllt hat. Bei ihr nicht vorhandene Unterlagen musste sie
nicht besorgen.

 

 

14. Höhe der
Erbschaftsteuer in Steuerklasse II ist verfassungsgemäß

 

Geschwister, Nichten und Neffen des Erblassers müssen
ihr Erbe mit einem Steuersatz von 30 % versteuern, und damit zu einem deutlich
höheren Satz als z. B. Kinder. Dies verstößt nicht gegen das Grundgesetz,
entschied das Finanzgericht Münster.

 

Hintergrund

Die Kläger sind
als Geschwister bzw. Nichten und Neffen Erben geworden. Das Finanzamt
besteuerte die Erwerbe der Kläger jeweils mit einem Steuersatz von 30 %. Die
Kläger sind der Ansicht, dass es verfassungswidrig ist, wenn für sie derselbe
Steuersatz angesetzt wird wie für entferntere Verwandte oder fremde Dritte.

 

Entscheidung

Die Erben
hatten mit ihrer Klage keinen Erfolg. Die Richter halten die Höhe des
Steuersatzes und damit die entsprechende gesetzliche Regelung nicht für
verfassungswidrig. Gemessen am besonderen Schutz von Ehe und Familie ist sie
ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Grundgesetz erfordert keine steuerliche
Besserstellung von Familienangehörigen. Erwerber der Steuerklasse II dürfen
deshalb mit Erwerbern der Steuerklasse III gleich gestellt werden. Das Gericht
führt weiter aus, dass Geschwister insoweit nicht vom grundgesetzlichen
Schutzbereich Ehe und Familie erfasst werden.